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Frühe Eltern-Kind-Interaktion als wichtiger Ansatzpunkt für Diagnostik, Beratung und Therapie Ute Ziegenhain Dazwischen Kind – Eltern – Fachpersonen Schritte auf dem Weg zur gelingenden Interaktion und Zusammenarbeit Weiterbildungsveranstaltung des Zentrums für Frühförderung ZFF Basel, 17. November, 2011

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Frühe Eltern-Kind-Interaktion als wichtiger Ansatzpunkt für Diagnostik, Beratung und TherapieUte Ziegenhain

DazwischenKind – Eltern – FachpersonenSchritte auf dem Weg zur gelingendenInteraktion und ZusammenarbeitWeiterbildungsveranstaltungdes Zentrums für Frühförderung ZFFBasel, 17. November, 2011

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Gelingendes Aufwachsen von Kindern und Entwicklungsrisiken

Elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen als wichtiger Ansatzpunkt für frühe und präventive Angebote

Diagnostik: Frühe Hinweise in der Beziehungsdynamik

Präventive Interventionsprogramme: Was wirkt?

Gliederung

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weitaus größter Teil der Kinder entwickelt sich positiv bzw. unauffällig

aber Verunsicherung bei Eltern (wiss. Beirat für Familienfragen, 2005)

– Shell Studie: 50% der befragten Eltern wissen nicht, woran sie sich in der Erziehung halten sollen (Deutsche Shell, 2000)

Abnahme akuter pädiatrischer Erkrankungen, „Verschiebung“ auf chronische Erkrankungen und Verhaltens-/ psychische Störungen (ca. 20% , KIGGS 2007) neue Morbidität

– Kinder und Jugendliche: 18% bis 27% (Petermann et al., 2000)

– Kindergartenkinder: ca. 18% (Hahlweg & Miller, 2001) – unter Dreijährige: ca. 20% (Remschmidt,1998)

rasche, schwer vorhersehbare Veränderungen von ökonomischen, sozialen und beruflichen Lebensbedingungen

Gelingendes Aufwachsen von Kindern

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Bella Studie (Ravens - Sieberer 2006) und RKI Survey KIGGS (2006, 2007) bestätigen englische Befunde:

doppeltes Risiko bei Alleinerziehen (OR:2,09)

aktuelle Familienkonflikte (OR: 4,97)

Konflikte in der Familie der Eltern (OR: 2,02-3,89)

Unzufriedenheit in der Partnerschaft (OR: 2,75)

Risiko für psychische Erkrankung steigt mit mehreren Belastungen

bei 3 Risiken 30,7%

bei 4 Risiken 47,7% aller betroffener Kinder

Bedeutung von Familienbeziehungen

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sozio-ökonomische Belastungen/Armut

jugendliche Mütter

suchtmittelabhängige Eltern/psychisch kranke Eltern

vorhergehende Vernachlässigung/Misshandlung

Kumulation und Wechselwirkung von Risiken, die nicht durch Schutzfaktoren abgepuffert werden: chronische, schwerwiegende Überforderungssituationen mangelnde/fehlende positive Beziehungsvorerfahrungen/ “emotionales Repertoire“: eingeschränkte elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen

(Kindler, 2007)

Risikoindikatoren für Vernachlässigung/Misshandlung

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Häufigkeit von Missbrauch und Vernachlässigung in Kindheit und Jugend (N=2504; Mehrfachnennungen möglich)

15,0%12,0% 12,6%

49,5% 48,4%

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Prävalenz von Misshandlungen in Kindheit und Jugend (Häusers, Schmutzer, Brähler & Glaesmer, 2011)

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hauptsächlicheGefährdungslage(n=318)

Ergebnisse einer Befragung von 16 Jugendämtern

(Münder et al., 2000)

(n = 318)

< 3 Jahre: 71 %

Vernachlässigung als vernachlässigtes Thema (nach Stötzel, 2007)

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Vernachlässigung als zentrales Risiko; Ziel: kindliche Basisbedürfnisse sicherstellen

Familienbeziehungen insbesondere Feinfühligkeit in der Eltern- Kind- Interaktion als wichtiger familienbezogenerAnsatzpunkt

Vernetzung als zentrales Problem und Ansatz der Verbesserung

Zwischenfazit: Ausgangssituation Frühe Hilfen und Kinderschutz

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Elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen als wichtiger

Ansatzpunkt für Frühe Hilfen

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In der frühen Kindheit werden nahezu alle Erfahrungen durch dieEltern vermittelt und gesteuert

Säuglinge und Kleinkinder sind gleichermaßen physisch wie psychologisch auf elterliche Fürsorge angewiesen

„There is no such a thing as a baby“ (Winnicott,1949)

Besonderheiten in der Entwicklungspsychologie der frühen Kindheit

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Funktion und Struktur des sich entwickelnden Gehirns wird positiv oder negativ von sozial-emotionalen

Beziehungserfahrungen beeinflusst

- emotionale Sicherheit als Puffer gegen Stress

- massive neuropsychologische Folgen bei frühem emotionalem Stress/misshandelten Kindern

psychobiologische Regulation in der Bindungsbeziehung (Schore, 2001)

Bedeutung früher Erfahrungen für die Gehirn und Verhaltensentwicklung

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Entwicklung sicherer Bindung

zunehmende Anpassungskompetenz des Säuglings, belastende Veränderungen in der Umgebung einzuschätzen und zu bewältigen

Umgang mit Stress/Umgang mit Neuem (sich Neuem zuwenden (können) und es verarbeiten: Verhaltensänderungen/kognitive Veränderungen hin zu komplexeren Strukturen; Rauh, 2002; Gloger-Tippelt, 2002)

elterliche Feinfühligkeit / intuitives Elternverhalten wesentlicher Faktor

Sichere Bindung als Regulationskompetenz

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elterliche Kompetenz gegenüber dem Kind

- spontanes, nicht gelerntes elterliches Verhalten, das komplementär den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Säuglings entspricht

- basiert nicht auf bewussten Handlungen der Eltern, sondern ist unbewusst oder vorrational

Intuitives Elternverhalten

Mechthild und Hanŭs Papoušek

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nonverbale Kommunikation- z.B. Vergrößerung von Gesichtsausdruck u. Gestik, artikulierte Instruktion (Kontur der Sprachmelodie: aufmunternd, warnend, lobend, etc.), emotionaler Ausdruck (incl. Kopf in Schräglage bringen), hervorheben

sprachlich auf das Kind als Partner Bezug nehmen- z.B. Grundlegung reziproker Dialogstruktur, auf mimische und gestische Signale des Kindes differentiell reagieren, Turn-Taking (abwechseln), vokal spiegeln

Metakommunikation- z.B. Annäherung signalisieren, Spielton signalisieren, Stimmlage erhöhen bei Einladungen

Intuitives Elternverhalten: Herstellen der Kommunikationssituation

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elterliche Kompetenz gegenüber dem Kind

- kindliche Signale und Kommunikationen wahrnehmen, angemessen interpretieren und darauf reagieren sowie prompt reagieren

Elterliche Feinfühligkeit

Mary Ainsworth

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elterliche Kompetenz gegenüberdem Kind

SäuglingsalterJedes Verhaltensmuster, das dem Säugling gefällt, sein Wohlbefinden und seine Aufmerksamkeit erhöht, und Belastetheit und Desinteresseverringert

KleinkindalterJedes Verhaltensmuster, das dem Kleinkind ermöglicht, aktiv zu erkunden, und zwar interessiert und spontan und ohne Hemmung oder übertriebennegativen Affekt

Elterliche Feinfühligkeit

Pat Crittenden

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Probleme sich nicht flexibel auf die verändernden Bedürfnisse des Kindes einstellen zu können

verzerrte Wahrnehmungen der kindlichen Signale

verzerrte Interpretationen/Zuschreibungen

feindseliges, aggressives, misshandelndes/vernachlässigendesVerhalten

Eingeschränkte elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen

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keine adäquate Regulationshilfe

extrem negativer psychobiologischer Zustand, der relativ zu denEntwicklungskompetenzen eines Säuglings und Kleinkindes nicht bzw. unzureichend selber regulierbar (hochunsichere Bindung / Bindungsstörungen)

längerfristig unzureichende sozial-emotionale Erfahrungen

unzureichende/fehlende Fähigkeit, Neues, und damit auchstressvolle emotionale Erfahrungen zu verarbeiten und zu meistern

Bindungsperson als Quelle von Stress und Belastung

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Zusammenbruch der kindlichen Bewältigungsstrategien und der Fähigkeit, Gefühle flexibel zu regulieren

Angst aufgrund unbeherrschten elterlichen Verhaltens als

wiederkehrende (konditionierte) Erfahrung

Dysregulationen in der Hirntätigkeit bei schweren und wiederholten traumatischen Erfahrungen (verstärkte

Ausschüttung von Stresshormonen, verstärkte, chronische Aktivierung

negativerEmotionen, eingeschränkte Affektregulation, eingeschränkte Erinnerungsfähigkeit)

Risikoindikator für emotionale Vulnerabilität (mangelndeWiderstandsfähigkeit oder Resilienz; Probleme im Umgang/Coping mit Stress)

Hochunsichere Bindung: Frühe traumatische und Misshandlungs-/Vernachlässigungserfahrungen in der Bindungsbeziehung

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Eltern können das körperliche und psychologische Wohlbefinden und die Entwicklung eines Säuglings undKleinkindes entscheidend fördern, aber auch einschränken

elterliche Erziehungs- und Beziehungskompetenzen als wichtiger Ansatzpunkt für Frühe Hilfen

! in Kombination mit anderen Indikatoren/Angeboten

Zwischenfazit: Frühe Hilfen: Förderung elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen

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Diagnostik: Frühe Hinweise in der Beziehungsdynamik

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verlässliche, stabile und vorhersagbare Umwelt : insbesondere emotional zuverlässige und konstante

Bindungsperson

- Qualität elterlichen Verhaltens abklären (unterstimulierendes / vernachlässigendes Verhalten, widersprüchliche affektive Kommunikation, und/oder feindseliges aggressives oder misshandelndes Verhalten (Smyke & Zeanah, 2009; Bronfman et al., 2011)

Bedingungen beraterischen / therapeutischen Handelns

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Qualität bisheriger elterlicher Kompetenzen

Qualität gegenwärtiger elterlicher Kompetenzen: Interaktionsdiagnostik als empirisch erprobtes, aber bisher wenig systematisch genutztes Verfahren

Wissen über Entwicklung und Erziehungseinstellungen

Persönlichkeitsmerkmale und eigene Bindungsvorerfahrungen der Eltern

Ausmaß der Kindeswohlgefährdung

Qualität elterlicher Kompetenzen über die Zeit und unterStress

Elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen – Risikoeinschätzung und Unterstützungsbedarf (Ostler & Ziegenhain, 2007)

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Skala FeinfühligkeitAinsworth et

al. 1971

AMBIANCE (Bronfman et

al., 2011)

Emotional AvailabilityBiringen et al. 1993

CARE-IndexCrittenden 1988-2007

Dimensionen Eltern Eltern Eltern Kind Eltern Kind

Rating, 9-stufig

Rating, 7-stufig

Rating, 9- bzw. 5-stufig

Rating, 7-stufig

14-Punkte-Skala, relativer Anteil elterlicher bzw. kindlicher Komponenten

feinfühlig negativ intrusiv

feinfühlig responsiv feinfühlig kooperativ

Rollen- konfusion

strukturierend involvierend kontrollierend schwierig

widersprüch- lich affektive Signale

nicht intrusiv nicht responsiv

zwanghaft überange-passt

desorientiert nicht feindselig

passiv

zurückge- zogen

Verfahren zur videogestützten Interaktionsdiagnostik bei Säuglingen und Kleinkindern

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zusammengefasst in psychophysischen Verhaltenssystemen

Systeme unterliegen einem Entwicklungsverlauf und organisieren undstabilisieren sich aufsteigend in vorgegebener Entwicklungsreihenfolge- autonomes System (Körpertemperatur, Atmung, Kreislauf, Verdauung)- motorisches System (Tonusbalance, Modulierung der Körperhaltung)- System der Schlaf-/Wachzustände mit klaren Erregungs- und Bewusstseinsniveaus (Schlafarten, verschiedene Erregungsniveaus im

Wachsein)- System der kognitiven Aufmerksamkeit und sozialen Aufgeschlossenheit

Feinzeichen im Entwicklungsmodell von Als und Brazelton

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Feinzeichen von Offenheit

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Gähnen und Füße zusammen legen

Zeichen von Selbstregulation

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Blick abwenden, Fäustchen machen

Zeichen von Selbstregulation

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marmorierte Haut, weinen

Zeichen von starker Belastetheit

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Zeichen von starker Belastetheit

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E-Learning Kurs „Frühe Hilfen und frühe Interventionen im Kinderschutz“ www.eLearning-FrueheHilfen.de

Systematische, breit angelegte interdisziplinäre Fort- und Weiterbildung - E-Learning als Chance

Einschätzung von Belastungsfaktoren und Ressourcen

Aktennotizen, Dokumente

Mutterpass und Untersuchungsheft Filme

LösungsvorschlagInterdisziplinäre Grundlagen- und

Handbuchtexte,Verhaltensbeobachtung Interaktion, EntwicklungseinschätzungFallbearbeitung etc. ( zertifiziert, 87 CME-Punkte )

Förderung: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg

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frühe Verhaltensprobleme und –störungen zeigen sich (zunächst) in der Beziehungsdynamik

häufig lange bevor Kinder in der Frühförderung / Erziehungsberatung / kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulanzen etc. vorgestellt werden

Zwischenfazit: Interaktionsdiagnostik als Chance früher Förderung und Unterstützung

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Frühe Interventionsprogramme – was wirkt?

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bindungstheoretisch konzeptualisiert

davon wirksam evaluiert

begrenzte Zahl von Sitzungen (< 5)

verhaltensorientiert

gezielte Förderung elterlicher Feinfühligkeit

Interventionsansätze in der frühen Kindheit (Bakermans-Kranenburg et al., 2003)

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basierend auf Bindungstheorie, Pattersons Modell vonmanipulativen (“coercive”) Interaktionsmustern, Metaanalysen über die Effekte von Bindungsintervention

Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens undEmpathie, Perspektivenübernahme), insbesondere im Kontext von Grenzen-Setzen- Kurzzeit-Intervention (aufsuchend, Video-Feedback, 6 (inhaltlich standardisierte) Termine)

Evaluation- Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei Adoptiveltern, Müttern mit mangelnder Feinfühligkeit, unsicherer Bindungsrepräsentation, Essstörungen (Juffer et al., 2005; Velderman et al., 2006)

Promoting Positive Parenting (VIPP; Juffer, Bakermans-Kranenburg & van IJzendoorn, 2008)

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basierend auf Bindungstheorie; insbesondere entwickelt für die Beratung und Therapie von Familien mit psychosozialen Belastungen (jugendliche Mütter,Familien mit Frühgeborenen, Mütter mit postpartalerDepression)

Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens und flankierende Hilfen - Langzeit-Intervention (aufsuchend, Gruppensitzungen, Schwangerschaft bis zweites Lebensjahr, Video- Feedback: „Seeing is Believing“)

Evaluation- Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei Familien mit psychosozialen Belastungen; positive Veränderungen in der Bindung beim Kind nur in einer Studie (Heinicke et al., 1998; 1999)

Steps Toward Effective, Enjoyable Parenting (STEEP; Erickson & Egeland, 2006; Kißgen & Suess, 2005; Ludwig-Körner & Derksen)

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mentales Bindungs-modellder Eltern

elterliche Feinfühligkeit

Eltern-Kind-Bindung

Interventionsziele

InformationVideo-feedbackbindungs-

orientierteGespräche

Bindungstheoretisches Interventionsmodell (nach Bakermans-Kranenburg & van IJzendoorn, 1998)

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basierend auf Bindungstheorie und Selma FraibergsKonzept der Säuglings-Eltern-Psychotherapie (transgenerationale Vermittlung elterlicher unbewussterbeziehungsbezogener Gefühle von Furcht, Ärger)

Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens,(entwicklungs-) angemessenen Reaktion auf kindlicheBedürfnisse - Exploration/Bearbeiten elterlicher Gefühle und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit („ghosts in the nursery“) und Verknüpfung mit Fehlinterpretationen kindlicher Signale - Langzeit-Intervention (aufsuchend)

Evaluation - Verbesserung der Beziehungsqualität, Rückgang von psychiatrischen Symptomen bei Kindern und Müttern, positivere Sicht des Kindes bei Müttern von misshandelten Kindern, von unsicher gebundenen Kindern, bei Müttern mit Gewalterfahrungen, depressiven Müttern (Tosh et al., 2006; Cicchetti, Rogosch & Toth, 2006; Lieberman, van Horn & Gosh Ippen, 2005; Lieberman, Gosh Ippen & van Horn, 2006)

Child-Parent-Psychotherapy (CPP; Lieberman, Silverman & Pawl, 2000; Lieberman, 2004)

trauma-fokussiberter Arm der CPPEvidenzstufe 2b (qualitativ gut, quasi-experimentell)

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Basierend auf transaktionalem Modell (mit familien-systemtheoretischen, ressourcenorientierten Prinzipien) ursprünglich entwickelt für die Beratung und Therapie von schwer erreichbaren bzw. Therapie ablehnenden Familien)

Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens und Empathie; besondere Hervorhebung der Stärken und Ressourcen der Familien und einer partnerschaftlichen und wertschätzenden Zusammenarbeit

Kurzzeit-Intervention (Video-Feedback, 8 bis 12 Termine, wöchentlich)

Evaluation

Verbesserung der Beziehungsqualität, Abnahme von Schlaf-oder Fütterproblemen (Robert-Tissot, Cramer et al., 1996; Benoit, Madigan et al., 2001)

Interaction Guidance (Mc Donough, 1995)

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basierend auf einer systemischen Sichtweise und derSichtweise eines dynamischen und transaktionalen Entwicklungsprozesses; Grundlagenforschung von Mechthild und Hanŭs Papoušekzur vorsprachlichen Eltern-Kind-Kommunikation, zu kindlichen Regulationsverhaltensverhaltensweisen sowiezum intuitiven Elternverhalten (Papoušek & Papoušek,1987; 1990; M. Papoušek,1994).

integrative und interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung (unterschiedliche Therapietechniken, wie verhaltensorientierteBeratungen, psychodynamisch orientierte Gespräche bis hinzu konkreten Entlastungen der Familie)

Evaluation- differentielle Informationen zum entwicklungstypischen Auftreten spezifischer Symptome (N=701)- Rückkgang/Verschwinden der Symptome bei immerhin 2/3 der behandelten Säuglinge und Kleinkinder nach wenigen Terminen (von Hofacker, 1998; von Hofacker & Papoušek, 1998; Papoušek et al., 2004)

Münchner Modell interaktionszentrierter Eltern-Säuglings-Beratung und Psychotherapie (Papousek, 2002; Papousek et al., 2004)

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basierend auf Bindungstheorie, Entwicklungsmodell nachAls und Brazelton

Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens (Empathie, Perspektivenübernahme)Vermittlung von Ausdrucks-, Belastungs- und Bewältigungsverhaltensweisen von Säuglingen undKleinkindern - Kurzzeit-Intervention (aufsuchend, Video-Feedback („Sehen-Verstehen-Handeln“), ca. 6 -7 Termine)- flexibel integrierbar in bestehende Hilfesysteme

Evaluation- Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei jugendlichen Müttern (verglichen mit jugendlichen Müttern in regulärer Jugendhilfe-Betreuung (TAU; Ziegenhain et al., 2004; Ziegenhain, 2008) sowie bei Müttern mit psychischer Erkrankung, Mütter mit Migrationshintergrund, Mütter mit Frühgeborenen (Pillhofer et al., 2011)

Entwicklungspsychologische Beratung (EPB; Ziegenhain, Fries, Bütow & Derksen, 2004)

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InterventionVideo-Sequenzen gelungener Interaktion Video-Sequenzen nicht gelungener Interaktion Anwesenheit des Kindes

Videoaufnahm

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Videoaufnahme gemeinsamer

Interaktion

Entwicklungspsychologische Beratung (Ziegenhain, Fries, Bütow & Derksen, 2004)

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attachment based intervention treatment as usual

Neuge-borenenzeit 2. Monat 3. Monat 6. Monat

+

FEINFÜHLIGKE IT - N = 30

Feinfühliges Verhalten bei jugendlichen Müttern mit und ohne Intervention (Ziegenhain, Libal, Derksen, Dreisörner & Fegert, 2005)

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Interaktionseffekt Gruppe x Zeit F(1,38)=2.9; p <0.1

Beratung verbesserte tendenziell signifikant die mütterliche Feinfühligkeit unmittelbar nach der Beratung; Effekte verschwanden allerdings im Follow-Up

Einfluss Entwicklungspsychologischer Beratung auf mütterliche Feinfühligkeit (Screening CARE-Index, N=40)

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frühe Bindungsprobleme, Kindesvernachlässigung und kumulierende Belastungen sind erhebliche Risikofaktoren

für dieEntwicklung und Gesundheit bis ins Erwachsenenalter

eingeschränkte elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen sind gleichermaßen begleitendes Risiko ebenso wie wichtiger Ansatzpunkt für frühe Prävention/ Beratung/Therapie

Prävention/Beratung/Therapie muss umfassend ansetzen und Eltern befähigen, die Verantwortung und Sorge für ihr Kind besser wahrzunehmen

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Fazit

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„Es gibt keine großen Entdeckungenund Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“

Albert Einstein * 1889 Ulm

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm Steinhövelstraße 589075 Ulm

www.uniklinik-ulm.de/kjpp

Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert