FUgE-News 2/2013

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www.fuge-hamm.de 15 Jahre Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. 2/2013 Menschen bei FUgE

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Die Jubiläumsausgabe. 15 Jahre Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung

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www.fuge-hamm.de

15 Jahre Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung

Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V.

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Menschen bei FUgE

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arbeit mit den Schulen, mit Stadt,Gewerkschaften und Kirchen wiederzeit im Projekt „klimafreundlichmobil“.

Wir säen Ideen.

Wir säen eine andere Sicht auf dieWelt.

Wir säen alternatives Handeln.

Ob die Saat aufgeht?

Nach 15 Jahren werfen wir einpaar Schlaglichter auf die Themen,die uns u. a. beschäftigt haben.Ernährung und Welthandel, Ener-gie, Flächenverbrauch und kon-krete Hilfe vor Ort. Zugleichblicken wir auf Brasilien, den Gast-geber der Fußball-WM. FUgE willden Blickwinkel weiten, vor Ortbesser hinschauen und wahrneh-men, welche Folgen unser Han-deln hier auf andere hat – zum Bei-spiel für die Menschen in Bangla-desch (s. S. 9).

Manchmal sieht man, dass aus derSaat etwas wächst. Manchmaldarf man sogar Ernte mit einfahren– z. B. den Titel der FairTradeTown. Aber vieles geschieht aufHoffnung hin: Dass die Saat deranderen Perspektive, des alterna-tiven Handelns aufgeht.

Dafür arbeiten wir weiter. Gernemit Ihrer Hilfe!

Editorial

Was hat es gebracht? Wenn ichBauer wäre und Weizen säenwürde, dann könnte ich an derErnte ablesen, ob es ein gutesJahr war. Ertrag pro Hektar.Aber wie misst man den Erfolgvon Bildungsarbeit? Woran lässtsich ablesen, ob FUgE erfolg-reich war? – Die Pole schmelzenweiter, der CO2-Ausstoß ist zu-letzt sogar gestiegen, immernoch arbeiten Frauen und Kin-der in Bangladesch und anders-wo für Hungerlöhne, der Anteildes fairen Handels ist immernoch marginal. Und auch Hammist alles andere als eine „ökolo-gische Stadt der Zukunft“! Wozualso all die Arbeit? Nur ein Trop-fen auf den heißen Stein?

Umgekehrt wird ein Schuh draus:wenn es FUgE nicht gäbe, müssteman es dringend gründen! Nachwie vor braucht Hamm einen Ver-ein, der Stimme ist für Umwelt undfairen Handel, für nachhaltige Ent-wicklung. Einen Verein für mittler-weile 50 Vereine, die sich unterdiesem Dach zusammengeschlos-sen haben – wie z. B. „Wir helfenUkunda“ (s. S. 11). Ein Forum fürHamm, das sich in Fragen vonFläche und Energie, von fairemHandel und Stadtentwicklung ein-bringt. Einen Träger für Bildungs-

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FUgE-news · Eine-Welt- und Umweltmagazin für Hamm, 12. Jahrgang, Heft 2/2013Herausgeber: FUgE e. V., Widumstraße 14, 59065 HammRedaktion: Karl A. Faulenbach, Marcos Antonio da Costa Melo, Matthias Eichel, Erhard Sudhaus, Michael Thon,

Claudia KastenRedaktions- Widumstraße 14, 59065 Hamm, Telefon (0 23 81) 4 15 11, Telefax 43 11 52, anschrift: E-Mail: [email protected], www.fuge-hamm.deLayout: Matthias Eichel, Ulrich SchölermannBildnachweis: Wir danken Hartmut Gliemann für die Aufbereitung der Fotos auf der Titelseite und das Foto auf S. 15. Druck: Ulrich Schölermann Werbung und Druck, Caldenhofer Weg 66, 59063 Hamm, www.ulrich-schoelermann.deDruckauflage: 3000 Exemplare, gedruckt auf 100 % RecyclingpapierAnzeigenleitung: Dorothee Borowski, Telefon (0 23 81) 4 15 11, Telefax 43 11 52Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder oder sonstige Unterlagen übernehmen wir keinerlei Gewähr. Unterlagenwerden grundsätzlich nicht zurückgeschickt. Die Redaktion behält sich Kürzungen und journalistische Überarbeitungen allerBeiträge vor. Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge müssen nicht die Meinung der Herausgeber wiedergeben.

Mit freundlicher Unterstützung von:

Inhalt

FUgE in Hamm – Weltladen und mehr 2

Maßeinheit für den Erfolg? 4

Nachruf: Dr. Paul Krämer 5

Den Fairen Handel in die Mitte bringen 6

Hammer Apfelsaft 7

Barbecue-Chips und Seniorenfrühstück 8

Ferne Folgen: Bangladesch 9

Verein „Wir helfen in Ukunda“ 11

Klimafreundliche Mobilität in Hamm 13

Ein „weißer Elefant“ für Hamm! 15

Nach uns Beton? (Flächenverbrauch) 16

Wir haben Hunger! 17

Von der Gier nach Land 19

Kampf für die Artenvielfalt 20

Es wird teuer – Protest-bewegung in Brasilien 21

Fahrpreis wieder runter (Interview, Brasilien) 22

Eine-Welt-Bewegung in der Hellwegregion 24

Auf dem Weg zur Fairen Metropole Ruhr 25

Hammer Profil: Christiane Fischer 27

FUgE-Veranstaltungen Januar bis Juni 2014 28

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kalen Ebene zu bündeln. Es trafensich regelmäßig zwei Mal jährlichVertreter aus Kirchen, Schulen undEine-Welt-Gruppen, um gegen-über der Stadt, den Medien undder Bürgerschaft auf die kommu-nale Verantwortung in diesem ge-sellschaftlichen Feld hinzuweisen,Veranstaltungen zu koordinierenund zu organisieren.

● Umwelttage

Der Arbeitskreis ökologisch kon-sequenter Handeln (AKÖKH) – einZusammenschluss von Kleinunter-nehmen und Umweltinitiativen –hat 1994 den Hammer Umwelttagins Leben gerufen, um dem ThemaNachhaltigkeit in Hamm mehr Re-sonanz zu verschaffen. Aus die-sem Umwelttag ist dann ab 1996der Eine-Welt-und-Umwelttag her-vorgegangen.

● Hamm wurde 1992 für zehn

Jahre vom Land NRW zur „Ökolo-gischen Stadt der Zukunft“ gekürt– mit erheblichen finanziellen Zu-wendungen. Dies hat eine Vielzahlvon umweltrelevanten Projektenhervorgebracht (u. a. Umgestal-tung von Spielflächen und Schul-höfen; das fifty-fifty-Projekt anSchulen; Öko-Audit von Unterneh-men)

● Ökozentrum

Ein besonders tragfähiges Unter-fangen sollte dabei die Umwid-mung der Brachfläche der ehema-ligen Zeche Sachsen in Heessen indas Zentrum für „ökologischesund biologisches Bauen des Lan-des NRW“ werden, um mit der An-siedlung von umweltrelevantenUnternehmen sowie der Beratungund Schulung in diesem Arbeits-feld Menschen für die nachhaltigeEntwicklung in unserer Kommunezu gewinnen. Das Zentrum wurdedann aber durch politische Aus-einandersetzungen in NRW undHamm für die ökologische Stadt-entwicklung an den Rand ge-drängt.

● Lokale Agenda 21

Auch Hamm hat sich, wie viele an-dere Kommunen in Deutschland,ab 1994 mit einem Ratsbeschlussden Zielen von Rio 1992 „Agenda21“ angeschlossen, um auf der lo-kalen Ebene der globalen und so-zialen Gerechtigkeit sowie demUmweltschutz durch nachhaltigeEntwicklung zum Durchbruch zuverhelfen. Allerdings sprachen we-der die Sozialstruktur noch dassoziale Klima für den Erfolg einessolchen Prozesses (Arbeiteranteil

FUgE in Hamm – Weltladen und mehr!Karl A. Faulenbach

1. Von Quellen und Sackgassen –Vorläufer und Voraussetzungenfür FUgE

● Dritte-Welt-Laden

Von 1976 bis 1986 hat es in derNassauerstraße einen Dritte-Welt-Laden gegeben, um den sich ins-besondere das aus dem HammerWesten stammende Pastorenehe-paar Geldermann gekümmert hat(Trägerverein mit ca. 20 Aktiven).Aus personellen und räumlichenGründen endete dieser erste Auf-schlag für den Fairen Handelschon recht früh in der Anfangs-phase dieser bundesweiten Bewe-gung, zu der heute ca. 800 Weltlä-den gehören.

● Nord-Süd-Forum

1986 wurde auf Initiative der Ham-mer Volkshochschule das Nord-Süd-Forum gegründet, um die In-teressen der Gruppen auf der lo-

Dritte Welt-Shop in der Nassauerstraße – Vorläufer von FUgE

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Als am 15. November 1998 der Weltladen an der Widumstraße eröffnet wurde, bekamen die Gruppenin Hamm, die sich für eine gerechtere und nachhaltige Lebensweise einsetzen, eine Anlaufstelle undein Zentrum. Mit dem Laden als Modell eines anderen Wirtschaftens, mit handfesten Produkten undeiner Fülle von Bildungsangeboten wollte eine Handvoll Menschen damals die Kräfte in Hamm bün-deln und mit einer gemeinsamen Stimme in Hamm ihrem Anliegen Gehör verschaffen. Das ist nun 15Jahre her. Grund, zurückzublicken – und zu feiern! Dr. Karl A. Faulenbach, Vorsitzender des Forums fürUmwelt und gerechte Entwicklung, hält Rückblick auf die Entwicklung (s. u.), Matthias Eichel, eben-falls Gründungsmitglied, fragt danach, wie sich denn Erfolge messen lassen (S. 4) und Erhard Sudhausaus dem Vorstand von FUgE zieht nach 15 Jahren Weltladen eine Bilanz des Fairen Handels in Hamm(S. 6).

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tende Projekte an dieses Zentrumangegliedert werden, die dann dieökonomische Grundlage der Ein-richtung stützen“.

Als Projekte wurden genannt:● Eine-Welt- und Umweltladen● Eine-Welt- und Umweltmagazin● Bildungsangebote● Apfelsaft-Produktion und -Ver-

trieb● Biotoppflege● Wind für die Welt und weitere

(SNOW-)Projekte

Manches davon blieb ein Vorha-ben. Anderes – wie die Bildungs-angebote – läuft bis heute gut,kann aber nicht den Verein finan-zieren, sondern erfordert umge-kehrt eine Menge Arbeit zur Akqui-se von Finanzmitteln. So wurdeauch das neue Zentrum zu Beginnvorrangig aus ABM- und GFG-Mit-teln zur entwicklungspolitischenBildungsarbeit des Landes NRWüber die Stadt finanziert. Den ent-scheidenden Durchbruch schaffteFUgE durch das große ehrenamtli-che Engagement im Weltladen un-ter der Leitung von Paula Sudhausund mit der Einstellung vonhauptamtlichen pädagogi-schen Mitarbeitern fürProjekte und Bil-dungsarbeit, vomLand NRW finanzier-te Promotorenstel-len (mit Anne Ke-venhörster, LarsBüthe, Eva Sieglinund seit 2006 mitMarcos A. da

Costa Melo, zuständig für die Re-gion östliches Ruhrgebiet: KreiseSoest und Unna sowie Hamm).

Dazu kam ein hohes Maß Engage-ment des ehrenamtlichen Vorstan-des um die Vorsitzenden JoachimWeisheit, Johannes Grabenmeier,Matthias Eichel und Karl A. Fau-lenbach.

FUgE hat sich in diesen 15 Jahrennicht nur bei den Insidern einenNamen gemacht, sondern auchbei den relevanten gesellschaftli-chen Gruppen in der Stadt undRegion und dafür gesorgt, dassdas Themenspektrum der lokalenAgenda 21, die Millenniumszieleund der Faire Handel durchaus insBewusstsein einer größeren Öf-fentlichkeit gerückt sind.

Dass in der Zukunft noch viel zutun ist, um auch in Hamm und inDeutschland dem Fairen Handelüber die knapp zwei Prozent desderzeitigen Handelsvolumens zueiner breiteren Akzeptanz zu brin-gen, ist für uns alle Aufforderung

genug. Packen wir’san.

weit über dem Durchschnitt ver-gleichbarer Städte; Fehlen einesstudentischen Milieus; geringstesFamilieneinkommen aller west-deutschen Großstädte; Fehlen ei-ner intellektuellen Meinungsführer-schaft – Lehrer, Ärzte und Anwältearbeiten zwar in Hamm, wohnenaber nicht hier). Trotzdem ließ sichein Gruppe von Initiatoren ausdem Nord-Süd-Forum nicht davonabhalten, die Initiative zu ergreifen.

2. Ein mutiger Schritt –Gründungsakt von FUgE 1998

Nachdem sich die Arbeitsgruppender lokalen Agenda – vom Rat be-schlossen – relativ schnell aufge-löst hatten, weil schon nach kurzerZeit kaum noch ein Interesse derVerantwortlichen bei der Stadt er-kennbar war, haben Akteure desNord-Süd-Forums an der VHSHamm die Initiative ergriffen. AufVorschlag von Pastor JochenWeisheit wurde daraufhin der ge-meinnützige Verein „Forum fürUmwelt und gerechte Entwick-lung“ – kurz genannt FUgE – am24.06.1998 in der VHS gegründet.Mit Unterstützung des BUNDHamm wurden zwei ABM-Mitar-beiter (Michael Walterscheid undMartin Schulte) eingestellt und ei-nige lokale Gruppen aus dem Ar-beitsfeld gewonnen, in diesemNetzwerk der lokalen Agenda 21mitzumachen. Das Ladenlokal inder Widumstraße 14 wurde mit ei-nem Warenangebot aus dem Fai-ren Handel am 15.11.1998 eröffnetund schnell zum Treffpunkt für vie-le Aktionen und Aktivitäten. Mit ineinem Antrag an die Arbeitsver-waltung in Hamm wurde dieFUgE-Idee wie folgt beschrieben:

„Um eine stärkere Vernetzung derverschiedenen Gruppen aus die-sen Bereichen – dem Nord-Süd-Forum an der VHS – zu realisierenund die Eine-Welt- und Umweltar-beit in unserer Stadt weiter auszu-bauen, möchte der BUND-Förder-verein ein Zentrum schaffen, indem die verschiedenen Gruppensich treffen, sich austauschen undauf dieser Basis gemeinsame Pro-jekte realisieren. Um einen lang-fristigen Bestand eines solchenZentrums zu gewährleisten, sollenverschiedene wirtschaftlich arbei-

Eröffnung des Weltladens in der Widumstraße am 15.11.1998: ReinhardMerschhaus (li.) gratuliert als stellv. Bürgermeister dem damaligen Vor-sitzenden Pfr. Joachim Weisheit (2.v.li)

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tive zur regionalen Vermarktung je-doch ist versandet. So wie auchdie „Blumenkampagne“, die dasAugenmerk auf die Blumen ausAfrika gelenkt hat, auf die Arbeits-bedingungen, die Pestizid-Belas-tungen. Es gibt fair gehandelteBlumen – heute sogar bei man-chem Discounter –, aber das istnicht Frucht der Kampagne 2002.

Oder doch? Kann es sein, dasssteter Tropfen den Stein höhlt?Dass die Themen in der Öffentlich-keit langsam auch durchsickern?Durchsickern in das Bewusstseinund Verhalten der breiten Bevölke-rung?

Immer wieder hat FUgE die großenThemen der Weltentwicklung an-gesprochen – Regenwaldvernich-tung, Wasserknappheit, Klima-wandel. In Ausstellungen im Maxi-park hat FUgE Tausende von Kin-dern und Erwachsenen erreicht,die eine Exkursion durch den „Re-genwald“ gemacht, nach Gold ge-schürft, Kaffee und Bananen ge-erntet haben. Sie haben ein afrika-nisches Dorf erkundet, Wasserei-mer auf dem Kopf getragen, Trom-meln erprobt, Mais gestampft. Im-mer wieder haben interaktive Aus-stellungen dazu eingeladen, Neu-es zu entdecken – und zu lernenmit Hirn und Herz und Hand. Erst,wenn alles drei zusammenkommt,

davon sind wir überzeugt, erstdann wird sich in uns und durchuns etwas ändern. Wir müssenverstehen – empfinden – begrei-fen, anfassen. Möglichkeiten se-hen, etwas zu ändern. Dann wer-den wir es auch tun. Informationenallein reichen nicht aus – das istdie Erkenntnis nach jahrzehntelan-ger entwicklungspolitischer Bil-dungsarbeit, die darauf abzielte,möglichst viele Informationen wei-terzugeben.

„Wenn die Welt nur wüsste, dassHunger kein Schicksal ist, sonderngemacht – dann würde sie es dochanders machen, oder?“ Nein. WirWISSEN alles – und machen estrotzdem nicht anders. Ja, geradedie schockierendsten Erkenntnis-se führen uns nicht ins Handeln,sondern in die Lähmung: Wirstecken lieber den Kopf in denSand, schauen weg, machen wei-ter, statt etwas zu bekämpfen, wasscheinbar übermächtig ist. Waskann ICH schon gegen den Klima-wandel tun?

Nur, wer glauben kann, dass das,was er selber tut, auch erfolgreichsein wird – wird es beginnen. Alsoist es unsere Aufgabe, wieder undwieder nicht nur aufzuklären, son-dern zu motivieren. Ziele vor Au-gen zu stellen, die erreichbar sind.Und die Lust an der Veränderungzu wecken. Eine andere Mobilitätzum Beispiel ist nicht nur gut für

Maßeinheit für den Erfolg?!Der Versuch einer BilanzMatthias Eichel

Woran misst sich der Erfolg einesVereins, der sich Bewusstseins-und Verhaltensänderung auf dieFahnen geschrieben hat? Zahlensind immer hilfreich, wenn man et-was messen will. Also können wirnach Zahlen suchen. Ein DutzendMenschen hat vor 15 Jahren dieFUgE aus der Taufe gehoben –heute sind es über 50 Vereine undetliche Einzelpersonen, die hinterdem Netzwerk stehen. Ein Erfolg!Wer Zahlen sucht, muss auf denWeltladen schauen: Der Umsatzging ständig nach oben, das eh-renamtliche Ladenteam garantierttägliche Öffnungszeiten. Mit Zah-len können wir den Erfolg belegen.

Aber hat sich etwas geändertdurch die Existenz von FUgE? HatFUgE etwas bewegen können?Seit FUgE 1998 gegründet wurde,gab es immer wieder Schwer-punktthemen, Ausstellungen, Pro-jekte und Kampagnen, mit denenwir in die Stadt hinein gewirkthaben.

„Fairer Handel und regionale Ver-marktung“ stand vor zwölf Jahrenschon an – und danach immerwieder. Ja, wir haben den FairenHandel in Hamm nachhaltig ge-stärkt und nach vorne gebracht.Dass Hamm „Stadt des FairenHandels“ ist, kann sich auch FUgEals Verdienst anrechnen. Die Initia-

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Ausstellung zum Regenwald: Lernen mit Herz, Hirn und Hand – erst dasführt ins Handeln!

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sche Stadtrundgang“ bleiben an-ders hängen als eine Unterrichts-stunde im Klassenraum. An denOrten des Konsums zu fragen: wo-her kommt denn die Jeans? Wieweit ist sie gereist – und wie vielhaben die Näherinnen eigentlich an

ihr verdient? All das ist anders ver-standen, begriffen, aufgenommen,als die reine „Sachinformation“.

Ob es die Arbeit und den EinsatzWert war?

Urteilen Sie selbst!

die Umwelt, sondern auch für unsselbst: für Gesundheit und Geld-beutel. Weniger Abgase. WenigerLärm. Mehr Bewegung und frischeLuft – wer das für sich entdeckt,lässt eher den Wagen stehen, alswenn der Moralist mit dem erho-benen Zeigefinger auf CO2-Bilan-zen weist.

Nein, es ist nicht zu beziffern, wasFUgE in den vergangenen 15 Jah-ren durch die Reihe von Kampa-gnen bewirkt hat. Weil wir nichtwissen, was mit einem gedankli-chen Widerhaken im Bewusstseinder Menschen hängengebliebenist. Was vielleicht dort arbeitet undwirkt – und sich zu einer Weltsichtzusammensetzt, die am Ende zuder Erkenntnis führt: Eine andereWelt ist möglich.

Viele Menschen hat FUgE in denvergangenen 15 Jahren erreicht.Viel Geld umgesetzt in Projekten:durch Anträge eingeworben, durchhaupt-, neben- und ehrenamtlicheMenschen durchgeführt und ab-gerechnet. Es gab schöne Veran-staltungen, es gab Lob und öffent-liche Wertschätzung. Und immerwieder kleine und große Erfolge,über die wir uns freuen konnten:Umsatzsteigerungen im FairenHandel. Ein Apfelsaft-Projekt, daswieder auflebt. Hamm als FairTrade Town, Schulprojekte undvieles mehr.

Darum sind Ausstellungen undKampagnen geeignete Mittel zurBewusstseins- und Verhaltensän-derung: Sie machen anschaulichund erfahrbar, was geschieht. Siewecken Gefühle, vermitteln Erfah-rungen, bieten Handlungsmöglich-keiten.

Ob die Regenwaldausstellung2004 etwas bewirkt hat? Messbarist das nicht – aber zu hoffen: Dassunter all den vielen großen undkleinen Besucher/-innen auchMenschen waren, die diese Erfah-rung mitgenommen haben, inte-griert haben in ihr Konzept des Le-bens. Als sie den Kinderalltag inAfrika (2010) erkundet haben, dieWasserwelten (2005) kennenlern-ten, als sie ein Jahr ohne Auto er-probten.

Kampagnen wie der „Konsumkriti-

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Afrika-Ausstellung: Fremdes er-kunden ist spannend. Wir lernenspielend.

Dr. Paul Krämer (80) ist am 29.April 2013 in Soest verstorben. Erhat als FUgE-Mitglied und insbe-sondere als Vorstand von Ler-nen-Helfen-Leben die Afrika-Ar-beit wesentlich geprägt u. a. mitdem Holzsparofen, der nur 20 %der üblichen Holzmenge ver-braucht. Mit seiner faszinieren-den Masken- und Skulpturen-Sammlung aus Burkina-Faso hater unsere Afrika-Ausstellung imMaxipark bereichert. DieseSammlung ist von uns an das Fo-rum der Völker in Werl vermitteltworden und wird immer an seineAfrika-Begeisterung erinnern. Beialler Trauer bleibt die gute Erinne-rung an einen außergewöhnli-chen Menschen, der mit seinemWirken und seinen Kenntnissenüber Afrika auch nach seinemTod für unsere Arbeit wichtig blei-ben wird.

Steter Tropfen höhlt den Stein!Projekt zum Weltwassertag.

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der schließen. Erst 1998 hat sichaus dem Nord-Süd-Forum inHamm der Förderverein „Forumfür Umwelt und gerechte Entwick-lung (FUgE e.V) gebildet, der essich zum Ziel gesetzt hat, die Eine-Welt- und Umwelt-Arbeit in Hammzu vernetzen, die „lokale Agenda21“ für Hamm weiterzuentwickelnund ein Zentrum in der Widum-straße mit integriertem Weltladenaufzubauen.

Der Weltladen hat sich seitdemkontinuierlich weiterentwickelt, er-innert sich Paula Sudhaus, die seitder Gründung dort tätig und seitvielen Jahren als Leiterin eines eh-renamtlichen Ladenteams von zur-

zeit 25 Personen aktiv ist. DerWeltladen bietet ein breites Sorti-ment von Lebensmitteln überKunsthandwerk bis zu Leder- undSchreibwaren. Fair gehandelteProdukte zählen schon seit vielenJahren zu Spitzenprodukten, diedurch ihre besonders gute Qualitätimmer mehr Menschen überzeu-gen, erklärte Dr. Karl A. Faulen-bach, langjähriger Vorsitzenderdes FUgE e.V., denn: ein Produktmuss schmecken bzw. optischenAnforderungen entsprechen. Auchim Fairen Handel lassen sich nurProdukte vertreiben, die den ho-hen Qualitätsansprüchen der Ver-braucher gerecht werden.

Inzwischen hat der Faire Handel inDeutschland mit 650 Mio. EuroUmsatz in 2012 eine beachtlicheEntwicklung durchgemacht: Er isteine ernst zu nehmende Wirt-schaftsform mit hohem Bekannt-heitsgrad. Neben den Qualitätskri-terien und dem Geschmack ist esauch eine ethische Entscheidung,fair gehandelte Produkte zu kon-sumieren. Rund 50 Prozent allerfair gehandelten Lebensmittelkommen aus kontrolliert biologi-schem Anbau. Immer mehr Kon-sumenten sehen den Einkauf auchals politische Entscheidung undsind gerne bereit, für ein Produkteinen angemessenen Preis zu be-zahlen, wenn dafür die Produzen-ten ihre Lebens- und Arbeitsbe-

Den Fairen Handel in die Mitte bringenErhard Sudhaus

Angefangen hat alles mit einerIdee – entstanden in den 70er Jah-ren, als die Wirtschaftsbeziehun-gen zwischen Nord und Süd inden öffentlichen Blick gerieten undEntwicklungsländer gerechtereHandelsbeziehungen forderten.

Einige Jahre später begannen vorallem Jugendliche und kirchlicheGruppierungen, sich mit viel Elanfür einen fairen Handel mit der da-mals sogenannten „Dritten Welt“einzusetzen. Das verbindende So-lidaritätsgetränk wurde der be-kannte Nicaragua-Kaffee – ein Ge-tränk, das die politische Einstel-lung zum Ausdruck bringen sollteund ein Symbolprodukt zur Auf-klärungsarbeit über ungerechteWelthandelsstrukturen war. DerSlogan „Wandel durch Handel“zeigte das entwicklungspolitischeVerständnis der Bewegung: Eingerechter Handel, der auf Partner-schaft beruht, kann mehr Entwick-lungschancen bedeuten als diedamals „herkömmliche Entwick-lungshilfe“.

In den ersten Jahren durchlebtediese Idee ein Schattendasein undblieb auf Idealisten, die dieser Ideeaufgeschlossen gegenüber stan-den, beschränkt, und auch inHamm musste der „Dritte-Welt-Laden“ in der Nassauerstraße wie-

Ein schöner Erfolg: Hamm wurde 2012 als 100. Stadt der Titel „Stadt desFairen Handels“ verliehen

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und Naturfreunde Motivation ge-nug, das Projekt wieder anzu-stoßen. Denn nur wenn es auchVerwendung für die Äpfel gibt,sind die Menschen bereit ihreSteuobstwiesen auch zu pflegen.Angesichts des allgemeinenTrends zur Monokultur werdendiese Wiesen aber in Zukunft im-mer wichtiger, um die Artenvielfaltzu erhalten und Insekten einenLebensraum zu bieten. Durch denregionalen Anbau und die lokaleWeiterverarbeitung wurden zudemunnötig lange Transporte ver-mieden.

Den naturtrüben Saft gibt es imFünf-Liter-Gebinde mit einem pa-tentierten Verschluss, der sicher-stellt, dass der Saft nach Anbruchsich auch ungekühlt mehrere Wo-chen hält. Der Hammer Apfelsaftkostet 8,50 Euro und ist im FUgE-Weltladen, den Verkaufsstellenvon Getränke Schürmann (Geträn-ke-Oase), Biohof Damberg, Bio-markt in der Mark, Biobauer Holt-schulte und bei Raiffeisen Hell-weg-Lippe in Rhynern erhältlich.

dingungen verbessern können. Al-lerdings fällt auf, dass neben demFairtrade-Siegel immer mehr Sie-gel und Logos auf den Verpackun-gen der Produkte kleben, undnicht alle sind vertrauenswürdig.

Mit der Auszeichnung der StadtHamm als 100. „Stadt des FairenHandels“ durch „TransFair“ in2012 gewann der Faire Handel inder Bevölkerung zusätzlich Be-achtung. Oberbürgermeister Tho-mas Hunsteger-Petermann war er-freut, dass die Stadt die Aufnah-mebedingungen sogar übertroffenhatte und hoffte, dass in den zweiJahren bis zur Überprüfung derKriterien möglichst viele Men-schen für die Idee des Fairen Han-dels gewonnen werden, denn miteiner „Geiz ist geil“-Einstellung seidas nicht zu vereinbaren.

Wolfgang Langer, Geschäftsführerdes Kaufhof und Leiter der Steue-rungsgruppe „Fair-Trade-Stadt“,sah es als vorrangige Aufgabe,auch die Textilbranche in den Fai-ren Handel einzubeziehen, weil esneben katastrophalen Arbeitsbe-dingungen dabei auch explizit umFragen von Kinderarbeit gehe.

Dies bestätigte auch der Hauptge-schäftsführer des Einzelhandels-verbandes, Thomas Schäfer. Bis-her nutzen zu wenig Händler dasangebotene, inzwischen qualitativhochwertige Potenzial. Für vieleGeschäfte würde es sich lohnen,auch im Textilbereich eine „faireEcke“ einzurichten, vergleichbarmit dem „fairen Regal“ im Super-markt.

Die rasante Entwicklung des Fai-ren Handels in den letzten Jahrenlässt hoffen, dass auch immermehr nonfood-Produkte im FairenHandel angeboten werden.

Hammer ApfelsaftAus der Region – für die Region

Der neue Hammer Apfelsaft stehtseit Oktober in den Regalen derteilnehmenden Verkaufsstellen.Rund 4000 Liter Saft aus heimi-schen Äpfeln sind das Ergebnisder Apfel-Sammelaktion, dieFUgE, NABU und Naturfreunde imSeptember durchgeführt hatten.Damit wurde das Projekt „HammerApfelsaft“ nach fünf Jahren wiederzum Leben erweckt.

Mit Getränke Schürmann und derDirektsaft-Obstkelterei Kurt Ficht-ner aus Beckum konnten zweiwichtige Partner mit ins Boot ge-holt werden. Thomas Schürmannzeigt sich vom Hammer Apfelsaftbegeistert. Schon früher habe seinUnternehmen gute Erfahrungenmit Saft von Streuobstwiesen ge-macht. Nur seien diese nicht ausder Region gekommen. „Als regio-nales Unternehmen liegen miraber gerade auch lokale Produktesehr am Herzen“, so Schürmann.Und ganz nebenbei könne man soauch zum Umweltschutz beitra-gen. Der Erhalt von Streuobstwie-sen war auch für FUgE, NABU

Die Initiatoren stellen den „Hammer Apfelsaft“ vor (von links nachrechts): Ulrich Schölermann (NABU), Dr. Karl A. Faulenbach und PaulaSudhaus (FUgE), Thomas Schürmann (Getränkehandel) und ErhardSudhaus (FUgE).

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gemeinsamen „Verkostungsakti-on“ der in Frage kommenden Pro-dukte fiel die Wahl auf die Barbe-cue-Chips von El Puente, die Fai-retta-Kids Schokoriegel von derGepa und die Neapolitaner-Waf-feln vom DWP. Für ein professio-nelles Auftreten lieh sich die Grup-pen das „Eine Welt Kiosk“ ausdem FUgE-Weltladen, und der Er-folg war phänomenal. Die Schülerkonnten sich in den Pausen kaumvor Kunden retten, und schon baldwaren die ersten Vorräte der klei-nen Chips-Päckchen ausverkauft,und es musste im Weltladen Nach-schub besorgt werden. Nach einerWoche endete dieser Probever-kauf, denn – mal ganz ehrlich –auch wenn sie fair gehandelt sind:Chips und Schokoriegel solltennicht zu einem ständigen Pau-sensnack werden.

Begeistert von diesem Aktionser-folg meldete sich die Gruppe fürdie 72-Stunden-Aktion des BDKJan, um in diesem Zeitraum ein öf-fentlichkeitswirksames Projekt zurVorstellung ihres Engagements zumachen. Die Wahl fiel schließlichauf ein Seniorenfrühstück in derPausenhalle der Marienschule. Sowurde also fleißig gebacken und

gekocht, um allerlei südamerikani-sche Besonderheiten anbieten zukönnen. Dazu gehörten z. B. Mais-brot und -brötchen. Eine weitereGruppe bereitete eine Präsentati-on des Partnerschaftsprojekts vor.Aus dem Fairen Handel stammtender Saft, der Kaffee, Tee und dieBrotaufstriche, die beim Frühstückangeboten wurden. Das Frühstückwurde ein voller Erfolg. Die Senio-ren waren begeistert von den an-gebotenen Leckereien und hörteninteressiert bei der Präsentationdes Projekts zu. Sie honoriertendie Mühen der Schüler/-innen mitgroßzügigen Spenden, die nachAbzug der Unkosten dem Projektzugute kamen.

Und schon stand die nächste Akti-on mit dem Eine-Welt- und Um-welttag vor der Tür. Wie im letztenJahr beteiligte sich die Projekt-gruppe mit einem Stand und infor-mierte Besucher darüber, warumes das Klima schont, wenn manProdukte aus Umweltschutzpapierkauft. Außerdem informieren dieSchüler/-innen über ihr Partner-schaftsprojekt, und Muffins aus ei-gener Produktion dürfen natürlichauch nicht fehlen.

Barbecue-Chips und SeniorenfrühstückFairer Handel in der Marienschule Renate Brackelmann

Die Planalto-AG der Marienschuleunterstützt schon seit über 20 Jah-ren ein Straßenkinderprojekt in dernordbrasilianischen MillionenstadtRecife. Neben Aufklärungs- undInformationsarbeit sammelt dieAG in erster Linie Spendengelder,die dem Projekt zugute kommen.So fand z. B. im Jahr 2010 ein sehrerfolgreicher Sponsorenlauf statt.Kontinuierlich werden in der Schu-le umweltfreundliche Schulmate-rialien (Hefte, Blöcke, Stifte etc.)verkauft. Im Jahr 2012 beteiligtesich die Marienschule auch zumersten Mal mit einem Stand beimEine-Welt- und Umwelttag, wosehr erfolgreich Muffins verkauftwurden.

Durch Treffen im FUgE-Weltladenlernten die engagierten Schülerder freiwilligen Arbeitsgemein-schaft die Produkte des FairenHandels kennen. In einer Sitzungwurden die Hintergründe des Fai-ren Handels besprochen, und allewaren sehr angetan von dieser be-sonderen Art der Produkte, nochdazu, weil sich bei der Verkostungherausstellte, dass sie sehr leckersind. So entstand die Idee, dassdiese Produkte in der Schule ver-kauft werden sollten. Nach einer

Ein Teil der Projektgruppe beim Verkauf mit dem Eine-Welt-Kiosk. Planalto-AG bei der 72-StundenAktion des BDKJ.

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arbeitet sie für ein Forschungs-institut, das sich mit den Berei-chen Klimawandel und Politik aufnationaler und internationaler Ebe-ne beschäftigt. Wir sind Sabnamsehr dankbar, dass sie sich dieZeit nahm, in einem schriftlich ge-führten Interview Fragen zum Kli-mawandel in ihrem Heimatlandund dessen Folgen für ihre Lands-leute zu beantworten.

Zentral für die Situation in Bangla-desch ist seine geografische Lage.Im Westen, Norden und Ostenwird es von Indien umschlossenund grenzt im Südosten an Myan-mar und im Süden an den Golf vonBengalen. Es herrscht ein subtro-pisches Monsunklima.

Verschiebung der Jahreszeiten

Gefragt nach ihrer persönlichenWahrnehmung und der ihrer Elternund Großeltern berichtet Sabnam,

dass sich das Wetter in ihrer Hei-mat merklich verändert hat. Zu be-obachten sei dies an einer Ver-schiebung der Jahreszeiten, vondenen es bislang sechs gab: je-weils zwei Monate Frühling, Som-mer, Regenzeit, Herbst, Spät-herbst und Winter. Heute gebe esnur noch drei deutlich wahrnehm-bare Jahreszeiten: Sommer, Re-genzeit und Winter, dazu einensehr kurzen Frühling. Wie Sabnamerklärt, sind die Sommer mit ihrerextremen Hitze länger und dieWinter kürzer und kühler gewor-den. Der Regen trete nicht mehrnur zur Monsunzeit auf, sondernverteile sich unregelmäßig auf dasganze Jahr, insgesamt sei aber einRückgang der Niederschlagsmen-ge zu verzeichnen.

Folgen für die Bevölkerung

Diese Änderungen des Klimas ha-ben unmittelbare Auswirkungenauf das tägliche Leben. Wie Sab-nam berichtet, sind der Rückgangder Niederschlagsmenge sowiedas unpünktliche Eintreffen desRegens für das landwirtschaftlichgeprägte Land fatal. Da der Ge-treideanbau viel Regen benötigt,fallen die Ernten schwächer aus,im Norden des Landes kommt esgar zu Dürren. Dies bedroht dieNahrungsmittelsicherheit der oh-nehin armen Bevölkerung.

Durch den Mangel an Regen sinddie Landwirte für die Getreidepro-duktion nun abhängig von Grund-

Ferne Folgen: Auswirkungen des Klimawandels in Bangladesch Claudia Weskamp

Der Klimawandel äußert sichglobal sehr unterschiedlich.Während wir in Deutschland sei-ne Folgen bisher kaum bemer-ken, sind andere Nationen direktbetroffen. So auch Bangladesch,ohnehin eines der ärmsten Län-der der Erde. Über die Auswir-kungen für die Einwohner desam dichtesten besiedeltenFlächenstaates der Welt (164Mio. Einwohner auf ca. 40 % derFläche Deutschlands) sprachFUgE mit Sabnam Sarmin.

Sabnam, 25 Jahre alt, hat FUgE imJanuar 2013 im Rahmen eines Re-verse-Austauschprogramms desentwicklungspolitischen Freiwilli-gendienstes „weltwärts“ für einenTag besucht. Damit war der ersteKontakt geknüpft. Die Umweltwis-senschaftlerin stammt aus Bangla-deschs Hauptstadt Dhaka. Dort

Bangladesch wird von Indien umschlossen. Deutlich sichtbar: Die Mün-dungen des Ganges.

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Sabnam Sarnim (25) aus Bangla-desch war 2013 zu Gast bei FUgE.

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häufigen Wirbelstürme im Golf vonBengalen bedrohen besonders dieExistenz von Fischern und ihrenFamilien. Ohne regelmäßigenFischfang verlieren sie ihre Le-bensgrundlage. Berichte über Fi-scher, die sich aufgrund der Aus-sichtslosigkeit, Fisch fangen zukönnen, das Leben nahmen, zei-gen das Ausmaß der Tragik, dieder Klimawandel für einige Men-schen bedeutet.

Die Schwierigkeiten großer Teileder Landbevölkerung, ihre Exis-tenzgrundlage zu sichern, triebMillionen Menschen in die Städte.In der Folge sind die HauptstadtDhaka und andere Großstädtehoffnungslos überfüllt. Die Migran-ten leben unter miserablen Um-ständen in Slums oder am Stra-ßenrand, ohne sauberes Wasser,sanitäre Einrichtungen, Strom, Bil-dung und ausreichend Nahrung.Meist finden sie keine geregelteArbeit, sodass sie Schwarzarbeitannehmen; eine Bedrohung für dieSicherheit und den Wohlstand derGesellschaft, so Sabnam.

Auswege

Es ist erschreckend zu erfahren,welche Konsequenzen der men-schengemachte Klimawandel füreinige Teile der Weltbevölkerungmit sich bringt. Gefragt nach denMöglichkeiten bangladeschischerPolitiker, dem Klimawandel zu be-gegnen, antwortet Sabnam: „Alssehr kleiner Verursacher von CO2-Emissionen hat Bangladesch einesehr kleine Kapazität, seine CO2-

Emissionen zu verringern. Die Re-gierung führt jedoch verschiedeneAnpassungsprogramme zur Be-wältigung der Auswirkungen desKlimawandels ein. Die Politikerbemühen sich, die Industrieländerals hauptsächlich Verantwortlichefür den Klimawandel dahingehendzu beeinflussen, ihre Ausmaße anEmissionen zu verringern und unsfür ihre Aktivitäten, die den Klima-wandel verursacht haben, zu ent-schädigen. Bangladesch beteiligtsich intensiv an den UN-Klimakon-ferenzen und nimmt in Bezug aufdie Auswirkungen des Klimawan-dels eine führende Rolle unter denLDCs (Least Developed Countries,deutsch: am wenigsten entwickel-te Länder; Anm. d. Redaktion)ein.“

Unter dem Aspekt der globalenGerechtigkeit ist zu hoffen, dasssich die Industrieländer einschließ-lich unserer deutschen Bundesre-gierung ihrer Verantwortung be-wusst werden und diesen Forde-rungen nachkommen. Der Klima-wandel und dessen bereits einge-tretene Folgen sind nicht rückgän-gig zu machen, jedoch können wirLänder wie Bangladesch mit derBereitstellung von finanziellen Mit-teln und technischem Know-howunterstützen. Schließlich sind ihreProbleme aus dem Wachstum un-seres westlichen Lebensstandardsentstanden. Deren globale Lösungist nun unsere gemeinsame Auf-gabe.

wasser. Dessen Nutzung hat je-doch zur Folge, dass sich in vielenTeilen des Landes der Grundwas-serspiegel gesenkt hat. Um weiter-hin Wasser fördern zu können wer-den schwere Maschinen einge-setzt. Der Grundwasserspiegelsinkt weiter. Eine Folge davon: Ineinigen Teilen Bangladeschskommt es zu Arsenbelastungen.

Die Nutzung schweren Geräts zurGrundwasserförderung hat abernoch weitere Konsequenzen, wieSabnam erläutert: Die Maschinenbenötigen viel Elektrizität. DaStrom jedoch knapp ist, kommt esdurch die Entnahme von Grund-wasser zu einer weiteren Knapp-heit in der Stromversorgung. Erfehlt für das tägliche Leben, die In-dustrie, Bildungseinrichtungen,Krankenhäuser und Märkte.

Ebenfalls fördere die Dezimierungdes Grundwassers das Eindringenvon Salzwasser ins Landesinnere,so Sabnam. Das treffe vor allemdie Landbevölkerung. Im südli-chen Teil Bangladeschs könneaufgrund des Salzwassergehaltsdes Bodens kein oder nur wenigGetreide wachsen. In einigenGebieten mangele es den Bewoh-nern zudem an Trinkwasser. Dasmüssen sie nun von weit her be-schaffen.

Außerdem kommt es in Bangla-desch vermehrt zu Naturkatastro-phen. Sabnam erzählt von Über-flutungen und Zyklonen, welchegehäuft auftreten und in ihrer In-tensität zugenommen haben. Die

10FUgE-news Ausgabe 2/2013

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Selbsthilfe“ leisten und habenzurzeit zwei große Projekte. Dasist einmal die Bongwe School,die von uns weitere Bauten,Strom und Wasser bekommenhat. Da läuft ein Essenspro-gramm für den Kindergarten,und ein Doktor schaut über dieKinder, so eine Art Vorsorge injedem Trimester. Er bekommt ei-nen Obulus, um auch Medika-mente für aufgetretene Krank-heiten in einem gewissen Rah-men zu bezahlen. Und vor zweiJahren haben wir ein eigenesStück Land gekauft. Das ist nur700 Meter von der Schule ent-fernt, weil wir die beiden Projek-te miteinander verbinden wollen.Das wird ein Kinderdorf für Müt-ter und ihre Kinder, die alle HIV-positiv sind. Noch kommen sienur zum Arbeiten aufs Land, dastehen jetzt eine Schneidereiund eine Schreinerei und es wirdGemüse angebaut. Und weil esjetzt auch Wasser durch eine Re-genwasserauffanganlage und ei-nen Brunnen gibt, waschen sieauch ihre Wäsche dort. Das istalso so eine ganz große Hilfe, diewir gar nicht so eingeplant hat-ten, was sich dann einfach so er-geben hat.

FUgE news: Wie kann man „Wirhelfen in Ukunda“ denn unter-stützen?

Remmert: Ja, man braucht ei-gentlich nur Mitglied zu werden,und man ist dann aufgenommenin den Verteiler, kann Kontaktaufnehmen. So ein ganz hoherPlan von uns ist, dass auch einGästehäuschen auf dem Landsteht, wo Volontäre und jungeLeute, die praktisch mitarbeitenmöchten, nur noch ihren Flugbezahlen müssten und da woh-nen könnten. Da sind wir natür-lich noch weit von entfernt. Werim Moment hilft, hilft am meis-ten, indem er einfach Geld fürdiese Projekte in die Kasse

bringt. – Ob man auf sein Ge-burtstagsgeschenk verzichtetoder Schüler Waffeln backen.

Ilonka Remmert sprudelt über,wenn sie von der Arbeit bei „Wirhelfen in Ukunda“ erzählt. Anfangshatte sie Sorge, sich zu weit ausdem Fenster zu lehnen, als sie inder Schule ohne Schulbänke, oh-ne Tafeln mit nur einer riesigenKlasse stand und sagte: Hier helfeich. Aber Schritt für Schritt hat siesich Kompetenz erarbeitet. Zu-sammen mit dem Verein, der sei-nen Hauptsitz in Ulm hat, setzt siedarauf, die lokalen Infrastrukturenzu stützen. „Wir helfen in Ukunda“liefert das Material und die finanzi-ellen Mittel, den Rest sollen sichdie Menschen vor Ort erarbeiten.So entsteht ein Verhältnis auf Au-genhöhe, und das Ziel, dass dasProjekt irgendwann auf eigenenBeinen stehen kann, ist realistisch.Ilonka Remmert ist davon über-zeugt, dass ihre Vereinsarbeitwichtig ist, um Ideenaustausch zuermöglichen und den Menschenneue Perspektiven aufzuzeigen.Gerade die HIV-positiven Mütterwürden sonst in Mutlosigkeit ver-sinken.

Wie sehr die Hilfe die Menschenberührt, hat die ehemalige Grund-schullehrerin bei dem Fun Day ge-

Ein Verein für Vereine? Ein Gespräch mit Ilonka Remmert über FUgE und „Wir helfen in Ukunda“

Ein wichtiger Teil der Arbeit vonFUgE besteht darin, Vereine mitähnlichen Zielen zu vernetzenund ein gemeinsames Forum zuschaffen. Saskia Geisler trifftIlonka Remmert von „Wir helfenin Ukunda e.V.“, um über dieseFunktion von FUgE und ihre Hil-fe für Afrika zu reden.

FUgE news: Wie kam es eigent-lich zu der Idee, „Wir helfen inUkunda“ nach Hamm zu holen?

Ilonka Remmert: 2001 haben wireine Familienreise nach Keniagemacht. Und im Hotel hattenwir Kontakt zu einem jungenMann, mit dem wir mal raus ge-gangen sind und gesehen ha-ben, wie es da aussieht, wo dieMenschen wirklich leben – zigLeute in einem Raum, kein Was-ser, kein Strom. Das war derAuslöser. Und dann haben micheinfach die Leute unheimlich be-geistert, diese Fröhlichkeit derMenschen trotz der ganzen Ar-mut. Das ist mir einfach nichtaus dem Kopf gegangen.

Zunächst unterstützten die Rem-merts den Bekannten, MasoudVumbi, und seine Familie. Bei ihrernächsten Reise nach Ukunda ließsich die ehemalige Grundschulleh-rerin von Vumbi, der mittlerweileder Projektleiter vor Ort ist, eineSchule zeigen und beschloss,mehr zu tun. Aber wie? Wieder inHamm fand Remmert im Internetden Verein „Wir helfen in Ukunda“.Hier wurde sie unter der Bedin-gung Mitglied, ein Schulprojektaufziehen zu können, und enga-gierte sich gleichzeitig für ihrenVerein bei FUgE, um die dortigeVernetzung zu nutzen.

FUgE news: Was genau machtdenn „Wir helfen in Ukunda“?

Remmert: Wir wollen helfen imBereich Bildung für Kinder, immedizinischen Sektor „Hilfe zur

Ilonka Remmert mit dem Nashornaus Holz, das sie auf ihrer letztenKenia-Reise von den zukünftigenBewohnern des Neema-Dorfesgeschenkt bekam.

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einsmitgliedern und auch Gäs-ten von FUgE austauschenkann. Außerdem bin ich an-sprechbar, wenn FUgE einegrößere Veranstaltung macht wieden Eine-Welt- und Umwelttag.Da versuche ich dann, mich the-matisch einzubinden und gleich-zeitig unseren Verein vorzustel-len. Ansonsten höre ich mir öfterVorträge an. Und ich mag dieseIdeen: Nehmt doch mal dasFahrrad oder kauft doch mal wasfair Gehandeltes.

FUgE news: Gibt es aus IhrerSicht bestimmte Highlights imFUgE-Vereinsleben?

Remmert: Ja, auf jeden Fall im-mer die öffentlichen Veranstal-tungen, da sind dann ja immer

ganz viele Mitglieder. Dadurchwird diese Gemeinschaft desVereins gezeigt, und was icheben gut finde ist, dass wir dasalle unter ein Motto stellen, woman die Gemeinsamkeit vonFugE herausstellt. Das heißt, dieeinzelnen Vereine haben Ideen,was sie machen und tun, aberinsgesamt haben wir das gleicheZiel: an die Öffentlichkeit zu ge-hen, für Ärmere etwas zu erwirt-schaften oder auch andere Ideenweiter zu verbreiten.

FUgE news: Was wünschen SieFUgE zum Jubiläum?

Remmert: Noch mehr Mitgliederund noch mehr Spenden. Weildie sich ja auch einfach durchSpenden finanzieren und uns an-deren Vereinen dadurch immerhelfen, irgendwo aufzutreten,Kontakte zu haben. Und nochmehr Menschen, die bei Ihnenim Weltladen die fairen Sacheneinkaufen, wobei das ja schonbergauf gegangen ist. Und ichwürde Ihnen auch weiterhin vielefleißige ehrenamtliche Helferwünschen, denn diese tatkräfti-ge Hilfe ist natürlich bei diesenganzen Sachen wichtig genausowie der Spendeneingang.

FUgE news: Vielen Dank für dasGespräch und weiter viel Erfolgin Ukunda!

Weitere Infos und viele Bilder fin-det man unter www.msaada.net.

merkt, der während ihrer letztenKenia-Reise gefeiert wurde. Sie istso begeistert, dass man ein StückUkunda in ihrem Garten auftau-chen spürt. Aber jetzt sind wir inHamm, in der FUgE-Stadt. DasForum ist so fest in ihrem Lebenverankert, dass sie länger überle-gen muss, wie sie darauf kam,Kontakt aufzunehmen. Am Endewar es eine Mischung aus Zei-tungsartikeln und der direktenNachbarschaft zum ihr bekanntenHumanitas-Projekt.

FUgE news: Wie sieht eigentlichgenau Ihre Verbindung zu FUgEaus?

Remmert: Ich gehe gerne zu die-sem Frühstück von FUgE, weilich mich da mit den anderen Ver-

Zum Fun Day gehört auch, dass alle gemeinsam ein warmes Essen ge-nießen. Hier hilft Ilonka Remmert beim Kochen am offenen Feuer aufdem Gelände des Neema Dorfes.

12FUgE-news Ausgabe 2/2013

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Page 14: FUgE-News 2/2013

war wieder gut besucht. Erstmalswar hier auch FUgE mit einemInfostand vertreten. Vor allem dieGlücksradfragen rund um dasFahrrad und unsere Fahrradfühl-kästen waren hier gefragt. So ganznebenbei kamen wir so mit vielenMenschen ins Gespräch. Das giltauch für den Eine-Welt- und Um-welttag, der in diesem Jahr erst-mals gemeinsam mit dem Bahn-hofsfest stattfand. Selbstverständ-lich hat sich durch die Großereig-nisse nicht gleich das Verhaltender Menschen in Hamm geändert,doch es wurde erreicht, dass mehrüber das Thema gesprochen wirdund es damit auch mehr in dasBewusstsein der Menschen rückt.Unsere Talkrunde „Bald Bürgerbusin Hamm?“ im Rahmen des 17.EWU-Tages stieß hierbei auf be-sonders großes Interesse.

Moderatorin Mona Deleke disku-tierte mit dem Vorsitzenden desNümbrechter Bürgerbusses (Ober-bergischer Kreis), Carsten Gniot(Stadt Hamm) und Bernd Lam-mers als Leiter der VHS Hammund Vertreter der Agentur für ge-sellschaftliches Engagement(AGE). Das lebhafte Gespräch er-gab, dass ein Bürgerbus auch inHamm abgelegene Dörfer verkehr-lich versorgen würde, wie das seit

zehn Jahren in Nümbrecht erfolg-reich mit 15 Fahrern praktiziertwird. Der Bedarf sei da, so CarstenGniot, leider hätten sich bisher kei-ne Fahrer gefunden. Hier konnteBernhard Schulz aus der Grün-dungsphase in Nümbrecht durch-aus Hoffnung machen. Mit ent-sprechender Medienunterstützungließe sich dieses Problem lösen.Bernd Lammers sagte zu, überdas AGE-Projekt Ehrenamtlichefür den Bürgerbus in Verbindungmit örtlichen Vereinen zu begeis-tern. Zum Abschluss der Talkrun-de haben sich einige der Interes-senten noch den Bürgerbus (Platzfür acht Fahrgäste) angeschautund sich über dessen Finanzie-rung kundig gemacht. Die Stadt/Stadtwerke, VHS/AGE und FUgEwerden möglichst schnell mit örtli-chen Vereinen Kontakt aufneh-men, um den Bedarf zu ermittelnund eventuell die Gründung einesVereins vorzubereiten

Bei Großveranstaltungen allein solles jedoch nicht bleiben. Zwei Po-diumsdiskussionen Hammer Rats-politikern und unserem NRW-Ver-kehrsminister gaben uns schonGelegenheit, mehr über die politi-schen Ziele in Hamm und NRW zuerfahren. Für Hamm gaben dieBürger den Ratsherren vor allemmit auf den Weg, die Rad-Infra-struktur zu verbessern, währenddas Land angemahnt wurde,nachhaltige Verkehrsmodelle nochstärker zu fördern. Mit CargoCapwurde zudem eine Transportalter-native aufgezeigt, bei der Gütermit geringem Energieaufwand un-terirdisch transportiert werdenkönnen.

Die kommenden Monate werdennun von zwei weiteren Arbeits-schwerpunkten beherrscht wer-den. So soll das Thema kli-mafreundliche Mobilität verstärktin Schulen getragen werden. Undwie es aussieht, gibt es wirklichdrei Modellschulen, die uns dabeiunterstützen werden. Der andereSchwerpunkt wird in den Kirchenliegen.

Klimafreundliche Mobilität in HammClaudia Kasten und Karl. A. Faulenbach

„Fahrradfreundliches Hamm nurnoch auf dem Luftweg?“ fragtedas FUgE-Magazin „Der Igel“2000 provokativ. Auch wenn der„Igel“ seit 2001 „FUgE news“heißt, das Thema umwelt- und kli-mafreundliche Mobilität hat denVerein seither regelmäßig beglei-tet, denn wirklich klimafreundlichist unsere Mobilität bis zum heuti-gen Tag nicht. In diesem und demkommenden Jahr ist Mobilität inHamm deshalb Schwerpunktthe-ma der vielfältigen Vereinsarbeit.Dank der finanziellen Unterstüt-zung der Stiftung Umwelt und Ent-wicklung NRW ist FUgE für zweiJahre in der Lage, die städtischeKampagne „Hamm klimafreund-lich mobil“ mit zahlreichen Aktio-nen und Projekten zu begleiten.Wie wichtig ein Wandel unseresVerhaltens ist zeigt ein Interview,das unsere Praktikantin ClaudiaWeskamp mit Sabnam Sarmin ausBangladesch führte (siehe Seite 9).

Die ersten Großveranstaltungen,wie Frühlingsfest und Sattelfest,zählen schon zur Vergangenheit.Über 25 FUgE-Gruppen haben imApril auf der Klimameile des Früh-lingsfestes gezeigt, dass Mobilitätohne PKW Spaß macht und dazunoch umweltfreundlich ist. Ein tol-ler Erfolg. Und auch das Sattelfest

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Moderatorin Mona Deleke diskutierte mit dem Vorsitzenden desNümbrechter Bürgerbusses (Oberbergischer Kreis), Carsten Gniot (StadtHamm) und Bernd Lammers als Leiter der VHS Hamm und Vertreter derAgentur für gesellschaftliches Engagement (AGE).

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Autofasten – sieben Wochen „Umsteigen!“Matthias Eichel

langfristig um 60 bis 80 Prozent re-duzieren müssen um das Klima zustabilisieren wird klar, vor welchenHerausforderungen wir stehen.Gegenwärtig übersteigt man alleinmit der durchschnittlichen jährli-chen Autofahrleistung sein klima-verträgliches Budget.

Traditionell ist die Fastenzeit eineGelegenheit, eingefahrene Gleisefür eine begrenzte Zeit zu verlas-sen: manche verzichten auf Scho-kolade und Süßigkeiten, andereauf den Alkohol. Vielleicht ist es,wie in alter Zeit, der Verzicht aufFleisch und probeweise „vegetari-sches Leben“. Oder der Vorsatz,wo immer möglich fair gehandelteProdukte zu verwenden. Andere

denken anders und nehmen sichvor, jeden Tag etwas für die eigeneGesundheit zu tun: Spazierenge-hen, Laufen und Sporttreiben alsFastenziel. Also: Verbinden Siedoch das persönliche Fitness-Zielmit dem Klimaschutz und sparendabei noch Geld!

Die Stadtwerke Hamm haben fürdiese Aktion ein vergünstigtesZwei-Monats-Ticket (analog zumSchnupper-Abo) aufgelegt, das je-der, der an der Aktion teilnimmt,beziehen kann. Die Kosten richtensich nach dem Umfang desTickets.

Wer will kann seine „eingesparten“Kilometer einer Kirchengemeinde„gutschreiben“ lassen – wir wollenherausfinden, welche Gemeindeam Ende der Fastenzeit vorne liegt.Ein gemeinsames Fest am 1. Maisoll die Aktion beschließen und ei-nen Teilnehmer der Aktion mit ei-nem besonderen Gewinn aus-zeichnen.

Fakten:

● Fast ein Viertel aller Autofahrtenist kürzer als zwei Kilometer

● Knapp die Hälfte kürzer alssechs Kilometer

● Wenn nur ein Drittel der Streckenbis 6 km mit dem Rad anstelle desAutos zurückgelegt würde, werdenjährlich 7.5 Millionen Tonnen Koh-lendioxid eingespart.

Nicht nur evangelische Christenwill der Ev. Kirchenkreis Hamm inder Fastenzeit 2014 ermutigen, im-mer öfter das Auto stehen zu las-sen. Mit der Aktion „Autofasten“haben alle Bürgerinnen und Bürger– gleich welchen Alters – die Gele-genheit, ihr gewohntes Mobilitäts-verhalten auf Umweltverträglich-keit zu überprüfen. Man muss nichtkomplett auf das Auto verzichten,aber jeder Kilometer, der nichtmehr per PKW zurückgelegt wird,kann eingereicht werden. Und werals Schüler zu Fuß oder per Radzur Schule kommt, statt auf das„Taxi Mama“ zu bauen, ist ebenauch dabei. Ein Balken auf derhomepage www.autofasten-hamm. de verdeutlicht, wie viel Ki-lometer die Fastenden insgesamtschon vorangekommen sind.Schaffen wir es in sieben Wocheneinmal um die Erde?

Die Gründe zum Umsteigen sindvielfältig: Gesundheit, Klima undGeldbeutel profitieren vom Umstei-gen. Gerade der Verkehrssektorheizt dem Klima gewaltig ein. EinFünftel des in Deutschland ausge-stoßenen CO2 geht auf das Kontodes Verkehrs. Während sie in an-deren Bereichen seit 1990 rückläu-fig sind, steigen die durch den Ver-kehr verursachten CO2-Emissio-nen an. Wenn man sich vor Augenführt, dass wir den CO2-Ausstoß

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Wie fördert die Landesregierung eine klimafreundliche Mobilität? SPD-Bundestagskandidat Michael Thews, NRW-Verkehrsminister MichaelGroschek und Phillip Hillebrandt vom Wuppertal Institut für Klima, Um-welt und Energie gaben Auskunft (v.l.n.r.)

Schwarze Luftballons machen den CO2 –Ausstoß eines PKWs pro Kilo-meter sichtbar: Aktion „Autofasten“ des Kirchenkreises Hamm auf demEine-Welt- und Umwelttag.

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setzungen für eine Lösung ohneeinen der Strommonopolisten wieRWE waren und sind gut bis sehrgut. Das lassen die folgenden Al-ternativen erkennen:

● Der für eine Großstadt erstaun-lich große Anteil an landwirtschaft-lich genutzter Fläche von fast 60Prozent hätte die Möglichkeiteröffnet, Biogasanlagen mit Abfäl-len statt mit Mais zu beschicken,wie das die zunehmenden Mais-monokulturen in und um Hammvermuten lassen (vgl. Artikel „Wirhaben Hunger“).

● Fotovoltaik auf Hammer Dach-flächen könnte den gesamten pri-vaten Strombedarf erzeugen, wieein von der Stadt in Auftrag gege-benes Gutachten belegt.

● Drei neue Windkonzentrations-zonen sollen für die Versorgungvon 10.000 Haushalten mit rege-nerativer Energie sorgen.

● Kleine und wohnortnahe Gas-kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kop-pelung sind in Hamm erfolgreicherprobt und könnten mit regenera-tiver Energieerzeugung gekoppelt

werden, um auf Dauer die Gasbe-feuerung zu reduzieren.

● Die Idee, im Hammer Westenauf Bergehalden Speicherkraft-werke zu errichten, sollte unbe-dingt umgesetzt werden.

● Eine intensive Kampagne vonStadt, Stadtwerken, den Medienund allen gesellschaftlich relevan-ten Gruppen zur Energieeinspa-rung und -effizienz gehört ebensozu einer alternativen Energiepolitikwie die finanzielle Unterstützungbeim Bau von Niedrigenergiehäu-sern und -industrieanlagen.

Alle diese Ideen – wenn sie dennmit Engagement und großer Ge-schlossenheit angegangen wür-den – könnten dazu führen, dassHamm in zehn Jahren weitgehendautonom von Energielieferantenwie RWE (mit dem Kohledinosauri-er in Uentrop) sein würde. Hammkönnte mit dieser Perspektivenicht nur einen wesentlichen Bei-trag zum Klimaschutz (CO2-Re-duktion) beitragen, sondern wie-der Modellstadt werden für eineökologische Zukunft.

Ein „weißer Elefant“ für Hamm! Wie zukunftsfähig ist der Energiestandort Hamm? Dr. Karl A. Faulenbach

Ein „weißer Elefant“ – das ist dieBezeichnung für gescheiterte Ent-wicklungsprojekte in Afrika. Ein„weißer Elefant“ droht das neueKraftwerk „Westfalen“ zu werden.Zum zweiten Mal nach dem De-saster mit dem THTR in Hamm-Uentrop (Kosten ca. 2 Mrd. Euround jährliche Folgenkosten von 5Mill. Euro bis zum St. Nimmer-leinstag) hat Hamm mit dem neuenKohlekraftwerk (1600 Megawatt)an demselben Standort wiederumauf Großtechnologie gesetzt. Be-gründet wurden die dazu notwen-digen Ratsbeschlüsse in Hammzum Neubau mit dem Bergbau imRuhrgebiet, der vorhandenen Ver-kehrsinfrastruktur (Hamm-Datteln-Kanal, Schienenanbindung, Auto-bahnnetz rund um Hamm, Kühl-wasser aus der Lippe) und demErhalt von Arbeitsplätzen. Darüberhinaus wurde der um zehn Prozenthöhere Wirkungsgrad gegenüberdem alten Kohlekraftwerk (300MW) von den Hammer Stadtwer-ken für ihre Beteiligung ins Feldgeführt. Inzwischen weiß man,dass es bei den vorhandenen undim Bau befindlichen Kohlekraft-werken in Deutschland erheblicheÜberkapazitäten geben wird undinsbesondere ihre Wirtschaftlich-keit in Frage steht (niedrige Erlösebeim Strom). Deshalb wird imGrunde viel zu spät eine Kraftwär-mekoppelung am Standort desneuen Kraftwerks diskutiert, ummit einer höheren Auslastung dieWirtschaftlichkeit zu verbessern.Diese aktuelle Sachlage konterka-riert die vertane Chance zur mögli-chen Energiewende in Hamm.Trotzdem besteht noch Hoffnung –losgelöst von RWE – für Hamm die„Kurve“ doch noch zu kriegen.

Hamm hatte mit seinem Modell-stadtprojekt „Ökologische Stadtder Zukunft“ (1992 bis 2002) desLandes NRW neben Aachen undHerne die Chance, anstelle einerneuen Kohlegroßtechnologie aufalternative und regenerative Ener-gien zu setzen. Denn die Voraus-

Soll nun doch erst im Mai 2014 den Betrieb aufnehmen: Das Kohlekraft-werk Westfalen in Uentrop.

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Für Hamm kenne ich nur Prozent-zahlen: von 1975 bis 2006 verrin-gerten sich die Grünflächen von82,6 auf 69,5 %. Im gleichen Maßestiegen die versiegelten Flächen.

Klar nach meiner Definition: das istnicht nachhaltig. Wahrscheinlichist es auch völlig unrealistisch zuverlangen, dass alle in letzter Zeitüberbauten Grundstücke in Natur-flächen ausgeglichen werdenmüssten. Die Frage kann deswe-gen nur sein: sollen wir ewig soweitermachen? Hier gibt es glück-licherweise einen breiten Konsensin Politik, Wissenschaft und Bevöl-kerung: Fläche ist begrenzt, jemehr wir für uns verbrauchen,desto weniger bleibt für die Naturübrig. Und das – diese Erkenntnis-se sind teilweise neu – schadetuns als Menschen selbst! Einigewichtige Folgen von Flächenver-brauch bzw -veränderung sind:

● Das riesige Verschwinden vonRegenwäldern verringert dieSauerstoffproduktion.

● Die Vergrößerung der Meeres-flächen verkleinert die Land-flächen.

● Wüstenzunahme sorgt für Nah-rungsmittelrückgang.

● Klimaveränderung bedeutetFlächenveränderung.

● Grünflächenreduzierung im be-siedelten Bereich senkt Lebens-qualität.

Mit dem letzten Punkt möchte ichwieder zurück nach Hamm kom-men. Gibt es bei uns Bestrebun-gen, wenn schon nicht nachhaltig,so doch weniger räuberisch mitFlächen umzugehen?Ja!

Flächenutzungspläne und Freiflä-chenentwicklungskonzept beto-nen die Wichtigkeit und Erhal-tungswürdigkeit von Freiflächen.

Die Landwirte in ganz NRW wei-sen immer energischer auf ihreschrumpfenden Flächen hin.

Ökologische Bewertungen beiBaumaßnahmen zählen schüt-zenswerte Pflanzen, Tiere undStrukturen auf und verlangen ei-nen Ausgleich.Nein!

Es hat sich bei allen guten Worten,Absichten, Konzepten und Versu-chen nichts geändert:

13 % der Grünflächen sind in 30Jahren verschwunden!

Jetzt mache ich mal etwas, wasmanchmal im politischen Alltag zu

Nach uns Beton?„Nachhaltiger Flächenverbrauch“ als Herausforderung der Zukunft Michael Thon

Da der Begriff „Nachhaltigkeit“mittlerweile inflationär und meinerMeinung nach oft falsch gebrauchtwird, hier mein Verständnis von ei-nem nachhaltigen Verhalten: Manentnimmt einer größeren Mengeeine kleinere, aber so, dass sieüber kurz oder lang in gleicherGröße wieder zurückkommt. Alsozum Beispiel nur so viel Fischefangen, wie auch nachwachsenkönnen. Insofern kann man nichtvon einer nachhaltigen Politiksprechen, auch wenn man meint,dass diese Politik nachhaltigesVerhalten fördert oder wie es in ei-ner Werbung hieß: „Dies reinigt ihrBad nachhaltig“. Hier ist wahr-scheinlich „gründlich“ gemeintoder „langfristig“.

Bezogen auf den Verbrauch vonFlächen meint Nachhaltigkeit: wirbebauen eine Grünfläche mit Häusern und versiegeln dabei 2000 m2. In den nächsten Jahrenversuchen wir, eine vorhandeneversiegelte Fläche von 2000 m2

aufzubrechen und in eine Grün-fläche zurückzuführen.

In Deutschland werden täglich 80Hektar unbebauter Fläche in Sied-lungs- oder Verkehrsfläche umge-wandelt. In NRW sind es täglichzehn Hektar. Die Tendenz gehtdeutlich nach unten, bleibt aberweit hinter den Zielen von 30 Hek-tar (BRD) bzw. fünf Hektar (NRW)zurück.

16FUgE-news Ausgabe 2/2013

Wo vor kurzem noch fruchtbares Ackerland war, steht heute ein Logistik-Center. Der Inlog-Park in Weetfeldwird von der Wirtschaftsförderung Hamm als Erfolg gesehen.

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Der Flächenverbrauch in Hamm ist immer noch zu hoch!

Also, ich glaube, so ganz schlechtliegen wir nicht im Rennen, docheines ist mir zum Schluss wichtig:

Politisch und wirtschaftlich Ein-flussreiche sind letztlich entschei-dend für gesellschaftlich festge-legte Veränderungen, wir müssenhier alle Chancen nutzen mitzu-machen:

Engagement (bei FUgE wäre einguter Anfang), die Richtigen wäh-len, am Arbeitsplatz, in Familie undNachbarschaft mitreden. Ände-rung des persönlichen Verhaltensist der Anfang und fordert damiteine neue Politik und neue ökono-mische Angebote.

kurz kommt: bevor ich mich an an-dere wende überlege ich einmal,wie ich selbst nachhaltig mitFlächen umgehen kann.

Wohnfläche: Mit meiner Frau woh-ne ich in einem 120 m2 großen Ein-familienhaus mit großem Garten.Unsere erwachsenen Kinder sindseit Jahren ausgezogen. Wir kön-nen unsere Wohnfläche also deut-lich reduzieren: machen wir,nächstes Jahr ziehen wir auf 85 m2.

Infrastrukturfläche: Straßen kön-nen nur abgeschafft werden, wenndie Zahl der Autos sinkt.

Machen wir mit: Privat erledigenwir 90 % aller Fahrten mit demRad oder den öffentlichen Ver-kehrsmitteln.

Gewerbegebiete: Hier kann mannur Fläche sparen, wenn man ge-nerell weniger verbraucht.

Ein heißes Thema: wo ist der eige-ne Verbrauch Luxus? Wo beginntder Verlust von Lebensgenuss?Hier überlegen wir – manchmaltäglich – und sind noch im Pro-zess.

Wir haben Hunger! Gedanken über unsere ErnährungMatthias Eichel

Mais, Mais, Mais. Wer Ende Sep-tember durch Deutschland fährt,sieht an jeder Ecke die hochge-wachsenen Pflanzen. Wiesoschießen die Maisfelder wie diePilze aus dem Boden?

Wenn wir nach einer Antwort aufdiese Frage suchen, stoßen wir aufeinen dreifachen Hunger – es istder Hunger des reichen Nordens:

● Es ist der Hunger nach Fleisch,● der Hunger nach Energie● und der Hunger nach Land.

Der Hunger nach Fleisch

Jeder Deutsche verspeist in sei-nem Leben durchschnittlich über1000 Tiere: Darunter vier ganzeKühe oder Kälber, 46 Schweineund 945 Hühner. Um eine tierischeKalorie zu erzeugen, braucht mansieben pflanzliche Kalorien. Es

braucht eine Menge Getreide undeiweißreiche Pflanzen, um unserVieh zu mästen. Der Großteil da-von wird eingeführt in Form vonSoja. Für den Soja-Monokulturan-bau aber gehen wertvolle ökologi-sche Gebiete, wie Regenwälderund Savannen in Brasilien und Ar-gentinien, verloren. Immer tieferfressen sich die Soja-Anbaugebie-te in den zuvor unberührten Re-genwald hinein, immer stärkersteigt der Export von Soja welt-weit. Allein Deutschland wird indiesem Jahr 6,7 Millionen TonnenSojaschrot und -bohnen einführen.Aber auch von unserem heimi-schen Getreide wandern 60 % inden Futtertrog – die Flächen zumMaisanbau steigen Jahr für Jahrweiter an.

Die Erde bringt genug Nahrungs-

mittel hervor, um alle Menschenauf ihr ausreichend ernähren zukönnen. Aber nicht, wenn wir aussieben pflanzlichen Kalorien wei-terhin eine tierische Kalorie produ-zieren. 1 Hektar Anbaufläche kannmit Getreideanbau 5,5 Menschenernähren – dient der Hektar An-baufläche zur Fleischproduktion,ernährt er nur 0,43 Menschen.

Verkürzt gesagt: Unser Hungernach Fleisch raubt anderen dieNahrungsgrundlage. Wo Soja fürden Export angebaut wird, gehtder Boden für den Nahrungs-mittelbedarf im eigenen Land ver-loren.

Der Hunger nach Energie

„Tank statt Teller“ – unter diesemSchlagwort steht die Diskussionum nachwachsende Rohstoffe seit

Fläche 17,4 % 82,6 % 30,5 % 69,5 %in Prozent

1975 2006

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verbrauchten Mais weltweit anNutztiere verfüttert werden undder Anteil an der Erzeugung vonBioenergie ständig steigt, wird derLebensmittelpreis für viele zurÜberlebensfrage. In Bolivien istder Preis für Mais innerhalb von 24Monaten um 69 % gestiegen.

Der Hunger nach Land

Letztlich ist der Hunger nach Landdie Folge unseres Hungers nachEnergie und Fleisch (vgl. auch dieArtikel S. 16 und S. 19). In denneuen Bundesländern kaufen gro-ße Gesellschaften riesige Flächenauf: Sie versprechen Rendite.Weltweit agierende Unternehmensuchen sich Filetstücke, um mög-lichst effizient produzieren zu kön-nen – zu Gunsten der Anteilshalter.China sichert sich Flächen in derGröße des Bundeslandes Bran-denburg in der Ukraine. Wer Geldhat, sichert sich die Ressourcen.

Längst sind wir in Europa nichtmehr in der Lage, uns von heimi-schen Böden zu ernähren: Zur Er-zeugung der bei uns verbrauchtenLebensmittel werden nach Anga-ben des Statistischen Bundesam-tes 20,1 Millionen Hektar benötigt.65 % dieser Flächen lagen im Aus-land, nur knapp 35 % (sieben Mil-lionen Hektar) im Inland. Ohne dieeingeführten Futter- und Lebens-

mittel könnten wir unseren Hungernach Energie und Fleisch nichtstillen.

Wie wir Hunger stillen können

Unsere Ernährung ist ein Schlüssel– sowohl in der Klimafrage alsauch in der Frage der Gerechtig-keit weltweit. Manche Antwortensind schwierig zu finden – auchder Weg zurück zu heimischen Ei-weiß-Pflanzen (Klee, Luzerne,Bohnen), den 16 Bundesländereinschlagen wollen, ist noch ganzim Anfang. Andere Antworten hin-gegen sind kinderleicht.

Wenn ich mit älteren Frauen überunseren ökologischen Fußabdruckspreche, merke ich jedes Mal,dass viele von ihnen viel mehr ver-standen haben, als meine mittlereund die jüngere Generation: Saiso-nal zu kochen zum Beispiel. Frischzu kochen. Und regionale Produk-te zu verwenden. Jeder, der nocheinen eigenen Garten hat, weißdarum! Der Weg zurück zum„Sonntagsbraten“ als Höhepunktder Woche ist auch für die Fleisch-liebhaber gangbar. Und alle, dieganz auf das Fleisch verzichten,haben meinen besonderen Re-spekt. Ich bin noch nicht ganz soweit …

(Quellen u.a. FR vom 28,/29.09.2013 „Futteraus Übersee“, Stephan Börnecke)

Langem. Ja, es ist „biologisch“,wenn wir ECO-Sprit verbrauchenund Biogas produzieren. Abernachhaltig ist es nicht. Im Gegen-teil: Zuckerrohranbau für Ethanoloder Weizen und Mais für Biogas-anlagen verbraucht wertvolle land-wirtschaftliche Fläche – und ver-teuern die Preise für Lebensmittel.Schon jetzt klagen deutsche Bau-ern über die stark steigendenPachtpreise für Ackerland: DieEnergie-Bauern mit ihren Biogas-anlagen können höhere Pachtprei-se zahlen als bislang für den Fut-termittelanbau üblich. Ein Kampfum landwirtschaftliche Anbauflä-che, auch hier bei uns. Mais steigtimmer mehr in der Bedeutung fürdie Biogasgewinnung: Rund einDrittel der angebauten Körner-frucht wird zur Energiegewinnungverbraucht.

Noch weitaus dramatischer stelltsich das für die Länder dar, die fürden Export produzieren und erle-ben, wie durch Handel und Börsedie Preise ins Unbezahlbare klet-tern – zumindest für die, die ehnichts haben. Während Mais füruns kaum eine Bedeutung alsNahrungsmittel hat, ist für 900 Mil-lionen Menschen weltweit – vor al-lem in Afrika und Lateinamerika –Mais das wichtigste Grundnah-rungsmittel. Wenn zwei Drittel des

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dern häufig über Fonds. DeutscheBanken und Versicherungen spie-len dabei in der „ersten Liga“ mit.Aber auch die Energiewirtschaftbeansprucht immer mehr Land.Boden wird gebraucht, um groß-flächige Solarmodule oder Wind-kraftanlagen zu platzieren oderAgrosprit, -diesel und Agrogas zuproduzieren. In der Folge stehenMonokulturen für die Energiege-winnung in direkter Konkurrenz zurNahrungsmittelproduktion. Hinzugesellen sich Staaten, für die Bo-den eine Frage des Überlebens ist,weil die eigenen Böden schonbald nicht mehr die eigene Bevöl-kerung ernähren werden. Chinaund Indien gehören hier ebenso zuden Käufern, wie die Golfstaaten.Auf der anderen Seite stehen häu-fig Staaten, deren Eliten Land ver-kaufen, das ihnen häufig nicht ein-mal gehört. In einem Land kann essomit Täter und Opfer gleicher-maßen geben.

In Teil zwei beschreibt Bommert,warum der Boden immer knapperwird. So bleibt der Boden durchMonokulturen in Teilen des Jahresunbewirtschaftet und wird so an-fällig für Wind und Wetter. Immermehr fruchtbarer Boden wird soabgetragen. Aber auch die künstli-che Bewässerung hat langfristigeFolgen – der Boden versalzt lang-sam. Den wachsenden Fleisch-

konsum macht Bommert als wei-teren kritischen Faktor aus. „DieLust auf Fleisch hat gerade erstdie Städte der Schwellen- undEntwicklungsländer erreicht undentfacht dort eine enorme Nach-frage nach Futtermitteln für Mast-fabriken“, warnt er. Gleichzeitigsteigt die landlose Stadtbevölke-rung stetig an. Ein politische Zeit-bombe, da die Preise für Grund-nahrungsmittel stetig steigen undder Hunger damit wächst.

Zu den Problemen der Welternäh-rung zählt Bommert auch die Ver-schwendung. So erreichen vieleNahrungsmittel nicht unsere Teller,weil sie nicht den ästhetischenStandards entsprechen. Hier zeigter auf, wie jeder von uns dazu bei-tragen kann, etwas zu ändern. Erfordert von der Bevölkerung, sichfür ihr Recht auf Ernährung einzu-setzen. Hierbei zählt er eine Reihevon Regeln auf, die von Investorenbeherzigt werden müssten. Aberauch andere Modelle stellt der Au-tor vor und regt damit die Zivilge-sellschaft an, nicht weiter tatenloszuzusehen, wie immer mehr Landder Welternährung entzogen wird.

Wilfried Bommert: Boden-rausch. Die globale Jagd nachden Äckern der Welt. Eichborn-Verlag, Köln 2012. 384 Seiten,19,99 Euro

Von der Gier nach Land Claudia Kasten

„Wie Gold, nur heißer“ zitiert derJournalist und Buchautor WilfriedBommert einen kanadischen In-vestmentbanker. Er beschreibt da-mit den Trend der globalen Land-wirtschaft, weg von der Bauern-schaft hin zu Boden als einem derwichtigsten Güter an der Börse.Auf rund 350 Seiten verknüpftBommert in seinem 2012 erschie-nenen Werk „Bodenrausch – Dieglobale Jagd nach den Äckern derWelt“ das Thema Landbesitz mitFragen zur Welternährung, Klimaund Frieden. „Der Raubbau an Bo-den, Wasser, Artenvielfalt und Kli-ma muss ein Ende finden“, fordertBommert. Der Autor belässt es je-doch nicht beim Jammern überdie Zustände, sondern zeigt auchpositive Initiativen auf, die denderzeitigen Trend stoppen könn-ten.

Zuvor beschreibt Bommert dieglobale Bühne, auf der die „Tragö-die zum Bodenrausch“ spielt. Erzeichnet Zusammenhänge undHintergründe auf und benennt Tä-ter und Opfer. Dabei verdeutlichter, dass vor allem dort investiertwird, wo das Land noch billig ist.Doch auch landwirtschaftlicherBoden in Deutschland steht aufder Liste der Einkäufer. Dies ge-schieht nicht immer direkt, son-

Informativ und gesprächsbereit: Wilfried Bommert (li) als Referent beiFUgE und VHS

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dungsdokument, welches die Zie-le, wie den globalen Kampf gegendas Artensterben und eine stärke-re Interessenvertretung jungerMenschen in wichtigen Umweltfra-gen, verankert.

Auch haben wir die Hauptthemender Verhandlungen besprochenund geklärt, was Biodiversitätüberhaupt bedeutet: Mit Biodiver-sität ist Vielfalt gemeint, und zwardie Vielfalt an Arten, Ökosystemensowie die genetische Vielfalt inner-halb einzelner Arten. Sie spiegeltunsere Lebensgrundlage wider,sowohl in Form von Nahrung undMedizin als auch in Gestalt natürli-cher Erholungsräume.

Um für diese Lebensgrundlage zukämpfen, den Verlust der Vielfaltaufzuhalten und um zu zeigen,dass uns die auf der COP getroffe-nen Entscheidungen nicht egalsind, sind viele von uns Jugendli-chen zur Konferenz gefahren, umdort ihre Interessen zu vertreten.

Neben der sechsköpfigen deut-schen Jugenddelegation der Na-turschutzjugend waren noch vieleweitere junge Menschen aus 31Ländern der Welt anwesend.

Gemeinsam schafften wir es, ei-nen Gesetzestext zu verabschie-den, der alle Vertragsstaaten auf-fordert Jugendpartizipation stärkerzu fördern. Auch viel Presse- undÖffentlichkeitsarbeit wurde geleis-

Ein Kampf für den Erhalt der ArtenvielfaltAls Jugendliche auf einer internationalen Konferenz in IndienSvana Rogalla

Das Aussterben von Tier- undPflanzenarten sowie der Verlustvon Ökosystemen schreiten täg-lich dramatisch voran. Dem entge-genwirken sollen regelmäßig statt-findende Konferenzen des UN-Übereinkommens zur biologischenVielfalt. Auf internationaler Ebeneverhandeln alle zwei Jahre Vertre-ter aus über 197 Staaten überweitreichende Fragen zum Schutzder globalen Biodiversität. Im Ok-tober 2012 war es wieder soweit:Die COP 11, die elfte Vertragsstaa-tenkonferenz, fand in Hyderabad,Indien, statt. Neben den Vertreternaus Politik, Wirtschaft und ver-schiedensten NGOs gab es erst-malig eine gemeinsame Interes-sensvertretung für junge Men-schen.

Da die auf politischer Ebene ge-troffenen Entscheidungen uns Ju-gendliche maßgeblich beeinflus-sen und wir mit den daraus ent-standenen Konsequenzen lebenmüssen, wollte ich als Jugendde-legierte mit auf die Konferenz fah-ren, um die zukünftigen Generatio-nen zu vertreten. Dabei war ichnatürlich nicht allein! Bereits imVorfeld, nur zwei Monate vor derKonferenz, wurde in Berlin dasGlobale Jugend-Biodiversitäts-Netzwerk GYBN gegründet.

35 junge Naturschützer/-innen ausallen Teilen der Welt erarbeitetengemeinsam das offizielle Grün-

tet. Beispielsweise wurde der„Dodo“ verliehen, ein Negativ-preis, der die Staaten auszeichnet,die die Verhandlungen am meistenblockierten. Insgesamt habe ich inden zwei Wochen sehr viele tolleLeute kennengelernt und auchsonst viele neue Erfahrungen ge-macht. Besonders spannend wares zu sehen, wie die Vernetzungund der Austausch zwischen Na-turwissenschaften und Politik aufsolchen Konferenzen stattfinden.Und auf dem Rückweg war es einschönes Gefühl zu wissen, dassman auch als Jugendlicher ernstgenommen werden kann und ge-meinsam sehr viel erreichen kann!

Damit diese Erfahrungen und dasgesammelte Wissen nicht verlorengehen, wurde gleich im Anschlussan die COP die Broschüre „Auf in-ternationalem Parkett für die biolo-gische Vielfalt – CBD-Jugendbe-teiligung leicht gemacht“ verfasst.Dort zeigen wir zunächst, wie dieVerhandlungen ablaufen und er-klären, was die Rolle von Jugend-lichen in diesem Prozess seinkann. Die Broschüre zum mittler-weile offiziellen Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt kannonline unter www.NAJU.de be-stellt werden. Junge Naturschüt-zer, die Lust bekommen haben,ebenfalls aktiv zu werden, könnensich online bei GYBN engagierenunter www.gybn.net.

Von links nach rechts: Die deutsche Jugenddelegation: Svana Rogalla, Isabel Daum, Christoph Gayer, JuliaHennlein, Alexander Hoffmann, Christian Schwarzer, Juliane Rosin. Svana Rogalla war als Jugenddelegierteaus Hamm bei der internationalen Konferenz in Indien dabei.

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Brasiliens leiden. Auch kleine Ge-schäftsleute sind betroffen, die eingeringes Einkommen haben oderunter einem Mindestlohn von ca.280 Euro leben müssen. VieleStraßenverkäufer/-innen verlieren

ihre Einnahmequellen, da sie keineErlaubnis bekommen, auf denFanmeilen zu verkaufen. Empörtsind nicht nur die Ärmeren, son-dern auch die einfache Mittel-schicht der sechsten größten Wirt-schaft der Welt. Sie gehört zu denHauptprotagonisten der Massen-bewegung Juni 2013 in Brasilien.Es sind Familien, die zwischen1200 Reais und 5170 Reais verdie-nen, umgerechnet 410 Euro bis1750 Euro, und inzwischen ihreKinder zur Universität schickenkönnen. Vor zehn Jahren machtediese einfache Mittelschicht nur 30Prozent der Bevölkerung aus, heu-te sind es mehr als 50 Prozent, ca.100 Millionen Brasilianer/-innen.Sie bezahlen Steuern, fahren re-gelmäßig in überfüllten, schmutzi-gen und unbequemen Omnibus-sen zur Arbeit und müssen sichz. B. in São Paulo zwei oder mehrStunden auf kaputten Straßendurchschütteln lassen. Einige die-ser einfachen Mittelschicht besit-zen sogar ein kleines Auto. Auchsie sind über die schlechte Infra-struktur des Verkehrstransportsdes Landes empört.

Sie sind alle entsetzt über diesensaumäßigen Umgang mit den öf-

Es wird teuerZur Protestbewegung im Vorfeld der Fußball-WM in BrasilienMarcos A. da Costa Melo

Die Fußball-WM in Brasilien wirdteuer, mindestens elf MilliardenEuro. Sie verschwendet somit vielmehr Geld als die WM in Deutsch-land und Südafrika zusammen.Die Brasilianer lieben Fußball, aberregten sich mehr über die endlo-sen Staus, die sehr schlechtenStraßen und die unbezahlbarenEintrittskarten für den Confed-Cupund die WM 2014 auf. Sie miss-achten die übermäßige Finanzie-rung von Flughäfen der Elite Brasi-liens und die wahnwitzig teurenzwölf Arenen, die wegen allerleiEhrenlogen und Autoparkplätzendoppelt so teuer wie geplant wur-den. Über 200.000 Brasilianer/-innen wurden von der FIFA-Bauindustrie vertrieben oder sindvon Räumung bedroht. Ihre Häu-ser, die in der Nähe der Fanmeilenoder Stadien lagen, sind dem Erd-boden gleich gemacht worden.Entrüstet sind nicht nur diese, dieunter der Zwangsumsiedlung undwachsenden Immobilienspekula-tionen in großen Ballungszentren

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Am 25 Juni 2013 demonstrierten Tausende Anhänger der Bewegung füreinen kostenlosen Nahverkehr (MPL - Movimento Passe Livre) in CapãoRedondo, São Paulo. Mit dabei ist der Verband der Obdachlosen(MTST, Movimento dos Trabalhadores Sem Teto), der Verein Aktive Pe-ripherie (Periferia Ativa) und der Verband (Urbane Resistenz (ResistênciaUrbana). Foto: Gabriela Biló/Futura Press, in http://noticias.uol.com.br

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te, insbesondere die erste großeDemonstration vom 6. Juni, vonlanger Hand vorbereitet. Gleich-zeitig fielen die Tariferhöhung unddie Demonstrationen diesmal nichtin die Urlaubszeit. Grundsätzlichist aber eine Erhöhung um 20 Cen-tavos für manche einfach zu viel.Die Demonstranten waren in derMehrheit Arbeiter/-innen und An-gestellte. Bei immer mehr Men-schen scheint die Einsicht ge-wachsen zu sein, dass Mobilitätdas Recht auf Zugang zur Stadt,zur Arbeitswelt und zum gesell-schaftlichen Leben bedeutet. Vielehaben nun ihr Recht auf einen be-zahlbaren Nahverkehr eingefordertund sich deshalb den Demonstra-tionen angeschlossen.

Waren die Proteste nun Aus-druck eines Widerspruchs zwi-schen der Unterschicht und ei-ner einfachen Mittelschicht derBevölkerung?

Das Leben der großen Mehrheitder Bevölkerung hat sich in denletzten zehn Jahren erheblich ver-bessert. Es gab einen starken wirt-schaftlichen Aufschwung. Aberdas heißt nicht, dass alle sozialenProbleme gelöst wären. Die Fahr-preiserhöhung überschritt bei vie-len einfach die Schmerzgrenzeund hat die Leute auf die Straßegetrieben. Der Nahverkehr vonSão Paulo ist ohnehin einer derteuersten weltweit – absolut undrelativ. Manche lassen bis zu 30Prozent ihres Lohnes am Fahr-

scheinautomaten. Der Mindest-lohn beträgt nur 678 Real (rund240 Euro, Anm. der Red.). Eineeinfache Fahrt hingegen solltenach der Erhöhung 3,20 Real kos-ten. Im Monat wären das rund 130Real, also rund ein Fünftel desLohnes. Anschlussfahrten kostennoch mehr, und diese sind in SãoPaulo wegen der langen Fahrtwe-ge häufig unausweichlich.

Die MPL wurde zum Gesprächmit Präsidentin Brasiliens, DilmaRousseff, eingeladen. War dasein Versuch der Vereinnahmungoder verstand sie nicht, was imLand geschah?

Ich denke, das war ein bisschenvon beidem. Das Gespräch warder Versuch zu suggerieren, dasssich die Regierung offen zeigt undeinen Dialog anstrebt. Doch esstellte sich heraus, dass die Regie-rung keine Vorstellung davon hat,woraus die Proteste ihre Kraft ent-wickelten, noch schien sie in der

Sie haben die Demonstrationengegen die Fahrscheinerhöhungmitinitiiert, wie ist Ihr Fazit?

Die Tariferhöhungen wurden in denmeisten Städten zurückgenom-men. Das ist zunächst ein sehrwichtiger Sieg der sozialen Bewe-gungen und der Bevölkerung, et-was, das es seit Jahren nicht mehrgab. Ebenso wichtig ist aber, dasseine Bewegung entstanden ist. Al-le schienen entpolitisiert, Protesteeine Sache von kleinen Gruppen.Nun haben viele Menschen die Er-fahrung gemacht, dass sie durchihr Engagement ein gemeinsamesZiel erreichen können. Und wir ha-ben ein Paradigma gebrochen. DieForderung des Nulltarifs im Nah-verkehr wird nicht mehr als Irrsinnabgetan. Viele Städte und Ge-meinden haben tatsächlich damitbegonnen, über den Nulltarifnachzudenken. In São Paulo gibtes beispielsweise einen Abgeord-neten, der sich dieser Idee an-nimmt. Außerdem bereiten wir hiermomentan eine Volksabstimmungzum kostenlosen Nahverkehr vor.Dafür sammeln wir Unterschriften.Der Zeitpunkt ist günstig.

Seit acht Jahren arbeitete dieBewegung relativ unbemerkt.Was führte jetzt zu diesem Er-folg?

Einige von der Bewegung MPLgingen davon aus, dass der Pro-test dieses Mal Erfolg haben wür-de. Ich persönlich hatte meineZweifel. Doch wurden die Protes-

um 20 Centavos in mehrerenStädten, d. h. von 3,00 Reais auf3,20 Reais, ca. 1,12 Euro, das sindumgerechnet rund sieben Cent,was etwa ein Baguette in Brasilienkostet. Fahrgäste müssen in derRegel in jedem Bus eine neueFahrkarte lösen, was zusammen-gerechnet ca. 30 Prozent einesMindestlohns ausmachen kann.

Gemessen an den Realeinkom-men ist somit der Nahverkehr des

Landes einer der teuersten derWelt.

Aber die 20 Centavos waren nurder Tropfen, der das Fass zumÜberlaufen brachte. Darübersprach Mario Schenk, Lateiname-rika Nachrichten, mit Lucas Mon-teiro von der Bewegung für einenkostenlosen Nahverkehr (MPL) inSão Paulo über die aktuelle Situa-tion. Siehe Interview hier.

fentlichen Geldern und darüber,dass die Finanzierung von Bil-dung, Gesundheitswesen, sozialerWohnung und öffentlichem Ver-kehr wegen der WM stark ver-nachlässig wurde.

Vor diesem Hintergrund demons-trierten im Juni 2013 über mehrereWochen Millionen von Menschen,zum Teil auch in gewaltsamerForm. Auslöser der Demonstratio-nen waren Fahrpreiserhöhungen

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Fahrpreis wieder runterInterview mit Lucas Monteiro von der Bewegung für einen kostenlosen Nahverkehr, dem Movimento Passe Livre (MPL)

Lucas Monteiro ist Mitinitiator derbrasilianischen Proteste gegen dieFahrpreiserhöhung in São Paulound Mitglied der Nulltarif-Bewe-gung Movimento de Passe Livre,MPL, São Paulo. Er arbeitet alsGeschichtslehrer.

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wir sprichwörtlich die Kraft derStraße und nicht die des Parla-mentes.

Seit rund 20 Jahren kam es inBrasilien zu keinen größerenMassenprotesten. Ist der enor-me Zuspruch und die massen-hafte Beteiligung an den aktuel-len Protesten Beleg für eine sichneu politisierende Generation?

Ja. Die große Mehrheit, laut einerUmfrage rund 75 Prozent der De-monstranten, hat zum ersten Malim Leben an Protesten teilgenom-men. Das sind keine Leute, diesich bereits engagiert haben.

Quelle: LN - Lateinamerika Nachrichten, Okt.2013, 471/472

Lage, die Dimension der Protestezu begreifen. Die Präsidentin hattekeine Antworten auf unsere The-sen und Forderungen. Sie hat essogar abgelehnt, Tarifänderungenauf Bundesebene zu diskutieren.

Die Präsidentin griff immerhindie Idee einer Volksabstimmungauf, die jedoch nach einem Tref-fen mit den acht Koalitionspart-nern der Regierungspartei PTvom Tisch ist. Ist in Brasilien einWandel gegen die Interessender Elite nicht möglich?

Doch schon, aber nicht über dasParlament. Der Kampf der sozialenBewegungen ist ein politischerKampf, der auf der Straße stattfin-det, nicht innerhalb der staatlichenInstitutionen. Das bedeutet Mobili-sierung, Arbeit an der Basis, Enga-gement im Stadtteil. Auf der Ebeneder bundesstaatlichen Institutio-nen sind die Interessen der Arbei-ter/-innen und Angestellten nie-mals vorrangig. Da mischen vielekonkurrierende Interessen mit. UmErfolge zu erzielen und Einflussdarauf zu nehmen, wer in der Ge-sellschaft Profite erzielt, brauchen

23 FUgE-news Ausgabe 2/2013

Transparent: „Wenn der Fahrkartenpreis nicht runtergeht, wird die Stadtstill stehen“. Foto: Gianluca Ramalho Misiti, in Wikimedia Commons

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Und es bewegt sich was …Zum Stand der Eine-Welt-Bewegung in der HellwegregionMarcos Antonio da Costa Melo

Auszeichnungen von Kommunen aus der Region alsFairtrade-Towns, Foren zu Fairem Handel, Veranstal-tungen zu Umweltthemen und Podiumsgespräche zuglobaler Gerechtigkeit prägten die Eine-Welt-Arbeit inder Hellwegregion dieses Jahr. Wir blicken auf einigeder Aktivitäten zurück und geben danach einen Aus-blick der Vorhaben der lokalen Akteure.

Weltladentag

Mit verschiedenen Aktionen beteiligte sich das FUgE-Ladenteam an dem Weltladentag am 11. Mai auf dem

Marktplatz. Unter dem Motto „Öko+Fair ernährtmehr“ zeigten die Akteure Wege auf, wie jeder Ver-braucher durch den Einkauf von Bio- und Fairproduk-ten seinen Beitrag zur Ernährungssicherung in denEntwicklungsländern leisten kann.

Usbekistan: Landwirtschaft und Ökologie

FUgE und LOGO e.V. (Landwirtschaft und Oekologi-sches Gleichgewicht mit Osteuropa) organisierten am5. Juni in der VHS Hamm ein Abendgespräch überLandwirtschaft und Ökologie in Usbekistan. Über 25Usbeken, die in Deutschland ein Landwirtschafts-praktikum absolvierten, setzten sich mit den Proble-men ihrer Heimat auseinander.

Bei der Veranstaltung sprachen usbekische und deut-sche Experten über die Entwicklung der Baumwoll-monokultur, die u. a. Bodenversalzung, Erosion undAustrocknung des Aralsees verursachte. Sie befass-ten sich auch mit wichtigen Ansätzen einer ökologi-schen Landwirtschaft sowie regionaler Vermarktung,die mit einer Demokratisierung des Landes zentraleArmutsprobleme lösen könnten.

„Concert for Courage – NO TO RACISM“

Unter dem Motto „Rock und Rap gegen Rassismus“organisierten Schüler und Schülerinnen des Elisa-beth-Lüders-Berufskollegs in Kooperation mit FUgEund RAA Hamm am 28. Juni in ihrem Foyer ein Kon-zert gegen Intoleranz, Rechtextremismus, Antisemi-tismus und Alltagsrassismus. Das Konzert, bei demverschiedene Bands spielten, fand im Rahmen der

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Abschlussfeier verschiedener Klassen des Kollegsstatt und unterstrich die beispielhafte Antirassismus-arbeit der Schule.

„CargoCap-System“ – Eine Vision zum Gütertransport

Prof. Frank Czaja und Prof. Dr. Dietrich Stein zeichne-ten vor einem zahlreichen Publikum am 16. Juli in derVHS Hamm den Weg des „CargoCap-Systems“ auf.Prof. Stein betonte das Potenzial eines intelligentenGütertransports, welches das Verkehrsaufkommen

erheblich entlastet, Energie einspart und die Umweltweniger belastet.

Festung Europa – Grundrecht auf Asyl?!

Bei der Podiumsdiskussion zu Asylrecht am 27. Au-gust im Café Komma Hamm beleuchteten Ska Keller(Grünes Mitglied im Europaparlament), Nelli Foumba(Sprecher der Jugendlichen ohne Grenzen Hamm),Michael von Glahn (Fachanwalt für Ausländerrecht)und Heinz Drucks (Flüchtlingsberatung Kreis Soest)die europäische Abschottungspolitik, kommunaleStrategien und 20 Jahre Asylkompromiss.

Podiumsgespräch „Globale Gerechtigkeit undKlimaschutz“

Die Bundestagskandidaten Sylvia Jörrißen (CDU),Michael Thews (SPD), Marie Dazert (GRÜNE), Chris-toph Dammermann (FDP) und Udo Gabriel (DIELINKE) bezogen am 4. September in WA-ForumHamm Stellung und beantworteten Fragen zu denThemen Alternative Mobilität, Klimawandel, Energie-wende, Fairer Handel sowie Globale Gerechtigkeit.

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„Promised Land“ – Filmbesprechung zu Bohrungnach Schiefergas

Im Rahmen des Montagskinos zeigt FUgE und dieBIGG am 9. September im Cineplex Hamm den Film„Promised Land“. Der Film handelt von verarmtenBauern im Nordwesten Pennsylvanias, die ihr Landfür Fracking verpachten. Nach der Vorführung spra-chen Martin Knäpper und Oliver Kalusch, BBU, überdie Bohrung nach Schiefergas in Deutschland.

„Eine-Welt- und Umwelttag“ und Bahnhofsfest

Besichtigungen, Mitmachaktionen, Kulinarisches undInformationen prägten den „Eine-Welt- und Umwelt-tag“, der erstmals zusammen mit dem Bahnhofsfestam 14. September stattfand. „Klimafreundliche Mobi-lität“ war das Kernthema. E-Bikes, Liegeräder undZweirad-Neuheiten wurden ausprobiert.

Informationen zu Elektro-Autos, zum Bus- und Bahn-verkehr in Hamm und Weltmusik mit Karibuni @addisrundeten das Programm ab.

25 FUgE-news Ausgabe 2/2013

Eine-Welt-Akteure alsProtagonisten desFirmenlaufs Hamm am 11. Juli 2013 ander Pauluskirche.

Auf dem Weg zur Fairen Metropole RuhrZur Fairtrade-Bewegung in der Hellwegregion und im RuhrgebietMarcos Antonio da Costa Melo

Unna und Werne sind Fairtrade-Towns

In einer kleinen Feierstunde am 7. Juni in der Schwankhalle über-reichte Manfred Holz, TransFaire.V., die Urkunde zur Ernennungvon Unna zur „Fairtrade-Stadt“ an

Bürgermeister Werner Kolter. Da-mit war Unna nach Lünen diezweite Stadt des Fairen Handelsim Kreis Unna. Während der Feier-stunde verschenkten Schüler/-in-nen der Anne-Frank-Realschulefaire Rosen in der Fußgängerzone

Afrika-Forum

Zwei Initiativen aus Hamm, „Yes, Afrika“ und „radiocontinental drift“, luden in Kooperation mit FUgE zueinem Afrika-Forum am 16. September in den FUgE-Weltladen ein. Yes, Afrika e.V. versammelt die afrika-nische Gemeinde vor Ort und stärkt deren Organisa-tionsformen. Das partizipative Archiv „radio continen-tal drift“ entwickelt mit den afrikanischen MigrantenRadioprojekte. Das Podiumsgespräch verdeutlichtedie Notwendigkeit eines Nord-Süd-Dialogs, in dendie hier lebenden Afrikaner/-innen einbezogen wer-den müssen.

Diese Veranstaltungenwurden von der Engage-ment Global gGmbH,Servicestelle des Lan-des NRW, gefördert.

und bedankten sich damit bei denBürgern-/innen für die Unterstüt-zung des Fairen Handels. EineWoche später feierte die StadtWerne vor dem Eine-Welt-Ladenauf dem Marktplatz den Titel Fair-trade-Town. In seiner Rede dankte

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Großregion in Deutschland und alserster Städteverbund weltweit als„Faire Metropole“ ausgezeichnet.Über 20 Städte und Gemeinden,der Kreis Wesel mit insgesamt vierMio. Einwohnern haben durch ihreAuszeichnung als Fairtrade-Stadtbzw. -Kreis den Weg bereitet fürdie Auszeichnung des gesamtenRuhrgebiets. Vergeben wird der Ti-tel durch Fairtrade Deutschland(TransFair e.V.). Mehr dazu unterwww.faire-metropole-ruhr.de

Die Fairtrade-Bewegung im KreisSoest

Die erfolgreiche Fairtrade-Town-Kampagne in Lippstadt mobilisier-te lokale Akteure für Daueraktio-nen in der Stadt. Während der Fai-ren Woche organisierte das Lipp-städter Netzwerk, LiNet, am 14.September ein Auftaktgebet in derMarienkirche und ein Faires Früh-stück im Weltladen, am 25. einFaires Kino mit der Vorführung desFilms „HOME” von Yann Arthus-

Bertrand sowie der Dokumentati-on „Schmutzige Schokolade“ vonMiki Mistraki im Cinema & Studiound am 26. September den Vor-trag „Siegelproblematik bei Fair-Produkten“ mit Hendrik Meisel imVHS-Gebäude Lippstadt.

Glücklich sind die Mitglieder derSteuerungsgruppe der Fairtrade-Stadt Soest, u. a. der Bürgermeis-ter Dr. Ruthemeyer und WernerLindken, die am 18. Juli nach übereinem Jahr die Unterzeichnungder Bewerbungsunterlagen alsFairtrade Town auf den Wegbrachten. Die Bewerbung wurdeinzwischen vom TransFair-Prüf-gremium positiv beurteilt. Auch

die Fairtrade-Akteure aus Werl undWarstein arbeiten aktiv für dieKampagne und tragen dazu bei,das Bewusstsein für den FairenHandel stärker in der Gesellschaftzu verankern.

Nach einer erfolgreichen Pressear-beit und der Vorstellung der Kam-pagne bei der Gewerbeschau Lip-petal sind die Entwicklungen sehrpositiv zu betrachten. Hoffnungs-voll sieht daher die Steuerungs-gruppe der Gemeinde auf dieRückmeldung von TransFairDeutschland auf ihre Bewerbungs-unterlagen, die am 21. Juli vonBürgermeister Matthias Lürbkeversandt wurden.

Einen sehr entschlossenen Wegzum Titel Fairtrade-Stadt geht ge-rade das Regenbogen-Team desEine-Welt-Ladens Geseke. Nachdem Ratsbeschluss der Stadt Ge-seke am 1. Oktober hat das Re-genbogen-Team rund um MarieStracke mit einer lokalen Steue-rungsgruppe mit Vertretern ausKirche, Schulen und Wirtschaft dieArbeit aufgenommen, damit dieKriterien von TransFair Deutsch-land erfüllt werden.

Die sämtlichen Eine-Welt-Akteureder Region sind mit Marie Strakeeinig: „Wir wollen die Welt fairermachen“.

Fairtrade-Ehrenbotschafter Man-fred Holz der Stadt Werne für ihrEngagement und erklärte: „DieZeit ist reif für ein Streben nachNachhaltigkeit“.

Die „Fairtrade-Gemeinde“Holzwickede

Am 24, August wurde Holzwicke-de als Fairtrade-Town ausgezeich-net. Die Steuerungsgruppe feierteim Rahmen des Festes „Holz-wickeder Sommer“ den Titel. Die-se Auszeichnung war in einer kur-zen Zeit nur möglich, weil zahlrei-

che Geschäfte, Gastronomen, Be-triebe, Vereine, Kirchen und Schu-len die Bedeutung des Fairen Han-dels für globale Gerechtigkeit er-kannten, erklärte Roswitha Göbel-Wiemers, Sprecherin der Steue-rungsgruppe.

Weitere Städte sind auf demWeg

Am 13. November wird Frönden-berg als Fairtrade-Town ausge-zeichnet. Eine-Welt-Akteure ausBergkamen, Kamen und Selm en-gagieren sich, damit ihre Städtediesen Titel erhalten und damit dieEntwicklung des Fairen Handelsweiter geht. Wir hoffen, dassSchwerte und Bönen sich bald aufden Weg zu Städten des FairenHandels machen.

Anlässlich dieser positiven Ent-wicklung in der Hellwegregion, imwestlichen und mittleren Ruhrge-biet wird am 20. November diesenJahres das Ruhrgebiet als erste

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Engländerin mit einer Stiftung,die uns dafür (ohne Unterschriftoder andere Sicherheiten) einenzinslosen Kredit gab. Und dannbewilligte uns der Kirchentag inStuttgart die Kollekte der Feier-abendmahle, um einen Teil desKredites zurückzubezahlen.Mehr als die Hälfte der damals 1 Mio. DM sind zwischenzeitlichabbezahlt. Daraus habe ich ge-lernt, dass Veränderung möglichist und wir die Welt zum Gutenändern können.

Was sind die größten Hindernis-se/Ärgernisse in deinem gesell-schaftlichen Engagement?

Zu wenig Zeit für alle Vorhaben… und Menschen, die nicht anVeränderung glauben.

Gibt es für dich ein „Leitwort“für dein Leben?

EINE ANDERE WELT IST MÖG-LICH!

Was war für dich eine ermuti-gende Erfahrung der letztenJahre?

Als ich nach 14 Jahren einer gu-ten und interessanten Arbeitmerkte, dass die Zeit reif ist füreinen beruflichen Wechsel, tatsich meine neue Stelle auf.

Christiane, du bist als Ärztinauch in den Deutschen Ethik-Rat (DER) berufen worden. Wieerlebst du die Arbeit dort?Kannst du etwas bewegen?

Ja, in dem Gremium beraten wir die Bundesregierung, undmanchmal werden unsere Stel-lungnahmen auch wirklich um-gesetzt, wie z. B. die Stellung-nahme zur Beschneidung. Jetztbefassen wir uns mit Hirntodund Organtransplantation, undich denke, dass wir eine notwen-dige gesellschaftliche Debatteweitertreiben. Auch werde ichdurch die Arbeit von den Fraktio-nen der Linken, Grünen und SPDvermehrt zu gesundheitspoliti-schen Themen befragt, z. B. warich zwei Mal als Expertin in denGesundheitsausschuss des Bun-

destages eingeladen, als dasGesetz gegen Korruption im Ge-sundheitswesen dort beratenwurde. Hier wirken meine beruf-liche Arbeit und die Arbeit imDER synergistisch

Als Wohn- und Lebensgemein-schaft versucht ihr in der Kom-mune auch im privaten Bereichein alternatives Leben zu ver-wirklichen. Was war die Motiva-tion dazu?

Wir wollen gemeinsam lebenund zeigen, dass auch hier eineAlternative möglich ist ... undmehr Spaß macht es auch!

Du hast FUgE seit vielen Jahrenbegleitet – was wünscht duFUgE für die nächsten fünf Jah-re?

... Dass sie mutig sich in die ge-sellschaftlichen Prozesse ein-mischt und die Welt ein wenig ver-ändert.

Hammer Profil: Christiane Fischer

Welches Projekt liegt dir beson-ders am Herzen?

Da gibt es mindestens zwei:Zum einen arbeite ich seit dem01.03.2013 als ärztliche Ge-schäftsführerin der Initiative un-bestechlicher ÄrztInnen „MeinEssen zahl ich selbst“ MEZIS.Eine ehrliche und unbestechli-che Medizin ist wie ich denkedringend notwendig. Wer mehrüber MEZIS erfahren will, kannsich zum einen auf www.mezis.deinformieren oder am 05.02.2014um 18.00 Uhr zu unserer Veran-staltung in die FUgE kommen.

Zum anderen engagiere ich michehrenamtlich seit 15 Jahren imAdivasi-Tee-Projekt www.adivasi-tee-projekt.de Mit den Adivasides Gudalur Tales in Südindiensuchen und finden wir einengleichberechtigten Partner aufAugenhöhe. Auch in Hamm ha-ben viele bereits unsere Gästeaus Südindien kennengelernt.

Gab es für dein Engagement ein„Schlüsselerlebnis“? Was hatdich geprägt?

Im Studium war ich in der Öku-menekommission des Bundes-ESG engagiert. Dort hat mich dieEinstellung der interreligiösenÖkumene sehr geprägt, einesÖkumene-Verständnisses, dasbesagt, dass alle Religionenletztendlich gleich sind oder wiees ein Freund in Indien aus-drückte: You know, there is nodifference between hindus andchristians, there is only a diffe-rence between fundamentalistsand liberals … And God wouldbe bored to be praised only inone way.

Das andere Schlüsselerlebniswar, dass wir als Studenten/-in-nen und ohne Geld beschlossen,eine Teeplantage für die Adivasizu kaufen. Wir hatten keinerleiZweifel, dass das geht, und wirtaten es. Die Plantage ist inzwi-schen im Gemeinschaftsbesitzder Adivasi (AMS). Im richtigenAugenblick fand sich eine reiche

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Termine

Die Erkundung Brasiliens –Friedrich Sellows unvollen-dete ReiseLesung mit Hanns Zischler Montag, 25.11.2013, 19.30 Uhr, Ort: VHS Hamm,Eintritt: 7,00 Euro, erm. 5,00 Euro

Mit dem Fahrrad von Kaironach KapstadtBildvortrag und Filme mitHardy GrüneDienstag, 03.12.2013, 19.30 Uhr, Ort: VHS Hamm,Eintritt: 4,00 Euro

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28FUgE-news Ausgabe 2/2013

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21. Januar 2014, 19.00 Uhr, VHS HammGuinea vor dem großenSprung? – Über Umbrüche ineinem westafrikanischen LandDas Land an der westafrikanischenAtlantikküste taucht in deutschspra-chigen Medien kaum auf. Es sind dieeinstigen Brennpunkte Liberia undSierra Leone sowie jüngere Krisen inder Elfenbeinküste und Mali, zwi-schen denen sich Guinea geogra-phisch eingekeilt findet. Im Gespräch über die soziale undpolitische Lage des Landes werdenNelli Foumba Soumaoro, Yes Afrikae.V., und Marc Stefaniak, HammerForum, die aktuellen Entwicklungenund persönliche Eindrücke in Guineaim Kontext der Region Westafrikavorstellen.

5. Februar 2014, 19.30 Uhr„Geschenkt oder geschmiert?“Podiumsdiskussion mit BarbaraSteffens, Landesministerin NRW (an-gefragt) und Dr. Christiane Fischer:Der gute Ruf der Ärzteschaft sowieder nichtärztlichen Leistungserbrin-ger ist in Misskredit geraten, und esentsteht laut Transparency Interna-

tional jedes Jahr in Deutschland eingroßer volkswirtschaftlicher Scha-den: etwa 15 Milliarden Euro werdenjährlich im Gesundheitswesen fürKorruption verschwendet!

12. März 2014, 18.00 + 20.15 Uhr,VHS-Kino Auf dem Weg zur Schule Was für einige Kinder Alltag ist, ist fürso manch andere ein richtiges Aben-teuer: der Schulweg. Entweder trifftman auf eine Herde Elefanten, mussseinen Weg durch steinige Gebirgs-pfade oder unwegsame Flusstälerfinden oder mit dem Pferd durch dieweite Landschaft Patagoniens reiten.Nichtsdestotrotz scheuen vier Schul-kinder keine Gefahren. RegisseurPascal Plisson begleitet diese vierKinder sowie ihre Freunde und Ge-schwister auf ihrem alltäglichen, be-schwerlichen Weg zur Schule. Frank-reich 2012

08. April 2014, 19.30 Uhr, VHS HammBrasilien: Die WM 2014 – ein Fest für die Welt. Doch was bedeutet sie für die Menschen vor Ort?Mit Thomas Fatheuer und Marcos da

Costa Melo stellen zwei Brasilien-kenner und Fußballliebhaber die so-zialen Folgen der Megaveranstaltungfür die einfache Bevölkerung vor. Werist Gewinner – wer Verlierer dieserWM? Und werden die Protestbewe-gungen, die im Vorfeld der WM diesozialen Missstände im Land an-prangerten, auch ohne Weltöffent-lichkeit Erfolg haben?

29. April 2014, 19.30 Uhr, VHS HammFlucht nach EuropaZwei junge in Hamm wohnhafteFlüchtlinge berichten über die Grün-de ihrer Flucht, ihre Erlebnisse aufdem Weg nach Deutschland undihren heutigen Alltag. Welche Träume haben sich erfüllt?Vor welchen Problemen stehen sieheute? Was wünschen sie sich von der europäischen Flüchtlingspo-litik? Für diese Veranstaltung sind dieBewerber für ein Mandat im Europa-parlament angefragt. So könnenBürger und Betroffene direkt ihreWünsche und Vorstellungen äußernund die Kandidaten ihre Position vor-stellen.

FUgE-Veranstaltungen Januar bis Juni 2014