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„A radio that‘s out of this world!“ 14 AMSAT-DL Journal 4/2010 EMPFÄNGER FUNcube-Dongle – ein besonderer Empfänger Andreas Bilsing, DL2LUX D er FUNcube-Dongle trägt zwar die Bezeichnung „Dongle“ jedoch nur wegen seiner Bauform. Im Gegen- satz zu herkömmlichen Dongels, die z.B. den Zugang zu einer Software schützen, soll er möglichst vielen Interessierten den Zugang zum geplanten Satelliten „FUN- cube“ der AMSAT-UK schaffen. Der FUNcube ist ein Satellitenprojekt für Funkamateure, welches auch einen päda- gogischen Ansatz verfolgt, mit dem Ziel junge Menschen für Raumfahrt, Funk- technik, Physik und Elektronik zu begeis- tern. FUNcube – der Satellit Der FUNcube ist ein CubeSat-Projekt, welches erstmals auf dem Satellitensym- posium 2009 in Guildford und in den OSCAR-News [1, 2] vorgestellt wurde. Die erste deutschsprachige Veröffent- lichung zu diesem Thema erfolgte in [3]. Der FUNcube [4] ist ein CubeSat in der Standardform mit Abmessungen von 10 cm × 10 cm × 10 cm und einer Masse kleiner als ein Kilogramm. Er soll einen UHF/VHF-Transponder, eine Bake im 2-m-Band und ein Experiment in eine sonnensynchrone, niedrige Umlaufbahn (LEO) von etwa 600 bis 700 km tragen. Das Experiment ist ein werkstofftech- nischer Versuch, bei dem die Strahlungs- absorption verschiedener Oberflächen (z.B. Schwarz und Silber) miteinander verglichen werden. Physikalisch ist dieser Versuch dem so genannten Leslie-Würfel ähnlich. Die Messwerte des Experiments werden über die Telemetrie-Bake gesen- det und sollen von Schülern empfangen und ausgewertet werden. Ein weiterer Bestandteil des Projektes ist die so genannte „Fitter Message“, eine Kurznachricht, die zum Satelliten hoch- geladen werden kann und periodisch ge- sendet wird. Der Begriff „Fitter“ ist das „Twitter“ des FUNcube. Es können neun verschiedene „Fitter“ gespeichert werden. Ein wesentliches Merkmal des Satelliten ist das Fehlen eines On-Board-Compu- ters. Stattdessen wird ein Mikrocontroller verwendet. Die Satelliten-Steuerung soll mit einfachen Befehlen erfolgen. Um eine maximale Energieeffizienz und eine hohe Zuverlässigkeit zu erreichen, wird die Konstruktion so einfach wie möglich ge- halten. Die Frequenzen von FUNcube wurden durch die IARU bestätigt und sind in der Tabelle angegeben. FUNcube-Dongle – der Empfänger Die AMSAT-UK treibt nicht nur den Bau und Start des FUNcube voran, sondern will auch dafür sorgen, den Empfang des Satelliten einer breiten Öffentlichkeit zu ermöglichen, die über den normalen Kreis der Funkamateure hinaus geht. Mit dem Slogan „A radio that‘s out of this world!“ wird auf [5] für den Empfänger gewor- ben, der im Folgenden vorgestellt werden soll. Der Mann, der hinter dieser Entwick- lung steht, ist Howard Long, G6LVB. Das Blockschaltbild (Bild 1) zeigt die drei wesentlichen Bestandteile des FUNcube- Ein Dongle ist ein Kopierschutz- stecker der dazu dient, Software vor unautorisierter Vervielfälti- gung zu schützen bzw. allgemein einen nicht erwünschten Zugang zu einem technischen System zu verweigern. Im FUNcube-Dongle steckt jedoch ein SDR-Empfänger, und er soll genau das Gegenteil bewirken. Bild 1: Das Blockschaltbild des FUNcube-Dongle Bild 2: Das Konzept FUNcube-Dongle: Empfangen von Telemetrie und Informa- tionen aus dem Weltraum als Teil eines globalen Bildungs-Kooperationsprojekts

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„A radio that‘s out of this world!“

14 AMSAT-DL Journal 4/2010

EMPFÄNGER

FUNcube-Dongle –ein besonderer Empfänger

Andreas Bilsing, DL2LUX

D er FUNcube-Dongle trägt zwar dieBezeichnung „Dongle“ jedoch nurwegen seiner Bauform. Im Gegen-

satz zu herkömmlichen Dongels, die z.B.den Zugang zu einer Software schützen,soll er möglichst vielen Interessierten den

Zugang zum geplanten Satelliten „FUN-cube“ der AMSAT-UK schaffen. DerFUNcube ist ein Satellitenprojekt fürFunkamateure, welches auch einen päda-gogischen Ansatz verfolgt, mit dem Zieljunge Menschen für Raumfahrt, Funk-technik, Physik und Elektronik zu begeis -tern.

FUNcube –der SatellitDer FUNcube ist ein CubeSat-Projekt,welches erstmals auf dem Satellitensym-posium 2009 in Guildford und in denOSCAR-News [1, 2] vorgestellt wurde.Die erste deutschsprachige Veröffent -lichung zu diesem Thema erfolgte in [3].Der FUNcube [4] ist ein CubeSat inder Standardform mit Abmessungen von10 cm × 10 cm × 10 cm und einer Masse

kleiner als ein Kilogramm. Er soll einenUHF/VHF-Transponder, eine Bake im2-m-Band und ein Experiment in einesonnensynchrone, niedrige Umlaufbahn(LEO) von etwa 600 bis 700 km tragen.Das Experiment ist ein werkstofftech -nischer Versuch, bei dem die Strahlungs-absorption verschiedener Oberflächen(z.B. Schwarz und Silber) miteinanderverglichen werden. Physikalisch ist dieserVersuch dem so genannten Leslie-Würfelähnlich. Die Messwerte des Experimentswerden über die Telemetrie-Bake gesen-det und sollen von Schülern empfangenund ausgewertet werden.Ein weiterer Bestandteil des Projektes istdie so genannte „Fitter Message“, eineKurznachricht, die zum Satelliten hoch-geladen werden kann und periodisch ge-sendet wird. Der Begriff „Fitter“ ist das„Twitter“ des FUNcube. Es können neunverschiedene „Fitter“ gespeichert werden.Ein wesentliches Merkmal des Satellitenist das Fehlen eines On-Board-Compu-ters. Stattdessen wird ein Mikrocontrollerverwendet. Die Satelliten-Steuerung sollmit einfachen Befehlen erfolgen. Um einemaximale Energieeffizienz und eine hoheZuverlässigkeit zu erreichen, wird dieKonstruktion so einfach wie möglich ge-halten. Die Frequenzen von FUNcubewurden durch die IARU bestätigt und sindin der Tabelle angegeben.

FUNcube-Dongle –der EmpfängerDie AMSAT-UK treibt nicht nur den Bauund Start des FUNcube voran, sondernwill auch dafür sorgen, den Empfang desSatelliten einer breiten Öffentlichkeit zuermöglichen, die über den normalen Kreisder Funkamateure hinaus geht. Mit demSlogan „A radio that‘s out of this world!“wird auf [5] für den Empfänger gewor-ben, der im Folgenden vorgestellt werdensoll. Der Mann, der hinter dieser Entwick -lung steht, ist Howard Long, G6LVB.Das Blockschaltbild (Bild 1) zeigt die dreiwesentlichen Bestandteile des FUNcube-

Ein Dongle ist ein Kopierschutz-stecker der dazu dient, Softwarevor unautorisierter Vervielfälti-gung zu schützen bzw. allgemeineinen nicht erwünschten Zugangzu einem technischen System zuverweigern. Im FUNcube-Donglesteckt jedoch ein SDR-Empfänger,und er soll genau das Gegenteilbewirken.

Bild 1: Das Blockschaltbild des FUNcube-Dongle

Bild 2: Das Konzept FUNcube-Dongle: Empfangen von Telemetrie und Informa-tionen aus dem Weltraum als Teil eines globalen Bildungs-Kooperationsprojekts

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Dongles. Die Eingangsbaugruppe bestehtaus einem Silicon-Tuner (CMOS Multi-Band RF-Tuner E4000) für DVB-T/DABund umfasst die Oszillator, PLL, Mischerund VCO – alles in einem Schaltkreis.Auf eine Selektion (Filter) wird verzich-tet, sodass der Eingang breitbandig ist.Das HF-Eingangssignal wird in das Ba-sisband herunter gemischt und erscheintam Ausgang des Silicon-Tuners als einDifferential-Quadratur-Signal (I/Q). DerSchaltkreis verfügt über ein program-mierbares Tiefpassfilter, welches Fre-quenzen oberhalb von 2 MHz abschnei-det. Dies scheint zunächst breitbandig,der nachgeschaltete CODEC sorgt jedochfür eine weitere Filterung.Für eine spätere Nutzung des Empfängersfür andere Zwecke, z.B. DATV, ist diehöhere Bandbreite hilfreich. Die Rausch-zahl ohne einen vorgeschalteten LNA be-trägt 4 dB. Der Empfänger überstreichteinen Bereich von VHF, UHF bis zumL-Band. Das analoge I/Q-Signal wirdvon einem low-power Audio-CODECTLV320AIC3104 digitalisiert und weiter-verarbeitet. Ein PIC-Flash-Microcontrol-ler PIC24SJ32 von Microchip bildet dieSchnittstelle zum USB-Port, verarbeitetdas Signal, steuert den CODEC und denSilicon-Tuner. Über die USB-Schnittstellewird einem angeschlossenen PC der I/Q-Datenstrom zur weiteren Decodierung zu-geführt.

Eine geeignete Anwendung sorgt hier fürden Empfang von SSB, FM oder anderenModulationsarten und steuert die Emp-fangsfrequenz des FUNcube-Dongles.Prinzipiell kann jede Soundkartensoft -ware, die I/Q-Signale verarbeiten kann,

verwendet werden. Der Dongle hat selbstkeine Bedienelemente, nicht einmal einenEinschalter. Die Spannungsversorgungerfolgt über die USB-Schnittstelle desPCs.Ähnlich wie bei einem USB-TV-Stickwird der FUNcube-Dongle einfach an denUSB-Port angeschlossen. Er arbeitet mitvielen Radio-Empfangsprogrammen wieRocky, KGKSDR (von MØKGK),Spectravue und LinRad zusammen. DerFUNcube-Dongle funktioniert mit Win-dows XP, Vista und Windows 7 x86/x64ohne (!) die Installation von zusätzlichenTreibern. Darüber hinaus ist er kompati-bel mit Linux und MacOS, soweit ent-sprechende Standard-USB-Treiber bereitsin das Be triebssys tem integriert sind.

Frequenzbereichund BandbreiteDer Frequenzbereich liegt zwischen64 MHz und 1,7 GHz. Erste Versuche anden Prototypen zeigen, dass sich die unte-re Grenze auf 51,5 MHz ziehen lässt. Dieobere Grenze bei 1,7 GHz wurde nochnicht getestet.Die Abtastrate beträgt 96 kHz. Nach Ab-zug der Filter-Randbereiche der Analog/Digital-Konverter (ADC) verbleiben über80 kHz Bandbreite.Der FUNcube-Dongle selbst setzt keineRestriktionen bei den Betriebs- bzw. Mo-

Frequenzplan des FUNcube-Satelliten

Invertierender Lineartransponder Uplink 435,080–435,060 MHz

Downlink 145,960–145,980 MHz

Baken CW 145,955 MHz

BPSK 145,955 MHz

Bild 3 Einsatz am Laptop; rechts der SMD-Steckverbinder für die Antenne

Bild 4: Screenshot der Software SpectraVue.Es wird ein FM-Signal im 70-cm-Band empfangen

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dulationsarten. Die Grenzen werdendurch die Software auf dem Computer be-stimmt. Solange das Signal in eine Band-breite von etwa 80 kHz passt, kann derFUNcube-Dongle das Signal verarbeiten.Der Empfang von analogen Signalen wieFM und SSB ist möglich, aber auch derEmpfang von Fernseh-Tonsignalen. DerEmpfang von digitalen Signalen ist mög-lich, wenn die Software den Quadratur-I/Q-Empfang von Standard-Soundkartenermöglicht.

Zwei Versionen:Pro und BasisEs wird zwei Versionen des FUNcube-Dongles geben, die Pro- und die Basis-Version. Das Basismodell soll gezielt alsMittel im Unterricht für Wissenschaft undTechnik verwendet werden und zu prakti-schen Satellitenexperimenten ermutigen.Schließlich ist das Engagement für dieAusbildung eine primäre Motivation desgesamten FUNcube-Projekts.Die Basis-Version soll an Bildungsein-richtungen abgegeben werden und deut-lich preiswerter sein als die Pro-Versio-nen. Obwohl die Details (zum Redak-tionsschluss) noch nicht abschließendentschieden sind, ist es die Absicht derAMSAT-UK, dass die Frequenzen desBasismodells auf die ITU-Amateur-Satel-

liten-Subbänder 145 MHz und 435 MHzbeschränkt werden.Das Pro-Modell hat keine Frequenzein-schränkungen jenseits der physikalischenGrenzen des Geräts. Weiterhin kann esnotwendig werden, den Frequenzbereichfür die den Vertrieb in einigen Länderneinzuschränken, um den dortigen gesetz-lichen Vorschriften zu genügen.Sowohl bei den Pro- als auch bei den Ba-sis-Versionen wird der Anwender ein Up-grade der Firmware vornehmen können.Jedoch wird die Pro-Firmware nicht aufden Basis-Modellen zu installieren seinund umgekehrt. Derzeit ist geplant, dass

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Literatur

[1] Shirville, Graham, G3VZV; Ubbels,Jan Wouter, PE4WJ; Heck, Jim G3WGM:„ The FUNcube Project“;OSCAR News 187, September 2009,Seite 3–8

[2] NN: „ FUNcube – First Report to the RadioCommunications Foundation“; OSCAR News188, December 2009, Seite 10–14

[3] Pfeiffer, Jürgen, DJ9AL:„ Vorstellung des FUNcube in UK“;AMSAT-DL Journal 2/2010, Seite 22

[4] http://funcube.org.uk

[5] www.funcubedongle.com

Bild 6: Bestückungsseite der Platine

Bild 7:Antennenanschluss mit LNA im Detail

Bild 5: Ein FUNcube-Dongle aus derersten Serie. Die Platine mit den beiden

Gehäuseschalen

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ein Upgrade von einem Basis-Modell zueinem Pro-Modell nur durch Rücksen-dung an die AMSAT-UK möglich seinsoll.

Preise, Vertriebund BezugDie Pro-Version ist voraussichtlich fürDezember 2010 angekündigt. Der Preissoll bei 150 £ bzw. 100 US-$ liegen. DasErreichen dieser Vorgabe hängt jedochstark von den Montagekosten und der ge-orderten Stückzahl ab. Die Preisfest -legung für die Basis-Version (für Ausbil-dungszwecke) ist noch nicht abgeschlos-sen, sie soll jedoch wesentlich preiswerterals das Pro-Modell sein. Derzeit werdennoch keine Bestellungen angenommen.

Bild 12 (rechts):Hier ist die Halterung der Platinezum Debuggen und zum Brennen

der Firmware von G6LVM zu sehen.Zum Brennen genügt ein leichterDruck mit dem Daumen auf die

Platine. Für längere Tests wird eineWäsche klammer als „Ersatzhand“

verwendet

Bild 11 (rechts):Die Schablone

für das Auftra-gen der Lötpaste

Bild 8: Kleinserie von Prototypen des FUNcube-Dongle

Bild 9: Weiteres Bild der Kleinserie

Bild 10: Kleinserie, hier komplett montiert.Im Hintergrund sieht man das Blockschaltbild