Futur 2/2011: Medizintechnik
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Medizintechnik
FUTURVision Innovation Realisierung
Mitteilungen aus dem Produktionstechnischen Zentrum Berlin
ORBIT Mehr Durchblick im OP
Telemedizin Heilung per Fernbeziehung
Inhalt
04 ORBIT – mehr Durchblick im OP
07 Besser informiert mit openOR
08 Rapid Splint: Das passt.
10 Navi für die HNO-Chirurgie
12 Telemedizin: Heilung per Fernbeziehung
14 Biofeedback hilft Gehen lernen
16 Schicht für Schicht zum perfekten Implantat
18 Auf leisen Rädern durch den Berliner Untergrund
20 pi4-workerbot – zweiarmiger humanoider Roboter für die Praxis
22 Coole Werkzeuge
24 Interview
27 Partnerunternehmen
28 Ausstattung
29 Ereignisse und Termine
35 Terminkalender
36 PTZ im Überblick
© Fraunhofer IPKNachdruck, auch auszugsweise, nur mit vollständiger Quellenangabe und nach Rücksprache mit der Redaktion.Belegexemplare werden erbeten.
Impressum
FUTUR 2/201113. JahrgangISSN 1438-1125
HerausgeberProf. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann
MitherausgeberProf. Dr.-Ing. Roland JochemProf. Dr.-Ing. Erwin KeeveProf. Dr.-Ing. Jörg KrügerProf. Dr.-Ing. Kai MertinsProf. Dr.-Ing. Michael Rethmeier Prof. Dr.-Ing. Günther SeligerProf. Dr.-Ing. Rainer Stark
Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK
Institut für Werkzeugmaschinen undFabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin
Chefredaktion Steffen Pospischil
RedaktionClaudia Engel, Ina Roeder
KontaktFraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK Institutsleitung Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart UhlmannPascalstraße 8-910587 BerlinTelefon +49 30 39006-140Fax +49 30 [email protected]://www.ipk.fraunhofer.de
Gestaltung und Produktion Sonja Hugi
Herstellung Heenemann Druck GmbH
Fotos Medienboard Berlin-Brandenburg: 34Norbert Michalke: S. 14, 15Angela Salvo Gonzales: 30, 31 (unten)Scopis: 10,11 (oben), 25, 26SLM Solutions: 16Katharina Strohmeier: 20 und 21 (mit freundlicher Genehmigung der pi4_robotics GmbH), 28, 31 (oben)TU Berlin, Fachgebiet Schienenfahrzeuge: 19 TU Berlin, Pressestelle/Dahl: 29Ziehm: 27
FUTUR 2/2011 3
Kapitän, Pilot und Chirurg haben eines
gemeinsam: Sie bewegen sich oft in unbe-
kanntem Terrain und sind beim Navigieren
auf modernste Technik angewiesen. Wenn
die Geräte versagen, sind Leben bedroht.
Am Produktionstechnischen Zentrum ent-
wickeln wir Systeme, die Medizinern detail-
lierten Einblick in den Körper des Patienten
gewähren. Unsere bildgebenden Systeme
zeigen an, wo sich das Operationsinstru-
ment befindet, wo der Krankheitsherd liegt
und welches der sicherste Weg dorthin ist.
Chirurgische Eingriffe sicher und effizient zu
gestalten, das ist das Ziel des Berliner Zen-
trums für Mechatronische Medizintechnik
BZMM, einer Kooperation des Geschäfts-
feldes Medizintechnik am Fraunhofer IPK
und der Charité – Universitätsmedizin Ber-
lin. Der interdisziplinäre Zusammenschluss
von Ingenieuren, Medizinern und Informa-
tikern ist das Herz unserer Medizintechnik.
Zum Wohle der Patienten immer auf dem
neuesten Stand zu sein, ist unser Anspruch.
Uns ist dabei stets bewusst, dass Menschen
keine Maschinen sind, die mit standardisier-
ten Ersatzteilen abgefertigt werden können.
Maßfertigung statt Massenfertigung lautet deshalb einer unserer Ansätze. Je exakter
etwa ein Implantat individuell angepasst ist,
umso besser wird es vom Körper ange-
nommen. Das bedeutet weniger Kompli-
kationen während der Heilung und bessere
Einsetzbarkeit im Alltag, kurz: mehr Lebens-
qualität für den Patienten. Mit generativen
Fertigungstechnologien wie dem Selek-
tiven Laser Sintern können wir Körperteile
exakt nachbilden, bis hin zur individuellen
Innengestaltung und Oberflächenstruktur
einzelner Knochen und Implantate.
Doch auch die professionellste Operation
und das beste Implantat nützen wenig,
wenn Patienten nach dem Eingriff auf sich
allein gestellt sind. Neben guter Pflege und
Zuwendung benötigen sie häufig auch
ein exakt auf ihren Zustand abgestimmtes
Training, um die Selbstheilungskräfte des
Körpers bestmöglich zu aktivieren. Mit
unseren automatisierten Therapiegeräten
können Bewegungsabläufe schonend
und kontrolliert eingeübt werden. Da der
Physiotherapeut körperlich entlastet wird,
kann sich das Training nach der Kondition
des Patienten richten, nicht nach der des
Therapeuten. Viele Übungen können per
Tele-Reha und Force Feedback auch ins
heimische Wohnzimmer verlegt werden,
überwacht und angeleitet von einem Thera-
peuten in der Klinik, der am Bildschirm kor-
rigierend in die Bewegungen des Patienten
eingreifen kann.
Medizintechnik heißt Patientenbedürfnisse
ernst zu nehmen. Wir sind davon über-
zeugt, dass Hightech keinen Eigenzweck
haben darf. Auch die modernste techno-
logische Entwicklung gewinnt ihren Wert
erst durch ihren zuverlässigen Dienst – ihren
Dienst am Menschen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann
Editorial
Forschung und Entwicklung4
► Beispiel Wirbelsäulenimplantate
Dank der 3-D-Bildgebung können Medizi-
ner z. B. die Reposition von Knochenbrü-
chen an Gelenken exakt beurteilen oder
Implantate millimetergenau ausrichten,
ohne kritische anatomische Strukturen zu
beschädigen. Ein Beispiel hierfür ist die
Überprüfung der korrekten Lage von Im-
plantaten in der Wirbelsäule relativ zu den
sensiblen Nervenbahnen des Rückenmarks.
Um Frakturen, Tumore, Entzündungen oder
Instabilitäten der Wirbelsäule zu behandeln,
werden benachbarte Wirbelkörper mit
Hilfe von Pedikelschrauben dauerhaft fi-
xiert. Der Spinalkanal der Wirbelsäule und
das darin verlaufende Rückenmark dürfen
dabei nicht verletzt werden. Aufgrund
der fehlenden Tiefeninformation ist mit
zweidimensionalen Röntgenbildern eine
Fehlplatzierung der Implantatschrauben
und eine dadurch entstehende Verletzung
des Nervenkanals nicht erkennbar. Nur
die 3-D-Bildgebung kann hier die exakte
Überprüfung der Implantatlage gewähr-
leisten. Um notwendige Korrekturen bereits
während der Operation durchzuführen und
patientenbelastende und kostenintensive
Folgeeingriffe zu vermeiden, muss die
3-D-Bildgebung intraoperativ zum Einsatz
kommen.
► Konventionelle 3-D-Systeme
Bei konventionellen 3-D-Röntgensyste-
men, wie 3-D-C-Bögen oder intraoperativ
einsetzbaren Computertomographen,
rotieren Röntgenquelle und Röntgen-
detektor in einer starren Anordnung
kreisförmig um den Patienten, um einzel-
ne Projektionsbilder aufzunehmen und
daraus 3-D-Bilddaten zu rekonstruieren.
Diese kreisförmige Bewegung um den
Patienten ermöglicht zwar eine hohe
Rekonstruktionsqualität, umschließt aber
den Patienten vollständig und versperrt
somit den Zugang für den Chirurgen. Der
chirurgische Arbeitsablauf wird dadurch
erheblich beeinträchtigt. Operationen
müssen in der Regel mehrere Minuten
unterbrochen werden, um das System an
den OP-Tisch zu fahren und am Patienten
auszurichten. Deshalb wird die intraopera-
tive 3-D-Röntgenbildgebung derzeit noch
nicht routinemäßig eingesetzt.
► Inside ORBIT
Um die intraoperative 3-D-Röntgen-
bildgebung zu vereinfachen, den freien
Patientenzugang zu gewährleisten und die
Aufnahmedauer zu verkürzen, entwickelt
das Fraunhofer IPK in Kooperation mit
der Charité – Universitätsmedizin Ber-
lin und der Ziehm Imaging GmbH den
offenen 3-D-Röntgenscanner »ORBIT«.
In Deutschland werden jährlich rund 1,2 Millionen komplexe chirurgische Operationen durchge-
führt. Um das Komplikationsrisiko zu verringern und Folgeeingriffe zu vermeiden, kontrollieren
die Ärzte schon während des Eingriffs das Operationsergebnis mit Hilfe von Röntgendiagnostik.
Zweidimensionale Röntgenbildaufnahmen sind oftmals nicht ausreichend, um Operationssi-
tuationen genau bewerten zu können. Die dreidimensionale Bildgebung dagegen liefert eine
exakte räumliche Abbildung vom Körperinneren eines Patienten. Damit hat sie sich als unver-
zichtbares Hilfsmittel für Chirurgen etabliert. Ihr Nachteil: Chirurgische Eingriffe müssen für die
3-D-Aufnahmen komplett unterbrochen werden. ORBIT, eine Neuentwicklung von Fraunhofer
IPK und Charité, lässt den Chirurgen freien Zugang zum Patienten und kann so besser in den
Operationsablauf integriert werden.
ORBIT – mehr Durchblick im OP
Intraoperative Bildgebung
Wirbelsäulenchirurgie: Bildaufnahmequalität von ORBIT und konventionellen C-Bögen im Vergleich
FUTUR 1/2011 5
Systementwurf des offenen 3-D-Röntgenscanners ORBIT
Das Projekt, das vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung gefördert wird,
gewann bereits die Innovationspreise Medi-
zintechnik 2007 und 2010 des BMBF.
ORBIT basiert auf einem neuen konischen
Bildaufnahmekonzept, das die Forscher
ausgehend von mathematischen Opti-
mierungen der Projektionsrichtungen hin-
sichtlich der erreichbaren 3-D-Bildqualität
entwickelt haben. Dabei bewegt sich die
Röntgenquelle nicht um den Patienten
herum, sondern ausschließlich kreisför-
mig oberhalb des Patienten. Das gesamte
ORBIT-System besteht aus drei Modulen:
einem mobilen Gelenkarm mit steuerba-
rer Röntgenquelle, einem digitalen Flach-
bilddetektor, der direkt in den OP-Tisch
integriert oder fest auf diesem positioniert
ist, und einer mobilen Bildbetrachtungs-
einheit.
Mit einem Labormuster wurde die Mach-
barkeit des neuen Bildaufnahmekon-
zeptes nachgewiesen und die erreich-
bare Bildqualität experimentell für eine
Anwendung in der Wirbelsäulenchirurgie
untersucht. Dabei schnitt ORBIT eindeutig
besser ab, als herkömmliche C-Bögen.
Da diese seitlich zum Patienten ausge-
richtet sind, befinden sich die metallenen
Pedikelschrauben der Wirbelkörper in
der Rotationsebene der C-Bögen. Dies
führt zu bildstörenden Metallartefakten in
der 3-D-Rekonstruktion, wodurch deren
Verwertbarkeit erheblich beeinträch-
tigt ist. Bei der von Fraunhofer IPK und
3-D-C-Bogensystem im Einsatz bei der Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Charité entwickelten orbitalen Bildauf-
nahme oberhalb des Patienten bewegen
sich Röntgenquelle und Detektor nicht
mehr ausschließlich in einer einzigen
Ebene. Dadurch wird die Bildqualität bei
dieser klinischen Anwendung wesentlich
verbessert.
Innerhalb der nächsten drei Jahre wird
mit Förderung des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung im Röntgenla-
bor des Fraunhofer IPK ein erstes ORBIT-
Funktionsmuster aufgebaut und anschlie-
ßend in einem Experimental-OP in der
Charité technisch und klinisch evaluiert.
Das neue System soll dann den chirur-
gischen Arbeitsablauf nur noch minimal
beeinflussen und routinemäßig im OP
angewendet werden.
ORBIT – More Insight for Surgeons
In Germany some 1.2 million complex surgi-
cal operations are carried out each year. To
reduce the risk of complications and avoid
follow-up interventions, physicians use
x-ray diagnostics to monitor the outcome
of the operation during surgery. Only this
means that there is a break in the opera-
tion. In conventional 3-D x-ray imaging,
x-ray source and image detector are rotating
circular around the patient to reconstruct
the scanned volume. Using this technique,
the volume is reconstructed accurately, but
the patient is fully enclosed and the access
for the surgeon is limited.
Fraunhofer IPK has developed an open
x-ray scanner for image-guided interven-
tional surgery. ORBIT features a compact,
modular system design for mobile use with
significantly better control of the position
of instruments, implants and bone frac-
ture fragments during the operation. Most
importantly, ORBIT provides free access to
the patient, thus allowing surgical teams
to continue with their work. Funded by the
Federal Ministry of Education and Research
and in cooperation with Ziehm Imaging
GmbH and the Charité Berlin, Fraunhofer-
scientists currently work on a first ORBIT
prototype.
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Fabian Stopp
Telefon +49 30 39006-150
Forschung und Entwicklung6
Ziel der Fraunhofer-Experten ist es,
chirurgische Operationen auf dem
höchstmöglichen Informationsniveau
durchführen zu können. openOR ermög-
licht den Zugriff auf diagnostische Daten
während der Intervention und gewährleis-
tet die bislang fehlende Interoperabilität
zwischen unterschiedlichen chirurgischen
Assistenzsystemen. Damit wird ein neuer
Markt für die herstellerunabhängige
Nutzung medizinischer Informationen
erschlossen, der in etablierten Märkten
neue Wachstumspotenziale eröffnet
und technologische Innovationen neuer
Marktteilnehmer auslöst.
► Inside openOR
Die Entwicklung einer medizinischen
Softwareanwendung besteht aus vielen
verschiedenen Komponenten, von denen
neue Algorithmen und das neue Verfahren
oft nur einen Bruchteil ausmachen. Kom-
ponenten wie Datenimport und -export,
Anbindung an PACS- und KIS-Server oder
das User Interface benötigen überpropor-
tional viel Aufwand bei der Implementie-
rung und mehr noch bei der Dokumenta-
tion, der Fehlerbereinigung und den Tests.
Das User Interface ist zum Beispiel Studien
zufolge Ursache für etwa die Hälfte aller
Fehler in Softwaresystemen, obwohl es
nur etwa ein Drittel des Source Codes
ausmacht. Zudem ist das User Interface
nur schwer automatisiert zu testen, so
dass nach jeder Änderung aufwändige
manuelle Tests notwendig werden.
Heutige medizinische Anwendungen bestehen zu einem integralen Teil aus aufwändig
entwickelter Software. Die Qualität der Software, speziell die Intuitivität der Bedienung
und die Integration in die bestehende klinische Infrastruktur, entscheidet über die Nütz-
lichkeit der gesamten Anwendung. Vielfach ist die Bedienung noch unnötig kompliziert
und Daten müssen teilweise manuell importiert werden. Mit »openOR« bietet das Fraun-
hofer IPK ein modernes Software-Framework für die medizinische Bildgebung an, das
Mediziner bei der Diagnose, Operationsplanung und Intervention unterstützt.
Besser informiert mit openOR
Screenshot des openOR-Prototyps »DicomViewer« (oben); Von UI-Experten gefertigter Entwurf für den
DicomViewer (unten).
Medizinische Software
FUTUR 2/2011 7
Ihr Ansprechpartner
Dipl-Inf. Fabio Fracassi
Telefon +49 30 450555-185
openOR – Keep Well Informed
openOR is a software framework for medi-
cal imaging which enhances the interoper-
ability of systems and is used for diagnos-
tics, operation planning and therapeutic
interventions. The aim of openOR is to
enable surgical interventions to be carried
out on the highest possible level of informa-
tion. openOR enables access to diagnostic
data during the operation while ensuring
a level of interoperability between surgical
assistance systems that previously was not
possible. This opens up new markets for the
vendor-independent usage of medical infor-
mation, offering new avenues of growth for
established markets and triggering oppor-
tunities for technical innovations for new
market players. Moreover, openOR offers
the opportunity to develop and advance
clinical applications based on a comprehen-
sive medical software framework. Fraun-
hofer IPK offers the framework itself as
Open Source software, while the institute
develops proprietary applications on behalf
of its customers. This means that a custom-
er’s own application is sure to be compatible
with the surgical assistance systems of other
manufacturers.
openOR stellt dem Entwickler zum einen
eine Vielzahl von fertigen Komponenten
zur Verfügung, die durch ihre modu-
lare Struktur ohne großen Aufwand in
bestehende Programme eingefügt werden
können. Diese Komponenten sind umfas-
send getestet und verfügen über wohldefi-
nierte Schnittstellen. Solche Komponenten
stellen eine abgeschlossene Funktionalität
wie zum Beispiel den Import eines 3-D-
Datensatzes bereit.
Noch wichtiger sind die vorgegebe nen
Strukturen und Subsysteme. Dazu zählt
eine »Workflow Engine«, mit deren Hilfe
sich klinische Arbeitsschritte im Quellcode
widerspiegeln lassen. Dank einer solchen
Abstrak tion kann die korrekte Umsetzung
von klinischen Abläufen in der Software
einfacher verifiziert und der Aufwand
bei deren Adaption reduziert werden.
Weiterhin ermöglicht diese Abstraktion
es, automatisiert Daten über den Verlauf
des Einsatzes der Software zu erheben und
diese zum Beispiel an ein Krankenhausin-
formationssystem (KIS) zu senden.
Auf ähnliche Weise wird eine »User
Interface Engine« entwickelt, die auf Basis
einer deklarativen Oberflächenbeschrei-
bung und einer separaten Stilbeschreibung
die Bedienoberfläche generiert. Dabei ist
die Engine in der Lage, plattformspezifi-
sche Eigenheiten zu berücksichtigen und
beispielsweise auf einem iPad Gesten-
steuerung anstelle von Maussteuerung zu
aktivieren. Das deklarative Modell setzt
sich in der User-Interface-Programmierung
mehr und mehr durch und ist unabhängi-
gen Studien nach in der Lage, den Source
Code um etwa ein fünftel zu verringern
und einige der größten Fehlerklassen zu
vermeiden. Die für die Beschreibungsspra-
chen benötigten Abstraktionen werden
von einem interdisziplinären Team aus Ärz-
ten, Designern, Psychologen, Ingenieuren
und Informatikern entwickelt.
► openOR als Open Source
openOR bietet Anwendern die Möglich-
keit, auf einer umfassenden medizinischen
Softwarebasis klinische Applikationen zu
entwickeln und anzubieten. Fraunhofer
IPK bietet das Framework selbst als Open-
Source-Software an; Applikationen werden
pro prietär im Kundenauftrag entwickelt.
So ist sichergestellt, dass die Applikati-
onen des Kunden mit den chirurgischen
Assistenzsystemen anderer Hersteller
kompatibel sind. Speziell während der frü-
hen Prototypenentwicklung bietet openOR
den Vorteil, dass die Anwendung schon in
wesentlichen Teilen über ein professionelles
User Interface verfügt und sich in eine kli-
nische Infrastruktur integrieren lässt. Ärzte
können die Anwendung so von Beginn an
nutzen und ihr Feedback unmittelbar zu-
rück an die Entwickler geben. In späteren
Entwicklungsphasen sparen die vorgefer-
tigten Komponenten und Abstraktionen
Zeit beim testen, dokumentieren und bei
der Zulassung.
Modulare, multi-layer Architektur von openOR
openOR Workflow Engine
Medical Software Application
Operating Room Hardware
Ul Engine Dataflow Engine
Import/Export Drivers
Algorithms Algorithms
Data Types Data Types
Input Drivers Co
ccoa
Qt
Nav.Cam. PACSTouch DiCOMMouse STL
Forschung und Entwicklung8
Individuelle Implantate
Die orthodontisch-chirurgische Therapie
von Dysgnathien, also von Fehlentwick-
lungen der Zähne, der Kiefer oder des
Kausystems, ist Alltag in vielen Kliniken.
Ein Fehlbiss wird z. B. über einen längeren
Zeitraum in mehreren Schritten korrigiert.
Zuerst werden der Zahnbogen und die
Gaumenbreite vor der eigentlichen OP kie-
ferorthopädisch vorbehandelt. Patient und
Ärzte bestimmen dann gemeinsam, wie
die chirurgische Korrektur erfolgen soll. Im
Dentallabor werden dafür anschließend
Positionierungshilfen durch Kunststoffab-
formguss gefertigt, so genannte Splints.
Die Splints entstehen entweder auf der
Grundlage einer Modell-OP im Labor oder
sie werden ausgehend von einer virtuellen
OP am PC geometrisch definiert, meist in
Form einer STL-Datei.
Bei der Computerassistierten Planung
werden die Splints in der Regel durch
externe Dienstleister angefertigt. Wäh-
rend des gesamten Prozesses werden
Patientendaten und Behandlungsdetails
mehrfach ortsspezifisch erfasst und
verarbeitet. Nicht selten treten dabei
Missverständnisse in der Kommunikation
zwischen Chirurgen, Kieferorthopäden,
Laboranten und Technikern auf. Darunter
leidet oftmals die Qualität solcher kom-
plexer, interdisziplinärer Therapien.
► Inside Rapid Splint
Wissenschaftler des Fraunhofer IPK und
der Charité – Universitätsmedizin Berlin
entwickelten deshalb eine integrierte
Prozesskette, die die direkte Verwendung
von 3-D-Patientenbildern in CAD und
CAM ermöglicht. »Rapid Splint« stellt
eine digitale Volumentomographie, eine
Computerassistierte virtuelle Therapie-
planung sowie patientenspezifische
chirurgische Positionierungsschablonen
auf einer Plattform zur Verfügung. Dies
erlaubt zukünftig eine schnelle Inhouse-
Fertigung von komplexen, individuellen
OP-Splints oder Implantaten direkt im
Zahntechniklabor des Mund-, Kiefer- und
Bei komplexen Fehlstellungen in der Mund-, Kiefer- und Gesichts chirurgie gibt es derzeit
keine durchgehende Prozesskette, um Positionierungshilfen für die Korrektur der Fehlstel-
lungen herzustellen. Derzeitige Lösungen zur Fertigung so genannter Splints werden bisher
– unter Einsatz mehrerer Softwarewerkzeuge verschiedener Hersteller – nur in Ausnahme-
fällen und mit erheblichem Zeitaufwand erstellt. Mit »Rapid Splint« stellen Fraunhofer IPK
und Charité eine neue Technologie mit hohem Integrationsgrad vor. Alle Prozessschritte,
von der Planung bis zur Fertigung, können damit direkt vor Ort beim Anwender ausgeführt
werden. Daraus ergeben sich deutliche Potenziale zur Kosten- und Zeitersparnis.
Rapid Splint: Das passt.
Workflow-Diagramm
FUTUR 2/2011 9
Modellierung der Splints
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Weichen Liu
Telefon +49 30 450655-175
Rapid Splint
When correcting complex defective posi-
tions, oral and maxillofacial surgery currently
has to do without a continuous process
chain to manufacture surgical guides. In-
stead, the so-called »splints« are produced
only in exceptional cases and with the help
of numerous software tools by different pro-
viders. With »Rapid Splint« researchers of
Fraunhofer IPK and Charité Berlin introduce
a new technology with a high degree of in-
tegration. Taking advantage of latest devel-
opments in high resolution x-ray scanning,
they realize CAD/CAM models directly from
digital volume data without time-consuming
manual processing. The new technology al-
lows in-house modeling of patient individual
surgical guides for treatment as well as
patient individual implants.
relativen Positionen von Ober- und Unter-
kiefer in allen OP-Schritten durch einen
virtuellen Abdruck.
Schnelle Fertigung: Die im STL-For-
mat generierten Splints werden per Rapid
Prototyping gefertigt. Die eigentliche
Fertigungsdauer beträgt weniger als zwei
Stunden, so dass die Planung bei nächt-
licher Splintfertigung schon einen Tag
später im OP-Saal erfolgen kann.
► Flexibel und sicher
Rapid Splint ermöglicht dank digitaler Da-
tenverarbeitung, Therapieplanung sowie
Modellierung von Splints einen flexibleren
und sichereren Umgang mit interdiszipli-
nären Therapien in einem immer multila-
teraleren medizinischen Versorgungsum-
feld. Zudem ebnet die Technologie den
Weg für eine vollautomatisierte Fertigung
der Teile. Aufgrund ihrer kleinen Maße
können OP-Splints sogar im Büro her-
gestellt werden. Dafür eignen sich z. B.
3-D-Drucker.
Vorrangiger Zielmarkt der für die chirurgi-
sche Dysgnathiebehandlung entwickelten
integrierten Prozesskette sind Implan-
tat- und Gerätehersteller für die Mund-,
Kiefer- und Gesichtschirurgie. Darüber
hinaus kann das Verfahren prinzipiell auf
alle Anwendungsbereiche der Unfall- und
Wiederherstellungschirurgie erweitert
werden.
Gesichtschirurgen. Die notwendigen
Herstellungsdaten werden direkt auf
Basis der aufgenommenen Röntgenbilder
gewonnen – die Verarbeitung und Gene-
rierung der Fertigungsdaten erfolgt durch
das System ohne weitere Prozessschritte.
Präzision und mechanische Stabilität des
Splints werden vorab durch FE-Simulatio-
nen und mechanische Experimente analy-
siert und durch Auslegung und Variation
der Verfahrensparameter optimiert.
► Die Prozesskette im Detail
Daten-Akquisition: Die hochauflösen-
de digitale Volumentomographie ebnet
den Weg für die folgenden Schritte, die
die Patientendaten in Form von 3-D-Git-
tern repräsentieren.
Daten-Vorbereitung: Die knöcher-
ne Struktur wird durch Thresholding-
Segmentierung identifiziert und in einer
Maske zum Editieren bereitgestellt.
Virtuelle OP-Planung: Die benötig-
ten operativen Eingriffe werden am PC
simuliert, wobei die betroffenen Kochen
durch Osteotomie in Segmente unterteilt
werden. Eine optimale Bisslage wird z. B.
durch Repositionierung der Ober- und
Unterkiefer erzielt.
Splint-Modellierung: Anhand der
virtuellen OP-Planung werden die Splints
geometrisch modelliert. Sie tragen die
Fertiger Splint
Forschung und Entwicklung10
zu visualisieren. Auf diese Weise erhält der
Chirurg kontinuierlich Navigationsinforma-
tionen, ohne dass zusätzliche Instrumente
erforderlich sind. Hierfür entwickelte
Scopis einen speziellen Endoskopaufsatz
mit eingebautem Laserkollimator und opti-
schem Lokalisator, der auf konventionellen
Endoskopen befestigt wird.
► Genau messen
Im Auftrag von Scopis entwickelten die
Medizintechniker des Fraunhofer IPK
Verfahren zur intraoperativen Kalibrierung
der Laser-Navigation sowie eine Planungs-
software zur Segmentierung relevanter
Gewebestrukturen in den 3-D-Bilddaten
des Patienten. Ziel der intraoperativen
Kalibrierung ist die Ermittlung der Eigen-
schaften der aktuellen Konfiguration aus
Endoskopoptik, Laser-Endoskopaufsatz
und Kamerasystem. Damit kann für jede
2-D-Position des Lasers im endoskopi-
schen Videobild die passende 3-D-Position
berechnet und in den CT-Daten dargestellt
werden. Neben einer höchstmöglichen
Genauigkeit standen bei der Entwicklung
vor allem die Praktikabilität der Kalibrier-
methode und die Minimierung des intra-
operativen Aufwands für den Chirurgen
im Vordergrund.
Bei endoskopischen Eingriffen in den Nasennebenhöhlen ist es meist das Ziel,
Gewebe wie Tumore oder Polypen zu entfernen. Aufgrund des eingeschränkten
Sichtfeldes der endoskopischen Bildgebung ist dabei die Orientierung im Operati-
onsgebiet und die Identifikation bestimmter Gewebestrukturen oft schwierig. Hier
können klinische Navigationssysteme helfen, die die Position von speziellen chirurgi-
schen Instrumenten in dreidimensionalen Röntgenbilddaten des Patienten anzeigen.
Um das wiederholte Wechseln von Instrumenten zu vermeiden und den Aufwand
während des Eingriffs zu minimieren, entwickelt die Scopis GmbH ein System zur
Navigation eines Laserstrahls, der in das Sichtfeld des Endoskops gestrahlt wird. Das
Fraunhofer IPK steuerte dafür intraoperative Kalibrierverfahren und Softwaremodule
für die Operationsplanung bei.
Navi für die HNO-Chirurgie
Instrumentennavigation
► Richtig sehen
Bei minimal-invasiven Eingriffen in der
HNO-Chirurgie werden meist Endoskope
eingesetzt, die dem Operateur Einblick in
das Körperinnere ermöglichen. Der Chir-
urg orientiert sich dabei an anatomischen
Landmarken im Endoskopbild. Fehlen
diese aufgrund abnormaler Anatomie
oder vorheriger Eingriffe, ist die genaue
Identifikation von Gewebestrukturen im
Endoskopbild stark erschwert. Klinische
Navigationssysteme unterstützen den
Chirurgen hier, indem sie die Position
seiner chirurgischen Instrumente innerhalb
prä- oder intraoperativer Bilddaten des
Patienten visualisieren. Die Position von
Instrumenten wie Pointer oder Sauger wird
relativ zum Patienten mit Hilfe optischer
oder elektromagnetischer Messsysteme
ermittelt.
Für endoskopische Eingriffe entwickelt
die Scopis GmbH, eine Ausgründung der
Fraunhofer-Gesellschaft und der Charité
– Universitätsmedizin Berlin, ein System
zur laserbasierten Navigation, bei dem ein
Laserstrahl in das Sichtfeld des Endoskops
gestrahlt wird. Ziel ist es, die Position des
angestrahlten Gewebes in präoperativen
Bilddaten des Patienten, z. B. CT-Bilddaten,
Endoskop, Kameramodul und Laser-Endoskop-
aufsatz mit eingebautem Laserkollimator und opti-
schem Lokalisator (oben); Screenshot während der
Laser-Navigation an einem Kopf-Phantom (unten).
FUTUR 1/2011 11
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Christian Winne
Telefon +49 30 39006-236
Laser Helps ENT Surgeons to Navigate
In most paranasal endoscopic procedures,
tissues, e. g. polyps or tumors, have to be
removed. Identification of tissue structures
and general surgical orientation is difficult,
caused by the limited field of view of the
endoscope. In this case, clinical navigation
systems can assist the surgeon by showing
the exact positions of used surgical instru-
ments within the patients’ individual three
dimensional x-ray image data. To avoid
unnecessary instrument changes and to
reduce complexity during the intervention,
the company Scopis develops a system to
navigate a laser beam which is projected
into the field of view of the endoscope. On
behalf of Scopis, Fraunhofer IPK has devel-
oped an intraoperative calibration procedure
and surgical planning software for the new
laser-based endoscopic navigation system.
► Perfekt kalibriert
Für die Durchführung der Kalibrierung
wurde ein Kalibrierkörper entwickelt,
bestehend aus einem mechanischen
Führungssystem für den Endoskopschaft,
einem Punktmuster und einem Lokalisator
zur optischen Positionsbestimmung. Zu
Beginn wird der Endoskopschaft in die
Führungsvorrichtung des Kalibrierkörpers
geschoben. Der Chirurg wird anschließend
durch das bildgebende System angeleitet
das Endoskop in unterschiedlichen Abstän-
den vor dem Punktmuster des Kalibrier-
körpers zu positionieren. Währenddessen
erfolgt eine kontinuierliche Detektion und
Identifikation der Marker des Punktmus-
ters sowie des Laserpunkts im Videobild.
Nach der Erfassung und Speicherung einer
ausreichenden Anzahl von Messdaten
erfolgt die Berechnung der notwendigen
Parameter. Hierzu wurde ein Kalibrieralgo-
rithmus entworfen und implementiert, der
die extrinsischen und intrinsischen Eigen-
schaften der endoskopischen Bildgebung
sowie die Position und Richtung des Laser-
strahls ermittelt. Diese Kalibrierergebnisse
ermöglichen anschließend die kontinuier-
liche Berechnung und Visualisierung der
3-D-Position des Lasers.
► Besser planen
Neben der intraoperativen Visualisierung
der aktuellen 3-D-Position des Lasers ist
auch eine Unterstützung während des Pla-
nungsprozesses des Eingriffs sinnvoll. Der
Chirurg prüft dabei die dreidimensionalen
Röntgenbilddaten, identifiziert zu entfer-
nendes Gewebe und legt den Zugangs-
weg zum Operationsgebiet fest. Dabei ist
es häufig von Vorteil, Gewebestrukturen
oder Landmarken in den 3-D-Bilddaten zu
markieren, um eine intraoperative oder
postoperative Auswertung und Verarbei-
tung zu gewährleisten.
Für die präoperative Operationsplanung
entwickelte das Fraunhofer IPK Software-
module zur manuellen Segmentierung von
Zielstrukturen in den Schichtansichten der
Volumenbilddaten. Dabei können relevan-
te Strukturen durch umrandende Polygo-
ne in verschiedenen Schichten markiert
werden. Mehrere Konturen in parallelen
Schichten ermöglichen dann die Berech-
nung eines interpolierten Oberflächenmo-
dells, das intraoperativ oder zur postopera-
tiven Kontrolle genutzt werden kann.
Navigation für die HNO-Chirurgie
im Einsatz
Forschung und Entwicklung12
und häuslichen Bereich fortzusetzen. Ob
Patienten ihre Therapie eigenständig fort-
führen können, hängt jedoch von vielen
Faktoren ab: Wohnort (Stadt, Land), finan-
zielle Möglichkeiten und die persönliche
Situation der Betroffenen (u. a. Unterstüt-
zung durch Angehörige oder Pflegekräfte)
spielen hier eine Rolle. In allen Fällen be-
deutet der Übergang zu einer in der Regel
ein- bis zweimal pro Woche stattfindenden
ambulanten Rehabilitation ein deutliches
Absinken der Therapieintensität. Zuvor
erreichte Therapieergebnisse können nur
noch minimal verbessert werden. Die Be-
troffenen sind zudem auf kostenintensives
Pflegepersonal angewiesen und können
nur eingeschränkt am sozialen Leben teil-
nehmen oder beruflich tätig sein.
Telemedizin: Heilung per Fernbeziehung
Rehabilitationsrobotik
► Stationäre Reha reicht meist nicht
Die eigene Bewegungsfähigkeit nach einer
neurologischen Erkrankung, z. B. einem
Schlaganfall, wiederzuerlangen ist sehr
langwierig und kann mehrere Monate, oft
sogar Jahre dauern. Stationäre Therapien
in Reha-Kliniken arbeiten meist mit einer
Kombination aus manueller und gerätege-
stützter Übungstherapie. Ist die intensive,
aber zeitlich begrenzte Behandlung in
einer Reha-Klinik abgeschlossen, haben
die Patienten in der Regel nur ein Minimal-
Niveau an eigenständiger Bewegungskon-
trolle erreicht. Herr seiner Bewegungen zu
sein ist jedoch Voraussetzung dafür, den
Alltag eigenständig zu meistern oder ins
Berufsleben zurückzukehren. In Deutsch-
land haben stationäre Behandlungen
derzeit einen Umfang von durchschnittlich
vier bis sechs Wochen. In den USA dage-
gen beträgt die stationäre Therapiedauer
nur noch durchschnittlich zwei Wochen.
Die Folge: Patienten haben danach einen
deutlich geringeren Grad an eigenständi-
ger Bewegungsfähigkeit.
► Ambulant: Rehabilitation
mit Schwächen
Patienten wird deshalb generell empfoh-
len, die Reha-Behandlung im ambulanten
TeleStrokeRehab: Patien ten können in der Reha-Klinik begonnene Thera pien zu Hause fortsetzen ...
Damit Patienten nach neurologischen Erkrankungen wie einem Schlaganfall ihre Bewegungsfähigkeit voll-
ständig wiedererlangen, ist die Fortsetzung der in einer Reha-Klinik begonnenen intensiven, aber zeitlich
begrenzten Übungstherapie im häuslichen Bereich essentiell. Ziel des Projekts »TeleStrokeRehab – Roboterge-
stützte Therapiesysteme für die fernbetreute häusliche Rehabilitation« ist die Entwicklung eines integrierten,
robotergestützten Telereha-Übungssystems für die Arm- und Handrehabilitation von Schlaganfallpatienten. Das
Fraunhofer IPK entwickelt dafür ein kostengünstiges robotergestütztes Reha-Übungsgerätesystem sowie Rege-
lungsalgorithmen zur haptischen Kopplung der Geräte von Arzt oder Therapeut und Patient. Weitere Entwick-
lungsarbeiten betreffen die gerätebasierte Therapie-Software für ein visuelles und haptisches Biofeedback sowie
Softwaremodule zur automatischen Therapiedatenauswertung. Dabei berücksichtigen die Forscher neueste
wissenschaftliche Erkenntnisse des motorischen Lernens sowie die multimodale Telereha-Verbindung zwischen
Arzt oder Therapeut und Patient. Dank der neuen Reha-Systeme sollen motorisch und oftmals auch kognitiv
behinderte Patien ten erstmals derartige Therapie-Übungsgeräte selbstständig nutzen können, so dass auch in
den Zeiträumen zwischen der direkten telemedizinischen Fernbetreuung ein eigenständiges Üben möglich wird.
FUTUR 2/2011 13
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Henning Schmidt
Telefon +49 30 39006-149
Telemedicine: Long-distance Cure for
Patients
Patients with neurological deficits, e. g. as a
result of a stroke, generally receive inten-
sive, yet temporary treatment in a rehabilita-
tion clinic. For them to completely regain
their motility, it is essential to continue ther-
apy at home. The project »TeleStrokeRe-
hab – robot-assisted therapy systems for
domestic rehabilitation« aims at developing
an integrated telerehabilitation system for
arm and hand therapy of stroke patients.
Researchers at Fraunhofer IPK have de-
signed a reasonable robot-assisted reha
device system as well as control algorithms
for haptic coupling of the devices operated
by physicians or therapists and patient. They
also provide a therapy software for visual
and haptic biofeedback along with software
modules for automatic therapy data evalu-
ation. The new reha system has been devel-
oped particularly for patients with limited
motor or cognitive skills, who may use the
system autonomously to practice on their
own, with or without the remote assistance
of a physician or therapist.
tiert den Grad der Unterstützung bei
einer Bewegungsübung. Mit Hilfe dieses
haptischen Biofeedbacks soll der Patient
soweit wie möglich auch eigenständig
mit dem Übungsgerät trainieren können.
Eine Telereha-Verbindung zum Therapeu-
ten wird dann flexibel und je nach Bedarf
hergestellt, so dass keine kontinuierliche
1:1-Verbindung zwischen Patient und
Therapeut erforderlich ist. Das gibt Thera-
peuten die Möglichkeit, sich parallel um
mehrere mit derartigen Übungsgeräten
ausgestattete Patienten zu kümmern.
Die Forschungsingenieure am Fraunhofer
IPK arbeiten im Projekt »TeleStrokeRehab«
eng mit der MEYTEC Informationssysteme
GmbH aus Werneuchen bei Berlin zusam-
men. MEYTEC bietet europaweit inno-
vative Dienstleistungen in den Bereichen
Telemedizin, Information und Kommuni-
kation sowie Unternehmenssicherheit an.
Mit dem Forschungsprojekt will das Unter-
nehmen seine Telemedizin-Sparte um den
Bereich der Telerehabilitation erweitern.
Das Projekt wird im Rahmen des Zentralen
Innovationsprogramms Mittelstand des
Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie (BMWi) gefördert.
... und werden dabei von Arzt oder Therapeut fern betreut.
► Telereha mit Force Feedback
Völlig neue Möglichkeiten zum weiterfüh-
renden Bewegungstraining im Anschluss
an einen stationären Klinikaufenthalt bie-
tet hier das neuartige Instrument der hap-
tischen Telerehabilitation. »TeleStrokeR-
ehab« koppelt telemedizinische Methoden
mit mechatronischen Therapie-Übungs-
geräten für den Einsatz im häuslichen
Bereich. Ein solches Telerehabilitationssys-
tem gibt den Patienten die Möglichkeit,
ihre Reha-Übungen zu Hause auszuführen
und dabei von einem Therapeuten der
Reha-Klinik oder einem niedergelassenen
Therapeuten betreut zu werden. Patient
und Therapeut sind über eine erweiter-
te Telemedizin-Verbindung miteinander
verbunden und können auditiv, visuell
und erstmals auch haptisch miteinander
kommunizieren. Auf diese Weise erhalten
Patienten ortsunabhängig professionel-
le Hilfestellung und Motivation bei der
Durchführung ihrer Reha-Übungen.
Das neue Patientensystem wird darüber
hinaus über eine so genannte »Assist as
needed«-Regelung gesteuert. Das Gerät
passt sich selbständig an den Trainings-
fortschritt des Patienten an und adap-
Forschung und Entwicklung14
Rehabilitationsrobotik
Robotergestützte Laufsimulatoren wie
HapticWalker und der ebenfalls am
Fraunhofer IPK entstandene Gangtrainer
GT I versprechen nicht nur einen besseren
Therapieerfolg für Patienten, sondern ent-
lasten auch die Therapeuten. Das bisherige
manuelle Training bindet sehr viel Zeit und
Personal und ist für alle Beteiligten sehr
kraftaufwändig und ermüdend. Zudem
kann in der manuellen Therapie nur das
Gehen auf der Ebene geübt werden. Mit
HapticWalker können Patienten dagegen
beliebige Gangbewegungen beliebig oft
üben, also auch Treppen auf- und abwärts
zu steigen oder unebenes Gelände zu
meistern. Sowohl HapticWalker als auch
der Gangtrainer GT I sind nach dem so
genannten Endeffektor-Prinzip konstruiert.
Das heißt, der Patient steht auf zwei Fuß-
platten, die vom Gerät über den gesamten
Gangbewegungsablauf geführt werden.
Der Oberkörper des Patienten wird mit
einem Gurt gesichert.
► Kontinuierlich lernen
Ziel des BMBF-Projekts »RehaRobES –
Biofeedback und Patientenadaptive
Regelungsverfahren für endeffektor-
basierte Gangrehabilitationsroboter« war
die Entwicklung von Verfahren zur aktiven
Patient-Roboter-Interaktion. Auf diese
Weise sollen Patienten während der Gang-
therapie kontinuierlich Informationen über
ihren Lernfortschritt erhalten, während das
Gerät gleichzeitig den Grad der Führung
sukzessive reduziert.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür
war die Integration von mehrdimensi-
onalen Kraftsensoren in die Fußplatten
von Gangtrainer und HapticWalker. Sie
messen die Kontaktkräfte zwischen Pa-
tient und Fußplatten. Diese Werte sowie
die über die Roboterantriebe gemessenen
Fußplattentrajektorien bilden die Basis zur
Erfassung aller wesentlichen biomechani-
schen Gangparameter. In der manuellen
Therapie werden diese Parameter erst
nach einer Trainingseinheit sehr zeitauf-
wändig mit biomechanischen Meßgerä-
ten bestimmt. Beim HapticWalker werden
die Daten während der Gangtherapie
aufgezeichnet und durch spezielle Algo-
rithmen visualisiert: die Ganganalyse auf
einem Display für den Therapeuten und
das Biofeedback für den Patienten. Am
Gangtrainer GT I sorgt ein programmier-
barer Vibrationsmotor an den Fußplatten
Eine frühzeitige und konsequent über Monate durchgeführte Übungstherapie ist die
einzige Chance, motorische Lähmungen infolge einer Schädigung des zentralen Nerven-
systems zu mindern. Schlaganfallpatienten und Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma
müssen alltägliche Bewegungen wie Gehen und Treppensteigen oft neu erlernen. Möglich
wird das durch Biofeedback: Werden gesunde Gehirnareale entsprechend stimuliert,
erlernen sie schrittweise die im betroffenen Hirnareal verlorengegangene neuronale Steu-
erungsfunktion. Auf diesem Prinzip beruht der robotergestützte Laufsimulator »Haptic-
Walker« des Fraunhofer IPK. Der erste Prototyp dieses Trainingsgeräts wird derzeit klinisch
evaluiert. Damit HapticWalker bald in der Praxis eingesetzt werden kann, arbeiten die
Fraunhofer-Forscher an neuen Verfahren der Nachgiebigkeitsregelung für ein haptisches
Biofeedback sowie der Datenvisualisierung für ein visuelles Biofeedback.
Biofeedback hilft Gehen lernen
HapticWalker im Einsatz
FUTUR 2/2011 15
Learn How to Walk with Biofeedback
Patients with motor paralyses as a result of
an impaired central nervous system have
only one chance to improve their condi-
tion: They have to undergo therapy early
on, consequently and ususally over a period
of several months. Stroke patients or those
with craniocerebral injury often need to
learn everyday motions like walking and
climbing stairs anew. This is made possible
by biofeedback: If healthy cerebral areas are
stimulated effectively, they will step by step
learn neuronal control functions lost in the
impaired cerebral areas. »HapticWalker«,
a robot-assisted walk simulator developed
by Fraunhofer IPK, counts on this principle.
Its first prototype is currently under clinical
evaluation. To use HapticWalker in practice,
Fraunhofer researchers work on new flex-
ibility control methods for haptic biofeed-
back as well as on data visibility for visual
biofeedback.
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für ein zusätzliches taktiles Feedback.
Während der Patient so unmittelbar
visuelle und taktile Rückmeldungen über
seinen Lernfortschritt erhält, beurteilt
der Therapeut auf der Basis detaillierter
Ganganalysedaten den Lernfortschritt
des Patienten. Darüber hinaus kann er
über eine integrierte Therapiedatenbank
auch vollständige Therapieverläufe über
mehrere Wochen aufzeichnen und ana-
lysieren.
► Selbständig bewegen
Ein weiteres Ziel des FuE-Projekts war
die Entwicklung so genannter »Assist
as needed«-Regelungsverfahren. Sie
erkennen automatisch die mit dem Reha-
Lernerfolg sukzessive wiedererlangte
eigenständige Bewegungsfähigkeit des
Patienten und lassen ihn schrittweise die
Führung der Bewegung übernehmen.
Basis hierfür sind ebenfalls die in die
Fußplatten integrierten Kraftsensoren
sowie patientenadaptive Regelalgorith-
men. Sie erlauben eine variable Reduktion
des Grades der Bewegungsführung im
Sinne einer »weichen Führung« bis hin
zum »Full Haptic Mode«. Dabei führt der
Patient die Fußplatten vollständig selbst,
während das Gerät nur noch virtuelle Bo-
deneigenschaften simuliert und haptisch
spürbar macht. Auf diese Weise können
für jeden Patienten vollständige virtuelle
Trainingsparcours gestaltet werden.
Die Gerätesteuerungen für GT I und
HapticWalker wurden zudem mit Schnitt-
stellen zur Echtzeit-Kopplung mit anderen
Systemen ausgestattet. Im Mittelpunkt
des Projekts stand dabei die in Kooperati-
on mit den Projektpartnern TU Berlin und
der Firma HASOMED realisierte Echtzeit-
Kopplung mit einem System zur EMG-
geregelten funktionellen Elektrostimula-
tion der Beinmuskeln. Im nächsten Schritt
werden die technischen Erweiterungen
für GT I und HapticWalker in klinischen
Studien mit Schlaganfallpatienten an der
Charité evaluiert.
HapticWalker: Der Patient wird am Oberkörper mit einer Aufhängung gesichert (li.) und steht während der Therapie auf zwei bewegten Fußplatten (re.).
Forschung und Entwicklung16
Implantatherstellung
wenige Werkstoffe für Implantate in
Frage. Ergonomische Merkmale, physika-
lische Eigenschaften und Alterungspro-
zesse der Werkstoffe müssen so ausge-
legt sein, dass sie ein möglichst geringes
Verletzungsrisiko bergen. Ein Großteil
der verwendeten Metalle zählt zu den
bioinerten Werkstoffen. Bei bioinerten
Materialien kommt es zu keiner oder nur
einer minimalen chemischen oder biologi-
schen Wechselwirkung zwischen Im-
plantat und Gewebe. Zu diesen Metallen
gehören Titan, Tantal, Niob, Zirkonium,
Aluminiumoxid und Zirkonoxid. Die gro-
ßen Vorteile dieser metallischen Werkstof-
fe liegen in ihrer hohen Zugfestigkeit und
dem guten Abriebswiderstand. Dadurch
sind z. B. Prothesenbrüche äußerst selten.
Außerdem sind diese Materialien sterili-
sierbar.
Implantate dienen der Wiederherstellung
von geschädigtem Gewebe in Knochen
und Gelenken. Ziel ist es, die Funktion
des Körperteils möglichst vollständig
wiederherzustellen. Weitere Anwendun-
gen von Implantaten ist die Behebung
oder Ausfüllung von Fehlbildungen,
wie z. B. Löcher in einer Schädelplatte.
Etabliert haben sich in den letzten Jahren
auch zahnmedizinische Anwendungen,
hierbei handelt es sich um Zahnimplanta-
te, Brücken, und Träger zur Stabilisierung
von Prothesen. Kalotten und Zahnbrü-
cken können bereits generativ hergestellt
werden.
► Leistungsstarke Biomaterialien
In der Medizin kommen aufgrund von
hohen biologischen, physikalischen und
chemischen Materialanforderungen nur
Werkstoffe, die aktiv mit dem umliegen-
den Knochen reagieren, wodurch eine
Adhäsion zwischen Knochen und Implan-
tat entsteht, werden als bioaktiv be-
zeichnet. Zu diesen Werkstoffen gehören
Hydroxylapatit, biodegradierbare Polyme-
re sowie Titanoxid in einer Gitterform mit
Strukturen von 20 µm.
► Laserstrahlschmelzen für die Medi-
zintechnik
Durch generative Technologien können
Implantate patientenindividuell gefertigt
werden. Das heißt zum Beispiel, dass
Knochenaufbauten analysiert und exakt
nachgebildet werden können, wodurch
das Implantat sehr nah am individuellen
Körper des Patienten ausgerichtet werden
kann. Durch die Anpassung an das
vorhandene gesunde Material wird der
Komplexe Bauteile ohne Fügestellen sind die Spezialität generativer Verfahren. Immer deutlicher
wird der Wert dieser Technologie für den medizintechnischen Bereich, etwa bei der Fertigung indivi-
duell angepasster Implantate. Beim additiven Schichtbauverfahren, dem so genannten »Laserstrahl-
schmelzen«, werden auf der Basis von CAD-Daten pulverförmige Werkstoffe wie Edelstahl, Titan und
Aluminium verarbeitet. Durch einen Laser werden die Pulver definiert geschmolzen und es entsteht
ein Bauteil mit einer Dichte von 99.94 %. Wichtig für vorbildgetreue Implantate: Die Technologie
ermöglicht die Fertigung von Freiformen und Hinterschnitten, von außen- und innenliegenden filig-
ranen, komplexen Strukturen als Einzelteil – und das in einem einzigen Arbeitsschritt.
Schicht für Schicht zum perfekten Implantat
– Erstellung von Geometrie-daten durch CT-Scan
– Umwandlung der Punkte-wolke in CAD-Daten
– Konstruktion des Implantats aud Basis der CAD-Datei
– Konvertierung in STL-Datei
– Erstellung von Supports – Einstellung der Fertigungs-
parameter – Slicen – Hatchen
– Absenken der Platform – Beschichten – Belichten – Wiederholung bis zum
Prozessende
– Trennen von Bauteil und Substratplatte
– Oberflächenstrukturierung – Reinigen u. Sterilisieren – EDX-Analysen – Mikro- und Makrostruk-
turanalyse
Generative Prozesskette zur Herstellung von Implantaten
FUTUR 2/2011 17
Ihre Ansprechpartner
Dipl.-Ing. André Bergmann
Telefon +49 30 39006-107
Dipl.-Ing. (FH) Frederik John
Telefon +49 30 39006-107
Layer by Layer to the Perfect Implant
Complex components without joints are
the specialty of generative manufacturing
processes. The manufacturing method has
become increasingly valuable for the field
of medical technology, for example for the
manufacturing of individual implants. Based
on CAD files, powdery materials like stain-
less steel, titanium and aluminum are being
processed during the additive layer-wise
building process, the so called »Selective
Laser Melting«. Powders are melted by the
laser in a defined manner, which results in a
component with a density of 99.94 percent.
What is important for model-specific im-
plants: This technology enables the manu-
facturing of free forms and undercuts as
well as internal and external filigree complex
structures as an individual component – and
all this in one single step.
Struktur digital festgehalten. Auf Basis
dieser Punktewolke kann eine CAD-Datei
erstellt werden, auf der die Konstruktion
des Implantats basiert. Die finale Im-
plantatgeometrie wird in eine STL Datei
konvertiert und anschließend für den
Bauprozess fertigungsgerecht modifiziert.
Das schließt die Erstellung von nöti-
gen Stützstrukturen, das Zuordnen von
passenden Fertigungsparametern und
das anschließende Slicen und Hatchen
mit ein. Im Anschluss an den Fertigungs-
prozess wird das fertige Bauteil von der
Substratplatte getrennt und kann ohne
weitere Zwischenschritte einer weiteren
Oberflächenstrukturierung oder direkt der
gründlichen Reinigung und Sterilisierung
unterzogen werden.
Die neue Technologie der generativen Fer-
tigung muss noch für die Medizintechnik
qualifiziert werden. Die Wissenschaftler
des Fraunhofer IPK arbeiten an der Un-
tersuchung und Optimierung der Phasen-
und Oberflächenzusammensetzungen
von generativ gefertigten Teilen mittels
EDX-Analyse. Durch weitere metallogra-
phische Analysen können die Mikro- und
Makrostrukturen geprüft werden. Durch
die Kooperation des Fraunhofer IPK und
der Charité Universitätsmedizin Berlin
wird langfristig auch die Einstufung der
Biokompatibilität und des Langzeitver-
haltens generativ gefertigter Implantate
durch Zell-, Gewebe- und Organtests
avisiert.
Erfüllungsgrad der geforderten Biokom-
patibilität erhöht und Verankerungen des
Implantats im Körper werden gefestigt.
Generative Verfahren ermöglichen eine
sehr komplexe Strukturierung der Ober-
fläche des Implantats in Anlehnung an die
Struktur gesunder Körperteile. Dadurch
kann das umliegende Gewebe in das
Implantat einwachsen – das künstliche
Körperteil wird so vom Körper schonend
und auf natürliche Weise zusätzlich
verankert.
Bisher werden Implantate mit definierter
Porosität, die Gewebestrukturen ähneln
sollen, durch den Einsatz von Metall-
schäumen hergestellt. Das ist bspw.
relevant, wenn die Implantate für einen
ungestörten Bewegungsablauf flexibel
nachgeben müssen wie ihr biologisches
Vorbild. Eine gezielte Einstellung der
Porosität und damit auch der Flexibilität
des Implantats ist bei Metallschäumen je-
doch nicht möglich. Diese Graduierung in
Anlehnung an die Gewebebeschaffenheit
des einzelnen Patienten ist eine der Stär-
ken generativer Verfahren. Im Bereich
der strukturmechanischen Biokompatibili-
tät ist die Technologie wegweisend.
► Prozesskette vom Scan zum Im-
plantat
Die Prozesskette zur generativen Ferti-
gung von Implantaten beginnt mit einem
computertomographischen Scan der
betroffenen Knochen- und Gewebestruk-
tur. In Form einer Punktewolke wird die
Strukturiertes Hüftimplantat aus Ti6Al4V Zahnkrone (1.4404)
Forschung und Entwicklung18
► Sicherheit im Bahnverkehr
Wer mit der Berliner U-Bahn fährt, erwar-
tet ein intaktes Fahrwerk der Züge, wenn
diese mit bis zu 70 Stundenkilometern
Brücken und Tunnel passieren. Die BVG
garantiert ihren Passagieren die Sicher-
heit der Fahrzeuge. Die zeitaufwändige
Wartung der Räder im Betriebswerk wird
deshalb routinemäßig durchgeführt, auch
wenn noch lange kein Schaden zu erwar-
ten ist. Wird doch ein Mangel festgestellt,
muss zeitnah ein Ersatz für den unerwarte-
ten Ausfall gefunden werden.
Das fehlende Wissen um den tatsächlichen
Ist-Zustand ihrer Züge ist für die Betrei-
ber von Schienenfahrzeugen ein ernstes
betriebswirtschaftliches Problem. Die
Lösung kommt von einer wissenschaftli-
chen Kooperation des Fraunhofer IPK und
dem Institut für Land- und Seeverkehr,
Fachgebiet Schienenfahrzeuge, der TU
Berlin. Seit Dezember 2009 arbeiten die
Experten der beiden Institute in dem Pro-
jekt »MuSenRad« an einem Verfahren zur
automatischen Zustandsüberwachung von
Radlaufflächen. Die innovative Idee: Ein
ins Gleisbett integriertes System kombi-
niert verschiedene sensorische Prinzipien.
»Wir kombinieren optische und akustische
Die massiven Technikprobleme bei der Berliner S-Bahn, betrieben durch die Deutsche Bahn, im
letzten Winter sind vielen Berlinern noch in guter Erinnerung. Zeitweise war nur noch die Hälfte
der Züge im Einsatz. Der Rest war aus Sicherheitsgründen aus dem Verkehr gezogen worden.
Gerade für Betreiber von Schienenfahrzeugen ist es wichtig zu wissen, in welchem Zustand ihre
Züge sind, um deren Wartung und Instandhaltung vorausschauend zu planen. Im Innovations-
cluster »Maintenance, Repair and Overhaul MRO« entwickelt das Fraunhofer IPK zusammen mit
den Experten für Schienenfahrzeuge der TU Berlin ein neuartiges Prüfsystem, das Radschäden
frühzeitig und zuverlässig im laufenden Betrieb identifiziert.
MRO
Auf leisen Rädern durch den Berliner Untergrund
Prototyp des optischen Radlaufsensors
FUTUR 2/2011 19
On Silent Wheels through Sub-Berlin
Many Berliners still vividly remember the
massive technical problems the Berliner
S-Bahn, run by Deutsche Bahn, suffered
during the last winter. At times, only half of
the trains were operating. The rest had to
be taken off the tracks for safety reasons.
Especially for railway operators it is impor-
tant to know in which condition their trains
are, in order to anticipate their timely repair
and maintenance. In its Innovation Cluster
»Maintenance, Repair and Overhaul (MRO)«
Fraunhofer IPK together with railway ex-
perts at TU Berlin develop a new test system
that helps to reliably identify wheel dam-
ages at an early stage during traffic.
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Eckhard Hohwieler
Telefon +49 30 39006-121
Neben den Betreibern von Schienenfahr-
zeugen profitieren auch die Strecken-
anwohner von der Überwachung. Denn
unrunde Räder sind nicht nur anfälliger
für weitere Schäden, sie verursachen auch
deutlich mehr Lärm. Solche Veränderun-
gen können mit MuSenRad frühzeitig
erkannt und behoben werden. Prototypen
für die einzelnen sensorischen Überwa-
chungen werden derzeit von der BVG zu
Testzwecken in ihr Gleisbett integriert.
Ende 2011 sollen die einzelnen Systeme zu
einem marktfähigen Produkt zusammen-
geführt sein.
MuSenRad ist ein Projekt aus dem
Fraunhofer-Innovationscluster »Mainte-
nance, Repair and Overhaul in Energie und
Verkehr«, einer Kooperation von sieben
Forschungspartnern und 14 Wirtschafts-
unternehmen. Der Cluster befasst sich mit
den Forschungsfeldern Zustandserfassung
und -diagnose, MRO-Planung und digitale
Unterstützung sowie Reinigung und Re-
parturtechnologien. Gefördert wird er von
den Ländern Berlin und Brandenburg und
der Fraunhofer-Gesellschaft.
Prüfsysteme«, erklärt Eckhard Hohwieler,
Leiter des Projekts am Fraunhofer IPK.
»Ausbrüche, Risse und Schuppen an der
Oberfläche des Radlaufs überwachen
wir im Betrieb mit einem Kamerasystem.
Außerdem können wir geometrische Ver-
änderungen des Rades über die für diese
Schädigung charakteristischen Beschleuni-
gungssignale im Schienenfuß im Überfahr-
betrieb erkennen.«
► Weniger Schäden, leiseres Fahren
Die Vorteile für die Unternehmen liegen
auf der Hand. Zeit- und Kostenersparnis
gehen einher mit der besser planbaren
Einsetzbarkeit des Fuhrparks. Ein wichtiges
Thema für die BVG. Deshalb kooperiert
die gern mit der Forschung, indem sie
Gleisabschnitte für Versuche freigibt. »Für
uns ist eine regelmäßige Messwerterfas-
sung, die den aktuellen Zustand der Räder
unserer U-Bahn-Fahrzeuge widerspiegelt,
von großem Interesse«, so Martin Süß,
Abteilungsleiter bei der BVG. »Deshalb
unterstützen wir die Entwicklung der
Rad-Messtechnik, indem wir zeitweise
unsere Anlagen und Fahrzeuge zur Verfü-
gung stellen.«
Triggersystem für Messungen am Gleis Installierter Beschleunigungssensor am Schienenfuß
Forschung und Entwicklung20
► Vorteile zweier Arme
Der zweiarmige pi4_workerbot kann auf
seiner mobilen Plattform zu verschiede-
nen manuellen Montagearbeitsplätzen
gefahren werden, um dort bei Produkti-
onsengpässen auszuhelfen. Seine Propor-
tionen ähneln denen eines Menschen. So
lässt er sich an jedem modernen Stehsitz-
arbeitsplatz der industriellen Fertigung
einsetzen. Seine Arme haben – ähnlich
wie beim Menschen – sieben Gelenke
und eine überbestimmte redundante
Kinematik. Dies ist der Fall, wenn ein Arm
mehr Gelenke bzw. Bewegungsfreiheits-
grade zur Verüfung hat als die Eredigung
einer Aufgabe benötigt. Die Redundanz
bietet die Vorteile, die beim Umgehen von
Hindernissen oder für die Vermeidung von
Armkollisionen relevant sind. Das ist nötig,
da der Workerbot aus Effizienzgründen
zweihändig arbeitet.
Zu den wichtigsten Vorteilen des zweiarmi-
gen Roboters gehören deutliche Arbeits-
raum- und Kostenersparnisse im Vergleich
zur derzeit üblichen Variante, zwei Roboter
mit jeweils einem Arm einzusetzen. So
kann beim Workerbot bspw. ein Arm als
Spann- oder Umgreifvorrichtung genutzt
werden. Diese so genannte »Jigless Opera-
tion«, also ein Vorgang ohne Verwendung
klassischer Aufnahme- und Spanntechnik,
macht den Einsatz des Roboters flexibler
und reduziert gleichzeitig die entstehen-
den Kosten.
Eine wesentliche Neuheit und entscheiden-
de Funktion für die Anwendung in kon-
taktschlüssigen Aufgaben, wie z. B. beim
Fügen, ist die Integration von Nachgiebig-
keits- und Kraftregelungsverfahren in die
vom Fraunhofer IPK entwickelte Dual-Arm-
Roboter sind aus der Fertigungstechnik schon lange nicht mehr wegzudenken. Dabei haben
moderne Robotersysteme kaum noch etwas mit einfach programmierten Greifarmen und
Fließbändern zu tun. Mittels moderner Sensorik und Steuerung werden Roboter dem Menschen
immer ähnlicher: Sie können sehen, tasten und sogar eigene Entscheidungen treffen. Ein preis-
gekröntes Highlight unter den neuesten humanoiden Robotern ist der »pi4_workerbot«, der aus
einem EU-Projekt zur Entwicklung flexibler Montagesysteme hervorgegangen ist. Das Projekt
»Flexible Assembly Systems through Workplace-Sharing and Time-Sharing Human-Machine
Cooperation (PISA)« wird vom Fraunhofer IPK koordiniert. Der Kooperationspartner pi4_robotics
hatte die entscheidende Technologieidee. Das Unternehmen entwarf den Roboter und die über-
geordnete Steuerung, das Fraunhofer IPK nahm sich der Robotersteuerung an. 2010 präsentierte
pi4_robotics seinen »Workerbot« als Messeneuheit auf der AUTOMATICA 2010.
pi4_workerbot - zweiarmiger humanoider Roboter für die Praxis
Automatisierungstechnik
Robotersteuerung. Dies geschieht sowohl
auf Servo- als auch auf Programmierebe-
ne. Dem pi4_workerbot gelingt dadurch
sensor-motorisch vieles, was gewöhnliche
Roboter nicht können. Mit Hilfe von an
den Roboterflanschen – den Greifern – be-
festigten Sensoren, kann der Roboter den
Kontakt mit einer Umgebung detektieren,
Kräfte und Momente messen sowie seine
vorgegebene Bewegung automatisch kor-
rigieren bzw. Hindernisse berücksichtigen.
Dieses Verhalten, bekannt als Nachgiebig-
keit oder »Compliance«, ahmt menschli-
ches Verhalten im physischen Kontakt mit
einer Umgebung nach.
Die neuen Funktionen der Nachgiebig-
keitsregelung, der so genannten »Im-
pedance Control«, sind gekennzeichnet
durch ein sechsdimensionales Masse-
Dämpfer-Feder-Systemverhalten für trans-
latorische sowie rotatorische Freiheitsgrade
mit beliebig definierbaren Parametern
für die jeweilige Interaktionsaufgaben.
Am Fraunhofer IPK wurde eigens eine
Programmiersprache entwickelt, mit der
die gewünschte Nachgiebigkeit einfach
festgelegt werden kann. Auf diese Weise
lassen sich verschiedene Aufgaben, vom
Greifen eines Objekts bis zur Montage pi4_workerbot
FUTUR 1/2011 21
komplexer Teile, voll automatisch und
flexibel ausführen. Dabei werden die To-
leranzen der Bauteile und Abweichungen
der Arbeitsumgebung durch die Nachgie-
bigkeitsregelung ausgeglichen. Darüber
hinaus kann der Workerbot auch mit Men-
schen interagieren. Er kann vom Mensch
geführt werden, was für eine intuitive und
schnelle Programmierung vorteilhaft ist.
Durch eine komfortable Bedienoberfläche
kann der Roboter sehr schnell für neue
Aufgaben eingerichtet werden. Somit lässt
sich auch bei kleinen Losgrößen und häu-
fig wechselnden Aufgaben ein effektiver
Einsatz erzielen.
► Roboter mit menschlichen Zügen
Ein wichtiges Merkmal des Roboters ist
sein von pi4_robotics entwickelter Kopf,
der entscheidend zu seinem humanoiden
Erscheinungsbild beiträgt. Der Kopf ist um
zwei Achsen beweglich und erfasst die
Umgebung mit einer in die Stirn integrier-
ten hochmodernen 3-D-Kamera. Darüber
hinaus verfügt er über eine monochro-
me Kamera sowie eine Farbkamera, die
ihn bei der Prüfung von Bauteilen und
Oberflächen unterstützen. Diese optischen
Sensoren in Verbindung mit den beiden
Roboterarmen ermöglichen neue System-
Ihre Ansprechpartner
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Dr. Dragoljub Surdilovic
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lösungen für integrierte Handhabungs-,
Montage-, und Inspektionsaufgaben.
Zusätzlich beinhaltet der Kopf ein Farbdis-
play, das innovative Wege der Statusanzei-
ge und Interaktion mit dem Benutzer, z. B.
durch Gesichtsausdrücke, ermöglicht.
► Produktinnovation durch Koope-
ration
Der voll funktionsfähige Prototyp des
pi4_workerbot wurde auf der AUTOMA-
TICA 2010 in München der Öffentlich-
keit vorgestellt. Dort wurde er mit dem
Innovationspreis des MM-Magazins in der
Kategorie »Knick-Arm-Roboter« ausge-
zeichnet. Seitdem besteht sowohl von
Seiten der Medien, als auch von kleinen
und mittelständischen Unternehmen aus
dem produzierenden Gewerbe ungemin-
dert hohes Interesse an der Entwicklung.
Ein fachliches Highlight auf europäischer
Ebene war die Nominierung als Finalist
des 2011 euRobotics Technology Transfer
Preis beim »European Robotics Forum« im
April 2011 in Västerås, Schweden. Bei dem
renommiertesten Preis der europäischen
Robotik bewertet die Jury insbesondere
Innovationskraft und wirtschaftliches
Potenzial von Forschungskooperationen
zwischen Wissenschaft und Industrie.
pi4_workerbot
To do without robots in manufacturing
technology is unimaginable today. Thanks
to modern sensors and control systems,
todays robots become more and more akin
to humans: They can see, touch and even
make their own decisions. A prizewin-
ner among the latest humanoid robots is
»pi4_workerbot«, an outcome of the EU
project »Flexible Assembly Systems through
Workplace-Sharing and Time-Sharing
Human-Machine Cooperation (PISA)«
coordinated by Fraunhofer IPK. The project
partner pi4_robotics came up with the
crucial idea: The company developed the
robot and its overall control. Fraunhofer IPK
dealt with the precision control of the new
two-arm robot. pi4_robotics presented its
»Workerbot« at the AUTOMATICA 2010
and promptly received the innovation award
of MM magazine.
Besprechung der Robotersteuerung des pi4_workerbot am Fraunhofer IPK
Forschung und Entwicklung22
Die Verwendung von Kühlschmierstoff ist
ein notwendiges Übel in der Fertigung.
Um die im Zerspanprozess entstehende
Wärme abzuführen, werden erhebliche
Kosten und Gesundheitsgefahren in Kauf
genommen. Allein die Anlagentechnik
zur Aufbereitung und Versorgung sowie
die Bereitstellung von Kühlschmierstoff
und die teure Entsorgung als Sonderab-
fall nehmen einen Anteil von bis zu 16%
der Fertigungskosten ein. Dazu kommen
die Reinigungskosten für Maschinen und
Werkstücke, die mit dem Kühlschmiermit-
tel verschmutzt werden. Überdies werden
einer Studie der Vereinigung der Metall-
Berufsgenossenschaften zufolge 33% der
Hauterkrankungen in metallverarbeitenden
Berufen durch den Kontakt mit Kühl-
schmierstoff verursacht.
Neben der konventionellen Überflutungs-
kühlung werden deshalb seit geraumer
Zeit verschiedene Strategien zur Vermei-
dung von Kühlschmierstoffen entwickelt
und eingesetzt. Bei der Minimalmengen-
Kühlschmierung wird der Kühlschmierstoff
nur noch tröpfchenweise bzw. als feiner
Nebel aufgebracht, um die Bauteilquali-
tät zu erhöhen. Die Trockenbearbeitung
verzichtet ganz auf Kühlschmierung. Beide
Verfahren stoßen jedoch früher oder spä-
Fertigungstechnik
Coole Werkzeuge
► Werkzeugkonzept mit
geschlossener Innenkühlung
Die im Zerspanprozess entstehende Wär-
me kann durch die Kühlstrukturen in der
Wendeschneidplatte ohne Kühlfluidkon-
tamination abgeführt werden. Zusätzlich
wird die Werkzeuglebensdauer durch
einen geringeren Temperaturgradienten
ter aufgrund der thermischen Belastung
der Werkzeuge und auch des Werkstücks
an ihre Grenzen. Am IWF wird deshalb ein
Werkzeug entwickelt, das die Trockenbe-
arbeitung mit einer effektiven Kühlung
verbindet und die Wärme durch einen
geschlossenen Kühlkreislauf im Inneren
der Schneide abführt.
Die zunehmende Verwendung von Hochleistungswerkstoffen wie faserverstärkten Kunststoffen,
Leichtmetallverbundwerkstoffen und warmfesten Legierungen in der Automobil- und Luftfahrt-
industrie stellt vorwiegend in der Zerspanung enorme Anforderungen an die Temperaturverhält-
nisse im Prozess. Dies erfordert durch die oftmals geringe Wärmeleitfähigkeit der Werkstoffe ein
erhöhtes, experimentell ermitteltes Prozessverständnis hinsichtlich der Temperaturverteilung und
des Temperaturverlaufs im Werkzeug. »ConTemp«, ein von der Europäischen Kommission geför-
dertes Forschungsvorhaben aus dem Themenbereich »Self Learning Production Systems«, setzt
dabei auf die selbstlernende Kontrolle der Temperaturverhältnisse bei der Zerspanung. Dafür
entwickeln Wissenschaftler des IWF ein Werkzeugkonzept mit einer geschlossenen Innenkühlung.
Um die Temperaturverhältnisse im Zerspanprozess jedoch definiert beeinflussen zu können, wird
neben dem Werkzeugkonzept eine Steuerungsumgebung benötigt und implementiert. Mit Hilfe
der neuronalen Netze, einem mathematischen Modell, wird dabei die Zerspantemperatur durch
Veränderung von Kühlparametern der Kühlperipherie und der Prozessparameter adaptiv geregelt.
Ganzheitliche Prozessentwicklung bestehend aus Werkzeugentwicklung und adaptiver Fertigungsbeeinflussung
FUTUR 2/2011 23
ConTemp – Self-Learning Control of
Tool Temperature in Cutting Processes
The use of high performance materials and
modern composite materials like fibre-rein-
forced plastics in automotive and aerospace
industry places high demands on the condi-
tions of temperature in cutting process.
Due to the low thermal conductivity of
these materials, this requires an increased,
experimentally derived process understand-
ing regarding temperature distribution and
temperature gradient in the tool. Based on
this knowledge, new tool concepts and new
innovative adaptive controlling structures of
process and coolant are needed. ConTemp
is a collaborative research project funded by
the European Commission under the topic
»Self Learning Production Systems« in the
Seventh Framework Programme.
Ihre Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Timo Reinicke
Telefon +49 30 314-24946
Dipl.-Ing. Martin Roeder
Telefon +49 40 314-23473
www.contemp.org
und die einhergehende Reduktion von
Thermoschock entscheidend verlängert.
Die Herausforderung in der Auslegung des
Werkzeugdesigns liegt dabei darin, ein
Gleichgewicht zwischen Kühlwirkung und
mechanischer Stabilität des Schneidkörpers
zu finden. Daher wurde im ersten Zeit-
raum des ConTemp-Projekts eine iterative
Herangehensweise in der Herleitung und
Optimierung günstiger Design varianten
verwendet. Zuerst wurden dazu Zerspan-
versuche durchgeführt und die resultieren-
de maximal abzuführende Wärme in den
eingesetzten Werkzeugen experimentell
ermittelt. Mittels dieser Kenntnisse konnte
die Kühlstruktur durch Simulationen
festgelegt werden. Danach sind die zur
Herstellung der Kühlkörper benötigten
Fertigungsverfahren identifiziert und die
adaptive Steuerung implementiert worden.
► Selbstlernende adaptive
Steuerung der Temperatur
Durch die Benutzung einer selbstlernen-
den adaptiven Prozesskontrolle ist es
möglich, die Bearbeitungssituation zu
stabilisieren und somit die Produktivität
hinsichtlich Bauteilqualität und Werkzeug-
standzeit durch bewusste aktive Beeinflus-
sung des Zerspanprozesses zu erhöhen.
Im Rahmen des ConTemp-Projektes wird
dabei die Regelungsstruktur der neuro-
nalen Netze verwendet. Diese sind in der
Lage, die Gewichtungen ihrer Stellgrößen
intelligent durch erlernte Basisdaten ein-
zustellen. Dadurch können die nichtlinear
zusammenhängenden Prozess- und Kühl-
parameter an die Bearbeitungstemperatur
und die vorherrschenden Prozessbedin-
gungen angepasst werden.
Derzeit werden am Institut für Werkzeug-
maschinen und Fabrikbetrieb IWF der
Technischen Universität Berlin die ersten
Prototypvarianten innengekühlter Werk-
zeugsysteme in enger Zusammenarbeit
der neun Projektpartner aus Deutschland,
Großbritannien, Italien und Österreich
gefertigt und im Einsatz validiert. Dabei
stellt die leichte Integration in vorhandene
Werkzeugmaschinensysteme eine essenti-
elle Grundanforderung an das zu entwi-
ckelnde Werkzeugsystem dar. Nach der
Validierung und konstruktiven Optimie-
rung der Prototypen wird die Datenbasis
für das Regelungskonzept durch Zerspan-
versuche aufgenommen.
Eiskalte Fertigung: Weniger Verschleiß und
Kühlschmierstoff durch gekühlte Werkzeuge
Herr Kosmecki, Ihr Unternehmen ist gerade
mal ein Jahr alt. Wie geht es Ihnen?
Bartosz Kosmecki: Mir und der Scopis
GmbH geht es sehr gut. Das erste Jahr ist
ein sehr spannendes Jahr gewesen, in dem
sich viel ereignet hat. Wir haben unser
erstes Navigationssystem MATRIX POLAR
im Februar 2011 im Markt eingeführt und
eine korrespondierende CE-Zulassung
erhalten. Im März wurde unser Qualitäts-
managementsystem nach DIN EN ISO
13485:2010 und DIN EN ISO 9001:2008
erfolgreich zertifiziert. In diesem Jahr sind
wir außerdem auf mehreren Messen und
Kongressen vertreten, bauen so unsere
Präsenz im Medizintechnikmarkt aus und
Interesse besonders bei HNO-Chirurgen
auf.
Darüber hinaus verlaufen unsere Ver-
triebsaktivitäten sehr positiv. Wir haben
die ersten klinischen Navigationsgeräte an
Krankenhäuser geliefert, die dort täglich
eingesetzt werden. Auch auf internatio-
nalem Niveau erfahren wir eine positive
Resonanz. Aktuell sind wir bereits in der
Endphase der Zulassung unseres zweiten
Produkts, das noch dieses Jahr auf den
Markt kommt.
Wie entstand die Idee zur Ausgründung?
Kosmecki: Andreas Reutter, Mitgründer
von Scopis, und ich waren Arbeitskollegen
am Berliner Zentrum für Mechatronische
Medizintechnik (BZMM). Wir forschten
bereits dort an klinischen Navigations- und
Messsystemen. Während einer OP an der
HNO-Klinik der Charité – Universitätsmedi-
zin Berlin habe ich live beobachtet, welche
Herausforderungen bei der Durchfüh-
rung von minimal-invasiven Operationen
bestehen. Mir fiel auf, dass es einen Bedarf
an einer endoskopischen Vermessung des
Operationsgebietes gab. Daraus entstand
die Idee zur Entwicklung von endoskopi-
schen Mess- und Navigationssystemen.
Diese Systeme basieren auf speziellen
Messaufsätzen, die an bestehende Endo-
skope angebracht werden und diese um
eine präzise laserbasierte 3D-Vermessung
erweitern. Auf diese Weise können Ärzte
erstmals Messungen an anatomischen
Strukturen endoskopisch und berührungs-
los vornehmen. Zudem profitieren sie von
der kontinuierlich verfügbaren Navigation.
Aus der Idee für das Produkt entwickelten
wir schnell eine Geschäftsidee, mit der wir
den Preis der Stiftung-Charité auf dem
Biomedical Summit 2009 gewannen. Das
bestätigte uns natürlich sehr in unserem
Vorhaben. Im März 2010 kamen wir mit
unserem Businessplan beim bundesweiten
Businessplanwettbewerb »Science 4 Life«
unter die besten 20. Nur wenige Mona-
te später gründeten wir dann die Scopis
GmbH.
Sie entwickeln endoskopische Messauf-
sätze, die passgenau mit jedem konven-
tionellen Endoskop der minimal-invasiven
HNO-Chirurgie verbunden werden können.
Wie machen Sie das?
Kosmecki: Die Scopis-Messaufsätze
werden ähnlich einem Spülschaft an
konventionelle Endoskope angeschlossen
und arretiert. Wir richten uns hierbei nach
den weltweit verbreiteten Standards in der
HNO-Chirurgie in Bezug auf Durchmesser
und Länge der Endoskope. Die Technologie
kann problemlos auch auf weitere klinische
Anwendungsbereiche der Endoskopie
übertragen werden. Im Detail funktioniert
sie so: Unsere Messaufsätze projizieren
einen Laserpunkt auf das Gewebe, das in
dem Endoskopiebild sichtbar ist. Der Chir-
urg richtet diesen Punkt ähnlich einem La-
serpointer manuell auf die zu vermessende
Struktur. Zu jedem projizierten Laserpunkt
ermittelt das System die präzisen Raumko-
ordinaten. So kann der Chirurg anatomi-
sche Strukturen Punkt für Punkt endosko-
pisch und berührungslos vermessen. Auf
diese Weise ermöglicht das System auch
die endoskopische Navigation.
Warum sollten Mediziner auf Ihre endosko-
pischen Messaufsätze umsteigen?
Kosmecki: Mit unserer Technologie kön-
nen Ärzte erstmals mit einem Endoskop
navigieren und gleichzeitig anatomische
Willkommen im Zeitalter der navigierten Endoskopie
Die Scopis GmbH erforscht, entwickelt und vermarktet hochgenaue laserbasierte endoskopi-
sche und mikroskopische Messsysteme für die minimal-invasive Chirurgie. Dabei ermöglicht
eine innovative endoskopische 3-D-Vermessung erstmals die reproduzierbare Durchführung
von chirurgischen Eingriffen. Klinische Komplikationen können hierdurch minimiert und Kosten
optimiert werden. Das Unternehmen ist eine Ausgründung des von Fraunhofer IPK und der
Charité-Universitätsmedizin Berlin gemeinsam betriebenen Berliner Zentrums für Mechatro-
nische Medizintechnik. Wir sprachen mit Gründer und Geschäftsführer Bartosz Kosmecki über
das junge Spin-off.
Interview24
Kontakt
Bartosz Kosmecki
Telefon +49 30 398 20 598
www.scopis.com
Zur Person
Bartosz Kosmecki schloss 2005 erfolgreich
sein Studium der Technischen Informatik
an der Technischen Universität Berlin ab.
Bereits in seiner Diplomarbeit zum Thema
»Elektromagnetisches klinisches Naviga-
tionssystem« zeichnete sich sein zukünf-
tiges Interesse an der Medizintechnik ab.
Während seiner anschließenden Tätigkeit
als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Fraunhofer IPK und dem Charité Virchow
Klinikum konzentrierte sich Kosmecki auf
die weitere Erforschung und Entwicklung
klinischer Navigationssysteme und mes-
sender Endoskopie. 2010 gründete er
gemeinsam mit Andreas Reutter und der
Fraunhofer-Gesellschaft die Scopis GmbH
zur Entwicklung und Vermarktung von
Messsystemen für unterschiedliche medizi-
nische Anwendungsgebiete der minimal-in-
vasiven Chirurgie. Das Unternehmen, deren
Geschäftsführer Kosmecki ist, erhielt im
Oktober 2010 eine Startfinanzierung des
High-Tech Gründerfonds. Seit Februar 2011
ist das Scopis Navigationssystem MATRIX
POLAR kommerziell erhältlich.
letzten Monaten haben wir sukzessive un-
ser Angebot an autoklavierbaren navigier-
ten Instrumenten erweitert. Diese haben
wir immer in Anlehnung an Vorschläge
unserer Referenzärzte optimiert. Mit der
Markteinführung unseres zweiten Produkts
am Ende dieses Jahres werden wir unseren
Zeitplan genau einhalten.
Was würden Sie anderen Wissenschaftlern
raten, die den Schritt vom Forscher zum
Unternehmer wagen wollen?
Kosmecki: Der Schritt von der Wis-
senschaft zum Unternehmen erfordert
eine tragfähige Geschäftsidee, die in
einem Businessplan fixiert wird. Hilfe bei
der Erstellung des Businessplans bieten
zahlreiche Businessplanwettbewerbe.
Das Geschäftskonzept wird dabei durch
unabhängige Kapitalgeber, Unternehmer
und Berater geprüft und weiter optimiert.
In zahlreichen Gründungsnetzwerken
findet man zudem junge Unternehmer,
mit denen man sich über sein Vorhaben
austauschen und hilfreiche Tipps einho-
len kann. Enorm wichtig in unserem Fall
war die Beratung und Betreuung durch
Fraunhofer Venture. Sie unterstützten uns
bei der Ausgestaltung von Verträgen, der
Lizenzierung von Schutzrechten und der
Unternehmensgründung.
Als Unternehmer muss man seinen For-
scherstandpunkt verlassen und durch die
Augen des Kunden schauen. Denn der
Kundennutzen ist der entscheidende Fak-
tor für den Erfolg der Geschäftsidee und
nicht die technologischen Eigenschaften
des Produkts.
Strukturen präzise und berührungslos
vermessen. Damit können wir die Verfüg-
barkeit der Navigationsinformation im Ver-
gleich zu bestehenden Systemen um bis zu
70 Prozent erhöhen. Die HNO-Chirurgen
haben eine Hand frei und müssen nicht
mehr zwischen Navigation und chirurgi-
schem Instrument wählen. Darüber hinaus
ermöglicht die Lasernavigation zusätzlich
eine schnelle und genaue Bild-zu-Patien-
tenregistrierung, da kein direkter Hautkon-
takt stattfindet. Die Messaufsätze sind nur
ein Teil unseres Gesamtsystems MATRIX
POLAR. Dieses zeichnet sich durch eine
sehr kurze Systemvorbereitungszeit, einen
reduzierten Platzbedarf sowie eine intuitive
Bedienung und Dokumentation sämtlicher
Endoskopie- und Navigationsdaten aus.
MATRIX POLAR hilft den Chirurgen sich
besser im Operationsfeld zu orientieren
und so chirurgische Komplikationen zu
minimieren, Operationszeiten zu reduzie-
ren und bessere post-operative Ergebnisse
zu erzielen.
Bis zum Sommer 2011 hatten Sie sich den
Markteintritt der ersten Produkte für die
HNO-Chirurgie zum Ziel gesetzt. Liegen Sie
im Plan?
Kosmecki: Ja. Wie eingangs bereits er-
wähnt, ist MATRIX POLAR, das erste Scopis
Navigations system für die minimal-invasive
HNO-Chirurgie, bereits seit Februar 2011
erhältlich. Wir hatten uns einen sehr
engen Zeitplan gesetzt. Trotzdem schaff-
ten wir es, in nur einem halben Jahr nach
der Unternehmensgründung unser erstes
Medizinprodukt fertig zu stellen. In den
Scopis-Gründer Bartosz Kosmecki (re.)
und Andreas Reutter (li.)
FUTUR 2/2011 25
Bessere Ergebnisse auch bei komplizierten Fällen
Partnerunternehmen26
Mit seiner Produktfamilie MATRIX POLAR
bietet Scopis seinen Kunden flexible Lösun-
gen: MATRIX POLAR-Modul erweitert
bestehende Endoskopietürme um leis-
tungsfähige klinische Navigation. MATRIX
POLAR-System integriert neuste HD-Endo-
skopie und klinische Navigation in einem
Endoskopieturm. Mit MATRIX POLAR-Laser
ergänzt Scopis seine Produktreihe mit
Mess aufsätzen für eine laserbasierte endo-
skopische Messung und Navigation.
Klinische Navigations- und Messsysteme
von Scopis wurden für den täglichen
Gebrauch optimiert. Sie werden vollständig
in den Endoskopieturm integriert. Dadurch
reduzieren Sie den Platzbedarf und Bedien-
aufwand im Operationssaal. Die Systeme
sind intuitiv und benutzerfreundlich und
zeichnen sich zudem durch eine sehr kurze
Systeminbetriebnahme von unter drei
Minuten aus. Drei schnelle Methoden der
Bild-zu-Patientenregistrierung erlauben den
universellen Einsatz mit höchster Genauig-
keit. Eine Vielzahl an ergonomischen, wie-
derverwendbaren navigierten Instrumenten
stellt den Einsatz der Systeme auch bei
komplexen Fällen sicher. Mittels vorhande-
ner Schnittstellen werden Scopis-Systeme
direkt in das Netzwerk des Krankenhausin-
formationssystems integriert und ermög-
lichen damit den direkten Zugriff auf die
radiologischen Bilddaten.
Mit Scopis-Messaufsätzen wird der Um-
fang an navigierten Instrumenten um die
laserbasierte endoskopische Messung und
Navigation erweitert. Sie werden ähnlich
einem Spülschaft an konventionelle En-
doskope angeschlossen und arretiert und
projizieren Laserpunkte auf das Gewebe.
Zu jedem projizierten Laserpunkt ermittelt
das System die präzisen Raumkoordinaten.
Ärzte können auf diese Weise erstmals
Messungen an anatomischen Strukturen
endoskopisch und berührungslos vor-
nehmen und profitieren zudem von der
kontinuierlich verfügbaren Navigation.
Das Spin-off von Fraunhofer IPK und der
Charité-Universitätsmedizin Berlin arbeitet
eng mit beiden Institutionen zusammen,
um seine Produkte für den täglichen Einsatz
zu optimieren und innovative Technologien
zu nutzen. Darüber hinaus stellt Scopis si-
cher, dass alle Produkte höchsten Qualitäts-
ansprüchen genügen. Dafür bürgt auch die
aktuelle Zertifizierung des Qualitätsmanage-
mentsystems nach DIN EN ISO 13485:2010
und DIN EN ISO 9001:2008.
Scopis GmbH
Blücherstr. 22
10961 Berlin
Deutschland
Telefon +49 30 398 20 598
www.scopis.com
Scopis stellt hochgenaue, laserbasierte endoskopische und
mikroskopische Mess- und Navigationssysteme für die
minimal-invasive Chirurgie her. Das Berliner Unternehmen
unterstützt Mediziner dabei, Operationszeiten zu verkürzen,
klinische Komplikationen zu reduzieren, bessere postopera-
tive Ergebnisse zu erzielen und Kosten zu sparen.
MATRIX POLAR-System
Scopis
Ihre Ansprechpartnerin
Daniela Frost
Telefon: +49 30 398 20 598
www.scopis.com
Hochauflösende Bilder im OP
Partnerunternehmen FUTUR 2/2011 27
Seit 40 Jahren hat Ziehm Imaging den
Markt für mobile C-Bögen geprägt und
mit zahlreichen Innovationen stetig
vorangetrieben. Die mobilen röntgenba-
sierten Bildgebungssysteme des deutschen
Mittelständlers, der Niederlassungen in
den USA, China, Singapur, Finnland, Italien
und Braslien unterhält, finden neben der
Wirbelsäulen-Chirurgie, Orthopädie und
Traumatologie auch in der Gefäßchirurgie
Anwendung. Zudem werden die digitalen
C-Bögen in der interventionellen Radiologie
und Kardiologie eingesetzt. Chirurgische
Eingriffe, die zuvor ausschließlich unter
Einsatz festinstallierter Anlagen durchge-
führt wurden, können inzwischen auch mit
mobiler Flat-Panel-Technologie vorgenom-
men werden. Kliniken profitieren von den
geringen Installationskosten sowie von
der großen Flexibilität und Mobilität der
C-Bögen. Die offene Software-Architektur
ermöglicht dem Anwender stets auf dem
aktuellen Stand der Entwicklung zu sein
und sofort von technologischen Innovatio-
nen zu profitieren.
Ideen und ihre kontinuierliche Weiterent-
wicklung werden bei Ziehm Imaging groß
geschrieben: Das Nürnberger Unterneh-
men investiert rund 15 Prozent seines
Umsatzes in die Forschung und Entwick-
lung. 2005 brachte der Hersteller den
ersten C-Bogen mit Flat-Panel-Detektor auf
Ziehm Imaging
Donaustraße 31
90451 Nürnberg
Telefon +49 911 2172 0
Fax +49 911 2172 390
www.ziehm.com
Mit seiner mobilen Röntgentechnologie hat der Nürnberger Medizintechnik-
hersteller Ziehm Imaging in den vergangenen Jahren mehr und mehr Operati-
onssäle rund um den Globus erobert. Die hochauflösenden Röntgenbilder mit
mehr als 16.000 Graustufen unterstützen Ärzte weltweit bei intraoperativen
Eingriffen, damit bessere Behandlungsergebnisse erzielt werden, weniger
Folgeoperationen nötig sind und die Patienten schneller aus der Klinik
entlassen werden können. Mit mehr als 300 Mitarbeitern stattet der Pionier
in der Flat-Panel-Technologie Kliniken weltweit mit mobilen C-Bögen aus, die
nach den individuellen Bedürfnissen der Kunden konzipiert und in manueller
Fertigung hergestellt werden.
Ziehm Imaging
m
Ihr Ansprechpartner
Martin Herzmann
Telefon: +49 (0)911.2172.302
www.ziehm.com
dem Markt und behauptet sich seit Jahren
als Pionier im Bereich volldigitaler mobi-
ler C-Bögen mit Flat-Panel-Technologie.
„Knapp 300 installierte digitale C-Bögen
weltweit belegen eindrücklich, dass sich
die mobile Flat-Panel-Technologie im klini-
schen Umfeld etabliert hat“, sagt Martin
Herzmann, Director Global Marketing bei
Ziehm Imaging.
Das global agierende Unternehmen erwirt-
schaftet 60 Prozent seines Umsatzes im
Export, rund 80 Prozent aller Produkte sind
jünger als drei Jahre. Auch die Bundeswehr
stattet ihre Operationszentren in Feldlaza-
retten, Krankenhäuser und Marineschiffe
weltweit mit Ziehm Imaging Geräten aus.
Mit 40 Jahren Firmentradition zeigt Ziehm
Imaging, dass Größe allein nicht entschei-
dend ist, sondern Know-how und Team-
geist den Unterschied machen.
Komplettsystem mit
separatem Monitorwagen
Mobiler C-Bogen mit Flat-Panel Technologie im
klinischen Einsatz
28 Ausstattung
Medizintechniklabor
Gemeinsam mit der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie / Klinische Navigation der Charité – Universitäts-medizin Berlin bildet das Geschäftsfeld Medizintechnik des Fraunhofer IPK das Berliner Zentrum für Mechatronische Me-dizintechnik. Seit der Berufung von Pro-fessor Keeve und einer Neuausrichtung im Jahr 2008 konnte es sich als interna-tional anerkanntes Forschungs- und Ent-wicklungszentrum für bildgeführte und minimal-invasive Chirurgie etablieren. 2010 wurde es mit dem Innovationspreis Medizintechnik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ausgezeich-net und seine Technologieausgründung SCOPIS in das Portfolio des High-Tech-Gründerfonds aufgenommen.
Ein Highlight der technischen Ausstat-tung des Berliner Zentrums für Mechat-ronische Medizintechnik ist das Demon-stationslabor am Fraunhofer IPK. Hier werden Prototypen medizintechnischer Systeme entwickelt und technisch evalu-iert, bevor sie nach dem Medizinproduk-tegesetz zugelassen werden. Auf 94 qm können alle entwickelten Technologien und Systeme aufgebaut, getestet und
Tracking-System für
chirurgische Navigation
Experimentalaufbau ORBIT
nach geltenden Qualitätskriterien geprüft werden. Um eine möglichst anwen-dungsnahe OP-Umgebung zu schaffen, wurde ein OP-Demonstrationsbereich eingerichtet. In diesem Bereich ist u. a. ein Demonstrator eines klinischen As-sistenzsystems für die navigierte Endos-kopie aufgebaut. Enstprechende Strah-lenschutzvorrichtungen erlauben den Betrieb röntgentechnischer Anlagen wie
C-Bögen, die die Wissenschaftler für bild-geführte und minimal-invasive Chirurgie weiterentwickeln. Dieser Röntgenbereich umfasst 25 qm und kann mit Hilfe eines Bleilamellenvorhangs vom Demonstrati-onsbereich abgeschirmt werden. Dadurch wird ein offener Zugang zu den Räum-lichkeiten ermöglicht und gleichzeitig die gefahrenlose Nutzung bzw. Erprobung von Röntgengeräten. Dazu zählen z. B. ein um eine 3-D-Bildgebung erweiterter 2-D-C-Bogen, welcher am Fraunhofer IPK entwickelt und erprobt wurde, sowie ein Experimentalaufbau für einen intraopera-tiven 3-D-Röntgenscanner im vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben ORBIT. Erstmals kommen dabei robotergeführte Röntgenquellen und digitale Röntgensen-soren zum Einsatz.
FUTUR 2/2011 29
Erfolgreiche Kooperationsprojekte aus der Hauptstadtregion
standen im Mittelpunkt des ersten Transfer-Treff Live, einer
Initiative der Berliner Transfer-Allianz. Partner aus Wirtschaft
und Wissenschaft erläuterten am 16. Februar 2011 im Haupt-
gebäude der TU Berlin, wie sich durch Kooperationen zwischen
Wirtschaft und Wissenschaft Innovationspotenziale erschließen
und in Wettbewerbsvorteile umsetzen lassen. Mit dabei: das
TransferBONUS-Projekt von IWF und der Bogen Electronic GmbH.
Nico Pohlmann, Geschäftsführer des Berliner Traditionsunterneh-
mens, hatte sich um eine Kooperation mit den Wissenschaftlern
bemüht, weil er die Genauigkeit von magnetischen Maßstäben
reproduzierbar steigern wollte. Gemeinsam mit Prof. Eckart
Uhlmann, Leiter des Fachgebiets Werkzeugmaschinen und Ferti-
gungstechnik am IWF, berichtete Pohlmann rund 100 Vertretern
aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien von der sechsmo-
natigen Zusammenarbeit. »Am Ende hatten wir nicht nur das
Von der Forschung in die Industrie
1. Transfer-Treff Live an der TU Berlin
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Jan Mewis
Telefon +49 30 314-23998
Ereignisse und Termine
Erfolgreiche Partner: Nico Pohlmann, Bogen Electronic (li.), Prof. Eckart
Uhlmann (2. von re.) und Jan Mewis (re.) vom IWF
Verstärkung an der Spitze
Leitungsteam des Fraunhofer IPK erweitert
Prof. Dr.-Ing. Kai Mertins
Seit 1. April steht Prof. Dr.-Ing. Kai Mertins als stellvertreten-
der Institutsleiter an der Seite von Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart
Uhlmann. Mit der Berufung von Prof. Mertins folgte der Vorstand
der Fraunhofer-Gesellschaft einem Vorschlag von Prof. Uhlmann
persönlich. Kenner des Fraunhofer IPK dürfte die Entscheidung
wenig überraschen: Prof. Mertins ist bereits seit 30 Jahren in
leitenden Positionen im Institut tätig und hat in dieser Zeit die
Strategie des Hauses entscheidend mitgeprägt. Mit seiner Ent-
scheidung bringt der Fraunhofer-Vorstand in besonderer Weise
seine Anerkennung für die Verdienste von Prof. Mertins um das
Institut zum Ausdruck. Prof. Uhlmann, Institutsleiter des Fraunho-
fer IPK, gratulierte dem neuen Steuermann an seiner Seite: »Ich
freue mich darauf, die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Prof.
Mertins künftig noch stärker in dem gemeinsamen Bestreben zu
nutzen, die Spitzenposition des Instituts weiter auszubauen.«
Prof. Dr.-Ing. Kai Mertins leitet seit 1988 das Geschäftsfeld
Unternehmens management des Fraunhofer IPK. Die Schwerpunk-
Ihr Ansprechpartner
Steffen Pospischil
Telefon +49 30 39006-140
te seiner Arbeit liegen in den Bereichen Produktions- und Arbeits-
organisation, Mitarbeiterqualifikation, Produktionsmanagement,
Fabrikplanung, Auftragssteuerung und Wissensmanagement. Er
ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Wissensbilanz (AKWB).
technologische Problem gelöst, sondern konnten unserem Partner
Impulse für die Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes geben,«
so IWF-Projektleiter Jan Mewis.
Ereignisse und Termine30
Mareike, Kim und Mia feilen, was das Zeug hält, schwingen den
Hammer und machen auch vor der Rohrzange nicht Halt. Das Ziel
der Mädchen: Fensterscheiben, Keramikplatten und Rohre kaputt
kriegen. Doch Vandalismus ist manchmal schwieriger als man
denkt. Im Selbstversuch testeten am 14. April 2011 elf Berliner
Mädchen zwischen zehn und zwölf Jahren anlässlich des Girls‘
Day, was für Kräfte Werkzeugmaschinen aufbringen und wie
mit neuen Verfahren auch Hochleistungswerkstoffe bearbeitbar
werden. Wo die Rohrzange versagt, nimmt ein Rohr dank Magne-
tismus im Bruchteil einer Sekunde die gewünschte Form an. Wo
Feilen stumpf werden, bearbeitet eine moderne Werkzeugmaschi-
ne Hochleistungskeramik, als wäre sie aus Butter.
»Ich werde mal Wasserstrahlschneiderin«, erklärt die zehnjährige
Mia am Girls‘ Day. »Da kann ich ganz verschiedene Sachen mit
einem Wasserstrahl aus Metall ausschneiden und dann verkaufen;
Kunst zum Beispiel.« Auch Mareike ist begeistert von der Technik
Starke Mädchen und starke Maschinen
Mädchen erobern am Girls‘ Day das PTZ
Ihre Ansprechpartnerin
Ina Roeder
Telefon +49 30 39006-238
Scharf: Mit Wasser kann man Metalle schneiden (li.). Unkaputtbar: Mit der Rohrzange sind Bleche nicht kleinzukriegen (re.).
Kalt aber herzlich: Beim Entlacken mit Trockeneis (li.) werden die Mädchen zu Künstlerinnen.
am PTZ und hätte am liebsten gleich einen »Schülerjob« am Ins-
titut. In einem sind sie sich alle einig: Im nächsten Jahr wollen sie
wieder beim Girls‘ Day dabei sein.
Das Produktionstechnische Zentrum PTZ Berlin fördert mit seiner
Teilnahme an Veranstaltungen wie dem Girls‘ Day, der Fraunhofer
Talent School und »Jugend forscht« seit vielen Jahren intensiv die
naturwissenschaftlich-technische Jugendarbeit in Deutschland.
Dadurch will das PTZ dem Nachwuchsmangel in der Ingenieur-
wissenschaft entgegenwirken und Berührungsängste gegenüber
Technik, insbesondere bei Mädchen abbauen.
FUTUR 2/2011 31
Ihr Ansprechpartner
Dr.-Ing. Bertram Nickolay
Telefon +49 30 39006-201
In mehr als 3800 Fällen ermittelte das Bundeskriminalamt 2009
gegen den Besitz von pornografischen Darstellungen von Kin-
dern. Bislang durchsuchen die Ermittler beschlagnahmte Festplat-
ten von Hand – bei dem enormen Anstieg digitaler Medien eine
kaum noch zu bewältigende Aufgabe. Mit dem Softwaretool
»desCRY« (engl. descry, ausfindig machen) hat die Abteilung
Sicherheitstechnik des Fraunhofer IPK eine Methode entwickelt,
mit der digitale Medien per Mustererkennung automatisiert auf
illegale Inhalte überprüft werden können. Die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, MdB Dr. Kristina Schrö-
der, und die Bundestagsabgeordnete MdB Beatrix Philipp besuch-
ten am 9. Mai 2011 das Fraunhofer IPK, um über die Potenziale
dieser neuen Technologie zu sprechen. Gemeinsam mit Vertretern
des Bundeskriminalamts sowie des Landeskriminalamts Berlin
klärten sie mit Institutsleiter Prof. Eckart Uhlmann, Abteilungslei-
ter Dr. Bertram Nickolay sowie weiteren Fraunhofer-Experten die
erforderlichen Voraussetzungen für den breitenwirksamen Einsatz
von »desCRY«. Auch der weitere FuE-Bedarf sowie Möglichkeiten
nationaler und internationaler Kooperationen wurden diskutiert.
Gemeinsam gegen Kinderpornographie
Familienministerin MdB Dr. Kristina Schröder und MdB Beatrix Philipp infor-
mierten sich im Fraunhofer IPK über digitale Methoden zur Fahndung nach
pornografischen Darstellungen Minderjähriger.
Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder im Gespräch mit den
Fraunhofer-Experten
Neuer Mann im Haus
Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem
Das IWF hat ein neues Gesicht: Seit September 2010 leitet Prof.
Dr.-Ing. Roland Jochem das Fachgebiet Qualitätswissenschaf-
ten in der Nachfolge von Prof. Dr.-Ing. Joachim Herrmann. Der
promovierte Maschinenbauer ist dem PTZ seit vielen Jahren eng
verbunden. Nach seinem Studium an der TU Berlin und ersten
Industrieerfahrungen zog es Professor Jochem in die Wissenschaft
an das Fraunhofer IPK. Hier schrieb er seine Dissertation und stieg
zum Abteilungsleiter Prozessmanagement auf, bevor er als Pro-
zesskoordinator zur Bosch-Siemens-Hausgeräte GmbH wechselte.
An der Universität Kassel war er zuletzt als Universitätsprofessor
verantwortlich für das Fachgebiet Qualitätsmanagement. Qualität
beinhaltet klare Zielvorstellungen – und die hat Professor Jochem
auch für seinen Lehrstuhl. »Eine Vorlesung ist gut, wenn die
Studenten alles verstanden haben und in der Übung anwenden
können. Ein FuE-Projekt ist es, wenn es dem Kunden in der Um-
setzung Return-on-Invest bringt«, erklärt er klipp und klar.
Ihr Ansprechpartner
Steffen Pospischil
Telefon +49 30 39006-140
Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem auf dem Dach des PTZ
Ereignisse und Termine32
Die Komplexität von Produkten und Produktentwicklungspro-
zessen nimmt durch eine stark wachsende Zahl von Änderungen
und Optimierungen im Produktlebenszyklus rapide zu. Ziel des
Projektes ISYPROM (Modellbasierte Prozess- und Systemgestal-
tung für die Innovationsbeschleunigung) war daher, mittels der
Modellierung von Geschäfts- und Produktentwicklungsprozessen
die Klarheit und Nachvollziehbarkeit in der Produktentwicklung
zu erhöhen. Prozessaufnahme, -visualisierung und zum Teil auch
-simulation sind Stand der Technik. Schwierigkeiten bereitet dage-
gen die Verknüpfung von Geschäfts- und Produktentwicklungs-
prozessen: Da die zugehörigen Modelle weitgehend unabhängig
voneinander existieren, müssen Änderungen in einem Modell
manuell in andere Modelle übertragen werden. Das führt dazu,
dass solche Modelle nicht »gelebt« werden und keine Akzeptanz
in den produktiven Abteilungen finden. Vor diesem Hintergrund
unterstützte ISYPROM die Virtualisierung der Produktentstehung
durch eine stärker formalisierte, modellbasierte und damit
rechnerinterpretierbare Beschreibung der Produkte. Im Ergebnis
kann nun das Management der Produktentstehungsprozesse
durch eine engere Verknüpfung mit den Unternehmens- und
Geschäftsprozessen verbessert werden.
Ihr Ansprechpartner
Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark
Telefon +49 30 39006-243
www.isyprom.de
Ihre Ansprechpartnerin
Jeannette Behrendt
Telefon +49 30 39006-351
Vortrag beim Innovationsforum Integrierte Systementwicklung
Futuristischer Schauplatz für Zukunftstechnologien – das Messegelände in der
Moskauer Innenstadt
DIE PRODUKTENTWICKLUNG KLAR STRUKTURIEREN
Zum Abschluss des Projektes ISYPROM lud das Projektkonsortium am 19. Mai 2011 zum »Inno-
vationsforum Integrierte Systementwicklung« in das Automobil Forum Unter den Linden.
Im Rahmen der Initiative des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung präsentierte sich der Fraunhofer-Innovationscluster
»Maintenance, Repair and Overhaul MRO« auf der russischen ME-
TALLOOBRABOTKA. Vom 28. Mai bis 1. Juni 2011 besuchten rund
30 000 Besucher die Fachausstellung »Maschinen und Werkzeuge
in der metallverarbeitenden Industrie« auf dem Messegelände
in der Moskauer Innenstadt. »Auf der internationalen Messe in
Moskau hatten wir Gelegenheit, den Innovationscluster MRO als
Partner für Kompetenzträger und Kompetenzsuchende internati-
onal noch stärker bekannt zu machen. Wir wollen zukünftig noch
mehr Unternehmen und Forschungseinrichtungen für gemeinsame
internationale Projekte gewinnen und die Zusammenarbeit im
Bereich der Wartung und Instandhaltung verstärken,« resümiert
Jeannette Behrendt vom Fraunhofer IPK.
MRO in Moskau
»Research in Germany – Green Production Technologies«
FUTUR 2/2011 33
Das Fraunhofer IPK entwickelt seit Mitte der 1990er Jahre Techno-
logien zur automatisierten virtuellen Rekonstruktion zerrissener und
geschredderter Dokumente. Die Arbeiten begannen, um zerrissene
Akten des DDR-Staatssicherheitsdienstes wieder lesbar zu machen.
Inzwischen erhält das Institut aus aller Welt Anfragen, die Aufarbei-
tung von Gewaltregimen zu unterstützen.
Am 15. Juni 2011 besuchte die Internationale Assoziation ehe-
maliger politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus e.V.
(InterAsso) im Rahmen ihres Jahreskongresses das Fraunhofer IPK,
um sich über den Stand der Entwicklung zu informieren. InterAsso
führt die Landestätigkeit von Opferverbänden in 16 Mittel- und
Osteuropäischen Staaten zusammen. Das Gremium ist ein wich-
tiger Gesprächspartner in Sachen Aufarbeitung für die EU. »Der
Jahreskongress ist das höchste Organ der Organisation«, erklärt Dr.
Bertram Nickolay, der Initiator des ›Stasi-Schnipsel-Projekts‹. »Es
ist eine große Ehre, dass die Teilnehmer mit ihrem Besuch unsere
Arbeit würdigen.«
VIRTUELLE REKONSTRUKTION INTERNATIONAL
Die Internationale Assoziation ehemaliger politischer Gefangener und Opfer des
Kommunismus e.V. nutzte ihren Jahreskongress in Berlin, um sich über die virtuelle
Rekonstruktion der zerrissenen Stasi-Akten zu informieren.
Ihr Ansprechpartner
Dr.-Ing. Bertram Nickolay
Telefon +49 30 39006-201
Darüber hinaus könnte der Besuch dazu beitragen, die Rekonstruk-
tionstechnologie in anderen europäischen Ländern zu etablieren.
»Die Vertreter der Opferverbände sind in ihren jeweiligen Ländern
sehr aktiv in der Aufarbeitung der Gewaltregime. Vertreter aus
Albanien, Estland, Slowakei, Slowenien und Rumänien haben
Interesse geäußert, gemeinsam Projekte anzustoßen und uns mit
verantwortlichen Stellen ins Gespräch zu bringen über die Möglich-
keiten der Technologie für die Aufarbeitung«, berichtet Nickolay.
»Jetzt, da sich unser Pilotprojekt dem Abschluss nähert, ist ein
guter Zeitpunkt, um solche Kontakte zu aktivieren«, resümmiert er.
Projektleiter Jan Schneider erläutert den Teilnehmern der InterAsso-Delegation wie das »Stasi-Puzzle« funktioniert.
Ereignisse und Termine34
Was motiviert Schulabgänger – vor allem junge
Frauen – sich für ein Studium im Bereich Mathe-
matik, Informatik, Naturwissenschaft oder Tech-
nik (MINT) zu entscheiden? Die verblüffende
Antwort: Ihre Lieblingsfernsehserie kann einen solchen Studien-
wunsch wecken. Während Talentförderungsprogramme oder
Werbemaßnahmen der Hochschulen in der Regel nur Jugendliche
erreichen, die sich bereits für naturwissenschaftlich-technische
Fächer interessieren, lösen positive Rollenvorbilder etwa in foren-
sisch geprägten TV-Filmen und Serien einen regelrechten Run auf
die entsprechenden Studiengänge aus. Würde dieser Effekt aktiv
genutzt, könnten fiktionale Medien einen wichtigen Beitrag zur
Bewältigung des Fachkräftemangels in Deutschland leisten. Um-
gekehrt eröffnet der Dialog mit naturwissenschaftlich-technischen
Fachleuten Filmschaffenden eine große Bandbreite neuer Erzähl-
möglichkeiten, interessanter Charaktere und Handlungsorte.
Lohnend ist der Austausch zwischen Wissenschaft und Medien-
wirtschaft jedoch nicht nur auf inhaltlichem Gebiet. Content-An-
bieter und Plattformbetreiber sehen sich mit zahlreichen Her-
ausforderungen konfrontiert, für die Wissenschaft und Industrie
bereits Lösungen erarbeiten. Dazu gehören technologische und
juristische Möglichkeiten zum Schutz des geistigen Eigentums, der
Umgang mit Cyberkriminalität – etwa mit Angriffen auf Kunden-
Viel mehr als Entertainment
Die Sektion »Science meets Content« der Medienwoche@IFA bringt am 5. und 6. September 2011 Filmschaffende, Tech-
nologieanbieter und Wissenschaft zusammen. Das Ziel: Gemeinsam Lösungen für große Zukunftsfragen aller beteiligten
Disziplinen finden – von »Schutz des geistigen Eigentums« bis »Nachwuchsmangel in den MINT-Fächern«.
Ihre Ansprechpartnerin
Prof. Dr. Marion Esch
Telefon +49 30 314-22016
daten –, die Möglichkeiten des Missbrauchs und der Manipulation
von Inhalten sowie der Schutz der Privatsphäre in digitalen Welten.
Was also liegt näher, als Wissenschaft und Medienwirtschaft ein
Forum zu bieten, in dem sie in intensiven Dialog treten können?
Genau das ist das Ziel der neuen Sektion »Science meets Content«
der Medienwoche@IFA. Das Medienboard Berlin-Brandenburg
prägt das Format in Kooperation mit der MINTiFF-Initiative der
TU Berlin und dem Fraunhofer IPK. Die Sektion thematisiert unter
anderem »Fiktion und Wirklichkeit in deutschen Fictionformaten«
und »Public Value fiktionaler Fernsehunterhaltung«. Im Abschnitt
»Sichere Identität – eine Gratwanderung zwischen Know-how
und Datenschutz« skizzieren Fraunhofer-Forscher, Wissenschaft-
ler des Hasso-Plattner-Instituts und Cyberware-Experten mediale
Zukunftsszenarien auf Grundlage der Weiterentwicklung der Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien und diskutieren damit
verbundene ethische und gesellschaftspolitische Fragestellungen.
Weitere Informationen: www.medienwoche.de
Das Medienboard Berlin-Brandenburg und das Fraunhofer IPK laden zur Podiumsdiskussion über »Sichere Identität –
eine Gratwanderung zwischen Know-how und Datenschutz«.
FUTUR 2/2011 35
TermineMessen, Tagungen, Workshops
TIPP Technologietag Medizintechnik am 25. August 2011
Zur Wissenschaft gehört die Wissenschaftskommunikation. Unsere Ergebnisse aus Forschung und
Entwicklung präsentieren wir regelmäßig auf Messen, Tagungen und in Seminaren. Wo und wann
Sie mit uns ins Gespräch kommen können, verrät Ihnen unser Terminkalender.
»Forschungskooperationen ausbauen« – unter diesem Motto
bietet der erste Technologietag Medizintechnik am Fraunhofer IPK
Geschäftsführern und Entwicklungsleitern medizintechnischer Un-
ternehmen kompakt und in hochkarätig besetzten Fachvorträgen
Neues zu Trends und Entwicklungen aus den Bereichen
16. September 2011 Technologietag »Erfolgsfaktor Innovation«
29. – 30. September 2011 Seminar »Methoden der strategischen Vorausschau«
4. – 5. Oktober 2011 Seminar »Kennzahlen im Qualitätsmanagement«
6. – 7. Oktober 2011 Wissensbilanz-Intensivseminar für Moderatoren
20. – 21. Oktober 2011 Einsteigerkurs Geschäftsprozessmanagement
24. – 27. Oktober 2011 Produktionstechnisches Seminar
7. – 8. November 2011 Seminar »Kompetenzmanagement und interkulturelle Kommunikation«
18. November 2011 Workshop »PLUG-IN VR: Virtuelle Realität in Entwicklungsprozesse integrieren«
24. November 2011 VDI Arbeitskreis Biomedizinische Technik Berlin-Brandenburg
25. November 2011 Eröffnung Anwendungszentrum Mikroproduktionstechnik und 25 Jahre PTZ
28. November 2011 Seminar »Best Practice Manager«
2. Dezember 2011 Seminar »Requirements Engineering für ein besseres Innovationsmanagement«
Weitere Informationen zu den Veranstaltungen und Möglichkeiten zur Anmeldung finden Sie unter
www.ipk.fraunhofer.de/weiterbildung
– Biokompatible Materialien,
– Funktionelle Implantate und Prothesen,
– Mikrosystemtechnische Instrumente und Geräte,
– Interventionelle Bildgebung und integrierte OP-Systeme.
Der Technologietag dient der Vernetzung mittelständischer
Unternehmen der Medizintechnik. Führende Unternehmen und
Forschungseinrichtungen präsentieren ihr Angebot aus Forschung
und Entwicklung und stellen neue Lösungsansätze vor. Sie finden
die Möglichkeit zum kollegialen Dialog und Raum für bilaterale
Gespräche mit den Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft.
Informationen zum Programm und zur Anmeldung unter
www.ipk.fraunhofer.de/weiterbildung
Terminkalender
Kurzprofil
Produktionstechnisches
Zentrum (PTZ) Berlin
Ihre Ansprechpartner im PTZ Berlin
UnternehmensmanagementProf. Dr.-Ing. Kai MertinsTelefon +49 30 39006-233, [email protected]
Virtuelle Produktentstehung,Industrielle InformationstechnikProf. Dr.-Ing. Rainer StarkTelefon +49 30 [email protected]
Produktionssysteme, Werkzeugmaschinen undFertigungstechnik Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart UhlmannTelefon +49 30 [email protected]
Füge- und Beschichtungstechnik (IPK)Prof. Dr.-Ing. Michael RethmeierTelefon +49 30 [email protected]
Füge- und Beschichtungstechnik (IWF)Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark (komm.) Telefon +49 30 314-25415 [email protected]
Automatisierungstechnik,Industrielle AutomatisierungstechnikProf. Dr.-Ing. Jörg KrügerTelefon +49 30 [email protected]
Montagetechnik und FabrikbetriebProf. Dr.-Ing. Günther SeligerTelefon +49 30 [email protected]
Qualitätsmanagement, QualitätswissenschaftProf. Dr.-Ing. Roland JochemTelefon +49 30 [email protected]
MedizintechnikProf. Dr.-Ing. Erwin KeeveTelefon +49 30 [email protected]
Fraunhofer-Innovationscluster
Maintenance, Repair and Overhaul (MRO) in Energie und VerkehrDipl.-Ing. Markus RöhnerTelefon +49 30 [email protected]
Sichere IdentitätDipl.-Phys. Thorsten SyTelefon +49 30 [email protected]
Fraunhofer-Allianzen
AdvanCer HochleistungskeramikTiago Borsoi Klein M.Sc. Telefon +49 30 [email protected]
ReinigungstechnikDipl.-Ing. Martin BilzTelefon +49 30 [email protected]
VerkehrDipl.-Ing. Werner SchönewolfTelefon +49 30 [email protected]
Arbeitskreise
Werkzeugbeschichtungenund SchneidstoffeDipl.-Ing. Matthias Graf von der SchulenburgTelefon +49 30 [email protected]
KeramikbearbeitungDipl.-Ing. Vanja MihotovicTelefon +49 30 [email protected]
TrockeneisstrahlenDipl.-Ing. Martin BilzTelefon +49 30 [email protected]
MikroproduktionstechnikDr.-Ing. Dirk OberschmidtTelefon +49 30 [email protected]
Berliner Runde (Werkzeugmaschinen)Dipl.-Ing. Bernd DuchsteinTelefon +49 30 [email protected]
Kompetenzzentren
AnwendungszentrumMikroproduktionstechnik (AMP)Dr.-Ing. Dirk OberschmidtTelefon +49 30 [email protected]
BenchmarkingDr.-Ing. Holger KohlTelefon +49 30 [email protected]
ElektromobilitätDipl.-Ing. Werner SchönewolfTelefon +49 30 [email protected]
Mehr Können – Veranstaltungen 2011Claudia EngelTelefon +49 30 [email protected]
Methods-Time MeasurementDipl.-Ing. Aleksandra PostawaTelefon +49 30 [email protected]
Modellierung technologischer und logistischer Prozesse in Forschung und LehreDipl.-Ing. Sylianos Chiotellis M.Sc.Telefon +49 30 [email protected]
PDM/PLMDr.-Ing. Haygazun HaykaTelefon +49 30 [email protected]
Rapid PrototypingDipl.-Ing. (FH) Kamilla UrbanTelefon +49 30 [email protected]
SimulationDipl.-Ing. Pavel GocevTelefon +49 30 [email protected]
Self-Organising Production (SOPRO)Dipl.-Ing. Eckhard HohwielerTelefon +49 30 [email protected]
Szenarien für die Produkt-entwicklung und FabrikplanungDipl.-Ing. Marco EisenbergTelefon +49 30 [email protected]
Virtual Reality Solution Center (VRSC)Dr.-Ing. Johann Habakuk IsraelTelefon +49 30 [email protected]
Wiederverwendung von BetriebsmittelnDipl.-Ing. Timo FleschutzTelefon +49 30 [email protected]
WissensmanagementDr.-Ing. Dipl.-Psych. Ina KohlTelefon +49 30 [email protected]
Zentrum für Innovative Produktentstehung (ZIP)Dr.-Ing. Haygazun Hayka Telefon +49 30 [email protected]
Das Produktionstechnische Zentrum
PTZ Berlin umfasst das Institut für
Werkzeugmaschinen und Fabrikbe-
trieb IWF der Technischen Univer sität
Berlin und das Fraunhofer-Institut
für Produktionsanlagen und Kons-
truktionstechnik IPK. Im PTZ werden
Methoden und Technologien für das
Management, die Produktentwick-
lung, den Produktionsprozess und
die Gestaltung industrieller Fabrikbe-
triebe erarbeitet. Zudem erschließen
wir auf Grundlage unseres fundierten
Know-hows neue Anwendungen in
zukunftsträchtigen Gebieten wie der
Sicherheits-, Verkehrs- und Medizin-
technik.
Besonderes Ziel des PTZ ist es, neben
eigenen Beiträgen zur anwendungs-
orientierten Grundlagenforschung neue
Technologien in enger Zusammenarbeit
mit der Wirtschaft zu entwickeln. Das
PTZ überführt die im Rahmen von For-
schungsprojekten erzielten Basisinnova-
tionen gemeinsam mit Industriepartnern
in funktionsfähige Anwendungen.
Wir unterstützen unsere Partner von der
Produktidee über die Produktentwicklung
und die Fertigung bis hin zur Wiederver-
wertung mit von uns entwickelten oder
verbesserten Methoden und Verfahren.
Hierzu gehört auch die Konzipierung von
Produktionsmitteln, deren Integration in
komplexe Produktionsanlagen sowie die
Innovation aller planenden und steuern-
den Prozesse im Unternehmen.