GABRIELE PFEIFER Stefan-Zweig-Autografen

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-- lrakf wurde im Nonntal vor - - - ,,..,,,_ - dem Unipark -die Georg-Trä1d·Al!Lee - von Alexander Steinwendtner enthüllt. GABRIELE PFEIFER Stefan-Zweig-Autografen Der Universität Salzburg ist es gemeinsam mit Land und Stadt Salzburg sowie weite- ren Geldgebern gelungen, einen umfang- reichen Teil von Stefan 'Zweigs Nachlass aus Londoner Privatbesitz nach Salzburg zu bringen. Der erfolgreiche Ankauf ging auf längerfristige Vorgespräche zurück, an denen u. a. der Direktor des Stefan Zweig Centres, Klemens Renoldner, beteiligt ge- wesen war. Als Leiter des Archivs führte ich die Verhandlungen und wurde dabei von Oliver Matuschek, einem der namhaf- testen Zweig-Experten, unterstützt. Rek- tor Heinrich Schmidinger gelang es, ne- ben Land und Stadt Salzburg auch die Euro Finanz Service Vermittlungs AG die Uniqa, Ehrensenatorin Renate Gerber und Ehrensenator Urs Lauffer sowie die WSF Privatstiftung mit an Bord zu holen, so- dass die finanziell aufwendige Erwerbung letztlich zustande kam. Der Londoner Stefan-Zweig-Teilnach- lass stellt einen der bedeutendsten Be- stände zu Leben und Werk des österrei- chischen Autors dar. Er umfasst 15 eigen- händige Notizbücher, sechs eigenhändige Manuskripte auf Einzelblättern sowie 28 signierte und korrigierte Typoskripte (ei- nige davon auch mit Korrekturen von Lotte Zweig) für Romane, Novellen, Arti- kel, Adressen und andere Werke; zwölf Journale und Tagebücher; Korrespon- denzstücke, unter ihnen 47 Briefe und Postkarten Stefan Zweigs sowie 193 Briefe an ihn, zusammen mit einem bedeuten- den Bestand an transkribierter und foto- kopierter Korrespondenz in 15 Ordnern; 56 Verlagsverträge mit Zweigs Unter- schrift, außerdem zahlreiche Fotografien und weitere Lebensdokumente. Die neu erworbenen Materialien werden seit November 2014 im Literaturarchiv detail- liert erschlossen und danach für die For- schung zugänglich sein; eine weitere Auf- arbeitung unter Nutzung moderner digi- taler Medien ist geplant. Obwohl er als einer der bedeutendsten Autografensammler seiner Zeit galt, war Zweigs Umgang mit der Sicherung und Aufbewahrung seiner eigenen Papiere venrleichsweise inkonseauent. Seiner Einer der bedeutendsten Bestände zu Leben und Werk Stefan Zweigs konnte aus Londoner Pr:ivatbesitz für das Literaturarchiv Salzburg erworben werden. r MANFRED MITIERMAYER , . i. .t. 1 n -- ------- - ------- La 1.lM "1nl„• 111.o !'11tn 111 Jllllll" Al"".f lltl<'I J'li J•4U' Z1 lt litcllltM.7"'*'- N\14,•.,J lf......,r , Wla.ft • p.e 1r 1, . t.h··· · lt'O"ll•l.ot - w!'Cr;, ,„„" „„ -&a , a}M. 1)\r 'J-.zo\. \llld : „Montaigne", Typoskript mit eigenhändigen Anmerkungen. BILD SN/LI TERATURARCHIV SALZBURG Korrespondenz widmete er durchaus be- trächtliche Aufmerksamkeit: In den 193oer-Jahren überließ er etwa 1400 Brie- fe an 47 Korrespondenzpartner der heu- tigen National Library Israel, wobei er in vielen Fällen Typoskriptabschriften des nach Israel geschenkten Materials zurück- behielt - viele befinden sich im vorliegen- den Teilnachlass. Mit seinen Werkmanu- skripten scheint Zweig hingegen wesent- lich sorgloser umgegangen zu sein. Er hinterließ mit wenigen Ausnahmen (da- runter das Manuskript zu seinem Stück „Tersites", 1908, das sich auch im neuen Salzburger Bestand befindet) lediglich Vorlagen zu Werken, die zum Zeitpunkt des Weggangs aus Salzburg im Entstehen waren oder unmittelbar danach in Angriff genommen wurden. Der nunmehr im Literaturarchiv Salz- burg aufbewahrte Bestand enthält mehre- re erst nach seinem Tod publizierte Werke Zweigs, darunter „Montaigne", „Rausch der Verwandlung" und „Die spät bezahlte Schuld" (alle 1982), „War er es?" ( 1987) und der Roman „Clarissa" (1990), außer- dem die Tagebücher (1984). Darüber hi- naus sind weitere unveröffentlichte Wer- ke und Fragmente im Teilnachlass erhal- ten, darunter eine Novelle, eine fragmen- tarische Autobiografie (eigentlich ein Notizbuch zu „Die Welt von Gestern"), umfangreiche Materialien zum unvollen- deten Prosatext „Die Wiener Oper". Au- ßerdem finden sich zahlreiche Notizen und Entwürfe in den Notizbüchern und den vier Bänden der Journale und Tage- bücher, u. a. das zweite seiner englisch- sprachigen Journale der Eröffnungsmona- te des Zweiten Weltkriegs. Auch Zweigs Korrespondenz mit seinem Nachlassver- walter Richard Friedenthal ist bisher un- bekannt geblieben. Der Salzburger Zweig-Teilnachlass kann somit als zentrale Quelle für die wissen- schaftliche Beschäftigung mit dem Autor Stefan Zweig angesehen werden. Er ent- hält den wichtigsten überlieferten Be- stanQ. seiner literarischen Notizbücher, die Zweig oft auch nach Jahrzehnten wie- derverwendete und die in ihrem Wechsel- spiel von Entwürfen, Anmerkungen und Recherchenotizen für seine kreative V0r- gangsweise außerordentlich aufschluss- reich sind. Der reiche Bestand an korri- gierten Typoskripten ist jenem in der Daniel A. Reed Library in Fredonia ( USA) an die Seite zu stellen. Außerdem ist der neue Salzburger Zweig-Bestand von großer Bedeu- tung für die Erforschung des Menschen Stefan Zweig. Er umfasst alle überlieferten Journale, dazu einen autobiografischen Entwurf und verstreute Notizen. Die Korrespondenz bildet eine wesentliche Ergänzung zu den zentralen Beständen in Fredonia und Jerusalem, beson- ders der Briefwechsel mit Richard Friedenthal sowie jener mit seinem Wiener Verleger Her- bert Reichner. Ergänzt wird der neu erwoubene Teilnach- lass durch die bereits vorliegenden Bestände zu Stefan Zweig im Literaturarchiv Salzburg. Ein großer Teil davon war bereits durch die von Adolf Haslinger begründete „Stiftung Salzburger Literaturarchiv" (seit Jänner 2014 „Ado lf-Haslinger-Literaturstiftung") gesam- melt worden, vor allem die Stefan-Zweig-For- schungsbibliothek und Dokumentensammlung des Literaturwissenschafters Donald A. Prater sowie die Sammlung Dr. Wilhelm Meingast (Sohn von Zweigs Salzburger Privatsekretärin Anna Meingast) mit zahlreichen Briefen und Manuskripten, darunter Zweigs „Hauptbuch", das seine Werke, Verlage, Verträge und Über- setzer ab 1932 penibel auflistet. Hinzu kam seit der Gründung des Literaturarchivs Salz- burg im Jahr 2012 zunächst eine wertvolle Ste- fan-Zweig-Sammlung aus Wien mit einigen Werkmanuskripten und eigenhändigen Briefen Zweigs. Der S. Fischer Verlag (Frankfurt/Main) übergab dem Literaturarchiv als Schenkung 62 Ordner mit Kopien von Briefen, Manuskripten und Typoskripten sowie einer Materialien- sammlung von Knut Beck, dem langjährigen Herausgeber der Werke Stefan Zweigs. Auch von der Williams Verlag AG (Zürich) erhielt das Literaturarchiv über Vermittlung von Ge- schäftsführerin Lindi Preuss eine umfangrei- che Sammlung von Stefan-Zweig-Materialien (unter anderem Ausstellungsunterlagen, Brief- und Manuskriptkopien, fremdsprachige Über- setzungen) im Umfang von zehn Archivboxen, ebenfalls als Schenkung. Der neu erworbene Teilnachlass und die Sammlungen bilden eine hervorragende Materialbasis für die internationale Forschung zu Leben und Werk des weltweit bekannten österreichischen Autors.

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-- lrakf wurde im Nonntal vor - - - ,,..,,,_ -~:v..a~~ dem Unipark -die Georg-Trä1d·Al!Lee -„

von Alexander Steinwendtner enthüllt.

GABRIELE PFEIFER

Stefan-Zweig-Autografen Der Universität Salzburg ist es gemeinsam mit Land und Stadt Salzburg sowie weite­ren Geldgebern gelungen, einen umfang­reichen Teil von Stefan 'Zweigs Nachlass aus Londoner Privatbesitz nach Salzburg zu bringen. Der erfolgreiche Ankauf ging auf längerfristige Vorgespräche zurück, an denen u. a. der Direktor des Stefan Zweig Centres, Klemens Renoldner, beteiligt ge­wesen war. Als Leiter des Archivs führte ich die Verhandlungen und wurde dabei von Oliver Matuschek, einem der namhaf­testen Zweig-Experten, unterstützt. Rek­tor Heinrich Schmidinger gelang es, ne­ben Land und Stadt Salzburg auch die Euro Finanz Service Vermittlungs AG die Uniqa, Ehrensenatorin Renate Gerber und Ehrensenator Urs Lauffer sowie die WSF Privatstiftung mit an Bord zu holen, so­dass die finanziell aufwendige Erwerbung letztlich zustande kam.

Der Londoner Stefan-Zweig-Teilnach­lass stellt einen der bedeutendsten Be­stände zu Leben und Werk des österrei­chischen Autors dar. Er umfasst 15 eigen­händige Notizbücher, sechs eigenhändige Manuskripte auf Einzelblättern sowie 28 signierte und korrigierte Typoskripte (ei­nige davon auch mit Korrekturen von Lotte Zweig) für Romane, Novellen, Arti­kel, Adressen und andere Werke; zwölf Journale und Tagebücher; Korrespon­denzstücke, unter ihnen 47 Briefe und Postkarten Stefan Zweigs sowie 193 Briefe an ihn, zusammen mit einem bedeuten­den Bestand an transkribierter und foto­kopierter Korrespondenz in 15 Ordnern; 56 Verlagsverträge mit Zweigs Unter­schrift, außerdem zahlreiche Fotografien und weitere Lebensdokumente. Die neu erworbenen Materialien werden seit November 2014 im Literaturarchiv detail­liert erschlossen und danach für die For­schung zugänglich sein; eine weitere Auf­arbeitung unter Nutzung moderner digi­taler Medien ist geplant.

Obwohl er als einer der bedeutendsten Autografensammler seiner Zeit galt, war Zweigs Umgang mit der Sicherung und Aufbewahrung seiner eigenen Papiere venrleichsweise inkonseauent. Seiner

Einer der bedeutendsten

Bestände zu Leben und

Werk Stefan Zweigs

konnte aus Londoner

Pr:ivatbesitz für das

Literaturarchiv Salzburg

erworben werden.

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„Montaigne", Typoskript mit eigenhändigen Anmerkungen. BILD SN/LITERATURARCHIV SALZBURG

Korrespondenz widmete er durchaus be­trächtliche Aufmerksamkeit: In den 193oer-Jahren überließ er etwa 1400 Brie­fe an 47 Korrespondenzpartner der heu­tigen National Library Israel, wobei er in

vielen Fällen Typoskriptabschriften des nach Israel geschenkten Materials zurück­behielt - viele befinden sich im vorliegen­den Teilnachlass. Mit seinen Werkmanu­skripten scheint Zweig hingegen wesent­lich sorgloser umgegangen zu sein. Er hinterließ mit wenigen Ausnahmen (da­runter das Manuskript zu seinem Stück „Tersites", 1908, das sich auch im neuen Salzburger Bestand befindet) lediglich Vorlagen zu Werken, die zum Zeitpunkt des Weggangs aus Salzburg im Entstehen waren oder unmittelbar danach in Angriff genommen wurden.

Der nunmehr im Literaturarchiv Salz­burg aufbewahrte Bestand enthält mehre­re erst nach seinem Tod publizierte Werke Zweigs, darunter „Montaigne", „Rausch der Verwandlung" und „Die spät bezahlte Schuld" (alle 1982), „War er es?" (1987) und der Roman „Clarissa" (1990), außer­dem die Tagebücher (1984). Darüber hi­naus sind weitere unveröffentlichte Wer­ke und Fragmente im Teilnachlass erhal­ten, darunter eine Novelle, eine fragmen­tarische Autobiografie (eigentlich ein Notizbuch zu „Die Welt von Gestern"), umfangreiche Materialien zum unvollen­deten Prosatext „Die Wiener Oper" . Au­ßerdem finden sich zahlreiche Notizen und Entwürfe in den Notizbüchern und den vier Bänden der Journale und Tage­bücher, u. a. das zweite seiner englisch­sprachigen Journale der Eröffnungsmona­te des Zweiten Weltkriegs. Auch Zweigs Korrespondenz mit seinem Nachlassver­walter Richard Friedenthal ist bisher un­bekannt geblieben.

Der Salzburger Zweig-Teilnachlass kann somit als zentrale Quelle für die wissen­schaftliche Beschäftigung mit dem Autor Stefan Zweig angesehen werden. Er ent­hält den wichtigsten überlieferten Be­stanQ. seiner literarischen Notizbücher, die Zweig oft auch nach Jahrzehnten wie­derverwendete und die in ihrem Wechsel­spiel von Entwürfen, Anmerkungen und Recherchenotizen für seine kreative V0r­gangsweise außerordentlich aufschluss­reich sind. Der reiche Bestand an korri­gierten Typoskripten ist jenem in der

Daniel A. Reed Library in Fredonia (USA) an die Seite zu stellen. Außerdem ist der neue Salzburger Zweig-Bestand von großer Bedeu­tung für die Erforschung des Menschen Stefan Zweig. Er umfasst alle überlieferten Journale, dazu einen autobiografischen Entwurf und verstreute Notizen. Die Korrespondenz bildet eine wesentliche Ergänzung zu den zentralen Beständen in Fredonia und Jerusalem, beson­ders der Briefwechsel mit Richard Friedenthal sowie jener mit seinem Wiener Verleger Her­bert Reichner.

Ergänzt wird der neu erwoubene Teilnach­lass durch die bereits vorliegenden Bestände zu Stefan Zweig im Literaturarchiv Salzburg. Ein großer Teil davon war bereits durch die von Adolf Haslinger begründete „Stiftung Salzburger Literaturarchiv" (seit Jänner 2014 „Ado lf-Haslinger-Literaturstiftung") gesam­melt worden, vor allem die Stefan-Zweig-For­schungsbibliothek und Dokumentensammlung des Literaturwissenschafters Donald A. Prater sowie die Sammlung Dr. Wilhelm Meingast (Sohn von Zweigs Salzburger Privatsekretärin Anna Meingast) mit zahlreichen Briefen und Manuskripten, darunter Zweigs „Hauptbuch", das seine Werke, Verlage, Verträge und Über­setzer ab 1932 penibel auflistet. Hinzu kam seit der Gründung des Literaturarchivs Salz­burg im Jahr 2012 zunächst eine wertvolle Ste­fan-Zweig-Sammlung aus Wien mit einigen Werkmanuskripten und eigenhändigen Briefen Zweigs. Der S. Fischer Verlag (Frankfurt/Main) übergab dem Literaturarchiv als Schenkung 62 Ordner mit Kopien von Briefen, Manuskripten und Typoskripten sowie einer Materialien­sammlung von Knut Beck, dem langjährigen Herausgeber der Werke Stefan Zweigs. Auch von der Williams Verlag AG (Zürich) erhielt das Literaturarchiv über Vermittlung von Ge­schäftsführerin Lindi Preuss eine umfangrei­che Sammlung von Stefan-Zweig-Materialien (unter anderem Ausstellungsunterlagen, Brief­und Manuskriptkopien, fremdsprachige Über­setzungen) im Umfang von zehn Archivboxen, ebenfalls als Schenkung.

Der neu erworbene Teilnachlass und die Sammlungen bilden eine hervorragende Materialbasis für die internationale Forschung zu Leben und Werk des weltweit bekannten österreichischen Autors.

ThomasGruber
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