Ganzsachen national: E:B-Team-Umschläge vs. Blanko- Ganzsachen · Deutschland 3 2/2014 Der...

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Deutschland 1 www.philatelie-digital.de 2/2014 Ganzsachen national: E:B-Team-Umschläge vs. Blanko- Ganzsachen WERNER RITTMEIER Bonner Verkaufshatz beschert endgültigen Ausgabewirrwarr. Neuester Stein des Anstoßes: der anläßlich des 41. Weihnachtsmarktes in Essen am Stand des Erlebnis: Briefmarken-Teams angebotene Umschlag mit eingedrucktem Wertbild der Sondermarke „Winterstimmung“ vom 2. 11.2013. Diese Ganzsache wird unter Hinweis auf „nur 1500 Stück Auflage“ derzeit auf Internetplattformen für 5 bis 10 Euro angeboten. Ihr auffälliges Merkmal: eine anlaßbezogene Illustration im linken Umschlagfeld, dazu das gelb-schwarze Postlogo. So macht man ein Angebot bedeutsam! Doch was ist dran an der Neuheit? Worum geht es? Was als eine gute Idee begann, verwäs- sert inzwischen zur Masche und zum Voll- stopfen des längst auch hier für die Post kleiner gewordenen philatelistischen Ab- satzmarktes. Sieht der fragliche Entschei- der im Bonner Posttower, ein Oliver Bran- des, die Zeichen aus Verunklarung und Absatzminus? Vielleicht. Aber möglicher- weise muß er gegen den eigenen Sach- verstand Absatzziele erreichen. Es kann aber auch sein, daß die Entwicklung allein auf seine Kappe geht. Die gute Idee: Das waren und sind die sog. „Blanko-Ganzsachen“ neuerer Art; man nennt sie auch „Vereins“ oder wahl- weise „BDPh“-Ganzsachen“. „Verein“ deshalb, weil sie selbigem die Möglichkeit der Illustration und der Zielsetzung bieten. Diese kann in Werbung über eine Vereins- aktivität bestehen oder dem Anlaß gelten, zu dem der Verein werbend für die Phila- telie (mit) auftritt. Blanko-GA – einst Neuerer Art bedeutet: Mit der Serie „Sehenswürdigkeiten“ in Pf-Auszeich- nung verschied diese kaum mehr beach- tete GA-Art sang und klanglos. Zu letzten Produktionen für die Gebiete Bund und Berlin kam es 1990. Auch damals dienten die Ganzsachen überwiegend philatelisti- schen Verwendern zur markanten Versen- dung ihrer Mitteilungen, d.h., im Falle von Postkarten wurde ggf. die Illustration auf der Vorderseite links aufgebracht. Das Besondere war, daß die eigenstän- digen Produktionen der Bundesdruckerei auf den Vorderseiten nichts als den gera- de aktuellen Dauerserienwertstempel tru- gen. Das erlaubte „freie Sicht“. So fehlte damals den Blanko-GA-Postkarten der gesamte Vordruck inklusive Mittelstrich. Oben: Vereinsganzsache „Winterstimmung“ in ihrer Urform, blanko und echt gelaufen. Links (verkleinert) in ungebrauchter Erhaltung: darunter links die sog. „E:B-Ganzsache“ mit „Essen“-Zudruck und Postlogo in Blankostempelung, rechts daneben die ungebrauchte Erhaltung (verkleinerte Darstellung). Auch für die sog. „E:B-GA“ „Winterstimmung“ gilt: Bedarfsgelaufene Stücke im alten Tarif (1.1.-31-12.2013) sind selten. Die dabei starke philatlelistische Beeinflussung der E:B-Neu- heit ist offensichtlich, soll hier aber nichts zur Sache tun. Wichtig ist allein, daß es sich nicht um eine gesonderte GA-Produktion mit diesem Wert- stempel handelt, sondern daß die Blanko-GA postseitig für einen vermeintlich werterhö- henden Zudruck genutzt wurde. Doch vernebelt die „kleine“ Auflage nur den Sachverhalt, der inzwischen recht hohe Preis nicht minder. Ergebnis: Das vom zuständigen E:B-Team „spezifizierte“ Sammelstück ist nichts als Spielmaterial zur Absatzsteigerung im Phila- markt. Denn wer anders als Sammler kauft so etwas schon auf einer Weihnachtssause, wo Bratwürstchen mit Senf und Glühwein dominieren und Büge und Flecke fast zwingend sind? Damit die Kaufenthaltung aber nicht zu groß wird, braucht es ein paar gedruckte An- reize und – für Neuinteressenten (selbst für „alte Hasen“!) – einen verunklarten Vertriebs- Für Leute, die bis heute mit exakten philatelistischen Bezeichnungen Schwie- rigkeiten haben: Postkarten mit gedruck- tem Absenderfeld links oben (Punkt- oder Strichlinien, Wohnort, usw) und bildlicher Illustration bleiben, was sie sind: amtliche Formulardrucke wie sie am Schalter in Form der Dauerserien-Postkarten erhält- lich waren, auf die nachträglich eine Dar- stellung gedruckt oder aufkopiert wurde. Ein Motivsammler mag derlei schätzen; die Funktion aber ist eindeutig.

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Page 1: Ganzsachen national: E:B-Team-Umschläge vs. Blanko- Ganzsachen · Deutschland 3 2/2014 Der Blanko-GA-Umschlag mit naßgum-mierter Kuvertierhülle ist also ein Gefallen für die Philatelie.

Deutschland

1www.philatelie-digital.de 2/2014

Ganzsachen national:

E:B-Team-Umschläge vs. Blanko-GanzsachenWERNER RITTMEIER

Bonner Verkaufshatz beschert endgültigen Ausgabewirrwarr. Neuester Stein des Anstoßes: der anläßlichdes 41. Weihnachtsmarktes in Essen am Stand des Erlebnis: Briefmarken-Teams angebotene Umschlagmit eingedrucktem Wertbild der Sondermarke „Winterstimmung“ vom 2. 11.2013. Diese Ganzsache wirdunter Hinweis auf „nur 1500 Stück Auflage“ derzeit auf Internetplattformen für 5 bis 10 Euro angeboten. Ihrauffälliges Merkmal: eine anlaßbezogene Illustration im linken Umschlagfeld, dazu das gelb-schwarzePostlogo. So macht man ein Angebot bedeutsam! Doch was ist dran an der Neuheit? Worum geht es?

Was als eine gute Idee begann, verwäs-sert inzwischen zur Masche und zum Voll-stopfen des längst auch hier für die Postkleiner gewordenen philatelistischen Ab-satzmarktes. Sieht der fragliche Entschei-der im Bonner Posttower, ein Oliver Bran-des, die Zeichen aus Verunklarung undAbsatzminus? Vielleicht. Aber möglicher-weise muß er gegen den eigenen Sach-verstand Absatzziele erreichen. Es kannaber auch sein, daß die Entwicklung alleinauf seine Kappe geht.

Die gute Idee: Das waren und sind diesog. „Blanko-Ganzsachen“ neuerer Art;man nennt sie auch „Vereins“ oder wahl-weise „BDPh“-Ganzsachen“. „Verein“deshalb, weil sie selbigem die Möglichkeitder Illustration und der Zielsetzung bieten.Diese kann in Werbung über eine Vereins-aktivität bestehen oder dem Anlaß gelten,zu dem der Verein werbend für die Phila-telie (mit) auftritt.

Blanko-GA – einstNeuerer Art bedeutet: Mit der Serie

„Sehenswürdigkeiten“ in Pf-Auszeich-nung verschied diese kaum mehr beach-tete GA-Art sang und klanglos. Zu letztenProduktionen für die Gebiete Bund undBerlin kam es 1990. Auch damals dientendie Ganzsachen überwiegend philatelisti-schen Verwendern zur markanten Versen-dung ihrer Mitteilungen, d.h., im Falle vonPostkarten wurde ggf. die Illustration aufder Vorderseite links aufgebracht.

Das Besondere war, daß die eigenstän-digen Produktionen der Bundesdruckereiauf den Vorderseiten nichts als den gera-de aktuellen Dauerserienwertstempel tru-gen. Das erlaubte „freie Sicht“. So fehltedamals den Blanko-GA-Postkarten dergesamte Vordruck inklusive Mittelstrich.

Oben: Vereinsganzsache „Winterstimmung“ in ihrer Urform, blanko und echt gelaufen.Links (verkleinert) in ungebrauchter Erhaltung: darunter links die sog. „E:B-Ganzsache“ mit„Essen“-Zudruck und Postlogo in Blankostempelung, rechts daneben die ungebrauchteErhaltung (verkleinerte Darstellung). Auch für die sog. „E:B-GA“ „Winterstimmung“ gilt: Bedarfsgelaufene Stücke im alten Tarif(1.1.-31-12.2013) sind selten. Die dabei starke philatlelistische Beeinflussung der E:B-Neu-heit ist offensichtlich, soll hier aber nichts zur Sache tun. Wichtig ist allein, daß es sich nicht um eine gesonderte GA-Produktion mit diesem Wert-stempel handelt, sondern daß die Blanko-GA postseitig für einen vermeintlich werterhö-henden Zudruck genutzt wurde. Doch vernebelt die „kleine“ Auflage nur den Sachverhalt,der inzwischen recht hohe Preis nicht minder. Ergebnis: Das vom zuständigen E:B-Team„spezifizierte“ Sammelstück ist nichts als Spielmaterial zur Absatzsteigerung im Phila-markt. Denn wer anders als Sammler kauft so etwas schon auf einer Weihnachtssause, woBratwürstchen mit Senf und Glühwein dominieren und Büge und Flecke fast zwingendsind? Damit die Kaufenthaltung aber nicht zu groß wird, braucht es ein paar gedruckte An-reize und – für Neuinteressenten (selbst für „alte Hasen“!) – einen verunklarten Vertriebs-

Für Leute, die bis heute mit exaktenphilatelistischen Bezeichnungen Schwie-rigkeiten haben: Postkarten mit gedruck-tem Absenderfeld links oben (Punkt- oderStrichlinien, Wohnort, usw) und bildlicherIllustration bleiben, was sie sind: amtliche

Formulardrucke wie sie am Schalter inForm der Dauerserien-Postkarten erhält-lich waren, auf die nachträglich eine Dar-stellung gedruckt oder aufkopiert wurde.Ein Motivsammler mag derlei schätzen;die Funktion aber ist eindeutig.

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Die meisten der als Privat-Ganzsachen(„GA auf Privatbestellung“) bezeichnetenStücke aus der DDR-Zeit sind amtlicheSchalterpostkarten mit privatem Zudruck.Sie mögen heute, aus kargen, aber phila-telistisch bewegenden Zeiten stammend,wegen dieser Patina ihren eigenen Reizhaben, aber einen „inneren Wert“ wie Pri-vat-GA haben sie nicht.

Vereins-GA als Wiedergänger2004 lebte die Tradition der Blanko-GA

im Gesamtkonzept des 1998 eingeführtenPlusbriefes neu auf. Die Nähe zum Plus-brief ergab sich produktionstechnisch,was bedeutete, es kam, nicht zuletzt we-gen des grundsätzlichen Marketings-aspektes der PLUS-Produkte, zu einer bisheute fast durchgehenden Nutzung vonSonder- statt Dauerserienwertstempeln.Das PLUS-Konzept bedeutete natürlichauch neuer Vertriebsweg und Produkti-onsvarianten (z.B. Karten im Überformat).Aus dieser Produktephilosophie, vor allemaber aus dem Vertriebsweg heraus resul-tieren die ganzen heutigen Probleme.

Das Kennzeichen der neuen Blanko-Ganzsache, die – gerechnet von 2004 an– fast ausschließlich als Umschlag produ-ziert wurde, ist die naß- und nicht wie bei„Plus“ üblich die selbstklebende Um-schlagklappe. Die Postphilatelie/Versand-stelle sah die mögliche Schadensgefahrder mit Adhäsionsgummi versehenen Ver-schlußklappen bei PlusBriefen. Heißt übri-gens im Umkehrschluß, daß man nochwird sehen müssen, wie sich all die seit1998 erscheinenden Plusbriefe (C6, Din-lang mit/ohne Sichtfenster; C6/C5: naß-gummiert!) halten, ob die Klebeschichtnicht doch häßlich nach vorn durchfettet.

„Maiglöckchen“-Spezial...Zeitlicher Vorgriff: Die im Druckbild ei-

gentliche Blanko-GA-Postkarte erschiennach 1990 nur einmal: 2010 mit demWertbild der 45 Cent „Maiglöckchen“. Siebesitzt rahmfarbenen statt weißen Plus-Karton, ohne Vordruck links, Mittelstrichohne FSC-Vermerk. Die beiden postseitigverkauften Stücke von ihr mit verschiede-nen Illustrationen – eine hochgejubelt „ra-rer“ als die andere – sind gleichwohlnichts als Zudrucke. Von ihr, das sollte un-bedingt erwähnt werden, erschien andersals bei der „Margerite“ (2005/06) nie einnormaler Formulardruck! Im Klartext: Die„Maiglöckchen“-Dauerserien-Postkartegibt es nicht als Schalterausgabe mit Ab-sendervordruck. Insgesamt darf geradediese Blanko-GA als weitgehend uner-kannt im Sammelmarkt gelten.

Anfangs wurden Blanko-GA = Vereins-GA als Bestandteil der PLUS-Produktewelt gar nichtim Abo geliefert. Wer damals die separate Telefonnummer 01805-5555 wußte, konnte di-rekt bestellen – 500er-Einheiten! Dieser Irrwitz ist inzwischen beendet. Oben: Die erste Kar-te ab PLUS-Startjahr 1998 mit Sonderwertstempel „Eifel“ (1999). Das dritte Stück von un-ten ist keine Privat-, sondern eine Zudruck-GA (Blanko-GA-Karte Dauerserienwertstempel„45 c Margerite“). Achtung: Privat-GA-Postkarten gab es 2003 aus der „Pilgrim-Produkte-küche“ (Nürtingen) mit DS-WStpl. „Tönning“ (2 x Bild „Solitude“; SoWStpl „Kronach“, Bild:„75 Jahre Kolonialpostwertzeichensammler“). Unten: Blanko-Postkarte, DS-WStpl. 45 Cent„Maiglöckchen“, ungebraucht, „MUSTER“; verkleinert: E:B-Zudruck-Ganzsache.

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Der Blanko-GA-Umschlag mit naßgum-mierter Kuvertierhülle ist also ein Gefallenfür die Philatelie. Doch der Vertriebswegstellte die erscheinenden Neuheiten insAbseits, auch ins umsatzmäßige – unddeswegen ja die rasante Zunahme derZudrucke durch E:B-Teams in den letztenJahren! (Nebenbei: Die damit ja nicht ge-nug haben: Es gibt inzwischen regelrechteine Schwemme mit Sonderbelegen allerArt zu allen möglichen Ereignissen: Markeplus Sonderstempel auf E:B-numeriertemUmschlag/Karte plus Post-Logo; die In-ternetplatformen spiegeln diese ins Krautschießenden Aktivitäten mit teils abson-derlich hohe Preisangeboten wieder!).

Der Vertriebsweg lautet: Blanko-GA,oder bleiben wir beim populäreren Termi-nus „Vereins-“ oder „BDPh-GA“, sind Teildes nicht-philatelistischen Ganzsachen-Abonnements bei der Versandstelle Wei-den. Obwohl sie klar auf die Philatelie undderen Zwecke ausgerichtet sind, werdensie zusammen mit dem gesamten Plus-brief-Neuheitensegment bezugstechnischfürs Abo zusammengewürfelt. Die PLUS-Produkte verantwortet die für Dialogmar-keting zuständige Posttochter „Siegfried-Vögele-Institut“ in Bonn. Weiden „karrt“also seit 1998 die auf den Markt kom-menden Plusbriefe zu sich heran und lie-fert diese Umschläge mit an die Abonnen-ten aus.

Philatelistische GA – dies zur Verständ-lichmachung – und damit Bestandteil desphilatelistischen GA-Abos sind für diePost allein die alljährlichen 12 bis 14 Mes-se- und Gedenk-GA (zuletzt meist Um-schläge, selten nur noch Karten).

Auf diese bis heute erschienenen Ver-eins-GA/Blanko-GA sei im folgenden ein-gegangen, vor allem natürlich auch, weilsich bei ihnen Seltsames in Bezug auf diesog. „E:B-Ganzsachen“ abspielt.

Los ging es schon 1999Manch einer wird sagen, die ersten

neuartigen Blanko-GA erschienen nochzu den DM-Zeiten der Plusbrief-Produkti-onsphase. Das ist richtig. Es waren aus-schließlich Postkarten, Plus-Postkarten.Es sind Schwestern von Schalter-Neuhei-ten: PSo 60 II, Wertstempel 100 Pf „Eifel“(1999) und PSo 77 II, 100 Pf/0,51 € „Leo-nard Fuchs“ (bedarfsgelaufen scheint siebesonders rar!)

Weitere Blanko-Postkarten mit Fokus-sierung auf Abnahme im Geschäftskun-denbereich, also Karten ohne Absender-vordruck, erschienen 2003 (PSo 81 II, 45c „Kronach“) und 2004 (PSo 88 II, 45 c,„Europa: Ferien“). Blanko im Absender-feld blieben auch noch andere Neuheiten

von 1999. Doch, Achtung!, die mit rück-seitiger Vollillustration versehenen „Weih-nachts“-Karten, anfangs nur über denKaffeeröster Tchibo erhältlichen 5er-Sets,sind für Philatelie Digital letztlich eine Ei-genausgabe der Post; selbige nennt dieseKarten im Vordruck am Mittelstrich(!) ab-weichend „Grußkarten“. Aber 1999 hatteja auch schon längst der ganze Wild-wuchs mit „Karten“ zu diesem und jenem„Sonderereignis“ oder „-anlaß“ begonnen– alles heute kiloschwere, unverkäuflicheLast bei Sammlungsauflösungen. Nocherinnerlich? Kinderpostkarten, Medienlot-terie-Karte, Weihnachten-98-Karte, Mille-niums-Inflationspappkartonmist, Umzugs-quatsch und so weiter, und so weiter!

Wirklich nur nebenbei: Ein Fabrikations-stück der besonderen Art ist übrigens die

2003 erschienene Sonderpostkarte zumGedenken an den Renaissance-Maler Lu-cas Cranach (PSo 82). Sie erschien ohnejeden Vordruck, auch im Adreßfeld nicht!Grund: Die Bonner Produktionsabteilunghatte ihn schlichtweg vergessen! Das mußman auch erst einmal hinbekommen. Essei denn, auch das ist eine Folge der Um-satzziele in dieser und jener Abteilung!

Der erste Umschlag, mit Sonderwert-stempel „Leuchtturm Roter Sand“ (Mi.USo 79, im Michel-GA-Katalog wie allefolgenden unter „Sonderwertstempel“ ru-briziert), erschien im August 2004. Er war,wie schon erwähnt, nicht an den Post-schaltern erhältlich, selbst im nicht-phila-telistischen GA-Abo wurde er von Weidennicht ausgeliefert. Bestellungen waren nurin 100er-Packungen möglich.

Rares und vor allem echt gelaufenes Stück: Blanko-GA „Roter Sand“ aus der Teilauflage„reinweißes Umschlagpapier“ (Mi. USo 99); 1. Auflage im gelbgetönten Papier = USo 79.

Diese „Vereinsganzsache“ mit 55-Cent-Wertstempel „Tag der Briefmarke“ aus dem Jahr2008 hat die schon starkt abgesenkte Auflage von 28.000 Stück. Hier mit Auffrankierungzum Kompaktbriefentgelt 90 Cent.

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Teilauflage kaum bekanntOffensichtlich hatten sich die Bestände

der 48.000er Auflage am Vorabend einerAusstellung 2005 in Bremerhaven er-schöpft. Ein neuer Umschlag wurde pro-duziert, doch statt wie bisher mit gelblichscheinendem Altweißpapier nun in rein-weißer Ausstattung. Die für 2005 selteneAuflage von 12.000 Stück gibt es vermut-lich mehr mit bildlichen Zudrucken als oh-ne – alles läuft aber unter USo 99.

Auch diesen Umschlag lieferte Weidennur bei Bestellung in 100er-Einheiten,noch war er Bestandteil des GA-Abos.

Das gilt gleichermaßen für den Nachfol-ger mit Wertstempel „Magdeburg“ imselben Jahr (USo 101). Mit ihm sanken dieProduktionsauflagen auf anfänglich34.000 Stück. Dabei hatte dieser Um-schlag mit drei Jahren eine lange Ver-kaufszeit. Im folgte „Gorch Fock“ 2008(USo 156). Mit diesem Umschlag wurdeauch die Abonnenntenmenge erstmals er-sichtlich (16.000).

Diese Zahl läßt erahnen, wer wirklichernsthafter Ganzsachensammler ist. DieVerkaufsmengen von über 100.000 Stückder „Gedenk“- und „Messe-Ganzachen“jedenfalls beinhalten mit ihrer ausschließ-lich philatelistischen Abnehmerschaftüberwiegend Sammler, die Sonder-Ganz-sachen (Generalbegriff) nur so mitzuneh-men pflegen. Deren Zahl sinkt übrigensdramatisch, letzte Verkaufszahlen (von2011) liegen bei 70.000 Stück.

Für die Post ist aber auch das Geld: 13oder 14 Sonderganzsachen im Jahr x70.000 x einst 55, 58 oder jetzt 60 Cent.sind mindestens 505.000 Euro, doch denallerwenigsten Exemplaren entspricht einereale Beförderungsleistung. Die Zeiten,daß es zwei oder drei Sonderganzsachen(Messe, Gedenken) in Form von Postkar-ten im Jahr gab, endete Anfang der 90erJahre. Mit der Einführung des PlusBriefesänderte sich das jährliche Ausgabegefü-gre radikal nach oben. Die Pflege einesgerade auch in Deutschland überaus tra-ditionsreichen Sammelgebietes siehtwahrlich anders aus. Man darf beispiels-weise Frankreichs Post den Irrsinn mitMarkenneuheiten vorwerfen, sollte dabeials deutscher Sammler nicht die unerträg-lichen Auswüchse im eigenen Haus über-sehen.

Weiter zu den „Vereins“-GA, bei denensich die Neuheitenzahlen ab 2008 aufzwei Stück järhlich erhöhten). Sie sind imPrinzip schnell genannt (Auflagen. s. aktu-ellen Michel-GA-Katalog 2014):

2008 – Tag der Briefmarke2009 – Leuchtturm Dornbusch, Friedliche Revolution

Oben: Blanko-GA „Gorch Fock“ aus 2008 (34.000 Stück Auflage). Mittig: „Friedliche Revo-lution“ von 2009 (Auflage: erhöhte 35.000 Stück). Darunter ein Stück aus 2010, mit Wert-stempel „175 Jahre Eisenbahnen in Deutschland“: Motivstück mit einem auf den Wert-stempel bezogenen illustrierten privaten Zudruck – die eigentliche Zweckbestimmung derBlanko-Ganzsache. Unten: Seltsamkeit Nummer 1 – die Karte in Würdigung einer Ausstel-lung in Magdeburg zum 1100. Geburtstag von Kaiser Otto I., hier mit E:B-Zudruck auf Vor-der- und auch Rückseite (li.u.); die Blankoform (re.u.)

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2010 – Tag der Briefmarke/Postplakat,175 Jahre Eisenbahn in DeutschlandMaiglöckchen (Postkarte!)2011 – 125 Jahre Automobil,Deutsche Erfindungen (bis hier alles 55-c-Wertstempel)2012 – Kaiser Otto I. (Postkarte, jedochmit Wertbild selbiger Sondermarke!), 2013 – Kaiserburg Nürnberg (hier bis-lang kein E:B-Zudruck bekannt!),Fehmarnsund-Brücke (75 c: für Aus-landsversand bestimmt)Winterstimmung (alle 58 c)2014 – bislang: Tierkinder/Igel (60 c)Schloß Stolzenfels (75 c: für Auslands-versand bestimmt); beide bislang ohne E:B-Zudruck

Postkartenidee komplettmißlungen

Das Jahr 2012 bescherte dem Sammlervöllig überraschend eine Postkarte mitSonderwertstempel. Doch wenn auchauch bildlich markant Kaiser Otto derGroße“ mit Wertbild der Sondermarkevom 9.8.2012 (Mi. 2949) wiedergegebenwird, hier fängt die Sache an, philatelis-tisch betrachtet, nun zum ersten Mal be-sonders unappetitlich zu werden. Denndiese Karte erschien für eine „Vereins-ganzsache“ statt ohne Absendervordruckmit einem solchen. Eine Petitesse?

Vermute man im besten Fall Schlafmüt-zigkeit. Doch es bleibt dabei, diese Kartemacht den Anschein einer Plus-Sonder-postkarte, also einer jener Ganzsachen,

wie sie seit jeher zu Phila-Messen oderzum Gedenken an historische Personenoder Ereignisse erscheinen. Man könntesie ja auch für eine Dauerpostkarte mitSonderwertstempel halten, wie sie seit1998 im 10er-Pack am Schalter erhält-lich waren und sind. So wie jetzt, seit Mai2013, die 45-c-“Janosch“-Ausgabe (Eserscheinen offenkundig gar keine Dauer-postkarten mit Dauerserien-WStpl. mehr!)Doch das trifft alles nicht zu!

Diese „Kaiser-Otto“-Postkarte kam niean die Postschalter, eben weil sie eine„Vereinsganzsache“ ist. Sie findet undfand man weder mit allen denkbaren -Suchwort-Eingaben im ganzen elektroni-schen Auftritt von Deutsche Post Philate-lie (http://philatelie.deutschepost.de/phila-telie/) noch steht sie (wie alle sonstigenGA dieser Art auch nicht) in der Versand-stellen-Vorratsliste „Philatelie Aktuell“. IhreAuflage ist übrigens unbekannt. Aber bittekeine falschen Vermutungen: Im speziali-sierten Fachhandel kostet ein unge-brauchtes Einzelstück 1 Euro. Noch.

Diese mißglückte Karte kursiert produk-tionsgleich und mit saftigem Preis auchals sog. „E:B-Team-Ganzsache“ mit sog.„Miniauflage“ von 2000 Stück. Im fraglli-chen Gedenkmonat September 2012kam sie anläßlich einer Ausstellung inMagdeburg zum Verkauf – übrigens mitund ohne Werbestempelabschlag.

Man könnte nun sagen, die „Kaiser-Ot-to“-Karte unterscheide sich von sonstigenPluskarten durch die fehlenden Papierher-stellungsangaben (im senkrechten Mittel-strich!) von der einstigen Schalterpluskar-te „Margerite“. Dieses Detail ist im allge-meinen Neuheitenwust aber keinem ver-

Links: Erstmals eine Blanko-GA für denAuslandsdiennst. Zum Erkennen der gelbli-chen Wertzahl benötigt man bei dieserMarkenbildvorlage allerdings gute Augen,besser ein Lupe. Super! Unten: Motiv-schnickschnack mit Jungtier-Idylle. Wenndenn junge Sammler wüßten, wie sie an ei-nen solchen Umschlag herankommenkönnten...!

Eine Postfälschung mittels eines i.ü. ziemlich amateurhaft aufkopierten Wertstempels gibtes auch schon: 58 Cent „Kaiserburg“, hier BZ-58-Tagesstempel vom Jan. 2013: Kodierung,innerhalb von Hückeswagen gelaufen. Postfälschung bedeutet: Nachahmung eines Post-wertzeichens, das zum Zeitpunkt seines Gebrauches postgültig ist/war. Sammlerfälschun-gen: Erzeugnisse, die außerhalb der Postgültigkeit eines Wertzeichens hergestellt werden.

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mittelbar. Die Karte ist mit ihrem Absen-dervordruck – der ein in Bonn verbockterDruckirrtum darstellt – eine sog. „Vereins-ganzsache“. Sie ist keine Pluskarte (nurdem Vertriebsweg nach, weil im nicht-phi-latelistischen Abo zu bekommen: irre!)und schon gar keine Gedenkpostkarte.Sie ist aber vor allem keine eigenständigeE:B-Ganzsache! Mit dem E:B-Zudruck istsie nichts als eine Zudruck-GA! Mankönnte damit sagen: völllig unwichtig!

Bedeutet: Nur wer Vereins-GA sam-melt, benötigt sie.

Unfähigkeit an der DonauDen richtigen Knaller aber brachte das

Vorgehen des süddeutschen E:B-Teamsanläßlich einer Donauschiffsreise von Pas-sau nach Preßburg. Mit dem Ergebnis,daß der aktuelle Michel-GA-KatalogDeutschland den Preis (10,-) kursiv ge-setzt hat.

Wohl weil die Blanko-Ausgabe von2010 (SoWstpl. „Tag der Briefmarke/Post-plakat“) nicht mehr vorrätig war – vielleichthat man aber auch einfach die Mengenicht rechtzeitig eingepackt, wer weiß dasschon – wurde eine Neuproduktion diesesUmschlags veranlaßt. Mit dem Ergebnis,daß sich diese komplett von der alten un-terscheidet. Klappenschnitt und Papierdifferieren vom der Blanko-Ausgabe2010.

Blanko-gestempelt (Schiffspoststem-pel), ohne Adresse, ohne Beförderungs-merkmale, kann man sie Anfang April –man traut seinen Augen kaum – im On-line-Philashop innerhalb der Rubrik „Ge-denkganzsachen“(!) unter der Artikelnum-mer 023562 für 3,95 Euro erwerben (zzgl.Versandkosten 2,95 € bei Bestellwert un-ter 20 €; Michel-Angabe 2 €als Stück -preis ist insofern nur teilrichtig). Dort findetsich dann auch diese Beschreibung: „Er-lebnis: Briefmarken Team Ganzsache Do-naureise 01/12. Anlässlich der Philatelie-reise 2012 vom 10.-14. April 2012 anBord des Flusskreuzfahrtschiffs Arosa Bel-la, wird ein echt gelaufener Beleg mit Co-dierung und Schiffspoststempel als Ganz-sache angeboten. Das Erlebnis: Briefmar-ken Team hat die Ganzsache mit der Ab-bildung des Sonderpostwertzeichens `Tagder Briefmarke 2010´ aufgelegt.“

Es gibt einen zweiten E:B-Beleg mit ZielHelgoland, diesen mit feststehenderAdresse.

Was hier einzig wichtig ist: Wieso bietetder Online-Philashop den blanko-gestem-pelten Passau-Beleg überhaupt an? Blan-ko-GA sind doch gar nicht sein Gebiet?Wieso bietet er dann nicht auch den Hel-goland-Beleg an? Wieso nicht alle?

Womit die philatelistische Bedeutungdieser Neuheit noch einmal ins Spielkommt. Diese Ganzsache ist keine Blan-ko-Ganzsache! Und tatsächlich existiertdieser Umschlag nur mit E:B-Zudruck. Esgibt ihn mit kleinerer Auflage ohne Blan-kostempel-Abschlag und in größerer mit(insges. 4500 Stück).

2007 läßt grüßenAls eigene Kreation des E:B-Teams vs.

Bonn vs. Oliver Brandes ist er die zuRecht im Michel notierte Katalognummer4 innerhalb der Rubrik „Eigenausgabender Deutschen Post, Abteilung Erlebnis:Briefmarken“ (Katalog: Seite 778/79). Dortstehen die berüchtigten anderen drei, weileigenmächtig 2007 von der VersandstelleWeiden veranlaßten Ganzsachen„80.Geb. Papst-Benedikt XVI.“ (zweiversch. Bilder), „Philateliereise Kiel-Oslo“und „Eisenbahnfest Bochum“.

Das damals alarmierte „Bonn“ unter-sagte diese Eigenmächtigkeit, mußte aberohnmächtig die anwachsende Nachfrageder Sammler erleben, weswegen von al-len drei Ausgaben Nachauflagen herge-stellt wurden. Jetzt nun erneut eine Eigen-mächtigkeit, wieder in Bayern. Noch ab-struser wäre es, wenn sich der online an-

gebotene Beleg von dem in in Passauund Helgoland verkauften Beleg unter-scheiden würde.

Fazit: Ob hier eine Abteilung mit ihrerManie, so gut wie jede Blanko-GA mit ih-rem Postlogo und Numerierungsquatschvollzumüllen, den Rachen nicht vollbe-kommt oder nicht vollbekommen darf, seidahingestellt. Es bleibt das Begriffschaosund der falsche Vertriebsweg für Blanko-GA. Aber: Die E:B-Zudrucke mit ihrenschillernden Kleinstauflagen (Zusammen-fassung aller E:B-Produkte im Michel aufS. 780, als „E:B Z01 bis 13) und des wei-teren diese ganze Blanko-Stempelorgie –welcher echte GA-Sammler will ernsthaftsolche Retortenstücke? – finden Zustim-mung bei einer bestimmten Käuferschicht– eben wegen der Kleinstauflagen.

Philatelie-Digital sagt dazu: Alles nur-Vernebelung! Das ist nicht die GA-Welt,wie sie seit über 100 Jahre besteht. Mankann GA ungebraucht sammeln, das be-freit von Postfrisch-Gummi-Erhaltungs-Druck bei modernen Briefmarken. Ganz-sachen aber sammelt der postgeschicht-lich wache Sammler als echt beförderteStücke – übrigens unter williger, weilkenntnisbetonter Inkaufnahme von Beför-derungsspuren. (Dank an Martin Radtkevom Berliner GA-Sammlerverein)

Reisen bildet offensichtlich schon vor Antritt in der genehmen Weise: Oben: Einer der„Sündenfälle“ aus 2007. Unten ein echt gelaufenes Stück der neuesten E:B-Ganzsachen.Das Stempeldatum scheint beim Donau-Beleg immer der 10. April zu sein. Michel katalo-gisiert die Skandalstücke – vier Hauptnummern – unter EA EB, hier 2 und 4.