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gear e-gitarre 150 guitar 6/08 Fender ClassiC Baja & deluxe BlaCkout teleCaster Twang mit Extras Fender möbelt das gute alte telecaster-design mit ein paar smarten extras auf, die schwer nach Custom-shop klingen. trotzdem sind die neuen Modelle Classic Baja und deluxe Blackout – dank günstiger Produktion in Mexiko – überraschend bezahlbar. q Seit mehr als einem halben Jahrhundert hat sich an der Grundkonstruktion der Tele kaum etwas geändert. Und das ist gut so! Nicht nur, weil wir Gitarristen bei der Wahl unserer Instrumente erstaunlich konservativ sind, sondern vor allem, weil das Design, das der geniale Leo C. Fender sich damals ausgedacht hat, einfach stimmt. Eine Telecaster passt in fast jede Musikrichtung, ist einfach, aber grundsolide gebaut, dabei bezahlbar und obendrein praktisch unverwüstlich. Solche Qualitäten überzeugen eben, gerade im harten Praxiseinsatz. Gezielt verfeinert Statt das Rad neu erfinden zu wollen, hat man sich im Hause Fender intelligenterweise an den Bedürfnissen der „User“ orientiert. Was ist noch besser als eine gute Tele? Na, zwei Teles! Die haben wir hier vor uns. Also, okay, Spaß beiseite: Natür- lich geht es um die speziellen Ausstattungsdetails, mit denen das Basiskonzept erweitert wird. Ent- scheidend ist jedoch, dass die klassischen Tele- Tugenden dabei nicht auf der Strecke bleiben. Mit diversen Modell-Updates und -Upgrades hat Fender ja bereits seit Jahren zahlreiche Versuche unternommen. Ich finde jedoch, dass die neuen Modelle besonders gut gelungen sind. Denn sie sind immer noch ganz nah dran am typischen Tele-Spirit. Kein Blackout Den Angaben des Herstellers zufolge geht die Blackout Tele auf ein Custom-Modell zurück, das Fender vor Jahren für den französischen Rock’n’Roll-Pionier Johnny Halliday (was für ein Künstlername!) gebaut hatte. Da hätte man jetzt ja irgendwas Spektakuläres erwartet, mon dieu! Vielleicht in der Art der Custom-Shop-Unikate, die sich die Country-Stars so gern vors Fransenhemd oder an die Blockhauswand hängen. Aber nein, eine schlichte schwarze Telecaster mit schwarzem Pickguard und einem zusätzlichen Neck-Singlecoil in der Mittelposition – c’est ca. Prima, sehen wir also uns den Rest der Blackout- Tele an: Der Body ist aus relativ schwerer Erle, der mittelstarke, C-förmige Hals ein im wahrsten Sinne des Wortes astreiner Ahorneinteiler, der mittels Beize einen satt dunkelgelben Farbton verpasst bekommen hat. Besonders feines Holz hat man hier verbaut, sogar leicht geriegelt. Schön! Im Ahorngriffbrett sind die 21 mittelschweren Jumbo-Bünde sauber eingesetzt und abgerichtet. Hals und Saitenreiter sind erfreulich korrekt eingestellt, und auch die übrige Verarbeitung macht einen tadellosen Eindruck. Alternativer Quack-Sound Der eigentliche Clou der Blackout-Tele ist natür- lich die Ausstattung, wobei man auch an dieser Stelle maßvoll zu Werke ging. Die verchromte Hardware kommt in der Standardausführung: eine moderne Tele-Bridge mit sechs einzeln justierba- ren Saitenreitern und gekapselten Mechaniken. Auffälligstes Merkmal ist der zweite Tele-Neck- Singlecoil, der hier, in der Mittelposition platziert, die Tele-typische Klangpalette in Richtung „Strat“ erweitert. Der extrem höhenreiche Steg-Pickup knallt und beißt und wirkt schon ein bisschen blechern. Der Kollege unter dem Blechkäppchen am Halsende klingt eher bluesig und rund mit verhaltenem Pegel. Der mittlere Vertreter tönt dann eine Spur direkter und transparenter, aber bei weitem nicht so klingelig und perkussiv wie bei einer Stratocaster. Dadurch wirken auch die Kombinationen Hals-Mitte und Mitte-Steg weni- ger spitz, sondern wärmer und fülliger. Eine interessante Alternative zum gewohnten „Quack-Quack-Sound“ der allgegenwärtigen Strat ist das aber auf jeden Fall, eine sehr attraktive dazu, zumal der Strat-Pickup in der mittleren Position immer etwas im Schatten steht und fast nur für die Zwischenpositionen benutzt wird. Der Tele-Pickup in dieser Position klingt da sehr viel eigenständiger. Erstaunt hat mich, dass Fender hier einen herkömmlichen Fünfwegschalter verbaut. So muss man auf die beliebte Pickup-Position Neck- Bridge leider verzichten. Meister Flemings Baja Chris Fleming, Masterbuilder im renom- mierten Fender Custom-Shop, entwickelte das Konzept der „Baja Tele“, die dann kostengünstig in der mexikanischen Fender-Niederlassung gebaut wird. Die Grundkonstruktion ist klassisch; angefangen beim richtig massigen, leicht V-förmigen Ahornhals über den Korpus (der laut Hersteller aus Esche besteht) bis hin zu den Vintage-Style-Mechaniken und der altmodischen Bridge mit den drei dicken Messingreitern. Alles tausendfach bewährt also, wobei die Halsaussparung im Korpus ein bisschen großzügig

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gear e - g i t a r r e

150 guitar 6/08

Fender ClassiC Baja & deluxe BlaCkout teleCaster

Twang mit ExtrasFender möbelt das gute alte telecaster-design mit ein paar smarten extras auf, die schwer nach Custom-shop klingen. trotzdem sind die neuen Modelle Classic Baja und deluxe Blackout – dank günstiger Produktion in Mexiko – überraschend bezahlbar.

q Seit mehr als einem halben Jahrhundert hat sich an der Grundkonstruktion der Tele kaum etwas geändert. Und das ist gut so! Nicht nur, weil wir Gitarristen bei der Wahl unserer Instrumente erstaunlich konservativ sind, sondern vor allem, weil das Design, das der geniale Leo C. Fender sich damals ausgedacht hat, einfach stimmt. Eine Telecaster passt in fast jede Musikrichtung, ist einfach, aber grundsolide gebaut, dabei bezahlbar und obendrein praktisch unverwüstlich. Solche Qualitäten überzeugen eben, gerade im harten Praxiseinsatz.

Gezielt verfeinert

Statt das Rad neu erfinden zu wollen, hat man sich im Hause Fender intelligenterweise an den Bedürfnissen der „User“ orientiert. Was ist noch besser als eine gute Tele? Na, zwei Teles! Die haben wir hier vor uns. Also, okay, Spaß beiseite: Natür-lich geht es um die speziellen Ausstattungsdetails, mit denen das Basiskonzept erweitert wird. Ent-scheidend ist jedoch, dass die klassischen Tele-Tugenden dabei nicht auf der Strecke bleiben.

Mit diversen Modell-Updates und -Upgrades hat Fender ja bereits seit Jahren zahlreiche Versuche unternommen. Ich finde jedoch, dass die neuen Modelle besonders gut gelungen sind. Denn sie sind immer noch ganz nah dran am typischen Tele-Spirit.

Kein Blackout

Den Angaben des Herstellers zufolge geht die Blackout Tele auf ein Custom-Modell zurück, das Fender vor Jahren für den französischen Rock’n’Roll-Pionier Johnny Halliday (was für ein Künstlername!) gebaut hatte. Da hätte man jetzt ja irgendwas Spektakuläres erwartet, mon dieu! Vielleicht in der Art der Custom-Shop-Unikate, die sich die Country-Stars so gern vors Fransenhemd oder an die Blockhauswand hängen.

Aber nein, eine schlichte schwarze Telecaster mit schwarzem Pickguard und einem zusätzlichen Neck-Singlecoil in der Mittelposition – c’est ca. Prima, sehen wir also uns den Rest der Blackout-Tele an: Der Body ist aus relativ schwerer Erle, der mittelstarke, C-förmige Hals ein im wahrsten Sinne des Wortes astreiner Ahorneinteiler, der mittels Beize einen satt dunkelgelben Farbton verpasst bekommen hat.

Besonders feines Holz hat man hier verbaut, sogar leicht geriegelt. Schön! Im Ahorngriffbrett sind die 21 mittelschweren Jumbo-Bünde sauber eingesetzt und abgerichtet. Hals und Saitenreiter

sind erfreulich korrekt eingestellt, und auch die übrige Verarbeitung macht einen tadellosen Eindruck.

Alternativer Quack-Sound

Der eigentliche Clou der Blackout-Tele ist natür-lich die Ausstattung, wobei man auch an dieser Stelle maßvoll zu Werke ging. Die verchromte Hardware kommt in der Standardausführung: eine moderne Tele-Bridge mit sechs einzeln justierba-ren Saitenreitern und gekapselten Mechaniken.

Auffälligstes Merkmal ist der zweite Tele-Neck-Singlecoil, der hier, in der Mittelposition platziert, die Tele-typische Klangpalette in Richtung „Strat“ erweitert. Der extrem höhenreiche Steg-Pickup knallt und beißt und wirkt schon ein bisschen blechern. Der Kollege unter dem Blechkäppchen am Halsende klingt eher bluesig und rund mit verhaltenem Pegel. Der mittlere Vertreter tönt dann eine Spur direkter und transparenter, aber bei weitem nicht so klingelig und perkussiv wie bei einer Stratocaster. Dadurch wirken auch die Kombinationen Hals-Mitte und Mitte-Steg weni-ger spitz, sondern wärmer und fülliger.

Eine interessante Alternative zum gewohnten „Quack-Quack-Sound“ der allgegenwärtigen Strat ist das aber auf jeden Fall, eine sehr attraktive dazu, zumal der Strat-Pickup in der mittleren Position immer etwas im Schatten steht und fast nur für die Zwischenpositionen benutzt wird. Der Tele-Pickup in dieser Position klingt da sehr viel eigenständiger. Erstaunt hat mich, dass Fender hier einen herkömmlichen Fünfwegschalter verbaut. So muss man auf die beliebte Pickup-Position Neck-Bridge leider verzichten.

Meister Flemings Baja

Chris Fleming, Masterbuilder im renom- mierten Fender Custom-Shop, entwickelte das Konzept der „Baja Tele“, die dann kostengünstig in der mexikanischen Fender-Niederlassung gebaut wird.

Die Grundkonstruktion ist klassisch; angefangen beim richtig massigen, leicht V-förmigen Ahornhals über den Korpus (der laut Hersteller aus Esche besteht) bis hin zu den Vintage-Style-Mechaniken und der altmodischen Bridge mit den drei dicken Messingreitern. Alles tausendfach bewährt also, wobei die Halsaussparung im Korpus ein bisschen großzügig

guitar 151

e - g i t a r r e gear

gefräst wurde und einen Luftspalt erkennen lässt. Klanglich macht sich dieser kleine Schönheitsfehler aber glücklicherweise nicht bemerkbar. Die Töne entwickeln sich, wohl nicht zuletzt aufgrund dieses massigen Halses, satt und druckvoll.

Die Baja überflügelt ihre schwarze Kon-kurrentin damit auch in Sachen Sustain. Zwar lassen beide im Trockentest sehr deutlich ihr enges verwandtschaftlichen Verhältnis erkennen, aber obwohl die Blackout-Tele in derselben Ge-wichtsklasse antritt, klingt sie doch ein wenig „kleiner“ und „leichter“.

Holz ist Holz

Dabei ist die blonde Baja nicht weniger spritzig oder perkussiv, sondern präsentiert einen ober-amtlichen Twang-Sound. Akustisch und in puncto Gewicht entsprach sie übrigens fast 1:1 einer meiner Referenz-Teles, die allerdings einen Korpus aus Erle hat. Ein zweites Vergleichsexemplar mit Eschekorpus klang, obwohl ansonsten baugleich, dagegen vollkommen anders: viel drahtiger und mit deutlich reduziertem Mittenanteil, hm ...

Natürlich ist Holz ein organischer Werkstoff, und kein Baum wächst genau wie der andere. Trotzdem frage ich mich, ob man sich womöglich bei der Holzauswahl vertan hat. Andererseits wollte ich jetzt auch nicht brutal werden. Wie auch immer, die hier getestete Baja-Tele klingt auf jeden

Fall sehr gut, und darauf kommt es doch letztlich an, oder?

Die wirklichen Neuerungen verstecken sich ganz unauffällig unter der Haube, besser gesagt: im Elektronikfach. Bei den Tonabnehmern handelt es sich um feine Custom-Shop-Produkte.

Noch interessanter ist ihre Verdrahtung. Der hier verwendete Vierwegschalter erlaubt zunächst neben den gewohnten Schaltoptionen auch die serielle Verschaltung der beiden Singlecoils, was dem Amp ein gleichzeitig fettes und transparentes Signal liefert. Daneben verbirgt sich im Volume-Poti-Knopf ein S1-Switch.

Drückt man diesen, werden die beiden Schal-terpositionen, bei denen beide Pickups beteiligt sind, out of phase geschaltet. Das ergibt dann ein ausgedünntes, leicht nasales Klangbild ohne nennenswerten Bassanteil. Im Clean-Kanal wird’s eher „fonky“, während Overdrive-Einstellungen je nach Amp mal an Brian May und dann wieder

an die recht speziellen Leadsounds eines Jimmy Page erinnern. Am schönsten ist jedoch, dass die drei beliebten klassischen Tele-Sounds in hervorragender Qualität zu haben sind.

Das bleibt hängen

Fender bringt aktuell zwei neue Versionen auf den Markt, die endlich die Wünsche und Ideen der Telecaster-Fans berücksichtigen. Beide machen das ursprüngliche Konzept ein wenig vielseitiger, ohne sich zu weit von den Wurzeln zu entfernen. Die urwüchsigere Tele für den Liebhaber ist sicherlich die Classic Player Baja Telecaster, mit ihrem stattlichen Hals. Da kommt die etwas modernere Ergonomie des Blackout-Modells gerade recht. Beide Teles bieten eine eher ungewöhnliche Elek-tronik, die man ausprobieren sollte, um die neuen Möglichkeiten zu erkunden. g

Arne Frank

Modell Fender Classic Baja telecaster

Herkunft Mexiko

Korpus esche

Hals ahorn, eingeschraubt

Griffbrett ahorn

Bünde 21 Medium jumbo

Mensur 64,8 cm

Pickups Custom shop „twisted tele neck“ & Custom shop „Broadcaster Bridge“

Regler/Schalter Master-Volume, Master-tone, Vierwegschalter mit s1-switching

Hardware Vintage style 3-saddle Bridge, Vintage-style-Mechaniken

Linkshänder nein

Internet www.fender.de

Empf. VK-Preis 729,- E

Modell Fender deluxe Blackout telecaster

Herkunft Mexiko

Korpus erle

Hals ahorn, eingeschraubt

Griffbrett ahorn

Bünde 21 Medium jumbo

Mensur 64,8 cm

Pickups 2 x Vintage style tele neck, 1 x Vintage style tele Bridge

Regler/Schalter Master-Volume, Master-tone, Fünfwegschalter

Hardware 6-saddle Bridge, geschlossene Mechaniken

Linkshänder nein

Internet www.fender.de

Empf. VK-Preis 799,- E

GaD - Hansastr. 38 - 49090 Osnabrück - fon: 05 41/500 39 [email protected] - www. guitarsanddrums.de

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