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Gefährdet der moderne Ackerbau die Bodenfruchtbarkeit und Ertragsstabilität? Raiffeisen Informationsveranstaltung am 23.02.2017, Alsfeld-Eudorf Dr. Richard Beisecker Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft (IfÖL) Kassel

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Gefährdet der moderne Ackerbau die Bodenfruchtbarkeit und Ertragsstabilität?

Raiffeisen Informationsveranstaltung am 23.02.2017, Alsfeld-Eudorf

Dr. Richard Beisecker

Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft (IfÖL) Kassel

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Vorstellung

▪ Diplom-Agraringenieur; Studium des Pflanzenbaus und

der Bodenkunde an der Universität Göttingen

▪ Promotion am Institut für Landeskultur der Universität

Gießen

▪ seit 2000 Inhaber des Ingenieurbüros für Ökologie und

Landwirtschaft (IfÖL)

▪ Nebenerwerbslandwirt mit kleinem Ackerbaubetrieb

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Vorstellung IfÖL

• Gründung im Jahr 2000

• Arbeitsschwerpunkte:– Bodenschutz

– Standortkartierungen/Standortbewertungen

– Gewässerschutz

– Umweltplanung

– Agrar- und Umweltberatung

• Beratung und Betreuung verschiedener Kooperationen und Wasserversorger in Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt

• Landwirtschaftliche Zusatzberatung in fünf

Maßnahmenräumen zur WRRL-Umsetzung in Hessen

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Einleitung

„Schon längst sagten daher alte erfahrene Landwirthe, die ganze Kunst der Landwirthschaft besteht darin, Mist genug zu machen.“

(Albrecht Daniel Thaer, 1752-1828)

„Immer und zu allen Zeiten ist es der Boden mit seiner Fruchtbarkeit gewesen, der über das Wohl und Wehe eines Volkes entscheidet.“(Justus von Liebig, 1803-1873)

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Ertragsentwicklung (GE) in Hessen seit 1990

Hessisches Statistisches Landesamt, Statistische Jahresberichte 2011-2016 : Daten der Besonderen Ernteermittlung. Ernte- u. Betriebsbericht: Feldfrüchte und Grünland

1.

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Ertragsentwicklung Getreide

▪ Relativer Ertragszuwachs [%] der Getreidearten in Hessen seit 1990

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Winterweizen

Triticale

Roggen

Wintergerste

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Ertragsentwicklung Raps und Hackfrüchte

▪ Relativer Ertragszuwachs [%] in Hessen seit 1990

Hessisches Statistisches Landesamt, Statistische Jahresberichte 2011-2016 : Daten der Besonderen Ernteermittlung. Ernte- u. Betriebsbericht: Feldfrüchte und Grünland

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Winterraps

Zuckerrüben

Kartoffeln

Silomais

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Ertragsentwicklung Getreide und Raps

▪ Rel. Ertragszuwachs Hessen; gleitendes 3-jähriges Mittel seit 1990

Hessisches Statistisches Landesamt, Statistische Jahresberichte 2011-2016 : Daten der Besonderen Ernteermittlung. Ernte- u. Betriebsbericht: Feldfrüchte und Grünland

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3 Periode gleit. Mittelw. (Winterweizen)

3 Periode gleit. Mittelw. (Wintergerste)

3 Periode gleit. Mittelw. (Winterraps)

1.

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Ertragsentwicklung Hackfrüchte

▪ Rel. Ertragszuwachs Hessen; gleitendes 3-jähriges Mittel seit 1990

Hessisches Statistisches Landesamt, Statistische Jahresberichte 2011-2016 : Daten der Besonderen Ernteermittlung. Ernte- u. Betriebsbericht: Feldfrüchte und Grünland

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1990

3 Periode gleit. Mittelw. (Zuckerrüben)

3 Periode gleit. Mittelw. (Kartoffeln)

3 Periode gleit. Mittelw. (Silomais)

1.

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Züchtungsfortschritt Winterweizen

▪ Entwicklung der Durchschnittserträge in LSV in Mecklenburg-

Vorpommern (1998-2011), die sich rechnerisch ergeben, wenn in

allen Jahren das gleiche Sortensortiment geprüft worden wäre

Quelle: Michel, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei

1.

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

Bodenfruchtbarkeit = Fähigkeit des Bodens, Frucht zu

tragen (Ertragsfähigkeit)

... ist ein wissenschaftlich nicht exakt zu definierender Begriff für das

komplexe Zusammenwirken der verschiedenen Wachstumsfaktoren

... ist der Wirkungsanteil des Bodens am Zustandekommen des

Pflanzenertrages = Standortproduktivität (z. B. Baeumer, 1992)

... ist Ausdruck für das komplexe Zusammenwirken und das

Wirkungsgefüge der Standortfaktoren sowie des Transport- und

Transformationsvermögens des Systems Boden-Wasser-Pflanze

Vereinfachend:

Bodenfruchtbarkeit ist die Fähigkeit des Bodens, nachhaltig und

umweltverträglich hohe und sichere Erträge zu erbringen

2.

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Bodenfruchtbarkeit

Gestein und Relief Klima Bodenlebewesen

Natürliche Bodenfruchtbarkeit

Erworbene Bodenfruchtbarkeit

Ertragsleistung (Produktion)

Langfristige Bewirtschaftung

(Düngung, Fruchtfolge, Bearbeitung)

Momentane natürliche Einflüsse

(Witterung, Lufthygiene, Schädlinge,

Pathogene)

Kurzfristige Bewirtschaftungsmaß-

nahmen (Düngung, Fruchtfolge,

Bearbeitung, Pflanzenschutz)

Quelle: Gisi (1990) - Bodenökologie

?

2.

Acker-/Grünlandzahl

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Einflussgrößen der Bodenfruchtbarkeit

▪ Bodenart (Ton-, Schluff-, Sandanteil)

▪ Mächtigkeit, Gründigkeit (Durchwurzelungstiefe)

▪ Bodengefüge (Bodenstruktur)

▪ Humushaushalt (Menge, Qualität und Zusammensetzung

der organischen Bodensubstanz)

▪ Bodenleben (mikrobielle Aktivität)

▪ Wasser- und Lufthaushalt

▪ pH-Wert und Redoxpotential

▪ Nährstoffhaushalt und Düngung

▪ Sorptionsfähigkeit → Nährstoff- und Schadstoffgehalt

2.

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Was bestimmt die Bodenfruchtbarkeit?

Menge, Verfügbarkeit und

Nachlieferungsgeschwindigkeit von

Nährstoffen, mikrobielle Biomasse als

Nährstoffpool und Transformator

Bodenmächtigkeit,

durchwurzelbarer Raum,

Textur

Luft-Wasser-Wärme-Haushalt,

Humuskörper,

Lebendverbauung, Mikroflora

u. -Fauna

Menge, Verfügbarkeit u. Nach-

lieferungsgeschwindigkeit von

Nährstoffen, mikrob. Biomasse als

Nährstoffpool u. Transformator

Bodenmächtigkeit,

durchwurzelbarer

Raum, Textur

Luft-Wasser-Wärme-

Haushalt, Humuskörper,

Lebendverbauung,

Mikroflora + Fauna

Bodeneigenschaften

und - Bedingungen

BODENFRUCHTBARKEIT= fruchtspezifischer

Ertrag

Bewirtschaftung

Bodenbearbeitung,

Düngung, Sorte,

Pflanzenschutz, etc.

Klima

Witterungsverlauf,

Mikroklima

2.

Quelle: Ottow (2011) - Mikrobiologie von Böden

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Fruchtbare Böden haben....

▪ Wurzelraum >120 cm Tiefe

▪ gute Durchwurzelbarkeit auch des Unterbodens

▪ ausgeglichenen Wasserhaushalt mit hohem Wasserspeichervermögen (200...>250 mm nFKWe)

▪ keine Staunässe, keinen zu hohen Grundwasserflurabstand (Vernässung)

▪ gute Bodendurchlüftung (8...10 Vol.-% LK)

▪ guten und ungehinderten Wärmehaushalt

▪ hohe Kationenaustauschkapazität (Tongehalt 20...30 %; KAK 100-200 mmolc/kg)

▪ standorttypischen Humusgehalt und ausgeglichene Humusbilanz

▪ aktives Bodenleben, hohe Biodiversität, hohe biologische Aktivität

▪ standortgerechten pH-Wert

▪ keine Belastung mit Schadstoffen oder phytotoxischen Substanzen

2.

Quelle: Brunotte et al. (2016) – Gute fachliche Praxis - Bodenfruchtbarkeit

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Was vermindert die Bodenfruchtbarkeit?

Rangfolge der Bodenschutzprobleme:

1. Versiegelung (Flächen- und Funktionsverlust) → Exkurs

2. Erosion

3. Gefügeschäden (Bodenschadverdichtung)

4. Irreversible Ausschöpfung der Nährstoffvorräte

(Kalk, Versauerung, Tonmineralzerstörung)

5. Verarmung des Humusgehaltes und des Bodenlebens

6. Belastung mit anorganischen (Schwermetallen) und

organische Schadstoffen

2.

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Exkurs: Flächenversiegelung

Quelle: Deutscher Bauernverband (DBV); Situationsbericht 2015/16

Flächenverbrauch durch Siedlungs- und Verkehrsmaßnahmen (Ø 2012-15): 66 ha/d

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Exkurs: Flächenversiegelung

▪ Die Schere zwischen Bevölkerungswachstum und verfügbarer

landwirtschaftlich nutzbarer Fläche geht immer weiter auseinander!!

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

▪ Bodengefüge = räumliche Anordnung der festen

Bodenbestandteile, synonym: Bodenstruktur

▪ hat wesentlichen Einfluss auf

o Wasserhaushalt

o Lufthaushalt

o Nährstoffversorgung

o Durchwurzelung

Allgemein gilt: Je gröber das Gefüge und/oder je dichter

gepackt die Gefügeelemente sind, desto ungünstiger

sind die Bodeneigenschaften

3.

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Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit3.

Schema der Bodengefügeansprache für Mineralböden(nach Kuntze, 1994; verändert)

Fragmentgefüge

Einzelkorn-gefüge

Aggregatgefüge

Abgesonderungs-gefüge

Makrofeingefüge

Krümel-gefüge

Wurmlosungsgefüge

Bröckel Klumpen

Platten-gefüge

Säulen-gefüge

Prismen-gefüge

Polyeder-gefüge

Subpolyeder-gefüge

Schicht-gefüge *

nicht verklebt verklebt

Grundgefüge

Kohärent-gefüge

Kitt-gefüge

verkittet

Makrogrobgefüge

Riss-gefüge

Aufbaugefüge

Splitter-gefüge

ungegliedert gegliedert zertrümmert

zusammengeballtabgesondert ø < 5 cm ø > 5 cmø < 5 cm

ø < 5 cmø > 5 cm

* Innerhalb der Schichten können verschiedene Gefügeformen ausgebildet sein

Aggregat-Querachse Aggregat-Querachse

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Bodenverdichtung

▪ gutes Bodengefüge ist entscheidend für den

Wasser- und Nährstoffhaushalt

3.

Quelle: BAD (2003)

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Bodenschadverdichtung

Wann ist eine Verdichtung eine Schadverdichtung?

→ wenn die Eigenstabilität des Bodengefüges durch mechanische

Kräfte (Auflast, Scherkräfte) überschritten wird und dadurch die

Bodenfunktionen beeinträchtigt werden

Schadverdichtungen haben negative Auswirkungen auf:

• Lufthaushalt (Durchlüftung, Erwärmung, Gasaustausch)

• Wasserhaushalt (Wasserspeichervermögen, Infiltrationsleistung,

Wasserleitfähigkeit)

• Oberflächenabfluss und Erosion

• Wurzelwachstum

• Bodenleben, biologische Aktivität

• Ertrag, Ertragssicherheit

3.

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Bodenverdichtung

Druckbelastung beim Befahren des Bodens abhängig von

▪ Radlast

▪ Aufstandsfläche

▪ Überrollhäufigkeit

▪ Bodenfeuchte

Kontaktflächendruck

Für Tiefenwirkung des Drucks hat die Radlast ent-scheidenden Einfluss

3.

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Bodenschadverdichtung

Druckzwiebeln beim Befahren mit Maschinen

- abhängig vom Bodenart, Wasserhaushalt, Vorbelastung

Grenze für die Druckbelastung ist die Eigenstabilität des Bodens

(Vorbelastung) im krumennahen Unterboden: bei FK 0,8-1,0 bar

bei Erhöhung der Radlast muss die Kontaktfläche überproportional (z. B. Faktor 4) steigen

3.

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Bodenschadverdichtung

▪ Druckbelastung >

Eigenstabilität führt zur

plastischen Verformung und

damit Änderung der

Dichtlagerung und

Porenstruktur im Boden

▪ Bodenbearbeitung =

mechanische Lockerung

zerschlägt lediglich

verdichtete Bröckel und

Klumpen, führt aber nicht zur

Aufweitung des Porenraumes

→ innere Verdichtung der

Ackerkrumen!!

Quelle: Meyer, B. (1985)

3.

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Bodenbearbeitung

Bodenbearbeitung = mechanische Lockerung (und gleichzeitig

Verdichtung) des Oberbodens

▪ durch Bodenbearbeitung kann nur das Grobporenvolumen erhöht werden

- allerdings zeitlich befristet !

▪ Verdichtungen im Mittel- und Feinporenbereich sind nur durch natürliche

Regeneration (Quellung + Schrumpfung, Frostgare) möglich

3.

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Bodenbearbeitung

▪ bewirkt nur eine zeitlich befristete Lockerung (temporäre Sackung des Bodens, Rückverfestigung)

3.

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Bodenschadverdichtung

▪ Kennwerte für gutes Bodengefüge

▪ Luftkapazität (LK) in Ackerkrume > 8 Vol.-%

im krumennahen Unterboden > 5 Vol.-%

▪ gesättigte Wasserleitfähigkeit > 10 cm/d

▪ ausreichende Wasserspeicherkapazität

(bodenartabhängig)

▪ Lagerungsdichte (TRD) bodenartabhängig

→Radlasten je nach Wassergehalt des Bodens

begrenzen – Ackerkrume max. 3-4 t;

krumennaher Unterboden 5-6 t

→ Reifeninnendruck ca. 0,6-0,8 bar

3.

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Vorsorge gegen Bodenschadverdichtung

Was kann der Landwirt tun?▪ Begrenzung der Radlasten (Radlasten der betriebseigenen

Maschinen durch achsweises Wiegen ermitteln)

▪ richtige Bereifung; Breitreifen (Erhöhung der Aufstandsfläche)

▪ Regulierung des Reifeninnendrucks

▪ Bandlaufwerke, Zwillingsbereifung

▪ Befahrung/Bearbeitung nur bei Wassergehalten < 80 % FK

▪ Verringerung der Transportarbeiten auf dem Acker; Entkoppelung

Feld- und Straßentransporte

▪ Befahren bei leichtem Frost (Frosteindringtiefe 2-3 cm)

▪ Verringerung der Überrollhäufigkeit

▪ geregelter Fahrverkehr (CTF), Onland-Pflügen

3.

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Humus und Bodenfruchtbarkeit

▪ Bodenzusammensetzung - Bodenbestandteile

Mineralkörper ca. 98 %

Humus ca. 2 %

Biomasse ca. 0,04 %

Bodenwasser Luft

Bodenfestsubstanz

4.

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Was ist Humus ?

Bodenkundliche Definition:

▪ Zum Humus gehören alle im und auf dem Mineralboden

befindlichen abgestorbenen pflanzlichen und tierischen

Substanz sowie deren Umwandlungsprodukte

▪ Nicht zum Humus gehören die lebenden

Bodenorganismen (Edaphon) sowie die lebenden

Wurzeln

4.

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Organische Bodensubstanz

▪ Organische Bodensubstanz (OBS) enthält ca. 40–65 %

Kohlenstoff (Corg) und ca. 2-5 % Stickstoff (Nt)

▪ Messung durch Verbrennung bei Temperaturen >900 °C

→ Maß für den Humusgehalt ist der Corg-Gehalt [%]

Humusgehalt [%] = Corg-Gehalt [%] x 1,724 ≈ 2

Nachfolgend werden vor allem die Corg-Gehalte [Gew.-%] angegeben und auf die Umrechnung in Humusgehalte meistens verzichtet

4.

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Was ist Humus ?

Bodenkundliche Definition:▪ Zum Humus gehören alle im und auf dem Mineralboden

befindlichen abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Substanz sowie deren Umwandlungsprodukte

▪ Nicht zum Humus gehören die lebenden Bodenorganismen (Edaphon) sowie die lebenden Wurzeln

VDLUFA-Standpunkt Humusbilanzierung (2014):▪ Humus ist die in den Boden integrierte organische Bodensubstanz

(OBS), die durch Bodenprobenahme und Untersuchung des Gehaltes an organischem Kohlenstoff im Boden (Corg) nachweisbar ist

4.

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Was ist Humus ?

Organische Bodensubstanz (OBS)

> 30 Gew.-% OS(L-, Of-, Oh-Auflage)

Dauerhumus

Acker- und Grün-landböden (Wald)

Humus

Auflagehumus(Ektohumus)

im Mineralkörper inkorporierter Humus

(Endohumus)

< 30 Gew.-% OS(Mullhumus)

Nährhumus

Waldböden(Grünland)

lebende Wurzeln

gesamte Biomasse im Boden

Bodenmikroflora(Bakterien, Algen, Flechten,

Pilze) + Viren

Bodenlebewesen

lebende Bodentiere = Bodenfauna

MikrofaunaØ < 0,2 mm

(Protozoen, Amöben, Rädertierchen, Nematoden)

MesofaunaØ 0,2-2 mm(Nematoden,

Milben, Spinnen-tiere, Collembolen,)

MakrofaunaØ > 2 mm

(Ringelwürmer, Schnecken,

Asseln,Tausend-füßler, Käfer, Larven,

Regenwürmer)

mikrobielle Biomasse (Cmik) ≈ 0,2-4 % von Corg

Ø < 10 μm

4.

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Organische Bodensubstanz

Organische Bodensubstanz (OBS) Ø 84-95 t/ha

▪ Durchschnittliche Mengenanteile in der Krume (0-30 cm)

von Ackerböden; gemäßigtes Klima

[n. verschiedenen Quellen: Gisi et al.,1997; Blume et al., 2010 (Scheffer/Schachtschabel); Ottow, 2011; u.a.]

Humus(ca. 80-85 %)Ø 72-76 t/ha

Biomasse(ca. 15-20 %)Ø 12-16 t/ha

Edaphon (ca. 5-10 %)Ø 4-6 t/ha

Wurzeln (ca. 10 %)Ø 8-10 t/ha

mikrobielle Biomasse (ca. 4-6 %)Ø 3-5 t/ha

(größere) Bodentiere (ca. 1-2 %) Ø 1-2 t/ha

4.

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Funktionen von Humus

▪ Puffer- und Filterfunktion▪ Nähr- und Schadstoffspeicher (Kationen- und

Anionenaustauscher)

▪ Nährstoffmobilisierung und –nachlieferung(z. B. N-Nachlieferung)

▪ Gefügestabilität▪ Bildung stabiler Krümelgefüge (Lebendverbauung)

▪ Ton-Humus-Komplexe (Aggregatstabilität)

▪ Wasserhaushalt (Wasserspeichervermögen)

▪ Biologische Aktivität▪ Nahrungsgrundlage für Bodenlebewesen

(z. B. mikrobielle Aktivität)

▪ Durchwurzelung

4.

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Humuswirkungen

▪ Biologische und chemische Wirkungen

▪ Erhöhung der Kationen- und Anionenaustauschkapazität (KAK)

▪ Förderung des Bodenlebens (mikrobielle Aktivität)

▪ Erhöhung der N-Nachlieferung

▪ Bindung und Abbau von Schadstoffen

▪ Klimawirkungen (Freisetzung klimarelevanter Gase, C-Speicherung, C-Quelle) ??

▪ und weitere...

▪ Physikalische Wirkungen

▪ Verbesserung der Gefügestruktur und Gefügestabilität (Lebendverbauung; Ton-Humus-Komplexe)

▪ Erhöhung der Wasserspeicherkapazität (Porenvolumen, Lagerungsdichte)

▪ Verminderung der Erosionsanfälligkeit

▪ Verringerung der Verdunstung und Erhöhung der Infiltration

▪ bessere Bodenerwärmung im Frühjahr

▪ und weitere...

4.

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Lebendverbauung

▪ Verbindung der Bodenbestandteile zu

Bodenaggregaten

Quelle: IfÖL (2013)

Quelle: IfÖL (2013)

Quelle: DSV Saaten Felgentreu (2010):

https://www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/download/Felgentreu.pdf (20.02.2017)

4.

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Lebendverbauung

▪ Verbindung der Bodenbestandteile zu

Bodenaggregaten

Quelle: LfL Bayern (20.02.2017): http://www.lfl.bayern.de/iab/boden/094487/index.php

4.

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Humusgehalte im Boden

▪ Typische Humusgehalte hessischer Böden

Acker

[nach verschiedenen Datenquellen]

Corg-Gehalte Oberboden

Ø 0,5...4 %

Wald

Corg-Gehalte Auflage-humus Ø 27-45 %

Corg-Gehalte Oberboden

Ø 4...8 %

Grünland

Corg-Gehalte OberbodenØ 2...5 %

4.

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Humusgehalte hessischer Böden

▪ Mittlere Corg- und Nt-Gehalte im Oberboden

landwirtschaftlich genutzter Böden in Hessen

[Analysedaten des LHL Kassel von 2009-2015; eigene Auswertungen]

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

Ackerland Grünland

Nt-

Geh

alt

[%

]

Co

rg-G

eh

alt

[%

]

Mittlerer Corg-Gehalt

Mittlerer Nt-Gehalt

4.

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Humusgehalte hessischer Böden

▪ Mittlere Tiefenprofile der Corg-Gehalte hessischer Böden

Daten des hessischen Bodenzustandskataster und der Bodeninventur Grünland (HLNUG, 2016) sowie Analysendaten des LHL Kassel (2009-2015); eigene Auswertungen

4.

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Humusgehalt und Nutzungsänderung

▪ Entwicklung von Humusgehalten unter dem Einfluss des Ackerbaus [(verändert nach JOHNSON et al. 1995) Die Linien A, B, C kennzeichnen

unterschiedliche Humusspiegel in Abhängigkeit von der Bewirtschaftung]

4.

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Humusgehalte hessischer Böden

▪ Maß für die Qualität und Umsetzbarkeit der OBS ist das

Corg-/Nt-Verhältnis

Ackerland:Ø Corg-/Nt-Verhältnis≈ 8-10

Grünland:Ø Corg-/Nt-Verhältnis≈ 9-12

1:10 Gerade

korr. R2 = 0,853

[Analysedaten des LHL Kassel von 2009-2015; eigene Auswertungen]

4.

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C-Pools im Boden

▪ Klassisches Modell:

▪ Nährhumus = leicht umsetzbarer Anteil der OBS,

überwiegend durch Bewirtschaftungsbedingungen

beeinflusst (Fruchtart, Düngung, Bodenbearbeitung)

▪ Dauerhumus = inerter Anteil der OBS, weitgehend

unbeteiligt an Mineralisierungsvorgängen, vorrangig

von Standortbedingungen (Boden, Klima, Nutzung)

abhängig

→ Corg = Cinert + Cumsetzbar

4.

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C-Pools im Boden

10.03.2014 IfÖL – Dr. Beisecker 50

Aktuelle Modellvorstellung1. Labile Fraktion (≈ Nährhumus??)

▪ Streu und freie, leichte partikuläre Fraktion

▪ kurze Verweildauer, Umsetzung innerhalb von Monaten oder wenigen

Jahren (< 35 a)

▪ große Bedeutung für die Nährstoffversorgung der Pflanzen

▪ durch Bewirtschaftung deutlich beeinflussbar

2. Intermediäre Fraktion (≈ umsetzbarer Dauerhumus)

▪ okkludierte leichte partikuläre Fraktion

▪ langsame Umsetzung, Verweildauer beträgt 10 bis 50 Jahre

▪ lässt sich mittel- und langfristig durch die Bewirtschaftung beeinflussen

3. Passive Fraktion (≈ nicht umsetzbarer Dauerhumus)

▪ schwere, freine Frakion, humifizierte OS

▪ Verweildauer beträgt 100 bis 1000 Jahre

▪ keine Beeinflussung durch die Bewirtschaftung

4.

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Bestimmung der Humusversorgung

1. durch Messung der Corg-Gehalte im Boden

→ deutliche räumliche und zeitliche Schwankungen der

Corg-Gehalte im Boden

▪ Jahreszeitlicher Rhythmus; Jahresunterschiede

▪ Räumliche Unterschiede im Schlag

▪ Krumenmächtigkeit, Bearbeitungstiefe

▪ Bedeutung der Corg-Gehalte im Unterboden ?!

(verlassene Krumen)

2. durch Berechnung der Humusbilanz

4.

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Messung des Humusgehaltes

▪ Jahresschwankungen der Corg-Gehalte Daten der LLH-

Lysimeterstation von 1998-2008; Bodenprobennahme nach der Ernte [n. Heyn, J. (2010)]

0,9

1,0

1,1

1,2

1,3

1,4

1,5

1,6

1,7

1,8

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

A ex A in V n V h Ö vl Ön Öh

Corg-Gehalt [%] A ex = Ackerbau extensivA in = Ackerbau intensivV n = Veredlung, Viehbesatz niedrigV h = Veredlung, Viehbesatz hochÖ vl = ökologisch, ohne ViehÖ n = ökologisch, Viehbesatz niedrigÖ h = ökologisch, Viehbesatz hoch

4.

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Messung der Humusgehalte

▪ Humusgehalt und Ertrag bei Winterweizen [aus: Werner & Bachinger, 2009]

4.

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Messung der Humusgehalte

▪ Räumliche Unterschiede der Corg- und Nt-Gehalte im Oberboden;

Ackerschlag Rauischholzhausen (Beprobung Dez. 2004)

Corg-Gehalte Nt-Gehalte

→ Differenzen im Schlag von 0,8 % Corg- und 0,08 % Nt sind normal!

[aus Heyn, J. (2010)]

4.

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Fazit: Messung der Humusgehalte

→ Analytische Bestimmung der Corg-Gehalte im Boden nur

dann aussagefähig, wenn

▪ mehrjährige Analysenergebnisse vorliegen

▪ und die Probennahmen

▪ an denselben Probenahmestellen

▪ bei gleicher Probenahmetiefe

▪ zur annähernd gleichen Jahreszeit

▪ bei vergleichbaren Feuchtebedingungen

durchgeführt werden !!!!

Aufgrund der Analysenungenauigkeit von etwa 0,1 % Corg können nur langfristige und deutliche Humusgehaltsänderungen erfasst werden !!(0,1 % Corg entspricht bei 30 cm Ackerkrume ca. 4.000-5.000 kg Corg-Vorrat)

4.

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Wovon hängt der Humusgehalt ab?

▪ Klimafaktoren (meistens >50 % Einfluss)

▪ Jahresmitteltemperatur

▪ Jahresniederschlag (KWB)

▪ Höhenlage

▪ Bodeneigenschaften (ca. 20-30 % Einfluss)

▪ Bodenart (Tongehalt)

▪ Wasserhaushalt (Grund- bzw. Staunässe)

▪ Gründigkeit (Durchwurzelungstiefe)

▪ Nutzung und Bewirtschaftung (ca. 5-30 % Einfluss)

▪ Acker, Grünland, Wald

▪ Kulturarten und Fruchtfolge

▪ Bodenbearbeitung, Bodengefüge (Durchlüftung)

▪ Düngung, Zufuhr organischer Substanz

[Gewichtung der Einflussfaktoren nach Kolbe et al. (2015)]

4.

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Klima und Humusgehalt

▪ Klimafaktoren[Daten aus DVGW-Projekt N-Nachlieferung (Beisecker et al., 2015)]

→ mit zunehmender Höhe (abnehmende Temperatur) und

zunehmenden Niederschlag steigen die Corg- und Nt-Gehalte

tendenziell an

4.

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Bodenart und Humusgehalt

▪ Mittlere Corg- und Nt-Gehalte in der Krume hessischer Ackerböden in Abhängigkeit der Bodenartengruppe (BAG)[Analysedaten des LHL 2009-2015; eigene Auswertungen]

4.

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Bodenart und Humusgehalt

▪ Corg- und Nt-Vorräte in der Krume hessischer Ackerböden

in Abhängigkeit der Bodenartengruppe (BAG)

Bodenartgruppe Corg-Vorrat [kg/ha] Nt-Vorrat [kg/ha]

BAG I 46.318 4.759

BAG II 63.858 6.672

BAG III 84.773 16.490

gew. Mittelwert 63.486 6.627

→ mit zunehmendem Tongehalt der Böden steigen die

Corg- und Nt-Gehalte und auch die Vorräte im Boden

deutlich an

4.

[Analysedaten des LHL 2009-2015; eigene Auswertungen]

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Bodenbearbeitung und Humusgehalt

▪ Einfluss der Bodenbearbeitung auf den Humusgehalt

Wichtig: Aufgrund unterschiedlicher Dichtlagerung des Bodens → Bezug der Corg-Gehalte auf die Bodenmasse und nicht nur

auf die Bodentiefe und Berücksichtigung des Unterbodens

5.

[aus: Heyn, J. (2013)]

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Bodenbearbeitung und Humusgehalt

▪ Kohlenstoffvorräte in 0-60 cm Bodentiefe nach 9 Jahren

unterschiedlicher Bodenbearbeitung

5.

[Bodenbearbeitungsversuche in Rheinland-Pfalz (Hunsrück, Eifel, Rheinhessen); aus: Appel (2011)]

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Bodenbearbeitung und Humusgehalt

▪ Humusverteilung im Bodenprofil

[aus Müller, Th. (2015): Nährstoffverfügbarkeit und Humusmanagement bei pfluglosem Ackerbau]

5.

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Düngung und Humusgehalt

▪ Veränderung der Corg-Gehalte (0-30 cm) in Abhängigkeit der

Düngung in 18 Dauerfeldversuchen Europas [n. Körschens et al. (2012)]

steigender Tongehalt

5.

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Düngung und Humusgehalt

[aus: Heyn, J. (2010)]

5.

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Ertragswirkung von Humus

▪ Erträge aus der Besonderen Ernteermittlung (BEE) Hessen von 1972-78 in Abhängigkeit des Humusgehaltes [aus Heyn, J. (2013)]

5.

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Ertragswirkung von Humus

▪ Entwicklung des Corg-Gehaltes 1993 bis 2013 Dauerdüngungsversuch

Bad Salzungen (Mittel aller N-Stufen jeder Stufe der organischen Düngung)

2. Versuchsperiode seit 1993

5.

[Quelle: aus Zorn et al., 2015]

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Ertragswirkung von Humus

▪ Mittlere Getreideerträge (GE) in Abhängigkeit der organischen und

mineralischen N-Düngung (1994...2014); Dauerdüngungsversuch Bad

Salzungen, 2. Versuchsperiode seit 1993

5.

[Quelle: aus Zorn et al., 2015]

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Bodenfruchtbarkeit und Düngung

▪ Bedeutung von Bodenfruchtbarkeit und Düngung für die

Ertragsfähigkeit von Böden

5.

[Quelle: n. Schuffelen (1958) aus Sauerbeck (1985)]

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Gliederung

1. Ertragsentwicklung der wichtigsten Kulturen

2. Bodenfruchtbarkeit – was ist das?

3. Bodengefüge und Bodenfruchtbarkeit

4. Humusgehalt und Bodenfruchtbarkeit

5. Bewirtschaftung und Humusgehalt

6. Schlussbemerkungen

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Handlungsmöglichkeiten des Landwirts

▪ Was kann der Landwirt tun, um die

Bodenfruchtbarkeit zu erhalten bzw. zu

erhöhen?

▪ Vermeidung von Bodenerosion

▪ Vermeidung von Bodenschadverdichtungen

▪ regelmäßige Zufuhr frischer organischer Substanz

(Ernährung der Bodenlebewesen)

▪ ausgeglichene Humusbilanz

▪ standort- und bedarfsgerechte Düngung

▪ Förderung des Bodenlebens, vor allem Regenwürmer

▪ Verbesserung der Durchwurzelung (Fruchtfolge)

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Bodenfruchtbarkeit und Bewirtschaftung6.

Bodenfruchtbarkeitskennziffer Ackerbauliche Maßnahmen

a) Bodenphysikalisch

Steinbesatz Entsteinung

Vernässungsdauer der Ackerkrume Bodenwasserregulierung

Trockenrohdichte Bodenbearbeitung

Durchdringungswiderstand Krumenbasislockerung

b) Bodenchemisch

Gehalt an organischer Bodensubstanz Fruchtfolge, organische Düngung

Bodenreaktion (pH-Wert) Kalkung

Gehalte an pflanzenverfügbaren

Makro- und Mikronährstoffen

Organische und mineralische Düngung

c) bodenbiologisch

Regenwurmaktivität, mikrobielle Aktivität Fruchtfolge, organische Düngung

Besatz an Schadorganismen

(Nematoden)

Fruchtfolge, Zwischenfruchtanbau,

Sortenwahl

Quelle: n. Kundler 1989 IN: Diepenbrock, Ellmer, Leon (2009): Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung

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Negative Folgen ackerbaulicher Nutzung

▪ Mögliche negative Folgen durch ackerbauliche

Bodennutzung auf die Bodenfruchtbarkeit

o Verarmung an organischer Substanz bei einseitigen Fruchtfolgen

o Versauerung

o Nährstoffverarmung

o Vernässung, Verschlämmung, Verkrustung

o Verdichtungen

o Erosion

o Anreicherung von Krankheitserregern und Schädlingen

o Kontamination mit Schadstoffen

6.

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Fazit

▪ Die Bodenfruchtbarkeit in Mitteleuropa war noch nie so

hoch wie heute

▪ auch die Humusgehalte der Böden sind als positiv zu

beurteilen

▪ vom Humusschwund oder Humusverarmung kann bei

den allermeisten Standorten nicht die Rede sein

▪ Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu fördern

• ist vor allem die Bodenerosion zu vermeiden

• sind die Radlasten und die Befahrung des Ackers zu begrenzen,

um Schadverdichtungen zu vermeiden

• sollte die Bodenbearbeitung und das Befahren nur bei optimalen

Wassergehalten (< Feldkapazität) erfolgen

• ist eine regelmäßige und ausreichende Zufuhr organischer

Substanz sicherzustellen (Fruchtfolge, Zwischenfrüchte,

organische Düngung etc.)

6.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Dr. Richard Beisecker

Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft (IfÖL)

Tel.: 0561/701515-10

E-Mail: [email protected]

„Die Nation, die ihren Boden zerstört,

zerstört sich selbst.“(Franklin D. Roosewelt, US-Präsident von 1933-1945)

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Diskussion

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Humusbilanzierung

Schema der Humusbilanzierung

▪ 1 t reproduktionswirksame organische Substanz (ROS) entspricht

der Humusersatzleistung von 1 t Rottemist-TM, aus der nach der

Humifizierung ca. 200 kg C im Boden verbleiben

▪ 1 Humusäquivalent (HÄQ) entspricht 1 kg Humus-C/ha in der

humifizierten organischen Masse des Bodens

▪ 1 Humuseinheit (HE) entspricht 1 t Humus-Trockenmasse, die etwa

580 kg C und 55 kg N enthält

Humuszufuhr

Humusreproduktion durch Ernte- und Wurzelreste und Zufuhr organischer Dünger

Humus-bilanz

(Saldo)

Humusbedarf

anbau- und standort-spezifische Humus-mehrung bzw. Humus-zehrung

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Humusbilanzierung

▪ Mittlerweile gibt es zahlreiche verschiedene Methoden und Verfahren zur Humusbilanzierung

▪ mit unterschiedlicher Zielsetzung▪ Aussagen zum organischen Düngebedarf von Fruchtfolgen zum

Erhalt der Bodenproduktivität bei geringer Umweltbelastung (z. B. CC = betriebsbezogen, VDLUFA = schlagbezogen) → qualitative Aussagen

▪ Abschätzung der Veränderung der Humusvorräte im Boden (z. B. STAND, HU-MOD, CANDY Carbon Balance, REPRO)→ quantitative Aussagen

→ Unterschiedlicher Datenbedarf und bei gleichem Datensatz ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse !!

→ nachfolgend wird auf die VDLUFA-Methode (2014) Bezug genommen

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Humusbilanzierung

▪ Richtwerte für den fruchtartspezifischen Humusreproduktionsbedarf

(HÄQ/ha·a) verschiedener Kulturen [Auszug nach VDLUFA (2014)]

Fruchtarten

Humuszehrende Kulturen Untere Werte Mittlere Werte Obere Werte

Zucker- und Futterrüben -760 -1300 -1840

Kartoffeln -760 -1000 -1240

Silomais, Körnermais -560 -800 -1040

Getreide, Öl- und Faserpflanzen,

Sonnenblumen-280 -400 -520

Humusreproduktionsleistung [HÄQ/(ha·a)]

Humusmehrende Kulturen

Körnerleguminosen

Winterzwischenfrüchte

Stoppelfrüchte

Untersaaten

Brache, Selbstbegrünung

gezielte Begrünung

Ackergras, Leguminosen,

Leguminosen-Gras-Gemenge;

je Hauptnutzungsjahr

600 800

Mehrjähriges Feldfutter

niedriges Ertragsniveau hohes Ertragsniveau

160

140

100

250

180

700

Zwischenfrüchte

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Humusbilanzierung

▪ Richtwerte für die Humusreproduktionsleistung organischer

Materialien in HÄQ je t FM [Auszug nach VDLUFA (2014)]

Organische Materialien % TS HÄQ/t FM

Stroh 86 100

Gründüngung 10 8

frisch 20 28

verrottet 25 40

Schwein 8 8

Rind 10 12

4 6

7 9

10 12

Gärreste

flüssig

1 HÄQ = 1 kg Humus-C/t Substrat-FM pro Jahr

Pflanzenmaterial

Stallmist

Gülle

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Humusbilanzierung

▪ Berechnung der Humusbilanz nach VDLUFA (2014) für

eine Maisfruchtfolge (untere Werte); Angaben in HÄQ = kg Humus-C/(haa)

50 % Mais, 50 % WW 50 % Mais, 50 % WW 50 % Mais, 50 % WW

Humusbedarf -420 -420 -420

Strohabfuhr Getreide ja nein nein

organische Düngung 15 m3/ha 15 m3/ha 15 m3/ha

Zwischenfrüchte keine keine ja, vor SM

Humusreproduktion Stroh - 320 320

Humusreproduktion Gülle 135 135 135

Humusreproduktion Zwfr. - - 60

Σ Humusreproduktion 135 455 515

Humussaldo -285 35 95

MaisfruchtfolgeFruchtfolge

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Humusbilanzierung

▪ Berechnung der Humusbilanz nach VDLUFA (2014) für

eine Rapsfruchtfolge (untere Werte); Angaben in HÄQ = kg Humus-C/(haa)

je 33% WW,WG, RA je 33% WW,WG, RA je 33% WW,WG, RA

Humusbedarf -280 -280 -280

Strohabfuhr Getreide ja nein nein

organische Düngung 20 m3/ha keine 20 m3/ha

Zwischenfrüchte keine keine keine

Humusreproduktion Stroh - 427 427

Humusreproduktion Gülle 180 - 180

Humusreproduktion Zwfr. - - -

Σ Humusreproduktion 180 427 607

Humussaldo -100 147 327

FruchtfolgeRapsfruchtfolge

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Humusbilanzierung

▪ Bewertung der Humusbilanzsalden nach VDFLUFA (2014)

Konv. Betriebe Öko-Betriebe

≤ -200 ≤ -200A

Sehr niedrig

Ungünstige Beeinflussung von

Bodenfunktionen und

Ertragsleistung möglich

Änderung der Fruchtartenwahl

und/oder Erhöhung der Zufuhr

organischer Dünger

-200 bis -76 -200 bis -1B

NiedrigMittelfristig tolerierbar Ausgeglichene Bilanz anstreben

-75 bis +100 0 bis +300C

Ausgeglichen

Humusabbau wird duch die

Humuszufuhr in der Fruchtfolge

ausgeglichen

keine

+101 bis +300 +301 bis +500D

HochMittelfristig tolerierbar Ausgeglichene Bilanz anstreben

≥ +300 ≥ +500E

Sehr hoch

Erhöhung des

Mineralisationspotenzials des

Bodens (Möglichkeit erhöhter

Verluste und verminderter

Düngeeffizienz)

Auf Einhaltung des zulässigen N-

Überschusses achten

Humusäquivalente HÄQ/(ha u. Jahr)Klasse Bewertung Empfehlung

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Fazit Humusbilanzierung

▪ Humusbilanz trifft Aussagen zur Humusversorgung des

Bodens, nicht zum Humusgehalt (Corg-Gehalt) !!

▪ Humusmenge im Boden wird gesteuert

▪ Menge und Qualität der zugeführten organischen Substanz

▪ biologischen Aktivität im Boden (Mineralisation/Humifizierung)

▪ Neben dem absoluten Humusgehalt ist vor allem der

Humusumsatz (biologische Aktivität, Lebendverbauung)

im Boden sehr wichtig