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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    |april 2009|preis: 2 |nr. 346 |www.political-prisoners.net

    Christian KlarKnastzeit und drakonischeHaftbedingungen

    MailandInterview mit einer Aktivistinder RHI zum PC p-m Prozess

    StraburgRepression im Rahmen derAnti-NATO Proteste

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    Inhaltsverzeichnis

    Das Gefangenen Info ist aus dem Angehrigen Infohervorgegangen, welches im Hungerstreik der poli-tischen Gefangenen 1989 entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr alle poli-tischen Gefangenen und FreundInnen.V.i.S.d.P.: Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info,Stadtteilladen Lunte e.V., Weisestrae 53, 12049 BerlinEigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbe-halt ist die Zeitung solange Eigentum der/des Absen-derIn, bis es den Gefangenen ausgehndigt worden ist.Zur-Habe-Nahme ist keine Aushndigung im Sinnedes Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht

    persnlich ausgehndigt, ist es der/dem AbsenderInmit dem Grund der Nichtaushndigung zurckzuschi-cken.Redaktionsanschrift: Gefangenen Info, c/o Stadtteil-laden Lunte e.V., Weisestrae 53, 12049 BerlinE-Mail: [email protected]: Einzelpreis: 1,50. Ein Jahresabonne-ment kostet 29,90 (Frderabo 33,20), Buchlden,Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten beiBestellungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungenerhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf dasKonto des Gefangenen Info zu berweisen ist.

    2 | Gefangenen Info | April 2009

    Liebe Leserinnen und Leser,

    vorweg mchten wir uns fr die Untersttzung des Gefangenen Infos bedanken,denn es sind wieder Spendengelder reingekommen, auf die wir leider weiterhin an-gewiesen sind. Wir bedanken uns bei den Genossinnen und Genossen in Berlin,Bremen und Hamburg, die uns die Einnahmen diverser Aktivitten haben zukom-men lassen und bei allen anderen, die uns bei der Verbreitung der Zeitung unterstt-zen. Auch einen herzlichen Dank an den kommunistischen Knstler Paolo Neri, derebenfalls Geld an unsere Zeitung und an die politischen Gefangenen gespendet hat

    und zu dessen Ausstellungen in der BRD wir mehrere Fotos seiner Mosaiken undauf Seite 4 einen Bericht zu den Ausstellungen untergebracht haben. Da es nocheine Weile dauern wird, bis das Gefangenen Info sich auf der nanziellen Ebenevollstndig selbst tragen kann, werden wir auch in Zukunft auf solidarische Spen-den angewiesen sein. Um jedoch unsere Unkosten abdecken zu knnen musstenwir leider den Preis der Zeitung auf 2 erhhen. Der Preis fr Abonnements bleibtunverndert.

    Da das Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen dieses Zeitungsprojektals einen wichtigen Bestandteil der Solidarittsarbeit versteht und versucht, auchandere wichtige Felder dieses Arbeitsgebiets abzudecken, ist die kontinuierliche Re-ektion, Auseinandersetzung und Weiterentwicklung von enormer Bedeutung. Ausdiesem Grund befasst sich der Schwerpunktbeitrag dieser Ausgabe mit aktuellen

    Problemen der Solidarittsarbeit und nimmt dabei Passagen aus den Hungerstreik-erklrungen der Gefangenen aus der RAF als Ausgangspunkt.Ein weiterer Schwerpunkt sind die gelaufenen Aktionen und Aktivitten zum 18.Mrz - dem Tag der politischen Gefangenen. In unserem Fokus steht dabei haupt-schlich die Demonstration und die internationale Konferenz in Berlin am 21. Mrz2009, die wir mit einem Bericht dokumentieren.

    In der ruhigen Gewissheit, dass sie in unserem Kampf und in unseren Herzen fort-lebt, haben wir in dieser Ausgabe einen Beitrag fr Yessie Macchi untergebracht.Yessie, die 1993 Irmgard Mller im Knast besuchte und in Uruguay eine Kampagnefr ihre Freilassung anstie, verstarb am 03. Februar diesen Jahres. Auerdem ver-ffentlichen wir in dieser Ausgabe einen Brief des in Bochum eingesperrten CengizOban, der sich darin zur NATO uert und dessen Haftprfung am 19. Mrz 2009negativ verlief. Dieser wartet neben Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu, die eben-

    falls am 05. November 2008 verhaftet wurden, auf den Prozessbeginn.

    Whrend in der BRD die politischen Prozesse gegen Axel, Oliver und Florian inBerlin, Faruk Ereren in Dsseldorf und Mustafa Atalay, Ahmet Dzgn Yksel, De-vrim Gler, Hasan Subasi und Ilhan Demirtas in Stuttgart-Stammheim durch dieKlassenjustiz fortgesetzt werden und kein Ende abzusehen ist, nhert sich der PCp-m Prozess in Mailand dem Ende. Diesbezglich ndet Ihr ab Seite 10 ein aktu -elles Interview mit einer Aktivistin der Roten Hilfe International. Wir begren dieInitiative, eine internationale Prozessdelegation nach Mailand zu entsenden und diepolitischen Gefangenen dort durch aktive Teilnahme zu untersttzen.

    Abschlieend mchten wir auf unseren Beitrag auf Seite 18 verweisen und alle Ge-nossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde dazu anregen, unsere Gefan-

    genen im Knastalltag nicht alleine zu lassen. Dafr haben wir auch eine aktualisierteGefangenenliste auf Seite 19 platziert, die Euch die Sucherei nach Adressen er-sparen soll. Auch sind weitere Gefangenenadressen aus dem europischen Raumthemenbezogen auf verschiedenen Seiten dieser Zeitung zu nden.

    Solidaritt muss praktisch werden!Die Redaktion

    E-Mail: [email protected] | www.political-prisoners.net

    Vorwort

    Haben Aussagen der

    Gefangenen aus der RAF heutenoch Gltigkeit?

    Paolo NeriAusstellungen in der BRD

    Aktionen zum 18. Mrz 2009

    Christian Klar - Knastzeit unddrakonische Haftbedingungen

    Mustafa Atalay - Schlimmer alsdie Situation der RAF-Gefange-

    nen in der 70er und 80er Jahren

    mg-Prozess - BKA-Zeuge lgt -Bundeskriminalamt manipuliertAkten

    Den Gefangenen eine Stimmegeben - Interview zum PC p-mProzess in Mailand

    Knste in Italien -Interview mit einem ehemaligenpolitischen Gefangenen

    Ich werde immer eine Tupamarableiben -Zum Tod von Yessie Macchi

    Entscheidung berFreilassung Abdallahs flltam 05. Mai 2009

    Ahmad Saadat insAsqelan Gefngnis verlegt

    Grup YorumGitarrist Cengiz verhaftet

    Zweiter Xiros gegenGriechenland

    Repression im Rahmen der Pro-teste gegen den NATO Gipfel inStraburg

    Es ist ein Pakt von Mrdern!Brief von Cengiz Oban

    Solidaritt muss praktisch

    werden - Warum es so wichtigist, Gefangenen zu schreiben

    Schreibt unseren Gefangenen

    Schwerpunkt:Haben die Aussagen der Gefan-genen aus der RAF heute nochGltigkeit? / 18. Mrz 2009

    Inland

    International

    Gefangene

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    Um was zu unserer Perspektive zu sagen,mssen wir als erstes die objektiven undsubjektiven Blockaden benennen, die denemanzipativen Prozess des Voranschrei-tens behindern.Ein Lsungsansatz wre, sich nicht nur andem RAF-Logo mit der Knarre und den Ak-tionen zu ergtzen, sondern auch Texte derGefangenen zu lesen. Was haben z.B. dieHungerstreikerklrungen aus den Jahren1981 und 1984 fr uns heute noch an Aus-sagekraft, d.h. sind sie fr unsere heutigenAuseinandersetzungen noch hilfreich?Ein kleiner historischer Einschub am An-fang: Die Gefangenen fhrten 10 kollek-tive Hungerstreiks, um die rigide Isolationzu berwinden. Die Isolationsfolter wirdauch weie Folter genannt, weil sie keinesichtbaren physischen Spuren am Kr-per hinterlsst. Sie dient der sensorischenDeprivation und sozialen Isolation, die aufdas Aushungern der Seh-, Hr-, Riech-,Geschmacks- und Tastorgane zielt unddadurch zu lebensgefhrlichen Zustndenfhren kann. Selbst die UNO hat die Iso-lationshaft als Folter gechtet. Folgen sindz.B. Kopfschmerzen, Schwindelanflle,Konzentrationsschwierigkeiten, Mdigkeit,Schlafstrungen, chronischer Schnupfen,Gedchtnisverlust... Diese Sonderhaftbe-

    dingungen gehen an keinem der Gefan-genen spurlos vorbei. Dazu kommen dieLangzeitfolgen.Erforscht wurde die Isolation in Hamburgam Universittskrankenhaus Eppendorf.Dienten diese Haftbedingungen anfangszur Aussageerpressung, zielten sie spterauf die Vernichtung der Gefangenen. Insge-samt neun politische Gefangene berlebtenden Knast nicht.

    Wir sind zur Zeit mit einer stark zuneh-menden Repression konfrontiert. Bewusst-seinsmig scheint uns zwar klar zu sein,

    dass Unterdrckung uns abhalten und ab-schrecken soll, da die Herrschenden frihre Kriege nach Auen im Innern Fried-hofsruhe bentigen. Die Widerstandsbe-kmpfung im Innern wird also immer weiterausgebaut und verschrft, um die deut-schen Kriegseinstze - es sind rund 9000Bundeswehrsoldaten derzeit auf dem Bal-kan, in Afrika, im Nahen Osten und in Zen-tralasien im Einsatz - abzusichern.Nach dieser Analyse msste unser Umgangmit der Repression ein offensiver sein. Demist aber leider hug nicht so!Genossinnen und Genossen meiden Pro-

    zesse, da sie Angst vor der Erfassung ha-ben. Oder lehnen Kontakt mit verhaftetenGefhrtInnen wegen der Erfassung ab, d.h.schreiben und besuchen sie nicht und las-sen sie damit alleine.Schauen wir uns diese Beispiele mal ge-

    nauer an: Was ist fr die Weggesperrten insolchen Situationen wichtig? Unsere Soli-daritt! Die Frage fr uns ist doch die: Wieknnen wir unsere Verbundenheit mit denEingekerkerten zeigen? Wie knnen wir di-ese Situation fr uns alle umdrehen, um un-sere Vorstellungen durchzusetzen? Wichtigist, uns nicht von den Repressionsorganenabschrecken und bestimmen zu lassen,sondern von unserem Bedrfnis nach So-lidaritt auszugehen.Wenn die militante Linke sich aneignet,was der Imperialismus in seinen Niederla-gen immer wieder erfahren musste: dassseine Macht dort endet, wo seine Gewaltnicht mehr abschreckt, hat sie das ganzeGeheimnis seiner scheinbaren Unbesieg-barkeit aufgelst. (Aus der Hungerstreiker-klrung von 1981)

    Bei dem Prozess gegen Thomas K., derkrzlich in Stuttgart endete, verzichtete erauf eine politische Verteidigung des Pro-

    jektes RZ (Revolutionre Zellen). Er meintesinngem, der Gerichtssaal sei der falscheOrt. Diese Einschtzung nden wir falsch.Zum einen konnte so die herrschende Mei-nung ohne Widerstand leichter ihren Dreckber eine linke Organisation ablassen undzum anderen wollten viele jngere Genos-

    sInnen etwas Authentisches ber die RZwissen.Der Kampf hrt auch im Gefngnis nichtauf, die Ziele ndern sich nicht, nur die Mit-tel und das Terrain, auf dem die Auseinan-dersetzung (...) weiter ausgetragen werden(...) (Ebenda)Eine unpolitische Verteidigung praktizie-ren auch andere Menschen und Thomaswar nicht inhaftiert, aber wir bestehen aufunserer Kritik, dass er die Auseinanderset-zung dort nicht gefhrt hat und damit denpolitischen Raum nicht genutzt hat.

    In der schon mehrmals zitierten Hunger-streikerklrung von 1981 wurde festgestellt,dass im letzten Nato-Brief die Regierungenoffen daran erinnern, dass auf Forderungennach politischen Status und internationa-len Untersuchungen der Folterungen anmilitanten Gefangenen nicht einzugehenist und die brigen Direktiven der Krimina-lisierungsstrategie revolutionren Wider-standes einzuhalten ist.Aktuell kommt es zum sechzigjhrigen Ju-bilum der Nato zu zahlreichen Protesten.Es gibt hier schon zahlreiche Gefangene,die wegen anti-militaristischen Aktivitten

    verhaftet bzw. verurteilt worden sind:Sei es Natalja, die 2007 anlsslich ei-ner Demonstration gegen die Nato-Sicherheitskonferenz in Mnchen wegge-sperrt wurde. Oder Axel, Florian und Oliver,denen in einem 129-Verfahren vorgewor-

    fen wird Bundeswehrfahrzeuge in Brandgesteckt zu haben. Der Entpolitisierungs-strategie der Herrschenden entgegnensie in ihrer Prozesserklrung: Hier sitzendie falschen Leute auf der Anklagebankund sollen als Mitglieder einer kriminellenVereinigung nach Paragraph 129 verur-teilt werden. Auf die Anklagebank gehrenKriegstreiber, Kriegsbefrworter und R-stungskonzerne. (...) Mustafa Atalay, einerder fnf trkischen inhaftierten Linken, diewegen 129b in Stuttgart-Stammheim ver-urteilt werden sollen, wurde in der Trkeiber 15 Jahre weggesperrt, schwer gefoltertund auf Verlangen des Natopartners Trkeiim November 2006 in der BRD wieder ver-haftet. Angemessene rztliche Behandlungin Freiheit wurde ihm von den zustndigenStellen trotz Lebensgefahr verwehrt. Statt-dessen wird er weiter in verschrfter Ein-zelhaft gehalten. Mustafa erklrte: DieIsolation ist die grte Schlechtigkeit, dieein Mensch einem anderen Menschen an-tun kann und sie war fr mich die grteFolter.

    Ein Wort noch zu der scheinbar kraken-haften staatlichen Erfassung durch diediversen Dienste des Staates. Trotz derscheinbar totalen berwachung und Er-

    fassung wegen Kontakten zu Gefangenenhat das nicht alle Linken von ihrem Kampfnach Befreiung abgeschreckt: Sie habenz.B. weiterhin ffentlichkeit zu den Knstenhergestellt und damit die Situation drinnenverbessert. Einige haben sich mit Illegalengetroffen oder sich spter selbst der RAFangeschlossen.Heute ist es oft so, dass bei Vortrgen, inFlugblttern und sonstigen Erklrungenfast immer nur die Analyse des Staates,der Konzerne etc. im Mittelpunkt steht undnicht, was unsere Ziele sind. Das wurdeauch jngst in der Interim 686 bedauert,

    denn frher gab es in den Papieren fr dieLinken auch Anregungen und Impulse.Damals war es fr uns wichtig, uns gegendie zunehmende Vereinzelung und Isolati-on durch das System zu wehren, indem wirversuchten, kollektive Strukturen fr uns zuerkmpfen.Wo Herrschaft durch Trennung, Differen-zierung, Vernichtung einzelner, um alle zutreffen, und den ganzen Prozess zu lh-men, funktioniert, ist Solidaritt eine Waffe.Es ist die erste starke subjektive politischeErfahrung fr jeden, der hier zu kmpfenanfngt, der Kern revolutionrer Moral

    (). (Hungerstreikerklrung aus dem Jah-re 1984)

    Gegen die zunehmende Vereinsamung an-zugehen ist heute aktueller denn je, da alleMenschen davon betroffen sind, natrlich

    schw

    erpunkt

    Haben Aussagender Gefangenen aus der RAFheute noch Gltigkeit?

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    schwerpunkt

    auch die radikale Linke. Neue Technologienwie ber 30 TV-Programme und Internetverstrken diesen Isolationsprozess zuneh-mend. Das Problem sind dabei nicht dieseneuen Medien, sondern dass sie berwie-gend nur vereinzelt genutzt bzw. konsu-miert werden.Auch die Existenzsicherung durch Ausbil-dung und Arbeit wird immer schwieriger. Siewird immer mehr individualisiert und atomi-siert durch die herrschende Klasse. DieserProzess der Vereinzelung und der Allmachtdes Systems beeinusst auch negativ un-sere politische Praxis: Wir werden immerroutinierter, eingefahrener, abstrakter, ver-lieren den Glauben, dass wir was erreichenund siegen knnen! Wir schrecken folglicheher Auenstehende ab und verlieren da-mit die gesellschaftliche Anziehungskraft,statt unsere fremdbestimmte Situation zumAusgangspunkt unseres Agierens zu ma-chen.Auch in unserer Lage ist das aus der ge-samten Situation, die gleiche Entscheidung,vor der alle Teile der revolutionren Linkenstehen. Aus einem festgefahrenen Krfte-verhltnis die Defensive durchbrechen, dieSuche, die Anlufe, den Willen in Kampfverwandeln (). Fr uns heit das, von derTatsache der Isolation auszugehen und aufdie eigene Kraft zu vertrauen. (Ebenda)

    Es knnte jetzt eingewendet werden: Wirhaben doch viel angepackt wie z.B. Ver-anstaltungen, Demos z.B. gegen die G8 inHeiligendamm.Doch ist danach bei vielen eine Leere ent-standen, was sich auch so uert, dass

    viele Initiativen seit dem Sommer 2007 ihreHomepage nicht mehr erneuert haben odervon einem Event zum anderen springen.Und dadurch entstehen statt Strke vielStress und Leere.Kollektivitt bestimmt sich bers Ziel: ZumAngriff kommen nicht zu einem einzigen,sondern als dauernder, gemeinsamer Pro-zess der politischen Bestimmung und Ak-tion. Sie existiert nur im Kampf, und nurgegen Herrschaft und Unterdrckung ist siezu entwickeln. (Ebenda)

    Auch wurde anfangs schon festgestellt,

    dass heute unsere Texte nur jenes beinhal-ten, wogegen wir sind und was wir alles ab-schaffen wollen. Es ist zwar wichtig, diesesimmer wieder zu benennen, aber es fehltwas Wesentliches: Was wir wollen und wo-fr wir stehen. Das ist durchaus schwierig,aber auch notwendig, sich diese Begrifich-keit anzueignen;Sie ist (die Kollektivitt) nicht bloe Nega-tion all dessen, was Staat und Kapital sind,sondern die gesellschaftliche Organisie-rung freier Menschen, wie sie hier und jetzt- berall wo gekmpft wird - schon mglichist. (Ebenda)

    Netzwerk Freiheit fr alle

    politischen Gefangenen

    Paolo NeriAusstellungen in der BRDZur Veranstaltung im Rahmen der

    Ausstellung von Paolo Neri in Stuttgart

    Am 11. Mrz fand in Stuttgart zur Erffnungder Ausstellung von Paolo Neri eine Ver-anstaltung unter dem Motto Stammheimgestern und heute statt. Mit den Mosaikenvon Paolo Neri, Peter O. Chotjewitz (demehemaligen Anwalt von Andreas Baader),einer Vertreterin des Komitees gegen die129 und natrlich Paolo selbst wurde mitder Veranstaltung versucht die Parallelenund Verbindungslinien zwischen dem inStuttgart-Stammheim stattndenden Pro-zess gegen die RAF, bei dem der 129aund mit ihm Sonderhaftbedingungen durch-gesetzt wurden, und dem aktuell laufendenProzess gegen die fnf trkischen Linken,

    mit dem die Etablierung des 129b ange-strebt wird, zu ziehen. Darber hinaus gabes natrlich die Mglichkeit Paolo ber sei-ne Bilder zu befragen und mit ihm zu dis-kutieren.Trotz der eher schlecht besuchten Veran-staltung und Ausstellung wurden einigeinteressante Gesprche und Diskussionengefhrt.

    Zur Ausstellung von Paolo Neri

    in Hamburg und Bremen

    Paolo Neri, ein italienischer Knstler undehemaliger Gefangener, zeigte seine Mo-

    saiken aus Marmor, die 8 Gefangene ausbewaffneten Gruppen darstellen, die denKnast in der BRD nicht berlebt haben: VonSigurd Debus und den Gefangenen ausder RAF, Holger Meins, Siegfried Hausner,Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe. Andreas

    Baader, Grudun Ensslin, Ingrid Schubert.Eine weitere Gefangene, Katharina Ham-merschmidt, die den Knast nicht berlebte,fehlte.Knast und Justiz aus Hamburg fhrte einumfangreiches Radiointerview mit Paolo,die TAZ-HH hatte die Ausstellung ange-kndigt, weiterhin gab es in der jungenWelt und im Neuen Deutschland undselbst im konservativen Weserkurier ausBremen lngere Artikel dazu.Wenn die junge Welt schreibt, Meinhof,Raspe, Baader, Ensslin und Schubert ka-men unter bislang ungeklrten Umstndenums Leben ist das ein Kontrapunkt zu die-ser medialen Desinformation und Hetze wieder z.B. im Film Baader Meinhof Komplexzum Ausdruck kam.

    Trkische Kinder fragten uns, warum stehtin den Mosaiken Ulrike lebt, wenn siedoch wie die anderen 7 Gefangenen tot ist.Darauf haben wir geantwortet, wenn deinOpa tot ist, bleibt er doch in deiner Erinne-rung lebendig. Das verstanden die Kids undihre Augen leuchteten.Es waren auch mehrere ehemalige Gefan-gene, auch aus der RAF, da. Insgesamtwaren bestimmt ber 50 Jahre Knast ver-sammelt. Auch konnten viele Kontakte mitBesucherInnen geknpft werden.Neben den Hintergrnden der Todesum-stnde der 8 politischen Gefangenen, die

    den Knast in der BRD nicht berlebt ha-ben, wurde auch versucht, dass sie mit ih-ren Gedanken und berlegungen lebendigbleiben. Zurckzublicken, um die Zukunftneu zu gestalten war das Motto der Aus-stellungen. Dazu drucken wir den BeitragHaben Aussagen der Gefangenen aus derRAF heute noch Gltigkeit ab.Wir denken, dass es uns gelungen ist,auch wenn alle Veranstaltungen nicht gutbesucht waren. Das lag vor allem an vielenLinken, die die damalige Zeit verdrngt undsich angepasst haben und deshalb fernblie-ben. Den jngeren Menschen ist diese Zeit,

    auch wegen des passiven Verhaltens derlteren, nicht mehr so prsent.Um als Linke wieder ein starker Faktor zuwerden, ist aber wichtig, diese Aufarbeitungder Geschichte zu fhren, um die Zukunftneu zu gestalten.

    ur eransta tung m a men er

    Ausstellung von Paolo Neri in Stuttgart

    Zur Ausstellung von Paolo Neri

    in Hamburg und Bremen

    MosaikmitdemPortr

    aitvonSigurdDebus

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    Am 21. Mrz veranstaltete das Bndnis 18.Mrz Tag des politischen Gefangeneneine Demonstration und eine internationaleAntirepressionskonferenz in Berlin.

    Der Tag wurde mit einer Demonstrationdurch den Stadtteil Prenzlauer Berg ein-gelutet. Die knapp 300 TeilnehmerInnenbrachten trotz technischer Pannen, wie

    einem kaputten Lautsprecherwagen undfehlenden Megaphonen, ihre Forderungnach der Freilassung aller politischen Ge-fangenen auf die Strae. Es wurden Pa-rolen wie Sie wollen uns brechen mit ihrerIsohaft, doch die Sehnsucht nach Freiheitist strker als der Knast, Wir sind alle129a und Das Salz in der Suppe mili-tante Gruppe! und natrlich Freiheit fralle politischen Gefangenen gerufen. DieDemo endete schlielich vor dem Hausder Demokratie, in dem im Anschluss eineKonferenz unter dem Motto Widerstand,Repression, Solidaritt stattfand.

    Der erste Teil der Konferenz begann mit ei-ner einleitenden Rede ber die Bedeutungdes 18. Mrz und einer Gedenkminute fr

    jene, die im revolutionren Kampf das Le-ben verloren hatten. Anschlieend wurdeein berblick ber die aktuell stattndendenpolitischen Prozesse in Berlin gegen dieMilitante Gruppe mg, in Stuttgart-Stamm-heim gegen die Revolutionre Volksbe-freiungspartei-Front DHKP-C und in Italiengegen die Kommunistische Partei politisch-militrisch PC p-m gegeben. Ein Ange-klagter des mg-Prozesses sprach ber die

    Verschrfungen der Repression, die sichauch auf das soziale Umfeld der Betrof-fenen auswirken, sowie ber die aktuellenEntwicklungen im Prozess. In dem Beitragder Roten Hilfe vom Revolutionren AufbauSchweiz wurde ein berblick ber die ak-

    tuelle repressive Situation in der Schweizgegeben. Eine Vertreterin des Komiteesgegen die 129 aus Stuttgart ging auf diein Stuttgart-Stammheim kriminalisierte Or-ganisation (DHKP-C) ein und schilderte dieaktuellen Entwicklungen im Prozess. In ei-ner Videogrubotschaft der Kommission freine Rote Hilfe International wurde auf diepolitisch-organisatorischen Hintergrnde

    der kriminalisierten PC p-m eingegangenund zu einer internationalen Prozessde-legation, die am 04. Mai 2009 in Mailandstattndet (siehe Seite 12), aufgerufen.

    Nach einer kurzen Pause ging es weiter mitBeitrgen zu Kolumbien, zur Situation vonMumia Abu Jamal und zur aktuellen Situa-tion im Baskenland. Miguel Suarez, der frdas Breite Bndnis fr Kolumbien (Deutsch-land) sprach, referierte ber den Terror mitdem linke Oppositionelle, Gewerkschafter,wie auch bewaffnet kmpfende Gruppenkonfrontiert sind. Ein Vertreter der Mumia

    Bndnisses Berlin berichtete ber die bis-herige Soliarbeit und ber die Dringlichkeitdes Falles, da die Staatsanwaltschaft be-antragte, die Aussetzung des Todesurteilsfr Mumia aus dem Jahr 2001 zu beendenund ihn ohne weitere juristische Prfunghinrichten zu lassen. Es sei davon auszu-gehen, dass Mumia ohne greren ffent-lichen Druck das Jahr 2009 nicht berlebenwerde. Die Baskenland Soligruppe EhaLagunak berichtete ber die Situation imBaskenland vor dem Hintergrund der dortanstehenden Wahlen.

    Im dritten und letzten Teil der Konferenzhatten Vertreter der jeweiligen Antirepres-sionsgruppen das Wort, um sich und ihreArbeit und Erfahrungen zur Diskussion zustellen. Mit Beitrgen des Komitees gegendie 129 aus Stuttgart, einer Grubot-

    schaft der Roten Hilfe, des Mumia Soli-bndnisses, der Roten Hilfe Internationalund des Netzwerkes Freiheit fr alle poli-tischen Gefangenen wurden verschiedeneAspekte von Solidaritts- und Antirepressi-onsarbeit angeschnitten und beleuchtet. Inder Videobotschaft der Roten Hilfe Interna-tional wurde auf den Zusammenhang vonRepression mit der sich verschrfenden

    Krisenspirale des Kapitalismus eingegan-gen, die Notwendigkeit einer internationa-listischen Antirepressionsarbeit und demdamit verbundenen Aufbau internationalerKlassensolidaritt betont. Dieses Anliegenwurde von vielen TeilnehmerInnen geteiltund aufgegriffen.In der anschlieenden Diskussion wurdekontrovers ber die Ausrichtung und Struk-turierung des nchsten 18. Mrz diskutiertund betont, dass Antirepressions- und So-lidarittsarbeit ber den 18. Mrz als Ak-tionstag hinausgehen und kontinuierlichstattnden muss. Im Anschluss an die Kon-

    ferenz wurden von TeilnehmerInnen undReferentInnen Plakate signiert, um sie andie politischen Gefangenen zu schicken.

    Die Konferenz, auf der wegen der Fllean Inhalten die Diskussion zu kurz kam,machte mitunter deutlich, dass neben derInformationsvermittlung, die fr effektiveSoliarbeit notwendig ist, auch ein Rahmenfr Austausch und Diskussion geschaffenwerden muss. Allerdings ist es nicht seltender Fall, dass das notwendige Reagierenauf staatliche Repression und die alltg-lichen Aktivitten zumeist den Raum und

    die Zeit einnehmen, der fr diesen Aus-tausch und Diskussion wichtig wre. Dabeikann nur eine gemeinsame Basis und da-mit eine gemeinsame Handlungsfhigkeitdie Voraussetzungen fr ein gemeinsamesVoranschreiten gewhrleisten.

    Am 21. Mrz veranstaltete das Bndnis 18. Mrz Tag des politischen Gefangeneneine Demonstration und eine internationale Antirepressionskonferenz in Berlin.

    Widerstand - Repression - Solidaritt

    MosaikenmitdenPortraitsderGefallenenausderRAF

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    Einige Richtigstellungen

    zu Christian Klar

    In der letzten Ausgabe des GefangenenInfos hatten wir anlsslich der FreilassungChristian Klars einen Beitrag ber seine Zeitals Illegaler bei der RAF (Rote Armee Frak-tion) verffentlicht. Mit dem zweiten Teil desTextes mchten wir auf die Zeit nach seinerVerhaftung - die Knastjahre - eingehen undsomit der Leugnung der Haftbedingungengegen die Gefangenen aus der RAF durchdie Verantwortlichen entgegenwirken.

    Die Knastzeit

    Am 16. November 1982 wurde ChristianKlar, fnf Tage nach den Festnahmenvon Heidi Schulz und Brigitte Mohnhaupt,festgenommen. Die Verhaftung von gleichdreien aus der RAF, die die herrschendeMeinung mit den Aktionen im Jahre 1977

    identizierte, wirkte sich zustzlich auf dieHaftbedingungen aus.Christian Klar schrieb dazu: Von da an bisAnfang 1984 befand ich mich in Totaliso-lation. Die ersten 3 Wochen in Hamburg-Holstenglacis, die nchsten 3 Wochen inFrankenthal, den Rest bis Anfang 1984in Straubing. Die Absonderung war voll-stndig. In dieser Zeit habe ich andereGefangene hchstens mal auf Grund vonPannen der Wachen gesehen und dannauch nur auf Distanz. Im Straubinger Knastwurde die Isolierung in einem extra zur Ab-sonderung erbauten Trakt vollzogen, mit

    mir darin als einzigem Gefangenen. Anfang1984 wurde ich dann nach Stammheim ver-legt. Dort in dem 7. Stock in eine der bei-den Isolierabteilungen. In Stammheim, alsonach fast achtzehn Monaten, hatte ich zumersten Mal seit meiner Verhaftung Kontaktzu anderen Gefangenen, als gemeinsamerHofgang mit einer anderen Abteilung ver-fgt wurde. Das bedeutete theoretisch tg-lich eine Stunde Hofgang mit etwa 20 bis 30Gefangenen in einem dafr vorgesehenenDachkg. Das war hauptschlich eineShowvorstellung. In Stammheim sind ber700 Gefangene inhaftiert.

    Die Zusammensetzung einer kleinen An-zahl von Gefangenen lsst sich so gutmanipulieren. Anderseits ist es einem, dierestliche Tageszeit isolierten, Gefangenenkaum mglich, den Hintergrund von ande-ren Gefangenen kennenzulernen, wenn

    sie nach einer Stunde Hofgang wieder ineiner anderen Abteilung verschwinden.In der Stammheimer Zeit wurde zweimaldas Ranfhren von Spitzeln an mich nach-weisbar. Grundstzlich wurde whrend desHofgangs jedes zusammen Laufen undSprechen von der Hofwache demonstrativschriftlich notiert zur Registrierung, Bear-beitung und auch zur Abschreckung be-stimmt. Mehrmals berichteten Gefangenemir, dass massiv versucht worden ist, sieber Gesprche auszuhorchen.Die 7. Abteilung selbst ist immer nur ganzdnn belegt gewesen, mit den weiteren dorteinsitzenden Gefangenen war kein Kontakterlaubt.Zeitweise gab es noch drei andere poli-tische Gefangene auf dem gleichen Flgel,zu denen Rufkontakt durch die geschlos-sene Tr mglich war.Die Besonderheit des StammheimerKnastes ist der Zwangsstriptease, d.h. tg-

    lich mindestens 2 mal vlliges Ausziehenund Krperkontrolle. Wenn aber z.B derBesuch von Freunden, Anwaltsbesuch undein Gang aufs Revier an einen Tag elen,wurde das tatschlich 8 mal an einem Tagdurchgefhrt. Als im Herbst 1985 mein Pro-zess zu Ende ging, blieb ich trotzdem wei-ter in Stammheim, obwohl der Knast nurein Untersuchungsgefngnis ist. Er ist abereiner der wenigen Knste, in denen Isolie-rung total realisierbar ist.Im November 1989, als ein Ergebnis des10. kollektiven Hungerstreiks, wurde ichnach Bruchsal verlegt. Dort habe ich seit

    meiner Festnahme 1982 zum ersten Mal di-rekten Kontakt zu zwei weiteren politischenGefangenen, d.h. wir haben gemeinsamHofgang, Sport und Kinobesuche.Das generell Neue am Bruchsaler Knastist, dass ganz allgemein der Kontakt zwi-schen den Gefangenen von der Knast-leitung viel weniger steuerbar ist. Durcheinige Sondermanahmen bleibt fr michder Kontakt zwar eingeschrnkt (Sicher-heitsbalken, Sonderhof wegen Verweige-rung der Zwangsarbeit, mehr Einschlussals allgemein, kein Umschluss, Verbot desFlgelwechsels, Verbot der Teilnahme am

    jhrlichen Sportfest und an allen Veran-staltungen, die nach Meinung des Knastsnicht vollstndig berwachbar sind. Ab-schreckungsmanahmen gegen andereGefangene, sich nicht mit den Terroristeneinzulassen u.a.), aber bei Inkaufnahme

    der anschlieenden Disziplinarstrafe sindauch zumindest sporadische Kontakte querdurch den Knast mglich.Die verschiedene Knste bergreifend be-treffende Punkte:- Whrend der Stammheimer Zeit alle 4 bis6 Wochen Wechsel der Zelle innerhalb desTraktes. Das wurde auch in Bruchsal ber-nommen, zuerst in greren zeitlichen Ab-stnden, spter dann kaum noch.- Zellenlzen regelmig- Die Postzensur in extremen Ausma.Die ersten Jahre wurde bis zur Hlfte allerPostsendungen angehalten; bis zu sechs-wchige Verzgerungen der durchgelas-senen Post, ab Ende der achtziger Jahredas erste Mal etwas zurckhaltender undseit einem Jahr etwa sind zumindest diegeschriebenen Briefe kaum noch behin-dert. Allerdings kehrt massive Behinderungimmer mal wieder zurck, (...)Ein anderer Teil der Post ist trotz allem bis

    heute stark behindert durch technisch ge-staltete Restriktionen, die politische Druck-schriften betreffen, aber auch kulturelleBedrfnisse oder persnliche Geschenkebetreffen knnen. Insgesamt wrde sich

    jemandem in Freiheit das Ausma, die so-ziale Brutalitt und Widerwrtigkeit der Zen-sur, sicher erst erschlieen, wenn mal diegesammelten Anhalteverfgungen aussoundsoviel Knastjahren inhaltlich angese-hen wrden.Zustzlich zur Zensur gibt es noch die kon-tinuierliche Auswertung jedes Briefes durchdie extralegale Institution der Hftlings-

    berwachung beim Landeskriminalamt(LKA), Bundeskriminalamt (BKA) und Ge-heimdienst - gegenwrtig zustzlich zentra-lisiert in der Koordinationsgruppe Terroris-mus (KGT).- Die Besuchsbedingungen unverndertvom ersten Tag der Gefangenschaft bisheute: 90 bis 120 Minuten Besuch monatlich(zu besonderen Anlssen mal eine Stundezustzlich), jeder Besuch berwacht durchmindestens einen protokollierenden LKA-Polizisten und einen Schlieer, Familienan-gehrige ohne, alle anderen Besucher mitTrennscheibe. Die einzige Vernderung ist,

    dass in den ersten Jahren noch Eingriffe inGesprchsthemen, Besuchsabbrche oderAusschlsse von Besuchern hug waren,zur Zeit nur selten. Anwaltsbesuche auchhinter Trennscheibe, jede Post zwischenGefangenem und Anwalt wird von einem

    Einige Richtigstellungen

    zu Christian Klar

    Die Knastzeit

    i

    nland

    Wir verffentlichen den zweiten Teilunseres Beitrages ber Christian Klar

    Knastzeit unddrakonische Haftbedingungen

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    April 2009 | Gefangenen Info | 7

    Amtsrichter mitgelesen, sogar hug zen-siert, nicht genehme Schriftstcke zurck-gehalten.Diesen Bericht verfasste Christian Anfang1993 in der Broschre Zeit ist keine un-erschpiche Ressource. 1995 musste ernoch einmal in den Hungersteik treten, umseine Bedingungen zu verbessern.

    Die Haftbedingungen

    Die Isolationsfolter wie oben von Christianbeschrieben, wird auch weie Folter ge-nannt, weil sie keine sichtbaren physischenSpuren am Krper hinterlsst. Sie dient dersensorischen Deprivation und sozialen Iso-lation, die auf das Aushungern der Seh-,Hr-, Riech-, Geschmacks- und Tastorganezielt und dadurch zu lebensgefhrlichenZustnden fhren kann. Selbst die UNOhat die Isolationshaft als Folter gechtet.Folgen sind z.B. Kopfschmerzen, Schwin-delanflle, Konzentrationsschwierigkeiten,Mdigkeit, Tinnitus, Schlafstrungen, chro-nischer Schnupfen, Gedchtnisverlust...Diese Sonderhaftbedingungen gehen ankeinem der Gefangenen spurlos vorbei.Dazu kommen Langzeitfolgen.Erforscht wurden sie in Hamburg am Uni-versttskrankenhaus Eppendorf. Dientendiese Haftbedingungen anfangs zur Aus-sageerpressung, zielten sie spter auf dieVernichtung der Gefangenen. Die Gefange-nen aus der RAF wehrten sich in 10 kollek-tiven Hungerstreiks. Insgesamt 9 politischeGefangene berlebten den Knast nicht.Christian Klar war zwar von den RAF-Ge-fangenen mit 26 Jahren am lngsten ohne

    Unterbrechung inhaftiert, wie die Rote Hilfe(RH) in ihrer Presserklrung zur Freilas-sung zu ihm richtig feststellte, aber BrigitteMohnhaupt war neben den 24 Jahren auchschon in den siebziger Jahren ber 4 Jah-re eingeknastet. Weggeschlossen war siealso seit insgesamt ber 28 Jahren.Eine Gefangene aus der RAF, Birgit Hoge-feld, ist seit 1993 weiter inhaftiert.

    Linke Geschichte muss immer

    authentisch vermittelt werden

    Es ist uns wichtig, dass linke Geschichte

    authentisch vermittelt wird, um sie so zubegreifen und die anstehenden Problemezu bewltigen. Deshalb dieser Artikel. Esgab in den letzten Jahren immer wichtigeund gutgefasste Artikel und Anstze, dieGeschichte des bewaffneten Kampfes inder BRD zu dokumentieren, aber das BuchROTE ARMEE FRAKTION Texte undMaterialien zur Geschichte der RAF desBerliner ID-Verlag aus dem Jahre 1997 tutdas nicht. Dort werden Erklrungen vonGefangenen oder der Guerilla umgeschrie-ben. Der Verlag hat sich aufgrund dieserFlschungen gespalten. Authentisches Ma-

    terial zur Geschichte der Guerilla und denGefangenen gibt es fr Interessierte unter:www.labourhistory.net/raf. Auch die falschebernahme von Begriffen der Mainstream-medien hilft niemandem weiter. Wir httenes zum Beispiel in der schon erwhnten

    Erklrung der RH zu Christian besser ge-funden, wenn sie statt Morde an Buback,Ponto und Schleyer lieber Ttung ge-schrieben htten.Es muss immer wieder betont werden:Schlielich ist die Welt geschichtlich reifdafr, dass die zuknftigen Neugeborenenin ein Leben treten knnen, das die volleFrderung aller ihrer menschlichen Poten-tiale bereithalten kann und die Gespensterder Entfremdung von des Menschen gesell-schaftlicher Bestimmung vertrieben sind.Christian Klar, 2007, in einem Gruwort andie TeilnehmerInnen der Rosa Luxemburg-Konferenz.Die wtende Reaktion der herrschendenKlasse darauf zeigt nur, dass sie befrch-tet, dass sich alte mit neuen Kmpfen ver-binden, mit dem Ziel, eine freie Gesellschaft

    jenseits von Ausbeutung, Unterdrckungund Kriege zu schaffen.Das ist eine Aufgabe, die fr uns alle an-steht. Worauf warten wir noch!?!

    Ergnzungen:

    Aus technischen Grnden fehlten im erstenTeil dieses Textes, das in der 345. Ausgabedes Gefangenen Infos abgedruckt war, eini-ge wichtige Passagen aus der Originalfas-sung, die wir hier ausfhren mchten;

    1. Bezglich des 4. Hungerstreiks der Ge-fangenen aus der RAF, der im Mrz 1977begann und mit den Forderungen nachAbschaffung der Isolation und der entspre-chenden Trakte, und aus der Erfahrung

    um Ulrikes Tod, nach Zusammenlegung zuGruppen von mindestens 15 GenossInnengefhrt wurde, heit die Ergnzung, dassauch weiterhin drauen offensiv vorge-gangen wurde, whrend der Kampf in denKnsten an Strke gewann.

    2. Bezglich des 26 tgigen Hungerstreiks,der nach der misslungenen Entfhrung undErschieung Jrgen Pontos am 30.07.1977und der damit verbundenen Verschrfungder Haftbedingungen begonnen wurde,fehlen die Zitate aus der Erklrung: ... ha-ben wir von einem Mitglied von Amnesty

    International erfahren, dass der Vermitt-lungsversuch, ... , um humane, d.h. Haftbe-dingungen, die den Forderungen der rzteentsprechen, abgebrochen wurde, ... undin den Behrden ... die Linie durchgesetztwurde, ... ein Exempel zu statuieren. Dasentspricht den Ankndigung (Generalbun-desanwalt) Rebmanns. Die Gefangenenhaben daraufhin - um das Mordkalkl nichtzu erleichtern - am 26.Tag ihren Streik un-terbrochen...

    3. Bezglich Irmgard Mller als einzigeberlebende des 18.10.1977 fehlt die Er-

    gnzung, dass sie weiterhin behauptetedie Gefangenen htten sich nicht selbstumgebracht und es wurde deshalb zeitwei-se gegen sie ermittelt.

    Redaktion

    Kurzmeldungen:

    Berlin: Die Entscheidungber die Freilassung desAntifaschisten ChristianS. auf Bewhrung htteam 11. Mrz 2009 ver-handelt werden mssen.Christian S. wurde wegen

    seinem aktiven Eintretengegen Nazis zu 46 Monaten Haft verur-teilt, von denen er bereits 39 Monate ein-gesperrt war. Der Richter sah sich auerStande sofort eine Entscheidung zu tref-fen und vertagte die Entscheidung. Da esber 3 Wochen spter immer noch keineEntscheidung gibt, kann dieses Vorgehennur als Verfahrensverschleppung gewertetwerden. Durch dieses Verzgern wird auchder Rechtsweg zum Kammergericht als Be-schwerdeinstanz versperrt.

    Berlin: Seit dem 23. Fe-

    bruar 2009 benden sichzehn kurdische Flchtlingevor dem Bundesinnenmi-nisterium in einem unbefri-steten Hungerstreik gegenihre drohenden Abschie-bungen nach Syrien. Fr

    sie ist die Aktion das letzte Mittel, um gegendas im Januar zwischen Deutschland undSyrien geschlossene Rckbernahmeab-kommen zu protestieren. Am 16. Tag desHungerstreiks musste erneut ein Flchtlingins Krankenhaus gebracht werden. Er istder siebte Hungerstreikende, der aufgrund

    massiver gesundheitlicher Probleme medi-zinisch versorgt werden muss.

    Stuttgart: Der Haftentlas-sungsantrag der Verteidi-gung Mustafa Atalays im129b Prozess in Stuttgart-Stammheim wurde vomSenat abgelehnt. Somitbendet sich der schwerherzkranke Mustafa Atalay

    seit November 2006 ununterbrochen unterIsolationshaftbedingungen in Einzelhaft.Den Isolationsbedingungen sind neben

    Mustafa Atalay auch die Angeklagten Ah-met Dzgn Yksel, Devrim Gler und Ha-san Subasi ausgesetzt. Allein bei Ilhan De-mirtas wurden bisher aus gesundheitlichenGrnden die Haftbedingungen dahinge-hend erleichtert, dass er sich nicht mehr inEinzelhaft bendet.

    Berlin /Karlsruhe:

    Sowohl in Berlin als auchim Raum Karlsruhe gab esvermehrt auftretende An-quatschversuche des Ver-fassungsschutzes. Alleine

    am 24. Mrz 2009 kam esim Raum Karlsruhe zu zweiVersuchen des Verfassungsschutzes anInformationen zu kommen. In allen Fllenwurde das Gesprch abgebrochen. Lassteuch nicht locken oder einschchtern.

    Die Haftbedingungen

    Linke Geschichte muss immer

    authentisch vermittelt werden

    Ergnzungen:

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    8 | Gefangenen Info | April 2009

    Peter O. Chotjewitz, mittlerweile selbst 75Jahre alt und Autor mehrerer Bcher berdie Zeit der Terrorhysterie der 70er Jahre,hat in der JVA Stuttgart-Stammheim dentrkischen Gefangenen Mustafa Atalaybesucht. Mustafa wird, genauso wie denGefangenen Ahmet D., Ilhan D., Devrim G.

    und Hasan S. die mutmaliche Mitglied-schaft einer auslndischen terroristischenVereinigung (129b) vorgeworfen.Konkret sollen sie Geld fr die DHKP-C (Revolutionre Volksbefreiungspar-tei Front) gesammelt und einen Waf-fentransport organisiert haben. DasGanze ist ein Przedenzverfahren,in dem es darum geht, mutmalicheUntersttzer der DHKP-C verfolgenzu knnen. Da dies auch Sympathi-santen anderer auslndischer Opposi-tionsbewegungen blhen kann ist ab-sehbar. Der 129b richtet sich deutlich

    gegen jede internationale Solidaritt,die den jeweils Herrschenden mifllt.Welchen Mitteln sich der deutscheRechtsstaat dabei bedient ist erschre-ckend. Als Hauptbelastungszeugefungiert der Doppelagent Hseyin Hiram,der fr den Verfassungsschutz des LandesRheinland-Pfalz, sowie fr den trkischenGeheimdienst arbeitete und scheinbar dazubenutzt wird, den trkischen Staatsterror andie deutsche Justiz weiter zu delegieren. Andiesem wird von Gerichtsseite aus festge-halten, obwohl ihm von einem Gerichtsgut-achter massive psychische Beeintrchti-

    gungen attestiert wurden.Peter O. Chotjewitz beschreibt MustafaAtalay als sympathischen und gebildetenMenschen. Er lernte ihn whrend der Be-suchszeit als Journalisten und Kollegenkennen, der Gedichte verfasst und der vor

    hat, in der nchsten Zeit einen Roman zuschreiben. Einen Menschen, der, trotz inder Trkei erlittener Verfolgung, 15 jhrigerHaft und schwerer Folter, offen ber sichund seine Situation im Gefngnis spricht.Ein vom Gericht bestellter Gutachter hat beiihm ein posttraumatisches Belastungssyn-

    drom nachgewiesen. Als Nachwirkung derzuvor in der Trkei erlebten Folterungen ist

    er auerdem schwer herzkrank und, lautAussage seines Anwalts, nicht verhand-lungsfhig.Das Gericht ist in diesem Punkt andererMeinung. So wird seine gerichtlich be-schiedene Verhandlungsfhigkeit weiternur durch Medikamente sichergestellt.Fr deren Einnahme werden regelmigdie Gerichtverhandlungen unterbrochen.

    Mustafa Atalay wurde 2006 drei Wochennach einer schweren Herzoperation auseiner deutschen Rehabilitationsklinik ver-schleppt und msste eigentlich dringendwegen seiner defekten Herzkranzgefebehandelt werden. Vor der Festnahme erlitt

    er einen Infarkt , worauf ihm drei Bypssegelegt wurden. Whrend der Haftzeit warenbei ihm noch weitere medizinische Eingriffeerforderlich.Peter O. Chotjewitz bezeichnet die Haftbe-dingungen, denen Mustafa ausgesetzt ist,als schikans und schlimmer als die Situ-ation der RAF-Gefangenen in der 70er und80er Jahren. Die trkischen Gefangenenhaben keinen Umschluss und mssen 23Stunden allein in der Zelle, oder wie Musta-fa Atalay in der Krankenstation, verbringen.Sie knnen also keine Verteidigungsliniebestimmen und drohen seelisch und intel-lektuell zu verkmmern. Die Post bekom-men sie erst mit starken Verzgerungenausgehndigt. Politische Zeitschriften be-kommen sie gar nicht. Mustafa Atalay sagtedazu in seiner ersten Prozesserklrung:Die Isolation ist die grte Schlechtigkeit,die ein Mensch einen anderen Menschenantun kann und sie war fr mich die grteFolterhnlich skandals sind die Besuchsbe-dingungen. Das Gesprch wird vom BKAberwacht. ber den Proze darf Mustafamit Besuchern berhaupt nicht sprechen.Dazu war zwischen ihnen eine Trennschei-be, die Krperkontakte unmglich macht.Trotzdem musste sich Peter O. Chotjewitzwie andere Besucher peinlichen Leibesvisi-tationen unterziehen. Andere Freunde ausAntirepressionszusammenhngen sind mitwillkrlich ausgesprochenen Besuchsver-boten vom direkten Kontakt abgeschnitten.Peter O. Chotjewitz sah seinen Besuchals Akt der praktischen Solidaritt. EineSolidaritt, die sich im Falle Mustafas und

    der anderen Gefangenen im StammheimerProzess erst langsam entwickelt hat. Die

    Rote Hilfe e.V. versucht zusammenmit dem Komitee gegen 129 unddem Netzwerk fr die Freiheit derpolitischen Gefangenen indes schonlngere Zeit Solidaritt mit den tr-kischen Genossen zu organisieren. Inder Sonderausgabe zum 18 .Mrzals Tag der politischen Gefangenenwird deutlich auf Mustafas Situationals einer lebensbedrohlichen hinge-wiesen. Auch zum 18. Mrz selbstgab und gibt es am Wochenende

    Veranstaltungen, die auf den Stamm-heimer 129b-Proze hinwiesen. Pe-ter Chotjewitz fordert die Linkspartei,Menschenrechtsgruppen, SPD undGrne auf, den Fall aufzugreifen: Die

    brgerliche ffentlichkeit schweigt, obwohlihr Rechtsstaat unmittelbar betroffen ist -genauer gesagt: wieder einmal versagt.Peter O. Chotjewitz hat 2007 hat mit demRoman Mein Freund Klaus, den Rechts-anwalt und Verteidiger mehrerer RAF-Ge-fangenen Klaus Croissant, ein literarischesDenkmal gesetzt. Zur damaligen Zeit warauch Peter Chotjewitz kurze Zeit Rechts-

    anwalt. Er verteidigte Andreas Baader undPeter Paul Zahl. Darber schrieb er 1977das Buch Die Herren des Morgengrauens.

    Fr weiterfhrende Infos:www.no129.info

    Schlimmer als die Situation der

    RAF-Gefangenen in der 70er und80er JahrenPeter O. Chotjewitz besuchte Musafa Atalay in derJVA Stuttgart-Stammheim, von Carsten Ondreka

    Schriftsteller Peter O. Chotjewitz

    Foto aus der politischen Wochenzeitung Kurtulus (Befreiung) vom3. Februar 1996. Mustafa Atalay ist auf dem dem groen Bild zu se-hen. Das Foto stammt aus dem mraniye Gefngnis und wurde kurznach einem Angriff auf die revolutionren Gefangenen geschossen.

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    April 2009 | Gefangenen Info | 9

    Am heutigen Tag wurde die Vernehmungdes BKA-Zeugen Oliver Damm vor demKammergericht fortgesetzt. Auf ausdrck-liche Fragen der Verteidigung nach derUrheberschaft eines verffentlichten Dis-kussionsbeitrages zu militanten Aktionen,erklrte der Zeuge Damm nicht zu wissen,wer den Text verfasst hat, obwohl der Textvon Mitarbeitern des Bundeskriminalamtesstammt. Erst nachdem ihm sein eigenerVermerk, der dem Gericht allerdings nichtvorliegt und aus dem sich die Urheber-schaft des BKA ergibt, vorgelegt wurde, gaber zu, dass dieser Text vom BKA stammtund dass es daneben noch einen weiterenBeitrag des BKA in der so genannten Mili-

    tanzdebatte* gab.Seit dem 25.09.2008 wird unseren Man-danten vom 1. Senat des Kammergerichtsder Prozess wegen Mitgliedschaft in einerkriminellen Vereinigung gemacht, mittler-weile also seit einem halben Jahr. Bereitsvor Beginn der Hauptverhandlung hat dieVerteidigung gergt, dass die Akten unvoll-stndig sind und die Bundesanwaltschaft(BAW) sowohl der Verteidigung als auchdem Gericht eine Vielzahl von Akten vor-enthlt.Unter anderem wurden fehlende Sach-standsberichte vom Ermittlungsfhrer KHK

    Damm vom BKA bemngelt. Diese warennach Aktenvermerken nicht zu den Aktengelangt, weil sie angeblich zu umfangreichseien. Am 19.02.2009 vor der vom Gerichtgeplanten Vernehmung des Zeugen Dammbeantragte die Verteidigung erneut Einsichtin diese Sachstandsberichte. Diese wurdenkurze Zeit spter der Verteidigung zur Ver-fgung gestellt.Diese Aktenbestandteile wurden vor derbergabe an die Verteidigung offensichtlichvom BKA nur unzureichend kontrolliert.Denn aus dem BKA-Sachstandsberichtvom 07.06.2006 ergibt sich nun, dass das

    BKA im Rahmen der sog. Militanzdebatte*unter ausgedachtem Namen selbst heim-lich daran teilgenommen hat. Es ndet sichim Anhang 4, wo jeder Beitrag der Militanz-debatte aufgefhrt ist, hinsichtlich einesTextes aus der Interim 611 vom 10.02.2005,

    der unter dem Namen Die zwei aus derMuppetshow verffentlicht wurde, fol-gender Hinweis:Nur fr die Handakte: Der Text wurde vomBKA verfasst und an die Interim versandt,um eine Reaktion bei der militante gruppe(mg) zu provozieren und gleichzeitig aufdie Homepage des BKA (Homepageber-wachung) hinzuweisen.Dieser Anhang 4 ndet sich bis auf obigenSatz identisch in jedem anderen Sach-standsbericht. Die anderen Berichte sindalso offensichtlich gesubert worden oderes wurden von vornherein verschiedeneVersionen produziert. Der BKA-ZeugeDamm hat in seiner bisherigen Verneh-

    mung vor dem Gericht diesen Text als ei-nen allgemeinen Beitrag bezeichnet undkommentiert. Er hat entgegen seiner Wahr-heitspicht bewusst verschwiegen, dassdas BKA dieses Schreiben selbst verfassthat.Die sog. Homepageberwachung wurdemittlerweile vom Bundesinnenministeriumals illegal eingestuft und das BKA angewie-sen, diese Methode nicht mehr anzuwen-den (vgl. Der SPIEGEL von dieser Woche).Das BKA manipuliert die Akten und enthltsowohl dem Gericht als auch der Verteidi-gung Entscheidendes vor. Beim BKA und

    eventuell bei der BAW werden paralleleGeheimakten (Handakte) gefhrt, wel-che offensichtlich brisant sind. Sptestens

    jetzt kann der Prozess gegen unsere Man-danten nicht mehr als faires Verfahren be-zeichnet werden. Als Konsequenz muss ereingestellt werden. (...)

    * Im Rahmen der Militanzdebatte wurdeber Sinn und Unsinn von militanten Ak-tionen, der Taktik und Strategie des Ein-satzes von Militanz etc. per schriftlichenBeitrgen diskutiert. Die Beitrge wurdenin der Regel in der Szene-Zeitschrift Inte-

    rim verffentlicht, welche alle 14 Tage er-scheint.

    Fr weiterfhrende Infos:www.einstellung.so36.net

    BKA-Zeuge lgtBundeskriminalamt manipuliertAkten

    Kurzmeldungen:

    Gera/Thringen: Am 05.Mrz 2009 wurde vomVerwaltungsgericht Geradie Klage des FlchtlingsAboubakar Wan aus SierraLeone abgelehnt.Obwohl Wan an Diabetes

    erkrankt ist und sich Insulinspritzen muss, ist er akut von der Abschie-bung bedroht, da seine medizinische Ver-sorgung in Sierra Leone angeblich gewhr-leistet sei.Nach der Ermordung seiner Eltern war Wan1998 vor dem bis 2002 in Sierra Leone to-benden Brgerkrieg nach Deutschland ge-ohen und lebte seither als Geduldeter inThringen. Die Verteidigung will vor demOberverwaltungsgericht Weimar Rechts-mittel einlegen, dazu muss die Berufungaber zugelassen werden und das ist bis-lang nicht sicher.

    Frankfurt/Main: Im Re-visionsverfahren deskurdischen PolitikersMuzaffer Ayata wegen Mit-gliedschaft in einer krimi-nellen Vereinigung hat dasOLG Frankfurt/Main am09. Mrz 2009 das Urteil

    besttigt, aber das Strafma um vier Mo-nate reduziert auf eine Freiheitsstrafe von3 Jahren und 2 Monate. Die Verteidigunghat erneut Revision eingelegt. Die U-Haftvon Ayata bleibt bestehen, u. a. mit der Be-

    grndung, dass beim Angeklagten eine Di-stanzierung von den Zielen und Vorgehens-weisen der PKK bislang nicht zu erkennensei. ber die im Dezember 2007 von derTrkei beantragte Auslieferung von Ayataist bis heute noch nicht entschieden.

    Bruchsal: Vor bald einemJahr wurde im Gefange-nen Info ber die Verfahrenzur vorzeitigen Freilas-sung Thomas Meyer Falksaus der Haft berichtet.Thomas schtzt es so ein,

    dass er in nchster Zeitnicht rauskommen wird, weil er sich nichtallen Zwngen des Gerichts unterwerfenwill. Das Ziel ist immer die Freiheit - aberentscheidend ist der Weg dahin, Thomas.www.freedom-for-thomas.de

    Berlin: Der Bundesrathat auf seiner Sitzung am06. Mrz 2009 beschlos-sen, dass Telefongesell-schaften, die im Zuge derStrafverfolgung fr ver-deckte Ermittlungen he-

    rangezogen worden sind,entschdigt werden. Die Entschdigungliegt zwischen 75 und 1.525 Euro pro ange-fangenem Monat der berwachung.

    Pressemitteilung der Verteidigung immg-VerfahrenRechtsanwlte Franke, Herzog, Hoffmann, Lindemann, Schrage und RechtsanwltinWeyers fr die Verteidigung, Kontakt: Rechtsanwalt Alexander Hoffmann 0171-3284816

    Spray in Berlin-Kreuzberg

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    Vor ber einem Jahr begann in Mailandder Prozess gegen 17 GenossInnen, dieim Februar 2007 whrend einer gro an-gelegten Razzia namens Tramonto, diesich gegen die Konstituierung der PC p-m(politisch-militrisch kommunistische Par-tei) richtete, festgenommen wurden. Sie-ben der GenossInnen benden sich immernoch in Gefangenschaft, andere stehenunter Hausarrest. Am 6. Oktober 2008 wur-de der Prozess nach einer Sommerpausefortgesetzt. Sie sollen, laut Pldoyer derStaatsanwaltschaft zu mehr als 191 JahrenHaft verurteilt werden. Vorgeworfen wirdden Angeklagten der Aufbau der PC p-m,die Herausgabe der verbotenen ZeitschriftAurora (Sonnenaufgang), sowie in diesemZusammenhang auch die Zugehrigkeitzu einer terroristischen Vereinigung sowiedamit zusammenhngende Delikte. Im Zu-sammenhang mit den Durchsuchungen am12. Februar 2007 in Italien war aufgrundeines Rechtshilfeersuchens durch den itali-enischen Staat auch eine Aktivistin der RoteHilfe International in der Schweiz betroffen(www.rhi-sri.org). Auch gegen sie wird nachwie vor ermittelt. Dass Europa hinsicht-lich der Repression keine Grenzen kennt,zeigt auch der Repressionsschlag gegendie RHI durch die belgische Justiz AnfangJuni letzten Jahres: 4 GenossInnen wurdenfestgenommen. Zurckzufhren sind dieFestnahmen auf eine 1 jhrige berwa-chung, die aufgrund von Informationen deritalienischen Polizei nach den Festnahmen

    der GenossInnen in Italien begann. Obwohldie berwachung keine konkreten Hinwei-se lieferten, schlug die belgische Justiz zu.Doch auch die Hausdurchsuchungen wa-ren eine totale Schlappe. Mittlerweile sindalle wieder in Freiheit, der Vorwurf der Be-teiligung an einer terroristischen Aktivittbleibt bestehen und die Ermittlungen gehenweiter. (Quelle: RHI, Berliner Bndnis 18.Mrz Tag des politischen Gefangenen)

    Die Rote Hilfe International schickt re-gelmig Beobachterdelegationen nachMailand um ffentlichkeit zu schaffen und

    Solidaritt mit den Angeklagten zu organi-sieren. Ein Interview mit einem Mitglied derKommission fr die RHI in Zrich.

    1. Kannst du sagen was den Angeklagtenim Proze vorgeworfen wird und was poli-tisch hinter der Anklage steht?

    Die Staatsanwaltschaft betonte schon inder Anklageschrift, dass es dem Staatdurch die Festnahmen gelungen ist, denAufbau einer verfassungswidrigen subver-siven politisch-militrischen Partei in Italienzu verhindern, bevor diese in Aktion treten

    konnte. Sie htten viele Arbeiter und Ju-gendliche um sich geschart, sich klande-stin verhalten, eine Zeitung rausgegebenund Waffen beschafft. De facto aber konnteihnen, ausser dem Versuch, einen Bank-automaten zu knacken und illegalen Waf-

    fenbesitz nichts konkretes nachgewiesenwerden. Im brigen stammt eine der ge-fundenen Waffen aus einem alten Bestandder kommunistischen Partisanen, die vondiesen an die damals neu gegrndeten Bri-gate Rosse weitergeleitet wurde und zuletzteben bei den GenossInnen der PC p-m ge-landet ist. Schner kann ein politisch roterFaden durch die Geschichte revolutionrerKmpfe nicht nachvollziehbar gemachtwerden!

    2. Aus welchen politischen Prozessen undEntwicklungen kommen die Angeklagten.Was sagen sie zu den Absichten und demWesen ihrer Organisierung?

    Die Angeklagten kommen, zum einen ausder langen politischen Geschichte der Bri-gate Rosse und ihrer Aufteilung 1984 inzwei divergierende Positionen. Damalsgab es einen strategischen Rckzug undeine interne Debatte ber Rolle und Funkti-on des bewaffneten Kampfes fr den Kom-munismus. Die 2. Position vertrat die Auf-fassung, dass es gelte, eine Massenliniezu entwickeln, um die Nhe zur Dynamikder Klassenkmpfe nicht zu verlieren, son-dern eben auch Ausdruck des fortgeschrit-tensten Teils der revolutionren und derArbeiterInnen-Bewegung sein zu knnen.Eine Einheit zwischen dem Politischen unddem Militrischen msse in einer klandestinkmpfenden Partei entwickelt und aufge-baut werden. Zahlreiche politische Debat-

    ten entwickelten sich u.a. zur heutigen PCp-m, deren Kern in dieser Position zu n-den ist. Es sind aber auch Genossen ausanderen bewaffneten kommunistischen Er-fahrungen dabei. Darber hinaus sind auchin den Fabriken ttige Arbeiter und jungeStudenten, sowie Leute aus der Bewegungder politischen sozialen Zentren (CentroSociali) mit in diesem Aufbauprozess invol-viert. Vier der Gefangenen haben sich beider Verhaftung als PC p-m deklariert, dieanderen unterzeichnen ihre Texte mit kom-munistische militante Gefangene. Die PCp-m Genossen haben seit ihrer Verhaftung

    auch mit Hungerstreiks um ihre kollektiveEinheit als politische Gefangene gekmpft.Die Einheit unter allen Gefangenen kommtin gemeinsamen Erklrungen zum Aus-druck. Selbstverstndlich auch im einheit-lichen Fhren des politischen Prozesses inMailand. Unter www.rhi-sri.org sind prak-tisch alle diese Dokumente abrufbar. DieRote Hilfe International hat auch eine Bro-schre mit ihren Texten verffentlicht, mankann diese unter dem Postfach 1121, CH-8026 Zrich bestellen.

    3. Du sagt, die Angeklagten fhren den Pro-

    zess aktiv und politisch. Wie sieht das aus?

    Sie mischen sich offensiv mittels Erkl-rungen ein: Politisch-programmatische oderauch solidarische wie zum Beispiel zum18.3.08 in Berlin oder zum Hungerstreik tr-

    DenGefangenen

    eineStimme

    geben

    Interview mit einer Aktivistin der Roten HilfeInternational zum PC p-m Proze in Mailand

    Interview: Anderslautern-Red.

    23.03.2009

    Fr weiterfhrende Infos:

    www.rhi-sri.org

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    April 2009 | Gefangenen Info | 11

    kischer Gefangener in den laufenden Pro-zess ein. Sie verhalten sich solidarisch mitstreikenden Arbeitern, die vom Staat oderKapital angegriffen werden. Sie rufen Paro-len, lassen sich rumen, wenn einer von ih-nen nicht zu Wort kommt. Erscheinen nichtzum Prozess, wenn ein Kronzeuge geladenwird. Ihre Anwlte haben viel Erfahrung inpolitischer Prozessfhrung und wurden aus

    diesem Grund ganz bewusst von den An-geklagten ausgewhlt. Die Rechtsanwlteagieren ebenfalls politisch offensiv.

    4. Wie ist die ffentliche Wahrnehmung desProzesses in Italien. Gibt es eine kritischeffentlichkeit?

    Nach den Verhaftungen waren die brger-lichen Medien ber Monate mit etlichen Sei-ten gefllt. Als dann die ersten politischenTexte der PC p-m auftauchten und diesenatrlich sofort ins Internet gesetzt wur-den, verffentlichten brgerliche Medien,wie die La Stampa (Turin), Repubblica oderCorriere della Sera die Texte ebenfalls. Esschreckte nicht ab, sondern wir konntenzusammen den Spiess umdrehen und diemediale Prsenz zur Verbreitung der poli-tischen Ideen offensiv nutzen. Danach kam,was kommen musste: Der Staat realisierte,dass es gelungen war, aus dieser medialenOffensive, die htte abschrecken sollen,eine Plattform zu schaffen, die eine breiteund starke Solidarittswelle mitausgelsthatte. Daraufhin versuchte die Staatsan-waltschaft die Solidaritt zu kriminalisieren.

    5. Die RHI schreibt im Zusammenhang

    mit dem Proze unter anderem: Es gibteinen internationalen Kontext der Solidari-tt und einen Angriff der Konterrevolution,der ebenfalls international gefhrt und nochnicht abgeschlossen wurde, weder in Bel-gien noch in der Schweiz ..... Was meintihr damit genau?

    Die internationale Solidaritt ist sehr starkund hlt auch nach der langen Prozes-sphase an. Viele Formen der Solidarittwurden in Deutschland, Belgien, Schweiz,Trkei, Spanien und Frankreich in Tatenumgesetzt: Kundgebungen, Graftis, Pla-

    kate, Besetzungen von italienischen Touris-musbros bis zu Brandanschlgen. In derSchweiz fand zum gleichen Zeitpunkt wiein Italien, am 12.2.07 eine Hausdurchsu-chung statt. Eine Genossin der RHI standmit auf der Liste der Beschuldigten. Nochist unklar, ob die schweizerische Bundes-anwaltschaft ihre Drohung in die Praxisumsetzt, das Verfahren gegen sie eigen-stndig in der Schweiz zu fhren. In Bel-gien fanden im selben Zusammenhang am5.6.08 Hausdurchsuchungen statt und vierMitglieder der Roten Hilfe Belgien versch-wanden fr einige Wochen im Knast. Inter-

    nationale Rechtshilfeverfahren zwischenItalien, Belgien und der Schweiz sind nochnicht abgeschlossen. So war vor einem Mo-nat die belgische Bundesanwltin mit einemKollegen und zwei Polizeispezialisten inder Schweiz, um Material der Hausdurch-

    suchungen zu sichten und evtl. verwendenzu knnen.

    6. Was ist euch bisher selbst an dem Pro-ze aufgefallen? Gibt es Schikanen vonSeiten des Gerichts ?

    Es sind die blichen Schikanen gegen poli-tische Gefangene, denen der Staat eine ge-

    wisse Bedeutung zumisst. Sie sind in fein-maschigen Kge gesperrt, deren Stbe soeng zusammenstehen, dass die Menschenhinter ihnen kaum zu erkennen sind. Zeu-gen der Anklage sagen hinter Stellwndenund vermummt aus. Auerdem sind zumTeil Kontaktsperren mit draussen (Post-verbot) angeordnet worden. Es wird nichtzugelassen, wenn sie den Antrag auf dasVerlesen einer Erklrungen stellen. Kaumgibt es Gerichtspausen, werden die Gefan-genen in weit abgelegene Knste im Sdendes Landes (Siano bei Catanzaro) verfrach-tet. Dies erschwert natrlich die Arbeit mitden Anwlten erheblich. Die Polizei ist imGerichtsaal massiv prsent. Die Besucherwerden gelzt und ihre Ausweise kontrol-liert. Das bliche eben. Das hlt aber we-der Delegationen aus dem Ausland, Men-schen aus Fabriken, Sozialen Zentren oderder Uni davon ab, den Prozess mglichstgut mitzubekommen und ihre Solidaritt da-mit auch zum Ausdruck zu bringen.

    7. Ihr plant eine internationale Delegationzum Prozess zu mobilisisieren. Was wolltihr damit erreichen?

    Wir haben schon vier internationale Dele-

    gationen nach Mailand schicken knnen. Inder Schweiz haben sich auch junge Leute,die nicht organisiert sind angeschlossen.Ihr Ziel war es zu zeigen, dass sie sich nichtabschrecken lassen wollen und dass sieden Kampf um eine revolutionre Perspek-tive wichtig nden. Aus Spanien, Frankreichund Belgien kamen ebenfalls Angehrigeder Roten Hilfe Strukturen die gemeinsamam Aufbau einer Roten Hilfe Internationalinteressiert sind. Die nchste Delegationwird zum Ende des Prozesses (04. Mai2009) nach Italien fahren.

    8. Welche Mglichkeiten seht ihr die Ge-fangenen zu untersttzen. Gibt es berDelegationen hinaus andere Mglichkeiteninternationaler Solidaritt?

    Wichtig scheint uns, den Gefangenen eineStimme zu geben, damit sie ihr politischesProjekt, die PC p-m, dem Widerstand in dendiversen sozialen und politischen Bewe-gungen und in die internationalen Debattenvermitteln knnen. In der aktuellen Krisedes Kapitalismus leisten die revolutionrenGefangenen mit ihrer aktiven Auseinander-setzung einen wichtigen Beitrag, der fr uns

    alle draussen, die nicht wollen, dass es sobleibt wie es ist, von grosser Bedeutung ist.In diesem Sinne ist der Kampf um Identittauch ein Kampf gegen Resignation und freine revolutionre Perspektive.

    Kurzmeldungen:

    Belgien: Seit dem 01.Mrz 2009 benden sichber 280 Sans Papiers inder Sporthalle der Brs-seler Universitt ULB imHungerstreik.Die Hungerstreikendensetzen ihren Widerstand

    trotz bewaffneter Bandenangriffe fort undbei mehreren AktivistInnen erreicht der ge-sundheitliche Zustand kritische Ausmae.Mehrere der Hungerstreikenden haben am03. April einen Durststreik begonnen. Mitder Aktion, die nur einen Teil des Protestsder Sans Papiers Bewegung darstellt, for-dern sie Aufenthaltspapiere und soziale Ab-sicherung.

    Marokko: Drei saharau-ische politische Gefan-gene benden sich seit

    dem 13. Februar 2009 immarokkanischen Gefng-nis von Marrakesch ineinem unbefristeten Hun-gerstreik. Sie protestieren

    damit gegen ihre illegale Inhaftierung unddie Haftbedingungen und fordern, als poli-tische Gefangenen anerkannt zu werden.Die drei Gefangenen wurden im Rahmenihres Engagements fr Selbstbestimmungdes sahaurischen Volkes verhaftet und ge-foltert und sind mittlerweile aufgrund ihresernsten Zustandes ins Gefangniskranken-haus berstellt worden.

    Griechenland: Aufgrundder Zunahme von Aktionenrevolutionrer Organisati-on - wie z.B. der Bomben-anschlag der OrganisationRevolutionrer Kampfgegen die US-amerika-nische Citibank vom 09.

    Mrz 2009 - trafen Anfang April britischeOfziere von Scotland Yard in Athen ein,um die Zusammenarbeit in Puncto Ter-rorismusbekmpfung zu verbessern. DieZusammenarbeit umfasste seit 2000 u.a.

    die Bekmpfung der Organisation 17. No-vember und die Sicherheitsvorkehrungenzu den Olympischen Spielen 2004.

    Kurdistan: Bei mehrerenDemonstrationen, die inden kurdischen Gebietender Trkei anlsslich desGeburtstages von Abdul-lah calan (Fhrer derkurdischen ArbeiterparteiPKK) stattfanden, wurden

    in der Ortschaft Amara zwei Jugendlichegettet. Die Angriffe der Polizeikrfte, die

    mit Trnengas und Rumungsfahrzeugendie Demonstranten attackierten, fhrtendazu, dass zwei junge kurdische Demons-tranten tdlich verletzt wurden. Die Ermor-dung der beiden Jugendlichen fhrte inmehreren kurdischen Orten zu Protesten.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    12 | Gefangenen Info | April 2009

    Frage: Wie viele Genossinnen und Genos-sen sind heute noch im Knast?

    Antwort: Von den Tausenden (ber 6.000)Aktivisten der italienischen Guerillaorgani-sationen der siebziger und achtziger Jahre,die verhaftet und zu langen Haftstrafen ver-urteilt wurden, haben heute nur noch etwaHundert mit dem Knast zu tun. Ein Teil da-von hat seine Haftstrafe abgesessen oderverbt sie noch, ohne seine revolutionreIdentitt aufzugeben, doch der grte Teilhat beschlossen, mit seiner revolutionrenAktivitt abzuschlieen. ber die Jahrehinweg gab es die verschiedensten Wege,mit der Vergangenheit zu brechen: von deroffenen Kollaboration mit dem Staat bis hinzur Verhandlung kleiner Gruppen oder Ein-zelner mit dem Staat, in dessen Hnde manauf verschiedene Weise seine Kapitulationgelegt hat.Man muss unterscheiden zwischen denen,die noch volle 24 Stunden im Knast sind,und denen, die tagsber hinausgehen kn-

    nen, aber nur um zu arbeiten, und die jedenAbend wieder in den Knast zurckgehenmssen. Zur ersten Gruppe gehren nurca. 50 Genossen, zur zweiten mehrerehundert Gefangene, von denen die meistenmit jeder Art von revolutionrer Aktivittoder auch mit jeder Art von Widerstand desProletariats gebrochen haben. Zu dieserletzten Gruppe gehren alle Aktivisten derBR, mehrere Hundert zu langen Haftstrafenoder auch zu mehr als einmal lebenslng-lich Verurteilten. Vielen dieser Gefangenenwurden die Haftstrafen verkrzt und sie ha-ben nicht mehr viel mit dem Knast zu tun.

    Die anarchistischen und kommunistischenGenossen, die nicht mit dem lokalen undinternationalen Kampf des Proletariats ge-brochen haben, bleiben 24 Stunden imKnast, bis zum letzten Tag ihrer Haftstrafe,und wenn sie zu lebenslnglich verurteiltwurden, bleiben sie bis zu ihrem Tod im Ge-fngnis. Die zu lebenslnglich verurteiltenGenossen, die noch an den Prinzipien derproletarischen Revolution festhalten, sindca. 20, die fast alle zur BR-PCC gehren,unter ihnen auch die im Jahr 2003 Verhaf-teten.Die Aktivisten der BR-PCC benden sich

    in den Knsten von Biella, Sulmona, Lati-na (Frauenknast), Siano (Catanzaro) undCarinola (Caserta), einige in den Abtei-lungen mit erhhter berwachungsstufe(EIV) [eine Art Hochsicherheitsabteilung].In diesen Abteilungen sind maximal 20 Ge-

    fangene, die entweder als unempndlichgegen Resozialisierung oder als Terroristenbetrachtet werden.

    Frage: Unter welchen Bedingungen lebensie?

    Antwort: Ihre Briefe, Bcher sowie Besuchewerden unter fadenscheinigen Vorwndenerschwert und behindert, die Post unterliegtder Zensur. Fr Besuche von Angehrigenstehen 6 Stunden pro Monat zur Verfgung,doch die weiten Entfernungen lassen oftgerade einmal 2 Stunden zu. Sie unterlie-gen hygienisch-sanitren Bedingungen,die ekelhaft und gefhrlich sind. Sie ms-sen sich sogar Aspirin und Klopapier selbstkaufen, was bei allen Gefangenen in italie-nischen Knsten der Fall ist.In den EIV-Abteilungen gibt es, mit Ausnah-me einiger weniger Knste, keinen Com-puter- und Spieleraum, sondern nur zweiStunden Hofgang am Vormittag und zweiStunden am Nachmittag oder Abend, aber

    nicht in allen Gefngnissen. Die Gefange-nen knnen das Abendessen zusammenmit hchsten zwei anderen in einer Zellezu sich nehmen. In den Zellen drfen sienur eine bestimmte Anzahl von Bchernhaben (meistens 10), nur wenige Hefte frAnmerkungen, wenige und nur bestimmteSchreibstifte, und sonst nicht viel. Sie dr-fen ein paar Kochtpfe haben, um sich Nu-deln zu kochen oder Eier zu braten, einenCamping-Gaskocher, etwas Unterwsche,ein paar Jacken und wenige Schuhe. Sonsteigentlich nichts. Im Hof gibt es nichts au-er einem verdreckten Loch und Beton,

    unten und an den Seiten. ber ihnen hngtein Netz, das das Sonnenlicht teilweiseabhlt. Vier der im Jahr 2003 verhaftetenGenossinnen und Genossen wurden nachnicht einmal zwei Jahren in die Sektion 41bis [Hochsicherheitstrakt nach einem Anti-terrorismusgesetz von 1975] von LAquila,Terni, Parma und Rebibbia (Frauenknast)verlegt, wo die alltglichen Bedingungennoch schlimmer sind. Zum Beispiel dr-fen nur drei bis vier Personen gleichzeitigHofgang machen, man darf noch wenigerGegenstnde wie Essen und Bcher in derZelle haben. Es gibt nur zwei Stunden Hof-

    gang. Besuche, auch vom Anwalt, ndenhinter der Trennscheibe statt. Der Prozessndet per Videokonferenz statt, wo jedekollektive und auch individuelle Verteidi-gung schlicht unmglich ist, einem a prioriverweigert wird.

    Knste in ItalienDie spezielle Situation der kommunistischen

    und anarchistischen Gefangenen in ItalienEin Interview mit einem ehemaligen politischen Gefangenen

    Die Kommission fr eine Rote Hilfe Inter-national ruft zur Bildung einer internationa-len Prozessdelegation auf. Wir dokumen-tieren auszugsweise:

    Der lange und intensiv gefhrte poli-tische Prozess in Mailand gegen die am12.2.2007 im Zusammenhang mit der Kon-stituierung zur PC p-m (KommunistischePartei politisch-militrisch) verhaftetenGenossInnen geht dem Ende zu. Mon-tag, dem 4. Mai wird der letzte Prozesstagsein. Die GenossInnen drinnen und drau-en bereiten sich mit Treffen am Sonntag,

    dem 3.5. und Kundgebungen vor und imGerichtssaal am 4.5. vor.Die RHI ist Teil dieser Organisierung undldt alle ein, sich daran zu beteiligen.Der politisch offensiv gefhrte Prozess l-ste groe Solidaritt in Italien wie im Aus-land aus. Die internationale Klassensoli-daritt wurde dadurch gestrkt und in derPraxis aufgezeigt, dass wir uns weder ab-schrecken noch spalten lassen. In diesemKontext steht auch die Solidaritt mit denbelgischen GenossInnen nach dem Angriffder Repression gegen sie am 5.6.08.Am Sonntag, dem 3.5. wird es ein Treffenmit GenossInnen, Angehrigen und Freun-dInnen aus Italien, der Schweiz, Deutsch-land, Frankreich, Belgien und Spanien ge-ben. (...)

    Die Kommission ruft dazu auf, nach Mai-land zu mobilisieren und Grubotschaftenzu verfassen. Adresse fr Anmeldung undGrubotschaften:[email protected]

    Aufruf zur5. internationalenProzessdelegationzum Prozessin Mailandam 3. /4. Mai 2009

    Alle Gefangenen im Gefngnis:

    Casa CircondarialeVia Camporgnago 40I - 20141 Milano-Opera

    Alfredo DavanzoAndrea ScantamburloBruno GhirardiBortolato DavideMassimo GaetaSalvatore ScivoliVincenzo SisiClaudio LatinoDavide BortolatoMassimiliano Toschi

    Die brigen der 17 Angeklagten sind unterHausarrest. Die aktuelle Liste der Gefan-genen und ihrer aktuellen Adressen ndetihr unter:www.autprol.org

    Gefangene aus dem PC p-m Prozess

    internat

    ional

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

    13/20

    April 2009 | Gefangenen Info | 13

    Yessie Macchi ist am 3. Februar 2009 in Montevideo ge-

    storben. Wir verffentlichen Auszge aus einem Text

    von Theo Bruns und Angela Habersetzer

    Die uruguayischen Tupamaros waren derPrototyp der Stadtguerilla, die GuevarasFokustheorie unter urbanen Bedingungenerprobten.Yessie Macchi wurde 1946 in Montevideogeboren. Sie bekommt Kontakt zur MLN(Nationale Befreiungsbewegung), derStadtguerilla, die die sozialistische Re-volution im krisengeschttelten Uruguayverwirklichen will. Im Jahr 1966 schlietsie sich der Organisation an. Als eine dermeistgesuchten Frauen Uruguays wird siezwei Mal verhaftet und entkommt im Rah-men spektakulrer Massenuchten beideMale aus dem Gefngnis.Am 13.6.1972 gert auch die Gruppe umYessie Macchi in ein Feuergefecht mit derPolizei und wurde festgenommen.Man schickt sie durch verschiedene Ka-sernen des Landes. Eine Woche vor demPutsch der Militrs werden 1973 je neunFrauen und Mnner zu Geiseln des Staateserklrt. Unter barbarischen Bedingungenhlt man sie in winzigen Verliesen und fol-tert sie immer wieder.1985 tritt eine neu gewhlte Zivilregierungihr Amt an. Fr die letzten politischen Ge-fangenen - unter ihnen Yessie Macchi - ff-nen sich endlich die Gefngnistore. Die er-sten Tage und Wochen der Freiheit sind wie

    ein Rausch. Dann kam die Zeit, die wir dieDepression nach der Freilassung nennen.Die Wiedereingliederung in das Alltagsle-ben ist extrem schwer. Die eingefrorenenGefhle mssen wieder aufgetaut werden.Auch spter treten Retraumatisierungenauf. Es ist ein bestndiger Kampf gegen dieSelbstzerstrung.Die Doppelbelastung der Frauen fhrtdazu, dass sie in ihrer politischen Prsenzzurckgedrngt werden. Hinzu kommt dieerneute Konfrontation mit den vertikali-stischen Strukturen der politischen Linken.Mit den Jahren geht Yessie Macchi immer

    strker auf Distanz zur ofziellen Linie derMLN. Sie kritisierte die Umdeutung desbewaffneten Kampfes zu einer Art bewaff-neten Patriotismus, wie sie im Rahmender Integration der Tupamaros in das par-lamentarische System von fhrenden Ex-Guerilleros vorgenommen wird.Ihr eigener Weg war die Rckbesinnungauf die sozialen Kmpfe, insbesondere dieder Frauen. Sie arbeitetete als Hrfunk-

    journalistin und war Mitbegrnderin derlinken Nachrichtenagentur COMCOSUR.In Deutschland wurde sie durch den FilmUnd pltzlich sahen wir den Himmel und

    das Buch Aber wir haben immer auf dasLeben gesetzt bekannt.1993 besuchte Yessie Macchi die RAF-Ge-fangene Irmgard Mller im Knast in Lbeck.Es war wie ein Blick in den Spiegel. Beidesind fast gleichaltrig und wurden im selben

    Jahr verhaftet. In einem auergewhn-lichen Radio-Beitrag berichtete sie in Uru-guay von ihrem Besuch, den sie als einzig-artige Symbiose zweier Frauen, die 15.000km voneinander entfernt leben, erfahrenhat. Und sie spricht zu sich, zu Irmgard indem Versuch, ihre eigenen Erfahrungen zuvermitteln: Aber ich fhle mich verpich-tet, ihr zu sagen, sie solle die Freiheit nichtidealisieren. Und langsam, damit sie jedesmeiner Worte versteht, erklre ich ihr, wieschwierig es ist, sich an das Leben zu ge-whnen, alles neu zu lernen. Vom Zndender Lichter, wenn es Nacht wird, der Ge-whnung an tiefgreifende Vernderungenunserer geliebten Mitgeschpfe und un-serer eigenen Genossen und Genossinnen.Die anfngliche Hast, alles zu sagen, wasman jahrelang nicht gesagt hat, und alle L-cken zu schlieen, die sich in jenen Jahrengeffnet haben. Und dann die so hugeDepression, bis man das Gleichgewichtwiedererlangt hat. Zurck in Uruguay orga-nisierte Yessie Macchi eine Kampagne zurFreilassung von Irmgard Mller, der sich diegesamte Leitung der MPP, der Bndnisor-ganisation der Tupamaros, anschloss.Yessie Macchi verkrpert die andere Ge-schichte der Tupamaros, die unabgegol-tene, mit der kein Staat zu machen ist. Eine

    Rebellin.

    Aber wir haben

    immer auf das

    Leben gesetzt...

    Zwlf Frauen, ehe-malige politischeGefangene aus Uru-guay, erzhlen vonihrer Politisierungund ihren Aktivittenin den 1960er undfrhen 1970er Jah-ren. Sie berichten

    ber den Militr-putsch in Uruguay 1973, ber ihre Hafterfah-rungen, ihre Freilassung nach der Wiederein-setzung einer Zivilregierung im Jahr 1985 undihr heutiges Leben.Die interviewten Frauen sind: Edda Fabbri,Luca Topolansky, Nlida Fontora, Gloria Eche-veste, Mara Elia Topolansky, Raquel Dupont,Yessie Macchi, Ulma Lpez, Ivonne Tras, MirtaMaceda, Angeles Michelena, Cristina Finn, Ce-cilia Duffau.ISBN 3-922611-59-1 | 272 Seitenerschienen 1998 | 14.50

    Weitere Literatur und Filme:

    Ein lngerer Artikel zu Yessie Macchi ist auf derHomepage www.political-prisoners.net vom 04.Mrz 2009 nachzulesen.Der Film aus den siebziger Jahren Der un-sichtbare Aufstand von Constantin Costa-Gra-vas schildert den Kampf der Tupamaros.

    Ich werdeimmer eine Tupamara bleiben

    Der Sicherheitsausschuss hat den Antragauf Freilassung des seit fast 25 Jahreninhaftierten libanesischen RevolutionrsGeorges Ibrahim Abdallah am 26. Mrz2009 beraten und die Entscheidung aufden 05. Mai 2009 vertagt. Die Klassenju-stiz des franzsischen Staates macht denpolitischen Charakter des Falles an meh-reren Punkten deutlich. Zum einen wurdedie Frist von zwei Jahren und drei Mo-naten, die zwischen dem Einreichen desAntrags am 06. Februar 2007 und der ge-richtlichen Entscheidung liegen muss, ri-goros eingehalten. Zum anderen ist es dieSicherheitsverwahrung gegen die lebens-lnglich Verurteilten. Hierbei kommt demInterdisziplinarausschuss die Aufgabe zu,die Gefangenen auf ihre Gefhrlichkeithin zu beurteilen. Diese Beurteilung wirddem Gericht vorgelegt, welche diese dannbercksichtigen kann. Die GefhrlichkeitAbdallahs wurde vom Ausschuss am 22.Januar 2009 diagnostiziert. Die intak-ten politischen berzeugungen Abdallahs

    seien demnach der Grund dafr, dass sei-ne Gefhrlichkeit fortbestnde.Der libanesische Revolutionr Abdallahder FARL (Bewaffnete Revolutionre Li-banesische Fraktionen) wurde am 24.Oktober 1984 in Lyon verhaftet und zulebenslanger Haft fr die Ttung einer is-ralischen Geheimdienstverantwortlichenund eines US-Militrattachs verurteilt. Erbendet sich seitdem ununterbrochen infranzsischen Gefngnissen in Haft. Wh-rend der Jahre seiner Haft hat Abdallah innichts von seinem solidarischen Kampf mitden Vlkern, die gegen Imperialismus und

    Zionismus und fr die Befreiung Palstinaskmpfen, abgeschworen. In seinem erstenProzess wurde er wegen Waffen- undSprengstoffbesitz zu vier Jahren verurteilt.1987 forderte der Staatsanwalt zehn JahreHaft fr Abdallah. Der franzsische Staat,der die Interessen der USA und Israelsbercksichtigt, erachtete das als unzurei-chend und Abdallah wurde vor einem Son-dergericht zu lebenslnglich verurteilt.Obwohl Abdallah seit 1999 htte freige-lassen werden knnen, setzte sich seineVerfolgung unvermindert fort.

    Entscheidung berFreilassung Abdallahsfllt am 05. Mai 2009

    Georges Ibrahim Abdallh, 1680-AMC de Lannemezan, Rue des SaliguesBP 166, 65307 Lannemezan, Frankreich

    Schreibt Georges Ibrahim Abdallah

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

    14/20

    Grup Yorum

    Baemeden / CD

    Zu bestellen bei:Jump Upwww.jump-up.deArt-Nr.: NOL-00749Lieferzeit: 2 WochenPreis: 12

    Grup Yorum verffentlichte auf dem Musikla-bel Kalan (www.kalan.com) Ende 2008 seinbisher letztes Album Baemeden (Auf-rechten Hauptes).Die musikalische Bandbreite umfasst nebendem von Grup Yorum gewohnten Stil neueEinsse westlicher moderner Musik wie

    Rock oder Hip Hop ohne die eigene musika-lische Qualitt in den Hintergrund zu stellen.An die vorherigen ber 20 Alben anknp-fend enthlt auch Baemeden durchwegeindeutige politische Aussagen. So werdenz.B. Gefngniskmpfe, Entfremdung undVereinzelung, der Widerstand der Armen-viertel gegen Abriss und Vertreibung oderimperialistische Besatzungen und Kriegethematisiert.Seit Ende des Konzertverbots im Jahr 2003steht die Band auch in der Trkei wieder aufder Bhne. Folgend die Tourneedaten frEuropa:

    26.04.2009: Straburg09.05.2009: Wien10.05.2009: Stuttgart30.05.2009: Hannover14.06.2009: London

    14 | Gefangenen Info | April 2009

    Am 19. Mrz 2009 wurde Ahmad Saadatpltzlich vom Hadarim Gefngnis ins Asqe-lan Gefngnis verlegt, wo er sich in Isolati-onshaft bendet.

    Ahmad Saadat, einer von 11.000 palsti-nensischen Gefangenen wurde wiederholtder Isolationshaft und Strafmanahmendes israelischen Regimes ausgesetzt.Saadat wird wiederholt von Gefngnis zu

    Gefngnis verlegt und bendet sich hugin Einzel- oder Isolationshaft.Die palstinensische Anwltin Buthaina Du-qmaq, Vorsitzende des Mandela-Institutsfr palstinensische Gefangene, erklrtedass dies ein Teil israelischer Politik gegendie palstinensischen Gefangenen sei. AufSaadat werde besonders abgezielt, weil erbeides ist: ein palstinensischer Staatsfh-

    rer und ein Fhrer unter den Gefangenen,dessen Anwesenheit innerhalb des Ge-fngnisses die Einheit und die Standhaftig-keit der Gefangenen strkt.Auerdem leidet Ahmad Saadat an R-ckenverletzungen, die medizinische Auf-sicht und Behandlung erfordern. Anstattdie ntige medizinische Behandlung zu ge-whrleisten, verwehren ihm die israelischenGefngnisbeamten den Zugang zu Spezi-alisten und sorgen fr medizinische Un-terversorgung und schlechte Behandlung.Nun setzen sie ihn wieder der Isolation aus,wo er mit weitaus verschrfterer medizi-nischer Vernachlssigung und Verletzungseiner Rechte konfrontiert wird.Die Kampagne fr die Freiheit von AhmadSaadat fordert das Ende seiner Isolati-on und ruft dazu auf, dem InternationalenKomitee des Roten Kreuzes (IKRK) undanderen Menschenrechtsorganisationenzu schreiben, damit diese ihren Verant-wortlichkeiten nachkommen und schnell

    zu agieren, um die Israelis dazu aufzu-fordern, Ahmad Saadat und allen palsti-nensischen Gefangenen die erforderlichenmedizinischen Behandlungen zu gewhrlei-sten und die Isolation zu beenden. MailenSie an das IKRK, dessen humanitre Auf-gabe die berwachung der Zustnde vonGefangenen einschliet. Schreiben Sie an

    [email protected] und informieren Sie

    ber die dringende Situation von AhmadSaadat!Die Gefangenschaft von Saadat, der we-gen seiner leistungsfhigen und politischenFhrung des palstinensischen Volkes zueiner 30-jhrigen Strafe verurteilt wurde,steht exemplarisch fr Israels Versuche,das palstinensische Volk und ihre natio-nale Befreiungsbewegung durch massiveRepression zu isolieren. Sie haben es nichtgeschafft, den Willen des Volkes von Pal-stina durch Gefangenschaft, Blutbder undBelagerung zu brechen und werden es nieschaffen, den Willen von Saadat, der pal-stinensischen Gefangenen und des palsti-nensischen Volkes zu brechen.

    Freiheit fr Ahmad Saadat undalle palstinensischen Gefangenen jetzt!

    Die Kampagne fr die Freiheit von

    Ahmad Saadat

    www.freeahmadsaadat.org

    Dringend:Ahmad Saadat insAsqelan Gefngnisverlegt. Er befindet sich

    in Isolationshaft!

    Muharrem Cengiz, Gitarrist der revolutio-nren anatolischen Musikband Grup Yo-rum, wurde am 25. Mrz 2009 im IstanbulerGazi-Viertel festgenommen. Nach seinerFestnahme wurde er in das Gaziosmanpa-sa Revier gebracht und am 26. Mrz nachseiner Vorfhrung beim Haftrichter vor demGaziosmanpasa Gericht verhaftet. Cen-giz, gegen den der Vorwurf wegen seinerSelbstverteidigung gegen die PolizistenWiderstand gegen die Staatsgewalt lau-tete, wurde dem Schwurgericht in Besiktasvorgefhrt und anschlieend ins Metris Ge-fngnis verlegt.

    Cengiz war bereits 2004 in Folge der inter-nationalen Repressionswelle gegen ver-meintliche Einrichtungen und AktivistInnender DHKP-C (Revolutionre Volksbefrei-ungspartei-Front) verhaftet und nach mehr-monatiger Haft wieder freigelassen worden.

    Neben Cengiz befanden sich bis zu 64 deranfnglich 82 Gefangenen des Repressi-onsschlages, der neben der Trkei in Bel-gien, der BRD, Italien und den Niederlan-den durchgefhrt worden war, aufgrund von

    durch die Polizei geflschte Datentrger inHaft. Nachdem nun das Verfahren diesbe-zglich beendet und das Urteil durch dasRevisionsgericht besttigt worden ist, wur-de Cengiz erneut verhaftet.Seine Band verffentlichte daraufhin eineErklrung, in der sie betonte: Whrend inder Trkei jene, die das Land plndern, dasLand in ein Korruptionssumpf verwandeln,das Land den Imperialisten auf einem gol-denen Tablett servieren und Folterer undMrder frei herumlaufen, kennen wir denGrund dafr, weshalb Muharrem Cengizvon 15 bis 20 Polizisten angegriffen, ge-

    schlagen, festgenommen und gefoltert wur-de. Jeder weiss es!Die Werte, fr die Grup Yorum und Muhar-rem Cengiz stehen, sind jene Werte, die die-sem Ausbeutungs- und Foltersystem seinEnde bereiten werden. Davor frchten siesich. Die Razzien, Verbote, Verhaftungen,Folter, jahrzehntelangen Haftstrafen undVertreibungen, die wir als Grup Yorum seitunserer Grndung 1985 erleben, nden nurstatt, weil sie sich vor diesen Werten frch-ten.(...) Wir verurteilen die Folter, Festnahmeund Freiheitsberaubung gegen unseren

    Freund und Bandmitglied Muharrem Cen-giz. Wir fordern das Ende der Repressiongegen unserer Gruppe. (...)

    Fr weiterfhrende Infos:www.grupyorum.net

    Grup Yorum GitarristCengiz verhaftet

    internat

    ional

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #346

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    April 2009 | Gefangenen Info | 15

    Nach seinem Bruder Savvas hat nun auchChristodoulos Xiros Klage beim Europ-ischen Gerichtshof fr Menschenrechte(EGMR) gegen seine Haftbedingungen ein-gereicht.

    Der ebenfalls im Prozess gegen mutma-lich Mitglieder der griechischen Stadtgue-rilla 17N Verurteilte kmpft in Straburg freine Unterbrechung seiner Gefngnisstrafezur Wiederherstellung seiner Gesundheit.Christodoulos Xiros leidet an einer erst imKnast entwickelten Allergie, die ihn bereitsein Dutzend Mal mit Symptomen eines le-bensgefhrlichen Schocks ins Kranken-haus gebracht hat.Bei Haftbeginn im Juli 2002 wurde Ch. Xi-ros den blichen Gesundheitstests unter-zogen. Ergebnis: der Gefangene erfreuesich bester Gesundheit. Im April 2004waren erstmals Symptome einer Allergie,Hautrtungen und eitrige Ausschlge, auf-getreten. Seit damals und bis heute leidetder zu sechs mal lebenslangem GefngnisVerurteilte in immer strkerem Mae an derrtselhaften Allergie. Nur whrend der Dau-

    er des Berufungsprozesses, vom Frhjahr2006 bis Frhjahr 2007 traten keine Be-schwerden auf. Und nur in diesen Monatenhatte Christodoulos Xiros, als Angeklagter,die Mglichkeit, den unterirdischen Zellen-trakt der politischen Gefangenen tglich fretwa 7 Stunden zu verlassen.Wenige Monate nach Abschluss des Be-rufungsverfahrens verschlimmerte sich dieLage des nun wieder 24 Stunden am Tagin Kleingruppenisolation Weggesperrten.Am 17. Oktober vergangenen Jahres wurdeCh. Xiros erstmalig mit einem allergischen

    Schock auf die Intensivstation des nch-sten Krankenhauses eingeliefert. In dendarauffolgenden 15 Monaten wiederholtensich die lebensgefhrlichen Anflle insge-samt 12 Mal, zuletzt musste er am 4. Janu-ar dieses Jahres in aller Eile ins Kranken-haus gebracht werden.Mndlich htten ihm eine ganze Reihe rztebesttigt, dass die Ursache der Allergie in

    der unterirdischen Zellenumgebung zu su-chen sei, uerte sich Christodoulos Xirosaus dem Gefngnis. In der Krankenaktewird aber nur festgehalten, die Ursache derAllergie sei bisher unbekannt. Mit Bezugauf diese Unbekanntheit lehnte die Ge-fngnisverwaltung einen im Sommer 2008gestellten Antrag auf Verlegung in einenanderen und vor allem berirdischen Zel-lentrakt ab. Wenige Monate spter lehnteder zustndige griechische Gerichtshof denAntrag des Kranken auf eine fnfmonatigeStrafunterbrechung fr eine fundierte Be-handlung im Krankenhaus ebenfalls ab.Statt dessen verordneten wechselnde rztedem Gefangenen eine immer strkere Me-dikation. Antihistamininka wurden von Kor-tison in immer hheren Dosen ergnzt,obwohl die Langzeiteinnahme von Kortisonselbst mit nicht unerheblichen Gesund-heitsrisiken verbunden ist. Weil sich auchdadurch keine Symptomunterdrckung er-zielen lie - eine Heilung wre nur durchdie Beseitigung der Ursache zu erreichen- werden dem Gefangenen seit drei Mona-ten sogar eigentlich fr die Chemotherapiebei Krebskranken eingesetzte Blocker ver-abreicht.Der EGMR kann Griechenland nicht anwei-

    sen, Xiros die Haftunterbrechung zu gewh-ren oder ihn gegebenenfalls in ein anderesGefngnis zu verlegen. Eine VerurteilungGriechenlands fr die Haftbedingungen desGefangenen htte jedoch zur Folge, dasseinem daraufhin zu stellenden erneutenAntrag in Griechenland selbst stattgegebenwrde. Ein erster Erfolg ist bereits jetzt zuvermelden. Seit Eingang des Schreibensvom EGMR, die Klage werde geprft, hltdie Gefngnisverwaltung pltzlich die Ter-mine fr die dem Kranken verordneten Un-tersuchungen ein.

    Zweiter Xiros

    gegen Griechenland- Heike Schrader, Athen -

    Im Sommer 2002 ge-lang der griechischenPolizei nach einemmissglckten Spre-ngstoffanschlag derRevolutionren Or-ganisation 17. Nov-ember (17N) einSchlag gegen die

    17N, bei der 19 Personen verhaftet wurden.Die 17N fhrte von 1975 bis 2002 einen be-waffneten Kampf in Griechenland und ver-

    bte Anschlge auf verschiedene Agentender amerikanischen und britischen Geheim-dienste in Griechenland sowie auf Angeh-rige der griechischen Geheimdienste undSondereinheiten, griechische Industrielleund Politiker.

    Alle Gefangenen im Gefngnis:

    DIKASTIKES FILAKES KORYDALLOU181 22 ATHENS-PIRAEOSGriechenland

    Alexandros GiotopoulosChristodoulos XirosDimitris KoufodinasIraklis KostarisKostas Karatsolis

    Nikos PapanastasiouSavvas XirosSotiris KondylisThomas SerisVassilis TzortzatosVassilis Xiros

    Als Mitglieder der Revolutionren Organisation 17N Verurteilte

    Kurzmeldungen:

    Spanien: Am 21. Mrz2009 ist Jose Ortin Marti-nez, der ein langjhrigerantifaschistischer Mili-tanter und ein Mitglied derPCE(r) (KommunistischePartei Spaniens [wieder-aufgebaut]) und deren be-

    waffneter Arm GRAPO (AntifaschistischeWiderstandsgruppen des 1. Oktober) war,in Gefangenschaft gestorben. Trotz 25 jh-riger Haft, Isolation und Folter denen erausgesetzt war wurde sein Wille nicht ge-brochen. Er war im Laufe seiner Gefangen-schaft an 10 Hungerstreiks beteiligt.

    Baskenland: Auf Anord-nung des Untersuchungs-richters Garzon hat diespanische Polizei am 31.Mrz 2009 8 Jugendliche

    in Hernani und Urnietaverhaftet. Alle Verhaftetenbenden sich in Incommu-

    nicado-Haft und wurden nach Madrid ge-bracht. Von allen wurden die Wohnungendurchsucht, ebenfalls durchsucht wurdendrei Bars, die Herriko Taberna und ein be-setztes Haus. Computer, Kleidungstcke,Aufkleber, Wimpel und Propagandamate-rial gegen den HochgeschwindigkeitszugTAV wurden beschlagnahmt. Hunderte pro-testierten in Hernani am Abend gegen dieVerhaftungen.

    Baskenland: Die acht Ak-tivistinnen und Aktivistender baskischen Unabhn-gigkeitsbewegung, die imJanuar dieses Jahres aufAnordnung des RichtersBaltasar Garzn des Son-dergerichts Audiencia

    Nacional verhaftet worden waren