GEHEIMAKTE LEONARDO DA VINCI -...

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LEONARDO ◊ GEHEIMAKTE ◊ DA VINCI VON RALPH ERDENBERGER & SVEN PREGER MÜNCHEN ∙ BERLIN ∙ LONDON ∙ NEW YORK Prestel

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LEONARDO◊ GEHEIMAKTE ◊

DA VINCIVON RALPH ERDENBERGER & SVEN PREGER

MÜNCHEN ∙ BERLIN ∙ LONDON ∙ NEW YORK

Prestel

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Kunst-Detektei XY Prinzregentenstr. 102 • 81677 München

München, 7. Mai 2010

Lieber Leo,

Dein Lehrer hat Recht! Es gab diesen Mann wirklich.

Auch er hieß Leo: Leonardo da Vinci. Vinci heißt das italienische Dorf, in dem er 1452 geboren wurde. Dieser Junge vom Land ist tatsächlich eines der größten Genies

der Geschichte. Wer er war und was er genau geschaffen hat, erfährst

Du im beiliegenden Material. Es ist mir gelungen, in der kurzen Zeit eine umfangreiche Akte über

diesen unglaublichen Mann zusammenzustellen. An einigen Stellen kannst

Du vielleicht noch etwas ergänzen. Obwohl ich nun zwei Wochen nach

ihm gefahndet habe, gibt er mir noch immer Rätsel auf. Du findest in dieser Akte unter anderem: - einen Steckbrief - Phantombilder des Künstlers - die Rätsel der Mona Lisa - den Verrat beim Abendmahl - den Traum vom Fliegen - seine Körperstudien - Verhöre mit dem Künstler

Dabei gibt es für Dich noch viel zu rätseln und den Da-Vinci-Code

zu knacken. Viel Erfolg bei Deinem Referat!

XY

Kunst-Detektiv XY

P.S.: Deine nette Anzahlung schicke ich Dir zurück. Wusstest Du,

dass Deine 1-Euro-Münze aus Italien stammt? Wie Leonardo?

Auf ihrer Rückseite findest Du eine Spur (Seite 80).

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KUNSTAKTENZEICHEN

LDV / 2010

Der Fall Leonardo da Vinci

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S. 8

Die Wiege der Ideen

Die Rätsel der Bilder

Der Erfi nder der Zukunft

S. 10-27

S. 28-61

S. 62-71

Steckbrief

i Wiege der Ideen

S

Steckbrief

Di Rät l d

Der Erfinder d Z k

Inhalt

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Lösungen S. 106

Auf den Spuren von Leonardo S. 107-109

Die Leonardo-Kartei S. 110-111

Das Innere

des Menschen

Der gefl ügelte Mensch

Das Grab des Genies

Da-Vinci-Code

S. 72-81

S. 82-95

S. 96-101

S. 102

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15. April 1452,

vermutlich in Anchiano / bei Vinci (Italien)

02. Mai 1519,

in Amboise (Frankreich)

Steckbrief: Leonardo da Vinci

STERNZEICHEN: Widder

MUTTERSPRACHE: italienisch

FAMILIENSTAND: ledig

VATER: Antonio de Piero da Vinci (Notar)

MUTTER: Caterina (vermutlich Bauernmagd)

BERUF: Maler, Bildhauer, Architekt, Musiker, Kartograph,

Schriftsteller, Mechaniker, Ingenieur

TATORTE: Mailand, Florenz, Rom, Amboise

WICHTIGE WERKE: „Mona Lisa“, „Das Abendmahl“, „Johannes der Täufer“

HOBBIES: Zeichnen, Sezieren, Erfinden, Philosophieren

CHARAKTER: neugierig, experimentell, beeindruckende Persönlichkeit,

ungeduldig, sprunghaft, führt wenig zu Ende

KENNZEICHEN: Vegetarier und Linkshänder, schreibt spiegelverkehrt

UNTERSCHRIFT:

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Teufelswerk oder Geheimschrift?

Leonardo hatte einen seltsamen Schreibstil: Er schrieb von rechts

nach links und malte die Buchstaben spiegelverkehrt. Das lag vor

allem daran, dass er Linkshänder war. Durch diese Schreibweise

verwischte er die Tusche nicht mit der Hand. Obwohl Linkshänder zu

seiner Zeit als Ausgeburt des Teufels galten, brachte ihn niemand

davon ab. Der Schreibstil hatte den Vorteil, dass seine Aufzeichnungen

über geheime Erfindungen für andere schwieriger zu lesen waren.

Es sei denn, man nimmt einen Spiegel...

Ist das der Fingerabdruck von Leonardo da

Vinci? Dann hätte der Meister dieses Bild des

hübschen Mädchens im Renaissance-Kleid ge-

malt, und es wäre 100 Millionen Dollar wert.

Wenn das Bild wirklich von Leonardo stammt,

wäre sein neuer Besitzer ein reicher Mann.

Denn ein kanadischer Kunstliebhaber hat es

in New York bei einer Versteigerung 2009

für 12 800 Dollar erworben und untersuchen

lassen. Dabei wurde der Fingerabdruck am

linken oberen Bildrand entdeckt. Er soll dem

Abdruck ähneln, der auf Leonardos Bild

vom „Heiligen Hieronymus“ zu sehen ist.

Leonardo-Fachleute haben Zweifel daran, da

die hölzerne und etwas steife Malweise mit

den geröteten Wangen eher auf ein Kunst-

werk aus dem 19. Jahrhundert schließen

lässt. Umstritten ist auch, wen das Bild

zeigt.

Der kostbare Fingerabdruck

hier ist ein Fingerabdruck

zu erkennen

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DIE WIEGE

DER IDEEN

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VINCI, 15. APRIL 2010

Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen

über die weite Landschaft Norditaliens.

Sie fliegen über den grün-braunen

Flickenteppich aus Feldern, eilen hin-

weg über silberne Olivenhaine, huschen

lautlos über die Dächer der Bauernhöfe,

berühren nicht einmal die brühmten

Weinberge der Toskana. Was die Sonnen-

strahlen sanft ertasten und erglühen

lassen, das sind die rauen Mauern einer

Festung – strategisch gelegen auf dem

Sattel eines Hügels. Drei Türme leuchten

wie Finger aus Feuer in den Abend-

himmel: zwei dicke Bergfriede und ein

schlanker Kirchturm. In ihrem Schatten

haben viele kleine Steinhäuser Schutz

gefunden. Das also ist Vinci, der Ort, der

dem Genie seinen berühmten Beinamen

gegeben hat.

Ich sitze auf einer kleinen Anhöhe bei

Anchiano im jungen Gras und lasse

meinen Blick schweifen. Hier irgendwo

ist Leonardo da Vinci auf den Tag genau

vor 558 Jahren geboren und aufge-

wachsen. Aber wo stand seine Wiege?

Sein Taufname sowie Datum und Uhrzeit

seiner Geburt sind belegt: „am 15. Tag

des April, einem Samstag, um die dritte

Nachtstunde. Er trägt den Namen

Lionardo.“ So hat es sein Großvater

Antonio damals aufgeschrieben auf der

Rückseite eines vergilbten Notizbuches,

das wiederum schon dessen Opa benutzt

hatte. Entdeckt wurde der wertvolle Be-

richt über Leonardos Geburt erst Mitte

der 1930er Jahre von einem deutschen

Wissenschaftler in den Archiven der

Stadt Florenz.

„Jede Erkenntnisbeginnt mit den Sinnen“

Die Festung in Vinci

Damals zählte man die Stunden nach

Sonnenuntergang. Die dritte Nacht-

stunde entspricht einer heutigen Zeit

von etwa 22.30 Uhr. Das Licht der Welt

war also schon verschwunden, als es

der Sohn des wohlhabenden Notars Ser

Piero erblicken wollte.

Im Dunkeln liegt auch, wer seine

Mutter war. Ihr Name soll Caterina ge-

wesen sein. Sie ist 25 Jahre jung, als sie

im Frühling 1452 in den Wehen liegt.

Mal wird sie als Bauernmagd, mal als

Dienstmädchen oder Tochter eines Holz-

fällers beschrieben. Leonardos Vater hat

Caterina nie geheiratet. Vielleicht weil

sie arm war, wahrscheinlich aber, weil

Ser Piero bereits verlobt gewesen ist.

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Erstes Landschaftsbild, 1470

Immerhin: Ihr gemeinsamer Sohn soll ein

Kind der Liebe gewesen sein. Leonardo

verbringt seine ersten Lebensjahre bei

Großvater Antonio auf dem Lande. Er

ist dabei, wenn sein Onkel in der Mühle

Olivenöl herstellt, lernt die Landwirt-

schaft kennen und bricht immer wieder

zu Erkundungstouren in die Natur auf.

Kein Zufall, dass seine erste erhaltene

Zeichnung ein Landschaftsbild ist. Eine

Kopie liegt auf meinem Schoß. Sie zeigt

die Vorderseite. Auf der Rückseite des

Originals soll auf italienisch stehen:

„Ich, der bei Antonio wohne, bin zufrie-

den.“ Und die Vorderseite? Zeigt sie

seine Heimat?

Ich kneife meine Detektiv-Augen zu-

sammen und versuche in der Dämme-

rung Ähnlichkeiten zwischen Skizze und

Natur zu entdecken. „Jede Erkenntnis

beginnt mit den Sinnen“, hat Leonardo

geschrieben.

Links meine ich anhand der Türme die

Festung von Vinci zu erkennen. Etwas

darüber in der Mitte liegt ein markanter

Berg, der Monte Albano genannt wird.

Doch weiter rechts zeigt die Zeichnung

plötzlich bizarre Felsen, tosende Wasser-

fälle und steile Abhänge, die ich in der

Realität nicht wiederfinde.

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Dies ist angeblich das Geburtshaus von Leonardo da Vinci...

ngeblich das Geburtshaus von Leonardo da Vinci...

Entweder bin ich am falschen Ort oder

Leonardo hat keine wirkliche Land-

schaft gemalt, sondern die abenteuer-

liche Phantasie-Welt seiner Kindheit.

Je länger ich die Zeichnung betrachte,

umso mehr habe ich das Gefühl zu flie-

gen. Wie Leonardo! Von klein auf hat er

die Vögel beobachtet. Das Fliegen war

einer seiner ersten Träume. In seinen

Gedanken und Zeichnungen konnte er

es. Leonardo entwarf Geräte, mit denen

der Mensch selbst zum Vogel werden

könnte. Hätten sie funktioniert? Wie

konnte ein Junge vom Lande seiner Zeit

so weit voraus sein?

Ein unruhiger Schatten lenkt meine

Augen ab. Eine kleine Fledermaus flat-

tert über meinen Kopf. Sie irrt ein paar

Sekunden über den Nachthimmel und

verschwindet dann unter dem Dach

eines alten Bauernhauses.

Ich schalte meine Taschenlampe ein

und folge ihr. Die duftenden Oliven-

bäume malen trügerische Gestalten

auf die Mauer. Mein Lichtkegel fällt

auf das Schild neben der blutroten

Tür: „Casa Leonardo“.

Das ist es – das Haus, das mein Reise-

führer als angebliches Geburtshaus

beschrieben hat. Langsam gehe ich zur

hölzernen Eingangstür, fasse den alten

Türknauf und versuche, ihn langsam

zu drehen. Längst geschlossen! Ich

versuche, einen Blick durch das Fenster

zu erhaschen. Hat dort die Wiege des

Genies gestanden? Jenes Bettchen, von

dem Leonardo behauptet, dass es ein

Raubvogel besucht habe? Ein Rotmilan

soll es gewesen sein – damals ein häu-

figer Anblick über den Hügeln von Vinci.

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„Buona sera!“ Eine heisere Stimme trifft mich

im Rücken. Ich wirbele herum. Da steht wie

aus dem Erdboden gezaubert ein alter Mann.

Als er seine Laterne anhebt, sehe ich sein

Gesicht: wallende Haare, langer Bart und

wache Augen. Für einen Moment habe ich

das Gefühl, Leonardo selbst kehrt nach

Hause zurück – nach all seinen Reisen nach

Florenz, Mailand, Rom und Amboise.

„Was suchst du hier?“

Solche Fragen stelle normalerweise ich.

„Ich… suche das Geburtshaus von Leonardo da

Vinci.“ Der Alte lächelt – so geheimnisvoll wie die

Frau auf Leonardos berühmtesten Gemälde: Mona

Lisa. „So spät am Abend? Bei Tageslicht entdeckst du

mehr, mein Freund!“ Die Ähnlichkeit ist verblüffend.

„Sie… Sie sehen aus wie Leonardo!“ sage ich: „Meinst

du?“ fragt der Mann, und ich sehe ein Funkeln in seinen

Augen. „Weißt du denn, wie er wirklich ausgesehen hat?“ Ich zögere

und antworte dann „Es gibt ein Selbstporträt!“ „Wer sagt das?“ Ich

sage mit fester Stimme: „Alte Bücher!“ Nun lacht der Alte laut. „Bücher!

Also Leonardo hat ihnen nicht vertraut. Er wollte alles selbst erfahren. Du

kennst sein Motto!“ „Ja, jede Erkenntnis beginnt mit den Sinnen.“ Der merk-

würdige Mann nickt, wendet sich um und verschwindet in der sternklaren

Nacht. Ich rufe ihm nach, doch meine Stimme verfliegt in der Dunkelheit.

Ich bleibe allein zurück mit meiner Frage nach Leonardos wahrem Gesicht.

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Wer ist der wahre Leonardo?

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Kopf eines bärtigen Mannes, 1515-1520

Sitzender alter Mann, um 1513

Porträt des Leonardo,

von Francesco Melzi

um 1515

Der vitruvianische Mensch, 1490

Detail aus Platon und

Aristoteles von Raffael,

nach 1505

David von Andrea del Verrocchio, um 1475

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1. DAS ANGEBLICHE SELBSTPORTRÄT:

Viele Fachleute sagen, dass Leonardo sich in dieser Rötel-Zeichnung selbst

abgebildet hat. Andere halten sie für eine Fälschung. Sie ist erst 1845 aufge-

taucht. Ob es das gleiche Bild ist, das der Biograf Vasari bei einem Schüler

Leonardos gesehen hat, ist unklar. Es gibt keinen Beweis.

2. DAS BILD MIT SPIEGELTRICK:

Ein Blatt aus den Notizbüchern Leonardos zeigt einen nachdenklichen Greis,

der sich auf einen Stock stützt. Wenn Leonardo sich hier selbst gezeichnet hat,

dann muss er einen Spiegel benutzt haben. Anders kann man sich selbst nicht

im Profil abbilden.

3. DIE ARBEIT DES SCHÜLERS:

Leonardos Schüler Francesco Melzi soll dieses Bild von seinem Meister gezeich-

net haben. Das schreibt Biograf Vasari nach seinem Besuch im Atelier. Das Bild

zeigt eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem angeblichen Selbstporträt.

4. DIE IDEALE FIGUR:

Das ist der Mann, der auf der italienischen 1-Euro-Münze abgebildet ist. Leonardo

hat ihn in einen Kreis gezeichnet, um die menschlichen Proportionen zu zeigen

(siehe Seite 80). Es gibt Gerüchte, dass Leonardo dem Mann sein Aussehen gab.

Ähnlichkeiten zu Bild 6 sind vorhanden.

5. DER WEISE MANN:

Der Maler Raffael hat Leonardo persönlich gekannt und bewundert. In seinem

Bild „Die Schule von Athen“ malte er zwei alte griechische Philosophen. Platon

hat starke Ähnlichkeit mit den bisher besprochenen Bildern Leonardos. Hat

Raffael Leonardo zum Vorbild genommen? Oder waren die Philosophen Vorbild

für Leonardos Aussehen?

6. DER JUNGE LEONARDO:

Diese Skulptur stammt von Leonardos Lehrer in Florenz. Es ist wahrscheinlich,

dass sein meisterhafter Schüler ihm dafür Modell gestanden hat. Wenn das

stimmt, wissen wir zumindest, wie der junge Leonardo ausgesehen hat: hübsch!

Vollbart, wallende Haare, hohe Stirn, markante

Nase – tiefliegende Augen. So wird Leonardo

oft beschrieben. Aber hat das Genie wirklich so

ausgesehen?

Die sechsPhantombilder

Wir sehen in einem einzigen

Körper Schönheit, Liebens-

würdigkeit und Tugend sich

vereinigen, dass jede seiner

Handlungen so göttlich ist,

dass alle anderen Menschen

hinter ihm zurückbleiben.

Giorgio Vasari (1568)

Augenzeugen, die ihn erlebt haben, sind längst tot. Sein erster Biograf

Giorgio Vasari hat uns eine Beschreibung hinterlassen, obwohl er ihn selbst

nie gesehen hat. Außerdem kursieren einige Phantombilder:

Klingt toll, aber wenig hilfreich

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FLORENZ, 17.APRIL 2010

Eine atemberaubende Aussicht über

Florenz. Nicht nur, weil 463 Stufen bis

hinauf zur Spitze des alten Doms Santa

Maria del Fiore einfach Atemluft kosten.

Hier unterhalb der goldenen Kugel

können Blicke fliegen: über die Dächer

und Straßen, die wie die Speichen eines

Rades durch die Altstadt strahlen. An

diesem Ort steht der 19-jährige Leonardo

im Mai 1471. Er befindet sich in einer

Höhe, die sonst nur für Vögel erreichbar

ist: 106 Meter. Längst ist der Junge vom

Land in der großen weiten Welt ange-

kommen und setzt seiner Ausbildung

nun die Krone auf in Form der 2,5 Ton-

nen schweren goldenen Erdkugel über

meinem Kopf. Dafür hat er in der Werk-

statt seines Meisters einen Schwerlast-

Kran konstruiert. Wie ist Leonardo dort

nur hingekommen?

Giorgio Vasari hat geschrieben: „Piero,

sein Vater, nahm eines Tages mehrere

seiner Zeichnungen und brachte sie

seinem Freunde Andrea del Verrocchio,

mit der dringenden Bitte, ihm zu sagen:

ob Lionardo, wenn er sich der Zeichen-

kunst widme, es darin zu etwas bringen

könne. Andrea erstaunte über die außer-

ordentlichen Anfänge des Knaben und

ermunterte Piero, ihn diesen Beruf

wählen zu lassen.“

So nimmt der Künstler Andrea del

Verrocchio den Jungen unter seine

Fittiche und in seine Werkstatt in

Florenz auf. Auch wenn diese so ge-

nannte „bottega“ nicht mehr existiert,

so gilt als sicher, dass sie in einer

Straße in der Nähe des Doms lag.

Alte Torbögen erzählen noch heute von

den kreativen Orten, die mehr Autowerk-

stätten als Kulturtempeln geähnelt

haben. Heute haben sich in ihren Räumen

Pizzerias, Waschsalons, moderne Auto-

reparatur-Betriebe eingenistet. Als

Leonardo hier seine Ausbildung beginnt,

ist er nicht älter als 14 Jahre. Am Ende

seiner Lehrjahre ist der Schüler besser

als sein Lehrer.

Der Schüler des Auges

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Leonardos Konstruktionszeichnung eines Krans

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ANDREA DEL VERROCCHIO, genannt: das wahre Auge. Bester Zeichner und Bildhau-er seiner Zeit. Arbeitete für die Herrscherfamilie der Medici in Florenz. Bildete in seiner Werkstatt über zwei Jahrzehnte junge Künstler aus.

Im Leonardo-Museum in Vinci sind viele solcher Modelle von

Maschinen zu sehen, die in moderner Zeit nach den alten

Konstruktionszeichnungen von Leonardo gebaut worden sind.

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Profil eines Kriegersin Phantasierüstung

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Leonardos „Schulfächer“

ZEICHNEN MIT SILBERSTIFT

Vor der Erfindung des Bleistiftes war der Silber-

stift beliebtes Zeichengerät. Er macht graue

Striche, die sich nach einiger Zeit auf Papier

braun färben. Der Zeichenunterricht war eines

der wichtigsten Lehrfächer in der Werkstatt.

STAFFELEI- UND KULISSENBAU

Um zu malen, mussten Holzgerüste gefertigt

werden. Die größten Konstruktionen dienten

der Deckenmalerei in Kirchen. In der Werk-

statt entstanden aber auch Kulissen für das

Theater.

ANFERTIGEN VON MALUTENSILIEN

Bevor die Schüler malen durften, haben sie

die Pinsel selbst hergestellt. Meist verwen-

deten sie Schweineborsten oder teures

Iltis- oder Marderhaar für weichere Pinsel.

Auch Rahmen für Leinwände mussten ge-

baut und bespannt, fertige Bilder kunstvoll

gerahmt werden.

Leonardos Note 2-

Leonardos Note 2+

Leonardos Note 1+

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BILDHAUEREI

Wie macht man aus einem groben

Steinblock eine lebensnahe Figur? Mit

viel Geduld, Kraft und blauen Daumen

lernten die Schüler kunstvoll mit Hammer,

Meißel und verschiedenen Gesteinsarten

umzugehen. Marmor war dabei die härteste

Herausforderung.

TÖPFERN UND GIESSEN

Aus Ton formten und brannten die

Schüler Vasen, Geschirr und kleine Kunst-

werke. Für größere Skulpturen mussten

sie auch Formen herstellen und flüssiges

Metall gießen. Um zu wissen, welche Eigen-

schaften verschiedene Metalle wie Bronze

oder Silber haben, gab es Sachunterricht.

HERSTELLEN VON FARBEN

Das Geheimnis der Leuchtkraft von Gemälden

liegt in den Rezepten der Farben. Gängige

Töne wurden aus heimischen Erden herge-

stellt wie Ocker oder Umbra. Andere gewann

man aus Pflanzen oder setzte zum Teil giftige

Chemikalien ein. Für besondere Farben wie

das Ultramarin-Blau nahm man seltene Steine

wie Lapislazuli. Die Mineralien wurden fein

gemahlen. Das Pulver wurde vermischt – bei

der Temperafarbe zum Beispiel mit Eidotter.

Damit genug Eier verfügbar waren, gab es in

der Werkstatt sicherlich auch Hühner.

Leonardos Note 2

Leonardos Note 1

Leonardos Note 1

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Schüler - oder Meisterhand?Leonardo lernt schnell. Und Meister Verrocchio erkennt die besondere Begabung

seines Schülers. Immer häufiger lässt er ihn an großen Auftragsarbeiten mitwirken.

Dieses Bild zeigt die „Taufe Christi“: mit Jesus, Johannes dem Täufer und zwei

betenden Engeln.

Auch hier durfte Leonardo mithelfen. Er war zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre alt.

Was er gestaltet, wirkt natürlicher und durch die Verwendung von Ölfarbe auch

leuchtender als die Malerei der anderen.

Als Meister Verrocchio die Arbeit seines Schülers sah, soll er so beschämt

gewesen sein, dass er danach keinen Pinsel mehr anrührte.

WELCHES DER DETAILS HAT LEONARDO SO MEISTERHAFT GEMALT?

So knackst du den Da-Vinci-Code: Der Code besteht aus

sechs Teilen. Zu jedem Teil gibt es ein Rätsel. Löst du das

Rätsel, gibt es als Belohnung Buchstaben. Die kannst du

auf Seite 102 in die Lösungsvorlage eintragen – achte dabei

auf die richtige Reihenfolge! Zuerst die Buchstaben des

ersten Rätsels, dann die des zweiten und so weiter. Wenn

du alle Buchstaben in der richtigen Reihenfolge eingetragen

hast, dann hast du die Lösung!

Den heiligen Geist? Den rechten Engel?

ILENEN

Den linken Engel?

TLA

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Ralph Erdenberger, Sven Preger

Geheimakte Leonardo da Vinci

Gebundenes Buch, Pappband, 112 Seiten, 16,0 x 23,5 cm220 farbige AbbildungenISBN: 978-3-7913-7018-7

Prestel

Erscheinungstermin: Oktober 2010

Entdecke die Rätsel um das Universalgenie! Wer war dieser mysteriöse Leonardo da Vinci? Der Kunstdetektiv hat ein streng vertraulichesDossier mit Tagebucheinträgen, Dokumenten, Bildern und Karten über den Meister derRenaissance zusammengetragen. Spannend wie ein Krimi berichtet die Geheimakte vom Lebendes Malers, Naturwissenschaftlers und Erfinders. Kinder können sein erstaunliches Schaffennachvollziehen und werden an die Plätze geführt, an denen sie seine Werke noch heute imOriginal sehen können.