Genusserleben - Süddeutsche.de · 2020. 9. 22. · haben, aus Kartoffeln Brot zu backen, und sind...

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... Sternekoch Björn Leist im Gespräch Eine Anzeigensonderveröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung am 19. September 2020 Mund-Art Geschichte(n) der Thüringer Rostbratwurst Traubentraum Tolle Weine aus dem Anbaugebiet Saale-Unstrut Genuss erleben aus Thüringen

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SternekochBjörn Leist

im Gespräch

Eine Anzeigensonderveröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung am 19. September 2020

Mund-ArtGeschichte(n) der

Thüringer Rostbratwurst

TraubentraumTolle Weine aus dem

Anbaugebiet Saale-Unstrut

Genuss erlebenaus Thüringen

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GENUSS ERLEBEN AUS THÜRINGEN

Samstag, 19. September 2020 | 3

Liebe Leserinnen und Leser,

was verstehen Sie unter dem Begriff „Spezialität“?Ist es etwas, das man überall auf die gleiche Artund Weise serviert bekommt und das überall gleichschmeckt? Wohl kaum. Sonst könnte sich jeder Bur-ger aus jeder Systemgastronomie ja auch so nennen.Nein, Spezialitäten zeichnen sich doch vor allem da-durch aus, dass sie für die Region stehen, aus dersie stammen. Zutaten und Herstellung sind dortverwurzelt, gehören zur einheimischen Handwerks-kunst und zum Kulturgut des jeweiligen Gebiets.Nehmen wir als Beispiel Thüringen. Das Bundeslandim Herzen Deutschlands ist nicht nur eine der wich-tigsten Wiegen unserer Kulturnation – Goethe undSchiller brachten hier großartige Werke hervor, Lu-ther übersetzte hier das Neue Testament, Johann Se-bastian Bach wurde hier geboren. Thüringen ist aberauch bekannt für seine zahlreichen kulinarischenBesonderheiten.Diese Seiten, die Sie gerade vor sich haben, widmenwir just diesen kulinarischen Highlights, die viel-leicht einige von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,vom Hörensagen kennen, sie aber bislang noch nichtprobiert haben oder deren interessante Geschichtennoch nicht kennen. Sie werden beim Durchblättern

und Schmökern vielleicht feststellen, dass Informa-tion durchaus appetitanregend sein kann. Nicht nur,um diesen zu stillen, ist Thüringen als vergleichswei-se nahes Reiseziel natürlich immer empfehlenswert,der Weg zum Thüringer Wald, nach Eisenach oderWeimar nicht weit, wo man sich sämtliche Köstlich-keiten des Landes vor Ort schmecken lassen kann.Aber es gibt noch eine gute Nachricht für Genießeraus Nordbayern: Viele der hochwertigen Erzeugnisseaus dem Nachbarbundesland finden Sie mitunter so-gar im Supermarkt ganz in Ihrer Nähe! Nicht wenigedavon tragen Qualitätssiegel wie „Geprüfte Qualitätaus Thüringen“ des Thüringer Landwirtschaftsmi-nisteriums und legen unter anderem Wert auf Nach-haltigkeit, ethisch korrekte Schlachtung oder verar-beiten hochwertige Kartoffeln aus der Region stattBilligimporte, um die gewohnte Produktqualitätdauerhaft garantieren zu können. Spezialitäten ausThüringen ... die schmeckt man!

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen,Entdecken und Genießen!Ihre Natascha Gerold

Grüße von nebenan

Der Rennsteig imThüringer Wald (sieheFoto) ist immer einenAusflug wert! ZuHause erinnert mansich gerne daran ... mithochwertigen Produktenaus Thüringen.Foto: ThüringerTourismus GmbH /Guido Werner

AUS DEM INHALT

4 „In erster Linie sind wir hier alle Rhöner“:Interview mit dem Sternekoch Björn Leist

6 „Hütes“ und genieß es: Dem Geheimnisechter Thüringer Klöße auf der Spur

8 Edle Tropfen aus der Toskana des Nordens:Das Weinanbaugebiet Saale-Unstrut begeistertKenner und Gelegenheitsgenießer mit großer Vielfalt

10 Den richtigen dazugeben: Senf aus Thüringenschmeckt nicht nur zur Rostbratwurst

14 Genussmensch Bach: Das wurde zu Zeitendes Genies aus Eisenach gegessen und getrunken

ImpressumVerlag | Süddeutsche Zeitung GmbHHultschiner Straße 8 · 81677 MünchenAnzeigen | Jürgen Maukner (verantwortlich)Texte | Natascha Gerold (verantwortlich)Gestaltung | SZ MedienwerkstattTitelfoto | Thüringer Rostbratwürste. ThüringerTourismus GmbH / Meeta K. WolffDruck | SüddeutscherVerlagZeitungsdruck GmbHZamdorfer Straße 40 · 81677 München

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4 | Samstag, 19. September 2020

In erster Linie sind wir hieralle Rhöner“Björn Leist hat im März dieses Jahres seinen ersten Stern erhalten, der eigentlich schon sein zweiter ist. Wie es zudieser Skurrilität kam, erzählt der Spitzenkoch im Interview. Für den 42-jährigen Hessen hat die Auszeichnungdurch den Guide Michelin einen besonderen Stellenwert, weil sie für ihn ein echtes Qualitätssiegel ist. Außerdemsieht er damit nicht nur die Arbeit der vergangenen beiden Jahre am neuen Standort seiner „Rhöner Botschaft“im thüringischen Dermbach gewürdigt, sondern sein ganzes bisheriges Schaffen.

Herr Leist, Sie haben Ihre Ausbildung in Baiersbronngemacht. Der Ort wird wegen seiner Spitzengastrono-mie auch das Sternedorf genannt. Wie sind Sie dorthingekommen?Björn Leist: Das war eher Zufall. Mein Papa wolltemich eigentlich nach Berlin ins „Adlon“ verfrachten,das damals neu aufgemacht hat. Ich hatte dort auch einVorstellungsgespräch, wo ich dann gehört habe, dasses auch ein gutes Haus im Schwarzwald gibt. Und weilich mich als Junge vom Dorf immer auf dem Land amwohlsten gefühlt habe, bin ich ins „Bareiss“ gegangen.

Wollten Sie schon als Kind Koch werden?Ja, den Wunsch hatte ich schon ganz früh. Weil ichauch Interesse an der Hotellerie hatte, habe ich michnach dem Abitur nach einer Ausbildung in diesem Be-reich umgeschaut und hatte dann die Wahl zwischenKoch und Kellner. Die Entscheidung war schnell ge-

fallen, weil ich und kellnern, das bringt nichts (lacht).Deshalb habe ich mir meinen Kindheitswunsch erfüllt.

Hatten Sie von Anfang an große Ambitionen?Natürlich wollte ich meine Sache gut machen, abergerade zu Beginn habe ich sehr gezweifelt, ob ich je-mals kreativ sein werde. Da habe ich noch gedacht,ich muss tausend Kochbücher kaufen, um Rezeptezu kopieren. Erst während meiner Wanderjahre inÖsterreich und der Schweiz habe ich gelernt, dass 1und 1 auch 3 sein kann. Und wie befriedigend es ist,sich durchs Kochen ausdrücken zu können. RichtigSchwung nahm dieser kreative Prozess aber erst inder Selbstständigkeit auf, als ich wieder zu Hause undfür alles verantwortlich war. Da musste ich kreativwerden, auch um mich von anderen abzugrenzen.

Warum sind Sie 2007 wieder heim ins hessische Hil-ders gegangen?Weil mein Papa das Hotel neben unserer Wirtschaftgekauft hat. Und ich die Idee, die dahintersteckte, tollfand. Mein Bruder und mein Vater sind beide Metz-ger, und deshalb hat er gesagt, wir haben unsere ei-genen Weideochsen, die Metzger dazu und jetzt nochdich als Koch, wir können also das Fleisch lückenlosauf den Teller bringen. Diese „Farm-To-Table“-Ge-schichte war vor 13 Jahren noch neu. Aber ein biss-chen war das schon auch jugendlicher Leichtsinn …

… weil Sie später Insolvenz anmelden und Ende 2017Ihren alten Standort verlassen mussten?Ja, es war halt ein zweischneidiges Schwert, weil wir2009 das ziemlich marode Hotel renoviert haben unddie Umbaukosten höher waren als erwartet. Trotz-

dem ist das Ganze im Nachhinein auch ein Glücksfallgewesen, weil viele Gäste auch wegen des Hotels nachHilders gekommen sind, und eine kleine Metzgereimit Gasthof sicher nicht so lange überlebt hätte. Undes war auch für meine persönliche Entwicklung gut.

Sie hatten ja auch kurz zuvor Ihren ersten Michelin-Stern erhalten …Genau, dieser Stern ist mir immer noch sehr wich-tig, auch wenn wir ihn wegen des Standortwechselswieder abgeben mussten. Weil es einfach eine guteLeistung vom ganzen Team war, ihn in dieser Loka-lität und unter diesen Umständen zu bekommen. ImNachhinein kam der Stern auch genau zur richtigenZeit, weil wir dadurch die nötige Aufmerksamkeit er-halten haben. Und dann ist auch noch der Richtigegekommen, dem unser Konzept sehr gut gefallen hat.

Und deshalb haben Sie Ihr Restaurant- und Hotel-konzept von Hessen nach Thüringen transferiert …Ja, und glücklicherweise sind auch viele Mitarbeitermitgekommen, Dermbach liegt ja nur etwa 20 Kilo-meter von Hilders entfernt. Wir haben hier genau daspassende Paket gefunden: ein neu saniertes Haus mitviel Geschichte, mitten in der Rhön, und allem, wasUrlauber möchten. Darüber hinaus ist der Verpäch-ter auch noch mein Geschäftspartner geworden, wirziehen also an einem Strang, das ist optimal. In derGastronomie geht es nicht immer geradeaus, das siehtman jetzt in Corona-Zeiten. Aber wir sind ja schonkrisenerprobt und diese Ausnahmesituation hat füruns auch positive Aspekte, weil wir organisatorischmanches ändern mussten, was wir uns vorher nichtgetraut hätten. Dadurch hat sich zum Beispiel unserSonntagsgeschäft deutlich entspannt.

Merkt man trotzdem, dass Thüringen ein anderesBundesland ist?Eigentlich nur aktuell, weil sich die Corona-Verord-nungen in jedem Bundesland unterscheiden. Ansons-ten sage ich immer: In erster Linie sind wir hier alleRhöner, auch wenn sich unser Gebirge über drei Bun-desländer erstreckt. Meine Großeltern waren Franken,die nach Hessen gegangen sind, wie ich jetzt nachThüringen. Ich bin also der perfekte Rhön-Botschafter(lacht). Früher hatte diese Region ja keinen so gutenRuf, auch deshalb möchte ich den Leuten zeigen, wieviel die Rhön zu bieten hat.

Wie machen Sie das konkret?Ich habe bereits in Hilders die „Essmess“ ins Lebengerufen. Bei dieser Veranstaltung, die jedes Jahr amWochenende vor dem ersten Advent stattfindet, wol-len wir die Menschen hinter unseren regionalen Pro-

Björn Leist, Sternekoch in Thüringen.

Die Vielseitigkeit der Rhön sehen und schmecken.

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dukten vorstellen. Weil jeder Hersteller, egal ob erKäse oder Schokolade produziert, seine Geschichteam besten erzählen kann. Das sommerliche Pendantzur „Essmess“ ist die „LaBoeuf“, da wird dann auchdraußen gegrillt. Über diese Events kommt es auchimmer wieder zu Kooperationen. Das stärkt das Ge-meinschaftsgefühl, und wir können super die Drei-

faltigkeit der hessischen, bayerischen und thüringi-schen Küche demonstrieren.

Wie spiegelt sich die Regionalität in Ihrer Küche wi-der?Ich versuche, diese kulinarische Vielfalt der Rhönmodern auf den Teller zu bringen, wobei das Herz-

stück unser Rhöner Weideochse ist. Der ist fast schoneine Art Haustier. Die Forellen für meine Fischgerich-te kommen direkt aus der Felda, dem Fluss, der anunserem Haus vorbeifließt. Früher war die Gegendhier das St. Moritz des Fliegenfischens. Sogar He-mingway saß damals auf unserer Terrasse. Heute istder Besatz durch die Kormorane etwas ausgedünnt,aber ich möchte diese Tradition wiederbeleben. DenAngelschein habe ich schon gemacht. Mein Ansatzist es, gute, regionale Produkte so zu kombinierenund zu verfeinern, dass das Ergebnis überrascht.

Darauf basiert auch das Konzept Ihres Minirestau-rants „BjoernsOx“ – nur fünf Tische, keine Speise-karte, dafür ein Überraschungsmenü …Ja, ich probiere da unkonventionellere Dinge aus,je nach Laune und Saison. Aber der Ochse ist fastimmer im Hauptgang dabei. Etwa beim „Surf &Turf“ mit Blutwurst und Jakobsmuscheln. Ein biss-chen freakig, aber in der Region verwurzelt und mitbekanntem Geschmack. Das gilt auch für die Thü-ringer Klöße, die bei uns mit Soße gefüllt und mitTrüffel veredelt werden. Wir spielen da bewusst mitEmotionen und setzen auf den Überraschungseffekt.Manch einer entdeckt bei uns, dass auch Innereienlecker schmecken können. Am schönsten ist, dass dieGäste in der urigen Stube schnell ins Gespräch kom-men und spätestens ab dem Hauptgang auch überdie Tische hinweg miteinander reden.

Interview: Elke Eckert

Björn Leist überrascht gerne mit neuen Verbindungenregionaler Produkte. Fotos: Robert Groß Photography

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6 | Samstag, 19. September 2020

„Hütes“ und genieß esThüringer Klöße sind eine regionale Köstlichkeit. Worin unterscheiden sie sich von anderen Kartoffelballen,wie den fränkischen Glees oder den bayerischen Knödeln? Geschichte(n) eines heimischen Kulturguts

Thüringer Klöße sindTraditionsspeise undNationalgericht, jasie sollen sogar zumWeltkulturerbe er-

klärt werden, wie eine Initiativefordert. Auch wenn dies bislangnoch auf sich warten lässt: dieKartoffelkugeln sind aus der Ess-kultur nicht wegzudenken. OhneKloß, dessen Wortursprung sichvom mittelhochdeutschen „kloz“wie Klumpen, Kugel ableitet, istbeim Sonntagsbraten halt nichtslos. Von der Keimzelle Thüringenaus haben die Teiglinge längst ih-ren Siegeszug in ganz Deutschlandangetreten. In Franken liebt mansie als „Glees“ oder „Klees“ undin Bayern als „Knödel“.Dabei ist die Thüringer Spezi-alität mit ihrer kaum mehr als200-jährigen Geschichte nochgar nicht so alt. Mit der Kar-toffel als Hauptzutat ist dieEntwicklung der Rezeptur enggekoppelt an das Heimischwerden dieses kulturge-schichtlich noch recht jungen Gemüses. Die braunenErdfrüchte, die die Spanier aus Südamerika mitge-bracht hatten, wurden in Deutschland etwa um 1600eingeführt, stießen im Volk aber auf hartnäckige Ab-lehnung. Es bedurfte eines königlichen Fürsprecherswie Friedrich dem Großen, der 1756 im so genann-ten „Kartoffelbefehl“ den Anbau der genügsamenPflanze als Massennahrungsmittel anordnete. Mitdem Trick, die Felder wie einen kostbaren Schatz zubewachen, soll er die Neugier der Bevölkerung auf

die unbeliebten Knollen geweckt haben. Wie es zurErfindung der Kartoffelklöße kam, weiß man nichtso recht. Es kann gut sein, dass findige Köchinnendas kulinarische Einerlei der gekochten Kartoffelnverfeinern wollten. Der Überlieferung nach sollen dieThüringerinnen des teuren Getreides wegen versuchthaben, aus Kartoffeln Brot zu backen, und sind soirgendwann beim Kloß gelandet. Es gibt aber auchdie hübsche Anekdote, nach der die Hausfrauen dieErdäpfel rieben, um Stärke für die Wäschepflege zugewinnen, und sich hinterher überlegten, was sie mit

dem Berg an Kartoffelschab am bes-ten anstellen sollten. Wie dem auchsei, irgendwann nach 1800 war erda, der erste Thüringer Sonntags-kloß. Das belegt das erste handge-schriebene und verbreitete Rezept.Die Herstellung in Handarbeit istkein Kinderspiel. „Mein Versuch, dieThüringer Klöße zu kochen, ist lei-der gescheitert“, so der verzweifelteHilferuf einer Food-Bloggerin. In derTat, der Weg zur perfekten Teigkugelist gespickt mit Widrigkeiten: Wemdas Kartoffelraspeln nicht schnellgenug von der Hand geht, dem färbtsich die rohe Masse grünlich, undstimmt die Zusammensetzung nicht,zerfallen die empfindlichen Rundlin-ge in der Brühe.Es ist die besondere Mischung: Dieoriginal Thüringer Klöße bestehenzu zwei Dritteln aus rohen, geriebe-nen Kartoffeln, die mit einem Drit-tel gekochten Kartoffeln vermengtwerden. Einfacher macht manes sich in anderen Landstrichen

Deutschlands, wo ausschließlich gekochte Erdäpfelverwendet werden oder sich bei „halb und halb“ dieAnteile des rohen und gekochten Gemüses die Waa-ge hält.Wer den Teig selber machen will, benötigt nicht nurüberschüssige Kräfte, sondern auch verschiedeneKochgeräte wie Kartoffelreibe, Kartoffelpresse undKloßquirl. Nachdem die idealerweise mehligen unddaher stärkereichen Kartoffeln geschält und geraspeltsind, kommen sie in ein Leinensäckchen und werdenin die Kartoffelpresse gespannt. Der Metallbehältermit Auslauflöchern wird immer weiter zugedreht, umdie Masse zu entwässern. Die Stärke, die sich bei derausgepressten Flüssigkeit absetzt, wird dem Teig hin-terher als Bindemittel wieder zugegeben, eine Mes-serspitze schwefelhaltiges „Kloßhell“ sorgt für diegewünschte Farbe. Der heiße Kartoffelstampf wirduntergequirlt.Damit dieser Arbeitsschritt schnell geht, lassenversierte Köchinnen nichts auf ihren fünfarmigen„Zwirl“ kommen, der in manchen Haushalten immernoch aus den Resten des Weihnachtsbaums geschnitztwird. Ob der mit gerösteten Brotwürfeln gefüllteKloß zu weich ist und im Wasser zur Pampe verläuft,lässt sich nur anhand eines Probeexemplars feststel-len. Es fehlt dann an Kartoffelstärke.Zwar ist es mittlerweile wie bei so vielen Dingen wie-der in Mode gekommen, Klöße wie in der guten altenZeit von Hand zu reiben. Schon weil das Hantierenmit den wiederaufgelegten bewährten Kloßpressenim Retro-Look Freude macht. Aber wahrscheinlichbleibt‘s bei gelegentlichen zeitintensiven Versuchen.Schließlich gibt es fertigen Kloßteig, mit dem man dieHütes, Hebes, Knölla oder Gleeß, wie sie in den ver-schiedenen Landesteilen Thüringens auch heißen kön-nen, nur noch abformen muss. Der Kloßteig wurdeerfunden, um den Hausfrauen – in Deutschland Westwie Deutschland Ost – die Arbeit zu erleichtern. Indus-triell geschält und verarbeitet werden die Kartoffelnseit den 1960er-Jahren. Susanne Hauck

Zwei Drittel der Erdäpfel sind roh, ein Drittel gekocht. F.: Heichelheimer Kloßmanufaktur

Ein Braten ohne Klöße ist wie ein Himmel ohne Sterne ... Foto: Thüringer Tourismus GmbH / Meeta K. Wolff

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Vom Acker zur SchüsselÜber den Thüringer Kloß gibt es so viel zu erzählen, dass es ein eigenes Museum füllt

Im thüringischen Heichelheim bei Weimar gibtes sogar ein eigenes kleines Kloßmuseum. Überdessen Entstehung wird eine sehr schöne Ge-schichte erzählt. Ein paar Jahre nach der Wen-de soll der unvergessene Schauspieler Manfred

Krug verzweifelt am Berliner Messestand der Hei-chelheimer Kloßmanufaktur nach einer Kartoffel-presse gefragt haben, weil er im Westen nirgendwoErsatz für den kaputtgegangenen Vorläufer auftrei-ben konnte. Die hilfsbereiten Heichelheimer schalte-ten also einen Aufruf, mit dem Ergebnis, dass ihnenaus der Bevölkerung so viele Geräte zugeschickt wur-den, dass sie nicht nur Manfred Krugs Sonntagsklößeretten, sondern damit den Grundstein für eine Aus-stellung ins Leben rufen konnten. „Kloß-Welt“ heißtdas 1999 entstandene kulinarische Heimatmuseumauf dem Werksgelände, das das kugelrunde Themavon allen Seiten beleuchtet.

Begehbarer Riesenkloß

Zu sehen und zu erleben sind der „wahrscheinlichgrößte begehbare Kloß der Welt“, sehenswerte Ge-rätschaften, die Geschichte der Thüringer Klöße so-wie die Historie ihrer verschiedenen Namen, ihrerHerstellung und ihrer Rezepte. Es gibt Spielmöglich-

keiten für Kinder sowieeine Ausstellung mitvielen alten Fahrzeugenüber den Automobilbauin Eisenach. Wer sichüber die Geschichteder Speiseeisherstellungin Thüringen schlaumachen will, hat dazuebenfalls Gelegenheit.Eine Kugelbahn erzähltauf spielerische Artund Weise, was es al-les an Arbeitsschrittenbraucht, bis eine Kar-toffel vom Acker alsdampfend heißer Kloßin der Schüssel landet.Ein origineller Beitragzur angewandten Kloß-forschung ist die Ap-paratur zur Ermittlungder Soßen-Saugkraft eines Teiglings. Die „ThüringerKloß-Welt“ ist täglich geöffnet, montags bis freitagsvon 9 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis17 Uhr. Susanne Hauck

Das Thüringer Kloßmuseum Heichelheim ist einbeliebtes Ausflugsziel für die ganze Familie. Hier kannman den Kloß in seiner Gänze begreifen ... und sogarbegehen. Foto: Heichelheimer Kloßmanufaktur

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8 | Samstag, 19. September 2020

Edle Tropfen aus der Toskanades NordensDas Weinanbaugebiet rund um die thüringische Saale und ihren Zufluss Unstrut erfährt immer mehr Anerkennung

Kein Geringerer als ein veritabler Dichter-fürst versuchte sich vor bald zwei Jahr-hunderten als Winzer an den Ufern derSaale. Johann Wolfgang von Goethe zogsich im Juli des Jahres 1828 nach Dorn-

burg zurück, um sich im dortigen Renaissance-Schlossdem Studium der Önologie zu widmen. Sicherlichnicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis.Den gebürtigen Frankfurter als „Weinfreund“ zu be-zeichnen, ist wohl eine Untertreibung – bei zwei Li-tern Wein, die er angeblich auf seine alten Tage ver-konsumierte. Sein Freund Karl August, Großherzogvon Sachsen-Weimar-Eisenach, der im Juni 1828 ver-storben war, hatte drei Jahre zuvor einen Weinbergin Dornburg anlegen lassen. Angeblich genoss derGeheimrat während seines zehnwöchigen Aufenthaltsmehrere Tage ausschließlich den dortigen Rebensaft,bis er einen Freund um die Zusendung einiger Flaschenseines Lieblingsweins vom Main bat. Was daraus zuschließen ist? Schwer zu sagen. Vielleicht war der79-jährige Goethe einfach ein Gewohnheitstier undkonnte von seinem Lieblingstropfen nicht lassen. EinZitat des Genies zu den Dornburger Weinen – oderanderen Weinen aus der Region – ist leider nicht über-liefert.Tatsächlich konnte die Weinbauregion an der Saaleund Unstrut – heutzutage auf die Bundesländer Thü-ringen und Sachsen-Anhalt verteilt – damals schonauf eine bald eintausendjährige Weinbauhistorie zu-rückblicken. In Dorndorf an der Werra, ganz im Wes-

ten Thüringens, ist Weinbau sogar schon im achtenJahrhundert belegt. Heutzutage zählen die Universi-tätsstadt Jena und der Heilbadeort Bad Sulza zu denWeinzentren in Thüringen. Bad Sulza trägt sogar denNamenszusatz „Kur- und Weinstadt“. Der deutscheGault & Millau 2015 empfahl das Weingut Bad Sulzasogar als besonderen Tipp: Deren Tester lobten beson-ders deren weißen und roten Burgundersorten.Auch rund um Weimar hat sich eine Handvoll vonexzellenten Weinbauern etabliert, die sich seit Jah-ren durch Qualitätsweine auszeichnen: darunter dasWeingut Freyer, der Weingarten Stephan Fuchs oderauch das Weingut der Familie Zahn im thüringischenZeitz (Landkreis Weimarer Land). André Zahn bautdort Weißburgunder und Silvaner an – letzterer sei „ei-gentlich ideal für unsere Region“, wie der Weinexpertesagt. Die Traditionstraube ist genügsamer in ihren An-sprüchen als zum Beispiel Riesling. Das Weingut Zahnsetzt aber auch auf modernen Rebsorten wie Acolon(eine Kreuzung aus Lemberger und Dornfelder) oderMuscaris (Solaris und Gelber Muskateller).Die Familie Zahn zählt zu den Gründungsmitgliedernder Winzervereinigung „Breitengrad 51“, die seit achtJahren für Schlagzeilen in der Fachpresse sorgt. DerName erklärt sich aus der Erkenntnis, dass nördlichdes 51. Breitengrads kein Weinbau möglich sein soll.Die Vereinigung umfasst rund ein halbes DutzendWinzerfamilien aus Sachsen-Anhalt und Thüringensowie das traditionsreiche Landesweingut KlosterPforta. Klaus Gussek vom Winzerhof Gussek ist Lan-

desgrenzen überschreitend tätig, er ist einer der be-kanntesten Winzer der Region. Sein Betrieb hat zwarseinen Sitz im nahen Naumburg (Sachsen-Anhalt), zuseinen wichtigsten Lagen zählt indes der ThüringerDachsberg bei Kaatschen (Landkreis Weimarer Land),der einzige Terrassenweinberg Thüringens. Hier ge-deihen 90 Jahre alte Silvanerreben oder auch 60 Jahrealte Rieslingstöcke. Der aktuelle Kleine Johnson 2020zählt sieben Weingüter aus dem Saale-Unstrut-Regionals empfehlenswert auf, alle sind Mitglieder des „Brei-tengrad 51“, darunter auch Gussek.Die Saale-Unstrut-Region gilt manchen weitgereistenWeinfans als „Toskana des Nordens“ – eine Formu-lierung, die der Maler und Bildhauer Max Klinger(1857 – 1920) geprägt hat. Die malerischen Hügel-landschaften (mit ihren Weinhängen) und die artenrei-chen Trockenwiesen (mit einigen seltenen Orchideen)mögen zu diesem Eindruck beitragen, wie auch dasmilde, trockene und für deutsche Verhältnisse über-durchschnittlich warme kontinentale Klima mit seinendurchschnittlich 1600 Sonnenstunden im Jahr und ei-ner geringen Niederschlagsmenge von nur zirka 500Millimetern pro Jahr. Der Thüringer Wald fängt dabeimanche atlantische Regenwolke ab. Zum Vergleich:Im von der Sonne verwöhnten Südbaden addiert sichder Sonnenstand auf jährlich rund 2000 Stunden; Re-gen, Schnee und Graupel summieren sich auf zirka 830Millimeter im Jahr.So ist es kein Zufall, dass sich die anspruchsvolle süd-badische Gutedel-Traube auch an der Saale und an der

IPHIGENIES WIEGE… steht im thüringischen Dorn-burg, wo Johann Wolfgang vonGoethe unter anderem lebte

Schon 1777 hatte Goethe einige Zeit in Dorn-burg verbracht, zwei Jahre später dachte ersich hier seine „Iphigenie auf Tauris“ aus undbannte sie in Prosaform. Der Dichter und Dra-matiker hielt sich damals im Dornburger Ro-koko-Schlösschen auf. Dennoch gilt das Re-naissance-Gebäude als „Goethe-Schloss“. Eindritter Gebäudekomplex auf dem DornburgerSchlossberg heißt „Altes Schloss“, da dessenGrundfesten schon im Mittelalter gelegt wordenwaren. Die vielen süffigen Sentenzen der Iphi-genie („Ein unnütz Leben ist ein früher Tod“, „Dusprichst ein großes Wort gelassen aus“) bauteGoethe allerdings erst in die Jamben-Variantedes Bühnenstücks ein, auf seiner Italienreise inden Jahren 1786 und 1787. Womöglich unterdem Einfluss italienischer Traubengetränke.

kram

An den Weinbergen an der Saale wachsen die Trauben exquisiter Rebsorten.

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Unstut wohlfühlt. Neben vielen anderen Reben. Dennso klein das Weinanbaugebiet Saale-Unstrut mit rund750 Hektar auch ist – davon zirka 140 Hektar in Thü-ringen gelegen, der Rest in Sachsen-Anhalt (Kleinstge-biete in Sachsen und Brandenburg, die ebenfalls unterdem Label Saale-Unstrut zu finden sind, nicht mitge-rechnet) – so vielfältig sind die angebauten Rebsorten.Auf der „Breitengrad51“-Internetseite ist von mehr alsfünfzig verschiedenen Sorten die Rede.Frühreifende Trauben wie Sylvaner oder Müller-Thurgau bilden das Rückrat des Weinbaugebiets,neben gebietstypischen Sorten wie Riesling, Char-donnay, Roter Traminer, Blauer Zweigelt oder auchdie weißen und roten Burgundersorten, die schon

früher in den steilen Lagen an Saale und Unstrut he-ranreiften. Welche Weinstöcke Großherzog Karl Au-gust in Dornburg anpflanzen ließ, ist nicht bekannt.Doch darf angenommen werden, dass sein guterFreund Goethe – lebte er denn in unserer Gegenwart –vielleicht nicht mehr nach Frankenwein schicken ließe.Sondern möglicherweise einen Schoppen des 2019er-Gutedel des Weinguts Bad Sulza erheben und mit ei-nem Augenzwinkern kommentieren würde: „Das Le-ben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.“Dieser Satz ist übrigens kein Goethe-Zitat, wie immerwieder zu lesen ist, sondern wurde dem Dichterfürstenirgendwann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertsuntergejubelt. Horst Kramer

AUF EINEN SCHÖNENSCHOPPEN BEIJOHANN WOLFGANGWeimar feiert traditionsgemäßum den 28. August ein Weinfestzu Ehren Goethes

In der Kulturstadt Weimar wird seit Anfang der1990er-Jahre das alljährliche Goethe-Weinfestzelebriert, rund um den 28. August – der Tag,an dem der Dichterfürst im Jahre 1749 dasLicht der Welt in Frankfurt/Main erblickte. Ur-sprünglich als kleines Kulturfest geplant, habendie Festivitäten auf dem berühmten Frauenplan,wo Goethe lange Jahre lebte, im Laufe der Jah-re eine erhebliche Strahlkraft entwickelt. Bun-des- und Landespolitiker jeder Couleur machenbei ihren Sommer-Touren gerne Zwischensta-tion auf dem Weimarer Weinfest. Die GrüneClaudia Roth verbreitete hier vor einigen Jahrengute Laune, im Jahr 2004 hob sogar der dama-lige Bundespräsident Horst Köhler zusammenmit seiner Gemahlin Eva Luise einen Schoppenzu Ehren Goethes. Heuer musste das Weinfestcoronabedingt entfallen, im kommenden Jahrsoll es vom 26. bis zum 29. August wiederstattfinden. kram

Martin Luther meinteeinst, der Wein um Saaleund Unstrut glichengeschmacklich „sauremEssig“. Wie sehr sich dieZeiten doch geänderthaben: Heute gehört dieWeinbauregion zu denbesten Deutschlands.

Fotos: Roman Moebius

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10 | Samstag, 19. September 2020

Den richtigen dazugebenThüringer Senf rundet nicht nur den Geschmack der Bratwurst perfekt ab – seine Vielfalt und Qualität sind über dieLandesgrenzen hinaus bekannt

Zu einer guten Thüringer Bratwurst ge-hört ein ordentlicher Klecks Senf unver-zichtbar dazu. Kenner wissen: Erst inKombination mit der säuerlichen Schär-fe kann sich der Geschmack der Wurst

so richtig entfalten. Wichtig: Zur Wurst kommt nichts

anderes als Senf, denn so wie ein Bayer niemals seineWeißwurst mit Ketchup essen würde, so kommt auchbeim Thüringer keinesfalls die rote Würzsauce auf dieWurst.In Thüringen kann man auf eine Jahrhunderte alteTradition der Senfherstellung zurückblicken. Ihr 200.

Firmenjubiläum feiert beispielsweise ein Senfherstelleraus Erfurt, dessen Senfsorten mittlerweile internatio-nal vertrieben werden. Neben den Traditionsunterneh-men haben sich in Thüringen auch neue Senfbetriebeangesiedelt. In Altenburg setzt das rund 30 Jahre alteUnternehmen mit über 300 unterschiedlichen Sortenauf Diversität. Denn Senf nicht gleich Senf. Jede Re-gion schwört auf ihre eigenen überlieferten Rezepte.Dabei ist es vielen Senfherstellern wichtig, dass dieRohstoffe aus der Region stammen. Neben großenSenfmühlen finden sich in vielen Orten kleine Fabri-ken. Hier werden die Senfkörner auf den originalenMahlsteinen zerkleinert, und oft gibt es Führungendurch die historischen Mühlen, bei denen man bei derSenfherstellung zuschauen kann. In Jena kann man so-gar ein Senfmuseum besichtigen.Um Senf herzustellen, braucht man nur ein paarGrundzutaten. Die wichtigsten sind die Senfkörner.Diese bestimmen die Schärfe. Mit den hellen odergelben Senfkörnern wird milder Senf hergestellt, diebraunen oder schwarzen werden für schärfere Sortenverwendet. Oft werden die Senfsorten gemischt, umdie gewünschte Schärfe zu bekommen. Dann brauchtman für den Basissenf noch Weinessig als natürlichenKonservierungsstoff, Wasser und Salz. Die Senfkör-ner werden gereinigt, geschrotet und gemahlen. Dann

Senfsaat-Ernte im thüringischen Großvargula. Born Senf & Feinkost GmbH / Steve Bauerschmidt

Foto: Thüringer Tourismus GmbH / Meeta K. Wolff

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kommen die Zutaten dazu, und der ganze Brei wirdstundenlang gemaischt. Am Schluss wird die Maischenochmals gemahlen, eine zweite Reifezeit schließtsich an. Frisch aus dem Glas ist der mittelscharfe Senfoftmals noch zu scharf, durch Lagern wird der Ge-schmack allmählich milder, sodass er in den Verkaufkommen kann.Das Grundrezept verfeinern die Senfzubereiter mit denunterschiedlichsten Zutaten wie Honig, Zucker, Chili,Meerrettich, Früchte oder Kräuter. Einige ThüringerSenfmanufakturen bieten geschmackliche Kreationenwie den mit Früchten wie schwarze Johannisbeeren,Ananas oder Feigen verfeinerten Senf, der gut zu Käse,Braten oder als Zutat für ein Dressing oder eine Sau-ce verwendet werden kann, oder herzhafte Sorten wieKürbiskern-, Schwarzbier- oder Bärlauchsenf. Undneben dem Aufstrich gibt es Senf mittlerweile auch inSchokolade, Nudeln oder Schnaps.Der Senf stammt ursprünglich aus Kleinasien, späterwurde er von den Griechen importiert und von denRömern über die Alpen nach Nordeuropa gebracht,wo er sich bald zu einem beliebten Gewürz an den eu-ropäischen Tafeln entwickelt hat. Senf und Meerret-tich waren nämlich jahrhundertelang die einzigen Ge-würze, mit denen Gerichte geschärft werden konnten.Pfeffer kam erst später, beziehungsweise war viel zukostbar. Die Redewendung „seinen Senf dazugeben“,stammt übrigens aus dem 17. Jahrhundert. Damalsgalt es als schick, die edle Sauce zu allen möglichenGerichten zu reichen. Manchmal übertrieben die Wir-te, wenn sie den Senf auch zu Speisen, zu denen erwirklich nicht passte, anboten. Da hat dann der Wirtunnötig „seinen Senf dazu gegeben“.Senf galt und gilt auch heute nicht nur als Würz-,sondern auch als Heilmittel. Er wird beispielswei-

se als Wickel gegen Gelenkschmerzen oder Bron-chitis oder als mildes Abführmittel genutzt. Wegender entzündungshemmenden und antibakteriellenEigenschaften des Senföls wurden Senfpflanzen imMittelalter in den Kräutergärten eben anderen Heil-pflanzen angepflanzt.Botanisch gehört das Senfkraut mit seinen leuchtendgelben Blüten zur Familie der Kreuzblütler. Sie sindverwandt mit Meerrettich, Rucola und Kresse. DieSenfkörner befinden sich in einer langen schmalenSchote. Der hohe Nährstoffbedarf der Senfpflanzenlaugt die Böden schnell aus. Senf wurzelt dafür tief und

lockert das Erdreich auf. Deswegen wird er gerne fürdie Fruchtfolge verwendet.Es gibt verschiedene Senfsorten. Der Ackersenf mitseinen gelben Blüten wird beispielsweise gerne alsBienenweide oder Gewürzpflanze verwendet. Er kannbis zu einem Meter hoch werden, im Gegensatz zumkleinwüchsigen Weißen Senf, der außerdem zur Grün-düngung geeignet ist. Der Schwarze Senf wird sogarbis zu zwei Meter hoch und ist winterhart. Übrigens:In manchen Regionen wird Mostrich als Synonym fürSenf verwendet. Allerdings wurde beim Mostrich stattdes Essigs ein Traubenmost verwendet. Patrizia Steipe

Kunst- und Senfmühle Kleinhettstedt. F.: Thüringer Tourismus GmbH / Joachim Negwer; www.cm-redaktion.de

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In (fast) aller MundeDie Thüringer Rostbratwurst war und ist schon immer ein Extra ihrer Art

Thüringen ist das Land der Wurst, das istamtlich, denn es gibt fünf geschützte Sor-ten aus der Gegend. Eine Leber- und eineRotwurst, die Greußener Salami und denEichsfelder Feldgieker. Das ist eine luft-

gereifte Dauerwurst, aus dem Fleisch von Schweinen,die mindestens ein Jahr alt waren, und das am Tagder Schlachtung noch warm verarbeitet wurde. Und

schließlich die berühmteste Sorte vonallen, die Thüringer Rostbratwurst, dieKultstatus und eine fast religiöse Vereh-rung genießt. Liegen die Würste auf demGrill, spricht man gar vom ThüringerWeihrauch, der aufsteigt.Angeblich sollen schon Luther und Goe-the das Werk geschätzt haben, und Grim-melshausen erwähnt die Spezialität 1669in seinem Simplicissimus-Roman lobend.Die älteste bekannte urkundliche Erwäh-nung stammt von anno 1404. Der Probstdes Arnstädter Jungfrauen-Klosters ver-zeichnete damals in seinem Rechnungs-buch Ausgaben für Bratwurstdärme, We-cken und Senf.Sowohl die Vielfalt der Wurstsorten wieihre Berühmtheit hängen eng mit der Ge-

schichte des Landes zusammen, erklärt Uwe Keith. Erist der Vorsitzende des Vereins Freunde der Thürin-ger Bratwurst, der als Träger des Bratwurstmuseumsfungiert, außerdem ist er Geschäftsführer des Her-kunftsverbandes Thüringer und Eichsfelder Wurst undFleisch e.V.Zum einen war Thüringen bis zur Novemberrevo-lution 1918 in mehrere Duodezfürstentümer aufge-

spalten. Diese Klein-teiligkeit brachte eineVielfalt hervor, diesich bis heute erhal-ten hat. Thüringen seidas Bundesland mitder höchsten Dich-te an Fleischereien,ihre Handwerkskunstwerde von der Bevöl-kerung geschätzt, er-zählt Keith.Zum anderen warund ist Thüringen einWaldland, in dem esviele Köhlereien gab,die Holzkohle fürdie Glasherstellungproduzierten. Damitstand der Energieträ-ger für die Rostbrat-wurst überall zur Ver-fügung. Die Glut ruftdie sogenannte Mail-lard-Reaktion hervor,benannt nach demfranzösischen Che-miker Louis CamilleMaillard, eine Bräu-nung, die auch beimFrittieren und Bratenauftritt. Dabei wer-den Aminverbindun-gen wie Aminosäuren,Peptide und Proteinemit reduzierendenVerbindungen unterHitzeeinwirkung zuneuen Verbindungenumgewandelt. Weni-ger chemikalisch aus-

gedrückt, über Rauch und Feuer wird die Wurst zumGaumenschmaus.Die Thüringer Rostbratwurst wird in verschiedenen Va-rianten hergestellt, mit Kümmel, Majoran oder Knob-lauch. Seit 2004 ist die Wurst als regionale Spezialitätvon der EU anerkannt, als Lebensmittel mit geschütz-ter geographischer Angabe. Laut Verordnung musssie mindestens 15 Zentimeter lang und 100 bis 150Gramm schwer sein. Das Original besteht aus mittel-feinem Brät, aus grob entfettetem Schweinefleisch undein geringer Anteil an Rindfleisch ist auch zulässig, dasin einen engen Naturdarm gefüllt, roh zum alsbaldigenVerzehr oder gebrüht, mit würziger Geschmacksnoteangeboten wird. Die Einhaltung des Siegels wird vomThüringer Landesamt für Landwirtschaft und ländli-che Räume überwacht. Ferner haben einige ThüringerWursthersteller auch das Zeichen „geprüfte Qualitätaus Thüringen“ des Ministeriums für Infrastrukturund Landwirtschaft. Dieses soll unter anderem für einedurchgehend hohe Produktqualität stehen.Die Rostbratwurst wird klassisch im Brötchen gegessen,am liebsten mit Altenburger Senf oder von der Traditi-onsfirma Born in Erfurt. Ketchup wird von Puristen ab-gelehnt und ist allenfalls Kindern erlaubt. Auf jeden Fallsollte der erste Bissen ohne jede Zutat genommen wer-den, um den vollen Eigengeschmack zu genießen. Völligausgeschlossen ist die Kombination mit einer anderenweithin bekannten Spezialität, den Thüringer Klößen,denn zu diesen braucht es eine Bratensauce, also passenWild- oder Entenbraten oder eine Roulade dazu.Trotz aller Berühmtheit ihrer Wurst haben die Thürin-ger die Methode nicht erfunden. Homer berichtet in derOdyssee von mit Blut gefüllten Ziegenmägen, und vondem Römer Apicius ist ein Rezept aus dem ersten Jahr-hundert überliefert. Es handelt sich also um ein altesKulturgut der Menschheit. Fleisch zu zerkleinern undin Därme abzufüllen, stark gesalzen, getrocknet odergeräuchert, war Jahrtausende lang eine bewährte Kon-servierungsmethode. Dass die Thüringer Bratwurst wie-derum erstmals von einem Geistlichen erwähnt wird, istkein Zufall. Denn die Klöster mit ihren Gewürz- undHeilkräutergärten sind die Wiege der modernen Küche.Ursprünglich wurde das Fleisch mit dem Messer ge-schnitten oder mit dem Beil kleingehackt, woraus der

Foto: Manuel Groß, Born Senf & Feinkost GmbH

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Hausschlachtung anno dazumal. F.: Bratwurstmuseum Mühlhausen

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GENUSS ERLEBEN THÜRINGEN

Alles, was indie Pelle passtRekorde, Wettbewerbe und Trophäen – im Bratwurst-museum findet man die Antwort auf jede noch so kuri-ose Frage rund um das Fleischprodukt

Viele Details sind im Bratwurstmuseum zu erfahren, das 2006 er-öffnet wurde. Allerlei Objekte und Geschichten werden dort prä-sentiert, solide wissenschaftlich fundierte Fakten und Anekdoten,etwa über diverse Weltrekorde mit Riesenbratwürsten. Dazu gibtes Wurstrezepte in Hülle und Fülle. Eine Abteilung widmet sich

dem Thema Hausschlachtung, eine andere dem Verhältnis von Fleisch, Wurstund Religionen oder der Frage nach der Wirkung des Wurstgenusses auf dieGesundheit. Derzeit wird das Museum allerdings neu gestaltet, die Ausstellungüberarbeitet. Die Wiedereröffnung in deutlich größeren Räumen ist für Mitte2021 in Mühlhausen geplant. Das Museum geht derweil auf Tour, Näheres stehtim Internet unter www.bratwurstmuseum.de. Die Macher sorgen sich weltweitum die Bewahrung und Verbreitung einer Bratwurstkultur. Kontakte bestehennach Vietnam und Südafrika. Vor Ort werden Theater und Seminare geboten,ein Bratwurstsong-Contest und eine Bratwurstiade nach dem Vorbild von Spiel-ohne-Grenzen. Außerdem verleiht das Museum eine Trostbratwurst an jenenBundesligaverein, der die meisten Eigentore, Pfosten- und Lattenschüsse sowieGegentreffer in der Nachspielzeit kassierte. Der Preis ging in dieser Saison anBorussia Mönchengladbach. bip

So sah die Ausstellung in Holzhausen aus. Foto: Bratwurstmuseum Mühlhausen

Begriff Gehacktes hervorging, später kamen Wiegemesser zum Einsatz. Mitte des19. Jahrhunderts wurde der Fleischwolf erfunden. Dabei geht es nicht nur umArbeitserleichterung: Mit dem Wiegemesser wird geschnitten, mit dem Wolf aberzerquetscht. Das ergibt beim Essen ein anderes Gefühl im Mund. Schließlich kamim frühen 20. Jahrhundert der Cutter dazu. Heute sind das Maschinen aus Edel-stahl, deren Klingen sich mehrere tausend Male in der Minute drehen und mitEis gekühlt werden.Insofern ist die geschützte Thüringer Rostbratwurst trotz ihrer langen Traditionauch ein Produkt der Moderne, weil das mittelfeine Brät Fleischwolf oder Cut-ter voraussetzt. Die Herstellung der Wurst ist „hohe Fleischereikunst“, wie Keithbetont, aber der Übergang vom Handwerk zur Industrie sei fließend, weil es kei-nen Unterschied in der Technik, sondern nur in der Größe der Maschinen gibt.Das sorgt dafür, dass die Rostbratwurst von nahezu allen Thüringer Fleisch- undWurstwarenherstellern in ihrem Sortiment geführt und überall im Land an speziel-len Grillständen erhältlich ist, sowohl auf der Straße als auch im privaten Rahmen.In Thüringen werde selten eine Gelegenheit ausgelassen, um den Grill anzuwerfen,sagt Keith. Peter Bierl

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14 | Samstag, 19. September 2020

„Ei, wie schmeckt der Coffee süße,

lieblicher als tausend Küsse,

milder als Muskatenwein.

Coffee, Coffee muß ich haben,

und wenn jemand mich will laben,

ach, so schenkt mir Coffee ein.“

Preisfrage: Wer hat diese Zeilen vertont? W.A. Mo-zart, G.F. Händel oder J.S. Bach? Klingt nach Mozartoder Händel, beide waren für ihren genussfreudigenLebenswandel bekannt. Richtig ist aber Johann Sebas-tian Bach, der vermeintlich so strenge Protestant. Diezitierten Verse sind in der Kaffee-Kantante BWV 211 zufinden, die vermutlich im Jahr 1734 entstanden ist. DerText stammt aus der Feder seines Freundes ChristianFriedrich Henrici (alias Picander).Das kleine Werk beweist: Bach hatte Humor und Freu-de am kulinarischen Genuss. In mehreren Kantaten lobter Wein und Bier, er vertont „Erbauliche Gedancken ei-nes Tobackrauchers“ (BWV 515) oder unterlegt in derBauernkantate BWV 212 ein Geburtstagsfest mit Volks-tanzrhythmen, die Henrici mit eindeutigen erotischenAnspielungen würzt.Bach kannte die ganze Bandbreite des barocken Lebens.Vielleicht erklärt sich damit das schalkhafte Blitzen inBachs Augen, das manche Interpreten in dem berühm-ten Bach-Porträt des Leipziger Maler Elias GottlobHaußmann erkennen wollen. Auf dem Bild aus demJahre 1746 wirkt der 61-jährige Bach wohlgenährt, einrosiger Schimmer liegt auf seinen Wangen, eine Hals-falte wölbt sich als eine Art Doppelkinn über den ver-

mutlich etwas zu engen Kragen. Die rechte Hand wirktkräftig, aber nicht fleischig, der Daumen ist kurz, dieFinger dafür umso länger. Mag sein, dass die Hand unddas Notenblatt (ein sechsstimmiger Dreifach-Kanon,BWV 1087) einen Bauchansatz verbergen wollen. Hun-ger litt der Mann in jenen Jahren jedenfalls nicht. Ein ty-pisches „Amts-Bild“, wie es in der Literatur immer wie-der heißt: der Künstler in der Pose des selbstbewusstenBürgers, der als Kantor der Thomaskirche ein wichtigesAmt in der großen Stadt Leipzig bekleidet. Ein Mann,der auf eine Aufstiegs-Biografie zurückblicken kann.Geboren 1685 in Eisenach, entstammte Johann Sebasti-an einer Thüringer Musiker-Dynastie. Er war das jüngs-te Kind einer Großfamilie. Beide Eltern stammten ausErfurt. Sie starben, als Johann Sebastian gerade einmalzehn Jahre alt war. Sein13 Jahre älterer Bruder JohannChristoph nahm ihn im nahen Ohrdurf auf. Der jungeSebastian war früh auf Stipendien („Freitische“) ange-wiesen, er hatte harte Hungerjahre zu überstehen. EineAnekdote erzählt von einer Reise des 17-Jährigen nachHamburg, bei der ihm das Geld ausging. Auf dem Ab-fallhaufen vor einem Gasthaus fand er einige Herings-köpfe, über die er sich sofort hermachte. Das HappyEnd der eigentlich traurigen Mär lautet: Bach fand inden Köpfen einige Dukaten, die dort ein unbekannterWohltäter hineingesteckt haben soll.Seine Karriere führte Bach an die Fürstenhöfe inWeimar und Köthen, ab 1723 wirkte er an derThomaskirche in Leipzig und durfte sich zudemköniglich-polnischer und kurfürstlich-sächsischerHofcompositeur nennen. Er kannte den sächsischenKurfürsten August den Starken ebenso wie den preu-ßischen König Friedrich II. Eine außergewöhnlicheKarriere für einen mittellosen Jungen.Kein Wunder also, dass es in den beiden Haushal-ten Bachs kulinarisch wohl hoch herging. In ersterEhe war er mit Maria Barbara, in zweiter mit Anna

Magdalena verheiratet – zwanzig Kinder stammtenaus den beiden Verbindungen. In dem Haushalt seies zugegangen „wie in einem Taubenschlag“, schriebder erste Bach-Biograf Johann Friedrich Forkel (1749– 1818), ein Freund der Bachsöhne Carl Philipp Ema-nuel und Wilhelm Friedemann. Dementsprechendgroßzügig war die Küche ausgestattet. Mit einemDutzend schwerer Lederstühle, sechs Tischen, zweiDutzend Zinnteller, Messing- und Silberleuchter,Silberbesteck, Schalen, Kannen, Becher und Pokale,darunter der sogenannte Bach-Pokal aus geschliffe-nem Glas mit der Aufschrift „VIVAT“, auf den einWidmungslied mit Text und der berühmten TonfolgeB-A-C-H eingeschliffen ist.Der vor sieben Jahren verstorbene MusikhistorikerWalter Salmen hat in seiner lesenswerten kleinen Stu-die „Zu Tisch bei Johann Sebastian Bach“ (2. Aufl.2013) die Situation der Musikerszene im späten 17.und frühen 18. Jahrhundert analysiert. Tatsächlichwurden viele Musiker der Barockzeit nicht nur mitGeld, sondern auch mit den verschiedensten Naturali-en und Zusatzleistungen entlohnt. Von Brennholz überGetreide bis hin zu nicht unerheblichen Mengen an al-koholhaltigen Getränken, darunter Branntwein, Weinund nicht zuletzt Bier. „Ich bin ein Bach und trinkeBier,/und sterbe auch sowohl als ihr/doch ist, weil ichein Cantor bin/im Leben, Sterben mein Gewinn!“ Die-se Verse stammen nicht von Johann Sebastian, sondernvon Tobias Friedrich Bach, einem seiner zahlreichenVerwandten, der in Erfurt als Kantor wirkte. Von Jo-hann Sebastian ist wiederum eine Rechnung von einemAufenthalt in Halle aus dem Jahre 1713 überliefert,wo er allein in seinem Gasthaus binnen 14 Tagen drei-ßig Liter Bier und nicht unerhebliche Mengen Brannt-weins verkonsumierte.In Johann Sebastians Korrespondenz finden sich Dan-kesschreiben zu „Fisch praesenten“, die er erhalten

Das Bachhaus in Eisenach (mit Neubau rechts) ist zwar nicht das Geburtshaus des Komponisten, aber einesder größten Musikermuseen Deutschlands. Foto: Eisenach-Wartburgregion Touristik GmbH / Tobias Kromke

„Zum Arabischen Coffe Baum“ in Leipzig, wo auchBach gerne verkehrte. Foto: Andreas Schmidt

Der GenussmenschJohann Sebastian BachDie Leibspeisen und Lieblingsgetränke des musikalischen Thüringer Genies

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hatte. Er freut sich über einen geschenkten Kuchen,„welcher der Mehlbatz genannt wurde“, oder über ein„schönes Wildprets Braten“, die Gabe eines Freunds.Der Verfasser der aktuellen Standard-Biografie Chris-toph Wolff (Fischer-TB, 2005) berichtet von zahlrei-chen großzügigen Bewirtungen, die Bach als Begutach-ter von Orgeln quasi als Nebengeräusch mitnahm, densogenannten Orgelschmaus. Ein Beispiel dazu fandsich in den Akten der Liebfrauenkirche in Halle, derenOrgel Bach mit einigen Kollegen im Jahre 1716 unterdie Lupe nahm. Das Menü des Banketts bestand dem-nach aus 1. Brühensuppe, 2. geschmortes Rindfleisch,3. Kalbsbraten, 4. Kuchen und 5. Kaffee.Um einen Einblick in die Essgewohnheiten jener Epo-che zu geben, zitiert der Historien-Schriftsteller Bru-no Preisendörfer in seinem Buch „Als die Musik inDeutschland spielte. Reise in die Bachzeit“ (2019)zeitgenössische Kochbücher wie „Die wol unterwiese-ne Köchin“ von Maria Sophie Schellhammer (1692,6. Aufl. 1732), in dem sich Rezepte für alle Lebensla-gen finden, darunter allein 59 Zubereitungsarten vonHechten – etwa der sehr appetitliche klingende „Hechtin einer gelben Brühe“, die sich aus Wein, Zucker, Ing-wer, Safran, „Muskatenblumen“, Limonenscheiben,Pfeffer und Salz zusammensetzt. Der Hecht muss üb-rigens „blau gesotten“ sein, à la „Forelle blau“. Prei-sendörfer wundert sich über die Vielzahl von Suppen– 112 listet Schellhammer auf. Viele davon sind eherBreie auf Getreidebasis, doch es gibt auch viele Bier-und Weinsuppen, darunter eine Weinsuppe für „Kran-ke“ mit hartgekochtem Eidotter und Zucker, die manmehrere Tage verabreichen muss, bis sich eine Heilwir-kung einstellt.Preisendörfer wie auch Salmen verweisen auf das inMitteldeutschland sehr verbreitete „Leipziger Koch-

buch“ von Susanna Egers, das zwischen 1706 und1745 in zahlreiche Auflagen ging. Dort sind nicht nur912 Rezepte (Aufl. 1745) aufgelistet, sondern auchTipps zur Essensetikette, zum Einkaufen auf einemMarkt sowie diätetische Ratschläge zu finden, etwa„Ob man das Abend=Essen vom Trincken anfangensoll?“ (Ja, sofern es keine Suppe gibt). Bach mag Egersgefüllte Kalbsbrust gemundet haben, deren Füllungaus einer Hackmischung aus hartgekochten Eiern,Hühnerleber und Rindermark bestand, vermischt mitPetersilie und geriebenen Semmeln. Für die Zuberei-tung einer Hirschkeule (ohne Beilagen) veranschlagtsie fünf Stunden reine Bratzeit. Zum Würzen nimmtsie neben Salz und Pfeffer „Cardemomen“ und „Mus-catenblumen“.Wie oft Fleisch auf den Tisch der Bachs kam, istnicht belegt. Günter Hirschfelder berichtet in „Eu-ropäische Esskultur“ (2. Aufl. 2005), dass derFleischverbrauch in den deutschen Territorien vonetwa 100 Kilogramm pro Kopf und Jahr im Spät-mittelalter auf ungefähr 16 Kilogramm um 1800zurückging. Einer der Gründe: Die Bauern stelltenaus Wirtschaftlichkeitsgründen immer mehr vonTierhaltung auf Getreideanbau um.Dass Bach die berühmte Thüringer Bratwurst zu schät-zen wusste, darf man wohl annehmen – ihre Rezepturist seit 1432 belegt. Klöße gab es ebenfalls in zahlrei-chen Variationen, wie beide Kochbücher beweisen.Das älteste Rezept mit dieser Bezeichnung stammt hin-gegen erst aus dem frühen 19. Jahrhundert.Bach liebte wohl auch Süßigkeiten im Allgemeinenund Kuchen im Besonderen. Immer wieder findensich laut Salmen entsprechende Hinweise in den Be-wirtungsbelegen. So hat der noch jugendliche Bach inseiner Zeit als Chorsängerknabe in Lüneburg an den

jährlichen Festtagen „Timpenstuten“ – kleine, vier-zipflige Festsemmeln – erhalten und geschätzt.Die Bachdynastie führte sich selber auf einen Bäckernamens Veit Bach zurück (vermutlich 1550 bis 1619),der auch als Amateurmusiker aktiv war. Veit lebtemit seiner Familie im thüringischen Wechmar. Da-her nennt sich die kleine Gemeinde heute „Bachort“,mit einem eigenen Bach-Museum. „Bachstädte“ sindArnstadt (wo Johann Sebastian als Organist tätigwar) und Ohrdruf (wo er nach dem Tode der Elternlebte), Eisenach und Erfurt sowieso.Im Grunde ist ganz Thüringen Bach-Land. Dass ihrgroßer Sohn einen nicht unwesentlichen Teil seinesLebens in Leipzig verbrachte, nehmen die großherzi-gen Thüringern ihren sächsischen Nachbarn anschei-nend nicht übel. Horst Kramer

Zitierte Literatur:Günter Hirschfelder: Europäische Esskultur.Frankfurt/M. 2001Bruno Preisendörfer: Als die Musik in Deutschlandspielte. Reise in die Bachzeit. Berlin 2019Walter Salmen: Zu Tisch bei Johann Sebastian Bach.Hildesheim, 2. Aufl. 2013Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. New York/London 2000, deutsch: Frankfurt/M. 2000 (zahlreicheNeuauflagen)

Traditio, Genuss und Regioalität =Original Thüringer Rostbratwurst vom Thüringer DUROC-Schwein

Im Herzen Deutschlands finden Sie einenregional verwurzelten Betrieb mit demgewissen Etwas. Als traditioneller HerstellerThüringer Fleisch- und Wurstspezialitäten istdie FM Fleischmarkt GmbH Aschara seit fast30 Jahren nicht nur im Freistaat eine festeGröße, sondern bei Feinschmeckern in ganzDeutschland bekannt. Die beliebte und vielfachprämierte Original Thüringer Rostbratwurst istmit über 700 Tonnen jährlich der Renner.

Vom Kap Arkona bis ins Allgäu und von Kölnbis Görlitz erfreut sie sich an Grillstationenund auf Volksfesten größter Beliebtheit undwurde in einer Umfrage einer großen ThüringerTageszeitung sogar schon zur „Besten Rost-bratwurst Thüringens“ gewählt.

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um unser Produkt auch mit dem g. g. A.-Siegel(geografisch geschützte Angabe) auszeichnenzu dürfen. Neben dem Fleisch, welches wir alsGrundlage benötigen, verwenden wir unserehauseigene streng geheime Gewürzmischung.

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Dauerhaft rechtzeitigSo werden Lebensmittel haltbar gemacht und trickreich vor dem Verderben bewahrt

Da hat man sich endlich mal wieder auf-gerafft, den Kühlschrank abzutauen,und dann das: Als Belohnung wartenlabbrige, angeschimmelte Karotten undMolkereiprodukte mit Mindesthaltbar-

keitsdatum aus dem vorvergangenen Jahr. Dabei ist esdoch gar nicht so schwer zu verhindern, dass die guteWare verrottet, sauer oder schimmlig wird. WichtigesUtensil ist ein wasserfester schwarzer Filzstift, mit demman deutlich das MHD auf die Verpackungen schreibt.Beim Einräumen von neuen Lebensmitteln gilt eineganz simple Regel: Die älteren Sachen raus dem Re-gal oder Kühlschrank, die neuen nach hinten, so gibtes keine unangenehmen Überraschungen mehr. Und:Je öfter man im eigenen Kühlschrank Inventur macht,desto weniger abgelaufene Ware.Im Kühlschrank herrschen unterschiedliche Kältezo-nen, deshalb sollt man nicht alles wahllos in die Fä-cher propfen. Besonders kalt ist es an der Rückwandund auf der untersten Ablage über dem Gemüsefach.Hier gehören leicht verderbliche Lebensmittel wieFleisch und Fisch hin. Milchprodukte sind am bestenin den mittleren Kühlschrankfächern aufgehoben undoben können gekochte Speisen, offene Gläser und Sau-cen gelagert werden, sofern Letztere nicht mehr in dieKühlschranktür zu Milch und Eiern passen.Die Haltbarkeit im Auge behalten ist die eine Seite der„Nichts mehr wegwerfen“-Medaille. Die andere giltdem Haltbarmachen. Zur Erntedankzeit werden vorallem in ländlichen Regionen die Früchte der Erntesai-son präsentiert. Wie schön sind Äpfel, Mirabellen undCo. – da sie aber in einem bestimmten Zeitraum ingroßer Zahl vorkommen, ist es schwierig, sie zeitnahzu verbrauchen. Altbewährte Methoden, um Lebens-mittel das ganze Jahr über haltbar zu machen, sinddas Einkochen und das Einlegen. Gerade jetzt, zumbaldigen Erntedankfest am ersten Sonntag im Okto-ber, sei noch mal daran erinnert, dass besonders land-wirtschaftlich geprägte Regionen dann im Zeichen derErnte stehen. Tipps für gelungenes Einlegen und -ko-chen gibt die Initiative „Zu gut für die Tonne!“:Wer einlegt oder einkocht, bewahrt die aktuellenHerbstfrüchte vor der Tonne. Einkochen, Einmachenoder auch Einwecken bezeichnen allesamt dieselbeKonservierungsmethode. Dabei erhitzt man Obst oderGemüse in Gläsern in einem Einmachkochtopf oderim Backofen bei 75 bis 100 Grad. Heiße Luft undFlüssigkeit werden dadurch unter dem losen Deckelbeziehungsweise dem Gummiring des Glases hervor-gedrückt. Beim Abkühlen des Glasinhalts bildet sichein Unterdruck, der das Behältnis luftdicht verschließt.

Je nach Zutaten hält sich Eingemachtes einige Monatebis mehrere Jahre.Um Lebensmittel einzulegen, braucht man zuallerersteine konservierende Flüssigkeit. Für das Selbermachenzu Hause eignet sich vor allem Essig. Doch auch mitLösungen auf Basis von Salz, Zucker und Zitronensäu-re ist das Einlegen in der eigenen Küche möglich. Gene-rell verderben eingelegte Lebensmittel zwar langsamer,Verderbnisvorgänge lassen sich jedoch nicht gänzlichstoppen. Am längsten halten sich Nahrungsmittel,wenn man sie in einer Kombination aus verschiedenenKonservierungsmitteln einlegt (beispielsweise in Essigund Salz oder Essig und Zucker).Damit das Einkochen beziehungsweise das Einlegengelingt und die Lebensmittel ihre maximale Haltbar-keit erlangen, sollte man auf optimale Rahmenbedin-gungen achten. Es empfiehlt sich, die Einmachgläservor der Verwendung genau zu untersuchen: Schließensie luftdicht? Ist das Verschlussgummi noch elastischoder bereits alt und porös? Im nächsten Schritt wirdsterilisiert: Wasser aufkochen und Einmachgläser undBesteck mehrere Minuten lang heiß einlegen. Deckelund Dichtungsgummis lassen sich am besten separatin kochendem Wasser sterilisieren, in das zuvor einSchuss Essig gegeben wurde.Beim Einkochen und Einlegen sind der Fantasie kaumGrenzen gesetzt: Insbesondere Obst und Gemüse lassensich auf vielfältige Weise konservieren. Bezogen auf dieErntedankzeit bieten sich säuerliche Apfelsorten undKürbisse besonders an. Äpfel haben im Herbst Hoch-saison. Wer jedoch das ganze Jahr über gerne regionalisst, legt das Obst am besten jetzt ein. Besonders guteignen sich säuerliche Sorten wie Boskoop, Braeburnund Cox Orange. Aus ihnen lässt sich beispielsweisemit Zimt und Zucker ein fruchtiges Apfelmus herstel-len. Ein würziger Allrounder für alle Jahreszeiten istzudem das Apfelchutney. Äpfel und Zwiebeln bildendafür die Basis.Auch der Kürbis ist im Oktober überall aus regiona-lem Anbau erhältlich. Man kann sein Fruchtfleischblanchieren und einfrieren oder in Würfel geschnitteneinkochen. Das Kürbisfleisch eines Hokkaido lässt sichdann auch im Frühjahr noch pürieren und als leichteVorspeisensuppe servieren. Und ebenso wie die Kartof-fel, kann auch der Kürbis als Basis für Aufläufe dienen.Eine gesunde und fettarme Alternative zu Kartoffel-chips und Co. sind selbstgemachte Gemüsechips ausGemüseresten. Dafür eignen sich Karotten, Rote Rü-ben, Zucchini, Sellerie, Süßkartoffeln, Kartoffeln oderKürbis. Das in feine Scheiben gehobelte Gemüse ineiner Schüssel mit ein wenig Öl, Gewürzen und Kräu-

tern nach Geschmack mischen auf ein Backblech legenund bei 140 Grad (Umluft) etwa 40 bis 50 Minutenknusprig trocknen lassen. Immer mal wieder den Ofenöffnen, um die Feuchtigkeit entweichen zu lassen.Auch für Fleisch- und Wurstwaren oder für die Res-te vom Sonntagsbraten gibt es tolle Resterezepte. Wiewäre es mit einer Tomatensoße, in die statt Hack-fleisch die Wurststücke hineinkommen? Ist auch nochoffener Frischkäse im Kühlschrank, kann man dieWurstwürfel mit fein geschnittenen Frühlingszwie-beln und roter Paprikaschote mischen, fein mit Salz,Pfeffer und Kräutern nach Belieben abschmecken – sohat man gleich zwei Ladenhüter aus dem Kühlschrankschmackhaft-elegant verwertet.Vor allem bei Milchprodukte merkt man häufig, wieschnell die Zeit vergeht. Die Buttermilch, die manscheinbar doch erst vor wenigen Tagen gekauft hatte,steht tatsächlich bereits seit Wochen im Kühlschrank.Mit Joghurt, Quark und Milch verhält es sich ähnlich.Hat man noch Obst, das man nicht den Fruchtfliegenvergönnt, kann man im Ofen einen fluffigen Quark-auflauf backen. Für den benötigt man man Butter, Eier,Grieß, Zucker und Obstsorten wie zum Beispiel Äpfel.In vielen Speisekammern lagern zahlreiche angebro-chene Mehlpackungen, Nüsse und allerlei Flocken,Müslis und Körner wie Chiasamen oder Quinoa.Bevor die Speisemotten darüber herfallen, backt mandoch lieber ein Restebrot: 500 Gramm Mehl werdenmit circa einer Handvoll der Nüsse, Leinsamen, Hafer-flocken und Sonnenblumenkernen gemischt. Alterna-tiv kann man auch 300 Gramm geraspeltes Obst undGemüse wie Karotten, Zucchini, überreife Bananenoder gekochte Kartoffel unterrühren, 300 Milliliterwarmes Wasser, ein Hefewürfel oder zwei PäckchenTrockenhefe, Salz sowie ein wenig Öl dazu und or-dentlich kneten. An einem warmen Ort gehen lassen,in eine Kastenform füllen und bei 170 Grad circa 50Minuten backen lassen.Was macht man aber mit übrig gebliebenen getrockne-ten Hülsenfrüchten, Grünkern oder Buchweizen? Ganzeinfach – fein gemahlen sind sie die ideale Grundlagefür vegetarische Bratlinge – den Schrot in Gemüsebrü-he rund 20 Minuten quellen lassen und dann wie beimFleischpflanzerl mit Zwiebel, Knoblauch, Ei und Pe-tersilie mischen, mit Paprika, Kreuzkümmel, Salz undPfeffer abschmecken, zu Bratlingen formen, in Öl bra-ten und dann mit einer Joghurt- oder Quark-Kräuter-creme reichen. Auch mit übrig gebliebenem Reis kannman übrigens super Bratlinge zubereiten.Gutes Gewissen, guten Appetit!

Patrizia Steipe

Rote Bete, Süßkartoffeln und Karotten mal anders:Aus den Gemüsesorten lassen sich im Ofen leckereChips selbst herstellen. Foto: Adobe Stock

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GENUSS ERLEBEN AUS THÜRINGEN

Geschützte SpezialitätenLieber mit Label: Was sagen die bunten Zeichen über deren Qualität und Herkunft aus?

Ein Foto vom Produkt, Marke, Warenbe-zeichnung, Barcode, Mindesthaltbarkeit,Zutaten – all das steht auf den Lebens-mittelverpackungen drauf. Aber nicht nurdas. Oft sind Schutzkarton, -folie oder

Dose außerdem mit kleinen Symbolen versehen – mitetwas Fantasie könnte man sie für eine Art von Co-mic halten. Doch die Siegel sind weder Spaß nocheine Geheimwissenschaft, sie sollen das gute Gefühlvermitteln, dass man ein hochwertiges Lebensmittelin den Händen hält. Wofür stehen beispielsweise dasrote und das blaue Siegel mit den Sternen?Das rote ist ein Qualitätssiegel der EuropäischenUnion und bezeichnet die sogenannte „geschützteUrsprungsbezeichnung (g.U.)“. Diese besagt, dassdas Produkt in einer bestimmten Region nicht nurhergestellt und verarbeitet, sondern auch dort er-zeugt wurde. Alle Rohstoffe und Zutaten stammenaus derselben Region, Bestandteile von anderswodürfen nicht beigemengt werden, Prozesse und Kri-terien sind festgelegt. Ein solches Siegel trägt, vonden Thüringer Lebensmitteln, der Altenburger Zie-genkäse.Häufiger als das rote Zeichen für die „ge-schützte Ursprungsbezeichnung“ ist das blaueSiegel anzutreffen, ebenfalls ein EU-Gemein-

schaftssiegel. Dieses steht für die „geschützte geogra-fische Angabe (g.g.A.)“. Hierbei muss nur eineHerstellungsstufe im Herkunftsgebiet stattfinden,die Rohstoffe müssen nicht zwangsweise von dortkommen. Auch Thüringer Produkte tragen Blau: DieThüringer Rostbratwurst, die Thüringer Leberwurst,die Thüringer Rotwurst, die Greußener Salami, derEichsfelder Feldgieker sowie der Elbe-Saale Hopfenhaben das Siegel der „geschützten geografischen An-gabe“.Welche Waren aktuell mit welchen EU-Herkunftszei-chen versehen sind, ist im Internet in der „eAmbro-sia-Datenbank“ zu finden, dem EU-Register der geo-grafischen Angaben der Europäischen Kommission.

Natascha Gerold

Neben diesen beiden Kennzeichen der EU gibt esauch regionale Label, zum Beispiel „Geprüfte Qualitätaus Thüringen“, das das Thüringer Landwirtschafts-ministerium vergibt. Mehr als 370 heimische Produk-te sind mit jenem Siegel belabelt, das die regionaleHerkunft garantieren soll. Logos: © EU

Tipp

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GENUSS ERLEBEN AUS THÜRINGEN

18 | Samstag, 19. September 2020

ROSTBRATWURST MITKARTOFFELSALATVorbereitungszeit: 30 MinutenKochzeit: 10 MinutenGesamtzeit: 40 Minuten

Ob an lauen Abenden im Sommer oder dick einge-packt während chilliger Stunden im Herbst … Gril-len geht immer! Ein schönes Getränk, ein gutes Ge-spräch, gegrilltes Brot und die traditionelle ThüringerRostbratwurst, dazu Kartoffelsalat … da kann nichts

schiefgehen! Nicht nur der Geschmack der Rostbrat-wurst, sondern auch das Grillen als Gemeinschaftser-lebnis ist immer etwas Besonderes. Die Kombinationaus herzhaftem Kartoffelsalat und den frisch gegrill-ten, goldbraun gebrutzelten Rostbratwürsten wirdnie langweilig. Die gebrühte Thüringer Rostbratwurstlässt sich übrigens auch in der Pfanne zubereiten. Dasie gebrüht ist, ist sie länger haltbar, wodurch mansie auch noch Tage später genießen kann. Selbst kaltschmeckt die Wurst lecker.

Auch im Herbst noch lecker! Foto: Adobe Stock

Anleitung:1. Die Kartoffeln und Eier kochen.2. Anschließend die Kartoffeln, Eier und Zwiebel

schneiden. Hier die Eier und Zwiebel nicht zuklein schneiden.

3. Mayonnaise und den Fleischsalat vorsichtig un-terrühren, sodass die Kartoffeln nicht zu sehrzerfallen.

4. Mais, Senf, Essig und Mineralwasser dazugeben(mit Senf und Essig nicht zu sparsam sein, der Sa-lat sollte eine leichte Gelbfärbung besitzen).

5. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.6. Etwas Petersilie unterheben.7. Salat ziehen lassen (am besten den Salat einen

Tag vor dem Verzehr anrichten, denn durch dasStehenlassen des Salats kann er durchziehen,wodurch sich der Geschmack noch besser ent-faltet. Hierfür einen kühlen Ort wählen).

8. Die Rostbratwürste auf dem Grill oder in derPfanne goldbraun brutzeln.

9. Das Brot oder Baguette in Scheiben schneidenund mit anrösten.

10. Den gekühlten Kartoffelsalat und die warmenRostbratwürste auf einem Teller anrichten undzusammen mit dem knackigen Brot genießen.

Quelle: Dün-Fleisch

Zutaten:* 4 Rostbratwürste* Baguette oder Brot nach Wahl* 6 große Kartoffeln, festkochend* 200g Fleischsalat* 1/2 Glas Mayonnaise* 4 hartgekochte Eier* 1 kleine Dose Mais* 1 große Zwiebel* 2 EL Senf* 1 EL Essig* 1 EL Mineralwasser* Salz und Pfeffer* Etwas Petersilie

SENFEIERDer beste Freund bleibt noch ein bisschen län-ger als gedacht, und der Hungerzeiger steht aufAbendessen? Wenn es schnell gehen muss, sindSenfeier eine gute Wahl. Sie lassen sich ohne gro-ßen Aufwand zubereiten und schmecken immerund allen, dem Besuch sowie der ganzen Familie.Hier eine Variante des beliebten Standardrezepts,mit neuem Pfiff durch die Verfeinerung der Soßemit etwas grobem Senf.

THÜRINGER KLÖSSESELBST ZUBEREITENOriginale gibt es unzählige – früher hatte scheinbarjeder Thüringer Haushalt sein eigenes Rezept für dieHerstellung seiner Klöße. Auch heute noch wird dieOma angerufen oder die Mutter konsultiert, wie derrichtige Kniff ist, sofern man mal ausnahmsweise

nicht auf die fertigeKloßteigvariante zu-rückgreifen möchte.Der Aufwand lohntsich auf alle Fälle,und wenn es ist, umsich zu vergegen-wärtigen, dass mandie Mühe das nächs-te Mal vielleicht doch

lieber wieder scheut – oder sich darin übt, und zuden Festtagen etwas Besonderes auf den Tischbringt.

Zutaten:2 Esslöffel Senf mittelscharf (je nach Geschmack)2 Esslöffel Senf grobkörnig50 g Butter4 Eier hartgekocht2 EL Crème fraîche

Anleitung:Die Butter zergehen lassen und mit Mehl anstäu-ben. Den Senf mit einem halben Liter Hühnerbrüheverrühren und in die Mehl-/Butter-Masse einrühren.Danach mit Zucker, Salz und Pfeffer abschmeckenund mit Crème fraîche verfeinern. Je nach Beliebendie Eier in die Soße geben oder auf dem Teller an-richten. Als Beilage sind Salz- oder Pellkartoffelnempfehlenswert und ein frischer Salat oder RoteBete. Wer möchte, kann die Soße gerne mit etwasangebratenem Bacon verfeinern.

Quelle: Born Senf & Feinkost Foto: Manuel Groß, Born Senf & Feinkost GmbH

Rezept-Tipp von derHeichelheimer Kloßmarie:•Mehlig kochende, stärkehaltige Kartoffeln schälen.•2/3 der geschälten Kartoffeln in rohem Zustand rei-

ben.•Diesen rohen Kartoffelschab in ein Leinensäckchen

(auch Kloßsäckchen) füllen.•Das Kloßsäckchen nun in einer Kloßpresse aus-

pressen.•Die ausgepresste, rohe Kartoffelmasse in eine

Schüssel geben, auflockern und Salz hinzufügen.•1/3 der Kartoffeln in Salzwasser kochen.•Die gekochten Kartoffeln im heißen Wasser zu ei-

nem dünnen Kartoffelbrei verarbeiten und diese hei-ße Kartoffelbreimasse über die rohe Kartoffelmasse

brühen. Anschließend die ausgepresste Stärkeder Masse wieder hinzufügen, dies gut verrühren.

•1-2 Brötchen in Würfel schneiden und in Butterbraten, bis sie schön kross sind.

•Teig zu Klößen formen und die Semmelwürfel indie Mitte stecken. Um die Klöße formen zu kön-nen, die Hände immer wieder in kaltes Wassertauchen.

•Die geformten Klöße in kochendes Wasser geben(großer Topf mit viel Wasser eignet sich am besten)und kurz aufkochen lassen.

•Anschließend bei geringer Wärmezufuhr ziehenlassen, bis die Klöße an der Oberfläche schwim-men. Die Klöße mit einer Kloßkelle herausnehmenund servieren.

Weitere Infos siehe auch unterwww.heichelheimer.de –Rund um den Kloß / Klöße selbst zubereiten

Foto: HeichelheimerKloßmanufaktur

3 Esslöffel Mehl½ Liter Hühnerbrühe1-2 Esslöffel ZuckerSalzPfeffer

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