Georg Trakl - Anaconda Verlag · Der Text folgt der Ausgabe Georg Trakl. Die Dichtungen. – Erste...

8
Georg Trakl Sämtliche Gedichte Mit einem Nachwort von Mareike von Landsberg Anaconda

Transcript of Georg Trakl - Anaconda Verlag · Der Text folgt der Ausgabe Georg Trakl. Die Dichtungen. – Erste...

Georg TraklSämtliche Gedichte

Mit einem Nachwort von Mareike von Landsberg

Anaconda

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 3

Der Text folgt der Ausgabe Georg Trakl. Die Dichtungen. – ErsteGesamtausgabe. Kurt Wolf Verlag, Leipzig 1912. Orthografie undInterpunktion wurden auf neue Rechtschreibung umgestellt.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter hp://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2017 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: Emil Nolde (1867-1956), »Landscha« (um 1935/40),Privatsammlung / Foto © Christie’s Images / Bridgeman ImagesUmschlaggestaltung: www.katjaholst.deSatz und Layout: Printed in Czech Republic 2017ISBN [email protected]

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 4

Erster Teil

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 5

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 6

Die schöne Stadt

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 7

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 8

9

Verfall

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen GartenTräum ich nach ihren helleren GeschickenUnd fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erziern.Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.Es schwankt der rote Wein an rostigen Giern,

Indes wie blasser Kinder TodesreigenUm dunkle Brunnenränder, die verwiern,Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 9

Musik im Mirabell

Ein Brunnen singt. Die Wolken stehnIm klaren Blau, die weißen, zarten.Bedächtig stille Menschen gehnAm Abend durch den alten Garten.

Der Ahnen Marmor ist ergraut.Ein Vogelzug strei in die Weiten.Ein Faun mit toten Augen schautNach Schaen, die ins Dunkel gleiten.

Das Laub fällt rot vom alten BaumUnd kreist herein durchs offne Fenster.Ein Feuerschein glüht auf im RaumUnd malet trübe Angstgeenster.

Ein weißer Fremdling tri ins Haus.Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.Die Magd löscht eine Lampe aus,Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.

10

Trakl Dichtungen_Inhalt 28.07.2017 10:37 Seite 10