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362 Straße und Autobahn 6.2012 FACHBEITRÄGE | Erdbau | Geotextilien zum Erosionsschutz und zur Böschungssicherung 1 Erosion an Hängen und Böschungen Erosionsgefährdete Böschungen entstehen vor allem dort, wo größere Erdbewegun- gen im Zuge baulicher Maßnahmen vor- übergehend oder dauerhaft zu Einschnit- ten in die geologische Fazies oder zu Auf- schüttungen führen. Bodenerosion wird vor allem auf stärker geneigten Flächen durch die Verlagerung von Bodenpartikeln mittels Wasser und Wind hervorgerufen. Die Ablösung und der Transport von Bodenteilchen oder Bodenaggregaten aus der Bodenmatrix erfolgt durch rasches Befeuchten (Stark- regen) und die kinetische Energie der Regen- und Spritztropfen, durch Ober- flächenabfluss, Dispergierung und Frost- Tau-Zyklen. Folgen der Erosion sind vor allem lineare Veränderungen der Bo- denoberfläche, die sowohl geringere Bö- schungsschäden wie Rillen- und Rinnen- erosion als auch schwere Schäden wie Graben- und Tunnelerosion umfassen (Bilder 1 und 2). Mit zunehmender Nei- gung und Hanglänge steigt die Erosions- gefahr an. Schluffreiche Böden (Löß, Löß- lehm) und wenig kohäsive Sande sind be- sonders erosionsanfällig; ton- und skelett- reiche (steinige) Böden sind dagegen durch ihre Aggregatstabilität bzw. den ho- hen Anteil schwerer Bodenbestandteile erosionsresistenter. Auch durchlässige, grobsandige Böden sind aufgrund ihrer guten Infiltrierbarkeit wenig erosionsge- fährdet (Blume 1990; Scheffer, Schacht- schnabel 1998). In den gemäßigten Breiten Mitteleuropas liegt – aufgrund der erhöhten Gewitternei- gung und der damit verbundenen Starkre- gen – das niederschlagsbedingte Erosions- maximum in den Sommermonaten. Besonders betroffen von Erosion sind na- turgemäß stark geneigte Flächen, die keine oder keine ausreichende Vegetationsbe- deckung aufweisen. In den Industrielän- dern der gemäßigten Zone sind dies vor allem frisch hergestellte Böschungen und Hänge in Form von Einschnitten und Auf- schüttungen im Verkehrswege-, Deponie-, Berg-, Landschafts- und Wasserbau (Bilder 1 und 2). Erosion kann Böschungen beein- trächtigen oder zerstören und damit vor allem im Verkehrswege- und Wasserbau unmittelbar nicht nur materielle Güter, sondern auch Personen akut gefährden. Uferbereiche von stehenden und fließen- den Gewässern sind der Erosion durch Wellenschlag und Strömung gleichfalls in besonderem Maße ausgesetzt. „Den besten Schutz vor Erosion bietet eine ständig bedeckte Bodenoberfläche“ (Scheffer, Schachtschnabel 1998). Die Bo- denbedeckung wird idealerweise durch eine dauerhafte Vegetation gebildet, kann vorübergehend aber auch durch eine Geotextilien zum Erosionsschutz und zur Böschungssicherung – Eine vergleichende Analyse Stephan Bloemer Bodenerosion führt immer wieder zu teils erheblichen Schäden an neu gestalteten Böschungen im Erd- und Verkehrswegebau. Bis zur Etablierung einer den Boden festigenden Vegetation können Böschungen effektiv mittels verschiedener Geotextilien gegen Erosion geschützt werden. Der Beitrag beschreibt die Auswirkungen verschiedener Formen der Erosion, und wie Böschungen im Rahmen ingenieurbiologischer Bauweisen mit Geotextilien gegen Schäden durch Bodenabtrag gesichert werden können. Dabei werden Wirkungsweisen, Funktionen und Einsatzbereiche der in Deutschland am häufigsten eingesetzten Geotextilien detailliert er- läutert. Within the scope of civil engineering measures, soil erosion consistently causes severe damages on newly constructed slopes. Until a dense grass cover has developed, slopes can be successfully safeguarded against erosion by means of various geotextiles (rolled erosion control products). This article describes the impact of soil erosion, and it shows how slopes can be protected against damages by professionally applying geotextiles which form part of bioengineering practices. Relating to the most applied products in Germany, effectiveness, functioning and the range of use is comprehensively discussed. Verfasseranschrift: Geogr. M.A. S. Bloemer, Bender GmbH & Co. KG, Niederlassung Düsseldorf, Henkelstr. 282, 40599 Düsseldorf, [email protected] Bild 1: Rillenerosion auf einer Autobahnböschung (Foto: Bender GmbH & Co. KG) Bild 2: Rinnenerosion mit beginnender Grabenero- sion wenige Wochen später auf demselben Böschungsabschnitt (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

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362 Straße und Autobahn 6.2012

FACHBEITRÄGE | Erdbau | Geotextilien zum Erosionsschutz und zur Böschungssicherung

1 Erosion an Hängen und Böschungen

Erosionsgefährdete Böschungen entstehenvor allem dort, wo größere Erdbewegun-gen im Zuge baulicher Maßnahmen vor-übergehend oder dauerhaft zu Einschnit-ten in die geologische Fazies oder zu Auf-schüttungen führen. Bodenerosion wird vor allem auf stärkergeneigten Flächen durch die Verlagerungvon Bodenpartikeln mittels Wasser undWind hervorgerufen. Die Ablösung undder Transport von Bodenteilchen oder Bodenaggregaten aus der Bodenmatrix erfolgt durch rasches Befeuchten (Stark -regen) und die kinetische Energie der Regen- und Spritztropfen, durch Ober -

flächenabfluss, Dispergierung und Frost-Tau-Zyklen. Folgen der Erosion sind vor allem lineare Veränderungen der Bo -denoberfläche, die sowohl geringere Bö-schungsschäden wie Rillen- und Rinnen -erosion als auch schwere Schäden wieGraben- und Tunnelerosion umfassen(Bilder 1 und 2). Mit zunehmender Nei-gung und Hanglänge steigt die Erosions-gefahr an. Schluffreiche Böden (Löß, Löß-lehm) und wenig kohäsive Sande sind be-sonders erosionsanfällig; ton- und skelett-reiche (steinige) Böden sind dagegendurch ihre Aggregatstabilität bzw. den ho-hen Anteil schwerer Bodenbestandteileerosionsresistenter. Auch durchlässige,grobsandige Böden sind aufgrund ihrerguten Infiltrierbarkeit wenig erosionsge-fährdet (Blume 1990; Scheffer, Schacht-schnabel 1998). In den gemäßigten Breiten Mitteleuropasliegt – aufgrund der erhöhten Gewitternei-gung und der damit verbundenen Starkre-gen – das niederschlagsbedingte Erosions-maximum in den Sommermonaten. Besonders betroffen von Erosion sind na-turgemäß stark geneigte Flächen, die keineoder keine ausreichende Vegetationsbe-deckung aufweisen. In den Industrielän-dern der gemäßigten Zone sind dies vorallem frisch hergestellte Böschungen undHänge in Form von Einschnitten und Auf-

schüttungen im Verkehrswege-, Deponie-,Berg-, Landschafts- und Wasserbau (Bilder1 und 2). Erosion kann Böschungen beein-trächtigen oder zerstören und damit vorallem im Verkehrswege- und Wasserbauunmittelbar nicht nur materielle Güter,sondern auch Personen akut gefährden.Uferbereiche von stehenden und fließen-den Gewässern sind der Erosion durchWellenschlag und Strömung gleichfalls inbesonderem Maße ausgesetzt. „Den besten Schutz vor Erosion bietet eine ständig bedeckte Bodenoberfläche“(Scheffer, Schachtschnabel 1998). Die Bo-denbedeckung wird idealerweise durch eine dauerhafte Vegetation gebildet, kannvorübergehend aber auch durch eine

Geotextilien zum Erosionsschutz und zurBöschungs sicherung – Eine vergleichende AnalyseStephan Bloemer

Bodenerosion führt immer wieder zu teils erheblichen Schäden an neu gestalteten Böschungen im Erd- undVerkehrswegebau. Bis zur Etablierung einer den Boden festigenden Vegetation können Böschungen effektivmittels verschiedener Geotextilien gegen Erosion geschützt werden. Der Beitrag beschreibt die Auswirkungenverschiedener Formen der Erosion, und wie Böschungen im Rahmen ingenieurbiologischer Bauweisen mit Geotextilien gegen Schäden durch Bodenabtrag gesichert werden können. Dabei werden Wirkungsweisen,Funktionen und Einsatzbereiche der in Deutschland am häufigsten eingesetzten Geotextilien detailliert er -läutert.

Within the scope of civil engineering measures, soil erosion consistently causes severe damages on newly constructed slopes. Until a dense grass cover has developed, slopes can be successfully safeguarded againsterosion by means of various geotextiles (rolled erosion control products). This article describes the impact ofsoil erosion, and it shows how slopes can be protected against damages by professionally applying geotextileswhich form part of bioengineering practices. Relating to the most applied products in Germany, effectiveness,functioning and the range of use is comprehensively discussed.

Verfasseranschrift:Geogr. M.A. S. Bloemer, Bender GmbH & Co. KG,Niederlassung Düsseldorf,Henkelstr. 282,40599 Düsseldorf,[email protected]

Bild 1: Rillenerosion auf einer Autobahnböschung(Foto: Bender GmbH & Co. KG)

Bild 2: Rinnenerosion mit beginnender Grabenero -sion wenige Wochen später auf demselben Böschungsabschnitt (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

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Mulchauflage oder durch geeignete Geo-textilien (Erosionsschutzmatten und -ge-webe) herbeigeführt werden. Eine mög-lichst raue Bodenoberfläche sowie geringeHangneigungen und Hanglängen reduzie-ren a priori die Bodenerodierbarkeit (Ero-dibilität). Organische Substanz (Humus)führt zu stabilen biogenen Bodenaggrega-ten und reduziert gleichfalls die Erodibili-tät. Auch die Durchwurzelung des Bodensführt durch mechanische Stabilisierungund Verbesserung des Wasser- und Luft-haushaltes zu einer antierosiven Wirkung.Zusätzlich wirken bestimmte bodenchemi-sche Eigenschaften wie eine hohe Calci-umsättigung der Austauscher erosions-mindernd (Blume 1990).

2 Ingenieurbiologische Maßnahmengegen Erosion

Zuverlässige Maßnahmen gegen Erosionan Böschungen, Hängen und Ufern bietenverschiedene ingenieurbiologische Bau -weisen. „Die Ingenieurbiologie ist ein Ar-beitsgebiet des Naturschutzes und derLandschaftspflege mit der Zielsetzung,durch Bauverfahren mit Pflanzen als lebende Baustoffe Nutzungen zu fördernund sie im Sinne der Naturschutzgesetzge-bung umweltverträglich zu gestalten“(Schlüter 1996). Mindestens 170 ingenieur-biologische Bauweisen sind in der Fach -literatur beschrieben (Zeh 2007). Dichteund gut verwurzelte Grasnarben rasen-bzw. wiesenartiger Vegetationsbeständesind in der Regel der beste und nachhal-tigste Erosionsschutz auf Böschungen. Ak-tuellen Forschungsergebnissen und lang-jähriger Erfahrung zufolge wird der besteErosionsschutz selbst auf Flussdeichen mitbesonders hoher, regionaltypischer Arten-vielfalt der Vegetation erzielt und nichtmit handelsüblichem Regelsaatgut (Husic-ka 2003; Liebrand 1999). Mit geeignetemRegio-Saatgut sowie mit Saatgut aus demHeudrusch®- und dem Heumulchverfahrenlassen sich gezielt artenreiche Beständeetablieren, die dieser Zielsetzung entspre-chen (Bloemer et al. 2007; Engelhard2001). Solche Bestände sind nicht nur inero sionsschutztechnischer, sondern auchin ästhetischer (Blühaspekt!) und ökologi-scher Hinsicht zu bevorzugen (Bild 3). Für das Zeitfenster zwischen Ansaat undEtablierung der Vegetation, was je nachStandort, Witterung und Jahreszeit meisteinigen Wochen bis mehreren Monatenentspricht, sind zur Vermeidung von Ero-sionsschäden jedoch häufig zusätzliche

Maßnahmen wie die Verwendung vonGeotextilien erforderlich; zu dieser Pro-duktgruppe zählen die besonders häufigeingesetzten Erosionsschutzmatten undErosionsschutzgewebe (im Folgenden ES-Matten und ES-Gewebe genannt), die inder Regel mit einer Begrünung der zu sichernden Flächen kombiniert werden. Inder ingenieurbiologischen Fachliteraturwerden auch die weitgehend synonymenBegriffe „Saatmatten“, „Ansaat mit Netz-überspannung“ (Zeh 2007) und „Mulchsaatmit Netzen“ (Florineth 2004) verwendet.Die relativ große Anzahl verschiedenerProdukte mit unterschiedlichem Anforde-rungsprofil führt erfahrungsgemäß undverständlicherweise zu einer gewissen Un-sicherheit bei ausschreibenden Institutio-nen, aber auch bei ausführenden Firmenhinsichtlich der Auswahl des geeignetenVerfahrens für das jeweilige Projekt. Zieldieses Beitrages ist daher ein an der Praxisorientierter funktionaler Vergleich derhäufigsten Geotextilien mit einem zusam-menfassenden Überblick über Einsatzge-biete, Grenzen und Möglichkeiten des je-weiligen Verfahrens.

3 Erosionsschutz mittels Matten undGeweben

Dieser Artikel behandelt die am häufigsteneingesetzten organischen Geotextilien. Siewerden auf der Basis von pflanzlichen Fa-sern hergestellt, auf erosionsgefährdeteBöschungen verlegt und mit Holzpflöckenoder Metallhaften befestigt. Bisweilenwerden auch biologisch abbaubare Kunst-stoffhaften eingesetzt. Es können drei Geotextil-Hauptgruppenunterschieden werden (Tabelle 1): – Saatgutmatten aus Stroh (Heu), Stroh/

Kokos oder Kokos. Hierbei handelt essich um Matten mit eingearbeitetem

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Bild 3: Artenreiche Bestände wie dieser – hiermit Geotextilgewebesicherung – bieten einenweit besseren Erosionsschutz als handelsüblicheLandschaftsrasenmischungen und sind darüberhinaus von besonderem ästhetischen und öko -logischen Wert (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

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364 Straße und Autobahn 6.2012

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Tabelle 1: Übersicht über die Eigenschaften der am häufigsten eingesetzten organischen Geotextilien

Bild 5: Saatgutmatte aus Stroh/Kokos (Foto: MSTDränbedarf GmbH)

Bild 4: Saatgutmatte aus Stroh (Foto: MST Dränbe-darf GmbH)

Bild 6: Saatgutmatte aus Kokos (Foto: MST Dränbe-darf GmbH)

Bild 7: Erosionsschutzmatte aus Stroh (Foto: MSTDränbedarf GmbH)

Bild 8: Erosionsschutzmatte aus Stroh/Kokos (Foto:MST Dränbedarf GmbH)

Bild 9: Erosionsschutzmatte aus Kokos (Foto: MSTDränbedarf GmbH)

EigenschaftenSaatgutmatteStroh und/ oder Heu

SaatgutmatteStroh/Kokos

SaatgutmatteKokos

Erosionsschutz-matte Stroh und/oder Heu

Erosionsschutz-matte

Stroh/Kokos

Erosionsschutz-matteKokos

Erosionsschutz-gewebeJute

Erosionsschutz-gewebe

Kokos 400 g

Erosionsschutz-gewebe

Kokos 700 g

Erosionsschutz-gewebe

Kokos 900 g

Faserinhalt 100 % Stroh/Heu

50 % Stroh/50 % Kokos-

fasern

100 % Kokosfasern

100 % Stroh/Heu

50 % Stroh/ 50 % Kokos

100 % Kokosfasern

100 % Jutegewebe

100 % Kokosgewebe

100 % Kokosgewebe

100 % Kokosgewebe

Gewicht Fläche 550 g/m² 550 g/m² 550 g/m² ~350 g/m² ~350 g/m² ~350 g/m² ~500 g/m² ~400–450 g/m² ~700–750 g/m² ~900–950 g/m²

Gewicht Faser 375–400 g/m² 375–400 g/m² 375–400 g/m² ~350 g/m² ~350 g/m² ~350 g/m² ~500 g/m² ~400–450 g/m² ~700–750 g/m² ~900–950 g/m²

Gewicht Saatgut 25–30 g/m² 25–30 g/m² 25–30 g/m² – – – – – – –

Gewicht Mulch ~100 g/m² ~100 g/m² ~100 g/m² – – – – – – –

Gewicht Papier ~30 g/m² ~30 g/m² ~30 g/m² – – – – – – –

Maschenweite vollflächig vollflächig vollflächig vollflächig vollflächig vollflächig ca. 10–30 mm ca. 18–25 mm ca. 7–18 mm ca. 5–12 mm

Dicke 10–12 mm 9–11 mm 8–10 mm 10–12 mm 9–11 mm 8–10 mm – - - -

Lebensdauer ~12 Monate ~18–24 Monate ~30-36 Monate ~12 Monate ~18–24 Monate ~30–36 Monate ~12–18 Monate ~30 Monate bis 40 Monate bis 50 Monate

Trägergewebe

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID)

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID)

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID)

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID)

PP-Netzgewebe biologisch zersetzbar (OXYGRID) – – – –

Steppfaden

PP-Multifilament, UV-instabil

PP-Multifilament, UV-instabil

PP-Multifilament, UV-instabil

PP-Multifilament, UV-instabil

PP-Multifilament, UV-instabil

PP-Multifilament, UV-instabil – – – –

Reißfestigkeit PP-Steppfaden 800 d/tex 800 d/tex 800 d/tex 800 d/tex 800 d/tex 800 d/tex – – – –

Höchstzugkraft längs (bei Matten in Abhängigkeit der PP- Trägergewebe)

2,0–3,5 kN/m 2,0–3,5 kN/m 2,0–3,5 kN/m 2,0–3,5 kN/m 2,0–3,5 kN/m 2,0–3,5 kN/m 7,5 kN/m 5,87 kN/m 12,41 kN/m 19,99 kN/m

Höchstzugkraftquer (bei Matten in Abhängigkeit der PP-Trägergewebe)

1,7–3,5 kN/m 1,7–3,5 kN/m 1,7–3,5 kN/m 1,7–3,5 kN/m 1,7–3,5 kN/m 1,7–3,5 kN/m 5,0 kN/m 4,42 kN/m 11,45 kN/m 9,75 kN/m

Höchstdehn-barkeit längs/quer 33,2/23,5 % 31,6/31,2 % 31,2/23,7 % 33,2/23,5 % 31,6/31,2 % 31,2/23,7 % k.A. k.A. k.A. k.A.

Flächenabdeckung 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 35–40 % ca. 35 % ca. 60 % ca. 65 %Einsatzgebiet Hangneigung bis 1:1,5 bis 1:1 ≥ 1:1 bis 1:1,5 bis 1:1 ≥ 1:1 bis 1:1,5 ≥ 1:1,5 ≥ 1:1,5 ≥ 1:1,5

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

oder Jutegewebe(100 % biolo-

gisch abbaubar)

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Saatgut und Mulchfasern. Da dieseMatten bereits Saatgut enthalten, wer-den sie ohne zusätzliche Ansaat verlegt(Bilder 4 bis 6).

– Erosionsschutzmatten aus Stroh (Heu),Stroh/Kokos oder Kokos ohne eingear-beitetes Saatgut und Mulchfasern. DieseMatten werden grundsätzlich in Kombi-nation mit einer Ansaat (meistens Nass-ansaat) verlegt. Die Ansaat muss auf je-den Fall vor der Verlegung durchgeführtwerden, da ES-Matten die Fläche voll-ständig bedecken (Bilder 7 bis 9).

– Erosionsschutzgewebe aus Kokos in 3verschiedenen Gewichtsklassen oderaus Jute. Auch diese Matten werdengrundsätzlich in Kombination mit einerAnsaat (meistens Nassansaat) verlegt.Die Ansaat kann – mit Ausnahme derschwersten Matte – vor oder nach Ver-legung der Matten durchgeführt wer-den, da deren Flächenabdeckungsfaktorrelativ gering ist (Bilder 10 bis 13).

Mindestens zehn verschiedene Geotexti-lien zählen damit zum Standardrepertoireder Hersteller und werden besonders häu-fig zum Erosionsschutz eingesetzt (IGG In-ternationale Geotextil GmbH; MST-Drän-bedarf GmbH). Zwecks fachgerechter Anbringung vonES-Matten und ES-Gewebe muss die zuschützende Fläche vorab seitens des aus-führenden Bauunternehmens möglichstgleichmäßig und eben profiliert werden.Bei der anschließenden Verlegung ist dar-auf zu achten, dass die Überlappungsbe-reiche der benachbarten Bahnen nicht zu groß sind, um eine Beeinträchtigung der Vegetation durch doppelte Lagen zuvermeiden. In der Regel sind wenigeZenti meter Überlappung ausreichend. Das Eingraben der Matten- bzw. Gewebeendeam oberen oder unteren Böschungsrandbringt keine erkennbaren Vorteile, wes-halb auch hier Haften oder Pflöcke bevor-zugt werden sollten. Bei der Verlegungdürfen die Flächen noch nicht bewachsensein, um einen unmittelbaren Bodenkon-takt zu ermöglichen. Stark wüchsiger Spon-tanwuchs („Unkraut“) kann punktuell vorallem die ES-Matten anheben, was derenEffizienz beeinträchtigt. Es ist darauf zuachten, dass Matten und Gewebe vollflä-chigen Bodenkontakt haben, also keinerzu starken Spannung unterliegen. Im Ge-wässerbereich kann die Überlappungsbrei-te je nach Anforderung stärker sein; dieÜberlappung der Geotextilbahnen muss zu-dem mit der zu erwartenden Strömung er-folgen, die aufgrund von seitlichen Rück-strom- und Verwirbelungseffekten nichtimmer der Hauptfließrichtung folgen muss.Die Fixierung der Matten erfolgt am bes -

ten mit Stahlhaften; auch biologisch ab-baubare Kunststoffhaften und Holzpflöckewerden mitunter verwendet, jedoch wer-den letztere beim Quellen bindiger Bödendurch Nässe und bei Frosteinwirkung bis-weilen angehoben. Zwei bis drei Haften jeqm sind bei ES-Matten und -Gewebe ge-wöhnlich ausreichend, bei Saatmattensollten zwecks optimaler Auflage 4 Haftenje qm eingesetzt werden. Bei schwierigenStandortbedingungen und ungleichmäßi-ger Bodenoberfläche sollte die Zahl derHaften entsprechend erhöht werden. MitGeotextilien gesicherte Flächen sollen nachMöglichkeit nicht mehr betreten werden. Im Folgenden soll detailliert darauf einge-gangen werden, was die hier behandeltenErosionsschutzsysteme leisten können, wosie eingesetzt werden und was sie im Ein-zelnen unterscheidet.

3.1 Funktion und Wirkungsweise vonMatten und Geweben

ES-Matten und ES-Gewebe dienen dem

Schutz vor Bodenerosion auf geneigtemGelände für den Zeitraum bis zu einervollständigen Vegetationsetablierung. IhreFunktion ist daher – je nach Standort,Jahreszeit und Witterung – temporär aufeinige Wochen bis mehrere Monate be-grenzt (auf schwer begrünbaren Extrem-flächen kann dieser Zeitrahmen unter Um-ständen auch deutlich größer sein). Bö-schungen und Hänge mit einer Neigung ≥ 1:3 sind daher das Haupteinsatzgebietdieser Geotextilien. Aktuelle Felduntersu-chungen belegen eine deutliche Reduzie-rung des Bodenabtrags nach Starkregendurch ES-Gewebe und -Matten. Auch ent-sprechende Laboruntersuchungen zeigen,dass die Oberfläche sehr wirksam gegenErosion durch Wasser geschützt wird. Mitabnehmender Maschenweiten der einge-setzten Produkte nimmt die Intensität desErosionsschutzes zu. Bei einer projektivenDeckung der Vegetation ab 60 % findetauf mit Matten und Geweben geschütztenBöschungen praktisch kein Bodenabtragmehr statt (SKZ-KFE, Bayerische Landes-

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Bild 10: Erosionsschutzgewebe aus Jute 500 g/m²(Foto: MST Dränbedarf GmbH)

Bild 11: Erosionsschutzgewebe aus Kokos 400 g/m2

(Foto: MST Dränbedarf GmbH)

Bild 12: Erosionsschutzgewebe aus Kokos 700 g/m2

(Foto: MST Dränbedarf GmbH)Bild 13: Erosionsschutzgewebe aus Kokos 900 g/m²(Foto: MST Dränbedarf GmbH)

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Erhöhung der Bodenrauigkeit die Fließ-geschwindigkeit herab, was zu einemreduzierten Bodenabtrag führen kann.Die Abdeckung des Bodens resultiertdarüber hinaus in einer Pufferung undAbschirmung vor den physikalischenKräften des Wassers.

– Winterliche Frost-Tau-Zyklen vermö-gen Bodenaggregate zu lockern und die Infiltration zu behindern, wenn dasBodenwasser gefroren ist (Scheffer,Schachtschnabel 1998). Dieser erosions-fördernde Vorgang kann – je nach Tem-peratur – durch Geotextilien reduziertwerden, weil die Frostwirkung durch dieBodenabdeckung abgeschwächt wird.

– Die grobmaschigen ES-Gewebe (ca. 5bis 30 mm, je nach Produkttyp) bietendurch die Erhöhung der Oberflächen-rauigkeit die Möglichkeit, auf relativglatten Oberflächen höhere Aufwand-mengen an Bodenverbesserungsstoffen(z. B. Kalk bei sauren Böden im Berg-bau), Mulch und Dünger aufzutragen.

– ES-Matten und -Gewebe sind, wie ak -tuelle Laboruntersuchungen zeigen, beifachgemäßem Einbau problemlos be-grünbar (SKZ-KFE, Bayerische Landes-anstalt für Weinbau und Gartenbau2011). Sie wirken wie eine Mulch-schicht; Mulchstoffe verbessern das Mi-kroklima und schützen vor Witterungs-einflüssen, was die Keimung und dieEntwicklung der Vegetation fördert undbeschleunigt (Hacker, Johannsen 2012).Sie verringern die Verdunstung undmildern Temperaturextreme ab. Die Bo-denoberfläche bleibt länger feucht. ImSchutz von Geotextilien verläuft derKeimungsvorgang schneller und gleich-mäßiger, trockenheitsbedingte Ausfällein jungen Vegetationsbeständen sindseltener (Bild 14). In der kalten Jahres-zeit wird das Pflanzenwachstum unter-stützt und beschleunigt. Da ES-Matteneinen höheren Flächenabdeckungsfak-tor aufweisen als ES-Gewebe, ist die be-schriebene Wirkung bei Matten größer.1

Die hier behandelten Geotextilien bietendamit vorwiegend einen Schutz vor nie-derschlagsbedingten Böschungsschädendurch oberflächennahe Erosionserschei-nungen wie Rillen- und Rinnenerosion;werden Rillen- und Rinnenerosion verhin-dert oder deutlich reduziert, trifft dies na-turgemäß auch auf weitere Vertiefungenzu, die zur Graben- und Tunnelerosionführen können. Auch im Uferbereich vonGewässern können Erosionsschäden durchGeotextilien reduziert werden.Aufgrund ihrer begrenzten Lebensdauer

bieten ES-Matten und -Gewebe naturge-mäß nur einen vorübergehenden Erosions-schutz. Sie überbrücken vorwiegend denZeitraum zwischen Ansaat und Vegeta -tionsetablierung. Sobald die Vegetation –meist handelt es sich hierbei um rasen-und wiesenartige Pflanzengesellschaften –den weithegenden Narbenschluss und dasWurzelsystem ausgebildet hat, haben dieGeotextilien weitgehend ausgedient. Wur-zeln und oberirdische Biomasse überneh-men nun die Funktion des Erosionsschut-zes dauerhaft. Es sei nochmals betont, dasssich die Funktion der ES-Matten und -Ge-webe je nach Jahreszeit, Witterung undStandort in der Regel auf einige Wochenoder Monate beschränkt.

3.2 Was Matten und Gewebe nicht leistenkönnen

Hinsichtlich des funktionellen Potenzialsvon ES-Matten und -Geweben bestehensowohl bei planenden und ausschreiben-den Stellen als auch bei ausführenden Un-ternehmen häufig Unsicherheiten undnicht erfüllbare Erwartungen. Im Folgen-den ist daher angeführt, welche Anforde-rungen diese Produkte in der Regel nichterfüllen können.

366 Straße und Autobahn 6.2012

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anstalt für Weinbau und Gartenbau 2011). ES-Gewebe und -Matten übernehmen biszu ihrem Abbau durch Bodenorganismen(nach ca. 1 bis 4 Jahren in Abhängigkeitvom Produkttyp und Standort) folgendeFunktionen:– Reduzierung oder Vermeidung der Zer-

störung von Bodenaggregaten durchStark regen: Durch die Beschattung desBodens und den durch die Geotextilienerzielten Mulcheffekt bleibt der Bodenauch während sommerlicher Trockenpe-rioden länger feucht; dies reduziertAggregatzer störung durch Luftspren-gung, die durch eindringendes Wasserin ausgetrockneten Boden verursachtwird. Weniger Ag gregatzerfall bedeutetweniger Angriffsfläche für erosive Kräf-te. ES-Matten weisen einen höherenFlächenabdeckungsfaktor auf als ES-Gewebe, weshalb die beschriebene Wir-kung bei Matten größer ist.

– Geotextilien puffern die kinetischeEnergie der Regentropfen, bevor diesezerstörend auf die Bodenoberfläche wir-ken können. ES-Matten mit ihrem hö-heren Flächenabdeckungsfaktor wirkenauch hier effektiver als ES-Gewebe.

– Der beschriebene Effekt verhindert oderreduziert die Ablösung von Bodenfein-teilen, die die Bodenporen verstopfenund zur Verschlämmung führen. Geo-textilien verringern also die Bodenver-schlämmung und erhalten die Infiltrier-barkeit (Wasseraufnahmefähigkeit) desBodens, was erhöhtem Oberflächenab-fluss und damit zunehmender Erosions-gefahr entgegen wirkt.

– Geotextilien erhöhen die Rauigkeit derBodenoberfläche und bremsen so dieGeschwindigkeit und damit die erosivwirkenden Scherkräfte des Oberflächen-abflusses. Je dicker und schwerer dasGeotextil, desto effektiver ist die Wir-kung.

– Im Uferbereich von Binnengewässernsetzen Erosionsschutzgewebe durch die

Bild 14: Geotextilien (hier: Jutegewebe) ermög -lichen eine besonders gleichmäßige und rascheKeimung (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

1 Entgegen jahrzehntelanger Praxiserfahrung mitimmer wieder bestätigten, klaren Vorteilen für dieVegetationsetablierung konnten diese im Rahmeneines aktuellen Feldversuchs für die Stroh/Kokos-matte und ein Kokosgewebe (700 g/m2) nicht verifiziert werden (von den in der vorliegendenPublikation behandelten Produkten wurden indiesem Feldversuch neben anderen, vorwiegendsynthetischen Erzeugnissen nur die Stroh/Kokos-matte, das Kokosgewebe 700 g/m2 und das Jute-gewebe untersucht) (SKZ-KFE, Bayerische Lan-desanstalt für Weinbau und Gartenbau 2011). Dadieses Ergebnis auch in augenfälligem Gegensatzzu den Laborergebnissen derselben Untersuchungsowie zu den erheblichen, Jahr für Jahr mit denbetreffenden Systemen gesicherten Flächen steht,stellt sich die Frage, inwieweit methodischeAspekte, standörtliche Faktoren und die Herkunftder verwendeten Geotextilien das Untersu-chungsergebnis beeinflusst haben könnten. Sodiente als Bodenauftrag ein „eher vegetations-feindliches Substrat … aus den unteren, unbeleb-ten Lösslagen“ (SKZ-KFE, Bayerische Landes -anstalt für Weinbau und Gartenbau 2011, S. 95),das gemäß DIN 18918 unbedingt einer angemes-senen Düngung bedurft hätte; in einem nähr-stoffarmen Rohboden wird durch den mikrobiel-len Abbau der Geotextilien ohne ausgleichendeDüngung der für das Pflanzenwachstum essen-tielle Stickstoff immobilisiert, was die Vegetati-onsentwicklung deutlich einschränken kann(Nährstoff sperre)! Darüber hinaus fallen einigeParadoxe auf, wie z. B. eine vergleichsweise hoheVitalität der Vegetation bei dem insgesamt unter-durchschnittlich abschneidenden Kokosgewebe.Wichtig wäre auch die Feststellung der Herkunftder betreffenden Geotextilien in Bezug auf einemögliche Schadstoffbelastung. Hier besteht of-fenbar weiterer Klärungsbedarf.

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– Schutz vor großflächigem Massenversatz: Hierzu zählen Stür-ze, Rutschungen, Kriech- und Fließbewegungen, also Erosions-erscheinungen, die nicht auf die Oberfläche begrenzt sind (Bild15). Diese Massenbewegungen finden ihre Ursache in der Geo-logie, Hydrogeologie und Geomechanik, der Gravita tion, demWassergehalt (Bodenkonsis tenz) und menschlichen Einfluss-größen (Blume 1990). Es handelt sich also um eher dras tische,großflächige und großvolumige Erosionserscheinungen mit ei-ner relativ großen Tiefenwirkung, die durch oberflächig wir-kende Geotextilien nicht oder nur sehr begrenzt beeinflusstwerden. Kommt es zum Massenversatz auf mit Geotextilien ge-sicherten Böschungen, werden die Matten einfach mitgerissen.

– Steinschlag ist ein Phänomen des Massenversatzes; hier gilt imPrinzip dasselbe wie vorab erörtert. ES-Matten und -Gewebelassen sich auf steinigen, geröll- und blockhaltigen Hängennur schwer befestigen und vermögen nur kleinere Steine zu fixieren. Auch ihre begrenzte Haltbarkeit (ca. 1 bis 4 Jahre) prä-destiniert sie nicht für den Schutz gegen Steinschlag. Unum-gänglich sind daher technische Vorrichtungen gegen Stein-schlag (z. B. Steinschlagschutznetze).

– Fixierung von Oberbodenandeckungen: Im Erd- und Tiefbauwerden Böschungen zwecks nachfolgender Begrünung meistmit einer 10 bis 30 cm dicken Lage aus Oberboden angedeckt.Ohne fachgerechte Vorkehrungen rutschen Oberbodenande -ckungen häufig ab, es kommt zum Massenversatz (s. o. undBild 15). Oberbodenandeckungen können nicht mit ES-Mattenund -Geweben gegen Abrutschen gesichert werden. Hierfürexistieren spezielle, routinemäßig eingesetzte ingenieurbiologi-sche Verfahren wie Faschinenverbau und ähnliche Bauweisen(Stalljann, Bloemer 2008). DIN 18915 und 18918 verlangen zu-dem eine Verzahnung zwischen Untergrund und Oberboden-auftrag, z. B. durch Aufrauen des Baugrunds. Fehlt diese Ver-zahnung, etwa bei häufig zu beobachtendem, glatt abgezoge-nem Rohbodenplanum, besteht erhöhte Rutschungsgefahr fürangedeckte Oberbodenmassen, wogegen Geotextilien keinenSchutz bieten. Dass Rohbodenbegrünungen in fachlicher Hin-sicht zu bevorzugen sind, dürfte in Fachkreisen längst bekanntsein (Kirmer, Tischew 2006; Bloemer 2003; FLL 1998). Dahersollte auf das Andecken von Oberboden auf Böschungen nachMöglichkeit verzichtet werden. Mit einer Nassansaat lassensich in der Regel auch problematische Rohböden zuverlässigbegrünen (Bild 16).

– Oberflächenabfluss: Handelt es sich bei dem betroffenen, zu si-chernden Böschungsbereich um den unteren Teil eines größe-ren Hanges, kann es – insbesondere bei Starkniederschlägen –zum Eindringen von Oberflächenabflusswasser aus dem ober-halb liegenden Gelände kommen. Kommt es dabei zu sturz-bachartigen Abflussvorgängen, bieten selbst schwere Kokosge-webe in der Regel keinen ausreichenden Schutz vor Rillen- undGrabenerosion. Häufig werden die Matten durch die Kraft des

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Bild 15: Derartige Böschungsschäden können nicht durch ES-Gewebe und ES-Mattenvermieden werden (Foto: SW DüngesystemeGmbH)

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Wassers einfach weggerissen oder un-terspült.

– Ufersicherung: Geotextilien können imBereich relativ schwacher Strömungund geringen Wellengangs durch dieErhöhung der Oberflächenrauigkeit dieFließgeschwindigkeit in Bodennähe re-duzieren und so einen gewissen Schutzgegen Hochwasserschäden bieten. Star-ken Strömungen und stärkerem Wellen-schlag halten Matten und Gewebe bzw.die Befestigungsmittel in der Regelnicht lange stand. Zur Ufersicherung anFließgewässern stehen verschiedene in-genieurbiologische Verfahren zur Ver -fügung (Zeh 2007; Schlüter 1996; Pflug1988; Begemann, Schiechtl 1986).

– ES-Matten und ES-Gewebe ersetzenweder Düngung noch Bodenverbesse-rung. Art und Aufwandmengen geeig-neter Nährstoffträger und Bodenverbes-serungsmittel müssen gemäß DIN 18918unabhängig von Maßnahmen zum Ero-sionsschutz ermittelt und angewendetwerden. Insbesondere auf Rohböden istim Zusammenhang mit der Sicherungdurch organische Geotextilien auf eineausreichende Stickstoffdüngung zu ach-ten, um einer Immobilisierung dieseswichtigsten Nährstoffes im Zuge desmikrobiellen Abbaus der Matten bzw.Gewebe vorzubeugen!

4 Einsatzgebiete von Erosionsschutz-matten und -geweben

Die nachfolgenden Ausführungen gebeneinen Überblick über den Einsatzbereichder häufigsten ES-Matten und -Gewebe.Sie sollen in erster Linie planenden undausschreibenden Institutionen die Aus-wahl des geeigneten Verfahrens erleich-tern.

4.1 Saatgutmatten

Hierbei handelt es sich um Erosions-

schutzmatten mit eingearbeitetem Saat-gut, die in drei Varianten angeboten wer-den:– Saatgutmatten aus Strohfasern– Saatgutmatten aus Stroh- und Kokos -

fasern – Saatgutmatten aus Kokosfasern.Diese Varianten können zudem jeweils mitSteppfaden und Trägergewebe aus UV-in-stabilem bzw. biologisch abbaubarem Poly propylen (PP) oder aus Jutegewebegeliefert werden (siehe Tabelle 1).Saatgutmatten sind für solche Böschungs-flächen vorgesehen, die einen raschen undzuverlässigen Schutz vor Erosion durchNiederschläge erfordern. Damit Saatgut-matten diesen Schutz auch gewährleis ten,müssen allerdings zwei wesentlicheAspekte vorausgesetzt werden:Erstens muss die zu sichernde Bodenober-fläche sehr eben sein; auch kleinste Er -hebungen und Vertiefungen verhinderneinen 100%igen Kontakt der Matte unddamit des Saatguts mit dem Boden (Hacker, Johannsen 2012). Jedwede Spu-ren von Raupen, Baggern und sonstigemGerät sowie Steinbesatz und größere, ausder Oberfläche ragende Bodenaggregateverhindern einen vollständigen Boden-kontakt. Gleichfalls verhindert vorwüchsi-ge Vegetation diesen erforderlichen Kon-takt. Auch nach dem Verlegen der Mattenaufkommender, durch die natürliche Sa-menbank im Boden gebildeter großblättri-ger Spontanwuchs (z. B. Ampferarten undGänsefußgewächse) verhindert durch dieAnhebung der Matten bis zu mehrerenZentimetern in seinem Bereich jeden Bo-denkontakt. Nur ein vollständiger, also100%iger Bodenkontakt der Saatmattenbietet die Voraussetzung dafür, dass das inden Matten eingearbeitete Saatgut Boden-feuchtigkeit erhält, keimen und Wurzelnbilden kann. Bei unzureichendem Boden-kontakt hängen Teilbereiche der Mattensamt dem darin enthaltenen Saatgut in derLuft – auch beim Einsatz erhöhter Mengenan Haften bzw. Pflöcken; hier kann dasSaatgut nicht keimen, die Vegetationsent-wicklung wird verhindert. Eine ausnahms-los ebene Fläche ohne kleinräumige Re-liefstrukturen lässt sich an Böschungen er-fahrungsgemäß kaum herstellen (Hacker,Johannsen 2012; Stalljann 2011). Zweitens muss bei einer Böschung, die mitSaatgutmatten begrünt werden soll, si-chergestellt sein, dass der anstehende Bo-den gemäß DIN 18918 außer Saatgut keineweiteren Stoffe wie z. B. Dünger und Bo-denverbesserungsmittel benötigt. Diesesollten nach erfolgter Mattenverlegung

nicht mehr auf den Boden ausgebrachtwerden, weil die bereits verlegte Matte wieeine Sperrschicht wirken kann und somitverhindert, dass für den Boden wichtigeKomponenten rechtzeitig in den Bodeneindringen (Stalljann 2011).Eine bessere Alternative ist daher grund-sätzlich, die betreffenden Böschungen ineinem ersten Schritt per Nassansaat mitggf. erforderlichen Dünge- und Bodenver-besserungsstoffen gemäß DIN 18918 ein-zusäen (DIN Deutsches Institut für Nor-mung e. V. 2003) und in einem zweitenSchritt mit Erosionsschutzmatten ohneeingearbeitetes Saatgut zu sichern. Mitdiesem alternativen, in der Praxis routine-mäßig und erfolgreich eingesetzten Ver-fahren ist ein 100%iger Kontakt des Saat-guts mit dem Boden gewährleistet, dieoben genannten Probleme treten auch beieinem unvollständigen Kontakt der Mat-ten mit dem Boden nicht auf. Zudem kannes problemlos auch auf schwierigen Roh-bodenstandorten eingesetzt werden (Bloe-mer 2000; Stalljann 2000) Ungeachtet dieser Einwände, gelten für dieVerwendung der Saatgutmatten dieselbenVoraussetzungen wie für die ES-Mattengleichen Materials ohne Saatgut. Auf dieVerwendung dieser Matten ohne Saatgutwird im folgenden Kapitel detaillierter ein-gegangen.

4.2 Erosionsschutzmatten ohne Saatgut

Erosionsschutzmatten sind Produkte ohneeingearbeitetes Saatgut; auch sie werdenwie die Saatgutmatten in drei Varianten –jeweils mit Steppfaden aus UV-instabilemPolypropylen (PP) oder aus Jutegewebe –angeboten (siehe Tabelle 1):– ES-Matten aus Strohfasern– ES-Matten aus Stroh- und Kokosfasern – ES-Matten aus Kokosfasern.Diese Matten werden gewöhnlich in Kom-bination mit einer Nassansaat eingesetztund bieten einen raschen und zuverlässi-gen Schutz vor Erosion durch Nieder-schläge. Die Ansaat muss vor Verlegungder Matten durchgeführt werden, da sie eine nahezu hundertprozentige Flächen-deckung aufweisen. Bei einer Ansaat nachVerlegung der Matten würde der größteTeil des Saatgutes unweigerlich auf denMatten liegen und hätte infolge dessenkeinen zur Keimung erforderlichen Boden-kontakt.Neben dem Erosionsschutz wirken dieMatten als Mulchlage und beschleunigenKeimung und Entwicklung der Ansaat(Bilder 17 und 18). Die Funktion der Mat-

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Bild 16: Begrünung von mit Jutegewebe gesicher-ter Böschung per Nassansaat (Foto: Bender GmbH& Co. KG)

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ten beschränkt sich auf den Zeitraum biszur vollständigen Begrünung; danachübernimmt die Vegetation den Erosions-schutz dauerhaft.Ist mit einer raschen oder normalen Vege-tationsentwicklung zu rechnen, reicht dieStrohmatte mit einer Lebensdauer von ca.12 Monaten aus. Dies gilt in Mitteleuropafür die meisten Böschungsstandorte, vorallem für solche aus Oberboden oder bin-digem Rohboden.Bei Standortbedingungen, die aufgrundWassermangel, Nährstoffarmut, Bodenche-mismus, Topographie, Exponierung undmikroklimatischen Bedingungen eine merk-lich verzögerte Vegetations- und Wur -zelentwicklung erwarten lassen (Extrem-flächen), sind die langlebigeren Mattenaus Stroh/Kokos (Lebensdauer bis 2 Jahre)oder reiner Kokosfaser (Lebensdauer bis 3 Jahre) sinnvoll (vgl. Tabelle 1). Mit die-sen Geotextilien können mithin deutlichlängere Zeiträume bis zur Vegetationseta-blierung auf besonders extremen Stand -orten überbrückt werden. Hierzu zählen z. B.:– Rohbodenböschungen aus grobem Sub-

strat mit geringer Wasserspeicherkapa-zität wie Sand, Grus, Kies,

– mit Kalk, Zement oder anderen Binde-mitteln stabilisierte Standorte,

– stark saure oder alkalische Böden,– Steilhänge mit einer Neigung von > 45°,– ausgeprägte Trocken- und Magerstand-

orte,– mikroklimatische Extremflächen wie

südexponierte Böschungen mit ausge-prägter Insolation.

Solche Extremflächen können mit einerKombination aus Nassansaat und ES-Mat-ten aus Stroh/Kokos oder Kokos recht zu-verlässig gegen Erosionsschäden gesichertwerden.

4.3 Erosionsschutzgewebe

Erosionsschutzgewebe sind grob gewebteProdukte aus reinen Kokos- oder Jutefa-sern. Die gängigsten Produkte sind:– ES-Gewebe aus Kokosfasern mit einem

Flächengewicht von 400, 700 und 900 g/m2,

– ES-Gewebe aus Jutefasern mit einemFlächengewicht von 500 g/m2.

Bei diesen Geweben handelt es sich um ro-buste, grobmaschige Geotextilien mit ei-ner Lebensdauer von ca. 2 bis 4 Jahren,die relativ hohen Zugkräften von (längs)7,5 bis fast 20,0 kN/m standhalten (vgl.Tabelle 1). Auch ES-Gewebe werden inKombination mit Nassansaaten eingesetzt.

Die Grobmaschigkeit der Materialien führtzu einem vergleichsweise geringen Flä-chenabdeckungsfaktor von ca. 35 % bis > 65 %, weshalb sie sich für den Einsatzsowohl vor als auch nach der Ansaat eig-nen; ausgenommen ist hier das Kokosge-webe 900 g/m2, bei dem die Ansaat auf-grund relativ kleiner Maschenweiten vorder Verlegung erfolgen sollte. ZusätzlicheMulchlagen (z. B. im Zuge von Strohdeck-saaten) und Verklebungen mit Bodenfesti-gern sollten jedoch ausschließlich nachder Gewebeverlegung appliziert werden,da sie andernfalls durch nachfolgende Ar-beiten auf der Böschung zerstört oderstark beeinträchtigt würden. Durch den im Vergleich zu den ES-Mattendeutlich geringeren Flächenabdeckungs-faktor ist der Schutz vor der zerstörendenWirkung von Regentropfen bei den ES-Geweben geringer. Auch ist die Mulchwir-kung der ES-Gewebe naturgemäß schwä-cher; dennoch reduzieren sie signifikantdie Erosionsgefahr (SKZ-KFE gGmbH,Baye rische Landesanstalt für Weinbau undGartenbau 2011). Auch die nicht abge-deckten Mikrobodenbereiche in den Ma-schen sind durch die ringsum erhabenenFaserstränge besser gegen Witterungsein-flüsse geschützt als Flächen ohne Gewebe-sicherung. Keimung und Entwicklung derAnsaat werden somit beschleunigt, aller-dings in geringerem Maße als bei den zu-vor beschriebenen Matten. Die Rauigkeitder Bodenoberfläche wird durch ES-Gewe-be jedoch merklich erhöht, was den Ober-flächenabfluss bremst und die damit ver-bundenen erosiven Kräfte (Schleppkraft)schwächt. Dieser Effekt ist umso stärker, jedicker und schwerer das Geotextil ist. Willman eine Mulchwirkung wie bei den ES-Matten erzielen, empfiehlt sich die Auf-bringung einer Mulchlage aus Strohhäck-seln gemäß DIN 18918 nach dem Anbrin-gen des ES-Gewebes.Die Funktion der ES-Gewebe beschränkt

sich auf den Zeitraum bis zur vollständi-gen Begrünung und weitgehenden Durch-wurzelung; danach übernimmt die Vege-tation den Erosionsschutz dauerhaft.Die Verwendung der vergleichsweise zug-festen ES-Gewebe kann dort sinnvoll sein,wo mit dem Auftreten erhöhter Zugkräftezu rechnen ist. Dies trifft z. B auf wenigverdichtete Aufschüttungen zu, deren Bodenmassen sich noch setzen können.Neben der Zugfestigkeit des Gewebes istjedoch die Art der Gewebefixierung ent-scheidend. Treten zu starke Zugkräfte auf,werden gewöhnliche Stahl- oder Holz -haften leicht aus ihrer Verankerung geris-sen. Auf setzungsgefährdeten Böschungensollten daher spezielle Bodenanker, z B.Moniereisen in einer Länge von ≥ 50 cm,verwendet werden. Auch im Uferbereich von Überflutungs-gräben, Rückhaltebecken sowie auf Fluss-deichen werden Kokos- und Jutegewebeeingesetzt, um gewässernahe Böschungenim Hochwasserfalle bis zur vollständigenVegetationsetablierung vor der erosivenKraft von strömendem oder Wellen schla-gendem Wasser zu schützen. Dabei spieltdie Herabsetzung der Strömungsgeschwin-digkeit durch die Erhöhung der Rauigkeitder Bodenoberfläche eine große Rolle. Jestärker die zu erwartende Strömung, destoschwerer sollte das ES-Gewebe sein. Stär-keren Strömungen und Wirbeln in Fließ-gewässern und dauerhaftem Wellenschlaghaben die Gewebe und die sie fixierendenHaften erfahrungsgemäß jedoch wenigentgegenzusetzen. Hier wäre zumindesteine besondere Verankerungstechnik er-forderlich. Für Gewässer mit höherer Fließ-geschwindigkeit wie Bäche und Flüsse imMittel- und Hochgebirge stehen zahlreicheingenieurbiologische Bauverfahren zurVerfügung (Zeh 2007; Pflug 1988 und1999; Begemann, Schiechtl 1986).Die Erfahrung zeigt, dass frisch hergestell-te oder sanierte Flussdeiche, deren wasser-

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Geotextilien zum Erosionsschutz und zur Böschungssicherung | Erdbau | FACHBEITRÄGE

Bild 17: Verlegung von ES-Matten aus Stroh zur Sicherung einer steilen Böschung und zur Be-schleunigung der Keimung und Vegetationsent-wicklung (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

Bild 18: Trotz extremer Frühjahrstrockenheit in2011 konnte sich die Vegetation innerhalb wenigerWochen etablieren (Foto: Bender GmbH & Co. KG)

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seitige Böschungen im Hochwasserfall nureine relativ geringe Strömung und Wirbel-bildung zu erwarten haben, bis zur Eta-blierung der Grasnarbe meist zuverlässigmit Jutegewebe (500 g/m2) gesichert wer-den können (Bild 19). Dort, wo kurzfristigstärkere Belastungen auftreten, sollten aufjeden Fall schwerere Kokosgewebe (700bzw. 900 g/m2) angebracht werden.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Der Einsatz von ES-Matten und ES-Gewe-ben zählt zu den ingenieurbiologischenVerfahren und bietet in der Regel einenzuverlässigen Schutz vor linearer Ober -flächenerosion auf geneigtem Gelände.Gewöhnlich ist dieser Schutz mit Stroh-und Stroh/Kokosmatten in ausreichenderWeise gewährleistet, zumal sich Ansaatendurch die besonders ausgeprägte Mulch-wirkung dieser Produkte schneller entwi -ckeln. Im Uferbereich von Binnengewäs-sern ist dagegen der Einsatz der schwere-ren Kokosgewebe vorzuziehen. Sobald derNarbenschluss der Vegetation und dasWurzelsystem ausgebildet sind, über-nimmt die Pflanzendecke den Erosions-schutz dauerhaft. Die Wirkung der be-schriebenen Geotextilien ist daher – jenach Standort und Jahreszeit – auf einenZeitraum von meist einigen Wochen bis zuwenigen Monaten begrenzt.Großflächiger Massenversatz (z. B. Hang-stürze und -rutschungen) und das Abrut-schen von Oberbodenandeckungen kön-nen durch ES-Matten und ES-Gewebenicht verhindert werden. Erfahrungsgemäß werden die meisten Bö-schungen mit Strohmatten, Stroh/Kokos-matten und Jutegewebe gesichert. Dies liegtsicher auch darin begründet, dass der Ein-satz dieser Produkte am wirtschaftlichstenist. Im Deich- und Wasserbau kommen da-gegen meist Kokosgewebe ≥ 700 g/m² zumEinsatz, seltener das Jutege webe.

Im Zuge des globalen Klimawandels dürf-ten sich die Winterniederschläge inDeutschland in den kommenden Jahr-zehnten regionenabhängig um 10 bis 50 %erhöhen. Im Kontrast dazu ist – je nachRegion – ein Niederschlags-Sommerdefizitvon 10 bis 50 % zu erwarten. Gleichzeitigwird Prognosen zufolge die Niederschlags-variabilität deutlich zunehmen, es wird al-so vermehrt mit Starkniederschlägen zurechnen sein (Bloemer 2008; Spekat et al.2007). Die Konsequenzen sind nicht nurhäufigere und stärkere Hochwasserereig-nisse mit zunehmenden Schäden an Ufer-böschungen und Deichen, sondern aucheine erhöhte Tendenz zu intensiverer Ero-sion auf Böschungen und Hängen. ImSommerhalbjahr ist vermehrt mit Dürre-perioden zu rechnen. Vor diesem Hinter-grund dürfte die Bedeutung von ES-Gewe-ben und ES-Matten in der ingenieurbiolo-gischen Sicherung für den Erosionsschutzund für die Förderung der Vegetationsent-wicklung weiter zunehmen.

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370 Straße und Autobahn 6.2012

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Bild 19: Verlegung von Jutegewebe zum Hoch -wasserschutz im Deichbau (Foto: Bender GmbH &Co. KG)

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