Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu...

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1 Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung 6. Auflage 2016 Vorbemerkung Das folgende ist eine Materialsammlung, die Vorträgen, Veröffentlichungen, Memoranden und Erfahrungen in den Jahren 2009 bis 2016 zu Grunde liegt. Die Materialsammlung behan- delt Forschungs- und Innovationspolitik zum Thema „Dienstleistungen“. Die Sammlung ver- mittelt einen Eindruck zu Akteuren der Forschungs- und Innovationspolitik sowie Innovati- onsfeldern der Dienstleistungsforschung seit etwa 1995. Sie gibt keinen Überblick über die Dienstleistungsforschung im Allgemeinen und auch nicht über Forschungsansätze vor 1995. Es darf auch kritisiert werden, wenn etwas falsch, unvollständig oder gar nicht dargestellt wurde. Ich werde so gut ich kann, diese Kritik einarbeiten. Allerdings muss immer beachtet werden, dass dies eine persönliche Materialsammlung auf Grund meiner Erfahrungen ist und daher ein persönlicher, recht beschränkter Horizont dem ganzen zu Grunde liegt. Dies gilt auch für die enthaltenen Schwerpunktsetzungen und Wertungen. Die Materialsammlung ist gegenüber der Version vom 2014 hinsichtlich des Service Enginee- rings, der Wissensintensiven und der Personenbezogenen Dienstleistungen, des neuen Pro- gramms und der Geschäftsmodelle überarbeitet worden. Veränderungen sind durch „*“ in der Kapitelüberschrift gekennzeichnet. Eine Bemerkung zum Schluss: Ich habe mich bemüht, meine Quellen zu zitieren und auf die Diskussionen mit KollegInnen hinzuweisen. Bei der Materialsammlung handelt es sich aber nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit, sondern um ein Konglomerat aus unter- schiedlichsten Papieren, Vorträgen, Notizen und ähnliches. Sollte ich die Urheberschaft einer Kollegin oder eines Kollegen verletzt haben, bitte ich eine Nachricht. Ich werde es unverzüg- lich richtigstellen. Gerd Ernst Raubach im Juni 2016

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Gerhard Ernst

Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland

und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung 6. Auflage 2016

Vorbemerkung Das folgende ist eine Materialsammlung, die Vorträgen, Veröffentlichungen, Memoranden

und Erfahrungen in den Jahren 2009 bis 2016 zu Grunde liegt. Die Materialsammlung behan-

delt Forschungs- und Innovationspolitik zum Thema „Dienstleistungen“. Die Sammlung ver-

mittelt einen Eindruck zu Akteuren der Forschungs- und Innovationspolitik sowie Innovati-

onsfeldern der Dienstleistungsforschung seit etwa 1995. Sie gibt keinen Überblick über die

Dienstleistungsforschung im Allgemeinen und auch nicht über Forschungsansätze vor 1995.

Es darf auch kritisiert werden, wenn etwas falsch, unvollständig oder gar nicht dargestellt

wurde. Ich werde so gut ich kann, diese Kritik einarbeiten. Allerdings muss immer beachtet

werden, dass dies eine persönliche Materialsammlung auf Grund meiner Erfahrungen ist und

daher ein persönlicher, recht beschränkter Horizont dem ganzen zu Grunde liegt. Dies gilt

auch für die enthaltenen Schwerpunktsetzungen und Wertungen.

Die Materialsammlung ist gegenüber der Version vom 2014 hinsichtlich des Service Enginee-

rings, der Wissensintensiven und der Personenbezogenen Dienstleistungen, des neuen Pro-

gramms und der Geschäftsmodelle überarbeitet worden.

Veränderungen sind durch „*“ in der Kapitelüberschrift gekennzeichnet.

Eine Bemerkung zum Schluss: Ich habe mich bemüht, meine Quellen zu zitieren und auf die

Diskussionen mit KollegInnen hinzuweisen. Bei der Materialsammlung handelt es sich aber

nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit, sondern um ein Konglomerat aus unter-

schiedlichsten Papieren, Vorträgen, Notizen und ähnliches. Sollte ich die Urheberschaft einer

Kollegin oder eines Kollegen verletzt haben, bitte ich eine Nachricht. Ich werde es unverzüg-

lich richtigstellen.

Gerd Ernst

Raubach im Juni 2016

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ...................................................................................................................... 4 Dienstleistungsinnovationen zwischen Industrialisierung und Kundenorientierung ................. 7

Folgen des Denkens im Drei-Sektoren-Modell ...................................................................... 9 Produktivität in der Dienstleistungsökonomie ..................................................................... 10

Produktivitätsdiskussionen in deutschen Gewerkschaften ............................................... 11

Facetten der Dienstleistungsproduktivität ........................................................................ 11 Produktivität im Dienstleistungssystem ........................................................................... 13 Ansätze der Produktivitätssteigerung ............................................................................... 15

*Geschäftsmodelle als Innovationskonzept ......................................................................... 17 *Fazit .................................................................................................................................... 18

Innovationsmanagement ........................................................................................................... 19 *Service Engineering als systematische Dienstleistungsentwicklung ................................. 19 Standardisierung als Innovationsinstrument ........................................................................ 21

Technische Innovationen in der Dienstleistungswirtschaft .................................................. 24 Technik – Informatisierung .............................................................................................. 24 Technik - Automatisierung ............................................................................................... 26

Exportfähigkeit und Internationalisierung von Dienstleistungen ......................................... 28

Innovationscluster bilden sich .................................................................................................. 35 Die Gesundheitswirtschaft in der Dienstleistungsinnovationspolitik .................................. 35

Finanzdienstleistungen: ein undankbares Innovationsfeld ................................................... 37 Hybride Wertschöpfung als Innovationsfeld ........................................................................ 37 *Personenbezogene Dienstleistungen als Innovationsfeld ................................................... 40

*Dynamische kooperative Dienstleistungssysteme ......................................................... 41 *Digitalisierung und Automatisierung ............................................................................. 43

*Wissensintensive Dienstleistungen – vernachlässigtes Feld .............................................. 45 *Der Förderschwerpunkt „Wisssensinstensive Dienstleistungen“ 2000 - 2006 .............. 45

Volkswirtschaftliche Klassifikationen ............................................................................. 46 *Geschäftsmodelle als Weiterentwicklung ...................................................................... 47

Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen – ein neues Feld ......................................... 49 Innovationsfaktor Arbeit in der Dienstleistungswirtschaft ...................................................... 52

Wissens- und Interaktionsarbeit als neue Paradigmen ......................................................... 53

Interaktionsarbeit .............................................................................................................. 53 Innovation durch Gute Wissensarbeit .............................................................................. 55

Facharbeit als Gegenstand von Innovationsüberlegungen ................................................... 57 Die Dynamik der mittleren Qualifikationsebene ............................................................. 58

Professionalisierung und Mittlere Qualifikationsebene ................................................... 59 Wertschätzung von Dienstleistungsarbeit ........................................................................ 64

Innovationsfaktor: Demografische Entwicklung ..................................................................... 67 Wissenschaft um Dienstleistungen als Innovationsobjekt ....................................................... 69

Transformationsrichtungen der Dienstleistungsforschung ................................................... 71 Interdisziplinarität als Grundmodell der Dienstleistungsforschung ................................. 71

Transformationsrichtungen der Dienstleistungswissenschaft .............................................. 71

„Unified Theory“ und „Objektwissenschaft“ ................................................................... 72 Der Gegenstand ................................................................................................................ 74 Dienstleistungswissenschaft als „Unified Theory“ .......................................................... 75 Ebenenmodelle in der Dienstleistungswissenschaft ......................................................... 76

Gestaltung bedingt Zielsetzung ............................................................................................ 77 Ausbildung, Dienstleistungsforschung und -wissenschaft ................................................... 79 Weiterentwicklungen und ihre Akteure ............................................................................... 80

Exkurs: Arbeitsinnovation in der Dienstleistungswirtschaft .................................................... 82

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Arbeitsinnovation in Dienstleistungsclustern ....................................................................... 82

Arbeitsinnovation in Netzwerken ......................................................................................... 83 Neue Technologie: Vom Serviceroboter bis zur LightFusion ............................................. 86 Arbeitsinnovation: Unternehmenskultur als neuer Weg? .................................................... 86

Arbeitsinnovation: Neue Wege in der Prävention ................................................................ 87 Erfahrungswissen und –lernen in der Dienstleistungswirtschaft ......................................... 87 Demographie und Arbeit ...................................................................................................... 87

Innovation, Innovationsfähigkeit und Soziale Innovation: Herausforderung an politisches

Handeln .................................................................................................................................... 88

Innovationsfähigkeit als Paradigma ................................................................................. 89 Innovationsfähigkeit: Arbeits- und Produktinnovation .................................................... 91 Das Konzept der „Sozialen Innovation“ .......................................................................... 92

Dienstleistungspolitik als moderne Innovationspolitik ............................................................ 94 Forschungspolitik als Element der Dienstleistungspolitik ................................................... 95

Die Initiative Dienstleistungen für das 21.Jahrhundert .................................................... 97 Innovative Dienstleistungen ........................................................................................... 100

Fazit der 90er Jahre ........................................................................................................ 101 „Innovationen mit Dienstleistungen “: Forschungsprogramm des BMBF .................... 102 Der Aktionsplan "Dienstleistung 2020" ......................................................................... 107 * Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen .................. 108

Akteure in akademischer, staatlicher und industrieller Dienstleistungsforschung ............ 109 Bundesämter als Institutionen staatlicher Forschung ..................................................... 110 Die großen Forschungsgesellschaften ............................................................................ 112

Akademische Forschung und industrielle Forschung .................................................... 113 Forschungsstiftungen als dienstleistungspolitischer Akteure ............................................ 113

Der Ansatz zu Dienstleistungspolitik und –forschung bei der Hans-Böckler-Stiftung . 114 Andere Elemente einer deutschen Dienstleistungspolitik .................................................. 114

Ressortübergreifende Aktivitäten ................................................................................... 115 Arbeitspolitik für Dienstleistungsinnovation ................................................................. 117

Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen ....................................................... 117 Wissenschafts- und Bildungspolitik als Bestandteil der Dienstleistungspolitik ............ 118 Aktivitäten der Bundesländer ......................................................................................... 120

Intermediärer Organisationen als Träger einer Dienstleistungspolitik............................... 121 Dienstleistungspolitik in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ........................... 122

Berufsverbände in Deutschland ..................................................................................... 123 Politischen Stiftungen und Dienstleistungspolitik ............................................................. 123

Der Arbeitskreis „Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ................................ 124

Aktivitäten der Rosa-Luxemburg-Stiftung ..................................................................... 125 Forschungs- und Innovationsaktivitäten in der Europäischen Union ................................ 125

Nationale und transnationale Ansätze ............................................................................ 125

Ansätze der europäischen Kommission ......................................................................... 125

Internationale programmatische Forschungs- und Innovationsaktivitäten ........................ 128 Fazit ........................................................................................................................................ 131 Literatur .................................................................................................................................. 132 Index ....................................................................................................................................... 144

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Zusammenfassung Die Dienstleistungswirtschaft in allen entwickelten Industrienationen steht in einer entschei-

denden Entwicklungsphase. Aus der "Restkategorie" einer Volkswirtschaft ist der Leitsek-

tor einer Zukunftswirtschaft geworden. Jetzt wird entschieden, ob alle Fehler der Industri-

alisierung wie vor über 100 Jahren noch einmal gemacht werden, oder ob Innovationsstra-

tegien durchgesetzt werden, die sich an Kunden, Beschäftigten und am Gewinn orientier-

ten. Für beide Wege gibt es Beispiele. Auch Forschungs- und Innovationspolitik muss

sich umorientieren. Ähnlich wie die Politik vor 100 Jahren den Wechsel von der Agrarori-

entierung zur Industrieorientierung erlebte, muß dies heute von der Industrie- zur Dienst-

leistungsorientierung geschehen.

Die Defizite im systematischen Innovationsmanagement sind neben der fehlenden Dienstleis-

tungsorientierung der Eliten ein Grund für die mangelnde Innovationsdynamik im Dienst-

leistungssektor. Mit den Methoden des Service Engineerings, des Kooperations-

managements, des Benchmarking, der Standardisierung, des Produktivitätsmanagements

werden neue Methoden und Verfahren entwickelt, um diese Defizite abzubauen. Dabei ist

eine langfristige Perspektive der Entwicklungszeit notwendig. Das (Computerunterstützte)

Konstruieren blickt auf eine inzwischen 100jährige Tradition zurück, das systematische

Entwickeln von Dienstleistungen auf eine 10jährige.

Die Standardisierung der Dienstleistungen ist eine wesentliche Grundlage für den nationalen

und internationalen Handel. Dies gilt für vertikale Standardisierungsanstrengungen, als

auch für horizontale. Neben Begrifflichkeiten müssen auch die Methoden und Werkzeuge

des Innovationsmanagements standardisiert werden, um sinnvolle Wertschöpfungsketten

aufbauen zu können. Standardisierung hat aber auch eine Schutzfunktion für Verbraucher,

um die Dienstleistungsprodukte transparent zu gestalten. Forschungs- und Innovations-

politik müssen Standardisierungsaktivitäten nicht nur wissenschaftlich stützen, sondern

auch die deutsche Wirtschaft in Stand setzen, an diesen Aktivitäten aktiv teilzuhaben.

Produktivität von Dienstleistungen wird ein Thema der Zuunft sein. Auf makro- und mikro-

ökonomischer Ebene wird über neue Produktivitätskonzepte in Dienstleistungssystemen

nachgedacht werden müssen. Produktivität ist ein Instrument der Kosteneinsparung bei

Dienstleistungen. Sie ist kein Garant für Gewinn und Erfolg – eher im Gegenteil. Deshalb

muss sie sich sinnvollen Innovations- und Qualitätsstrategien unterordnen.

Der Technikeinsatz wird die Dienstleistungen verändern. Dies gilt nicht nur für die Informa-

tions- und Kommunikationstechniken, sondern auch für die Automatisierungstechniken.

Technikeinsatz führt zu produktivitätsveränderungen und zu Rationalisierungen. Damit ist

nicht nur eine Veränderung der Arbeit, sondern auch der Verlust von Arbeit verbunden.

Es ist deshalb notwendig, neue Innovationen an den Markt zu bringen, um neue Arbeit zu

schaffen. Dienstleistungen haben das Potenzial. Aufgabe einer sinnvollen Forschungs-

und Innovationspolitik ist hier, nicht nur einzelne technische Entwicklungen zu fördern,

sondern Technik und Dienstleistungen gemeinsam zu entwickeln.

Unter Berücksichtigung der laufenden Debatte zur volkswirtschaftlichen Problematik des Ex-

ports muss die Exportfähigkeit von Dienstleistungen weiter gestärkt werden. Der europäi-

sche Binnenmarkt erfordert eine Exportfähigkeit deutscher Dienstleistungen, wenn

Deutschland nicht reiner Importeur werden soll. Die international aufgestellten deutschen

Firmen des Verarbeitenden Gewerbes werden auch an ihren ausländischen Standorten

Dienstleistungen verlangen. Dies kann von den in Deutschland tätigen Partnern geleistet

werden. Die IT-Wirtschaft ist hoch internationalisiert. Aber auch Sektoren, in denen per-

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sonenbezogene Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen, werden exportiert. Export von

Dienstleistungen wird unterschiedliche Ausmaße und Formen der Beschäftigung nach sich

ziehen.

Es bilden sich Dienstleistungscluster, die mit den auf Grund der Volkswirtschaftlichen Ge-

samtrechnung definierten Kategorien nicht identisch sind. Dazu gehören die hybride

Wertschöpfung als Integration von Produktion und Dienstleistungen, die Gesundheits-

wirtschaft, die Finanzdienstleistungen, die Wissensintensiven Dienstleistungen aber acuh

die gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen. Innovationen werden durch Koope-

rationen in diesen neuen Clustern erzielt. Hier ist nicht nur Forschungs- und Innovations-

politik gefordert, sondern auch die intermediären Organisationen müssen Konzeptionen

entwickeln, wie diese neu entstehenden Cluster zu behandeln sind.

Es gibt eine heftige Debatte um die Qualität der Dienstleistungsarbeit. Wettbewerbsfähigkeit

– auch international – ist nur mit professioneller und qualifizierter Arbeit zu erreichen.

Dabei muss ganz besonders auf das mittlere Qualifikationsniveau geachtet werden.

Deutschland muss Dienstleistungsfacharbeit wertschätzen lernen.

Wissensarbeit ist ein Prototyp von Dienstleistungsarbeit. Wissensarbeit im Zusammenhang

mit Wissensintensiven Dienstleistungen ist ein Feld, in dem große Dynamik vorhanden

ist.

Prototypisch für personenbezogene Dienstleistungen ist die Interaktionsarbeit. Bei der Gestal-

tung von Arbeit können sich Innovatoren nicht auf die Konzepte aus der Industrie stützen.

Es sind gerade erste Ansätze entwickelt worden. Mehr Wissen zur Gestaltung der Interak-

tionsarbeit ist nötig.

„Social Innovations“ sind eher als technologische Konzepte dasIinnovationskonzept im

Dienstleistungssektor. Dabei ist der englische Begriff des „Social“ nur mit Einschränkun-

gen in das deutsche Konzept des „Sozialen“ zu übertragen. Arbeits- und Dienstleistungs-

innovation sind in der Dienstleistungswirtschaft eng verschränkt. Dies bietet Synergien,

auf der anderen Seite aber auch Risiken, weil "dem Kunden keine Griffe zur besseren

Handhabung angeschraubt werden können". Neue Formen von Belastung und Beanspru-

chung erscheinen.

Eine Konzentration der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen hin zu einer Service

Science ist international im Gange. Diese Service Science kann der Wissensgeber für die

Innovationstriade "Facharbeits-, Meister-, akademische Ebene" werden. Wissen der aka-

demischen Ebene kann in die Ausbildung der anderen Ebene "kaskadieren" und Anforde-

rungen aus der Praxis in die akademische Ebene kommen.

Stärkung der Innovationsfähigkeit und Förderung von Dienstleistungsinnovationen ist Aufga-

be einer ganzheitlichen Forschungs- und Innovationspolitik. Forschungs- und Innovati-

onspolitik – auch für die Öffentlichen Dienstleistungen – sind auszubauen und eine Ver-

netzung der unterschiedlichen Politikbereiche (Forschung, Bildung, Arbeit, Wirtschaft,

Justiz) muss gelernt werden. Eine einheitliche, systematische Dienstleistungspolitik wird

benötigt.Ein Vorgehen der gesamten Regierung erscheint hier sinnvoll aber unwahr-

scheinlich.

Deutschland hat in den 90er Jahren mit der Dienstleistungsforschung einen Vorsprung gegen-

über der internationalen Dienstleistungsinnovation herausgearbeitet. Deutsche Forschung

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hat im Rahmen des Service Engineerings, der Standardisierung, der Exportfähigkeit und

der hybriden Wertschöpfung eine Spitzenstellung erreicht. Diese Spitzenstellung wurde

durch großes Engagement auf Seiten der Wissenschaft erarbeitet. Die staatliche Unterstüt-

zung war vorhanden, aber gemessen an anderen Bereichen unterbelichtet und nach der

Wende 2011 völlig unzureichend. Die Unterstützung der Wirtschaft, ihrer Verbände und

der Stiftungen kann deutlich verbessert werden.

Europäische Staaten und die Europäische Union haben – auch durch das deutsche Beispiel

animiert – die Bedeutung der Dienstleistungen erkannt. Einzelne Staaten beginnen – auf-

bauend auf deutschen Forschungsergebnissen – Dienstleistungsinnovationen zu fördern.

Diese Möglichkeit hat ihnen die Europäische Kommission mit der neuen Beihilferichtlinie

eröffnet. Die amerikanische IT-Industrie hat unter Führung der IBM die Bedeutung der

Dienstleistungen für den Unternehmenserfolg erkannt und fördert Dienstleistungs-

innovationen weltweit. In den "Industriestaaten" Asiens wird der Dienstleistungsinnovati-

on besondere Bedeutung beigemessen. Neben den Ansätzen aus den USA werden auch

Innovationsansätze aus Deutschland zur eigenen Entwicklung herangezogen. Will

Deutschland Dienstleistungsinnovationen mit dem Ziel von Wohlstand und Beschäftigung

voranbringen, ist dies mit der ab 2011 eingeschlagenen Politik des BMBF unmöglich ge-

worden. Es ist zu befürchten, dass die aufstrebenden (Industrie)staaten die deutschen For-

schungsergebnisse nutzend, mit modernen Dienstleistungsinnovationen Deutschland zu

einem Land 2. Klasse machen.

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Dienstleistungsinnovationen zwischen Industrialisierung und Kundenorientierung Die Dienstleistungsforschung hat alte Wurzeln. Ein für Deutschland interessantes Datum ist

das Jahr 1898 in dem Eugen Schmalenbach das Studium der Handelstechnik an der

HandelsHochschule Leipzig beginnt und damit den Weg dafür bereitet, dass die deutsche

Betriebswirtschaft beginnt (vgl. z.B. Albach, 1989). Ein anderes Datum, dass sehr häufig

herangezogen wird ist das Jahr 1949 in dem Jean Fourastier sein berühmtes Buch "Die große

Hoffnung des 20 Jahrhunderts" veröffentlichte. Einen Titel, den Kalmbach 1988 und Baethge/

Wilkens im Jahr 2001 wieder aufnahmen. Das Interesse für Dienstleistungsforschung kam

damit zum einen aus der betriebswirtschaftlichen Richtung (vgl. z.B. Corsten, 1985), die sich

insbesondere auf die Veränderungen in den Branchen (z.B. die Veränderung des Straßengü-

terverkehr in eine Logistikbranche) richtete, zum Teil aus einer volkswirtschaftlichen Rich-

tung, die sich auf die Veränderung von Beschäftigung und Wirtschaft ausrichtete (vgl. z.B.

Baethge, 1991) und zum letzten aus einer arbeitswissenschaftlichen Richtung, die sich mit

Fragen der Arbeitsgestaltung, Belastung und Neuen Techniken ausrichtete (vgl. z.B. Ober-

beck, 1992). Gegenstand aller war der "3. Sektor", ein auf volkswirtschaftlichen Statistiken

definierter Bereich, der weder zu den Grundstoffindustrien/ Agrarwirtschaft noch zur

Produzierenden Wirtschaft gehörte. Diese Definition des Gegenstandsbereiches als statistisch

definierte Residualkategorie macht der Dienstleistungsforschung bis in das 21. Jahrhundert

Probleme.

Als Baethge (2001) den "Schweren Abschied vom Modell der Industriegesellschaft" be-

schrieb, ahnte er sicher nicht, wie schwer der Abschied werden sollte, ja nicht nur wie hoch

das Beharrungsvermögen des Industrialismus ist, sondern welche "Angriffspotenziale" in ihm

stecken. Baethges „Abkehr vom Industrialismus“ bedeutete nicht einen Abbau des Verarbei-

tenden Gewerbes, sondern eine Transformation einer gesellschaftlichen Struktur. Heute sieht

es so aus, als ob das Gefüge industrieller Ordnungen, Architekturen und Denkweisen sich

über die neuen innovativen kundenorientierten Dienstleistungen stülpt. Inzwischen gibt es

immer mehr Stimmen, die die Industrialisierung der Dienstleistungen als branchenübergrei-

fendes Phänomen beschreiben. Dies gilt für die Arbeit mit einer immer stärkeren Taylorisie-

rung, die Organisationen mit neuen Formen des Outsourcing und Offshoring, dem Entstehen

von Wertschöpfungssystemen ähnlich wie in der Industrie, der Bildung von Dienstleis-

tungsclustern und Herausforderung an Staat und intermediäre Organisationen sowie der Erhö-

hung der Exportfähigkeit von Dienstleistungen. Deshalb ist es sinnvoll, zu prüfen, wie die

„Industrialisierung“ der Dienstleistungen sich entwickelt hat.

Innerhalb der Forschungsprogramme des BMBF zu den Dienstleistungen wurde die Debatte

um die Industrialisierung von Dienstleistungen im Rahmen des Schwerpunktes "Finanzdienst-

leistungen" Ende der 90er Jahren exemplarisch geführt. Auf der einen Seite standen die "In-

ternetbanker", die damals noch den Tod der Filialbanken vorhersagten, auf der anderen Seite

Soziologen, die arbeits- und kundenorientierte Innovationskonzepte heranzogen. Verbunden

mit dem Industrialisierungskonzept deuteten sich eine Dequalifizierung der Arbeit und ein

massiver Arbeitsplatzabbau an. Das Industrialisierungskonzept wurde aber nicht als unaus-

weichlicher Trend gesehen, sondern als ein Innovationsmodell, das sich in der Konkurrenz zu

anderen behaupten muss. Deshalb wurde dem "Industrialisierungsmodell" ein "Innovations-

modell" entgegengestellt, das sich an Kundennutzen und -loyalität sowie an der Kreativität

und Motivation der Beschäftigten orientiert. Ein eindeutiges Ergebnis für die Überlegenheit

des einen oder anderen Konzeptes konnte nicht erzielt werden. So schreibt Schulz (2005) als

Beispiel für die im Schwerpunkt vertretenen Soziologen, dass "es längst nicht ausgemacht

<sei>..., dass die Kreditinstitute einen Paradigmenwechsel in der Kundenberatung für Private

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Haushalte mit mittlerem und unterem Einkommen tatsächlich einleiten werden. So wird von

praxisorientierten Bankbetriebswirtschaftlern ebenso wie von einschlägigen Beratungsunter-

nehmen noch immer die Notwendigkeit des Ausbaus der Rationalisierungskonzepte der 90er

Jahre unter dem Label der 'Industrialisierung' des Bankbetriebes propagiert.." (S. 1). Bart-

mann, einer der betriebswirtschaftlichen Vertreter des "Industrialisierungskonzeptes" im

Schwerpunkt "Finanzdienstleistungen", hat seine Position inzwischen deutlich differenziert.

So schreibt er 2005 (S.9), dass die "Industrialisierung" eine wesentliche Orientierungslinie ist,

nicht die einzige. Sie führt zur Konzentration der Kräfte, zur Steigerung von Effizienz und

Effektivität von Prozessen und Strukturen, aber ihr muss als zweite Orientierungslinie die

Innovation an die Seite gestellt werden. Damit nähert sich Bartmann den unter dem Gesichts-

punkt der "Produktivität" diskutierten Thesen Van Arks, dass Produktivitätssteigerung kein

explizites Ziel eines Unternehmens ist, sondern höchstens Teil einer Gesamtstrategie, die den

Erfolg des Unternehmens sichert. Innovation, Qualitätserhöhung und Produktivität sind drei

gleichberechtigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg des Unternehmens zu

sichern. Interessant ist die Entwicklung des Ansatzes, der vom Fraunhofer Institut für Ar-

beitswirtschaft und Organisation verfolgt wurde. Er wurde nach dem Vorhaben im Institut in

einem Zentrum Finanzdienstleister institutionalisiert. Das "Zentrum Finanzdienstleister" führt

zusammen mit 25 Bankinstituten und IT-Dienstleistern das "Innovationsforum Bank der Zu-

kunft" durch. 2008 stellen Spath, Bauer und Engstler die Innovationen und Konzepte für die

Bank der Zukunft vor. Dort spielt die Industrialisierung im Bankensektor eine wichtige, aber

sehr komplexe Rolle. Zunächst stellt Praeg (2008) fest, dass die einfache Übertragung von

Verfahren und Methoden aus der Fertigungsindustrie, insbesondere Ansätze der Geschäfts-

prozessorientierung gescheitert sind. Stattdessen hat sich in der "Bankenindustrialisierung"

ein modernes Verständnis weiterentwickelt, dass sich alle Aktionen an konkreten unternehme-

rischen Zielen festmachen müssen, die sich zumeist in einer Kunden- oder Dienstleistungsori-

entierung manifestieren. Er kritisiert insbesondere, dass die Diskussionen über die Industriali-

sierung im Bankensektor vor allem über die Kostenseite erreicht werden sollten. "Die Erfah-

rungen zeigten jedoch, dass dieser Ansatz viel zu einseitig und kurzfristig ausgelegt war.

Durch eine reine Kostenorientierung lassen sich keine nachhaltigen Erfolge am Markt erzie-

len." (S. 174). Stattdessen schlägt er ein mehrdimensionales Zielsystem vor, dass Finanzen,

Kunden, Prozesse und Mitarbeiter einschließt. Dabei verdeutlicht insbesondere die Kunden-

perspektive das erweiterte Verständnis der Industrialisierung. Kunden- und Stakeholderbe-

dürfnisse müssen sich im Zentrum jeder Zieldiskussion befinden (S. 180). Dabei betont Praeg

immer wieder, dass von den Erfahrungen industrieller Ansätze auch im Bankenbereich gelernt

werden kann. Dazu zählt er folgende Aspekte:

Frühzeitige Beteiligung der Kunden bei der Entwicklung von Services

Nutzung von Experimentierfilialen als neue Wege der Gestaltung von Organisation

und Kundeninteraktion

Aufbau von Wertschöpfungspartnerschaften

Adaption von Lösungen aus der Beschaffungs- und Vertriebslogistik

Nutzung von humanorientierten Ansätzen der Arbeits- und Organisationspsychologie

Schaffung von Produkt – Dienstleistungsbündeln.

Mit diesen Ansätzen entfernt sich Praeg immer weiter von einem kruden Industrialisierungs-

ansatz hin zu einem um die Kundenorientierung erweiterten Innovationsmodell. Analysiert

man die weiteren Kapitel in dem Reader, so zeigt sich sehr deutlich, dass von der Kunde-

nemotion über die Wertschöpfungskette und Internationalisierung bis zur Organisations-

entwicklung Verfahren sichtbar werden, die einem einfachen "Industrialisierungsprozess"

nicht entsprechen. Dabei ist dann auch interessant, dass Praeg (S. 252) feststellen muss, dass

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viele Banken einen niedrigeren "Industriereifegrad" besitzen, als sie aus ihrer eigenen Sicht

erwartet haben.

Im Rahmen des Projektes "Dienst-Leistung(s)-Arbeit" haben Sauer und KollegInnen eine

andere Perspektive als die "Industrialisierung" gewählt. Sauer (2002) und seine KollegInnen

sehen als wichtiges Bestimmungsstück die Relation zwischen Kundenorientierung und Öko-

nomisierung. Nach ihrer Ansicht berührt nicht nur das veränderte Verhältnis zu den Absatz-

märkten sondern auch das neue Verhältnis zu den Kapital- und Finanzmärkten die Dienstleis-

tungsarbeit. Die Konsequenz daraus ist eine Ökonomisierung aller Prozesse im Unternehmen

mit erheblichen Konsequenzen für die Gestaltung der Arbeit. Daraus resultieren Organisati-

ons- und Steuerungsformen, die beide Anforderungen unmittelbar auf die Arbeit durchschla-

gen lassen. Die Forscher warnen aber vor einer einseitigen Ökonomisierungsperspektive:

"Der Widerspruch bleibt erhalten: Eine Subjektivierung der Leistungsverausgabung (inhaltli-

che Orientierung) und der Leistungsregulierung (Selbstorganisation) geht einher mit der Ob-

jektivierung und Internalisierung von Leistungskriterien (Kennziffern, Quote u.ä.). Daraus

resultiert die Ambivalenz moderner Dienstleistungsarbeit, die eben beides enthält: eine Ver-

schärfung der Leistungssituation und die Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigeren und

selbstbestimmteren Arbeit." (S. 16)

Folgen des Denkens im Drei-Sektoren-Modell

Auf der 6. Dienstleistungstagung des BMBF im Jahre 2006 wurde das Thema „Dienstleis-

tungswissenschaft“ zum ersten Mal öffentlich diskutiert. Bis dahin definierte Dienst-

leistungsforschung, wie sie in Deutschland durchgeführt wurde, ihren Gegenstand nicht

selbst. Die Definition des Gegenstandes der Dienstleistungsforschung beruht auf Modell-

vorstellungen, die sich am klassischen Drei-Sektoren-Modell der Volkswirtschaftslehre orien-

tieren. Deshalb ist es wichtig, dieses Drei-Sektoren-Modell mit seiner Systematik der Wirt-

schaftszweige zunächst zu betrachten.

Aus Gründen, die bis in das 17. Jahrhundert zurückgehen, werden Volkswirtschaften in drei

Sektoren organisiert: Vereinfacht gesprochen stellt der primäre Sektor die Agrarwirtschaft

dar, der sekundäre die Industrie mit Schwerpunkt auf dem Verarbeitenden Gewerbe und der

tertiäre ist die Restkategorie, die übrig bleibt: die Dienstleistungen. Basierend auf diesem

Drei-Sektoren-Modell werden von der Dienstleistungsforschung (im Nachhinein) Anstren-

gungen unternommen, zu definieren, was diese Kategorie „Dienstleistungen“ eigentlich aus-

macht (z.B. Scheer, Grieble, Klein 2003). Gepaart mit dem Drei-Sektoren-Modell wird eine

Entwicklungstheorie, deren Grundlage Jean Fourastie Mitte des 20. Jahrhunderts gelegt hat, in

sehr vereinfachter Form verwandt. Vereinfacht deshalb, indem behauptet wird, dass die

Dienstleistungen (also die Restkategorie) die Zukunft für Wohlstand und Beschäftigung mo-

derner Volkswirtschaften ist. Baethge und Wilkens haben sich sehr kritisch zu einem solch

einfachen Modell geäußert (Baethge, Wilkens 2001). Trotzdem ist dies die unreflektierte Mo-

dellvorstellung, die auch den meisten Wissenschaftsrichtungen zu Grunde liegt.

Die Handhabung des Drei-Sektoren-Modells führt in der Dienstleistungsforschung zu unter-

schiedlichen Problemen: bei der Klassifikation von Dienstleistungen, also dem Gegenstand

der Forschung, und bei der Vernachlässigung der Innovationsinterdependenzen zwischen den

verschiedenen Wirtschaftszweigen. Ersteres wird am Beispiel der Wissensintensiven Dienst-

leistungen weiter unten gezeigt werden. In der qualitativen Beschreibung der Wissensintensi-

ven Dienstleistungen des BMBF in seiner Bekanntmachung aus dem Jahre 2001 standen die

Erzeugung oder Nutzung neuen Wissens im Vordergrund und diese Dienstleistungen basieren

in starkem Maße auf der intelligenten Nutzung und Weiterentwicklung der Informations- und

Kommunikationstechnologien. Diese qualitative Beschreibung orientiert sich am „Gegen-

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stand“ und den „Werkzeugen“ der Dienstleistungen. Andere Formen der Beschreibung orien-

tieren sich an der Systematik der Wirtschaftszweige und der Qualifikation der Beschäftigten.

Der Vergleich der Darstellungen zeigt, dass die qualitativen und quantitativen Klassifizie-

rungsversuche bisher zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt haben und dass ihre Ergebnisse

nicht nur widersprüchlich, sondern auch unbefriedigend sind.

Innovationen entstehen nicht im Kern etablierter und fest definierter Systeme, sondern an den

Rändern, durch Verknüpfungen bisher Isoliertem. Dementsprechend bilden sich neue Dienst-

leistungen häufig durch Grenzüberschreitungen zwischen den verschiedenen Zweigen der

Wirtschaftssystematik. Erfolgreiche Elektromobilität wird nicht nur die Produktion von Elekt-

romotoren und Batterien erfordern, sondern auch die entsprechenden Dienstleistungen von der

Versorgung, Wartung, Instandhaltung, Beratung und Finanzierung. Gerade diese Grenz-

überschreitung macht die Innovation aus und ist in den herkömmlichen Kategorien des Drei-

Sektoren-Modells kaum abzubilden.

Ein Verzicht auf das 3-Sektoren-Modell ist allerdings zur Zeit kaum möglich. Denn wie Reu-

ter und Zinn (2011) darstellen, aus volkswirtschaftlicher Sicht liegen „theoretisch überzeu-

gende und praktikable Alternativen, die den gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel statistisch

detaillierter abbilden können“ nicht vor. Dabei birgt das Drei-Sektoren-Modell große Risiken

bei der Abschätzung der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Denn legt man ein darauf basie-

rendes Phasenmodell zu Grunde, so ist die Entwicklung der Dienstleistungswirtschaft heute

vergleichbar mit dem Wandel vom Handwerk zur industriellen Produktion. Demnach würde

die industrielle Produktion (das „Verarbeitende Gewerbe“) in Zukunft wirtschaftspolitisch

eine ähnliche Stellung einnehmen wie heute die Landwirtschaft. Vor einer solchen eindimen-

sionalen Haltung muss gewarnt werden, insbesondere da es zu einer unreflektierten Forderung

nach einer „Re-industrialisierung“ führt. Die Erfahrungen mit der hybriden Wertschöpfung

zeigen gerade, dass es in vielen Wirtschaftsbereichen auf ein enges Zusammenwirken zwi-

schen Produktion und Dienstleistungen ankommt.

Dabei dürfen aber bestimmte Fakten nicht übersehen werden. Das „Verarbeitende Gewerbe“

wird hinsichtlich der Beschäftigung nicht mehr die Rolle spielen, die die Dienst-

leistungswirtschaft spielt. Schon Reichwald und Möslein wiesen 1995 darauf hin, dass die

Dienstleistungswirtschaft nicht an Beschäftigung verloren hat. Dies konnten Dauderstädt und

Dreyer (2012) erneut bestätigen. Die deutsche Industrie kehrte 2011 hinsichtlich der Beschäf-

tigung (Jobs und Stunden) nicht auf das Niveau von 2008 zurück. Auch bei einer länger-

fristigen Betrachtung ist es der Dienstleistungssektor, der für das Wachstum der Beschäfti-

gung (Jobs und Stunden) sorgt. Dienstleistungen bedürfen nicht immer des Verarbeitenden

Gewerbes. So konnte Eickelpasch (2012) zeigen, dass ca. 30% der „Produktion des Dienst-

leistungsbereiches“ in den Dienstleistungsbereich selbst zurückfließt, sprich dass ein Dienst-

leistungskonzern wie die Lufthansa auch Dienstleistungen benötigt.

Produktivität in der Dienstleistungsökonomie1

Der klassische Ausdruck der Industrialisierung einer volkswirtschaftlichen Branche ist ihr

Umgang mit der Produktivität. Produktivität darf nicht nur unter einem organisationalen Ge-

sichtspunkt als Innovationsinstrument betrachtet werden, sondern auch unter volkswirt-

schaftlichen und unter humanen Gesichtspunkten. Dies soll beispielhaft an der Diskussion um

die Produktivität in den deutschen Gewerkschaften dargestellt werden.

1 Der Absatz basiert auf Ernst und Zühlke-Robinet (2012)

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Produktivitätsdiskussionen in deutschen Gewerkschaften

Die Auseinandersetzung der deutschen Gewerkschaften mit dem Thema „Produktivität“ be-

gann in der Auseinandersetzung mit dem Taylorismus und der Frage, wie auf den Zusam-

menbruch der Wirtschaft nach dem 1. Weltkrieg reagiert werden sollte. Sie wurde fortgesetzt

in den Jahren nach dem Wiederaufbau, als Hans Matthöfer „Humanisierung der Arbeit und

Produktivität in der Industriegesellschaft“ vereinen wollte (1977) und wird heute im Rahmen

der Tertiarisierung fortgeführt.

Die grundlegenden Konfliktlinien zeigten sich schon Mitte der 20er Jahre. „In seiner Ent-

schließung »Die Gewerkschaften und die Wirtschaft« stellt der 12 Bundeskongreß des ADGB

fest: »Nur durch die Demokratisierung der Wirtschaft neben umfassender Rationalisierung

der Arbeit durch betriebsorganisatorische und technische Maßnahmen kann die Lösung der

wirtschaftlichen Probleme erfolgen“. Der Kongreß fordert deshalb u. a. gleichberechtigte Be-

teiligung der Gewerkschaften an dem Wirtschaftsausbau und der -führung; paritätisch verwal-

tete Wirtschaftskammern; Ausbau der gemeinwirtschaftlich arbeitenden Betriebe und Erwei-

terung der Mitbestimmung der Betriebsräte.“ (zitiert nach Osterroth, Schuster 2001). Für eine

solche Politik standen Ende der 20er Jahre Friedrich Wilhelm Tarnow mit „Warum arm sein“

(1928) und Wilhelm Eggert mit „Rationalisierung und Arbeiterschaft“ (1927). Tarnow sah die

Steigerung der Massenkaufkraft als Kernproblem der europäischen Wirtschaft an. Er sieht als

Schranke für den Wohlstand eines Volkes dessen Produktivkraft. Diese Schranke war für ihn

aber noch nicht erreicht. Dabei spielt das Lohnniveau eine bedeutende Rolle: zum einen als

Stärkung der Binnennachfrage, zum anderen aber als den „Antrieb zu technischer und organi-

satorischer Verbesserung der Produktionsbetriebe und der Absatzformen“. (Colm, 1928). Die

Vorstellung war, dass die Rationalisierung an der „Durchforschung des... Gesamtbetriebes als

lebendige Einheit gedacht“ angegriffen würde und nicht an der immer stärkeren Inanspruch-

nahme der menschlichen Arbeitskraft. Deshalb sollten Gewerkschaften von sich heraus Rati-

onalisierung und Produktivitätssteigerung einfordern. Diese Haltung birgt auch Risiken. Wie

Kern (Kern, 1978) schreibt, ist es dem Kapital relativ gleichgültig, auf welchem Wege die

Produktivität erhöht wird, solange sie erhöht wird. Auch die Arbeitswissenschaftler waren

damals zurückhaltend, wenn die „Erleichterung nicht sofort wieder durch die Vergrößerung

der Arbeitseile oder dadurch, daß nun statt einer Maschine deren mehrere zu bedienen sind,

wieder aufgezehrt würde“ (Durig nach Kern 1978, S. 414; zur Kritik an der Position Tarnows

u.a. s: Müller, Neusüss, 1971).

Facetten der Dienstleistungsproduktivität

Die Dienstleistungsökonomie spielte in der deutschen Diskussion um Produktivität zunächst

eine geringe Rolle. So spricht Matthöfer 1977 explizit von „Humanisierung des Arbeitslebens

und Produktivität in der Industriegesellschaft“. Zwar stellt er schon damals fest, dass die Ar-

beitsteilung im „Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich…insbesondere mit Hilfe der Da-

tenverarbeitung und modernen Elektronik“ und der „Taktzwang..durch den Einsatz von Text-

verarbeitungsanlagen oder von dezentralen Datenverarbeitungsanlagen“ zunehmen, sowie die

Belastungen „häufig geistiger Art“ sind (alle Zitate Matthöfer 1977, S. 23 und 24). Trotzdem

bleiben Dienstleistungen im weiteren Gedankengang unterbelichtet. Dies hängt nicht nur mit

der geringen Wertschätzung der Dienstleistungsökonomie zusammen, sondern sicher auch mit

der Ansicht, Dienstleistungen seien nicht rationalisierbar und Produktivitätsveränderungen

seien zu vernachlässigen (vgl. die Darstellung der Ansichten Fourasties bei Reuter, Zinn,

2011).

Schettkat (2011, S. 5) schreibt, dass „Produktivität die entscheidende Variable“ „im „Beauty

Contest“ der nationalen Wirtschaftsmodelle ist“. Er verweist gleichzeitig darauf, dass Hetero-

genität der Produktion und der Einsatzfaktoren neben unberücksichtigten Inputs die Bestim-

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mung der Produktivität erschweren. Zu einem weit schärferen Schluss kommen Erber und

Hagemann (2012), für die bisherigen Indikatoren der Produktivitäts- und Effizienzmessung

völlig unzureichend sind, um die Entwicklung der modernen Gesellschaften darzustellen. Der

nicht lineare Innovationsverlauf widerspricht den linearen Annahmen der Produktivitätsmes-

sung. Dauderstädt diskutiert ausführlich die Probleme, die entstehen, wenn von einer volu-

menorientierten Betrachtung der Produktivität zu einer wertorientierten Betrachtung überge-

gangen werden muss. Werte und die an sie gekoppelten Preise sind subjektiv, nur so lassen

sich z.B. die unterschiedlichen Wertschöpfungen von Apple und NOKIA erklären. Wert-

schöpfung hängt aber auch von der Messung ab, so z.B. vom Einsatz von „Deflatoren“, die

die Relation zwischen Leistungsfähigkeit und Preis berücksichtigen sollen. Dazu treten auch

Berechnungen des Kapitalstocks, die die „intangible Assets“ als Teil des Unternehmenskapi-

tals berücksichtigen. Unter Berücksichtigung aller Faktoren wird ein Anstieg der Dienstleis-

tungsproduktivität in den Niederlanden, Schweden und USA gemessen, während in Deutsch-

land eher ein Negativwert beobachtet wurde. Dauderstädt führt dies u.a. auf die geringe Wert-

schätzung der „intangible assets“ in Deutschland zurück, zum anderen aber auch auf die man-

gelnde Binnennachfrage. Wobei er klar sieht, dass die höhere Binnennachfrage „ in USA al-

lerdings auf weniger nachhaltiger Verschuldung, in Schweden dagegen auf einer hohen

Staatsquote beruhte“. (Dauderstädt, 2012, S. 43). Trotz aller methodischen Probleme des Pro-

duktivitätskonzeptes erwartet Dauderstädt (z.B. Dauderstädt, 2012) trotzdem von der Ent-

wicklung der Produktivität die Lösung zentraler Probleme, mit denen moderne nachindustriel-

le Gesellschaften konfrontiert sind. Nach seiner Ansicht eröffnet „hohes Produktivitätswachs-

tum Verteilungsspielräume, sichert die internationale Wettbewerbsfähigkeit, erlaubt die Fi-

nanzierung eines hohen Niveaus öffentlicher Vorsorge und erleichtert die Versorgung einer

wachsenden Zahl älterer Menschen, ohne dass sich die aktive Bevölkerung zu sehr einschrän-

ken müsste.“ (René Bormann, Michael Dauderstädt, Michael Fischer, Markus Schreyer,

Wohlstand durch Produktivität Deutschland im Internationalen Vergleich, Friedrich Ebert

Stiftung, Bonn 2009, S. 3).

Produktivitätssteigerungen in Organisationen sind neben Innovations- und Qualitätsaktivitäten

sowie dem Kundenmanagement wesentlicher Teil der Wertschöpfungsstrategien (Bruhn und

Hadwich 2011, Van Ark, 2004). Auch hier sind Schwierigkeiten und Unklarheiten bei der

Konzeption, Messung und Verbesserung der Dienstleistungsproduktivität und ihrer Interakti-

onen mit den anderen Aktivitäten zu beobachten (zur Gesamtproblematik: Bruhn und Had-

wich, 2011). Das hängt bei den Dienstleistungen mit der schwierigen Definition der Produkti-

onseinheit, der Heterogenität und dem externen Faktor "Kunde" (in all seinen Ausprägungen:

vom Kunden, über den Klienten bis zum Patienten) zusammen. Djellal und Gallouj (2008)

unterscheiden mehrere “Welten”, in denen Produktivität unterschiedlich bestimmt wird:

Die (im angelsächsischen Sinn) industrielle und technische „Welt“: Output-Faktoren

sind durch Volumen gekennzeichnet.

Die Finanz„welt“ mit den finanziellen Transaktionen und Werten

Die private (relational or domestic) „Welt“. Es geht um Empathie und zwischen-

menschliche Beziehungen.

Die Zivil„welt“. Gerechtigkeit, Fairness und Gleichbehandlung bestimmen Produktivi-

tät.

Die „Welt“ der Innovation, in der Inspiration und Kreativität gelten

Die „Welt“ der Reputation. Dort ist Markenimage produktivitätsprägend.

Die Definition der Produktivität ist schwierig, wenn Ziele, die mit der Erbringung einer Leis-

tung verknüpft sind, mehrere „Welten“ betreffen oder durch gesellschaftlichen Konsens vor-

gegeben werden (z.B. bei der Verteilung gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen). Hier

Page 13: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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kann der Gedanke der Verbesserung einer oft nicht klar definierten Qualität Vorrang vor einer

Produktivitätserhöhung haben (Skarpelis-Sperk 1978; Naschold, Pröh 1995; Leimeister, Phi-

lipp 2012).

Grönroos und Ojasalo (2004) legen ihrem Produktivitätsmodell zwei Inputfaktoren (Input des

Dienstleisters und des Kunden) sowie zwei und einen Outputfaktor zu Grunde: die Quantität

und die Qualität des Output, wobei letzterer noch durch die vom Kunden wahrgenommene

Qualität hinterlegt wird. Die Dienstleistungsproduktivität ist dann eine Funktion von interner

und externer Wirksamkeit. Zusätzlich bestimmt noch die Nachfrage die Wirksamkeit. Produk-

tivitätsverbesserungen geschehen in diesem Modell auf mehreren Wegen: durch den Einsatz

von Technik (und damit den Einsatz von Kapital statt Arbeit) zum anderen durch die Verbes-

serung der Abläufe innerhalb der Wertschöpfungskette insbesondere der innerbetrieblichen

Abläufe, durch Veränderungen der Produkte, aber auch durch eine Veränderung der Interakti-

on mit dem Kunden. Innovation, Qualitätserhöhung und Produktivität sind drei gleichberech-

tigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg und Gewinn des Unternehmens

zu sichern. Notwendig in einem erfolgreichen Unternehmen ist eine umfassende Produktivi-

tätsanalyse, die eine Auseinandersetzung mit den mit der Produktivität in Wechselbeziehung

stehenden Erfolgsfaktoren eines Unternehmens vornimmt (Lasshof, 2006). Die notwendige

Neuorientierung zu der Forschung und Entwicklung beitragen muss, kann unter dem Schlag-

wort des Produktivitätsmanagements zusammengefasst werden. Wichtigstes Merkmal ist die

Eingliederung der Produktivität in das Innovations- und Marktmanagement.

Alle diese betriebswirtschaftlich orientierten Gesichtspunkte berühren „Arbeit und menschli-

che Würde“ (Negt, 2011) unmittelbar, jedoch ohne die Bedeutung des Menschen und seiner

Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen. Produktivitätsgewinne werden in den letzten Jahrzehnten

nicht mehr dazu genutzt, um den Menschen von materieller Not zu befreien, die Arbeitszeit

zu verkürzen und zur persönlichen Entwicklung beizutragen, sondern eher um die Reichtums-

produktion bestimmter Gruppierungen zu fördern. Negt spricht (2010) von einer „Ideologie

betriebswirtschaftlicher Rationalisierung mit ihrer Umverteilung nach oben und dem Spar-

zwang nach unten“. Dies „läuft den traditionellen Emanzipationsidealen von Aufklärung, Ge-

rechtigkeit, Solidarität, Gleichheit zuwider“ (Negt, 2010 DER SPIEGEL, HEFT 32). Gewerk-

schaftliche Ansätze zu Fragen der Produktivität in Betrieben müssen deshalb immer berück-

sichtigen, dass Produktivitätsbeschreibungen und –massnahmen Herrschaftsansprüche wider-

spiegeln und Verteilungsregeln legitimieren. Sie müssen aber auch immer wieder versuchen,

der betriebswirtschaftlich legitimierten Produktivitätssteigerung eine human legitimierte ge-

genüberzustellen. Bei den Dienstleistungen tritt dabei als Erhöhung des Schwierigkeitsgrades

hinzu, dass der Kunde zum einen als Marktgegenüber, aber auch als Mensch am Arbeitspro-

zess beteiligt ist.

Produktivität im Dienstleistungssystem

Die Dienstleistungsökonomie wird aus interagierenden Dienstleistungssystemen gebildet, die

durch Wertversprechen miteinander verbunden sind (Spohrer, 2009, S. 111). Diese Dienstleis-

tungssysteme sind durch Herrschafts- und Kontrollmechanismen gekennzeichnet. Dienstleis-

tungssysteme „arbeiten zusammen oder konkurrieren“ mit dem Ziel, Wertschöpfung interak-

tiv zu generieren und abzugreifen.“. In der neuesten Forschung ist bisher kein einheitlicher

Ansatz zu erkennen, Dienstleistungssysteme in Modellen zu beschreiben und basierend darauf

zu gestalten So stellt Böttcher (Böttcher, 2011) allein 11 Ansätze dar, die von einer for-

schungsgetriebenen bis zu einer standardisierungsorientierten Modellierung reichen. Für Pro-

duktivitätsbetrachtungen ist besonders das Modell des Service Blueprinting von Bedeutung

(Becker, Kahn und Meiren, 2011) Der wichtigste Aspekt liegt dabei in der Trennung der Pro-

zesse, bei denen eine direkte Mitwirkung des Kunden fehlt (back-office) oder gegeben ist

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(front-office). Die Trennlinie wird als „Linie der Sichtbarkeit“ bezeichnet. Oberhalb und un-

terhalb dieser Linie werden nun verschiedene Produktivitätsmassnahmen eingesetzt. Während

jenseits der Linie die klassischen Maßnahmen zur Produktivitätserhöhung eingesetzt werden,

müssen die Maßnahmen diesseits auf die „Interaktion“ mit dem Kunden ausgerichtet sein.

Tabelle 1: Der Umfang des Dienstleistungssystems „Betreuung von Kindern"

Gegenstand

Dienstleistungsprozesse

Dienstleistungen

mit Dingen/ Ma-

terial

Dienstleistungen mit

Symbolen/ Wissen

Dienstleistungen

am/ mit Men-

schen

(Herstellungsprozess) Beobachtung/Dokumentation

von Verhalten der Kinder

Weiterbildung des Personals

Bearbeitungsprozess Wartung von Räu-

men und Geräten

Personaladministration

Pläne zur Betreuung von

Kindern und Erziehungsper-

sonen

Betreuung der Kinder

Beratung von Erzie-

hungspersonen

Dispositionsprozess Räume; Spielmateri-

al

Personaleinsatz-steuerung;

Massnahmenplanung

Einteilung der Kinder

Beschaffungs- /

Tauschprozess

Windeln; Nahrungs-

mittel

Dienstleistungssysteme sind nicht nur die industriell organisierten „Dienstleistungsfabriken“,

sondern auch Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Deshalb soll am Systembeispiel

„Dienstleistung: Betreuung von Kindern“ verdeutlicht werden, wie wichtig die systematische

Beschreibung und Entwicklung von Dienstleistungssystemen ist. Dazu zeigt die Tabelle 1 in

der vertikalen den „Gegenstand“ der Dienstleistungen (angelehnt an Baethge, 2011) und hori-

zontalen die verschiedenen Dienstleistungsprozesse (angelehnt an Böhle und Glaser, 2006). In

der Matrix ist nicht festgelegt, wer Durchführender ist und wie die Aufgaben in Arbeitspro-

zesse umgesetzt werden. So kann ein Teil der Aufgaben bei „externen“ Dienstleistern liegen,

sei es bei der Kommunalverwaltung, zu der Kindergärten meist zugeordnet sind, sei es logisti-

sche Dienstleister. Das Problem ist, dass die (staatlichen) Verwaltungen gewöhnlich über kei-

ne Einrichtungen verfügen, die – entsprechend einer Arbeitsvorbereitung in der Produktion –

die Prozesse gestalten und in Arbeitsaufgaben umsetzen können. Während der Öffentliche

Blick sich nur auf die „Kinder“ richtet und schon die Interaktion mit den Erziehungsberech-

tigten als Teil der „Dienstleistung am/mit Menschen“ vernachlässigt wird, zeigt die Tabelle

sehr klar, dass hinter der „Linie der Sichtbarkeit“ (gelb schattiert) das System viele „wissens-

intensive Dienstleistungsprozesse“, und „Dienstleistungsprozesse mit Dingen“ umfasst. So

werden logistische Probleme (Prozesse „Beschaffen/ Tauschen“) und ihre Eingliederung in

das System bei der Dienstleistungsgestaltung häufig vernachlässigt. Unterschätzt wird ebenso

der Aufwand der Personalsteuerung bei größeren Einheiten, in denen neben der Teildienstleis-

tung „Betreuung unter 2-jähriger Kinder“ auch die Teildienstleistung „Ganz- und Teilzeitbe-

treuung von nicht schulpflichtigen Kindern“ sowie die Teildienstleistung „Nachmittagsbe-

treuung von Grundschulkindern“ angeboten wird.

Ist die Gestaltung der Produktivität bei einem Dienstleistungssystem, das in einer Hand liegt

noch einfach, so gestaltet sich die Produktivitätsgestaltung in Systemen, in denen Unterneh-

men kooperieren müss(t)en, höchst komplex. Dieser Sachverhalt ist seit der Entstehung logis-

tischer Systeme bekannt, hat aber nichts von seiner Bedeutung verloren und wird angesichts

der Steuerung der Wertschöpfung über externe und interne Märkte (vgl. Völker und Kasper,

2004; Marrs, 2008) weiter an Bedeutung gewinnen. Schon 1993 forderte Skarpelis in Anleh-

nung an Bieber und Sauer für die aus Produktion- und Dienstleistungen bestehenden Logistik-

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systeme eine systemische Rationalisierung, die auf die Optimierung der Prozesse über die

gesamte Wertschöpfungskette zielt. Etwas resignierend schreibt dann ein Jahr später (Skar-

pelis, 1994), dass sich komplexe, dynamische Systeme immer am Rande ihrer Stabilität be-

wegen.

Ansätze der Produktivitätssteigerung

Nicht allein die Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Dienstleistungs-

wirtschaft produktiver gestaltet, sondern auch die Automatisierungstechniken. Produktivitäts-

steigerungen durch den Einsatz von Automatisierungstechniken sind in vielen Bereichen der

Dienstleistungswirtschaft nichts Ungewöhnliches. Großküchen verfügen über automatisierte

Transport- und Spülsysteme. In der Handels- und Verkehrslogistik sind die automatisierten

Hochregallager und Palletierroboter Standard. In den Großflughäfen sind automatische Ge-

päckverladesysteme im Einsatz, in den Flugzeugen sind große Teile des Fluges automatisiert.

In den Häfen erfolgt die Containerbeladung z.T. vollautomatisch. Gemeinsam ist diesem

Technikeinsatz, dass er nicht im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen erfolgte.

Hier geschieht der Technikeinsatz jetzt aber ebenso unaufhaltsam. Im Zuge der fortschreiten-

den Arbeitsteilung werden Automatisierungstechniken im Verkauf eingesetzt, sie reichen vom

Geld-, Fahrkartenautomaten bis hin zu automatisierten Kassen, werden aber in der Öffentlich-

keit unter dem Blickwinkel der "Selbstbedienung" wahrgenommen. Im Zuge der weiteren

Arbeitsteilung werden Automatisierungstechniken sich weiter in den inneren Kern der Perso-

nenbezogenen Dienstleistungen ausbreiten. Am bedeutsamsten für die Entwicklung dürfte der

„Robotereinsatz“ sein. In strukturierten Umgebungen stehen Service Roboter schon im oder

kurz vor dem Einsatz. Dazu gehört der Einsatz in gefährlichen Situationen, unter Wasser und

im Weltraum, der Einsatz bei schwierigen Reinigungsarbeiten, als Transportroboter in Kran-

kenhäusern und in Museen. Ein internationales Monitoring (Spath, Ganz 2009) erbrachte,

dass internationale Experten2 den Handlungsbedarf in Zukunft deutlich höher ansehen. Es

wird in Zukunft darauf ankommen, den Einsatz der Automatisierungstechniken von vornhe-

rein im Sinne eines „Assistenzsystems“ zu gestalten, und Euphorien wie beim Einsatz der

Industrieroboter in den 80er Jahren zu vermeiden (Ernst, Skarpelis 2001)

Standardisierung kann zur Produktivitätserhöhung in der Dienstleistungsökonomie beitragen.

Der Begriff des „Standards“ ist im Deutschen ambivalent. Die Standardisierung von Schnitt-

stellen in der Produktion ist ein Beispiel für das positive, das Ford Modell T ein Beispiel für

das negative. Ähnliches gilt für den Bereich der Dienstleistungen. Unter Experten besteht

Einigkeit darüber, dass Dienstleistungen in Wertschöpfungssystemen ähnliche horizontale

Standards benötigen wie in der Fertigung auch (DIN, 2005; darin Fähnrich, 2005). Es müssen

Standardisierung von Terminologien, Verfahren, Modellen, Modellierungsmethoden entwi-

ckelt werden, um die Dienstleistungsprozesse transparent und produktiv (auch für Kunden) zu

gestalten. Nur wenn solche Standards vorliegen, ist eine Kooperation im Wertschöpfungssys-

tem produktiv zu gestalten. Schwierig zu vermitteln ist die Standardisierung des Dienstleis-

tungsproduktes. Den Kunden darf eben keine Standarddienstleistung angeboten werden, son-

dern auf Basis standardisierter – oder „parametrisierter“ (Fähnrich, 2005, S. 227) – Kompo-

nenten muss eine kundenspezifische Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt

nicht nur für die Bereiche der wissensintensiven Dienstleistungen, sondern auch für die Per-

sonenbezogenen Dienstleistungen. Dazu ist aber viel mehr Wissen zur Standardisierung von

Produktmodellen, Produktkatalogen u.ä. notwendig. Der erste Schritt bei einer Produktivitäts-

erhöhung durch „Standardisierung“ besteht in der Zerlegung des gesamten Dienstleistungs-

produktes in Teilkomponenten. (Böttcher, Klingner 2011; Becker, Klingner 2012; Klingner,

2 Es handelt sich um ein Panel 19 führenden Dienstleistungsexperten, 2 aus Deutschland, 8 aus Europa inkl.

Israel, 7 aus USA und 2 aus Asien. Diese Experten werden in ausführlichen Interviews alle zwei Jahre befragt.

Quelle: Spath und Ganz (Hg.): Die Zukunft der Dienstleistungswirtschaft, Hanser, 2009

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Becker, Döhle, Swialkowski 2012) Die Zerlegung erfolgt zunächst in Standardkomponenten,

die sich je nach Kundenanforderungen zu neuen Angeboten zusammenstellen lassen. Eine

Steigerung der Produktivität ergibt sich durch die erhöhte Übersichtlichkeit des Gesamtange-

bots und den daraus entspringenden Möglichkeiten, Teilkomponenten besser zu gestalten.

Dabei müssen alle Dienstleistungsprozesse genau beschrieben vorliegen, der Leistungserstel-

lungsprozess gegenüber dem Kunden definiert und der Grad des Einbezuges des Kunden in

den Leistungsprozess geregelt sein. Die Leistung dieses Konzeptes besteht darin, dass eine

Produktivitätssteigerung bereits durch die Anwendung der bloßen Komponentisierung ohne

die explizite Berücksichtigung der Produktivitätskennzahlen möglich ist. Das Konzept

schließt an Überlegungen des „Service Engineering 2.0“ (Meyer, Böttcher 2011) an. Hier

werden Vorgehensweisen und Methoden beschrieben, wie gerade komplexe Dienstleistungen

(wie städtische Infrastrukturdienstleistungen) so entworfen

Produktivitätssteigerungen durch Arbeitsverdichtung und Arbeitsteilung sind auch im Dienst-

leistungssektor ausreichend bekannt. Sie führen häufig zu erhöhten Belastungen und zu Ar-

beitsausfällen und machen damit die gewonnene Steigerung zunichte (zur IT-Branche: Sieb-

ecke, 2010) Nach dem Index „Gute Arbeit“, dass 39% der Beschäftigten, die unter insgesamt

schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten, Abstriche bei der Produkt- und Servicequalität ma-

chen müssen. Noch kritischer sehen die Daten für Beschäftigte mit ausgeprägtem Kundenkon-

takt aus, die sich bei ihrer Arbeit gehetzt sehen: Hier sind es 66%, die in hohem oder sehr

hohem Masse Abstriche bei der Produkt- und Servicequalität machen (Ver.di, 2011). Auch

wenn Böhne (2011) dem Index GUTE ARBEIT kritisch gegenübersteht, geht er davon, dass

Demotivation von MitarbeiterInnen Produktivitätsgewinne mindern kann. So gehen Modell-

rechnungen bei einem Unternehmen mit 400 Beschäftigten von einem Verlust von 1,85 Mio.

EURO aus, wenn sich die Mitarbeitermotivation um 5 Prozentpunkte reduziert (Böhne, 2011,

S. 38). Die Betrachtung der Emotionalität des Servicepersonals als eine mitarbeiterorientierte

Betrachtung der Dienstleistungsproduktivität ist gewöhnungsbedürftig (Gouthier, Ganz 2011).

Arbeitsemotionen nehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Dienstleistungsproduktivität.

Sie kommen negativ wie positiv zum Tragen, wenn die Beschäftigten einen hohen Kunden-

kontakt haben oder Kunden bei der Leistungserstellung wesentlich beteiligt sind. Dies trifft

den Kern der Dienstleistungsarbeit. „Emotionalität, verstanden als intrapersonelle Empfin-

dung und interpersoneller Austausch von Emotionen, entsteht bei der Interaktionsarbeit und

speziell bei der Gefühlsarbeit des Servicepersonals.“ (Gouthier, Ganz 2011, S.361) Da Ar-

beitsemotionen als Inputgrößen die Arbeitsproduktivität des Servicepersonals beeinflussen, ist

es für Unternehmen von wirtschaftlichem Interesse, sich mit der Messung und der Gestaltung

von Arbeitsemotionen zu befassen. Im Kern geht es um die Gestaltung der Bedingungen, un-

ter denen Emotionalität die Dienstleistungsproduktivität beeinflusst. Mitarbeiterzufriedenheit

durch Wertschätzung und Kundenloyalität, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit sind

zentrale, sich gegenseitig bedingende Einflussgrößen auf die Gefühlswelt der Beschäftigten.

Produktivitätssteigerungen durch Humanisierung des Arbeitslebens werden von den Gewerk-

schaften seit den Debatten der 20er Jahre als der Königsweg betrachtet (für das Forschungs-

programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens’ Sauer, 2011). Grundgedanke ist, dass durch

eine optimale Gestaltung der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsbedingungen sowohl betriebliche

Produktivitätsziele als auch Ziele der Beschäftigten erreicht werden können. Grundsätzlich ist

dieser Weg heute (2012) nur durch die vorliegenden Wissensdefizite bei der Gestaltung der

Dienstleistungsarbeit – insbesondere der Interaktionsarbeit - begrenzt. Eine „Mc-

Donaldisierung“ der Dienstleistungsarbeit unter dem Produktivitätsdruck kann nicht ausge-

schlossen werden (Hacker, 2009). Dies gilt insbesondere im „Back-Office-Bereich“, also dem

Bereich ohne direkten Kundenkontakt, während in dem Bereich, der in einem mittel- oder

unmittelbaren Kontakt zum Kunden steht, eine „Bestgestaltung“ der Arbeit durchgeführt

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wird. Die Risiken werden auch von den deutschen Gewerkschaften gesehen. Insbesondere

weil sie der Ansicht sind, dass Beschäftigte in den Unternehmen immer mehr zu austausch-

und ausnutzbaren Funktionsträgern werden. Gute Dienstleistungsarbeit soll nicht nur als In-

strument für Produktivität von Unternehmen dienen, sondern als eigenständiges, mit be-

triebswirtschaftlichen Zielsetzungen zumindest gleichrangiges Gestaltungsziel etabliert wer-

den (Bsirske, 2011, S. 495-496).

Schon Ende der 70er Jahre wurde die Bedeutung des aktiven Kunden (in negativer Konse-

quenz des „arbeitenden Kunden“ Voß, Rieder, 2005) zur Steigerung der Dienstleistungspro-

duktivität erkannt (Bienzeisler, 2000). Bei diesem Konzept werden betriebliche Funktionen

auf den (meist privaten End-) Kunden, Klienten, Patienten, Bürger ausgelagert. Damit werden

Kosten eingespart und Leistungen der Kunden direkt oder indirekt für die Wertschöpfung

genutzt, womit natürlich die innerbetriebliche Produktivität steigt. Von dem „Zwangsarbeiter

Kunde“ ist der „aktive Kunde“ zu unterscheiden (Reichwald, Piller 2006, S. 25). Der „aktive

Kunde“ wird nicht aktiv, weil die (mangelnden) Leistungen eines Unternehmens ihn zwingen,

sondern weil er damit seinen individuellen Zielen eher gerecht werden kann. Mit diesem akti-

ven Kunden lösen sich die Unternehmensgrenzen auf. Das Unternehmen muss seine interne

Struktur in eine Netzstruktur oder gar in eine Marktstruktur umgestalten, es kommt zu einer

interaktiven Wertschöpfung und damit zum Teil auch zum Konflikt zweier Produktivitätsstra-

tegien: der des Unternehmens und der des Kunden.

*Geschäftsmodelle als Innovationskonzept

Die Entwicklung neuer Technologien in der Vergangenheit hat am eigentlichen Geschäftsmo-

dell nichts geändert. Die Technologie wurde zur Verbesserung der Leistung eines Autos ein-

gesetzt, sie diente zur Veränderung der Fertigungs- und Arbeitsprozesse usw., aber führte

nicht zu einer Veränderung des Geschäftsmodells “Verkauf von Produkten”. Dies trifft zu-

nächst auch für den Einsatz der IuK-Technologie und des Internet zu.

Der Veränderungsdruck ergab sich durch die Anforderungen an den Kapitaleinsatz. Ähnlich

wie die menschliche Arbeitskraft sollte auch das Kapital flexibel werden, d.h. nicht zu fest in

Investitionen in Sachgüter gebunden sein. Neben neuen Finanzierungskonzepten ergaben sich

daraus die Betreibermodelle, aber auch die ÖPP-Modelle im staatlichen Bereich. Diese Mo-

delle reichten von den Speditionen (kein Kauf von LKW, sondern Mieten) bis hin zum Be-

trieb von Gebäuden (kein Verkauf der Immobilie). Das war die erste Veränderung der Ge-

schäftsmodelle in Richtung einer hybriden Wertschöpfung zu Beginn der 90er Jahre, die noch

ohne die heutige Vernetzung funktionierten. Teilweise verbunden mit diesen Ansätzen war

der ökologische Slogan “Nutzen statt Besitzen”. Mit den Betreibermodellen kamen den

Dienstleistungen neue Bedeutung zu.

Etwas später setzte mit diesen Modellen auch eine Veränderung der Betrachtung des (damals

noch so genannten) Verbrauchers ein. Bei den klassischen Dienstleistungen war er schon im-

mer als “Ko-Produzent” notwendig, so entdeckte jetzt insbesondere Google, dass der Kunde

bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen Daten produzierte, die einen Wert darstellten.

Dieses Modell wurde auch auf die b2b-Beziehungen ausgedehnt und damit entstanden aus der

Wertschöpfungskette mit einem Endverbraucher Wertschöpfungssysteme mit Co-

Produzenten. Auf diesen Gedanken beruhen heute viele Geschäftsmodelle, bei denen die

Dienstleistungen und Produkte gleichberechtigt sind, ja bei denen die Dienstleistungen den

eigentlichen Wert darstellen (APP zu Smartphone). Eine weitere Form der “Plattform-

Geschäftsmodelle” entstand dadurch, dass Firmen erkannten, dass nicht der einzelne “Markt-

stand” interessant war, sondern das Anbieten eines Marktes (“Marktmeister-Rolle”). EBAY

war der erste klassische Marktanbieter. Inzwischen gibt es unzählige Plattformen, auf denen

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Produkte, Dienstleistungen und menschliche Arbeitskraft gehandelt werden. Unabhängig von

der Bewertung des Geschehens in den Beziehungen zwischen “Anbieter-Marktbetreiber-

Kunde” haben diese Geschäftsmodelle z.Zt. die stärkste Aufmerksamkeit. Die deutsche Wirt-

schaft mit ihrem Konzept der “Industrie 4.0” scheint im Geschäftsmodell “Verkaufen von

Produkten” stehen zu bleiben. ACATECH bemerkt dazu in dem Memorandum zur „Smart

Service Welt“ sehr richtig, dass das Verharren der deutschen Industrie in den „Nischen pro-

duktzentrierter Marktführerschaften“ keine Option ist. Denn die Unternehmen die die „Smart

Services“ beherrschen werden die Kontrolle über die Wertschöpfungssysteme erlangen.

Die noch unklaren neuen Geschäftsmodelle der Smart Service Welt, verbunden mit den tech-

nologischen Entwicklungen, wachsendem internationaler Wettbewerb und neuen Bedingun-

gen beispielsweise auf den Kapitalmärkten, sorgen für wachsende Unsicherheit, sowohl auf

Seiten der Unternehmen als auch der Beschäftigten. Sie führen zu tief greifenden Verände-

rungen in den Unternehmensstrukturen und werden begleitet von geänderten Arbeitsformen

und -bedingungen. Sie können dazu führen, dass Beschäftigungsverhältnisse „destandardi-

siert“ werden und sich weiter neue leistungsorientierte Konzepte der indirekten Steuerung

durchsetzen. Ob diese Entwicklungen mit den Anforderungen an ein „neues Normalarbeits-

verhältnis“ in Einklang zu bringen sind, ist zu prüfen.

*Fazit

Die Tertiarisierung hat neue Innovationskonzepte und neue Konflikte geschaffen. Die Volks-

wirtschaftliche Gliederung des Drei-Sektoren-Modells bietet immer weniger wirtschaftspoliti-

sche Grundlagen, wird aber immer weiter für politische Entscheidungen genutzt. Mit dem

Eindringen von Produktivitätsüberlegungen in die Dienstleistungen „am und mit Menschen“

(von den Beratungs- über die Bildungsdienst- bis hin zu den Pflege- und Betreuungsdienst-

leistungen, vgl. Senghaas-Knobloch 2012) hat sich das Problem der an Menschne ausgerichte-

ten Arbeit im Kapitalismus weiter verschärft. Dazu tritt, dass Überlegungen zur Produktivität

im Volkswirtschaftlichen Sinn, die über eine Lohnsteigerung zu einer Erhöhung der Binnen-

nachfrage führen kann, und zur Produktivität im betrieblichen (nicht in allein in einem be-

triebswirtschaftlichen) Sinn, die zunächst einmal nur zu einer betrieblichen Veränderung

führt, in der Dienstleistungsforschung und -wissenschaft heute noch unverbunden nebenei-

nander stehen. Eine der Aufgaben der Zukunft, insbesondere einer Dienstleistungswissen-

schaft wird es sein, diese Aspekte miteinander zu verbinden. Allerdings bleibt auch zu fragen,

ob bei den modernen Entwicklungen, die sich in den kapitalistischen Finanzstrukturen entwi-

ckeln, das Modell der Produktivität nicht zu Gunsten eines Modells der raschen Kapitalver-

wertung aufgegeben wird, eine Frage, die in der Dienstleistungsökonomie bisher kaum disku-

tiert wird. Die neuen Plattformmodelle haben neue Innovationswege aufgezeigt, ohne dass

klar ist, ob dabei auch die menschliche Arbeitskraft ihren Stellenwert erhält.

Die deutsche Dienstleistungswirtschaft scheint nur verhalten auf die Innovationserfordernisse

zu reagieren. Zentraler Befund des von der Gewerkschaft Ver.di alle zwei Jahre durchgeführ-

ten Innovationsbarometers 2015 ist, dass trotz zunehmender Notwendigkeit durch die Digita-

lisierung, die Innovationstätigkeit im Dienstleistungssektor abnimmt und hinter den Erforder-

nissen zurückbleibt. Das „Innovationsbarometer“ basiert auf Umfragen unter den Mitbestim-

mungsakteuren, die der Gewerkschaft Ver.di angehören, also Arbeitnehmervertretern in Auf-

sichtsräten sowie Vorsitzende von Betriebs- und Personalräten.

Danach gaben 76 Prozent der Befragten an, dass die zunehmende Digitalisierung zwar die

Notwendigkeit zu Innovationen erhöhe. Gleichzeitig aber ist der Anteil der Betriebe, die keine

Innovationen durchführten, von 16 Prozent (Umfrage 2013) auf 23 Prozent gestiegen. Dabei

gibt es atürlich deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Handel, Verkehr, Öffentliche

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Verwaltung und Gesundheitswesen liegen deutlich unter dem Durchschnitt. Aus Sicht der

Befragten ist dieses Problem hausgemacht: Danach sagen 91 Prozent, dass sich mangelnde

Zeitressourcen und hoher Leistungsdruck hemmend auf die Innovationstätigkeit auswirkten.

In den zurückliegenden zwei Jahren waren es insbesondere die mobilen Geräte und die Platt-

formen für die interne und externe Kommunikation, mit denen die Innovationen realisiert

wurden. Dies soll nach Ansicht der Beschäftigten (auf hohem Niveau) geringer werden, statt-

dessen sollen Apps für mobile Anwendungen, Big/Smart Data, Cloud Computing, Robotik

und Fahrerlose Transport- und Verkehrssysteme in den bevorstehenden zwei Jahren aktuell

werden. Als Folgen der Digitalisierung für die Arbeit werden die Zunahme der Projektarbeit,

der Mobilen Arbeit und der Gefährdung der Persönlichkeitsrechtegesehen. Interessant ist, das

25% der Befragten im Dienstleistungsbereich einen Abbau der Beschäftigung durch Innovati-

onen angeben, aber 34% eine Zunahme.

Innovationsmanagement Das Fehlen systematisch entwickelter Managementverfahren und -methoden war in den 90er

Jahren neben der mangelnden Dienstleistungsmentalität der Entscheidungsträger, der hohen

Regulationsdichte und der historisch gewachsenen Strukturen ein Grund für die geringe Inno-

vationsdynamik des Dienstleistungssektors in Deutschland. Inzwischen stehen neben dem

Service Engineering der Standardisierung der Steigerung der Exportfähigkeit dem Pro-

duktivitätsmanagement und der hybriden Wertschöpfung neuentwickelte Methoden zur Ver-

fügung, die den Prozess der Dienstleistungsinnovation beschleunigen werden. Aufgabe der

Forschungs- und Innovationspolitik ist es hier, neue Instrumente und Verfahren entwickeln

und erproben zu lassen.

*Service Engineering als systematische Dienstleistungsentwicklung

Beim Service Engineering handelt es sich um die systematische Entwicklung und Gestaltung

von Dienstleistungsprozessen unter Verwendung geeigneter Vorgehensmodelle, Methoden

und Werkzeuge (DIN Fachbericht S. 103, 1998; Bullinger und Scheer, 20033, Ganz, Fähnrich,

Meiren, Meier 2011, Salvendy, Karwowski, 2010). Service Engineering ist ein umfassender

Ansatz, der die ganzheitliche Gestaltung des Dienstleistungsprozesses bis zum Kunden unter

Berücksichtigung der strategischen und organisatorischen Gestaltungsfaktoren betrachtet. Bei

der Förderung von Forschung und Entwicklung zum Service Engineering handelte es sich

also nicht nur um eine Anwendung bisher vor-

handenen Wissens in einem verwandten Be-

reich (z.B. „Arbeitsgestaltung im...“), sondern

um die Entwicklung und den Aufbau eines

neuen Paradigmas, manche Autoren sprechen

auch von einer Disziplin. Vereinfacht gesehen

leiten sich die deutschen Ansätze des Service

Engineering aus mehreren Quellen ab. Zum

einen aus den Arbeiten von Ramaswamy (Ra-

maswamy, 1996, Bullinger, Schreiner, 2003)

mit dem Phasenmodell "Service Design and

Management" zum anderen aus den Modellen

zur Geschäftsprozessmodellierung von Scheer

(Scheer, 1998, Scheer, Grieble, Klein, 2003)

und zum dritten aus der Softwareentwicklung

(Böhmann, Krcmar 2003).

3 2003 ist die Angabe des Verlages. Das Buch war Ende 2002 verfügbar. Eine zweite Auflage erschien 2006

Abbildung 1: Service Engineering und Arbeit

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Abbildung 1: Service Engineering und Arbeit versucht die Zusammenhänge zwischen dem

Service Engineering und dem Arbeishandeln zu beschreiben. Das Service Engineering gehört

zusammen mit der Arbeisbescheibung zum Planungsprozess, während das Arbeitshandeln,

das Arbeitsergebnis und das Personale Arbeitsergebnis zum Handlungsprozess gehören. Wäh-

rend das Service Engineering mit der Leistungsbeschreibung eher eine Domäne der Wirt-

schaftswissenschaft ist, gehören Arbeitsbeschreibung und Handlungsprozess eher zu der Ar-

beitswissenschaft.

Kerber-Klasen und Zörkler (2014, 304ff) postulieren einen Gegensatz zwischen der Gestal-

tung von Arbeits- und Leistungsprozessen. Die Analyse der Leistungsprozesse zielen auf

Kostensenkung und Qualitätserhöhung. Ziel der Analyse der Arbeitsprozesse ist hingegen,

“Gestaltungsvorschläge zu entwickeln, die die Interessen von Beschäftigten und Unternehmen

berücksichtigen..” (S. 305). Dabei sind die Rahmenbedingungen auf der Ebene der Organisa-

tion sowie auf der Makroebene der Wirtschaft und Gesellschaft “zunächst einmal nachgeord-

net.” (S. 306). Vernachlässigt man den in Anlehnung an Hacker “sozialromantischen Teil” der

Bewertung der Rahmenbedingungen in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, so bleibt

doch festzuhalten, dass es keine gemeinsamen Methoden, ja noch nicht einmal “definierte

Schnittstellen” zwischen der Gestaltung der Leistungs- und Arbeitsprozesse gibt. Die heutigen

Methoden der systematischen Gestaltung der Dienstleistungsprozesse (das Service Enginee-

ring) und die Methoden der Gestaltung der Interaktion können der Forderung “Gute Dienst-

leistungen – Gute Arbeit” nicht nachkommen. Bieber und Geiger (a.a.O., S. 321) schreiben:

“Das Ineinandergreifen von Service Engineering und Interaktionsarbeit ist wichtig, aber auch

eine große, bislang nicht überzeugend gelöste Herausforderung”.

Diese verschiedenen Quellen aus denen das Service Engineering entstanden ist, bedingen eine

unterschiedliche Weiterentwicklung. Der Ramaswamy-Ansatz führt zu unterschiedlichen

Phasenmodellen und dann gepaart mit dem Lab-Ansatz zum Servlab, während die anderen

Ansätze zur Dienstleistungsmodellierung führen.

Die Phasenmodelle sind leicht handhabbar und auch leicht verständlich. Natürliche Sprache

besitzt aber Probleme hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit, schwer nachvollziehbarer Vollständig-

keit und Schwierigkeiten beim Erkennen von Widersprüchen. Wendet man dagegen mathe-

matische Konzepte an, so steht man schnell vor dem Problem, dass sie komplexe Sachverhalte

nicht abbilden können. Aus diesem Dilemma heraus entstand in der Betriebswirtschaft die

Geschäftsprozessmodellierung (z.B. Scheer 1998 mit dem ARIS System). Im Rahmen des

Service Engineerings wurde die Modellierung zunächst als zweiter Schritt nach einer Grob-

konzeption einer Dienstleistung verstanden. Auch hier wurden eine Reihe von Vorgehenswei-

sen vorgestellt: Petri-Netze, Ereignisgesteuerte Prozessketten, Entity-Relationsship-Modelle

oder Objektorientierte Modellierungen, aber auch Weiterentwicklungen des ARIS.

Dem Servlab liegt das Konzept zu Grunde, Dienstleistungen im Labor zu entwickeln und zu

erproben, bevor sie im echten Markt implementiert werden. Auf Grund der Erfahrungen aus

der produzierenden Wirtschaft entwickelte das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und

Organisation ein Serv(ice) Lab(oratorium) (Meiren, 2006; Dangelmaier, Spath, Meiren 2007;

van Husen, Meiren 2008). Der Gedanke, Dienstleistungen im „Labor“ zu entwickeln war da-

mals völlig neu. Das Serv Lab bietet für Unternehmen eine Plattform zur Unterstützung bei

der Dienstleistungsentwicklung Es ermöglicht die Simulation physischer Dienstleistungsum-

gebungen durch den Einsatz von Virtual Reality Technik, stellt eigenständige Werkzeuge für

die Dienstleistungsmodellierung zur Verfügung und ermöglicht die Analyse und Konzeption

von Kunden und Interaktionsprozessen zwischen Kunden und Mitarbeitern durch Techniken

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der Inszenierung von Dienstleistungen. Der Ansatz des Serv Lab war weltweit einzigartig und

hatte besonders durch den Einsatz ausgefeilter Technologie viel Beachtung gefunden. Für die

deutsche Forschung zum Service Engineering ist die Einleitung aus der „Introduction to Ser-

vice Engineering“ (Salvendy, Karwowski 2010) sicher eine große Anerkennung: „The intro-

duction of the customer-centered approach in service systems design and modeling has been

motivated by the theory of service systems engineering developed in Germany...“ (S.179).

Einen nächsten Schritt gehen Hermann, Ganz und Westner (2013). Sie nehmen die Schwie-

rigkeiten bei der betrieblichen Anwendung von Service Engineering Modellen als Ausgangs-

punkt und wollen die Basis eines computer-gestützten Entwicklungssystems für Dienstleis-

tungen legen (ServCAD). Im Prinzip planen sie die Kombination der zweidimensionalen Pro-

zessdaten mit der dreidimensionalen Prozessvisualisierung. Dabei ergeben sich nicht nur

(software)technische Schwierigkeiten. Die Herausforderung ist, dass die 3-d-Daten nicht aus

dem 2-d-Prozessmodell abgeleitet werden können, da sie die Informationen über die agieren-

den Menschen beinhalten. Dazu müssen im Prinzip die Daten aus dem ServLAB herangezo-

gen werden. Hier wird es spannend sein, die Entwicklung weiterzuverfolgen.

Im Rahmen der Konzeptionierung eines Service Engineering Tools überschreiten Herrmann

und Klein (2004) die Grenzen zwischen Produktion und Dienstleistungen, indem sie die be-

triebswirtschaftlich-planerische Produktionsplanung und –steuerung (das „Y-Modell, a.a.O.,

S.178) auf ein Y-CIM-Modell für Dienstleistungen (a.a.O., S. 182) übertragen. Von dort ist

der Schritt zu einer Entwicklung für Produkt-Service System (Thomas, Walter und Loos,

2010) nicht mehr weit. Damit überschreitet auch das Service Engineering die klassischen vom

Drei-Sektoren-Modell definierten Grenzen.

Eine Weiterentwicklung des Service Engineering ist das „Service Engineering Plus“. Men-

schner, Prinz und Leimeister (2014) diskutieren dabei die Einbeziehung des “Customers” und

der Beschäftigten in einem “Service Engineering plus”. Kennzeichen dieses Ansatzes sind die

Entwicklung eines “Low-Fidelity-Prototypen”, der dann in Diskussionsgruppen in interakti-

ven Rückkopplungsschleifen immer weiter verbessert wird. Leider geht die Forschung hier

nicht den Schritt, an welcher Stelle die Arbeitswissenschaft einzubeziehen ist, insbesondere

was die langfristigen Belastungsfolgen von Dienstleistungen anbetrifft, die von den Betroffe-

nen nur schwer einzuschätzen sind.

Eine ungelöste Problematik ist die Gestaltung des Dienstleistungsgesamtsystems. Dies ist mit

auch einem “Service Engineering Plus”, das auf Einzelleistungen konzentriert ist, noch nicht

zu lösen. In der Produktion ist dies dadurch gelöst, dass nach gleichen Prinzipien konstruiert

wird und nur die Schnittstellen zum Subsystem definiert sind. Diesen Stand der Entwicklung

hat das Service Engineering noch nicht erreicht. Auch Bienzeisler (2011, S.40) beklagt dieses

Defizit bei der Gestaltung dynamischer, kooperativer Dienstleistungssysteme. Er sieht einen

Ausweg im Ansatz des Service Designs. Service Design soll Dienstleistungen als ganzes Sys-

tem betrachten, das neben den Fokalpartnern auch die anderen Beteiligten einschließt. Dabei

benötigt das Service Design aber neue Methoden und Instrumente, die bisher nicht vorliegen.

Standardisierung als Innovationsinstrument

Standardisierung und Normierung im Dienstleistungssektor dürfen nicht mit der Abwertung

betrachtet werden, die in der deutschen Sprache häufig mit dem Wort „Standard“ verbunden

ist.

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Breutmann (2007) hat im ande-

ren Zusammenhang das Ge-

samtkonzept der Standar-

disierung vorgestellt. Es um-

fasst unterschiedliche Bereiche

der Regulation. Zum einen

Werkstandards, die innerhalb

von Unternehmen oder Unter-

nehmensverbünden gesetzt

werden, über die Publicly

Available Specification mit ei-

nem sehr einfachen Ent-

stehungsverfahren, aber auch

einem geringen Grad der Ver-

bindlichkeit, über Normen, die

in einem verbindlichen Verfah-

ren festgelegt werden, bis hin zu

Gesetzen PAS Normen und Ge-

setze sind öffentlich zugänglich.

Werknormen sind dies nicht.

Werknormen bis Normen fallen in

die Zuständigkeit der Wirtschaft,

während Verordnungen und Gesetze in die Zuständigkeit des Staates fallen. Im Rahmen des

Vorhabens zur Internationalisierung zeichnete sich in den Betriebsprojekten die hohe Bedeu-

tung der Werknormen ab (DIN 2009). Ohne Werknormen ist praktisch keine internationale

Kooperation möglich. Allerdings zeigte sich hier, dass interne Standards, die internationale

Gültigkeit haben sollen, eher Rahmen und Referenzmodelle vorgegeben werden sollten, die

dann auf regionaler Ebene konkretisiert werden können. Der Aufwand zur Formulierung sol-

cher Standards im internationalen Geschäft darf aber nicht unterschätzt werden. Der Einsatz

von externen Standards wird differenziert bewertet. Sie ermöglichen zum einen überhaupt

einen Markt zum anderen können sie aber auch die Differenzierung zwischen den verschiede-

nen Dienstleistungen einschränken. Unumgänglich sind Standards, die die Kooperation zwi-

schen Partner regeln, insbesondere an den Schnittstellen der Wertschöpfungsketten ab. Eben-

falls differenziert wird die Beteiligung an der Formulierung externer Standards gesehen. Zum

einen ist es dadurch möglich, eigene Vorstellungen einzubringen, zum anderen besteht natür-

lich auch die Gefahr, eigenes Wissen preiszugeben. Eine Debatte begleitete alle bisherigen

Untersuchungen: Auf Grund nationaler Unterschiede in der Arbeits- und Sozialpolitik sind

Arbeitsschutzregelungen im Gegensatz zu Normen und Standards, die internationale Gültig-

keit besitzen sollen, nur national geregelt. Dementsprechend unterscheidet die Kommission

für Arbeitsschutz und Normung zwischen normungsfähigen und nicht-normungsfähigen An-

forderungen an die Dienstleistungen. Im Normalverfahren sind insbesondere alle Anfor-

derungen bezüglich Sicherheit sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht standardisierbar.

Standardisierung war zunächst nicht Thema der Dienstleistungsforschungs- und Innovations-

politik. Dies lag zum einen sicher an dem Mangel an Erfahrungen mit Standardisierungspro-

zessen im Dienstleistungssektor, zum anderen aber auch mit den damaligen Ansätzen der

Liberalisierung und Deregulierung. Standards wurden als Schutzstandards für Arbeitnehmer

begriffen, die es zu deregulieren galt (vgl. hierzu Däubler, 1995). Wie groß die dadurch verur-

sachten Defizite waren, kann man daran sehen, dass bis 2003 keine gezielten Recherchen

nach dienstleistungsrelevanten Dokumenten im Deutschen Informationszentrum für Techni-

Abbildung 2: Formen der Standardisierung

Page 23: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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sche Regeln (DITR) durchgeführt werden konnten. Das bedeutete, dass nur ein Bruchteil der

12700 dienstleistungsrelevanten Dokumente direkt auffindbar waren. Auf Grund einer Inter-

vention des DIN wurde das Thema in der Hauptuntersuchung Dienstleistung 2000plus veran-

kert. Bullinger und Rüttgers (1999) erwähnten auf der 3. Dienstleistungstagung des BMBF

das Thema Standardisierung explizit. Bullinger fordert eine Standardisierung insbesondere

um ein allgemein akzeptiertes Verständnis des Betrachtungsgegenstandes „Dienstleistungen“

zu erhalten und damit dann auch die entsprechenden Verfahren transparent zu machen. Damit

hängen dann Produkthaftung und Produktinformation zusammen. Rüttgers sieht unmittelbar

auf die Dienstleistungsmärkte und auf die Definition von Dienstleistungsqualität. Da auch aus

dem nicht-europäischen Ausland Aktivitäten zur Standardisierung von Dienstleistungen be-

richtet wurden, veröffentlichte das BMBF die Bekanntmachung zur „Dienstleistungsstandar-

disierung und Qualität “. Die Bekanntmachung traf auf ein völlig unvorbereitetes Forschungs-

feld.

Wie Rüttgers schon 1999 ausführte, schaffen internationale Standards Voraussetzungen für

freien und fairen Handel sie fördern den Wettbewerb unterstützen wirtschaftliches Wachstum

und schützen den Verbraucher. Auf Grund der Aktivitäten der Vorhaben wurde auch für

Dienstleistungen inzwischen die Wichtigkeit von Standards erkannt. Auf internationaler Ebe-

ne wurden daher Initiativen gestartet, um internationale Standards und Normen im Dienstleis-

tungssektor voranzutreiben. Deutsche Unternehmen und Interessenvertreter waren bisher je-

doch kaum repräsentiert, was zu deutlichen Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen

könnte. Auch wurden und werden bis heute hauptsächlich branchenorientierte Ansätze ver-

folgt, z.B. in der Tourismusindustrie oder bei Finanzdienstleistungen. In branchenübergrei-

fenden Fragestellungen (z.B. Spezifikation und Bewertung von Dienstleistungen) bestehen

noch große Defizite, aber somit auch Chancen, substanziell an der Gestaltung von Standards

mitzuwirken. Der Erfolg des Einbezuges der Standardisierung in das Innovationsmanagement

zeigte sich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene. Nachdem

das DIN und die deutsche Forschung auf europäischer Ebene eine Pionierrolle eingenommen

hatten, hat die Europäische Union das Thema aufgenommen. Eine der herausragenden euro-

päischen Aktivitäten, die im Kontext der Dienstleistungsstandardisierung durchgeführt wur-

den, war das europäische Projekt CHESSS ("CEN Horizontal European Service Standardiza-

tion Strategy"), das im Rahmen des CEN Mandats M/371 "Standardization in the Field of

Services" durchgeführt wurde. 2012 zogen Europäisches Parlament und Rat (2012) eine Kon-

sequenz aus den Ergebnissen, indem sie die europäische Normung auf die Dienstleistungen

ausdehnen.

Baethge (2011) verweist auf ein besonderes Problem der Standardisierung bei den Dienstleis-

tungen, nämlich das Spannungsverhältnis zwischen Interaktion und Standardisierung. Nach

seiner Ansicht ist Interaktivität nur begrenzt technisierbar, rationalisierbar und standardisier-

bar, was aber die privaten und öffentlichen Dienstleistungsunternehmen nicht hindert, alles zu

tun, um die auf Grund der Interaktivität gesetzten Begrenzungen in allen Dimensionen (Tech-

nisierung, Standardisierung, Rationalisierung) zu durchbrechen. Daraus resultieren dann auch

Auseinandersetzungen über die Qualität von Dienstleistungen zwischen Kunden und Unter-

nehmen. Baethge sieht Technisierung und Standardisierung eng beieinander. Dies ist richtig,

für die Form, dass standardisierte Dienstleistungsprozesse den Einsatz von Technik erleich-

tern. Auf der anderen Seite sind im Dienstleistungssektor aber viele Standardisierungen not-

wendig, die eine einheitliche Sprache und ein einheitliches Verständnis zwischen Kunden und

Dienstleisten ermöglichen. Dazu gehören z.B. auch die Standardisierungsanstrengungen beim

Service Engineering oder beim Benchmarking („horizontale“ Standardisierung).

2016 hat sich die Standardisierung im Dienstleistungssektor deutlich weiterentwickelt. Der

Normenausschuss Dienstleistungen (NADL) wurde 2008 auf Beschluss des Präsidiums des

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DIN für die nationale, europäische und internationale Normung und Standardisierung im Be-

reich unternehmensbezogener und personenbezogener Dienstleistungen gegründet (DIN,

2014). Der NADL ist im Rahmen der nationalen, europäischen und internationalen Normung

und Standardisierung zuständig für die fachliche Begleitung von Themen im Bereich unter-

nehmensbezogener und personenbezogener Dienstleistungen Dienstleistungen.4

Mit der Verordnung zur Europäischen Normung (1025/2012) ist die europäische Kommission

befugt, Aufträge zur Erarbeitung von Normen und Standards im Bereich der Dienstleistungen

an die europäischen Normungsorganisationen CEN, CENELEC und ETSI zu erteilen. Ziel ist

es, neue Impulse für grenzüberschreitende Dienstleistungsangebote und die Stärkung der

Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Dienstleister zu setzten.

Die Erfolge bei den Versuchen der Standardisierung und Normierung sollten nicht darüber

hinwegtäuschen, dass die "interessierten Kreise" für Dienstleistungsstandardisierung noch

nicht durchsetzungskräftig sind..

Technische Innovationen in der Dienstleistungswirtschaft

„Die Einflüsse neuer Technologien auf Dienstleistungen sind unterschiedlich. Vier Wirkme-

chanismen sind denkbar:

.<sie> ermöglichen neuen Dienstleistungen,

<sie> erhöhen die Effizienz der Dienstleistungserbringung,

<sie> steigern die ‚Verfügbarmachung‘ von Dienstleistungen,

<sie> steigern die Profitabilität“ (Ganz; Tombeil, 2013, S. 30).

In Zukunft muss damit gerechnet werden, dass spezielles (menschliches) Wissen durch einen

Rückgriff auf intelligente Systeme substituiert werden kann. Ebenso wird die Technikintegra-

tion bei personenbezogenen Dienstleistungen (Shire, Leimeister, 2012; Schuh, Stich, 2013;

Bieber, Geiger, 2014) weiter fortschreiten. Die Anwendungsbereiche bei den personenbezo-

genen Dienstleistungen reichen von der Haushaltsassistenz, Pflege- und Rehabilitationsunter-

stützung bis zum Entertainment. Im Dienstleistungsbereich insgesamt gehören dazu noch die

Roboter in der Logistik, in Bewachung und Inspektion bis hin zu den gewerblichen Reini-

gungssystemen. Die Prozesse mit denen dies geschieht werden zum einen als Informatisie-

rung zum anderen als Automatisierung beschrieben. Beide Prozesse werden häufig unter dem

Schlagwort der Digitalisierung zusammengefasst. Die Eschborner Thesen (Hentrich, 2013)

betrachten diese Prozesse unter dem Thema „‘Autonome‘ Technisierung, Informatisierung

und die Rolle des Menschen“ als eines der wichtigen fünf Forschungsfelder.

Technik – Informatisierung

Wenn das Zitat stimmt, war Gottlieb Daimler im Jahre 1901 der erste, der die Auswirkungen

der Technik und den Technikeinsatz im Rahmen von Dienstleistungen – hier der Chaffeurs-

dienstleistung – massiv unterschätzte: "Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird

eine Million nicht überschreiten - allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren." (zi-

tiert nach: nebelbank_de Irrtümer und Fehlprognosen.htm). Seit 110 Jahren hat sich hier

nichts geändert. Technikeinsatz und die Technikentwicklung sind im Rahmen der Dienstleis-

tungsforschungs- und Innovationspolitik unterbelichtet. Meist wird nur die IuK-Technologie

als dienstleistungsrelevant betrachtet (zu grundlegenderen Betrachtungen zum Verhältnis zwi-

schen Dienstleistungen und Technik s. Reuter und Zinn, 2011).

4 http://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nadl

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Das Cloud-Computing ermöglicht nicht nur neue Dienstleistungen sondern auch neue Produk-

tivitätssprünge (Weissbecker, 2011). So berichtet ein Modehaus (http://www.cloud-

practice.de/use-case/modevertrieb-steigert-produktivitaet-und-lagereffizienz), dass interne

Prozesse vereinfacht und die Lieferzeiten um mehrere Arbeitstage gesenkt werden konnten.

Eine monetäre Produktivitätsbetrachtung wurde allerdings nicht geliefert. Grundsätzlich soll

es durch das Cloud-Computing ermöglicht werden, einen nutzungsabhängigen Service zu

günstigeren Kosten in Anspruch zu nehmen. In der „eigenen Umgebung“ wird weniger Spei-

cherhardware benötigt und damit – so IBM – sollen auch Energiekosten eingespart werden

(für die Versicherungsbranche s: Weitmann, Renner und Rex, 2010). Eine große Sorge der

Unternehmen ist, ob die Produktivitätsgewinne nicht durch Ausfallzeiten zunichte gemacht

werden. Cloud-Computing birgt aber nicht nur neue Ansätze für die Anwender sondern auch

für die Anbieter. Spath, Weiner, Renner und Weisbecker (2012) legen dagegen den Wert auf

Geschäftsmodelle für Anbieter von Cloud-Computing. Sie stellen eine Reihe von Anbietern

dar und geben einen Überblick über deutsche IT-Anbieter. Der Hauptaspekt liegt allerdings

auf den Geschäftsmodellen für Cloud-Computing, ihre Bausteine und ihre Entwicklung. Die

Autoren kommen zu dem Schluss, dass „der Anbieter-Standort Deutschland ..zukünftig noch

an Bedeutung gewinnen <wird>, gerade auch wegen der umfassenden Datenschutz-

Vorschriften“ (S. 208). Kirn et al. (2013) liefern einen Beitrag zur informationstechnischen

Unterstützung der Anbieter von Cloud-Computing, indem sie eine Rahmenkonzept für „Mul-

tiagent Organizations“ vorstellen. Organisationskonzepte (mit menschlichen Akteuren) wer-

den dazu auf „Multiagent systems“ (also Systeme, in denen Software (als „Agents“ bezeich-

net) angewandt. Damit können die unterschiedlichen Anforderungen an Service Provider bes-

ser geklärt werden, allerdings nur in der modellhaften Konzeption. An einer Umsetzung in

konkrete Softwarearchitekturen muss noch geleistet werden. Inwieweit durch Cloud-

Computing Beschäftigung und insbesondere Arbeit tangiert ist, wird zur Zeit noch nicht tief-

gehend analysiert.

Im Zuge der Debatte um die NSA-Aufklärungsstrategien im Jahre 2013 (vor dem Hintergrund

von Bamford (2001) ist die Aufregung überraschend) trat das Thema „Big Data“ in den Vor-

dergrund. Häufig allerdings nur unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes, insbesondere

deshalb, da zu diesem Zeitpunkt die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Kom-

mission in einer wichtigen Abstimmungsrunde sich befand. Im Gegensatz zur politischen De-

batte stand die Forschungsstrategie des BMBF (2013), die „Big Data“ nur als Intelligenten

Umgang mit großen Datenmengen sah, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Der Datenschutz

war nicht explizites Forschungsthema, sondern von allen Vorhaben wurde erwartet, „dass ein

verantwortungsvoller Umgang mit den verwendeten Daten inhärent verfolgt wird. Zu beach-

ten sind der Schutz von Privatsphäre und Datensicherheitsaspekte bereits während der Ent-

wicklung von Systemen (Privacy by Design).“ (aus der o.a. Förderbekanntmachung). Die Be-

kanntmachung zeigt in einigen Passagen die Besonderheiten von Big Data gegenüber bisheri-

gen Informatisierungstrategien auf, deutlicher geschieht dies allerdings bei Horvath (2013).

Für sie ist BIG Date die Kombination bisher nicht aufeinanderbezogener Daten, eine Kombi-

nation, die durch die Datenmenge (Volume); Geschwindigkeit (Velocity) und unterschiedli-

che Beschaffenheit (Variety) gekennzeichnet ist. Big Data benötigt „Verfahren“ zur dezentra-

len Speicherung großer Datenmengen, zur parallelen Bearbeitung und zur mathematischen

Analyse. Anwendungsfelder von Big Data werden in den utnerschiedlichsten Bereichen gese-

hen: als verbesserte Marketingmethoden; zur Vorhersage des Konsum- und Informationsver-

halten der Kunden, zur Optimierung von Logistikprozessen; in der Öffentlichen Verwaltung

zur Verbesserung des Verkehrsmanagements; in Wahlkämpfen; in der Forschung, als präven-

tive, personalisierte Medizin usw. Allerdings ist bisher noch nicht wirklich geklärt, wie hier

marktfähige Dienstleistungen (geschweige denn „Gute Dienstleistungen“) entstehen können

und „Gute“ Arbeit gestaltet wird.

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Nach Ansicht des BMBF (2014) sind drei Bereiche des Dienstleistungsinnovationsgeschehens

durch Digitalisierung besonders betroffen:

Die Gestaltung der Wertschöpfungsnetzwerke. Dadurch wrden Plattformstrategien,

Produktfamilien, Modularisierung und Standardisierung wichtige Grundlagen. Insge-

samt hofft das BMBF, auf dieser Basis Dienstleistung anschlussfähig an Entwicklun-

gen wird, die unter dem Begriff „Industrie 4.0“ firmieren, dass also die Industrialisie-

rung der Dienstleistungen vorangetrieben wird.

Die Digitalisierung von Kundenbeziehungen. Das BMBF konstantiert, dass die Digita-

lisierung in einer besonderen Weise dazu beiträgt, dass Kunden zu einem wertvollen

Faktor für Unternehmen werden.Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht kunden-

induzierte Entwicklungen und dynamisiert die Einbindung der Kunden in den gesam-

ten Prozess der Leistungserstellung. Dabei ist das BMBF durchaus sensibel für die

Problematik der Datenspuren, der Sicherheit der Daten und des vertrauensvollen Um-

gangs damit.

Modellbildung, Simulation und Test von Dienstleistung. Hier wird mit der Digitalisie-

rung das Service Engineering weiterentwickelt, wobei jetzt Simulation und Test eine

besondere Rolle spielen (vgl.: Burger, 2014; Burger und Schultz, 2014)

In der Entwicklung der Bekanntmachung war umstritten, inwieweit eine Gestaltung der

Dienstleistungen ohne eine Gestaltung der Arbeit möglich ist. Auf Druck der Gewerkschaft

Ver.di hat das BMBF sich bereit erklärt, eine Bekanntmachung zum Thema „Digitalisierung

und Arbeit“nachzuschieben. Es ist spannend zu sehen, ob sich diese Strategie bewährt.

Technik - Automatisierung

Ein wichtiges Feld der zukünftigen Technikentwicklung sind "Maschinelle Agenten". Ma-

schinelle Agenten sind beispielsweise Roboter (Roboter sind stationäre oder mobile Maschi-

nen, die nach einem bestimmten Programm festgelegte Aufgaben erfüllen.), Software-

Agenten, »intelligente « Objekte oder Maschinen, Avatare (Ein Avatar ist eine künstliche

Person oder ein grafischer Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt, z.B. bei

der Teleaktion). Am bedeutsamsten für die Entwicklung der Wirtschaft in den nächsten Jah-

ren dürfte der Robotereinsatz sein. Dabei muss die Verbindung zwischen "Roboter" und

"Android" aufgegeben werden. Dieses anthropomorphe Denkmuster behindert die sozio-

technische Weiterentwicklung und den Einsatz stark. In den neuen Forschungsansätzen ver-

binden sich Informatik, Künstliche Intelligenz, Miniaturisierung, Lebens- und Ingenieurwis-

senschaften zu völlig neuen Ansätzen. Das internationale Monitoring des Programms "Inno-

vationen mit Dienstleistungen" erbrachte, dass internationale Experten die Forschungsintensi-

tät im Themenfeld "Automatisierung und Dienstleistungen" in den letzten 5 Jahren auf diesem

Gebiet nur mit einem mittleren Wert einschätzten5. Der Handlungsbedarf in Zukunft wird

deutlich höher angesehen, wobei der höchste Handlungsbedarf von den Experten aus Asien

gesehen wird. Damit könnte sich die dortige Wirtschaft nicht nur ihrem Binnenmarkt besser

aufstellen, sondern vielleicht müssen wir dann auch demnächst unsere Produkte und Dienst-

leistungen dort einkaufen.

5 Es handelt sich um ein Panel 19 führenden Dienstleistungsexperten, 2 aus Deutschland, 8 aus Europa inkl.

Israel, 7 aus USA und 2 aus Asien. Diese Experten werden in ausführlichen Interviews alle zwei Jahre befragt.

Quelle: Spath und Ganz (Hg.): Die Zukunft der Dienstleistungswirtschaft, Hanser, 2009

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2007 präsentierte Bill Gates im Scientific American die These, dass Robotics das neue heiße

Feld der Technikentwicklung und –anwendung sein wird: A robot in Every Home.6 Er ver-

gleicht dabei die Entwicklung der Roboter mit der Zeit Mitte der 70er Jahre, als er und Paul

Allen Microsoft gründeten.7 Anlässlich der im Juni 2010 stattfindenden 4. Fachmesse für Au-

tomation und Mechatronik wurde bekannt, dass laut Statistik der International Federation of

Robotics der Markt für Serviceroboter deutlich stärker wachsen wird als der für Industriero-

boter. Dies hat sich 2013 bestätigt (VDMA Robotics + Automation association, 2013). Wäh-

rend der Verkauf von Industrierobotern um 4% auf 159.346 Einheiten gefallen ist, stieg der

Verkauf von Service Robotern um 2% auf 16.067 Einheiten. Absolut gesehen ist der Anteil

der Serviceroboter natürlich noch immer gering. Auch spielen die Roboter in der Verteidi-

gung mit ca. 40% der Verkäufe 2012 noch immer eine große Rolle. In der Wirtschaft spielen

mit einem Anstieg der Verkäufe von 20% der Medizinsektor und mit einem Anstieg von 11%

der Logistiksektor die größte Rolle. Für den privaten Gebrauch wurden 2012 über 3 Millionen

Serviceroboter verkauft mit einem Volumen von 1,2 Milliarden US-Dollar. Diese Roboter

kann man wegen ihrer geringen Komplexität, ihrer Preisgestaltung und den Vermarktungsme-

chanismen nicht mit den wirtschaftlich genutzten vergleichen. Zu den Robotern für privaten

Gebrauch gehören die Staubsauger, Rasenmäher, Fensterputzer, Unterhaltungs- und Freizeit-

roboter, Erziehung und Forschung. Roboter für zur Unterstützugn von Behinderten haben

nicht in dem prognostizierten Aussmass hinzugewonnen. Die Prognosen für die wirtschaftlich

genutzten Roboter (ohne Militär) gehen von ca. 64.000 neuen Einheiten bis 2016 aus, aller-

dings sind hier 24500 Melkroboter enthalten. Im privaten Sektor rechnet man mit 22 Millio-

nen Einheiten bis 2016, davon 3,5 Millionen Spielzeugroboter und ca. 3 Millionen für Erzie-

hung und Forschung. Für die älteren und behinderten Menschen wird mit 6.400 Einheiten

gerechnet, allerdings erwartet man in den nächsten 20 Jahren sehr hohe Zuwächse. Führende

Forschungsinstitute konzentrieren sich auf die Entwicklung von Prototypen für diese Art von

Robotern8.

Nachdem 2008 das BMBF den Förderschwerpunkt „Technologie und Dienstleistungen im

Demografischen Wandel“ ins Leben gerufen hat, liegen inzwischen die Ergebnisse der For-

schungsvorhaben vor (Gesamtübersicht9: Bieber, 2011). Die Verbundvorhaben des Förder-

schwerpunktes zielten auf die Integration von Dienstleistungen und Technologie. Einen guten

Überblick über die Ergebnisse in der Gesundheitswirtschaft gibt der Herausgeberband von

Shire und Leimeister (2012). Dort ist neben den „normalen“ IT-Anwendungen auch ein Bei-

spiel der Vorbereitung des Einsatzes und des prototypenhaften Einsatzes von Servicerobotern

in der Betreuung älterer Menschen dargestellt. Cieslik, Klein, Compagna und Shire

(2012)stellen zunächst ein Szenariobasiertes Design als Instrument der Partizipativen Techni-

kentwicklung dar, um dann das Instrument selbst einzusetzen und daran anschliessend in eine

Erprobungsphase mit den Servicerobotern zu gehen (Graf et al., 2012)10. Natürlich ergeben

sich bei dieser Erprobung immer wieder Schwachstellen, sei es in der Methodik der Szenari-

techni, sei es im Einsatz der ServiceRoboter. Es kann aber von der Projektgruppe sehr klar

gezeigt werden, dass ein partizipativer Technikeinsatz und eine laufende Rückkopplung zwi-

scher den Beteiligten einen Prozess in Gang setzen kann, der zur Verbesserung der Dienstleis-

tung und der Arbeit führen kann.

6 http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=a-robot-in-every-home 7 Die Argumentation folgt den Artikeln in Public Service Review, Bd. 6, S. 3-13, 2010; weitere Informationen:

http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=17 8 http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=508 9 Überblick über den Förderschwerpunkt: http://www.dienstleistungundtechnik.de/dite-index2.html 10 zu weiteren Einzelheiten des Vorhabens: http://www.aal.fraunhofer.de/projects/wimi-care.html

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Vielleicht erlaubt der Einsatz der Automatisierungstechniken in den Personenbezogenen

Dienstleistungen eine weitere Professionalisierung und eine Produktivitätssteigerung, die

nicht durch Lohndumping verursacht wird. Vielleicht ist es auch möglich, mit Technik-

unterstützung bestimmte Formen der Personenbezogenen Dienstleistungen statt in einem

Grauen Markt wieder im Ersten Arbeitsmarkt anzubieten. Interaktionsarbeit wird sich verän-

dern – auch für die Kunden, aber neue qualitativ hochwertige Dienstleistungen mit professio-

neller Arbeit können entstehen. Die gesamte Gesundheitswirtschaft als ein wichtiger Bereich

der personenbezogenen Dienstleistungen einschließlich Betreuung und Pflege wird sich mit

Automatisierungstechniken neu aufstellen. Hier haben wir ein großes Potenzial für Produktion

und Dienstleistungen auch in Kooperation mit anderen Ländern. Es ist wichtig, mit den Mög-

lichkeiten der neuen Technologien neue Dienstleistungen zu entwickeln, ja von den Dienst-

leistungen her Anforderungen an die Technikentwicklung zu stellen. Thome (1997) hat vor

über 10 Jahren die Prognose abgegeben, dass ca. 40% der Arbeitsplätze durch die Integration

von Organisation und Informationsverarbeitung verloren gehen können. Dueck (2009, S. 345)

schreibt: "Die Zukunft der Service-Automatisierung wird uns wiederum die Hälfte aller Jobs

kosten. Davor aber haben wir solche Angst, dass wir das lieber nicht glauben. Wir verdrängen

in uns die Zukunft, weil sie mit Umwälzungen verbunden sein wird." Dies darf nicht sein;

denn Zukunft ist gestaltbar.

Exportfähigkeit und Internationalisierung von Dienstleistungen

Während Boes (2010) schon die Konzeption einer Globalisierung 2.0 untersucht hält sich in

der Öffentlichkeit immer noch der Eindruck, Dienstleistungen seien nicht exportierbar. Ange-

sichts der internationalen Finanzdienstleister, der internationalen Logistikkonzerne, des Vor-

dringens der deutschen Flughafengesellschaften und der deutschen Handelskonzerne wie z.B.

ALDI und LIDL in andere Länder ist das eine sehr seltsame Haltung. Es hängt mit dem im-

mer noch verbreiteten Bild der Personenbezogenen Dienstleistungen (der berühmte Friseur,

der aber dann vielleicht Franchisenehmer eines internationalen Konzerns ist) zusammen (da-

gegen Bandemer, Dahlbeck und Middendorf (2006)). Die Öffentlichkeit – insbesondere die

politische Öffentlichkeit - muss endlich lernen, dass Dienstleistungen in Wertschöpfungssys-

temen erbracht werden. Natürlich hängt es auch damit zusammen, dass der Dienstleistungsex-

port von der Form und vom betrieblichen Geschehen her komplexer ist als der Export von

Waren.

Formen des Dienstleistungsexports

Stille (2004) zitiert die klassische Form von Dienstleistungsprodukten: „Dienstleistungen sind

auf Bestellung hergestellte heterogene Outputs und bestehen typischerweise aus Änderungen bei

den verbrauchenden Einheiten, herbeigeführt durch die Aktivitäten der Produzenten auf Verlan-

gen der Verbraucher; zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung durch den Produzenten müssen sie an

den Verbraucher geliefert sein.“ ( SNA 1993, Ziff. 6.8). Daneben gibt es aber auch die von Stille

ebenfalls zitierte Formulierung: „Es gibt eine Gruppe von Wirtschaftszweigen, die im allgemeinen

als Dienstleistungszweige klassifiziert werden, die Produkte herstellen, die viele der Charakteris-

tiken von Waren haben, z. B. solche Wirtschaftszweige, die mit der Bereitstellung, der Speiche-

rung, der Übermittlung und der Verbreitung von Informationen, Beratung und Unterhaltung be-

fasst sind....“ (SNA 1993, Ziff. 6.13). Weiterhin weist Stille dann auf die Einwirkungen der IuK-

Technologien hin. Dem Export und der Exportfähigkeit von Dienstleistungen wurden durch

die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die Möglichkeiten der

modernen Logistik neue Felder eröffnet. „Internationalisierung“, „Internationalisierungsstra-

tegien“, „Markteintrittsstrategien“, „Export“, „direct and indirect export“ „internationales An-

gebot von Dienstleistungen“ sind Begriffe, die je nach wissenschaftlicher Disziplin und

Sichtweise sehr unterschiedlich für den Tatbestand des internationalen Austausches von

Dienstleistungen gebraucht werden.

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GATS unterscheidet (nach Stille, 2004) vier Formen des internationalen Angebots von

Dienstleistungen, die unter dem Schlagwort "Export von Dienstleistungen" zusammengefasst

wurden:

Modus 1: Grenzüberschreitendes Angebot (grenzüberschreitender Handel )

Modus 2: Konsum im Ausland ("Kunde " bewegt sich z.B. Gesundheitstourismus)

Modus 3: Kommerzielle Präsenz im Ausland (z.B. Krankenhaus, "Commercial

Presence")

Modus 4: Bewegung natürlicher Personen (z.B.: Anbieter bewegt Personal, „Presence of

natural Persons“).

Tabelle 2: Arten des grenzüberschreitenden Dienstleistungshandels

In seiner Untersuchung aus dem Jahr 1999 berücksichtigen Hild et al. neben den klassischen

Typen des Dienstleistungsexports auch die Dienstleistungen, die im Export von Güter einge-

schlossen sind (s. Bild)

Die verschiedenen Mög-

lichkeiten des Dienst-

leistungsexports sind für

die Unternehmen von

großer Bedeutung. Je

nach Dienstleistungspro-

dukt, Unternehmenstyp

und Zielland sind ver-

schiedene Wege zu wäh-

len. So stellen Hild et al.

Fest (1999, oder Ochel

2002), dass DV-

Dienstleistungsunternehmen mit bis zu 200 Beschäftigten eher Mitarbeiter entsenden, Koope-

rationen eingehen oder Repräsentanten vor Ort einbeziehen, während größere Unternehmen

eher eine 100% - Tochter gründen. Ähnliches gilt auch für Leasingunternehmen. In den Be-

reichen Rechts- und Unternehmensberatung sowie Werbung sind Hild et al. der Ansicht, dass

eine dauerhafte Bearbeitung ausländischer Märkte nur über Niederlassungen zu realisieren ist.

Er betont, dass wenn solche Firmen keine Präsenz vor Ort zeigen, dies ein Zeichen mangeln-

der internationaler Wettbewerbsfähigkeit ist. Eine Untersuchung der RWI aus dem Jahre 2007

bestätigt die Ergebnisse hinsichtlich der IT -Dienstleister: Über alle Ländergruppen in Europa

zeigt sich, dass IT-Dienstleister mit ausländischen Tochtergesellschaften signifikant größer

und produktiver als rein national agierende Unternehmen sind

Die Problematik der verschiedenen Formen des Außenhandels bei wissensintensiven Dienstl-

eistungen (Knowledge Intensive Business Services KIBS) zeigten Lay et al. (2008) auf. Sie

stellten zunächst einmal fest, dass wissensintensive Dienstleistungen im Kundenkontakt eine

der wichtigsten Quellen für neue Innovationen darstellten. Dementsprechend gilt es in den

unterschiedlichen Formen des Außenhandels die zu wählen, die eine möglichst hohe Kunden-

intensität gewährleistet. Dabei erwies sich die „Presence of natural Persons“ aus dem Inland

zur Dienstleistungserbringung im Ausland als nicht so erfolgreich wie die Auslandsniederlas-

sung "Commercial Presence" in Kundennähe. Allerdings weisen Lay et al. auch darauf hin,

dass der Außenhandel mit wissensintensiven Dienstleistungen nicht nur unter dem Gesichts-

punkt der Wissensaufnahme, sondern auch unter dem Aspekt des Wissensabflusses innovati-

onsrelevant ist. Dabei stellten sie fest, dass insbesondere die über Händler oder Dienstleister

aus dem Zielland im Auftrag deutscher Firmen erbrachten wissensintensiven Dienstleistungen

Abbildung 3: Formen des Dienstleistungsexports

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in hohem Maße problembehaftet sind. Wenn deutsche Firmen vermuten, dass die Partner da-

bei Einblicke in die Know-how-Basis erhalten, versuchen sie diese Forme zu vermeiden. Dies

gilt ganz besonders für die produktbegleitenden Dienstleistungen.

Ein interessanter Ansatz zum Export Personenbezogener Dienstleistungen ist die Bekanntma-

chung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Förderung des Berufsbil-

dungsexportes durch deutsche Anbieter. Das Ministerium sieht in einer wissensbasierten

Wirtschaft den Bildungsexport als einen Zukunftsmarkt von großer Dynamik. Nach seinen

Angaben werden weltweit schätzungsweise 60 Mrd. US$ mit Bildungsexporten umgesetzt.

„Für Deutschland bietet diese Situation die Chance eines mehrfachen Nutzens: Ein direkter

wirtschaftlicher Nutzen ist durch den Export von Dienstleistungen der deutschen Anbieter von

Aus- und Weiterbildung zu erzielen. Der Export von deutschen Aus- und Weiterbildungs-

dienstleistungen ermöglicht zudem einen Hebeleffekt für die deutsche Industrie, da der Export

von Gütern wie z.B. im Maschinenbau oder in der Automobilindustrie oft die Existenz von

gut ausgebildeten Fachkräften im Ausland zwingend voraussetzt. Gut ausgebildete Fachkräfte

können daher eine Eintrittskarte für weitere Exporte deutscher Waren darstellen. Die Zusam-

menarbeit im Bereich der beruflichen Bildung hat zudem eine kulturell politische Dimension

und kann die Position und das gute Image Deutschlands in der Welt nachhaltig stärken.“

(Transfaer, 2014)

Dienstleistungsexport und Beschäftigung

Aber es sind nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch arbeits- und beschäftigungs-

orientierte Gesichtspunkte zu berücksichtigen: So ist die Art der Arbeitsplätze, die bei einem

Headquarteransatz (z.B. im Modus 3) entstehen eine andere, als wenn zu exportierende

Dienstleistungen in Deutschland produziert werden. Von Bandemer, Dahlbeck und Midden-

dorf (2006) haben am Beispiel der Gesundheitswirtschaft aufgezeigt, welche Unterschiede in

den wirtschaftspolitischen und betriebswirtschaftlichen Vorgehensweisen liegen, wenn ein

Unternehmen exportieren oder eine Region Gesundheitsdienstleistungen internationalisieren

will. Die Problematik des Import und des Exports von wissensintensiven Dienstleistungen für

die Beschäftigung stellen Hild et al. 1999 in verschiedenen Szenarien dar. Bei einem wie

1997 vorliegenden Aussenhandelsdefizit steigt die Anzahl der Beschäftigten zwar von 34

TSD im Jahr 1997 auf 84 TSD im prognostizierten Jahr 2007. Die Zahl der Beschäftigten im

Ausland erhöht sich aber von 52 TSD auf 180 TSD.

Direktinvestitionen im Ausland sind hinsichtlich Fragen der Beschäftigung die am kritischs-

ten bewerteten. Dabei muss zwischen zwei Intentionen der Direktinvestition unterschieden

werden: Direktinvestitionen aus Marktmotiven (horizontale Investition, die auf Erschließung

von Märkten gerichtet ist) und Direktinvestition aus Kostenmotiven (vertikale Investition, die

auf Kosteneinsparung ausgerichtet ist). Gornig und von Einem diskutieren 2000 die Charakte-

ristika einer dienstleistungsorientierten Exportbasis und stellen dabei auch Möglichkeiten vor,

Ingenieurdienstleistungen neu zu gestalten. Der eine Weg ist dabei die Strategie Standard-

dienstleistungen zu technisieren und die Arbeitsplätze in Deutschland zu halten. Die zweite

Strategie zielt auf die Nutzung kostengünstige Ingenieurkapazitäten im Ausland zu nutzen.

Damit will man auch Anforderungen an "Local Content Partner" bei Auftragsvergaben erfül-

len. Dies könnte zum Abbau von Beschäftigung in Deutschland führen. In der schon oben

angeführten Untersuchung des RWI wird der Zusammenhang zwischen Direktinvestition im

Ausland und Beschäftigungsveränderungen im Inland untersucht. Das RWI zeigt auf, dass die

Gründung /der Erwerb einer ausländischen Tochtergesellschaft kurz- bis mittelfristig zu ei-

nem im Durchschnitt 10% höheren Beschäftigungswachstum im Inland führt, während sich

das Umsatzwachstum sogar um durchschnittlich 22% erhöht. Insgesamt kommt das Institut zu

dem Schluss, dass die Sorge, Direktinvestitionen im Ausland zu einem Abbau der Beschäfti-

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gung im Inland führt, für die IT –Dienstleistungen unbegründet ist. Das RWI weist auch da-

raufhin, dass bei multinationalen Unternehmen wie den IT-Dienstleistern die Produktentwick-

lung und die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit am Hauptsitz des Unternehmens ver-

bleibt. Dadurch kann die Internationalisierung auch positive Impulse für Innovationen erge-

ben können.

Dienstleistungsexport und Markenführung

Während Volkswirte die Finanzströme beim Export von Dienstleistungen untersuchen, be-

schäftigen sich Marketingexperten mit dem Management internationaler Dienst-

leistungsmarken (Ahlert, Backhaus, Blut und Michaelis, 2009). Sie sind der Ansicht, dass

gerade beim internationalen Dienstleistungshandel, wo der Kunde vor hohen Unsicherheiten

bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen steht, der Markenführung besonderen Wert

beikommt. Der Marke als Qualitätsmerkmal bekommt beim Export von Dienstleistungen eine

weitaus höhere Bedeutung als beim Handel mit Produkten. Die Marke schafft dabei Anse-

henswert in der Finanzwelt, sie ist Identifikation für die Mitarbeiter und bei der Talentsuche,

sie bindet Kunden und Lieferanten und sie schafft Vertrauen in der Öffentlichkeit, was die

eigentliche Dienstleistung alleine alles nicht kann. Ahlert und seine MitarbeiterInnen untersu-

chen eine ganze Reihe von Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland und ihre internatio-

nale Markenführung (s. Tabelle). Unter den 100 wertvollsten Marken sind ca. ein drittel

Dienstleistungsmarken. Aus Deutschland sind vertreten: SAP (34), Siemens (43) und die Alli-

anz (80). Die Stärke der Marken hat dabei nichts zu tun mit der Größe der Unternehmen. So

rangiert UPS auf Platz 28 mit einem Umsatz von ca. 50 Mrd. Dollar, während der größte Lo-

gistikkonzern der Welt, die Deutsche Post DHL mit einem Umsatz von ca. 70 Mrd. Dollar

und 500.000 Beschäftigten, nicht unter den ersten 100 vertreten ist und sich in Deutschland

mit ihrem Briefträgerimage herumschlagen muss. Die Probleme der Markenführung sind auch

bei "Fressnapf" zu erkennen. Das in Erkenschwick gegründete Unternehmen ist inzwischen

die Nummer 3 auf dem Weltmarkt, eine Entwicklung, die eigentlich nicht geplant war. Des-

halb ist der deutsche Markenname "Fressnapf" auch in einigen Ländern nicht zu verwenden

und muss durch andere Markennamen ersetzt werden.

Marken und Unternehmen im Dienst-

leistungssektor

Unternehmen Zielland

Energiedienstleistungen EWE Polen

Handel Media Markt

Douglas-Parfümerien

Otto

Hugo Boss

Fressnapf

Russland

Kreativwirtschaft German Convention Bu-

reau e.V.

Zielländer zu Ver-

anstaltungen nach

Deutschland

Industrie/ Dienstleistungen Siemens

Merck

Thailand

Logistik Fiege Gruppe

Lufthansa AG

Dachser GmbH & Co. KG

Indien

Finanzdienstleistungen / Versicherungen Allianz

Unternehmensberatung Roland Berger

Abbildung 4: Bei Ahlert, Backhaus, Blut und Michaelis, 2009 untersuchte Marken/ Unternehmen

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Export zwischen betrieblicher Notwendigkeit und volkswirtschaftlichem Problem

Das deutsche Modell des Exports materieller Güter ist verbunden mit einer hohen Produktivi-

tät u.a. durch eine massive Lohnzurückhaltung, mit einer Konzentration auf hochwertige Gü-

ter und mit einem hohen Innovationsgrad. An diesem integrierten Modell wird – auch wegen

seiner Auswirkungen auf die nationale Nachfrage – Kritik geübt.

Dauderstädt und Hillebrand (2009) schreiben, dass Deutschland in den letzten Jahren eine offen-

sive Politik der Wettbewerbsstärkung geführt hat, deren zentrales Element die Stagnation der

Reallöhne war. Diese Politik führen sie in einer makroökonomischen Betrachtung aus, führte in

Deutschland zu einer Dämpfung der deutschen Binnennachfrage und zu einer unausgewogenen

Handlungs- und Leistungsbilanz, die zu hohen Exportüberschüssen führte und in den Zielländern

– insbesondere in der Europäischen Gemeinschaft zu einer "Beggar- the-Neighbour"- Politik

führt. Aus diesem Befund leiten sie ab, dass Deutschland versuchen soll, eine stärkere Bin-

nenorientierung des Wachstums anzustreben. Dazu gehört auch, die Lohnentwicklung an den

höheren europäischen Trend anzukoppeln. Mit diesen Maßnahmen könnte auch die Blockade

"von binnenmarktorientierten Wirtschaftszweigen in Deutschland, vor allem im Dienstleistungs-

sektor" (S. 4) aufgehoben werden. Patrick Artus (2010) untersucht die deutsche Wirtschafts-

politik in ähnlicher Form wie Dauderstädt und Hillebrand aber aus Sicht der europäischen Part-

ner. Auch er kommt zu dem Schluss, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa

mit einer Politik der Lohnkostensenkung hergestellt hat. Dazu tritt eine angebotsorientierte Steu-

erpolitik zu Gunsten der Unternehmen. War 1999 die Steuerlast in Deutschland vergleichbar der

Eurozone und die Sozialabgaben höher, so ist 2008 die Steuerlast 1 Prozent niedriger als in der

Eurozone und die Sozialabgaben sind vergleichbar. Die Folgen sind Marktanteilgewinne

Deutschlands auf Kosten des übrigen Europa, Stützung des deutschen Wachstums bis zur Krise

durch den Außenhandel und gleichzeitig eine große Nachfrageschwäche der deutschen Privat-

haushalte. Damit – so Artus – hat Deutschland das Wachstum seines Industriesektors auf Kosten

der europäischen Partner bezahlt. Als "Argumente der Gegenseite" führt Artus einen sehr inte-

ressanten Faktor an, nämlich den Anteil von Forschung und Entwicklung am Bruttosozial-

produkt.

Heintze (2009) verweist auf weitere Probleme bei der Schwächung der Binnennachfrage und ei-

ner überzogenen Exportsteigerung. Zum einen die Abhängigkeit der nationalen Wirtschaft vom

Export wie sie jetzt die deutsche Volkswirtschaft zu spüren bekommt, und dann aber auch den

Abbau von Beschäftigungsmöglichkeiten, die der Entfaltung von sozialem, kognitivem und kul-

turellem Kapital dienen. Auch für die Beschäftigungsentwicklung ist eine auf Niedriglohnpolitik

setzende Exportförderung wahrscheinlich nicht hilfreich. So zitiert Heintze Analysen, dass

Deutschland trotz extrem niedriger Lohnzuwächse, im Vergleich zu anderen Ländern die

schlechteste Beschäftigungsentwicklung hatte.

Einen neuen Beitrag zu dem Thema leistet Fischer (2013) wenn er die Debatte um die deutsche

Leistungsbilanz mit Dienstleistungspolitik verbindet. Exportüberschüsse erweisen sich nach sei-

ner Ansicht als Importdefizite, die auf einer schwachen Binnennachfrage beruht. Ein Grund da-

für sind die Verschlechterung der Einkommens- und Vermögensverteilung, wobei die Einkom-

mensentwicklung bei den Dienstleistungen in Folge der Niedriglohnstrategien besonders

schlecht ist. Er fordert deshalb eine qualitätsorientierte Dienstleistungspolitik mit einer Verbes-

serung von Wertschätzung und Qualität, einem neuen Verständnis für Wertschöpfungssysteme

und eine neue Dienstleistungsforschungspolitik.

Ungeachtet der Kritik gilt der Export bei den deutschen Unternehmen noch immer als Güte-

siegel wirtschaftlichen Erfolgs, auch in Krisenzeiten. Mit einer Konzentration des Exportes

auf hochwertige Dienstleistungen, die dem Leitbild der "Dienstleistungsfacharbeit " folgen

(vgl. hierzu Zühlke-Robinet und Bootz, 2010), kann Deutschland seine Position stärken und

möglicherweise auch der a.a. Kritik entgehen. Es ist zu erwarten, dass hochwertige Dienstleis-

tungen auch hoch qualifizierte Arbeit in Deutschland nach sich ziehen. Dienstleistungspro-

duktion auf einem hohen, international wettbewerbsfähigen Niveau ist auch für die Kunden in

Deutschland von hohem Wert. Kurz zusammengefasst: Nachhaltige internationale Wettbe-

werbsfähigkeit ist nur durch das Dreieck "Qualität, Innovation und Professionalisierung" zu

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erreichen. Bei der Debatte um Dienstleistungsinnovation und Export ist auch die Haltung und

Politik der Europäischen Kommission für Deutschland wichtig. Die EU betrachtet als Bin-

nenmarkt den europäischen Markt und nicht die einzelnen nationalen Märkte. Für die Europä-

ische Union ist die Dienstleistung von Aachen nach Lüttich ebenso eine Binnenmarktdienst-

leistung wie von Aachen nach Köln. Folgt man dieser Sichtweise (und ein Unternehmen, das

am Markt tätig ist, muss dieser Sichtweise folgen) so sind Innovationen für den Dienstleis-

tungsexport unbedingt notwendig. Wichtigstes Merkmal dieser europäischen Politik ist die

Dienstleistungsrichtlinie. Die Richtlinie stellt ein Rechtsinstrument dar, das sektorübergrei-

fend die verschiedensten Wirtschaftszweige einem europaweiten Anpassungs- und Wettbe-

werbsdruck aussetzt. Die Richtlinie zwingt Unternehmen dazu, Europa als gemeinsamen

Dienstleistungsmarkt zu betrachten, wenn sie nicht eigene Märkte verlieren wollen (zu den

arbeits- und sozialrechtlichen Problemen: Lorenz und Wannöfel, 2009).

Auch die anderen europäischen Länder setzen auf den europäischen und internationalen Han-

del mit Dienstleistungen. So war Finnland Federführer im Vorhaben "Innovation Policy Pro-

jects in Services (IPPS)". Dort wurde eine u.a. Mapping Studie durchgeführt (Kuusisto,

2008). In dieser Studie wird ausdrücklich betont, dass der internationale Dienstleistungshan-

del großes Potenzial für Wachstum hat. Dabei erscheint es so, als ob die an der Dienstleis-

tungsentwicklung interessierten Staaten der Europäischen Union mehr Anstrengungen entwi-

ckeln als Deutschland. So stellt Finnland im Rahmen des EPISIS Vorhabens dar, dass es ca.

240 Mio. Euro für Dienstleistungsinnovationen zur Verfügung stellt. Deutschland stellt im

vergleichbaren Zeitraum nur 115 Mio. € zur Verfügung. Diese Mittel sind nicht für Struktur-

politik gedacht, sondern für unternehmensorientierte Innovationen im Dienstleistungssektor!

Globalisierung 2.0 – eine andere Sicht

Auf der Sitzung des "Arbeitskreises Dienstleistungen " der Friedrich-Ebert-Stiftung im März

2010 stellte Boes (2010) das Konzept der Globalisierung 2.0 vor. Mit diesem Konzept ist die

gesamte internationale Wertschöpfung in den Blick geraten. Damit wird die einseitige Export-

sicht überwunden. Export nach dem alten Muster (verpacken und verschicken) funktioniert

nach seiner Ansicht bei Dienstleistungen erst recht nicht. Internationalisierung heißt, sich ein-

zulassen auf wechselseitige Beziehungen. Auf Grund seiner Untersuchungen zu IT-Dienst-

leistungen geht Boes davon aus, dass das „Altes Denken“ – Binnenmarkt vs. Export keine

ausreichende Orientierung mehr bietet. Wenn man eine Nachhaltige Internationalisierung als

politisches Ziel ins Auge fasst, muss die neue Leitorientierung auf eine global vernetzte Welt

ausgerichtet sein. Basis seiner Konzeption der Globalisierung 2.0 ist der Informationsraum,

der zusammen mit den Kommunikationsnetzen die Basis für einen neuen globalen Produk-

tionsraum schafft. Boes konzentriert sich auf Grund seiner Untersuchungserfahrungen auf die

digitalisierbaren Dienstleistungen. Diese Konzentration greift aber wahrscheinlich zu kurz;

denn auch personenbezogene Dienstleistungen (die nicht gleich zu setzen sind mit Interakti-

onsarbeit!) können in der neue Geographie der Wirtschaft agieren. Auch Unternehmen, in

denen der Unternehmenszweck nicht auf wissensintensive Dienstleistungen (wiederum nicht

gleichzusetzen mit Wissensarbeit ) können ihre Dienstleistungen weltweit erbringen. Die Ab-

bildung zeigt Boes Untersuchungen zu einem globalen Geschäftsmodell indischer IT-

Dienstleister. Bei einem Konzern der Gesundheitswirtschaft kann ebenso das Headquarter und

die "Factory" sprich Forschung, Entwicklung, Innovation in Indien beheimatet sein, während

das Face-to-the-Customer also die eigentliche Interaktionsarbeit vor Ort erbracht werden

kann. Ebenso ist es möglich, in bestimmten Fällen die Dienstleistungen zu trennen: ein Teil

wird unmittelbar durch Menschen an Menschen erbracht (z.B. eigentliche Pflege ), andere

Teile werden in einer Form von "virtueller Ambulanz" – erste Gedanken werden hierzu im

Projekt SERVCare (http://www.servcare-projekt.de) dargestellt.

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Boes definiert als Erfolgsfaktoren

solcher Modelle einer flachen

Welt die Prozessstandardisierung

sowie kollektive Lernschleifen.

Dabei verändert sich das klassi-

sche Exportmodell "verpacken

und verschicken" zu einer Koope-

ration auf Augenhöhe statt “ver-

längerter Werkbank”. Internatio-

nalisierung in der Globalisierung

2.0 heißt, sich einzulassen auf

wechselseitige Beziehungen und Zusammenarbeit und Kommunikation in globalen Teams.

Boes weiß um die Probleme der Zukunftsängste der Beschäftigten und empfiehlt sehr ein-

dringlich, diese Ängste ernst nehmen und bei der Restrukturierung mit den Bürgern und Bür-

gerinnen zusammenzuarbeiten.

Auch vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Kritik am deutschen Verhalten, das

Lohnzurückhaltung, Steuersenkungsstrategien für Unternehmen und Innovations-

anstrengungen nutzt, um den deutschen Export zu stärken, muss im Rahmen einer Dienstleis-

tungsinnovationspolitik dem Thema des Dienstleistungsexports und der Internationalisierung

der Dienstleistungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. International wettbe-

werbsfähige, qualitativ hohe Dienstleistungen, die eben nicht im Niedriglohnsektor angesie-

delt sind, können auch einen Beitrag zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland dar-

stellen.

Abbildung 5: : Globales Geschäftsmodell

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Innovationscluster bilden sich Es kann nicht häufig genug daraufhin gewiesen werden, dass es sich bei den Klassifizierun-

gen, die auf der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen, um ein Drei-Sektoren-

Modell handelt, bei dem die Dienstleistungswirtschaft eine Restkategorie darstellte. Für Inno-

vationen ist diese Gliederung nicht brauchbar. Innovationen entstehen nicht im Kern etablier-

ter Systeme, sondern am Rand. Innovationen überschreiten Grenzen, die bisher immer akzep-

tiert wurden. Doch die Beharrungskräfte der Systeme sind nicht zu unterschätzen. Das Dienst-

leistungsforschungsprogramm hatte und hat heute noch zu kämpfen, weil es kein Gesund-

heitsforschungsprogramm oder kein Einzelhandelsforschungsprogramm war, sondern Dienst-

leistungsforschung vorantreiben wollte. Ebenso sind die Schwierigkeiten der Umsetzung nicht

zu unterschätzen. Die klassischen Umsetzungswege laufen über Branchen. Der Schritt der

Gründung einer Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft war ein mutiger Schritt, aber es hat

lange gedauert, bis Ver.di eine einheitliche Dienstleistungspolitik formulierte (s. unten). Hier

wird noch viel Arbeit zu leisten sein.

Die Gesundheitswirtschaft in der Dienstleistungsinnovationspoli-tik11

Die Gesundheitswirtschaft12 ist ein klassischer Dienstleistungsbereich, der durch hohe Perso-

nalintensität mit unterschiedlichsten Qualifikationsanforderungen gekennzeichnet ist. Das

Gesundheitswesen gilt insbesondere angesichts der demographischen Entwicklung als eines

der großen Wachstumsfelder in den Industrienationen. Mit den Schlagworten „Gesundheits-

wirtschaft als Zukunftsbranche“, „Gesundheit als Wirtschaftsfaktor“ und „Wachstumsmarkt

Gesundheit“ wird ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitswirtschaft umschrieben. Nicht

mehr das Gesundheitswesen als Kostenfaktor oder als medizinisch-pflegerisch orientiertes

System, sondern ein Gesundheitswesen als Zukunftsbranche für eine Gesellschaft, für eine

Wirtschaft, für Patienten Klienten, Kunden und Beschäftigte steht im Vordergrund. Der Sek-

tor präsentiert sich als aussichtsreiche Wirtschaftsbranche, die Chancen für Innovation und

Beschäftigung in sich birgt. Der Gesundheitssektor im weiteren Sinne ist mit 4,2 Millionen

Beschäftigten und ca. 240 Mrd. Euro Umsatz eine der größten Branchen in der bundes-

deutschen Wirtschaft. In der Vergangenheit konnte die Branche sowohl auf ein stetiges Um-

satz- und Beschäftigungswachstum zurückblicken. Das Institut für Arbeit und Technik (heute

für Arbeit und Qualifikation ) geht davon aus, dass auch für die Zukunft aufgrund der demo-

graphischen Entwicklung, der damit zusammenhängenden Nachfrage nach neuen Dienstleis-

tungen sowie aufgrund der Weiterentwicklung des Angebotes im komplementären Bereich

bundesweit wie weltweit von einem weiteren kräftigen Wachstum der Gesundheitswirtschaft

erwartet werden kann.

11 Der Text stützt sich auf eine Zwischenbilanzierung von Martin W. Schmied (2004); auf ein unveröffentlichtes

Memo von Bertholt Schuckliess, Klaus Zühlke-Robinet, Eckart Hüttemann, Barbara Reddig, Gerhard Ernst:

Gesundheitsregion der Zukunft, Erste Hinweise aus Sicht der Dienstleistungsforschung (2007) und auf Hilbert

und Evans, 2009

12 Kritisch zu dem Begriff der Gesundheitswirtschaft und der damit möglichen Probleme der Leistungen der

Daseinsvorsorge: Groth und Wicht (2009)

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Dueck (2009) schreibt sogar: "Das Gesundheitssystem steht vor einer Neuerfindung seiner

selbst." Er weist dann auf die Problematik der "Grundgesundheit" der "Zuzahlungsgesund-

heit" hin. Dabei wandelt sich die

Haltung des "Konsumenten". Er

richtet seine Bedürfnisse mehr

auf eine "proaktive Gesundheit,

auf körperliche Fitness und

Schönheit" (so Dueck). Als drit-

te Komponente beschreibt Du-

eck dann den Einsatz von Leis-

tungspräparaten und Neuroen-

hancement und "'Pflichtdoping-

'Standards für höhere Arbeits-

leistungen.

Von der Angebotsseite aus gese-

hen, versteht man unter dem

Begriff Gesundheitsdienst-

leistungen im engeren Sinne

man eine große Ansammlung

von sozialen und medizinischen

Dienstleistungen. Es handelt sich

dabei um Krankenhaus-

leistungen, ambulante medi-

zinische und zahn-medizinische

Versorgung, Rehabilitations-

und Altenpflegeleistungen sowie Krankengymnastik und alternative medizinische Leistungen.

Beratungs- und Vorsorgeleistungen können ebenfalls zu diesem Leistungsbereich hinzu-

gezählt werden. In jüngster Zeit ist zudem ein verstärkter Trend zu Angeboten an kosmeti-

schen Gesundheitsdienstleistungen und so genannten “Wellness- Dienstleistungen“ erkennbar

(zu diesem Bereich zählen z.B. Schönheit, Fitness und Ernährung). Die Gesundheitsdienst-

leistungen im engeren Sinne bilden aber nur einen inneren Kern. Um diesen Kern ranken sich

in Form von Wertschöpfungsnetzwerken die Administration, vielfach auch inzwischen

Dienstleistungen zur Kundenbindung, Zulieferunternehmen unterschiedlichster Art, Medizin-

technik und Pharmahersteller als auch die Ernährungs-, Freizeit- und Wohnwirtschaft. Aus

der Perspektive der Prävention und der betrieblichen Gesundheitsförderung (Duecks proakti-

ver Gesundheit) treffen Sport-, Fitness- und Gesundheitsbranche aufeinander und reichen in

ihrer Wirkung in andere Branchen der Volkswirtschaft hinein. Die heutige Gesundheitswirt-

schaft übersteigt daher den durch das SGB V vorgesehenen integrierten Versorgungsansatz.

Erst das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Bereiche entfaltet insgesamt eine Dynamik,

die zu erheblichem Wohlstand und Beschäftigung führt, das deutlich über die mit der Grund-

versorgung zu erzielenden Effekte hinausgehen kann. Erst eine solche ganzheitliche Betrach-

tung schafft wirtschaftlich tragfähige Grundlagen für Gesundheitsdienstleistungen der Zu-

kunft. Dabei ist in der Gesundheitswirtschaft eine Verschiebung in der Perspektive erkennbar,

die die Dienstleistungsinnovation in den Mittelpunkt stellt. Die Innovationen werden im Ge-

sundheitssektor über die Dienstleistungen vorangetrieben, die durch technische Entwicklun-

gen Unterstützung und Verbreitung finden. Die Entwicklung und Verbreitung von Innovatio-

nen in der Gesundheitswirtschaft bedarf in Zukunft einer engen, gleichberechtigten Koopera-

tion zwischen der medizinischen, sozialwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen For-

schung und den verschiedenen Organisationen und Betrieben in dem Feld. Komplexe Koope-

rationsnetzwerke bilden eine wesentliche Grundlage für erfolgreiche Innovationen in der Ge-

Abbildung 6: Netzwerk Gesundheitswirtschaft

Page 37: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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sundheitswirtschaft.

Finanzdienstleistungen: ein undankbares Innovationsfeld

Finanzdienstleistungen sind nicht nur ein bedeutender Dienstleistungssektor, sondern sie be-

fähigen mit ihren Dienstleistungen auch andere zu neuen Innovationen. Gerade im Dienst-

leistungssektor sind hier neue Ideen gefordert. Dabei geht es z.B. um die Frage, ob mit Optio-

nen auf Dienstleistungen Preisprobleme in den Griff zu bekommen sind (Spinler, 2003) oder

ob bestimmte Probleme bei der Versorgung von Elektroautos mit Leasingkonzepten zu lösen

sind. Die Wissenschaft hat die Bedeutung der Finanzdienstleistungen in ihrer Doppelrolle

früh erkannt. Auf der Bilanzierungstagung 'Dienstleistung der Zukunft' im Jahr 1995 wurde

'Forschung zu Finanzdienstleistungen' zum ersten Mal thematisiert. Die Diskussion führte

dazu, dass in der Konzeptionsphase der Initiative der Arbeitskreis 10 'Kommunikations- und

Finanzdienste' gegründet wurde (R. Goecke; C. Huber, P. Kreilkamp, 1999; Bartmann, 1999).

Finanzdienstleistungen wurden insbesondere unter dem Druck der prognostizierten Beschäfti-

gungsprobleme im Filialbereich als Handlungsfeld flüchtiger Dienstleistungen erkannt. Fach-

leute gingen davon aus, dass in den bankorientierten Finanzdienstleistungen der Höhepunkt

der Beschäftigung erreicht ist. Die (nicht finanzwirtschaftlich orientierte) Forschung zeigte

erste Erfolge und die Beteiligten stellten mit Unterstützung der Gewerkschaft Ver.Di ein For-

schungskonzept basierend auf den Erfahrungen des Schwerpunktes auf. Dies war zum ersten

Mal, dass Forschungs- und Innovationspolitik "von unten" gemeinsam von Forschung, Ge-

werkschaft und Wirtschaft konzipiert wurde. Dieses Konzept konnte aber nicht realisiert wer-

den. Im Zuge der Abstimmungen des neuen Forschungskonzeptes „Innovationen mit Dienst-

leistungen“ wurde der Bereich "Finanzdienstleistungen" völlig gestrichen. Angesichts der

Bedeutung der Finanzdienstleistungen für moderne Volkswirtschaften ein verhängnisvoller

Beschluss.

Hybride Wertschöpfung als Innovationsfeld13

Betrachtet man Dienstleistungen und Ver-

arbeitendes Gewerbe nur unter dem Ge-

sichtspunkt des Drei-Sektoren-Modells

kann man leicht zu dem Fehlschluss der

De-Industrialisierung kommen. Die Sekto-

ren Dienstleistungen“ und „Verarbeitendes

Gewerbe“ gegeneinander auszuspielen ist

die Konsequenz eines solchen Denkens.

Schon Volkholz und Lauenstein wiesen

1996 daraufhin, dass moderne und erfolg-

reiche Volkswirtschaften kein „Entweder-

Oder-Denken“ besitzen, sondern sich kon-

sequent an den Problemen des Kunden

orientieren. Letztendlich spielt es für ein

Unternehmen, eine Volkswirtschaft oder

eine Gesellschaft keine Rolle, welche Po-

sition sie in einem statistischen Modell

belegt, sondern welchen Erfolg sie in der

Realität haben, kurz ob sie in der Realität

überleben können.

13 Ausführlich zu den Ergebnissen des Förderschwerpunktes: Korte et al. 2010

Abbildung 7: Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe

Page 38: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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Die komplexen Verbindungen zwischen Dienstleistungen und Verarbeitendem Gewerbe un-

tersuchten Klodt, Maurer und Schimmelpfennig (1996), um zu klären, ob eher die Externali-

sierungshypothese (Industrieunternehmen beziehen ehemals selbsterstellte Leistungen immer

mehr von außen (Marketing, Rechtsberatung, Finanzplanung. An den Leistungen selbst ändert

sich nichts) oder die Innovationshypothese (Die zunehmend differenzierte Nachfrage und die

Verkürzung der Produktlebenszeiten zwingen neue Dienstleistungen als Vorprodukte einzu-

setzen. Das Schlagwort ist 'Customizing', d.h. die maßgeschneiderte Anpassung der Produkt-

ausstattung an die Kundenwünsche) zutrifft. Sollte die Innovationshypothese zutreffen, erwar-

ten die Autoren völlig neue Qualifikationsanforderungen, eine nachhaltige Veränderung der

Arbeitsinhalte und die Entwertung herkömmlicher Qualifikationen. Zur Prüfung der Hypo-

these analysierten sie die Vorleistungen in den Jahren 1978 und 1990 an. Die Ergebnisse sind

in der Abbildung dargestellt. Zunächst einmal stellten sie fest, dass in diesen Jahren der sekt-

orale Strukturwandel zum tertiären Sektor nahezu vollständig auf Veränderungen der Vorleis-

tungsnachfrage zurückgeführt werden kann, d.h. die Endnachfrage blieb praktisch unverän-

dert, das Wachstum geht auf b2b-Dienstleistungen zurück. Mit einem Anstieg der Vorleistun-

gen von 10,7 auf 14,3 hat eine Intensivierung der Arbeitsteilung innerhalb des tertiären Sek-

tors stattgefunden. Die Vorleistungsbezüge aus dem Dienstleistungssektor haben Vor-

leistungen aus dem sekundären Sektor verdrängt. Ihr Anstieg mit ca. 2% ist aber nicht so

hoch, dass die Externalisierungshypothese als ausschliessliche Hypothese anzunehmen ist.

Die Autoren kommen zu dem Schluss: 'Vor diesem Hintergrund kann der Innovationshypo-

these ein höherer Erklärungsgehalt für den sektoralen Strukturwandel zugesprochen werden.

Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft ist somit kein statistisches Artefakt, .., sondern

stellt ein reales Phänomen dar, das eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Ar-

beitskräfte in der ..Wirtschaft erfordert.' Eickelpasch stellte 2011 (S.29) eine ähnliche Analyse

vor. Danach gingen 59,0 Prozent der Dienstleistungen in die Endnachfrage (Konsum (49,7 Pro-

zent; Investition 2,4 Prozent; Export 6,9 Prozent) 41,0 Prozent der Dienstleistungen als Vorleis-

tung in die Wirtschaft ein (nicht in die „Produktion“ wie Eickelpasch etwas missverständlich for-

muliert). 26,5 Prozent der Dienstleistungen gingen wieder an Dienstleistungsunternehmen. Das ist

eigentlich nicht verwunderlich; denn auch ein Luftverkehrsunternehmen benötigt Dienstleistun-

gen. 13,9 Prozent der Dienstleistungen sind Vorleistungen für das Produzierende Gewerbe. Inner-

halb des Verarbeitenden Gewerbes sind die größten Abnehmer der Fahrzeugbau, die Elektrotech-

nik, der Maschinenbau, die chemische Industrie und die Metallerzeugung (zusammen 7,2 Pro-

zent).

Die Orientierung an kundenspezifischen Problemlösungen, bei der Sach- und Dienstleistung

untrennbar miteinander verschmolzen werden, führt zu neuen Leistungsangeboten und be-

dingt neue Prozesse der Leistungsentwicklung und -erstellung. Die damit verschwimmenden

Grenzen zwischen Produkten und Dienstleistungen rechtfertigen über das Konzept des „hyb-

riden Produktes“ hinaus das Konzept der „hybriden Wertschöpfung “. Unter hybrider Wert-

schöpfung wird der Gedanke der Bündelung von Sach- und Dienstleistungsgut verstanden.

Möslein und Kölling (2007) verweisen auf Porter (1985, S. 425): "Bundling is selling separa-

ble products or services to buyers as a package, or ‘bundle‘. ". Das Konzept der hybriden

Wertschöpfung sehen sie als einen Spezialfall der Dienstleistungsbündelung, nämlich die

Bündelung von materiellem Produkt und Dienstleistungsprodukt. Sie gehen dann aber über

diesen Spezialfall hinaus und stellen diesem Konzept das Konzept der interaktiven Wert-

schöpfung (Reichwald und Piller, 2006) an die Seite. "Bei der interaktiven Wertschöpfung

handelt es sich um eine bewusste, arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen Anbieterunter-

nehmen und Kunden im Sinne eines sozialen Austauschprozesses. " (Reichwald und Piller,

a.a.O., S.41). Nach Ansicht von Möslein und Kölling liegt das Innovationspotential aus wett-

bewerbsstrategischer Sicht gerade in der Vernetzung, zum einen von Leistungen (Leistungs-

bündelung, hybride Wertschöpfung) aber auch in der Vernetzung der Akteure (Kompetenz-

bündelung, Einbindung der Kunden). Möslein und Kölling sind der Ansicht, dass die hybride

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und interaktive Wertschöpfung beide auf ihre Weise jeweils klassische Organisationsstruktu-

ren und -prozesse herausfordern und neue Anforderungen stellen. Statt des technischen Sys-

tems oder der Dienstleistungsproduktion wird nun die produktive Nutzung des hybriden Pro-

duktes zum Maßstab für die Leistungsqualität. Teilweise verschiebt sich der Leistungsgegen-

stand aber noch weiter, wenn Anbieter Verantwortung für die Ergebnisse der Nutzung über-

nehmen und damit auch Teile der Geschäftsprozesse des Kunden an den Anbieter übergehen.

Mit dieser Ausrichtung auf Nutzung und Nutzen geht in der Regel auch ein Wandel der Wirt-

schaftlichkeitsbeurteilung einher – vom traditionellen Investitionskalkül hin zu einem Le-

benszykluskostenkalkül: Statt einmaliger Anschaffungsausgaben stehen die nutzungs- oder

nutzenabhängigen Kosten über den gesamten Lebenszyklus im Mittelpunkt.

Lay, Biege, Buschak und Jäger (2011) untersuchen, wer im Rahmen der Entwicklung von

Dienstleistungen in der Industrie verantwortlich ist. In den meisten Fällen wurde die Ge-

schäftsführung benannt, aber – so die Autoren – nicht, weil sie besonders dazu befähigt ist,

sondern weil keine andere organisatorische Einheit von Kapazität oder Kompetenz her geeig-

net ist. Interessant ist, dass Betriebe, in den die Geschäftsführung für die Dienstleistungsent-

wicklung verantwortlich ist, 16% ihres Umsatzes mit Dienstleistungen erzielen; vergleichbar

mit Betrieben, in denen Forschung und Entwicklung verantwortlich ist. Den höchsten Anteil

am Umsatz erzielen Dienstleistungen in Industriebetrieben, wenn der Kundenservice verant-

wortlich ist (22%). Diese Untersuchung zeigt deutlich, dass der Weg zu einer hybriden Wert-

schöpfung noch weit ist.

Die Arbeit von Lay, Biege, Buschak und Jäger deutet schon an, dass die hybride Wert-

schöpfung auch andere Organisationsstrukturen erfordert. So berichtete Detlev Ruland (per-

sonal communication, 2003) im Rahmen der Abschlussveranstaltung zum Computerunter-

stützten Service Engineering (CASET) am Institut für Wirtschaftsinformatik über einige

wichtige organisatori-

sche Punkte bei der

Entwicklung zu einem

Anbieter von hybriden

Dienstleistungen (er

benutzte diesen Begriff

aber nicht). Drei auf-

einander aufbauende

Klassen der Integration

von Produkt und Service

werden von Ruland dif-

ferenziert. In der ersten

Klassen werden ein-

fache, produktbezogene

Services angeboten

(Beispiel: Software mit

entsprechendem Trai-

ning/ Helpdesk/ Remote

Problem Solving/etc).,

in der zweiten Klasse

werden leistungssteigernde Services angeboten, dies sind integrierte, produktfokussierte Lö-

sungen (Bereich Instandhaltung Flugzeugmotoren: Laufzeitgarantie für Motoren) und in der

3. Klasse werden prozessoptimierende Services angeboten, das heißt maßgeschneiderte Lö-

sungen geschäftlicher Probleme (Beispiel: Hersteller übernimmt vollständigen Betrieb plus

Planung/Design/-Erweiterung eines Mobilfunknetzes, die eigentliche hybride Wertschöp-

Abbildung 8: Hybride Wertschöpfung und Organisation

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fung). Ein Wechsel in eine höhere Serviceklasse erfordert grundlegende Änderungen in der

Organisation des Unternehmens, in den Prozessen und bei den erforderlichen technischen und

personellen Ressourcen. Dabei muss immer wieder deutlich sein, dass Unternehmenserfolg

in jeder Klasse möglich ist – nicht in jedem Fall ist die höhere die für das Unternehmen

bessere Klasse!! Auf der ersten Stufe sind die Produktkenntnisse entscheidend. Die Wahr-

scheinlichkeit von Konflikten zwischen Produkt und Service ist gering, da die Produktver-

antwortung vorrangig ist. Auf der zweiten Stufe verknüpft ein (Produkt)Verantwortlicher

zwei Bereiche. Es gibt aber schon unterschiedliche Kulturen, Anreize und Leistungsmessgrö-

ßen. Der Fokus liegt aber weiterhin auf der Produktlinie. Auf der dritten Stufe erfolgt die Ko-

ordination über die unterschiedlichen Vertriebs- und Marketingabteilungen. Das Produktun-

ternehmen ist ein "Anbieter". Es gibt voneinander unabhängige Kulturen, Anreize und Leis-

tungsmessgrößen. Die Verantwortung hat von der Produktverantwortung zur Servicever-

antwortung gewechselt.

Spath und Demuss (2003) nutzen – abweichend von Ruland - bei ihren Überlegungen ein

"Reifemodell für industrielle Dienstleistungen", sagen aber nicht explizit, ob diesem Rei-

femodell ein entsprechender Entwicklungsfortschritt vorliegt, oder ob ähnlich wie bei Ruland

auf jeder Stufe "Halt" gemacht werden kann. Sie beschreiben dabei vier Stufen der organisa-

torischen Fähigkeiten:

Service als Zusatzleistung

Service als Betreuung

Service als Beratung

Service als Leistungsgarantie und

Service als Ergebnisgarantie.

Sie fordern eine Reihe von organisatorischen Fähigkeiten in den Unternehmen, bevor eine

weitere Reifestufe erreicht werden kann. Saccani (2013) wenden Reifemodelle für die Dienst-

leistungsentwicklung in Unternehmen an. Ihre „maturity models“ können als gestufte Heran-

gehensweise zur einschätzung der Fähigkeiten einer Firma in bestimmten Managementberei-

chen gesehen werden. Sie unterscheiden dabei fünf Phasen. In der ersten herrscht ein gewisses

Chaos, in der zweiten ist zwar kein tieferes Verständnis für die Dienstleistungsentwicklung

vorhanden, aber ein gewisses Erfahrungswissen gleicht den Mangel aus. In der dritten Phase

werden Projekte an Hand dokumentierter und erprobter Unterlagen durchgeführt, in der vier-

ten werden spezifische Kompetenzen und Best Practis Erfahrungen zusätzlich eingesetzt. In

der letzten Phase ist das Unternehmen im Stande, einen kontinuierlichen Verbesserungspro-

zess der Dienstleistungsentwicklung durchzuführen. Insgesamt gesehen geht Saccani davon

aus, dass solche Reifegradmodelle die Dienstleistungsentwicklung in Unternehmen unterstüt-

zen kann. Damit verknüpft er dann auch das Service Engineering mit der hybriden Wert-

schöpfung.

*Personenbezogene Dienstleistungen als Innovationsfeld

Die Betrachtung Personenbezogener Dienstleistung als eigenständiges Forschungs- und Ge-

staltungsfeld ist recht jung. So wurden sie im Dienstleistungsforschungsprogramm des BMBF

zunächst nur in Verbindung mit volkswirtschaftlichen Sektoren gesehen, insbesondere im

Rahmen des Sozial- und Gesundheitswesens (z.B. Badura und Hungeling, 1997). Meifort

(2002) definiert Personenbezogene Dienstleistungen ebenso von den volkswirtschaftlichen

Sektoren her. Sie sieht im Bedürfnis nach Gesundheit und Wellness, im sozialstrukturellen

Wandel, der demografischen Entwicklung und in der Individualisierung Triebkräfte, die die

Nachfrage nach Personenbezogenen Dienstleistungen steigern und die Reaktion von Anbie-

tern, sich durch Leistungsdiversifizierung und neue Geschäftsmodelle weitere Wachstums-

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möglichkeiten zu erschließen. Da die Statistik sich an Branchen orientiert, ist eine quantitative

Betrachtung Personenbezogener Dienstleistungen schwierig. Allein im Gesundheitswesen

arbeiten 4,4 Millionen Menschen, viermal so viele wie in der Automobilindustrie. Die Zahl

der Erzieher_innen ist zwischen 1993 und 2010 von ca. 400.000 auf knapp 550.000 gestiegen.

Für die die Bereiche Pflege, Kinderbetreuung und hauswirtschaftliche Dienstleistungen wird

ein Wachstumsimpuls von etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 667.000 zu-

sätzliche Arbeitsplätze bis 2025 erwartet

Erst durch das Konzept der Interaktionsarbeit (zusammenfassend Ernst und Kopp, 2010) wur-

de deutlich, dass es notwendig ist, Personenbezogene Dienstleistungen - insbesondere das den

Arbeitsaufgaben zu Grunde liegende Leistungskonzept - als Voraussetzungen der Interakti-

onsarbeit (Glaser, 2004, S. 252) zu untersuchen. Dies ließ allerdings einige Jahre – insbeson-

dere wegen konzeptueller Probleme – auf sich warten. Zum ersten Mal wurden Personenbe-

zogene Dienstleistungen ausführlich in der Vordringlichen Fördermassnahme “Personen-

bezogene Dienstleistungen in der Gesundheitswirtschaft – Anwendungsfeld seltene Erkran-

kungen” (Kurzfassung: ALS-Projekt) untersucht und Gestaltungsregeln entwickelt (Gesamt-

darstellung: Bieber und Geiger, 2014).

Im Gegensatz zu manchen Definitionen (z.B. Bieber und Geiger, 2014 S. 11f) wird unter

“personenbezogen” nicht ein allgemeines Merkmal der Dienstleistungen oder der Dienstleis-

tungserbringung verstanden, sondern ein Merkmal eines Dienstleistungsprozesses, der auf

eine Veränderung von Menschen gerichtet ist (vgl. die Definition “Wissensintensiver Dienst-

leistungen”, Ernst et al. 2016, S.1). Mit der Ausrichtung auf das Ziel des Dienstleistungspro-

zesses „Veränderung am und mit Menschen“ ist kein Konzept der “Personennähe” notwendig,

wie es auf der Tagung des FhG-IAO “Innovationspotenziale Personennaher Dienstleistungen”

recht losgelöst von einer Einbindung in wissenschaftliche Konzeptbildung eingeführt wurde

(https://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/veranstaltungen/eventdetail/329/-

/innovationspotenziale-personennaher-dienstleistungen.html). Ähnlich wie Montagearbeit

zum Produktionsprozess oder Wissensarbeit zu den Wissensintensiven Dienstleistungen gehö-

ren, gehört die Interaktionsarbeit zu den Personenbezogenen Dienstleistungen. Personenbezo-

gene Dienstleistungen als Prozessgestaltung im Umgang mit Menschen stehen vor der Beson-

derheit, dass das “Subjekt Mensch” gleichzeitig “Objekt” der Dienstleistungen ist und dies in

einem kapitalistischen System. Damit wird die Interaktionsarbeit in den Personenbezogenen

Dienstleistungen zur Erwerbsarbeit und die “Rahmenbedingungen der Erwerbsarbeit, das

heißt der Verkauf der Arbeitskraft als Ware und die Arbeitsmarktsituation” (Hacker, 2009, S.

68) sind dominant wirksam. Damit unterliegen die Personenbezogenen Dienstleistungen be-

stimmten historisch bedingten Planungsprozessen, die sich in Arbeitsaufgaben und Arbeitsbe-

dingungen niederschlagen (vgl. Hacker, 2006, S. 20; Bieber und Geiger,2014, S. 331 ff).

Die Besonderheit der Entwicklung der Personenbezogenen Dienstleistungen ist, dass der un-

mittelbare persönliche Kontakt, der vor 50 Jahren das kennzeichnende Merkmal war, sich

heute zu einem Kontinuum von unmittelbarem persönlichen Kontakt bis zu einem technisch-

vermittelten, ja “technisch-ersetzten” Kontakt entwickelt hat (Bienzeisler und Klemisch,

2011, S. 12). Fundierte und allgemein akzeptierte Gestaltungskriterien für diese Entwicklung

stehen nicht zur Verfügung.

*Dynamische kooperative Dienstleistungssysteme

Personenbezogene Dienstleistungen werden gewöhnlich nur in der unmittelbar sichtbaren

Konstellation der Interaktionspartner (Fokalpartner) gesehen, also Trainer zu Trainee im Fit-

nessstudio; Lehrer zu Schüler; Erzieher zu Kind. Vargo, Lusch, Horbel und Wieland (2011,

S.137) weisen darauf hin, dass die Service Dominant Logic es erfordert, das gesamte Service

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Ecosystem zu betrachten, also über die beiden Fokalpartner hinauszugehen, da die Fokalpart-

ner auf die Ressourcen weiterer Akteure zugreifen. Selbst diese Betrachtung ist für die syste-

matische Entwicklung Personenbezogener Dienstleistungen zu kurz und führt in die Irre, da

sie die zeitliche Dynamik nicht berücksichtigt.

Kooperative Dienstleistungssysteme (Bienzeisler, 2011; S. 32 ff) sind dadurch charakterisiert,

dass

Sach- und Dienstleistungsbestandteile sich vermischen

die Dienstleistungen in privater und öffentlicher Trägerschaft erbracht werden,

die Dienstleistungen z.T. selbst, z.T. in Erwerbsarbeit, z.T. ohne wirtschaftliche Inte-

ressen (z.B. durch Angehörige) geleistet werden,

polyzentrische Informations- und Kommunikationsflüsse und Entscheidungszentren

entstehen, die z.T. nicht zurückgekoppelt sind

technische Unterstützung unabdingbar ist. Dadurch werden wechselseitige Informati-

onsasymetrien zu einem Treiber und eine Form der Selbstorganisation entsteht.

Die Darstellung als kooperatives System erscheint für Personenbezogene Dienstleistungen

zunächst einmal ungewöhnlich, da hier – mit Blick auf die Fokalpartner - häufig von Informa-

tionsasymetrien und Hierarchien ausgegangen wird (z.B. Lehrer-Schüler; Arzt-Patient). Auf

Grund der eigenen Spezialisierung und der steigenden Komplexität der Personenbezogenen

Dienstleistung sind diese Fokalpartner aber nicht mehr im Stande, das gesamte System zu

kontrollieren. Zur gleichen Zeit haben sich mit den Möglichkeiten der informationstechni-

schen Vernetzung die Informationsmonopole aufgelöst. Verändert haben sich auch die Bezie-

hungen zwischen den Dienstleistungspartnern (Mayer, 2014). War es früher so, dass z.B. Pa-

tienten vereinzelt waren, so konnte im ALS-Projekt beobachtet werden, dass Patientengrup-

pen mit bestimmten Werteorientierungen gemeinsam über ihre Krankheit, deren Verlauf und

die Qualität des Versorgungsprozesses auf Internetforen „sprechen“ (Klemisch, Gaudig, Bi-

enzeisler, 2011). Ob und inwieweit sich der Gedanke der Open Innovation und der „Ideen-

schmiede“ hier sich etablieren kann, ist ein Diskussionspunkt (Hartmann, Prinz, Leimeister,

2014, S. 286)

Neben dem Merkmal der Kooperation ist das zweite Merkmal die zeitliche Dynamik. Der

Verlauf der ALS-Erkrankung erfordert in bestimmten Phasen andere Partner, aber auch bei

gleichbleibenden Partnern andere Verhaltensweisen. Dabei geht es nicht nur um medizinisch-

orientierte Teildienstleistungen, oder die Bereitstellung notwendiger Technik mit der damit

verbundenen “Schulung” der Patienten (z.B. bei der Augensteuerung zur Nutzung technischer

Kooperationsmöglichkeiten), sondern auch um die ”Gefühlsarbeit” der Angehörigen, die im

gesamten System eine wichtige Rolle übernehmen.

Die kooperativen Dienstleistungssysteme sind zielgerichtet und zeitkritisch. Sie können des-

halb nur sehr eingeschränkt mit den “social media” oder anderen Netzwerken (z.B. Wikipe-

dia) verglichen werden. Die Kommunikationsanalysen machen sehr deutlich, dass neben den

technischen Hilfsmitteln die entsprechenden organisationalen Voraussetzungen geschaffen

werden müssen (Bienzeisler und Klemisch, 2011, S. 18ff). Vernetzungsaufgaben benötigen

Zeit. Nicht nur der eigentliche Austausch zwischen “ALS-Ambulanz” und niedergelassenem

Therapeuten ist zeitaufwendig, sondern auch die Kontaktherstellung. Es ist schon erstaunlich,

dass in der Praxis die Kontaktherstellung häufig über die Patienten geschehen muss. Schnitt-

stellenprobleme und Informationsverlust sind leider noch immer Alltag und selbst wenn indi-

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viduelle Anstrengungen zur Überwindung gemacht werden, werden diese durch übergeordne-

te Regulierungen und Strukturen häufig zunichtegemacht

Dank der Untersuchungen im “ALS-Projekt” liegen viele Erfahrungen aus der Gesundheits-

wirtschaft vor. Diese Ergebnisse sind auf andere Personenbezogene Dienstleistungen zu über-

tragen, z.B. die Betreuung von Kindern in einer Kindertagesstätte (Tabelle 1: Der Umfang des

Dienstleistungssystems „Betreuung von Kindern"). Wie üblich finden nur die “Fokalperso-

nen” ErzieherIn und Kind Aufmerksamkeit. Aber auch hier handelt es sich um ein dynami-

sches, kooperatives Dienstleistungssystem, an dem neben der Kindertagesstätte die Versor-

gung (Essen etc.), die Verwaltung (Personal), die Eltern (als “nicht-erwerbstätige Systemele-

mente”) und auch regionale Partner vertreten sind. Dieses System verändert sich in der Zeit:

das Angebot der Gesamtdienstleistung, die Partner (z.B. die Schule spielt erst am Ende eine

größere Rolle) und ihre Aufgaben wandeln sich mit dem Älterwerden der Kinder. Erst wenn

es gelingt, diese Personenbezogene Dienstleistung als Gesamtsystem zu gestalten sind Fort-

schritte in der Dienstleistungsqualität und der Interaktionsarbeit zu erwarten.

*Digitalisierung und Automatisierung

Entgegen landläufigem Verständnis war nicht das Verarbeitende Gewerbe der Vorreiter bei

der Digitalisierung, sondern die Personenbezogenen und Wissensintensiven Dienstleistungen.

Vorreiter war das Verarbeitende Gewerbe bei der Automatisierung, beim Einsatz von Robo-

tern. Vor ca. 35 Jahren begann mit dem Einsatz der Computer und der Datenbanken die Digi-

talisierung der Wissensintensiven Dienstleistungen (beispielhaft: Gottschall, Mickler, Neubert

1985) und fast gleichzeitig der Einsatz von Robotern zur Automatisierung in der Produktion

(beispielhaft: SOFI und Universität Bremen, 1981). Im Kern der Personenbezogenen Dienst-

leistungen begann die Digitalisierung vor ca. 15 Jahren mit den Ansätzen in der Telemedizin

und in der Fitnessbranche. Der Einsatz von Robotern in den Personenbezogenen Dienstleis-

tungen steht noch am Anfang und die Aussage von Ernst und Skarpelis (2001), die Roboter-

entwicklung in den Dienstleistungen sei unterbelichtet, trifft heute für die Personenbezogenen

Dienstleistungen noch immer zu.

Gerade bei Personenbezogenen Dienstleistungen mit der komplexen Rolle des „Customers“14

scheint die Frage nach Entscheidungskriterien, wo digitalisiert und automatisiert wird, beson-

ders wichtig. Allerdings entspricht der Stand der Entwicklungen nicht dieser Anforderung. So

gibt es bei der Entwicklung des IT-gestützten Betreuungsprogramms zur Förderung des Ge-

sundheitsverhaltens „“Personal Health Manager” (Leimeister, Krcmar, Halle und Möslein,

2010) kunden-, unternehmens- und technikbezogene Entscheidungen. Kundenkriterien hingen

mit der Sichtbarkeit und Qualität der Dienstleistungen zusammen, unternehmensbezogene mit

der Differenzierung am Markt und der Skaleneffekte hinsichtlich Mengen und Ressourcen

und die technikbezogenen mit den technischen Möglichkeiten hinsichtlich Flexibilität und

Komplexität. Es gab keine Kriteriengruppe, die sich mit dem Ziel einer Personenbezogenen

Dienstleistung, nämlich der Veränderung von Verhalten und Erleben des Kunden, befasste.

Hier wäre eine psychologische Analyse zur Verbesserung der Entscheidungen zur Automati-

sierung Personenbezogener Dienstleistungen sicher noch hilfreich.

Bieber (2015) stellt die Interaktion bei der Arbeit in den Vordergrund. Digitalisierung und

Automatisierung sind als Unterstützung für diesen Interaktionsprozess zu nutzen. Damit soll

ermöglicht werden, sich auf den interaktiv-emotionalen Kern der Arbeit zu konzentrieren.

Durch den Technikeinsatz soll der „Face-to-Face-Kontakt“ mehr Zeit erhalten. Biebers Ar-

14 Hier wird der Begriff „Customer“ verwendet. Damit soll verdeutlicht werden, dass es sich im folgenden nicht

um eine Klasse wie Kunde, Patient, Klient oder eine Person wie Kunde oder Kundin handelt, sondern um den

Partner im Dienstleistungsprozess.

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gumentation liegt ein Konzept einer idealen Arbeitsaufgabe „Interaktion“ zu Grunde. Aus

arbeitswissenschaftlicher Sicht sollte dieses Konzept aber hinterfragt werden. Ist die Konzent-

ration auf einen bestimmten Aspekt wirklich lernförderlich, ist er wirklich beeinträchtigungs-

frei oder werden damit nicht entlastende Momente einer Tätigkeit eliminiert und Belastungs-

wechsel unmöglich gemacht? Hier lohnt sich eine weitere Diskussion. Als weiteres Kriterium

nennt Bieber (2015) die Anschlussfähigkeit, die sich in einem Anschluss an die bestehenden

Arbeitsprozesse, an die mentalen und qualifikatorischen Voraussetzungen der Beschäftigten

und an die bestehenden technischen Anwendungssystematiken realisiert. Bieber verwendet in

diesem Zusammenhang nicht im Sinne einer Innovationsfähigkeit eines Systems, sondern

eher im Sinne von Beschränkungen eines Systems, Neues aufzunehmen. Aber auch in diesem

Sinne ist das Konzept der Anschlussfähigkeit sicher hilfreich, um Problembereiche bei der

Realisierung neuer Geschäftsmodelle zu erkennen. Ob aber auf Grund mangelnder Anschluss-

fähigkeit eine neue Personenbezogene Dienstleistung aufgegeben werden soll (mit allen Kon-

sequenzen für Unternehmen und Beschäftigung) ist fraglich (vgl. Meyer, 2014 hinsichtlich

des notwendigen Rollenwandels).

In der Vordringlichen Fördermassnahme „Personenbezogene Dienstleistungen…“ war eine

andere Intention vorhanden, die Digitalisierung bei personengebunden Dienstleistungen zu

nutzen. Hier ging es besonders darum, die Interaktion der Teilsysteme im kooperativen

Dienstleistungssystem besser zu vernetzen („Die Steuerung der ‚wilden Vernetzung‘ in ko-

operativen Dienstleistungssystemen“ wie Bieber 2014, S. 324 es beschrieb). Dazu diente die

Entwicklung der Plattform “Ambulanzpartner” (heute: Ambulanzpartner.de; Meyer, Bienzeis-

ler und Klinger, 2014). Ambulanzpartner bietet allen Akteuren des dynamischen, kooperati-

ven Dienstleistungssystems zu Personenbezogenen Dienstleistungen ein Ernährungs-, Hilfs-

und Heilmittelmanagement. Es ist eine elektronische Versorgungsakte, die die Partner des

Dienstleistungssystems miteinander vernetzt. Es wird von einem Koordinator unterstützt. Hin-

ter dem Konzept stehen drei Organisationen: die Charité (Entwicklung und Da-

ten(schutz)management; die AKzon (Ausgründung der Charité und verantwortlich für die

“Produktion”) und die Ambulanzpartner GmbH (Patientenmanagement). Das AmbulanzPart-

ner-Netzwerk schafft ein Lizenzmodell für die Partner, so dass eine Refinanzierung möglich

ist, die eine kostenfreie und nachhaltige Breitstellung des Portals ermöglicht. Eine Transferfä-

higkeit für andere Erkrankungen als ALS ist möglich.

Die Automatisierungskomponente bildet der „Serviceroboter“. Der Name deutet schon da-

raufhin, dass der Automatisierungseinsatz nicht im Kernbereich der Personenbezogenen

Dienstleistungen im Bieberschen Sinne geplant ist. „Einfache Routinetätigkeiten“ im Bereich

der Logistik und Hauswirtschaft sollten von Servicerobotern übernommen werden, um Zeit

für die Interaktion zu gewinnen. Weitere Einsatzfelder ergeben sich bei der Kraftunterstüt-

zung und einer teilautonomen Bewegungsführung. “Emotionale“ Roboter werden auch disku-

tiert, aber inwieweit sie sich in europäischen Pflegeeinrichtungen durchsetzen können, ist

unklar. (Jacobs, Graf 2014, S.126; ausführlicher einschließlich ethischer und rechtlicher

Rahmenbedingungen: Schuh und Stich, 2013; Überblick über Technologie und Dienstleistun-

gen im demografischen Wandel: Bieber, 2011). Erste Erfahrungen zeigen, dass die techni-

schen Lösungen von Transportrobotern aus der Produktion nicht einfach in das Gesund-

heitswesen zu übertragen sind. Die interne Vernetzung eines Krankenhauses ist nicht so ein-

fach zu gestalten wie in einer Fabrikhalle und die Hygieneanforderungen sind für solche Lö-

sungen kaum erfüllbar.

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45

*Wissensintensive Dienstleistungen – vernachlässigtes Feld15

Wissensintensive Dienstleistungen gelten als Bereiche mit besonders hohen Wachstums- und

Beschäftigungschancen. Die fortschreitende Digitalisierung, zunehmende Koordinationsbe-

darfe und -aufwände im Zuge der Ausbreitung differenzierterer und komplexerer Wertschöp-

fungssysteme, und nicht zuletzt immer vielfältigere Arbeits- und Lebensformen begünstigen

und stellen wachsende Ansprüche an jene Dienstleistungsbereiche, bei denen Wissen und

Wissensarbeit eine relativ große Rolle spielen. Wissensintensive Dienstleistungen und Wis-

sensarbeit sind dabei nicht identisch, sie befinden sich in einer ähnlichen Beziehung wie Pro-

dukt, Produktionsprozess und Produktionsarbeit. Ähnlich wie im Produktionsprozess das Pro-

dukt in Arbeitsprozessen unterschiedlicher Arbeitsqualität erstellt werden kann, bestehen bei

der „Produktion wissensintensiver Dienstleistungen“ unterschiedliche Möglichkeiten, wis-

sensintensive menschliche Arbeit zu gestalten.

Eine allgemein akzeptierte Definition der Wissensintensiven Dienstleistungen gibt es noch

nicht. "Wissensintensive Dienstleistungen" werden an ihrem Produkt „Wissen“ qualitativ wie

folgt charakterisiert:

beim Produkt oder Prozess der Dienstleistung steht die Erzeugung oder Nutzung neu-

en Wissens im Vordergrund;

in der Regel basieren wissensintensive Dienstleistungen in starkem Maße auf der intel-

ligenten Nutzung und Weiterentwicklung der neuen Informations- und Kommunikati-

onstechnologien (die Problematik des „Netzes“: Bsirske et al. 2012);

die Einbeziehung der Kunden hat in der Prozessgestaltung eine besonders große Be-

deutung;

Innovationen zielen nicht isoliert auf Kostensenkung, sondern auf die Erschließung

neuer Märkte und auf neue Beschäftigung;

häufig werden derartige Dienstleistungen aus mehreren spezialisierten Beiträgen

rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Anbieter in einem übergreifenden Pro-

zessansatz flexibel und kundenorientiert gebündelt, z.B. im Rahmen

von Kooperationsnetzwerken. Entsprechend hoch ist die Bedeutung koordinativer und

wissensintegrierender Funktionen.

Schon 1999 gab es im Rahmen der OECD Untersuchungen zum Thema „Knowlegde Intensi-

ve Services“, die aber nicht im Zusammenhang mit dem Förderschwerpunkt des BMBF stan-

den. Mit der Bekanntmachung „Wissensintensive Dienstleistungen“ aus dem Jahre 2000 be-

absichtigte das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Forschung, Entwicklung

und Innovation im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen zu fördern. Diese Bekannt-

machung war der erste Ansatz des BMBF, dieses wichtige Thema anzugehen. Er ist in diesem

großen Umfang bis heute noch einzigartig.

*Der Förderschwerpunkt „Wisssensinstensive Dienstleistungen“ 2000 - 2006

Ein Ergebnis des Förderschwerpunktes war, dass Wissensintensive Dienstleistungen immer

mehr zur Kernkompetenz in den Organisationen werden. Verbesserung des Projektmanage-

ments, Erhöhung des Kundenwissens, Koordinationsunterstützung werden die Aufgaben des

Wissensmanagers der Zukunft sein. Mit dem Anwachsen der Bedeutung in der Organisation

ist auch die Entstehung eines eigenen Geschäftsfeldes immer wahrscheinlicher. WebCoach

(Krcmar, 2006), Energiemanager, Wissensmanager sind die neuen Bezeichnungen in den

Vorhaben, die darauf hindeuteten. Die ‚virtuelle Community“ spielte bei diesen Ansätzen eine

15 DerBeitrag stützt sich in wesentlichen Teilen auf Ernst et al. (2016). Die Passagen sind nicht gesondert ge-

kennzeichnet.

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wichtige Rolle. Hier liegen für Communities in der Gesundheits- und in der Freizeitwirtschaft

(Lifestyle) (Reichwald u.a. 2002; Daum u.a. 2002) erste Erfahrungen vor. So führt der Betrieb

virtueller Communities zu neuen beruflichen Anforderungen. Sie wurden unter dem Titel des

Communitymanagers sowie des Contentmanagers identifiziert. Auch Gewerkschaften sind

Dienstleistungsorganisationen. Ihre Aufgaben sind nicht nur „personenbezogene Dienstleis-

tungen“ sondern auch „wissensintensive Dienstleistungen“. Diesen Gedanken griffen Fuchs-

Kittowski und Stahn (2005) auf. Die Problemstellung war „die effektive Nutzung vorhande-

nen Wissens und die schnelle Erzeugung von neuem Wissen im Arbeitsprozess“ (a.a.O. S.

195) zur Lösung von Problemen der Mitglieder. Es wurde eine Wissens- und Kooperations-

plattform aufgebaut, die dann beispielhaft erprobt wurde.

„Wissen ist was wert“, so lautete das Motto einer Ver.di-Tagung zur Wissensarbeit (Bsirske et

al. 2003). Hinter dieser Feststellung stecken viele Fragen, die unter dem Schlagwort des „In-

tellectual Capital“ zusammengefasst werden können. Die Bedeutung des Intellectual Capital

als Werttreiber in wissensintensiven Unternehmen stellt neue Anforderungen an die Unter-

nehmensführung hinsichtlich Performance Measurement und Bewertung. Das bilanzierte

Vermögen spiegelt keinesfalls den tatsächlichen Wert von wissensintensiven Unternehmen

wieder. Dies geht mit der geringen Berücksichtigung des Intellectual Capital in externen Be-

wertungsansätzen einher. Intern fehlen dem Management in derartigen Unternehmen ein an-

wendbarer Ansatz zur Performance Messung der Intangible Assets, um eine strategiegerechte

und zielorientierte sowie ausgewogene „In-Wert-Setzung“, wie u.a. des Wissens, der Bezie-

hungen des Unternehmens und des Ansehens der Produkte/Leistungen durchführen zu kön-

nen. Bei der Bilanzierung wird zwischen einer internen Wissensbilanz zur Steuerung des Un-

ternehmens und einer externen Bilanz zur Information verschiedener Interessensgruppen un-

terschieden. Während für die interne Steuerung eine Vielzahl an Kennzahlen erfasst werden

kann, wird für eine externe Verwendung nur ein standardisiertes und damit verallgemeinertes

Zahlenwerk zur Verfügung gestellt (vgl. Nagel und Mohr, 2005; Spath und Schnabel, 2005).

Zur Thematik des „Intellectual Capitals“ gehört auch die Frage des Schutzes dieses „Kapi-

tals“. Dabei geht es hier nicht allein um die Frage der (regulierten) Intellectual Property

Rights, sondern um ein Schutzrechtsmanagement, das bei guter Arbeit anfängt und bei den

juristischen Regeln aufhört.

Die Bereitstellung von Handelssystemen mit unterschiedlichsten Marktmodellen stellt eine

wissensintensive Dienstleistung dar, die für Produkt- und Prozessinnovationen von großer

Bedeutung ist. Dabei ist der Verweis auf ebay etc. viel zu kurz gegriffen. Das Spektrum reicht

von generischen Plattformen wie z.B. das „Electronic Financial Brokerage“ (Weinhardt, Ch.;

Holtmann, C., Neumann, D 2003), in denen Konzepte, Plattformen und Geschäftsmodelle

elektronischer Märkte realisiert werden, um darauf ein Market Engineering aufzubauen bis

hin zu spezifischen Handelsbörsen. Ein völlig neuer Ansatz in diesem Bereich war der Einsatz

von Auktionssystemen zur Allokierung unternehmensinterner Ressourcen, insbesondere FuE-

Ressourcen. Die effiziente Allokation von F&E-Ressourcen stellt eine der zentralen Heraus-

forderungen für Unternehmen dar. Ressourcenverteilungen für Innovations- und Technolo-

gieprojekte können über hierarchische Entscheidungsverfahren und Entscheidungsgremien

aber auch über einen internen Markt vorgenommen werden. Die Konsequenzen für Arbeit und

Organisation werden immens sein. (Völker, R.; Kasper, E.: 2004).

Volkswirtschaftliche Klassifikationen

Es wird z.Zt. immer wieder versucht, die „wissensintensiven Dienstleistungen“ mit Mitteln

der Kategorien der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung einzugrenzen. 2007 erschien die

Studie von Legler und Frietsch, die hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Statistiken Neuab-

grenzungen hinsichtlich forschungsintensiver Industrien und wissensintensiven Dienstleistun-

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gen vorlegten. Als Maß des Innovationspotenzials im Dienstleistungssektor und die Innovati-

onsfähigkeit seiner Unternehmen stellen sie den Anteil hoch qualifizierter Beschäftigter

(Akademiker) sowie die über FuE hinaus auch noch mit Planung, Konstruktion, Design usw.

befassten Personen heraus. Diese sind gleichsam das Pendant zum FuE-Personal in den In-

dustriebetrieben: Der Einsatz von akademischem (nur dieses Personal ist für Legler und

Frietsch erstklassig qualifiziert) Personal bildet damit den gemeinsamen Nenner von for-

schungsintensiven Industrien und wissensintensiven Dienstleistungen. Einen ähnlichen An-

satz wählt das EFI-Gutachten 2009. „Als Sektoren der wissensintensiven Dienstleistungen

werden tertiäre Bereiche bezeichnet, in den der Anteil der beteiligten Erwerbspersonen mit

Hochschulabschluss überdurchschnittlich ist (oberhalb von 11 Prozent) und / oder überdurch-

schnittliche (mehr als 4,5 Prozent) viele Naturwissenschaftler und Ingenieure beschäftigt wer-

den“ (S.55). Das führt zu interessanten Abgrenzungen: So zählen der Bereich „Transport in

Rohrfernleitungen“ zu den Wissensintensiven Dienstleistungen, ebenso wie der Gelegenheits-

flugsverkehr, aber nicht der normale Luftverkehr. Ebenso wird der gesamte Handel ausge-

grenzt, aber die Apotheken aufgenommen. EUROSTAT (Amil, Giannoplidis, Lipp-Lingua,

2007) bildet zur Beschreibung der Wissensintensiven Dienstleistungen vier Gruppen (NACE-

Abschnitte G bis I und K). Damit versucht man zwischen wissensintensiven und weniger wis-

sensintensiven Dienstleistungen zu unterscheiden. Zusätzlich wird dann zwischen Spitzen-

technologie nutzenden Dienstleistungsbereichen und marktbestimmten Dienstleistungen un-

terschieden. In einer weiteren Veröffentlichung von EUROSTAT (Felix, 2006) wird ebenso

zwischen Wissensintensiven und weniger wissensintensiven Dienstleistungen unterschieden.

Wissensintensität wird definiert als Ausdruck der Integration mit einer generischen oder

dienstleistungsspezifischen Wissenschafts- und Technologiebasis; bei ihr handelt es sich um

eine Kombination aus in neuen Geräten gebundenem Wissen, Personal und F&E-Intensität.

Der erste Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen wird dann auch nach „Spitzentech-

nologie nutzend“ und „nicht Spitzentechnologie nutzend“ unterschieden. Der NACE-Code

wir zur Beschreibung der Sektoren zu Grunde gelegt.

Der Vergleich der drei Darstellungen zeigt, dass zwar der Versuch gemacht wird, an Hand der

auf der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhenden Klassifizierungssysteme die Wis-

sensintensiven Dienstleistungen einzugrenzen. Dieser Versuch hat aber bisher noch zu keinem

eindeutigen Ergebnis geführt. Des weiteren scheinen den Versuchen implizite Annahmen zu

Grunde zu liegen, wie z.B. dass wissensintensive Dienstleistungen nur von akademisch ausge-

bildetem Personal wahrzunehmen sind und dass Spitzentechnologie nur IuK- Technologien

sind.

*Geschäftsmodelle als Weiterentwicklung

Das Innovationsthema "Wissensintensive Dienstleistungen" keine echte Fortsetzung in der

BMBF oder BMWi-Förderung gefunden hat. Keines der neuen Programme hat einen Schwer-

punkt im "Innovationsthema Wissen". In einer weiteren Analyse wurde die Abdeckung der

Konzepte des Programms mit denen der vier vorliegenden Bekanntmachungen verglichen.

Dabei ergab sich zum einen, dass das Innovationsmanagement Wissen nicht so abgedeckt,

wie es das Programm fordert, zum anderen sind auch bestimmte wichtige Wachstumsberei-

che, in denen wissensintensive Dienstleistungen vorkommen, unterbelichtet. Dazu kommt,

dass die Digitalisierung die Gestaltung Wissensintensiver Dienstleistungen weiter vorantreibt.

Dabei spielt eine immer ausgefeiltere Algorithmisierung von Daten eine entscheidende Rolle,

die 2000 in diesem Umfang noch nicht klar war.

Die Zukunft der Wissensintensiven Dienstleistungen hat ACATECH (2015) in Ergänzung

zum Zukunftskonzept „Industrie 4.0“ unter dem Label SMART SERVICE WELT beschrie-

ben. Automatisierte Marktplätze, datengestützte Optimierung der Wertschöpfungssysteme,

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dezentrale Zustandsüberwachung von Beschäftigten und Erkrankten, intelligente Algorithmen

sind beispielhafte Ansätze. All das soll zu neuen Geschäftsmodellen führen und „in einigen

Anwendungsbereichen <werden sich> einzelne Aspekte der Vision Smart Service Welt sogar

schneller umsetzen als in der Produktion…. Noch zu zögerlich gehen Unternehmen in

Deutschland den Weg vom Anbieter hochwertiger Produkte zum Anbieter attraktiver und

flexibler Smart Services.“ (S. 11,14)

Im Expertenkreis Dienstleistungen, der von Ver.di und der FES gemeinsam getragen wird,

wurde dies am Journalismus, also der Medienwirtschaft, und an der Rentenversicherung, also

einer Gesellschaftlich notwendigen Dienstleistung, diskutiert (Ernst et al. 2016). Die Wissens-

intensiven Dienstleistungen in den Medien unter der Digitalisierung grundlegende Verände-

rungen erfahren. Zeit für tiefergehende Recherchen und Reflexionen gibt es angesichts der

Konkurrenzkonstellation in der Medienlandschaft immer weniger. Umso größer wird die Nei-

gung oder auch der Zwang, auf die sich in Suchmaschinen spiegelnden Rankings, Themen

und Stimmungen einzugehen. So entstehen vielfach reproduzierte Nachrichten ohne Neuig-

keitswert. In Teilbereichen, etwa im Sportjournalismus, wird das Potenzial von Algorithmen

mittlerweile ohnehin schon genutzt, um Texte oder Sprechakte gänzlich in automatisierter

Weise zu generieren. Bei anderen Bereichen wie der Rentenversicherung entwickelt sich die

Digitalisierung in einer spezifischen Weise. Über 24.000 Mitarbeiter_innen, 35 Millionen

Beitragszahler_innen bzw. Leistungsberechtigte, ein Haushalt von rund 135 Milliarden Euro –

da fallen Implementationsprobleme und potenzielle Fehlsteuerungen stärker ins Gewicht und

bremsen die Veränderungen. Der Schwerpunkt der Digitalisierung in der Rentenversicherung

konzentriert sich dementsprechend auf das Binnensystem, wo Leistungsansprüche berechnet

und Bescheide erteilt werden. Im Binnenverkehr werden die Arbeitsprozesse in Einzelvor-

gänge zerlegt, standardisiert und automatisiert. Die Arbeit wird einfacher, aber auch monoto-

ner und möglicherweise noch mehr verdichtet. Das Fallvolumen wird, wenn die Prozesse so

fortgesetzt werden, von vergleichsweise weniger und geringer qualifizierten Sachbearbei-

ter_innen zu bewältigen sein. Damit wird der Anteil der unteren Gehaltsgruppen größer wer-

den, der im höheren und im gehobenen Dienst schrumpfen. Im Aussenverkehr scheinen so-

wohl Rentenberater_innen wie Ratsuchende nach wie vor einen telefonischen Austausch und

vor allem eine Face-to-Face-Kommunikation zu bevorzugen – selbst wenn sich die Beteilig-

ten durchaus als technikaffin einschätzen. Das Verständlichmachen von meist stark verrecht-

lichten Aspekten erfordert eine hohe Präzision im Ausdruck. Diese wiederum ist in der Regel

auf eine hinreichende Vorverständigung angewiesen. Eine solche Verständigung aber scheint

bei einem digital reduzierten Code schwerer zu fallen als etwa am Telefon oder in Face-to-

Face-Situationen. In besonderer Weise tritt hier auch das Merkmal „anspruchberechtigt“ in

der Kundenrolle hervor.

Hinter dem Schlagwort „BIG DATA“ verbergen sich nicht nur große Datenmengen, sondern

große, unterschiedliche und unstrukturierte Datenmengen, die mit bestimmten Methoden

wenn möglich in Echtzeit analysiert und aufbereitet werden (Volume, Variety und Velocity).

Diese SMART DATA können die Grundlage für neue Wissensintensive Dienstleistungen

werden. Die gewerbliche Nutzung von BIG DATA Modellen im oben genannten Sinne ist

bisher noch recht selten und auch von Fehlschlägen gekennzeichnet (Buse, 2015). Insbeson-

dere das zu Grunde liegende Modell der Analyse korrelativer Zusammenhänge bedarf der

weiteren Präzisierung. Ein großes Problem ist auch der Datenschutz. Beschäftigte müssen

damit rechnen, dass unter dem Motto: „Sie dienen doch nur Transparenz“ (Buse, 2015, S. 64)

ihr Arbeitsverhalten kontrolliert, analysiert und beeinflusst werden soll. Ebenso sind die mit

der Transformation von BIG DATA zu SMART DATA zusammenhängenden Berufsqualifi-

kationen noch recht vage. Es wird zwar vom „Data Scientist“, vom „Data Innovator“ und vom

„Data Designer“ (Kraus, 2013) gesprochen, aber inwieweit die Weiterentwicklung der Me-

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thoden zu einem raschen Wandel beruflicher Qualifikation führt, ist noch unklar. Die Unsi-

cherheiten bedeuten nicht, dass die Weiterentwicklung gestoppt ist. So plant die IBM ihr Sys-

tem „Watson“16 mit einem riesigen finanziellen Aufwand weiterzuentwickeln. Für IBM er-

möglicht der BIG DATA-Ansatz unter dem Schlagwort „Business Analytics“ eine neue Di-

mension datenbasierter Entscheidungsunterstützung, sei es im eigenen Unternehmen oder als

Dienstleistung für andere.

Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen – ein neues Feld17

Das Konzept und der Begriff der gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen wurde 2011

im Arbeitskreis „Dienstleistungen“, der von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Vereinten

Dienstleistungsgewerkschaft gemeinsam getragen wird (s.u.), eingeführt. Ursache dafür war

eine Unzufriedenheit mit dem Konzept der „Öffentlichen Dienste“ und die Erfahrung, welche

Konsequenzen der Ausfall von privat erbrachten und finanzierten Netzdienstleistungen für die

Gesellschaft und die Wirtschaft hat.

Das Konzept der Gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen ist in einen breiteren Diskus-

sionsraum eingebettet. Eines der zurzeit.Zt. diskutierten Konzepte in diesem Umfeld ist das

Konzept der Kritischen Infrastrukturen, das mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums

(BMI) entwickelt wurde. Das Ministerium definiert in der Nationalen Strategie zu Kritischen

Infrastrukturen die Infrastrukturen wie folgt: „Kritische Infrastrukturen sind Organisationen

und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Aus-

fall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen

der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ (BMI, 2009, S.

3) Das BMI unterscheidet zwischenin unverzichtbaren technischen Basisinfrastrukturen und

unverzichtbaren sozioökonomischen Dienstleistungsinfrastrukturen. Zu den Dienstleistungs-

infrastrukturen gehören das Gesundheitswesen, die Ernährung, das Notfall- und Rettungswe-

sen, der Katastrophenschutz, das Parlament, die Regierung, die öffentliche Verwaltung, Justi-

zeinrichtungen, Finanz- und Versicherungswesen sowie Medien und Kulturgüter. Auf einen

kurzen Nenner gebracht, deckt das Konzept der Kritischen Infrastrukturen die Dienst-

leistungen ab, die zum Funktionieren eines Staatswesens zu einem bestimmten historischen

Zeitpunkt notwendig erscheinen.

Unabhängig davon veröffentlichte die EU-Kommission Ende 2011 eine Bekanntmachung

zum Thema „A Quality Framework for Services of General Interest in Europe“ (EU-

Kommission, 2011). Sie kommt darin zu dem Schluss, dass die Finanzkrise und die damit

verbundene Wirtschaftskrise die zentrale Rolle in Erinnerung ruft, die „Services of general

interest“ bei der sozialen und territorialen Kohäsion spielen. In Verbindung damit sieht sie

ihre „Social Business Initiative“, die ein positives Innovationsklima für soziale Unternehmun-

gen und den wichtigsten Stakeholdern in der „social economy“ schaffen soll. Die Eu-

Kommission bemerkt ausdrücklich die Unschärfe der Terminologie des „Service of general

interest“. Sie bezeichnet das Konzept als dynamisch und versucht 5 Begriffe näher zu be-

schreiben:

16 „Watson“ ist ein Verbund von über 90 Hochleistungsservern mit mehr als 3000 Prozessoren. 2011 gelangte

Watson zu öffentlicher Berühmtheit, als er die bis dahin erfolgreichsten menschlichen Spieler in der US-

Quizshow „Jeopardy!“ mit hohem Abstand schlug – und zwar auf Grundlage seiner Spracherkennung,

Algorithmen und Datenbanken autonom, ohne weiteren menschlichen Einfluss. Watsons Anwendungsbereich

hat sich seither erheblich erweitert, u.a. hilft er inzwischen bei der Diagnose seltener Krankheiten.

17 Neben der angegebenen Literatur basiert der Abschnitt auf Ernst, Skarpelis-Sperk (2013). Auch dort wo un-

mittelbar zitiert wird, wird darauf nicht weiter hingewiesen!

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Service of General Interest: werden von den einzelnen Staaten klassifiziert und um-

fassen wirtschaftliche (economic) als auch nicht-wirtschaftliche (non-economic) Akti-

vitäten

Service of general economic interest: Wirtschaftliche Aktivitäten, deren Ergebnisse

für die Gesellschaft wichtig sind, und die ohne staatliche Intervention vom Markt nicht

erbracht werden.

Social Services of general Interests: Leistungen der sozialen Sicherheit (social

security schemes) die wichtige Lebensrisiken und eine Reihe von wichtigen Dienst-

leistungen abdecken, die unmittelbar auf die Person gerichtet sind.

Universal service Obligation: Regeln, die für Dienstleistungen gelten, die für alle

Verbraucher und Nutzer in einem Mitgliedsstaat gelten sollen. Dazu gehören Regeln

zur Qualität und zum Preis.

Public Service: Dieser Begriff wird von der Kommission wegen seiner Ambiguität

nicht genutzt, sondern durch die beiden ersten ersetzt.

Auf ihren Internetseiten (z.B. http://www.euractiv.com/sustainability/services-general-

interest-eu-linksdossier-500147) gibt die Kommssion die Wasser-und Energieversorgung,

die Gesundheitsdienstleistungen, Telkommunikation und den Transport (“transport”) als

bekannteste Beispiele an, die von staatlichen Institutionen als “Service of general Interest”

definiert werden und entsprechenden Regeln unterworfen sind. Sie differenziert dann noch

einmal in zwei Gruppen, die „General Economic Interest“, die eine Wirtschaftsbeziehung

zwischen Anbieter und Nachfrager veraussetzt und solcher, die nicht ökonomisch sind, wie

z.B. Sicherheit, Gesundheit, bestimmte Bildungsbereiche und Soziale Dienste.

Die Versuche der Kommission gehen immer wieder von einer juristischen Basis aus, sie

machen aber sehr deutlich, dass es keine „Service of general Interest“ a priori gibt, sondern

dass die Zuordnung von politischen Entscheidungen, aber auch von technischer Entwick-

lung abhängig ist. Politische Entscheidungen sind dabei nicht nur wirtschaftspolitischer Art,

sondern können auch von der außenpolitischen Situation bestimmt sein.

Der Ansatz des Arbeitskreises „Dienstleistungen“ startete bei der Feststellung von Un-

gleichgewichten, seien es der demografische Wandel, die sich verändernden Regionalstruk-

turen oder die Ungleichgewichten zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.

Diese Ungleichgewichte können nur von einer leistungsstarken Gesellschaft gemeistert

werden, die sich dazu der „gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen“ bedient. „Ge-

sellschaftlich notwendig“ sind hierbei jene Dienstleistungen, die für die Lebensgestaltung

und Entwicklung einer Gesellschaft unverzichtbar sind. Von ihnen hängt nicht nur ab, ob

die Teilhabe aller Mitglieder der Gesellschaft gewährleistet ist, sondern auch, ob ihre Zu-

kunftsfähigkeit nachhaltig gefördert wird. In diesem Kontext tragen gesellschaftlich not-

wendige Dienstleistungen zum sozialen Ausgleich und zu einem Funktionieren des Ge-

meinwesens, zu einem Gelingen der Gesellschaft bei.“ (Leimeister, Peters 2012, S. 6). Da-

mit wird deutlich, dass hier nicht von einer juristischen Basis ausgegangen wird, sondern

aus gesellschaftspolitischer Sicht Anforderungen gestellt werden. Als Erweiterung schlie-

ßen Leimeister und Peters auch noch die Öffentliche Verwaltung mit ein, der sie im Zu-

sammenhang mit den gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen eine besondere Rolle

zuweisen: die Verwaltung muss die demokratischen Rechte, Teilhabe und Emanzipation der

Bürgerinnen und Bürger im Staat sicherstellen und den Rahmen für das Gelingen eines aus-

gewogenen gesellschaftlichen Miteinanders bilden.

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Leimeister und Peters sehen bei den gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen einen

anhaltenden Veränderungsbedarf, um der Zielsetzung, mehr gesellschaftlichen Wohlstand

zu erreichen, gerecht zu werden. Dabei definieren sie Kernaspekte unter denen die gesell-

schaftlich notwendigen Dienstleistungen diskutiert werden sollen:

Systemsicht und Netzwerke: Neue Technologien und Netzwerke; Kriterien für gute

Netzwerke für gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen; sinnvolle Zusammen-

arbeit über historisch gewachsene Grenzen hinweg.

Soziale Innovationen: Schaffung eines innovationsfreundliches Umfeldes ua.

Professionalisierung und Wertschätzung: Schaffung Guter Dienstleistungsarbeit

Produktivität: Bedeutung von Effizienz im Kontext gesellschaftlich notwendiger

Dienstleistungen; Effiziente, bürger- und kundenorientierte Erbringung; Probleme

der Effizienzmessung

Gleiche und demokratische Teilhabe: Zielgruppen und Sicherung des Zugangs; Ver-

teilungsfragen

Die Rolle gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen im Dienstleistungssektor:

Kooperation mit dem Verarbeitenden Gewerbe; Verbindungen zur Dienstleistungs-

politik.

Im Gegensatz zu den Konzepten der „Kritischen Infrastrukturen“ und der „Services of Gene-

ral Interest“ verpflichtet sich also das Konzept der „Gesellschaftlich notwendigen Dienstleis-

tungen“ einem Leitbild, das sich an Guter Arbeit und Guten Dienstleistungen, Verteilungsge-

rechtigkeit und Wohlstand orientiert vgl. hierzu Hilbert, Bienzeisler, Becka, 2013). Zusam-

men mit einer konsequenten Anwendung der Methoden der Dienstleistungsforschung und -

wissenschaft hat dieses Leitbild Konsequenzen für die Innovations- und Gestaltungskonzepte

Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen.

Das Einnehmen der Kundenperspektive ist für viele Gesellschaftlich notwendige Dienstleis-

tungen kein einfacher Prozess. Prozesse der Open Innovation (vgl. Möslein & Danzinger,

2013) bieten sich auf den ersten Blick an. Aber wenn „Kunden“ betroffen sind, die an diesem

Prozess nicht teilnehmen können oder nicht teilnehmen wollen, verbietet sich ein solcher Pro-

zess. Kistler und Schneider (2012) führen eine ganze Reihe von Nutzungshemmnissen an, die

die Beteiligung der Bürger/Nutzer als notwendige Voraussetzung und zentralen Bestandteil

der Gestaltung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen verhindern. Werden nicht tech-

nisch vermittelte Diskursprozesse organisiert, so sind häufig die Instanzen, die später die

Dienstleistung erbringen sollen, nicht involviert. Im Gegensatz zu den großen privat-

wirtschaftlichen Unternehmen verfügen die Verwaltungen, die die Dienstleistungen später

erbringen sollen, nicht über das Wissen und die personellen Kapazitäten, einen Innovations-

prozess mit Bürgerbeteiligung in Gang zu setzen, geschweige denn, dass sie im Stande sind,

den folgenden Dienstleistungsentwicklungsprozess zu übernehmen. Es ist nicht grundsätzlich

davon auszugehen, dass die Anforderungen der „Kunden“ und die Anforderungen von Be-

schäftigten an ihre Arbeit widerspruchsfrei sind. Da die Dienstleistungen in Interaktionsarbeit

erbracht werden, verfügt die Arbeitsgestaltung über geringere Freiheitsgrade als die Gestal-

tung von Produktionssystemen (Böhle, Stöger & Weihrich, 2013). Gesellschaftlich notwendi-

ge Dienstleistungen werden teilweise in sehr unterschiedlichen und schwierigen Arbeitsum-

feldern und mit sehr unterschiedlicher Klientel angeboten. Dies reicht von der Arbeit mit

Kindern über Arbeit mit Menschen mit herausforderndem Verhalten, über die Pflege von Be-

hinderten bis hin zur Betreuung von Sterbenden. Der Belastungsabbau ist in diesen Bereichen

eine riesige Herausforderung.

Hilbert, Bienzeisler und Becka haben 2013 die Gestaltungs- und Finanzierungsmethoden für

Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen untersucht. Dabei stellte sich deutlich heraus,

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dass die Konzeptionierung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen einer eigenständi-

gen Datenbasis bedarf, die auf einer systematischen Sozial- und Arbeitsberichterstattung ba-

siert. Hilbert, Bienzeisler und Becka diskutieren auch ausführlich die Konsequenzen von Fis-

kalpakt und Schuldenbremse auf die Gestaltung Gesellschaftlich notwendiger Dienst-

leistungen; denn sowohl in Deutschland als auch in Europa hat der Umgang mit der Finanz-

krise – Schuldenbremse und Fiskalpakt – zu deutlich geringeren öffentlichen Mitteln für die

Finanzierung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen geführt. Hier bestehen in

Deutschland grundsätzlich noch Spielräume bei fast allen steuerlichen Einnahmequellen.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Förderbanken – sowohl auf nationaler als auch

auf europäischer Ebene – zu nutzen, um in gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen zu

investieren.

Innovationsfaktor Arbeit in der Dienstleistungswirtschaft Es ist immer wieder zu unterscheiden zwischen einem Typen von Dienstleistungen, also z.B.

Personenbezogenen oder Wissensintensiven Dienstleistungen, dem Typ und der Form von

Arbeitsaufgabe und der Arbeitserledigung. Dies gilt in der Produktions- ebenso wie in der

Dienstleistungswirtschaft: ein Auto soll produziert werden. Dazu sind die unterschiedlichsten

Schritte notwendig. An einer bestimmten Stelle kommt es zur Definition der Montageaufgabe

und der Definition ihrer Umgebung. Dann kommt es zur Ausführung der Arbeitsaufgabe mit

allen Unwägbarkeiten und Herausforderungen.

Nach der Differenzierung in „Dienstleistungsgeschäftsmodell“ und „Arbeit im Dienst-

leistungssektor“ kommt es noch einmal darauf an, sich „die Arbeit“ genauer zu betrachten.

Für die Arbeitspsychologie schrieb Winfried Hacker vor über 40 Jahren: „Gegenstand der

..Arbeitspsychologie ist die psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten der Persönlichkeit

im Zusammenhange ihrer Bedingungen und Auswirkungen.“ (Hacker, 1973, S. 24). Mit Vor-

bildern wie Karl Marx und Johannes Paul II, Carl Graf Hoyos und Friedrich Fürstenberg kön-

nen als (Lohn)Arbeit alle Aktivitäten der Daseinsvorsorge für den einzelnen bezeichnet wer-

den. Aktivitäten, die verbunden sind mit Veränderungen in Organisationen, aber auch mit

Veränderungen in den arbeitenden Menschen. Martin Baethge wies weiter daraufhin, dass –

ob man sich dessen bewusst ist oder nicht – Arbeit in die großen wirtschaftlichen, sozialen

und politischen Interessenkonstellationen eingebunden ist.

Die Unterteilung der Wirtschaft in drei Sektoren hat keinen arbeitswissenschaftlichen sondern

einen volkswirtschaftlichen Hintergrund. Aus Gründen, die bis in das 17. Jahrhundert zurück-

gehen, werden Volkswirtschaften in drei Sektoren geteilt: Vereinfacht der primäre Sektor die

Agrarwirtschaft, der sekundäre die „Industrie“ (besser das Verarbeitende Gewerbe und die

Sonstige Produzierende Wirtschaft) und der tertiäre alles, was übrig bleibt: die Dienstleistun-

gen (also die Restkategorie: Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information, Finanzierung, Ver-

mietung, Unternehmensdienstleister, Öffentliche Dienste und „sonstige Dienstleistungen“(!))

Gepaart mit dem Drei-Sektoren-Modell wird eine Entwicklungstheorie, deren Grundlage Jean

Fourastie Mitte des 20. Jahrhunderts gelegt hat, in sehr vereinfachter Form verwandt. Verein-

facht deshalb, indem behauptet wird, dass die Dienstleistungen die Zukunft für Wachstum

und Beschäftigung moderner Volkswirtschaften ist. Vertieft mag das Modell für volkswirt-

schaftliche Betrachtungen sinnvoll sein, mit Arbeitswissenschaft hat es aber wenig zu tun.

Wenn hier von Arbeitstätigkeit gesprochen wird, dann geht es um eine Erledigung einer Ge-

samtaufgabe. So beinhaltet Interaktionsarbeit – also die Arbeit an und mit Menschen – auch

immer Operationen, die Teilziele der Wissensarbeit beinhalten (z.B. Dokumentation), aber die

Gesamtaufgabe ist die Zielsetzung im Zusammenhang mit dem Menschen (vgl. Hacker, 1973,

S. 67 ff). Solche Differenzierungen sind sehr wichtig, denn häufig werden Operationen, deren

Zusammenhang mit dem Gesamtziel nicht erkennbar ist oder die gar in Widerspruch zum

Gesamtziel stehen, als sehr belastend empfunden.

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Wissens- und Interaktionsarbeit als neue Paradigmen

Baethge (2011) unterscheidet basierend auf Arbeiten von Kohn aus den 70er Jahren drei Ar-

beitsformen: den „Umgang mit Sachen“, „Umgang mit Personen“ und „Umgang mit Symbo-

len“. Erstere stellt die produktbezogene Arbeit in der Industrie und in Teilen der Dienstleis-

tungswirtschaft (z.B. Lagerei) dar, personenbezogene und wissens- bzw. symbolbezogene

Arbeit sind Arbeitsformen, die eher in der Dienstleistungswirtschaft auftreten. Einen anderen

Weg gehen Forscher (z.B. Böhle, Wahl, Hacker, Nerdinger), die sich in den letzten Jahren

spezifisch mit der Interaktionsarbeit beschäftigt haben (ausführlicher: Ernst und Kopp, 2010).

Beispielhaft sei hier Hacker (2009) vorgestellt, der zwischen monologischer und interaktiv-

dialogischer Arbeit unterscheidet. Damit schafft er es, die Arbeit „am und mit dem Men-

schen“ in sein Konzept der Handlungsregulationstheorie aufzunehmen, allerdings mit der

Schwierigkeit, dass er keine Unterscheidung zwischen dem Umgang mit Sachen und dem

Umgang mit Symbolen macht, eine Unterscheidung, die bei Baethge noch möglich ist. In der

Modellvorstellung Hackers bildet sich dann kein Bezug zum Drei-Sektoren-Modell mehr ab.

Eine monologische Tätigkeit kann sowohl im produzierenden als auch im Dienstleistungssek-

tor stattfinden. Die Wahrscheinlichkeit für dialogisch-interaktive Arbeit im Produktionssektor

ist zwar gering (vgl. hierzu Koch, 2010) aber nicht ausgeschlossen. Mit solchen Modellen der

Arbeit ist die Dienstleistungsforschung nicht mehr darauf angewiesen, sich an makroökono-

mischen Modellen wie der Drei-Sektoren-Theorie zu orientieren, sondern sie hat aus ihren

theoretischen Modellen eigene Klassifikationsansätze geschaffen. Diese Ansätze ermöglichen

es, das Gemeinsame zwischen verschiedenen Sparten zu erfassen. Ähnlich wie die Prinzipien

der Arbeitsgestaltung für die Montage von Staubsaugern und Automobilen gleich sind, sind

wahrscheinlich auch die Prinzipien der Gestaltung von Wissens- und Interaktionsarbeit ver-

gleichbar; gleichgültig ob es sich um Wissensarbeit in einer Verwaltung oder in der IT-

Branche oder um Interaktionsarbeit in der Pflege oder in der Schule handelt. Diese These ist

noch nicht verifiziert, die Ansätze in der Interaktionsarbeit deuten aber auf eine solche Ent-

wicklung hin.

Interaktionsarbeit

Arbeitspsychologisch gesehen ist „Arbeit in Wertschöpfungspartnerschaften“ nicht gleich

„Interaktionsarbeit“ zu setzen, wie Reichwald, Schipanski und Pößl (2012, S. 27) dies aus

betriebswirtschaftlicher Perspektive tun. Interaktionsarbeit ist Arbeit in unmittelbarer dialogi-

scher Interaktion mit dem Kunden. Bearbeitung von Beschwerdebriefen von Kunden ohne

dialogische Interaktion ist in diesem Sinne keine Interaktionsarbeit. Interaktionsarbeit bedarf

neben der wissenschaftlichen Durchdringung auch einiger philosophischer Gedanken. In "La-

borem Exercens" leitet Johannes Paul II die Arbeit aus dem göttlichen Auftrag ab: Seid

fruchtbar und mehret Euch, bevölkert die Erde und macht sie euch untertan. Er fasst Arbeit als

eine Tätigkeit auf, die vom Menschen als Subjekt ausgeht und auf ein äußeres Objekt ausge-

richtet ist. Die Arbeit verschafft dem Menschen damit eine Herrschaft über die Erde. Johannes

Paul II erwähnt randständig die Dienstleistungswirtschaft, auch den Bildungssektor, aber das

Problem der Dienstleistungsarbeit als "Herrschaft des Menschen über den Menschen" wird

nicht diskutiert. Auch in der Auseinandersetzung des Marxismus mit dem Thema "Arbeit"

ergeben sich keine neuen Aspekte. Im Resultat seiner Arbeit, dem geformten Gegenstand er-

blickt der Mensch sich selbst. Produzentenstolz ist ein umgangssprachliches Wort für diesen

Prozess. Bei den personenbezogenen Dienstleistungen ist dies aber ganz anders. Hier ist der

Mensch als Subjekt das Objekt der Arbeit. In der Arbeit werden dispositive und bearbeitende

Tätigkeiten an einem anderen Menschen ausgeübt. Hier tritt mir nicht die Natur gegenüber

sondern der Mensch. Dieses Thema als Forschungs- und Gestaltungsthema zu behandeln ist

zunächst einmal forschungsmäßig nicht trivial, da alle unsere bisherigen Forschungsansätze

auf dem klassischen Modell beruhen. Des weiteren muss uns klar werden, wenn wir die Ar-

Page 54: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

54

beit für eine Seite optimal gestalten, dass wir dann den Weg der Beherrschung des anderen

gewählt haben.

Die Problematik der "Arbeit am und mit Menschen" ist schon früh im Rahmen des Pro-

gramms "Humanisierung des Arbeitslebens" erkannt worden. Neumann (1988) sieht damals

schon, dass die Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der Arbeitenden im-

mer auch den Bedürfnissen der Betreuten gerecht werden muss. Außerdem mussten sich die

Forscher mit der These auseinandersetzen, dass die Betreuung Behinderter per se eine humane

Tätigkeit ist, diese Arbeit unter den Gesichtspunkten der Arbeitswissenschaft zu gestalten,

würde geradezu eine Dehumanisierung bedeuten (vgl. hierzu auch die Benedikt XVI Enzykli-

ka "Deus Caritas est, Nr. 31a und 35, 2005). Deshalb wandte sich das Vorhaben auch ver-

stärkt den institutionell-strukturellen Vorgaben und den daraus entstehenden Belastungen zu.

Das Grundproblem blieb auch hier ungeklärt.

Andre Büssing, sein Schüler Jürgen Glaser, Fritz Böhle und Winfried Hacker haben seit Ende

der 90er Jahre das Thema der Interaktionsarbeit und ihrer Gestaltung theoretisch entwickelt

und in praktische Gestaltung umgesetzt. Andre Büssing hat mit der Pflegearbeit begonnen,

wobei Pflege für ihn Erwerbsarbeit war, deren psychologische Gestaltung den Kriterien einer

humanen Gestaltung der Arbeit gerecht werden musste. Der nächste Schritt war die Übertra-

gung des theoretischen Konzeptes auf Softwareentwicklung, Lehrerarbeit, Friseurarbeit, Ar-

beit im Zug und Arbeit im Call Center. Böhle und Glaser haben dann die Tausch-, Dispositi-

ons- und Bearbeitungsbeziehung als grundlegend für die Interaktionsarbeit herausgearbeitet.

In der Tauschbeziehung begegnen sich Dienstleistende und Dienstleister als Anbieter und

Nachfrager, in der Dispositionsbeziehung besteht ein Dispositions- und Direktionsrecht des

Dienstleistungsempfängers über den Dienstleister und in der Bearbeitungsbeziehung steht die

unmittelbare Arbeit „am“ Dienstleistungsempfänger im Mittelpunkt. Hacker gliedert dann in

10 Thesen das Konzept der Interaktionsarbeit in die Handlungsregulationstheorie ein. Er un-

terteilt die Tätigkeiten in monologische (Tätigkeiten ohne ein anderes Subjekt) und dialogi-

sche Tätigkeiten (Tätigkeiten mit einem anderen Subjekt) ein. Personenbezogene Erwerbsar-

beit ist immer eine Mischung dieser beiden Tätigkeiten und diese Mischung ist hinsichtlich

ihrer Inhalte gestaltbar!

Inzwischen haben Böhle, Stöger und Weihrich einige Grundsätze der Arbeitsgestaltung wei-

terentwickelt (2014). Dazu gehören die Arbeits- und Gesundheitsschutz, die Vielfältigkeit der

Tätigkeit und die Vermeidung widersprüchlicher Anforderungen (Semmer, 2010). Durch die

notwendige Kooperation mit dem Gegenüber ist Interaktionsarbeit nicht frei gestaltbar ist. So

ist z.B. die Lage und Gestaltung der Arbeitszeit ist Restriktionen unterworfen. Schichtarbeit in

bestimmten Bereichen der Personenbezogenen Dienstleistungen ist sicherlich notwendig. Im

Handel spricht eine Abwägung der Gesundheitsinteressen der Beschäftigten, der Kaufinteres-

sen der Kunden und der Gewinninteressen der Unternehmen aber nicht für eine Ausweitung

der Schichtarbeit. Trotzdem sind Arbeitsschutzmaßnahmen in größerem Umfang möglich. So

zeigt eine Untersuchung zum Arbeitsschutz im Bereich der Kindertagesstätten, dass auch hier

neben den strukturellen Rahmenbedingungen zu Verbesserung des Arbeitsschutzes (Personal-

schlüssel, Pausenzeiten) auch Organisatorische Maßnahmen und verhaltenspräventive Maß-

nahmen möglich sind (Seibt, 2005; zu Finanzdiensten: Weber, 2013; zu Call Centern: Harms,

2013). Die weiteren Gestaltungskriterien, so z.B. die Vollständigkeit lassen sich ebenfalls

nicht unabhängig vom Kunden gestalten, da das „Dienstleistungsprodukt“ immer in Koopera-

tion mit dem Kunden geschaffen wird. Hier wird es sicher notwendig sein im Sinne von Pro-

zessen „offener Arbeitsgestaltung“ Kunden, Beschäftigte und Unternehmen zusammenzu-

bringen.

Page 55: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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Die Entwicklung von Wissens- und Interaktionsarbeit ist aber nicht nur eine arbeitswissen-

schaftliche Konzeption, sondern

sie ermöglicht auch den Be-

schäftigten in der Dienst-

leistungswirtschaft eine Identi-

tätsfindung, ähnlich wie die

Arbeit in der Fertigung. Damit

kann möglicherweise auch eine

neue Welle von arbeits-

orientierten Innovationsschritten

gegangen werden, die bisher

nicht denkbar waren. Pflege-

und Unterrichtsarbeit, Arbeit im

Zugteam des ICE und Verkauf

mit Beratung können gemein-

sam wahrscheinlich mehr für

die Gestaltung der Arbeit erreichen, als wenn man diese Kategorien entsprechend den volks-

oder betriebswirtschaftlichen Kategorien separiert.

Die Abbildung zeigt, dass Interaktion mit den Kunden kein Problem der personenbezogenen

Dienstleistungsarbeit allein ist. Baumgärtner und Bienzeisler (2006) führen eine Abstufung

der Interaktion in der Dienstleistungswirtschaft an, aber sie gehen den Schritt nicht in die neu-

en Produktionskonzepte, bei denen auch neue Interaktionsformen auftauchen, wenn man die

Öffnung der Produktion für den Kunden (z.B. in der Gläsernen Fabrik in Dresden oder im

Daimler Kundenzentrum) schon als Interaktion betrachten will.

Innovation durch Gute Wissensarbeit18

Ein zentrales Element der Wissensökonomie oder der Wissensintensiven Dienstleistungen

bildet die Wissensarbeit. Wissensarbeit wird nicht nur in der IKT-Branche geleistet, wobei sie

dann von der Arbeit der Freelancer bis zu vollindustrialisierten Arbeit in den Konzernen

reicht. Wissensarbeit wird aber auch in der Gesundheitswirtschaft, den Finanzdienst-

leistungen, der Medienbranche bis hin zu den staatlichen Verwaltungen geleistet. Wissens-

arbeiterInnen verfügen über ein breites Qualifikationsspektrum, von den Abschlüssen der

Lehre bis hin zur akademischen Ausbildung. Wissensarbeit ist im Sinne Baethges als „Arbeit

mit Symbolen“ und im Sinne Hackers als „monologische Arbeit“ zu verstehen. Insgesamt ist

die Definition von Wissensarbeit aber schwierig. Hermann (2004, S. 208 ff) zitiert mehrere

Definitionen, darunter die von Davenport (1996), die die ganze Problematik deutlich macht:

„..die Hauptaufgabe eines Wissensarbeiters <besteht> im Erwerben, Erzeugen, Bündeln und

Anwenden von Wissen...“. Dies ist deutlich an der Arbeitsaufgabe orientiert. „..Wissensarbeit

ist weniger durch Routine, als vielmehr durch Vielfalt und Ausnahmen gekennzeichnet“. Hier

wird eine Einschränkung gemacht, die aus der Arbeitsaufgabe nicht hervorgeht. Eine weitere

nicht aus der Arbeitsaufgabe abgeleitete Einschränkung folgt dann: „<sie> wird von Angehö-

rigen freier Berufe bzw. Fachkräften ausgeführt, die über ein hohes Maß an Fertigkeiten und

Kompetenzen verfügen“. Damit gleitet die Wissensarbeit in die akademischen Tätigkeiten

„wie Forschen, Entwickeln, Werben, Lehren sowie Dienstleistungen im Bereich Recht, Wirt-

schaftsprüfung und Unternehmensberatung“ ab. Wissensarbeit wird nicht mehr vom Gegen-

stand „Wissen“, sondern nur noch von der Qualifikation der Wissensarbeiter bestimmt. Dieser

18 So lautete der Titel einer Veröffentlichung von Schwemmle und Claus (2005)

Abbildung 9: Unterschiedliche Interaktionsniveaus

Page 56: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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aus arbeitswissenschaftlicher Sicht nicht zielführende Schritt wird hier nicht nachverfolgt,

sondern Wissensarbeit wird durch den Gegenstand „Wissen“ bestimmt, gleichgültig über wel-

che Qualifikation und Kompetenz der Wissensarbeiter verfügt. Qualifikation und Kompetenz

leiten sich aus dem Arbeitsprozess ab. Dieser Ansatz ist auch deshalb notwendig, um zu er-

klären, warum auch Wissensarbeit Rationalisierungs- und Standardisierungsansätzen unter-

liegt und warum sich die Belastungssituation der Wissensarbeiter sich so verändert hat; denn

die Ansicht von Hermann, dass die Standardisierung und Arbeitsteilung von Wissensarbeit

(z.B. S. 220-221) nur eingeschränkt möglich sei, dürfte inzwischen von der Realität eingeholt

worden sein.

Mit dem Platzen der „Internet-Blase“ rückte die Belastungssituation in den IT-Unternehmen

in das Blickfeld. Dabei zeigte sich, dass sich die Belastungssituation bei weitem nicht so posi-

tiv darstellt, wie in den Medien immer berichtet wurde. Die neue Situation resultiert aus dem

Zusammenwirken unterschiedlicher Belastungsfaktoren, die sich gewissermaßen gegenseitig

hochschaukeln und so eine neue Belastungskonstellation bilden. Zu nennen ist hier eine deut-

lich wahrnehmbare Leistungsverdichtung bei einem gleichzeitig steigenden Durchschnittalter

in den Unternehmen, ein veränderter strategischer Umgang des Managements mit den Be-

schäftigten vor dem Hintergrund gewandelter ökonomischer Rahmenbedingungen, die Verän-

derung der „betrieblichen Sozialordnung“ und der Unternehmenskulturen sowie die Verbrei-

tung neuer Unsicherheiten für die Beschäftigten. Die Zunahme der psychischen Belastung

wirkt sich offenbar bei immer mehr IT-Fachleuten ungünstig auf ihre Leistungsfähigkeit und

Gesundheit aus. So weist etwa jeder Dritte bereits Anzeichen der chronischen Erholungsunfä-

higkeit auf. Dazu treten Faktoren des demographischen Wandels. Während die öffentliche

Meinung noch immer den oder die hoch belastbare/n, junge/n IT-Spezialistin/en sieht, hat sich

in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel in den Altersstrukturen der Branche vollzogen:

Daten der Bundesagentur der Arbeit deuten darauf hin, dass um 2010 bereits jeder 2. IT-

Spezialist über vierzig sein wird. Damit stellen sich nicht nur neue Fragen der persönlichen

Gesunderhaltung sondern auch die Frage, wie die Innovationsfähigkeit der deutschen Unter-

nehmen erhalten werden kann. Basierend auf den vorhandenen Präventionsansätzen wurden

neue Ansätze und Konzepte der gesundheitlichen Prävention bzw. der Gesundheitsförderung

entwickelt, um eine menschengerechte Gestaltung der Wissensarbeit zu realisieren (insgesamt

zu dem Thema und zu den neuen Präventionsansätzen: Becke et al., 2010, zur Arbeitswissen-

schaft Zink, Weber, 2003).

Doch die Wissensökonomie geht nicht allein mit neuen Belastungen einher, sondern sie bietet

auch Chancen, mit Wissensintensiven Dienstleistungen neue Dienstleistungen (z.B. Winkel-

mann und Kremer, 2007) und neue Formen der Präventionsdienstleistungen anzubieten, die

über die gesetzlich vorgeschriebenen Formen hinausgehen können. „Dienstleistung Präventi-

on“ hieß der Ansatz, den Cernavin et al. (1998) konzipierten und den Cernavin in die erfolg-

reiche Internetdienstleistung „Prävention-online“ umsetzte (http.www.praevention-online.de).

Im Zuge der Beschreibung von Wissensarbeitern im Sinne von Davenport und in Verbindung

mit einer Selbstwahrnehmung als „Arbeitskraftunternehmer“ nehmen Wissensarbeiter beson-

ders auf akademisch qualifizierten Niveau ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber anders

wahr als Wissensarbeiter in klassischen Strukturen. Martens (2012, S. 3-4) schreibt, „dass die

gewohnten repräsentativen Vertretungsstrukturen, also die Betriebsräte, unter Druck geraten.

Sie stehen den Beschäftigten bei der Bewältigung ihrer Arbeitsanforderungen, die von so et-

was wie Umstrukturierung der Arbeit in Permanenz gekennzeichnet sind, also in der Wahr-

nehmung ihrer Funktion als „Arbeitskraftunternehmer“ gewissermaßen im Wege.“ Allerdings

scheinen sich diese Ansichten im Zuge der ständigen Umstrukturierungen und auch der o.a.

„Industrialisierung“ der Wissensarbeit von Hochqualifizierten zu ändern. Die Sicherung der

Page 57: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit – auch im steigenden Alter bei manchem Wissensarbei-

ter setzt dies bei 35 Jahren ein – führt zu einer erneuten Stärkung der Beziehungen zwischen

Interessenvertretungen und Wissensarbeitern. Wenn man dann aber Gewerkschaften im Sinne

einer sozialen Bewegung kaiserlicher Zeiten begreift, hat man natürlich verloren. Auch unter

Einbezug ihrer Tradition kann gewerkschaftliche Organisation auch mit Zielen, Mitteln und

Methoden von Wissensarbeitern erfolgen.

Facharbeit als Gegenstand von Innovationsüberlegungen19

Am Übergang vom 20. in das 21. Jahrhundert war es nicht Konsens, zu behaupten, dass der

Erfolg in der Dienstleistungswirtschaft gezielte Humanresourcenentwicklung erfordert. Es

wurde deutlich unterschieden zwischen der „einfachen Arbeit“, die in einem Niedriglohn-

sektor zusammengefasst werden sollte, und der qualifizierten Wissensarbeit (gewöhnlich mit

akademischer Qualifizierung), die der eigentliche Innovationsträger war. Wichtige politische

Kreise realisierten nicht, dass der Erfolg der deutschen Produktion auf dem Zusammenwirken

der Triade Facharbeiter - Meister – Ingenieur beruhte. Es wurde nicht wahrgenommen, dass

ca. 60% der im Dienstleistungssektor beschäftigten Menschen über eine mittlere Qualifikation

verfügte (nach Reichwald, Schipanksi, Pößl, 2012, S. 21). Man konnte sich nicht vorstellen,

dass auch in der Dienstleistungswirtschaft die Unternehmen nur mit qualifizierten Arbeits-

kräften in die Lage versetzt werden, ihre hohen Investitionen in innovative Technologien zu

nutzen und gewinnbringend einzusetzen. Die hohe Interaktion mit den Kunden, die Wissens-

intensität zahlreicher Dienstleistungen und die Bedeutung impliziten Wissens sind Gründe

dafür, dass künftig wirtschaftlicher Erfolg nur bei einem ausreichenden Angebot an qualifi-

zierten Arbeitskräften möglich ist. Qualifizierungs- und Gestaltungsanstrengungen dürfen sich

nicht nur auf die akademischen Dienstleistungsberufe richten, sondern müssen sich auch mit

den Dienstleistungen beschäftigen, die ein mittleres Qualifikationsniveau erfordern. Denn es

ist auch in Zukunft davon auszugehen, dass

es wirtschafts- und sozialpolitisch unsinnig ist, die Anforderungen der Arbeitstätigkeit

immer nur auf einen akademischen Level auszurichten.

eine Gesellschaft, die auf dem Zusammenwirken von Produktion und Dienstleistungen

basiert, ähnlich wie die Industriegesellschaft der Vergangenheit, ein Zusammenwirken

von gut qualifizierten und ausgebildeten Facharbeitern mit akademisch ausgebildeten

Arbeitnehmern benötigt

Ein solcher Ansatz, der die Gestaltung der Dienstleistungsfacharbeit in den Mittelpunkt stellt,

berücksichtigt auch, dass Hilfs- und einfache Tätigkeiten immer weniger nachgefragt werden.

Er vermeidet auch die Probleme der Diskussion um die Schaffung eines Sektors mit ein-

fachsten Tätigkeiten, die nur mit staatlichen Subventionen in Betrieben zu verwirklichen ist.

Ausgangspunkt der Diskussionen zu Beginn des Jahrzehnts war die Konzeption des „Produz-

entenstolzes“ und ihre Entsprechung in der Dienstleistungsarbeit. Im Produkt tritt dem Wer-

ker das Ergebnis seiner Arbeit gegenüber und er kann positive oder negative Emotionen ihm

gegenüber entwickeln. Umstritten war, ob es überhaupt einen „Produzentenstolz“ bei Dienst-

leistungen geben kann, oder ob es sich um einen „Professionalisierungsstolz“ gehe. Dienst-

leistungsbeschäftigte entwickeln einen „Produzentenstolz“, der sich auf die Qualität von Kun-

denbeziehungen bezieht (zu verstehen als eine persönliche Leistung, die auf dem Selbstbe-

wusstsein des gekonnten Umgangs mit dem Kunden und seinen Ansprüchen fußt). Es geht

also um das gekonnte Umgehen mit komplexen Gemengelagen aus Arbeits- und Berufssitua-

19 Der folgende Text orientiert sich an der Veröffentlichung von Zühlke-Robinet und Bootz (2009), eine Über-

sicht über den Förschwerwerpunkt „ Dienstleistungsqualität durch professionelle Arbeit“ bei Zühlke-Robinet

(2012)

Page 58: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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tion, normativen, ästhetischen und gebrauchswertorientierten Orientierungen und Einstellun-

gen. Es geht also um die Gestaltung von Dienstleistungskulturen im Sinne der Beschäftigten

und Kunden im Wechselspiel von Beschäftigungs-, Kunden-, Problemverhältnis und professi-

onellem Verständnis im Sinne der Berufsrolle mit dem Ziel, ein Bewusstsein von guter

Dienstleistungsarbeit entwickeln zu können. Als weitere Frage trat hinzu, wie gesellschaftli-

che Anerkennung (Wertschätzung) gerade bei Dienstleistungen im Zusammenhang mit „Stolz

auf die Arbeit“ steht. Entgegen des Mainstreams griff der „Impulskreis Dienstleistungen“ in

der Initiative „Partner für Innovation’“ die Gedanken auf (Kleppel/Siegel/Ganz 2005). Er sah

in „der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung und im fehlenden Stolz auf die eigene

Arbeit ein Haupthindernis für Dienstleistungsinnovationen und -professionalisierung in

Deutschland: Denn nur wer sich mit seiner Arbeit identifiziert, unternimmt auch Anstrengun-

gen, eigene innovative Vorschläge zu entwickeln.“ Aufbauend auf diesen Fragen entwickelte

er im Sommer 2005 ein forschungspolitisches Memorandum (Gabriel u. a. 2005), das dem

BMBF-Fachreferat überreicht wurde. Ein wichtiges Argument in der Ausarbeitung lautete:

„Es scheint uns allerdings lohnend, in Zukunft ein stärkeres Gewicht auf die Durchdringung der

Wertschöpfungsprozesse im Dienstleistungsbereich zu legen. Wenn die Innovationsfähigkeit ver-

bessert werden soll, ist die Kenntnis dieser Prozesse entscheidend. Dabei sollten die Arbeit, die Be-

schäftigten und die Bedingungen von Kompetenzentwicklung stärker ins Blickfeld genommen wer-

den. Innovationen werden von Menschen gemacht. Sie werden aber nur dann gemacht, wenn diese

ihren Beitrag zur Wertschöpfung kennen und ihn einschätzen können, wenn sie „Produzentenstolz“

entwickeln können, weil Unternehmen, Gesellschaft, Kunden und Kundinnen ihre Wertschätzung in

Anerkennung der Leistung und der Akzeptanz dafür angemessener Preise dokumentieren“ (Gabriel

u. a. 2005, 14).

Im Schlusswort des BMBF auf der 6. Dienstleistungstagung wurde eine entsprechende För-

derbekanntmachung angekündigt (Haugg 2006). Die Förderbekanntmachung wurde dann

nach über zwei Jahren Vorbereitung im Juni 2007 publiziert. (Zühlke-Robinet, 2011). 2012

erschien ein Übersichtsband über die Ergebnisse der Schwerpunktes (Reichwald, Frenz, Her-

mann, Schipanski, 2012).

Dieser am "Industrialismus“ orientierte Ansatz ist sich der von Baethge geäußerten Kritik be-

wusst. Baethge (1999, spezifisch 2011) hat keine Zweifel daran, daß das Berufsprinzip und

die Berufssystematik für die meisten Formen qualifizierter Dienstleistungen kein tragfähiges

organisatorisches Fundament mehr abgibt. Er begründet dies mit den gestiegenen Wissens-

und Theorieanteilen, der zunehmenden Internationalisierung der Handlungsfelder und dem

beschleunigten Wechsel von Marktkonstellationen. Er fordert stattdessen eine Lockerung des

Berufsprinzips, Schaffung alternativer Lernortarrangements zur alten Qualität unter Einbezug

von Hoch- und Fachhochschulen, konsequente Durchlässigkeit von der Berufs- zur Hoch-

schulausbildung und eine flexible Gestaltung des Verhältnisses von Erstausbildung und Wei-

terbildung.

Die Dynamik der mittleren Qualifikationsebene

Professionelle Dienstleistungsarbeit auf der mittleren Qualifikationsebene entsteht aus20 meh-

reren Quellen. Erstens einfache Tätigkeiten werden substantiell aufgewertet. Zweitens entste-

hen neue Tätigkeiten oder eine Anreicherung bestehender Tätigkeiten auf der mittleren Ebe-

20 Die Ergebnisse stützen sich auf die Auswertungen des Schlussbereichtes der Teilvorhaben Fachhochschule

Gelsenkirchen - Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen: „Eine exemplarische Untersuchung am Beispiel der

Wirtschaftsbereiche Altenhilfe, Creative Industries, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie Medizintechnik“

(01FD0672) sowie des Teilvorhabens des isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH,

Halle: „Eine exemplarische Untersuchung am Beispiel ausgewählter Wirtschaftsbereiche Bauwesen, Nanotech-

nologie, sicherheitsrelevante Dienstleistungen sowieTourismus“ (01FD0673) durch Klaus Zühlke-Robinet, PT-

DLR

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ne. Zum dritten können Auslagerung und Aufteilung von höherwertigen Tätigkeiten auf die

mittlere Ebene durchgeführt werden. Als Treiber für die Ausweitung der mittleren Tätigkeits-

ebene werden ein starker Qualitäts- und Preiswettbewerb genannt. Von unten fördert ein star-

ker Qualitätswettbewerb die Zusammenfassung von Tätigkeiten um die Qualität zu sichern,

von oben begünstigt ein starker Preiswettbewerb eine Auslagerung und Aufteilung von höhe-

ren Tätigkeiten. In der „Mitte“ führen neue Aufgaben zu einer Ausdifferenzierung und Anrei-

cherung von Tätigkeiten sowie zur Entwicklung neuer Tätigkeiten.

Aufwertung einfacher Tätig-

keiten Neue Tätigkeiten oder Anrei-

cherung bestehender Tätigkei-

ten

Auslagerung und Aufteilung

von höheren Tätigkeiten

Hauswirtschaft Altenpflege Altenpflege Wohnungswirtschaft Wohnungswirtschaft Tourismus Kreativwirtschaft Kreativwirtschaft Kreativwirtschaft Sicherheitsdienstleistungen

Barrierefreies Bauen und

Wohnen

Barrierefreies Bauen und

Wohnen Medizintechnik Medizintechnik

Nanotechnologie Nanotechnologie

Tabelle 3: Entstehungswege für Tätigkeiten eines Mittleren Qualifikationsniveaus

Die Tabelle zeigt deutlich, dass die drei Prozesse in unterschiedlichen Feldern der Dienstleis-

tungswirtschaft wirksam sind. In den untersuchten Dienstleistungen ist eine dynamische Ent-

wicklung von Tätigkeiten der mittleren Ebene beobachtbar. Entgegen verbreiteten Thesen

erweist sich die mittlere Tätigkeitsebene in der Untersuchung als vital und ausbaufähig. Zwar

kann keine Aussage getroffen werden über das relative Wachstum dieser Ebene in Relation

zum Wachstum der Tätigkeiten, die in der Regel eine akademische Ausbildung erfordern. Die

Befunde widersprechen jedoch den Vorstellungen einer schwindenden mittleren Ebene oder

einer durchgängigen Akademisierung.

Die Bedeutung der mittleren Qualifikationsebene für ein Innovationscluster (hier Gesund-

heitswirtschaft) zeigt der «Pflegeheim Rating Report 2009», den das Essener Rheinisch-

Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) Ende September in Berlin vorstellte.

Untersucht wurden die Daten von allen 11 000 Pflegeheimen in Deutschland. Ihre wirtschaft-

liche Lage wird sich laut Studie langfristig stabilisieren, auch wenn es aktuell noch Überkapa-

zitäten gebe. Da immer weniger Angehörige die Pflege übernähmen, werde die Zahl der stati-

onären Pflegefälle bis zum Jahr 2020 voraussichtlich um 36 Prozent steigen. Damit würden

fast 80 000 zusätzliche Pflegefachkräfte gebraucht. Es gibt dabei allerdings ein Problem: Die

Altenpflege ist alles andere als ein Traumberuf ist. Schlechtes Image, harte Arbeit und vor

allem die niedrigen Löhne machen der bislang krisenfesten Branche zu schaffen - denn ohne

Personal kein Wachstum: "Der Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften könnte für das

Wachstum des Pflegemarkts in manchen Regionen zu einem Problem werden", sagt Sebastian

Krolop Geschäftsführer der Unternehmensberatung Admed und Mitautor des "Pflegeheim

Rating Reports 2009" (nach FTD vom 4.10.2009).

Professionalisierung und Mittlere Qualifikationsebene

Birken (2012) unterscheidet zunächst zwei Professionalisierungskonzepte. Zum einen das

klassische, das sich durch Berufe, Ausbildung, Standesverbände und eine spezifische Profes-

sionsethik auszeichnet und als zweites die “Professionalität im Arbeitshandeln“, die sich

dadurch auszeichnet, dass die Anforderungen des Arbeitsprozesses erfolgreich bewältigt wer-

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den. Während es zunächst aussieht, als ob nur das zweite Modell von Interesse wäre, stellt

Birken im folgenden dann ein Modell mit drei Ebenen der Professionalität und unterschiedli-

chen Professionalitätsdimensionen vor. Die untenstehende Tabelle ist Birken entnommen und

zeigt die Ebenen und Dimensionen.

Tabelle 4: Professionalitätsdimensionen interaktiver Arbeit, (nach Birkner, 2012, S. 329)

Ebene Professionalitätsdimension

Face-to-Face- Interaktion

Praktische Interaktions- KOMPETENZ

Gesamtarbeitsprozess (Betrieb) KOMPETENZ zur Organisation der eigenen Arbeit im

Gesamtarbeitsprozess

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Arbeit Reflektierte Sorge um die Sicherung der Voraussetzun-

gen für gelingende Interaktive Arbeit

Mit diesem Ansatz gelingt es Birken, den individuell orientierten Kompetenzansatz mit einem

strukturellen Modell zu verbinden. Er kommt zu dem Schluss, dass die Frage der Professiona-

lisierung erst dann richtig gestellt ist, wenn „dabei sowohl die Analyseebenen Interaktion und

Betrieb als auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der interaktiven Arbeit in den

Blick genommen werden....wird spätestens mit der Ebene der Strukturellen Rahmung der Ar-

beit ein Gestaltungsbereich betreten, in dem Veränderungen nicht mehr individuell über

Lernprozesse, sondern nur noch kollektiv über (arbeits-)politische Entscheidungen herbeige-

führt werden können.“ (Birken, 2012, S. 337). Interessant ist, dass Birken die letzte Ebene als

für die Beschäftigten am steinigsten beschreibt, insbesondere da das Feld der Arbeits- und

Interessenpolitik vielen Beschäftigten eher fremd zu sein scheint. Ein Versuch, diese Lücke

zu schließen ist sicher die Beteiligung der Vertretungen der Beschäftigten an Projekten und an

der Programmgestaltung, wie sie lange Zeit für die Arbeitsforschung kennzeichnend war. In

der Debatte um die Professionalisierung der Interaktiven Arbeit wird dieser Versuch mit dem

Artikel von Martin Beckmann (2012) wiederaufgenommen. Beckmann ist Referent im Be-

reich „Politik und Planung“ der Ver.di Bundesverwaltung. Noch ausgeprägter ist die Einbe-

ziehung der Intermediären Organisationen bei der Professionalisierung der IT-

Dienstleistungen in einer globalen Ökonomie. Hier stellen die IG Metall und Ver.di (Erke,

Heiman, Vaerst; Bayer; Hageni 2012) und Unternehmensverbände (Baukrowitz, Chung 2012)

ihre Positionen dar und zeigen in Zusammenarbeit mit Zertifizierungsorganisationen (z.B.

Littig 2012) auf, welche Wege auch im europäischen Kompetenzrahmen gangbar sind. Dieser

Ansatz ist sicher eine Konsequenz aus der „Industrialisierung der IT-Wirtschaft“ und der da-

mit verbundenen Entwicklung von Interessenverbänden; eine Entwicklung, die für den ge-

samten Dienstleistungssektor fehlt.

Untersuchungen zur Professionalisierung im Dienstleistungsbereich gab es schon in den Zei-

ten der Programme „Humanisierung des Arbeitslebens“ bzw. „Arbeit und Technik“ (beispiel-

haft für die Logistik: Bockelmann und Böseler, 1997 oder Borch und Weißmann, 1994, für

den Handel: Jacobsen und Hilf, 1995, für den ÖPNV: Minssen, 1988, Tränkle und Bailer,

1996). Allerdings verknüpften diese nicht Qualifikation und Kompetenz und stellten auch

nicht den Zusammenhang zwischen Professionalisierung, „Produzentenstolz“ und Wertschät-

zung in das Zentrum der Betrachtungen. Insbesondere schenkten sie den von Birkner darge-

stellten Ebenen der Professionalisierung aber viel zu wenig Beachtung. Bootz und Zühlke-

Robinet (2012) formulieren für die neuere Forschung im Programm „Innovationen mit

Dienstleistungen“, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse in die laufende Debatte um die Ge-

staltung der Professionalisierungsstrukturen in der Dienstleistungswirtschaft und den Dienst-

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leistungsunternehmen eingreifen soll und Denkanstösse geben soll, dass gute Dienstleistungs-

qualität die Professionalität voraussetzt.

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Tabelle 5: Professionalisierung in der Dienstleisungsökonomie

Bereich Autoren21 Titel Erscheinungsort Betreuung/ Pflege:

Altenpflege

Wolfgang Schindele, Thomas Birken,

Isabel Herms

Professionalisierung und Gestaltung in der Altenpflege: Reflexi-

onschancen bereitstellen

Wolfgang Dunkel, Margret Weihrich (Hg.): Interaktive Arbeit, Springer

VS, S.389-404 (2012)

Betreuung/ Pflege:

Altenpflege

Kerstin Blass Altenpflege zwischen professioneller Kompetenzentwicklung

und struktureller Deprofessionalisierung

R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

Betreuung/ Pflege:

Altenpflege

Grigorieva, Julia; Johannßen, Chris-

tine, Wahl, Wulf-Bodo

Auf dem Weg zur professionellen Gefühlsarbeit - Impulstage im

Verbundprojekt QUIERO

Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz 2020: Prävention weiter-

denken! Aachener Reihe Mensch und Technik Bd. 63 (2010)

Betreuung/ Pflege:

Altenpflege

Fuchs-Frohnhofen, Paul; Blass, K.,

Dunkel, Wolfgang

Wertschätzung, Stolz und Professionalisierung in der Dienstleis-

tungsarbeit "Pflege"

Tectum Verlag Marburg (2010)

Betreuung/ Pflege:

Kindertagespflege

Stefan Heeg Professionalisierung in der Kindertagespflege R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

Bildungsdienst-

leistungen

Martin Diart, Aleander Spitzner,

Volker Tremet

Professionalisierung und Qualifizierung von Bildungsdienstleis-

tern

R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

Energieberatung Frenz, Martin; Unger, Tim; Schlick,

Christopher M.

Moderne Beruflichkeit Wbv Bielefeld (2011)

Entsorgung Ivonne Kinne et al. Dienstleistungsarbeit im technischen Umweltschutz R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

Gebäudereinigung Hermann, Sibylle; Pankau, Klaus,

Martinez, Simone

"What's my line? I'm happy cleaning windows." Gebäude-

reinigung zwischen Hausfrauenimage und Hightech-Professiona-

lisierung

In: Gatermann, Inken; Fleck, Myriam (Hrsg.): Mit Dienstleistungen

Zukunft gestalten Impulse aus Forschung und Praxis, (2011)

Gesundheitswirtschaft Budych, Karolina; Pelleter, Jörg,

Schultz, Carsten; Helms, Thomas

Qualifikationskonzept Telemedizin-Assistent - Ein Szenario zur

Professionalisierung der Telemedizin

E-Health.com 4, pp. 53-56 (2010)

Gesundheitswirtschaft /

Wellness

Peter Kalkowski, Gerd Paul Hochwertige Dienstleistungen für die Job-Maschine Wellness ? R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

Hotellerie Mark Alish, Eric Treske Service Storys – spielerische Personalentwicklung in der Hotel-

lerie

Wolfgang Dunkel, Margret Weihrich (Hg.): Interaktive Arbeit, Springer

VS, S.389-404 (2012)

Hotellerie/ Gebäude-

reinigung

Cisco, Agostino Bitte stören! - Qualifizierung als Voraussetzung für professionel-

le Arbeit am Beispiel der Zimmerreinigung in der Hotellerie

Gatermann, I.; Fleck, M. (Hg.): Technologie und Dienstleistung - Inno-

vationen in Forschung, Wissenschaft und Unternehmen. Campus Verlag,

(2008)

IT-Dienstleistungen Andreas Boes, Andrea Baukrowitz,

Tobias Kämpf, Kira Marrs

Qualifizieren für eine global vernetzte Ökonomie Springer Gabler (2012)

Personentransport Gereon Stock, Stefan Hilger, Erd-

muth Hemman-Kuhne, Kai Beutler

Professionalisierung von Dienstleistungsarbeit in Schlüsselbran-

chen des Verkehrssektors

R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld

Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)

21 Soweit die Literaturangaben nicht im Text bearbeitet sind, werden sie in der Literaturdarstellung ncht berücksichtigt.

Page 63: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

63

Die Tabelle Tabelle 5: Professionalisierung in der Dienstleisungsökonomie versucht die ver-

schiedenen Herangehensweisen im entsprechenden Schwerpunkt des Dienstleistungsfor-

schungsprogramms aufzulisten (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben). Zu-

nächst einmal ist festzuhalten, dass es weder ein einheitliches Professionalisierungskonzept

gibt, noch einen einheitlichen Ansatz zur Beschreibung der zu Grunde liegenden Dienstleis-

tungsarbeit. Die Gruppe aus München/ Augsburg um Schindele, Blass, Alish, Dunkel (jeweils

Erstautoren) nähern sich vom Modell der Interaktiven Arbeit dem Thema und versuchen aus

dieser Sicht Arbeit und Professionalisierung in verschiedenen Anwendungsbereichen (Be-

treuung/ Pflege; Hotellerie) zu beschreiben. Sie setzen damit die schon begonnene Forschung

um die „Interaktionsarbeit“ fort. Martin (Erstautor) geht von der interdisziplinären Herange-

hensweise der Berufspädagogik und der Arbeitswissenschaft aus, um die Professionalisie-

rungsansätze im Bereich „Energieberatung“ zu beschreiben. Inwieweit diese Herangehens-

weise auf andere Bereiche zu übertragen ist, muss geprüft werden. Der Ansatz, eine Disziplin

der Arbeitsforschung mit Ansätzen der Professionalisierungsforschung auf einen Bereich an-

zuwenden, liegt den meisten anderen Ansätzen zu Grunde (eine Ausnahme bildet hier Grigo-

rieva, deren Untersuchung das Konzept der Gefühlsarbeit zu Grunde liegt). Inwieweit diese

interdisziplinären Ansätze ohne gemeinsames Modell (s. auch die Diskussion um Dienstleis-

tungsforschung) zu allgemeinen Wissensfortschritten beitragen, wird die Zukunft zeigen müs-

sen.

Ausgangspunkt der Professionalisierungsanstrengungen sind „Marktprobleme“, die neue

Dienstleistungsangebote erfordern. Die „Marktprobleme“ können unterschiedlicher Art sein.

In der Energieberatung ist es ein neuer Markt, bei den IT-Dienstleistungen sind es neue For-

men der Internationalisierung, in der Pflege sind es die neuen Finanzierungsformen, im

ÖPNV-Sektor sind es die neuen Vergabeformen und die noch immer bestehenden Belas-

tungsprobleme bei den Fahrern. Die meisten Lösungsansätze zielen auf die Ebenen „Arbeit“

und „Organisation“. Kalkowski und Paul bilden eine Ausnahme, wenn sie die Wege zur Ge-

staltung der Rahmenbedingungen (Bündelung der Interessen durch Verbandsstrukturen auf

Unternehmensseite) in ihre Überlegungen einbeziehen. Auch der weitergehende Prozess der

staatlichen Aufgaben im Rahmen der Entwicklung von Berufen bleibt unterbelichtet, obwohl

gesehen wird, welche Vorteile die „Früherkennung“ beruflicher Anforderungen für die IT-

Wirtschaft geboten hat.

Die Reaktion auf Herausforderungen des Marktes mit Professionalisierungsstrategien zu ant-

worten, ist für viele Unternehmen nicht zwingend. Sie versuchen statt dieser High-Road-

Strategie den Wettbewerb über die Preisgestaltung zu führen. Dieser Weg ist häufig, muss

aber nicht, mit Deprofessionalisierung, hohen Belastungen und Niedriglohn verbunden. Wie

Blass zeigt, ist dies nicht nur in neuen Märkten der Fall, sondern kann auch in einem Feld mit

verhältnismäßig hoher Professionalisierung drohen.

Für Blass hat ein wichtiger Teil der Professionalisierungsdebatte in der Dienstleistungs-

wirtschaft mit der geschlechterspezifischen Arbeitsmarktsegmentierung zu tun. Der normale

Professionalisierungsansatz ist ein typisch „männlicher Ansatz in der Produktion“. Blass geht

dabei besonders auf die Pflegeberufe ein, ihre Argumentation gilt aber auch in den angespro-

chenen Bereichen der Kindertagespflege, der Gebäudereinigung und der Hotellerie. Kenn-

zeichnend ist die Betrachtung der Arbeit in diesen Sektoren als „hausarbeitsnah“. Solche

Dienstleistungen – so könnte man mit Blass das Urteil der Allgemeinheit formulieren – sind

einer unentgeltlichen Versorgungsleistung im Privaten gleichzusetzen. Die dazu notwendigen

Qualifikationen und Kompetenzen seien bei Frauen a priori zu finden und benötigten angeb-

lich keine berufliche Qualifikation. Die damit zusammenhängende Arbeitsmarktseg-

mentierung dürfte inzwischen ein massives Innovationshemmnis darstellen. Zum einen dürfte

Page 64: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

64

sich das Selbstverständnis der Frauen als „industrielle Reservearmee“ geändert haben, zum

anderen hat auch die – wie immer zu bewertende – „Industrialisierung“ der Dienstleistungen

dazu geführt, dass sie nicht mehr ohne ausreichende Qualifikation ausführbar sind. So beur-

teilen Experten den Umgang mit modernen Hightechmaterialien, mit neuen Reinigungs-

mitteln und innovativen Reinigungsverfahren als nicht weniger anspruchsvoll als die Arbeit in

Fertigung, Montage oder Handwerk. Trotzdem bleibt die Situation der Gebäudefacharbeit

prekär. Es fehlen Ausbildungswege und -profile, aber auch Tarifverträge, und damit gibt es

auch keine „Berufspolitik“ (Pankau, 2010,

http://www.fes.de/wiso/pdf/dienstleistung/2010/170610 /pankau_Thesen.pdf

Wertschätzung von Dienstleistungsarbeit

Es soll hier nicht auf Fragen innerbetrieblichen Wertschätzung der Arbeit oder auf Fragen des

(Mitarbeiter)stolzes und der Wertschätzung eingegangen werden (hierzu ausführlich die Bei-

träge im Teil 3 von Reichwald, Frenz, Hermann und Schipanksi, 2012 oder auch bei Fuchs-

Frohnhofen, Blass, Dunkel, 2010, aus Sicht der Betroffenen: Ver.di 2011). Im Mittelpunkt der

folgenden Betrachtungen steht die Frage der Wertschätzung der Öffentlichkeit für Dienstleis-

tungen und für Dienstleistungsarbeit. Ciesinger, Fischbach, Klatt und Neuendorff (2011) ha-

ben sich ausführlich mit der Wahrnehmung der Öffentlichkeit in der Gesundheitswirtschaft

und im Handel auseinandergesetzt.

Die Ergebnisse sind differenziert und für die Untersucher z.T. überraschend. Zunächst einmal

finden sie die erwartete durchgängige geringere Wertschätzung der Altenpflege gegenüber der

Krankenpflege nicht (Klatt et al, S. 43, 2011). Stattdessen kristallisieren sich „differenzierte

Einschätzungen und zugleich homogene Perspektiven auf die Einrichtungen einerseits und die

Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege andrerseits heraus“. Die Kompetenzen des

Personals, aber auch die Qualität der Dienstleistungen werden gegenüber der Professionalität

der Einrichtungen (gebildet aus den Items zu Arbeitsbedingungen, Verdienstmöglichkeit,

Aufstiegsmöglichkeit, Qualifikation, Innovativität) deutlich besser bewertet. Interessant dabei

ist auch die Differenz zwischen dem Urteil der Öffentlichkeit und den Transparenzberichten

des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Goesmann, Klatt, Lisakowski (2011)

berichten, dass die Urteile des MDK positiver ausfallen als die der Befragten mit eigener Er-

fahrung und die wiederum positiver sind als die Urteile der Befragten ohne Erfahrung. Diese

Aussagen gelten sowohl für die stationäre als auch die ambulante Pflege. Extrem werden die

Unterschiede in der Bewertung der Einschätzung der Wohnqualität. Hier vergibt der MDK in

86% der Fälle die Note „Sehr gut“, während dies nur 6,5%der Befragten mit Erfahrung und

2,5% der Befragten ohne Erfahrung tun.

Auch für den Handel (Lebensmittel- und Elektronikeinzelhandel) sind die Ergebnisse der Be-

fragung sehr differenziert (Klatt, Ciesinger 2011). Zwar halten die Befragten die Berufe im

Einzelhandel für generell wichtig, das Verkaufen selbst genießt aber kein hohes Ansehen und

nur etwa 50% der Befragten sagen, dass Verkäufer stolz auf ihren Beruf sein können. Eine

besonders schlechte Bewertung erfahren de Arbeitsbedingungen, Verdienst- und Aufstiegs-

möglichkeiten in allen Bereichen des Einzelhandels.

Die eingesetzte Methodik macht einen Vergleich der öffentlichen Wertschätzung für die Pfle-

ge und den Handel möglich. Zunächst einmal ist die Öffentlichkeit der Ansicht, dass die Be-

schäftigten in der Pflege eher auf ihren Beruf stolz sein können (90% in der Pflege; 52% im

Handel). Sie vergibt aber der Qualität der Dienstleistung im Handel eine deutlich bessere Be-

wertung als der Qualität der Dienstleistung in der Pflege. Ein Zeichen, dass hier in der Pflege

professionelleres Agieren auf Unternehmensebene notwendig ist. In beiden Bereichen werden

de Arbeitsbedingungen, Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten als schlecht bewertet. Die

Page 65: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

65

Autoren kommen hier zu dem Schluss: „Es muss als Alarmsignal bewertet werden, dass Ar-

beit ..... als genau so wenig attraktiv angenommen wird wie in der Pflege. Damit scheint der

Nachwuchsmangel vorprogrammiert.“ (Klatt, Ciesinger, 2011, S. 105)

Page 66: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

66

Tabelle 6: Wertschätzung von Dienstleistungen

Bereich Autoren22 Titel Erscheinungsort Logistik/ Bahn Koch-Falkenberg, Carolyn; Krat-

zer, Nick; Treske, Eric

Gestaltung der DB Services: Sichtbarkeit verbessern,

Wertschätzung erhöhen

In: Dunkel, W.; Weihrich, m. (Hg.): interaktive Arbeit, Springer

VS S. 419 –435 (2012)

Gesundheitswirt-

schaft/ Pflege

Von der Malsburg, Andrea et al. Handlungsanregung „Wertschätzungsfördernde Öffent-

lichkeitsarbeit als Leitungsaufgabe“

In: Fuchs-Frohnhofen, P. et al.(Hg.): PflegeWert, Kuratorium

Deutsche Altershilfe, S. 342-370 (2012)

Gesundheitswirt-

schaft/ Alten- und

Krankenpflege

Rüdiger Klatt et al. Alten- und Krankenpflege im Spiegel der öffentlichen

Wahrnehmung - Ergebnisse einer repräsentativen Bevöl-

kerungsbefragung zur Wertschätzung zweier Dienst-

leistungsberufe

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,

LIT Verlag, Berlin, S. 31-52, (2011)

Gesundheitswirt-

schaft/ Altenpflege

Christina Goesmann, Rüdiger

Klatt, Annika Lisakowski

Der Blick von außen":

Ist die Altenpflege so gut (oder schlecht) wie ihr Ruf?

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,

LIT Verlag, Berlin, S. 79 - 95, (2011)

Handel Rüdiger Klatt, Kurt-Georg Cie-

singer

Der Einzelhandel im Spiegel der öffentlichen Wahr-

nehmung -Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zur

Wertschätzung von Verkaufsberufen

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,

LIT Verlag, Berlin,, S. 97 -110, (2011)

Handel Andrea Fischbach et al. Service erfolgreich gestalten -

Wertschöpfung durch Wertschätzung im Einzelhandel

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistung berufen,

LIT Verlag, Berlin, S.111 - 142, (2011)

Gesundheitswirt-

schaft/ Pflege

Handel

Henrik Cohnen, Rüdiger Klatt Innovationsmotor Wertschätzung -Was Einzelhandel und

Pflege voneinander lernen können. Ein Vergleich.

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,

LIT Verlag, Berlin, S. 143 – 158, (2011)

Andrea Fischbach, Claudia M.

Wagner Catharina Decker Jessica

Boltz

Kundenseitige Wertschätzung erhöhen und nutzen -

Entwicklung und erster Praxistest des Kunden-Feedback-

Tools TEK

Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):

Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,

LIT Verlag, Berlin, S. 217 -224, (2011)

22 Soweit die Literaturangaben nicht im Text bearbeitet sind, werden sie in der Literaturdarstellung nicht berücksichtigt.

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67

Innovationsfaktor: Demografische Entwicklung Im öffentlichen Meinungsbild23 fokussiert sich bislang die Betrachtung der Demografie als

wirtschaftlicher Faktor sehr deutlich nur auf den Prozess und den Zustand des Alterns der

Gesellschaft. Dabei kann man im Wesentlichen drei Betrachtungsschwerpunkte erkennen:

1. Überalterung Deutschlands, soziale Sicherungssysteme: Hierbei wird vor allem die

steigende Kostenlast für Ausgaben der immer größer werdenden Gruppe der Senioren

gesehen im Verhältnis zur schrumpfenden Gruppe der Beschäftigten. Dazu gehört

auch ein Großteil der medizinischen Forschung.

2. Räumliche Komponente: Ein bekanntes Phänomen räumliche Komponenten des Al-

terns sind die Altersruhesitzwanderungen. Dies ist insbesondere ein Thema der Regio-

nalentwicklung.

3. Altern im Prozess der Arbeit: Der Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung

bleibt nicht ohne Folgen für die Betriebe. Dies war Thema der Arbeitsforschung seit

Beginn der 90er Jahre.

Ein wichtiger Ansatz aber fehlt: Bislang wurde das Altern der Gesellschaft überwiegend als

ein Problem für die hochentwickelten Dienstleistungsstaaten und als Kostenfaktor für das

Renten- und Sozialsystem angesehen. Alte Menschen erscheinen als schwach, krank, behin-

dert. Demographische Veränderungen in Deutschland dürfen nicht nur unter dem Gesichts-

punkt der Renten- oder Gesundheitsproblematik gesehen werden, sondern unter dem verän-

derten Selbstbild der Älteren. Dies erfordert neben der auszubauenden staatlichen Fürsorge

auch privatwirtschaftliche Initiativen und macht die Entwicklung neuer Dienstleistungen und

Technologien auf allen Sektoren sinnvoll und möglich. Das Leitbild "Gemeinsam Zusammen-

leben - Das Leben selbstständig gestalten" zielt auf ein Zusammenleben verschiedener Grup-

pen in einer Gesellschaft. Grundgedanke der Vision ist das gemeinsame Leben von Jüngeren

und Älteren, Familien und Singles bei individueller Gestaltungsfreiheit auf Basis der persön-

lichen Fähigkeiten und Bedürfnisse – kurz die Entwicklung der Solidarität zwischen den Ge-

nerationen. Die Interessen der jungen Erwerbstätigen, die sich möglicherweise vor allem Zeit

für ihre Kinder und eine Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt wünschen, kann mit

dem Interesse Älterer an einer Verlängerung der Berufstätigkeit einhergehen. Teilzeitbeschäf-

tigung und Ruhestand sind dann keine Gegensätze mehr. So verliert der 3. Lebensabschnitt,

das Rentenalter, seine Konturen. Fest steht dabei, dass mit steigender Lebenserwartung das

Alter ein eigenständiger, gestaltbarer Lebensabschnitt wird. Die aktive, selbständige Lebens-

phase wird länger. Um trotz der großen Unterschiede zwischen den Gruppen neue Formen des

sozialen Zusammenlebens zu ermöglichen, sind neue technische, wirtschaftliche und organi-

satorische Lösungen erforderlich. Technisch unterstützte Dienstleistungen verbunden mit ei-

ner Unterstützung des Community -Buildings versetzen Menschen aller Altersgruppen in die

Lage, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten, sich den verändernden körperlichen und geisti-

gen Fähigkeiten zu stellen und in einer solidarischen Gemeinschaft zu leben. Technologien

sind dabei mit (bezahlbaren) Dienstleistungen verbunden. Durch die Communities kann man

den Bedürfnissen einzelner demografischer Gruppen gerecht werden, diese aber wiederum

gesellschaftlich integrieren. Bei der regionalen und lokalen Infrastruktur sowie dem Angebot

an Gütern und Dienstleistungen müssen Lösungen gefunden werden, die von Menschen in

ihren unterschiedlichen Lebenssituationen genutzt werden können. Durch den barrierefreien,

23 Die Argumentation folgt hier der Bekanntmachung „Technik, Demografie, Dienstleistungen“ des BMBF.

Weitere Informationen: http://www.dienstleistungundtechnik.de/

Page 68: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

68

generationenübergreifenden Ansatz kommen hohe Ansprüche auf Gesellschaft, Wirtschaft

und auch Forschung zu.

Das BMBF hat diesen Gedanken aufgegriffen und nach einer Reihe von Workshops und Dis-

kussionen mit dem Programm "Mikrosystemtechnik " eine Bekanntmachung "Technologie

und Dienstleistungen im demografischen Wandel24" veröffentlicht. Dieser Innovationsfaktor

ist aber weiter auszugestalten.

24 weitere Hinweise im Kapitel „Technik-Automatisierung“ und hier:

http://www.dienstleistungundtechnik.de/dite-index2.html

Page 69: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

69

Wissenschaft um Dienstleistungen als Innovationsobjekt

Der nun folgende Abschnitt ist ohne die Lehrbücher zum Thema „Service Science “, die Er-

gebnisse der Diskussionen der Gruppe 3sR, die Diskussionen um das Schwerpunktheft

„Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn, Professionalisierung und Innovation “ der

WSI-Mitteilungen nicht denkbar. Die Arbeiten der Kollegen und Kolleginnen, die in der

„Taskforce Dienstleistungen“ den Weg zu einer Service Science aufgezeigt haben, die Beiträ-

ge aus der 8. Dienstleistungstagung des BMBF (insbesondere den Beitrag von Christopher

Schlick, dem ich viele Gedanken bei der Analogie zwischen Arbeits- und Dienstleistungswis-

senschaft entnommen habe) haben Wege aufgezeigt, die möglicherweise zu einer „Dienstleis-

tungswissenschaft“ führen.

Der erste Schritt der BMBF-Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ war eine ex-

ante-Evaluation, in der nicht nur die Forschungsnotwendigkeiten, sondern auch Hand-

lungsempfehlungen zur „Stärkung des Dienstleistungssektors“ erarbeitet werden sollten (Bul-

linger, 1998). Ziel dieser Handlungsempfehlungen sollte es sein, „ein positives Klima für

Dienstleistungen zu schaffen...Dabei geht es nicht um eine Entscheidung ‚Dienstleistung oder

Produktion’..“ (Ganz, Hermann, Neuburger, S. 82). Diese Handlungsempfehlungen basierten

auf Anregungen aus den 14 Arbeitskreisen, den Empfehlungen des nationalen und internati-

onalen Beirates sowie verschiedener anderer Expertengremien. Empfänger der Handlungs-

empfehlungen waren privatwirtschaftliche und öffentliche Dienstleistungsorganisationen,

intermediäre Instanzen sowie Wissenschaft und Politik. Die Handlungsempfehlungen glieder-

ten sich in vier Handlungsfelder:

- Verbesserung der Infrastrukturdienstleistungen

- Mobilisierung von Dienstleistungsinnovationen

- Neue Unternehmen und neue Märkte sowie

- „Political Leadership“ und Grundlagenentscheidungen.

Jedes der Handlungsfelder war wiederum in Aufgabenbereiche unterteilt. Im Handlungsfeld 1

wurde als eine Aufgabe definiert: dass Forschung und Wissenschaft einen Beitrag für die Mo-

bilisierungspotenziale leisten können, wenn sie sich nicht so stark am Produktionssektor ori-

entieren würden. Abgeleitet daraus wird aber nur eine stärkere Ausrichtung staatlicher For-

schungsprogramme am Dienstleistungssektor, eine Forderung, die leider auch heute noch

Gültigkeit hat.

Über diese Handlungsempfehlung hinaus gehen die von Wiedmann und Brettreich-

Teichmann im gleichen Band formulierten Thesen, die sich an den Voraussetzungen für eine

zukunftsfähige Gesellschaft orientieren. Sie fordern dort „dienstleistungsorientierte Reformu-

lierung von Wissenschaftsbereichen (z.B. Soziologie, Arbeitswissenschaft, Betriebswirt-

schaft) sowie die Ermittlung des notwendigen Anpassungsbedarf der FuE-Infrastrukturen“ (S.

79). Der erste Teil der Forderung richtet sich an eine Reformulierung von Wissenschaft, der

zweite an eine Neuaufstellung von Forschung. Im Folgenden soll versucht werden, hier eine

stärkere Trennung vorzunehmen. Wissenschaft umfasst die Organisation und Erweiterung des

Wissens, die Weitergabe dieses Wissens (auf allen Stufen, auch wenn zunächst nur die aka-

demische betrachtet wird) und die (gesellschaftliche) Organisation dieses Prozesses. For-

schung ist der Prozess innerhalb eines wissenschaftlichen Systems, der für die Erweiterung

des Wissens Sorge trägt. Nach dieser Vorstellung fordern Ganz et al. sowie Wiedmann und

Brettreich-Teichman zunächst einen Ausbau der Forschungskapazitäten, sei es durch For-

schungsprogramme oder durch zusätzliche Infrastrukturen. Diese Linie wird im Folgenden

mit dem Begriff der „Dienstleistungsforschung “ umschrieben. Die andere Forderung von

Page 70: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

70

Wiedmann und Brettreich-Teichmann bezieht sich auf die Ausgestaltung einer Wissenschaft

selbst, diese Linie wird im Folgenden mit „Dienstleistungswissenschaft “ umschrieben.

Diese beiden Ansätze, die sich in der politischen Welt als Forschungs- bzw. Wissenschafts-

oder sogar Bildungspolitik widerspiegeln, sind in der gesellschaftlichen Realität Deutschlands

unterschiedlich verankert. Forschungspolitik fällt in die Zuständigkeit des Bundes, und eine

Forderung nach Ausbau der Forschung ist damit (relativ) einfach umzusetzen. Wissenschafts-

und Bildungspolitik sind in der Verantwortung der Länder. Damit ist eine politische Flankie-

rung der „dienstleistungsorientierte(n) Reformulierung von Wissenschaftsbereichen“ (fast) ein

Ding der Unmöglichkeit.

Die Forderung nach einer quantitativen Ausweitung der Forschungsanstrengungen beruhte auf

dem Vergleich der Wertschöpfung durch Dienstleistungen und dem Anteil der Dienstleis-

tungsforschung an den staatlichen Forschungsaufwendungen. So stellte Mangold (1997) fest,

dass die Forschung - und Entwicklungspolitik zu stark auf den industriellen Bereich ausge-

richtet ist. Auf diesen entfielen 90% der Forschungsaufwendungen, obwohl er nur ca. 30%

des Bruttosozialproduktes ausmache. In den USA und Japan stünden schon 25% der staatli-

chen Forschungs- und Entwicklungsförderungen für den Dienstleistungssektor bereit. Neben

diesen Aussagen zur Forschungsförderung, die ja entsprechende Kapazitäten im Wissen-

schaftssektor voraussetzt, bestand der Eindruck, dass die Dienstleistungen in der akademi-

schen Wissenschaft gemessen an der Produktion zu gering vertreten sind. So gab es 1995 nur

einen Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement in Deutschland (Prof. Dr. Stauss, Universität

Eichstätt-Ingolstadt).

Die Forderung nach Ausgestaltung der Wissenschaftsdisziplinen beruhte auf einem Unwohl-

sein mit den der jeweiligen Wissenschaft zu Grunde liegenden Paradigmen. Als Beispiel die

Arbeitswissenschaft: Was ist ein ganzheitlicher Arbeitsinhalt im Handel ? Oder: Wie wird ein

Dienstleistungsprozess systematisch entwickelt und wie wird daraus ein Arbeitsprozess abge-

leitet? Kann die Betriebswirtschaft ein Modell der Dienstleistungsproduktivität bereitstellen?

Insgesamt gingen Brettreich-Teichmann und Wiedmann davon aus, dass solchen Fragen dis-

ziplinimmanent oder durch einen interdisziplinären Ansatz gelöst werden könnten, die Defini-

tion eines neuen Wissenschaftsbereiches stand damals nicht zur Debatte.

Meiren greift 2009 (Meiren, 200925) in dem Internationalen Monitoringvorhaben des BMBF-

Förderschwerpunktes „Innovationen mit Dienstleistungen “ die Frage erneut auf, ob eine

„Dienstleistungstheorie“ notwendig ist. Als ein Ergebnis der internationalen Expertenbefra-

gung ergab sich, dass der Handlungsbedarf hinsichtlich Definitionen und Typologie als relativ

gering eingeschätzt wird. Sehr viel höher werden dagegen die Forschungsnotwendigkeiten

hinsichtlich der Modell- und Systementwicklung bewertet. Trotz der vorliegenden Ansätze

„fehle bis heute in vielen Bereichen ein grundsätzliches Verständnis von Dienstleistungssys-

temen“ (a.a.O. S. 39).

Ziel der nachfolgenden Betrachtungen ist zu prüfen, ob und wie diese Forderungen nach einer

wissenschaftsimmanenten Weiterentwicklung der Forschung mit entsprechenden neuen Para-

digmen und Vorgehensweisen sowie die Weiterentwicklung der Wissenschaftsbereiche selbst

sich in der heutigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft niedergeschlagen haben.

25 Das Erscheinungsdatum der deutschen Version. Die englische Version erschien Spath, D. und Ganz W. (Eds.):

The Future of Services 2008 im Hanser Verlag

Page 71: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

71

Transformationsrichtungen der Dienstleistungsforschung

Die dienstleistungsorientierte Forschung basierte wissenschaftlich auf den „Dienstleistungs-

wissenschaften“, also den Basisdisziplinen, aus denen der Forschungsansatz stammte. Diese

Dienstleistungswissenschaften haben das Drei-Sektoren-Modell nie grundsätzlich in Frage

gestellt und versuchten, die Besonderheiten der Dienstleistungen nachträglich zu definieren.

Dort wo sie es ohne Probleme handhaben konnte (z.B. im Dienstleistungsmarketing ) nutzten

sie es, in anderen Fällen entwickelten sie innerhalb der Basisdisziplin neue Ansätze, die mit

dem Drei-Sektoren-Modell vereinbar erschienen. Dazu gehören beispielhaft das Service En-

gineering (aus den Ingenieurwissenschaften), die Konzentration auf Arbeit und den Arbeits-

gegenstand (aus der Arbeitswissenschaft), und die Einführung des Konzeptes der Hybriden

Wertschöpfung (aus der Betriebswirtschaft). Während die Überwindung des Drei-Sektoren-

Modells in den beiden ersten Ansätzen nicht offen diskutiert wird, wird mit dem Konzept der

hybriden Wertschöpfung das Drei-Sektoren-Modell völlig außer Kraft gesetzt. Es kommt

nicht mehr darauf an, welchem Sektor ein Unternehmen angehört, sondern welche Leistungen

erbracht werden müssen, um in einer Interaktion mit Partnern erfolgreich zu sein. Allerdings

gehen die Forscher noch nicht den Schritt, eine eigene Wissenschaftsdisziplin zu definieren.

Interdisziplinarität als Grundmodell der Dienstleistungsforschung

Die Reaktion mit neuen Forschungsparadigmen auf eine Herausforderung ist eine wissen-

schaftsimmanente Reaktion, d.h. einzelne Disziplinen entwickeln die eigenen Paradigmen

weiter. Danach stellen sich weitere Fragen: Erstens: Genügt mein disziplinorientierter Ansatz

zur Lösung praktischer Probleme und zweitens: Wie vermittle ich das durch Forschung er-

worbene Wissen ? Die Dienstleistungsforschung stellt sich der ersten Frage mit der Forderung

nach einem interdisziplinären oder sogar „transdisziplinären“ Ansatz (Bamberg, 2011; Fürs-

tenberg 2011). Die Forscher beschäftigen sich mit der Zusammenarbeit zwischen den For-

schungsdisziplinen. Ungeklärt lassen sie die Frage, wie die Sprach- und Verständnisprobleme

der verschiedenen Akteure im Innovationsprozess überwunden werden können. Beispielhaft

sollen hier ja der (technisch ausgebildete) Ingenieur und die eher aus der Pflegewissenschaft

heraus qualifizierte Pflegedienstleiterin (die Geschlechtsdifferenzierung ist beabsichtigt) zu-

sammenarbeiten. Sampson bemerkt sarkastisch, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit in der

Wissenschaftsszene der Anekdote entspricht, in der sechs blinde Männer einem Elefanten

begegnen. Jeder beschreibt den Teil, den er wahrnimmt und keiner erkennt das Ganze (Samp-

son, 2010, S. 110). Er beschreibt dann auch das Sprachproblem: jede Disziplin (auch in der

Praxis) beschreibt die Realität in eigenen Begriffen, die von anderen nicht verstanden werden

(zur Problematik des Interdisziplinären Arbeitens bei evaluierten Aktivitäten s: Zimolong

2006). Ist das Problem der Kooperation ohne einheitliche Theorie schon fast unlösbar, so ist

das Problem der „Lehre“ ebenfalls so gut wie unlösbar. Zwar hat es in Deutschland zu einer

Vermehrung der Lehrstühle für Dienstleistungsmanagement geführt, aber das Entstehen eines

„T-shaped professionals“ (Spohrer und Maglio, 2010, S. 185; Macaulay et al. 2010, S. 728))

ist damit nicht gelöst. Ein T-Shaped-Professional benötigt neben seinem Spezialwissen ein

allgemeines breiteres Wissen, um Dienstleistungen ebenso handhaben zu können wie techni-

sche Probleme. Ein solches Modell wurde z.T. auch in der Arbeitswissenschaft nach der Er-

mittlung der Kerndefinitionen und des Gegenstandskataloges verwirklicht (Luczak und Vol-

pert, 1987, s. auch: Schlick, Bruder und Luczak, 2010)

Transformationsrichtungen der Dienstleistungswissenschaft

Der Gedanke eine „Dienstleistungswissenschaft zu beschreiben, war in Deutschland nicht

vorhanden. Erstaunlich ist dies deshalb, weil in Deutschland eine Produktionswissenschaft

schon lange etabliert ist. So führt Haak (2000) die Produktionswissenschaft auf zwei Entste-

hungslinien zurück: nämlich der Mechanischen Technologie und der Betriebswissenschaft,

Page 72: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

72

darunter werden die (us-amerikanischen) Ansätze der Rationalisierung verstanden. Zu diesen

beiden Ansätzen treten nach dem zweiten Weltkrieg die japanischen Ansätze der rationellen

Fabrikorganisation. Der erste Ansatz in Deutschland war die Berufung Georg Schlesingers im

Jahre 1904 auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen, Fabrikanlagen und

Fabrikbetriebe an der Technischen Hochschule Berlin. Haak sieht aber die eigentliche In-

tegration zu einem Gesamt(wissenschafts)konzept noch nicht geleistet. Die Neubeschreibung

einer "Wissenschaft" ist so an und für sich nichts Besonderes. Deshalb wird den Ansätzen der

Dienstleistungswissenschaft im Folgenden die Entwicklung der Arbeitswissenschaft als ein

Beispiel entgegengehalten. 26

„Unified Theory“ und „Objektwissenschaft“

Bevor auf die Entwicklung der Dienstleistungswissenschaft eingegangen wird, soll an Hand

des Beispiels der Arbeitswissenschaft gezeigt werden, wie es in Deutschland gelungen ist, aus

unterschiedlichen „Aspektwissenschaften“ eine „Objektwissenschaft“ zu entwickeln. Hilf

(1967) bestimmt bei der Konzeptionierung der Arbeitswissenschaft zunächst den Gegenstand,

dann das Kernproblem „Leistung“, um zu seiner Definition zu kommen: „Unter ‚Wissen-

schaft’ verstehen wir dabei das auf methodischer Forschung beruhende, durch eine geordnete

Erfahrung ergänzte (erhärtete) Wissen (oder Streben nach neuem Wissen), das eine allgemei-

ne Geltung beansprucht …. Arbeitswissenschaft ist die Lehre von der durch die Leistungsfor-

schung geklärten Arbeitsgestaltung oder von der durch die methodische Arbeitsgestaltung er-

möglichten menschlichen Arbeitsleistung“ (S. 15 und 17). Er beschreibt sie weiter als norma-

tive Wissenschaft, die sich nicht nur mit der Beschreibung des IST-Zustandes, sondern sich

auch ihrem Soll-Zustand befasst. Er unterscheidet: Grundlagengebiete, Arbeitsforschung,

Vorfragen der Arbeitslehre und die eigentliche Arbeitslehre. Die Arbeitswissenschaft betont

den Wert eines erfüllten Arbeitslebens, das von einem natürlichen Leistungswillen getragen

wird und zu einer befriedigenden Lebensleistung führt (S.21). Schlick, Bruder und Luczak

(2010) stellen diesen Prozess ausführlicher dar. Zunächst bestimmen sie den Gegenstand von

Arbeitswissenschaft, danach werden einzelne arbeitsbezogene Wissenschaftsrichtungen auf-

gelistet, um danach 4 Modelle der Ordnungszusammenhänge zu diskutieren: Fundament- und

Überbaumodelle; Hierarchiemodelle; Ebenen- und Segmentmodelle sowie die Betrachtungs-

ebenen der Arbeitsprozesse. Ziel aller Anstrengungen ist, eine „disziplinübergreifende, gestal-

tungsbezogene Arbeitswissenschaft zu begründen“ (S. 26). Schlick, Bruder und Luczak ver-

werfen alle Ordnungszusammenhänge, in denen eine Wissenschaftsdisziplin über die Gültig-

keit arbeitsbezogener Beiträge anderer Aspektwissenschaften entscheidet. Basierend auf

Luczak und Volpert (1987) definieren sie 7 Ebenen von den autonomen Körperfunktionen bis

zu gesellschaftlichen Prozessen und verknüpfen diese Betrachtungsebenen mit den unter-

schiedlichen Aspektwissenschaften wie Psychologie, Ingenieurwissenschaften, Pädagogik,

Soziologie und Wirtschaftswissenschaften.

Von Bedeutung ist diese Konstruktion der „Arbeitswissenschaft“ deshalb, weil sie als Eben-

enmodell einer Wissenschaft einen Mittelweg zwischen temporärer interdisziplinärer Zusam-

menarbeit zur Lösung eines spezifischen Problems und der Formulierung einer „Überwissen-

schaft“ darstellt (Schlick, 2011). Solche „Übertheorien“ sind z.B. in den Naturwissenschaften

vorhanden: hier hat die „Übertheorie“ der Quantenmechanik die Newtonsche Physik abgelöst

(vgl. Sampson, 2010). Wenn über „Service Science“ also einer „Dienstleistungswissenschaft“

gesprochen wird, ist zu prüfen, ob von einer „Objektwissenschaft“ die Rede ist, der eine Rei-

he von „Aspektwissenschaften“ zuarbeiten, oder ob es in die Richtung einer „Unified Theory“

26 Wenn Satzger und Dunkel (2011) im Zusammenhang von Service Science von „Arbeitswissenschaften“ spre-

chen, so entspricht das nicht dem Modell von Luczak und Volpert. Es müsste „Arbeitswissenschaft“ heissen,

wobei dann eine „Objektwissenschaft“ aus Sicht einer anderen Objektwissenschaft eine Aspektwissenschaft

würde.

Page 73: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

73

im Sinne der Physik gehen kann. Auch die Experten, die im internationalen Monitoringvorha-

ben befragt wurden, sind sich nur einig, dass ein theoretische Fundierung fehlt, ob es aber

sinnvoll ist, eine Grundlagendisziplin aufzubauen (im Sinne einer Unified Theory) oder ob es

eher der Ansatz einer Objektwissenschaft mit einem Pluralismus an Aspektdisziplinen, bleibt

ungeklärt (Meiren, 2009, S.44)

Die Idee einer „Dienstleistungswissenschaft “ ist ähnlich wie die Formulierung der „Arbeits-

wissenschaft“ nicht im akademischen Bereich entstanden, sondern aus den Problemen der

industriellen Praxis. Die Diskussion um eine „Service Science“ (in den ersten Phasen auch

Service Science, Management and Engineering, Services Science, Service Sciences) selbst

wurde Anfang des 21. Jahrhunderts von „Jim“ Spohrer (ausgebildeter Physiker, zu dieser Zeit

Direktor am IBM Research Center, Almaden Californien, in Deutschland: Spohrer 2006)

weltweit angestoßen. Anlass war – so Spohrer – der Bedarf der IBM an Nachwuchskräften.

IBM ist auch 2011 weltweit der Haupttreiber einer technisch und betriebswirtschaftlich orien-

tierten Service Science. In Deutschland ist es gelungen, dass Forscher aus diesem Bereich mit

Sozialwissenschaftlern in eine fruchtbare Diskussion getreten sind (Dunkel und Bienzeisler,

2011; Satzger und Dunkel, 2011). Auch Sampson (2010, S. 109) drückt sein Erstaunen über

die wirtschaftsgetriebene Entwicklung der Wissenschaft aus, verweist aber zugleich darauf-

hin, dass es mit der Computer Science (Informatik) ähnlich war.

"The race is on to create a science of services" mit diesem Satz beginnt Jim Spohrer seinen

Beitrag zur 6. Dienstleistungstagung des BMBF (Spohrer, 2006). Unberührt von Vorkenntnis-

sen über die deutsche Dienstleistungsforschung brachten Roland Berger und IBM Deutsch-

land die Debatte in die Regierungsinitiative „Partner für Innovation “ ein. Zum ersten Mal

öffentlich diskutiert wurde sie auf der 6. Dienstleistungstagung des BMBF sowie auf der 1.

Konferenz zu Service Science in Ingolstadt (Stauss, Engelmann, Kremer, Luhn, 2008). Die

Beiträge von Henzelmann, Luhn und Siegel sowie Picot (alle 2006) zeigten deutlich die Defi-

nitionsprobleme einer „Wissenschaft“ als auch den internationalen Bedarf an akademischen

Nachwuchskräften für die Dienstleistungswirtschaft. Allerdings bleiben die Konzepte noch

recht unscharf. Henzelmann, Luhn und Siegel fordern zwar eine Wissenschaft, sie definieren

aber eine neue Ausbildung, während der Wissenschaftler Picot zwar eine Anpassung der Be-

triebswirtschaftslehre fordert, aber keinen Bedarf an einer neuen Wissenschaft sieht. Stauss

(2008) definiert „Services Science“ (!) als ein neues wissenschaftliches Konzept, das darauf

zielt, die komplexen Probleme der Dienstleistungswirtschaft zu lösen. Grundlage ist ein trans-

disziplinärer Ansatz mit einer intensiven Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Al-

lerdings beschreibt er kurz darauf Services Science als eine unabhängige Disziplin, die so-

wohl Forschung als auch akademische Ausbildung umfasst (zu dem heutigen Stand der Prob-

leme s. Satzger und Dunkel, 2011).

Der Beitrag von Buhl, Heinrich, Henneberger und Kramer (2008) war der Versuch, der Wirt-

schaftsinformatik eine zentrale Position innerhalb einer zukünftigen Service Science einzu-

räumen. Die Autoren betonen zwar, dass es eine allgemein akzeptierte Definition der Service

Science nicht gibt, sie zeigen aber das Gemeinsame der Ansätze auf:

Innovative Services durch geeignete Methoden und formale Modelle unterstützen und

das Management der Services verbessern

Gegenstand sind Services oder Servicesysteme, d.h. dynamische, wertschöpfende

Strukturen aus Personen, Organisationen, Technologien und gemeinsam genutzten In-

formationen

Angewandte Forschungsdisziplin

Page 74: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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Interdisziplinarität, wobei der Kern aus Informatik, Betriebswirtschaftslehre, Operati-

ons Research und Ingenieurwissenschaften sowie zum Teil auch Sozial- und Rechts-

wissenschaften besteht.

Mit der Definition eines „Kerns“ tendieren Buhl, Heinrich, Henneberger und Kramer in Rich-

tung eines Hierarchiemodells.

Der Gegenstand

Gleichgültig, ob es um die Diskussion einer „Objektwissenschaft“ oder einer „Unified Theo-

ry“ geht, muss ein Untersuchungsobjekt, manchmal auch Paradigma genannt, zu Grunde ge-

legt werden. Zu diesem Paradigma gehören neben der „Definition des Objektes“ Modelle,

Gesetzmäßigkeiten, Generalisierungen und Verfahren (Sampson, 2010, S. 107, in ähnlicher

Form Meiren, 2009). Wichtig dabei ist, dass das Objekt theorieimmanent verankert ist und

nicht aus einem anderen Ansatz übernommen wird. Auch hier soll die Arbeitswissenschaft

noch einmal herangezogen werden, um die Schwierigkeiten der Definition des Objektes zu

erläutern

Arbeit als Objekt einer Wissenschaft wird nach einigen Überlegungen wenig fassbar. So un-

terlegt die katholische Soziallehre in der Enzyklica "Laborem Exercens" einen sehr weiten

Arbeitsbegriff. Danach werden unter Arbeit alle Aktivitäten der Daseinsvorsorge für den ein-

zelnen, aber auch Tätigkeiten, die dem Fortschritt der Gesellschaft beitragen, verstanden. Der

Arbeitswissenschaftler Carl Graf Hoyos (Hoyos, 1980) bespricht den Gegenstand etwa zur

gleichen Zeit so: „Arbeit ist weder ein einfacher, noch ein wertfreier Gegenstand. Durch die

Geschichte der menschlichen Zivilisation ziehen sich entgegengesetzte Bewertungen: Arbeit

als Fluch und Arbeit als Segen“. Fast 30 Jahre später schreibt Fürstenberg (2007, ähnlich

2011) im Zusammenhang mit der Neubestimmung von Arbeitsforschung: "Nicht jede Tätig-

keit ist Arbeit....Insofern empfiehlt sich eine Eingrenzung von Arbeit auf die zweckbestimmte

und in der Regel kontinuierliche Tätigkeit zur Daseinsvorsorge." (2007, S. 32.). Baethge

schreibt 2006 "Als Gegenstand von Forschung ist Arbeit schwer greifbar. Ihre Definition als

wissenschaftliches Problem....ist dem gesellschaftlichen Kontext, in dem Arbeit gestaltet

wird, nur schwer entziehbar....Eine Forschung, die die Dynamik dieser Veränderungen sowie

ihre Bedingungen und Wirkungen analysieren will, ist somit – ob sie es will oder nicht, ob sie

sich dessen bewusst ist oder nicht – in die großen wirtschaftlichen, sozialen und politischen

Interessenkonstellationen eingebunden." Erst recht komplex wird es, wenn man wie Gros-

kurth und Volpert die "bürgerliche Arbeitswissenschaft“ heranzieht (Groskurth und Volpert,

1975). Volpert kritisiert, dass die (bürgerliche) Arbeitswissenschaft den Gegenstand "Arbeit"

nicht ausreichend konkretisiert und wenn, dann hinter den Entwicklungsstand der marxschen

Analyse zurückfällt. Arbeit ist für Marx eine "zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von

Gebrauchswerten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse" (a.a.O S. 67). In

Anbetracht der Schwierigkeiten einer etablierten Wissenschaft mit ihrem Gegenstand, sollte

sich eine Dienstleistungswissenschaft nicht scheuen, den dornigen Weg der Definition ihres

Untersuchungsobjektes zu gehen.

Einen konsequenten Ansatz der „Service Science “ losgelöst vom Drei-Sektoren-Modell ver-

treten Spohrer, Maglio, Sampson, Vargo und Lush (eine gemeinsame Darstellung in deutscher

Sprache findet sich bei Vargo, Lusch, Horbel, Wieland 2011). „Service“27 ist eine Anwen-

dung verschiedener „competences“, um bei einer anderen Einheit einen Gewinn (benefit) zu

27 Es werden hier die englischen Begriffe als Fachtermini eingesetzt. „Service“ kann nicht einfach mit „Dienst-

leistung “ und „Customer “ nicht einfach mit „Kunde“ übersetzt werden. Leider sind die Zeiten vorbei als Wis-

senschaftler auf die lateinische oder griechische Sprache zurückgreifen konnten, um den Charakter des Fachter-

minus deutlich zu machen. Allein für die Problematik im Englischen: Sampson (2010, S. 108, Fussnote 1)

Page 75: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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erreichen. „Service“ ist ein Prozess, mit dem jeder „customer “ (umfassender als der deutsche

Begriff „Kunde“, deshalb verwenden Vargo und Lush auch den Begriff der „entity“) bedeu-

tende Beiträge zum Erstellungsprozess des Produktes leistet (s. S. 112-113 im Handbook of

Service Science). Das „Customer-Supplier Service Paradigm“ ist grundlegend für die Unified

Service Theory. Der „Customer“ in den Ansätzen der Service Science wählt nicht nur aus,

zahlt und konsumiert, sondern er ist aktiv – wie jeder Zulieferer – an der Produktion beteiligt,

sei es mit eigener Tätigkeit, sei es mit der Bereitstellung von Information o.ä. Sampson be-

zieht dies ausdrücklich auf „Gruppen von Kunden“ (also eher bei den unternehmensbezoge-

nen Dienstleistungen ) und auf Endkunden, also Privatkunden (Eine genauere Darstellung der

Beschreibung des Untersuchungsobjektes und des Zusammenhangs zwischen den verschiede-

nen Ansätzen findet sich bei Satzger und Dunkel, 2011)).

Dienstleistungswissenschaft als „Unified Theory“

Der Service Science Ansatz wie er im „Handbook of Service Science“ (Maglio, Kieliszewski;

Spohrer, 2010) dargestellt wird, versteht sich nicht als völlig neues Paradigma, sondern grün-

det sich auf verschiedene Modelle. Dazu gehören die "Contact Theory" von Chase, die "Ser-

vice Profit Chain " von Heskett und Sasser, der Ansatz der "Co-Creation of Value" von

Schneider und Bowen, das Modell der "Customer Equity" von Rust und Bhalla und schliess-

lich der Ansatz des "Manuservice" von Bryson. Alle diese Ansätze werden integriert und bil-

den die Basis für eine "unified service theory". Hauptstränge dieser Theorie sind die Vorstel-

lung der "Service-dominant-Logic" von Vargo und Lusch (2004 ff) sowie der "Service Sys-

tems" von Spohrer und Maglio (2006). Das „Handbook of Service Science“, in dem dieser

Ansatz explizit vertreten ist, bietet eine Möglichkeit zu prüfen, inwieweit eine „Unified Theo-

ry“ realisiert ist.

Das Kapitel "Forschung und Praxis" stellt den zentralen Teil des Handbuches dar. Es legt

Wert auf empirische Untersuchungen und praktische Erfahrungen. Der erste Abschnitt be-

schäftigt sich mit der Dienstleistung selbst und ihrer Entwicklung, hier mit dem englischen

Begriff „Design“ belegt. Die einzelnen Artikel haben die Schwerpunkte „Technologie“, „Ta-

xonomie“, „Geschäftsmodelle und Service System Design“. Der zweite beschäftigt sich mit

dem Management und der Handhabung des Dienstleistungssystems („Operations“). Die Arti-

kel haben die Schwerpunkte „Vernachlässigung Service Science“, „Human Resources“, „Ser-

vices in der Telekommunikation “ und „Service Engineering “. Der dritte Abschnitt stellt die

Dienstleistungserbringung („Delivery“) dar. Seine Einzelartikel haben die Schwerpunkte „In-

dustrialisierung wissensintensiver Dienstleistungen“, „Arbeitskräfte“, „Komplexität“ und

„Formale Modelle“. Der vierte Abschnitt ist mit „Dienstleistungsinnovation“ überschrieben.

Er enthält 5 Artikel mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten von der Review bis zu einem

Modell der Service Innovation. Je ein Artikel aus dem Abschnitt "Management" und "Er-

bringung" beschäftigt sich mit Fragen der Arbeitsgestaltung und des Personals.

Es ist nicht zu übersehen, dass nicht nur bestimmte Themen unterbelichtet sind, sondern dass

auch die Gliederung nicht theoriegeleitet erfolgt ist. Zu den Themen gehören z.B. Fragen des

Dienstleistungsexports (z.b. Stahlecker et al. 2006), aber auch viele Fragen des Personal-

managements. Nicht in die Betrachtung einbezogen sind „Personenbezogene Dienst-

leistungen“ sowohl was die Gestaltung der Dienstleistungen selbst als auch die Interaktions-

arbeit (vgl. Ernst und Kopp, 2010) betrifft. Ein weiteres Defizit ist die Betrachtung des Tech-

nologieeinsatzes. Der Artikel von Bitner et al. zum Einfluss der Technologien auf die Service

Qualität konzentriert sich auf den Einfluss der Informationstechnologie. Er lässt damit Auto-

matisierungsstrategien und Technikentwicklungsstrategien, wie sie in der deutschen Produkti-

on bekannt sind, außer acht. Hier ist eines der gewichtigsten Defizite. Dagegen sind die

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Knowledge-based-services ausreichend berücksichtigt (allein in vier Artikeln in der Über-

schrift), allerdings wiederum mit geringer Betrachtung der Gestaltung der Wissensarbeit.

Das Handbuch versucht, einen geschlossenen Theorierahmen zu bilden. In einer Zitationsana-

lyse wurde untersucht, inwieweit sich die Autoren des Handbuches gegenseitig zitieren. Eine

solche gegenseitige Zitation kann ein Zeichen einer Geschlossenheit des theoretischen Hin-

tergrundes und einer Konsistenz der eingesetzten Methoden sein. Dabei wurden Eigenzitatio-

nen aus den Analysen ausgeschlossen. Legt man die Zitationshäufigkeit für alle Kapitel zu

Grunde, so haben der „Service System Ansatz“ von Maglio und Spohrer und der Ansatz der

„Service-Dominant-Logic“ von Vargo und Lusch die größte Bedeutung, nicht der umfassen-

dere Gedanke der „Unified Theory“ von Sampson. Diese Verteilungen lassen darauf schlies-

sen, dass alle Autoren bemüht waren, die neueren theoretischen Ansätze – zumindest in Form

von Zitationen – ihren Arbeiten zu Grunde zu legen, eine regelrechte Einordnung in den theo-

retischen Rahmen gibt es aber nicht. Inwieweit dies in der Zukunft möglich sein wird, ein-

schließlich der damit verbundenen Hypothesenbildung und Ableitung von Gestaltungsemp-

fehlungen wird zu prüfen sein. Das Handbuch erinnert damit stark an den Reader von Bullin-

ger und Scheer (2003) zum Service Engineering. Auch hier wurde der Versuch gemacht, mit-

tels eines Readers ein Hand-

buch zu erstellen. Auch dieser

Versuch hatte seine Schwä-

chen in der Integration der

verschiedenen Perspektiven.

Ebenenmodelle in der Dienstleistungswissen-schaft

Es hat sich an der Betrachtung

der „unified Theory“ gezeigt,

dass zumindest zur Zeit die

Breite der Ansätze noch so

groß ist, dass sie von einer

„Über“-Wissenschaftsdiszi-

plin nicht abgedeckt werden

kann. Hier bietet sich – wiede-

rum vergleichbar zur Arbeits-

wissenschaft – an, zunächst

ein Ebenen- oder Segmentmodell einer Dienstleistungswissenschaft zu bilden, in das die Ba-

sisdisziplinen eingeordnet werden.

Aufbauend auf den Ergebnissen des „Handbook of Service Science“ und den Ansätzen der

Arbeitswissenschaft wird in der Abbildung der Versuch gemacht, ein Ebenenmodell der

Dienstleistungen aufzuzeigen und ein wenig zu spezifizieren. Es werden die Ebenen der

Grundlegenden Modell- und Technikentwicklung, die Dienstleistungsentwicklung, die

Dienstleistungsproduktion, „Dienstleistung, Markt, Wirtschaft“ und „Dienstleistung und Ge-

sellschaft“ unterschieden. In der rechten Hälfte werden dann verschiedene Disziplinen den

verschiedenen Ebenen zugeordnet. So arbeiten Informatik und Ingenieurwissenschaften ins-

besondere bei den Ebenen der Grundlegenden Fragen und der Dienstleistungsentwicklung

mit, während die Arbeitswissenschaft eher in der Entwicklung und Produktion eingesetzt ist.

Die Betriebswirtschaft umfasst dann die ersten drei Ebenen und die Ebene „Dienstleistung,

Markt, Wirtschaft“, während Volkswirtschaft und Soziologie eher auf den oberen Ebenen

Grundlegende Modell- und entwicklung

Dienstleistungsentwicklung•Geschäftsmodellentwicklung

•Service System Design

•Human Ressources Design

•Technikentwicklung

Dienstleistungsproduktion•Arbeitsausführung

•Interaktionsgestaltung

•Preisgestaltung

•Dienstleistungsmanagement

Dienstleistung, Markt, Wirtschaft

Dienstleistung und GesellschaftIn

form

atik

Betrieb

swirtsch

aft

Ingen

ieurw

issensch

aft

Arb

eitsw

issensch

aft

Volk

swirtsch

aft

Sozio

logie

Betrachtungsebenen Disziplinen

Abbildung 10: Ebenenmodell einer Dienstleistungswissenschaft

Page 77: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

77

angesiedelt sind. Eine der wichtigsten Aufgaben eines solchen Ebenenmodells wird es sein,

die auf Grund der theoretischen Neuorientierung verlorengegangenen volkswirtschaftlichen

Beziehungen neu zu gestalten. Eine Dienstleistungswissenschaft muss neben ihrer Organisati-

onsorientierung auch eine gesellschaftliche Orientierung aufweisen.

Auch wenn er nicht über den Zugang der Aspekt- und Objektwissenschaften kommt, skizziert

Spohrer (2008, S. 120 ff; deutsche Ausgabe: S. 125) ebenfalls ein Ebenenmodell. Ingesamt

schafft er 12 Subebenen, die er in vier Oberebenen zusammenfasst. Diesen ordnet er dann

aber nicht einzelne

Disziplinen zu, son-

dern in der Haupt-

sache wichtige Pub-

likationen und Auto-

ren. In der Ab-

bildung sind die eng-

lischen Originalbe-

zeichnungen (links)

und die Angaben der

deutschen Über-

setzung (rechts) auf-

geführt.

Es kommt hier nicht

auf eine Bewertung

der Ebenenmodelle

oder auf die Diskus-

sion der Überlegen-

heit von Ebenen-

modellen im Allge-

meinen an. Es geht auch nicht darum, ein solches „Ebenenmodell“ einer Dienstleistungs-

wissenschaft auszuformulieren. Diese erlaubt der bisherige Stand der Diskussion noch nicht,

insbesondere da er noch nicht den Stand einer fast 100jährigen Tradition der Arbeitswissen-

schaft hat. Es zeigt aber auf, wie eine Einheit geschaffen werden könnte und wie die Domi-

nanz einer Wissenschaft überwunden werden könnte.

Gestaltung bedingt Zielsetzung

Eine Wissenschaft, die nicht nur den IST-Zustand beschreiben will, sondern Modelle und

Methoden zur Gestaltung der Systeme geben will, ist eine normative Wissenschaft, die ihre

Zielsetzungen explizit machen muss. Diese Zielsetzungen müssen bei einer Dienstleistungs-

wissenschaft hinsichtlich dreier Dimensionen gegeben werden: Humanzielsetzungen für Be-

schäftigte und deren Partnern, betriebswirtschaftliche Zielsetzungen und ökologische Zielset-

zungen. Auch hier bieten sich die Erfahrungen der Arbeitswissenschaft an, selbst wenn dort

die Problematik weniger komplex ist. Die Arbeitswissenschaft unterscheidet bei der Bewer-

tung der Tätigkeit zwischen der Ausführbarkeit, der Gesundheitsgefährdung, der Beeinträch-

tigungsfreiheit und der Persönlichkeitsförderlichkeit. Sie entwickelte neben diesen humanori-

entierten Kriterien auch Modelle, die in Form von erweiterten Wirtschaftlichkeitsrechnungen

die ökonomischen Kriterien einschliessen sollten (Neubauer, Wächter 2011). Fürstenberg

(2011) schlägt zur Verbesserung eines gemeinsamen Orientierungsrahmens der Arbeitswis-

senschaft drei Dimensionen vor:

Evolution: Learning from history of interactions

Economic & legal

Social & Political

Knowledge & linguistics

Evolution: Erkenntnisgewinn aus tatsächlichen

historischen WechselwirkungenWirtschaft & Recht

Gesellschaft & Politik

Wissen & Sprache

Measures: Four basic roles

(Stakeholder Perspective)Customer & Quality (Marketing)

Provider & Productivity (operations)

Authority & Compliance( Governance)

Competitor & Innovation (Creative Design)

Massnahmen: Vier grundlegende Rollen

(Akteursperspektiven)Kunde & Qualität (marketing)

Anbieter & Produktivität (Betrieb)

Obrigkeit & Regelkonformität (Herrschaft und Kontrolle)

Konkurrent & Innovation (kreative Gestaltung)

Ressources: Four logical categoriesPhysical and can contract (People)

Physical an cannot contract (technology)

Not-physical and cannot contract (info.)

Not-physical and can contract (organization)

Ressourcen: Vier logische KategorienMateriell und vertragsfähig (Menschen)

Materiell und vertragsunfähig (Technik)

Immateriell und vertragsunfähig (Informationen)

Immateriell und vertragsfähig (Organisationen)

Strategy: Learning from future possible WorldsManagement & Strategy

Finance & Investment

Strategie: Erkenntnisgewinn aus potenziellen

zukünftigen ZuständenManagement & Strategie

Finanzen & Investitionen

Abbildung 11: Ebenenmodell nach Spohrer

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„eine auf den arbeitenden Menschen und seine Interessen bezogene Subjektorientie-

rung…

eine auf das Arbeitsfeld mit seinen Anforderungen bezogene Strukturorientierung…

eine auf die Einbettung von Arbeitsprozessen in übergreifende Wirkungszusammen-

hänge bezogene Umweltorientierung..“ (a.a.O., S.178)

Zu den einzelnen Dimensionen müssen sicher noch Bemerkungen gemacht werden, besonders

zu der Differenzierung von „Interessen“ und „Sacherfordernissen“. Wichtiger ist aber das

Fehlen der Berücksichtigung der Kundeninteressen und ihr Einfluss auf Arbeit.

Im Rahmen der Dienstleistungswissenschaft ist der Aspekt der Zielorientierung noch unterbe-

lichtet.. Dies liegt zum einen an der technologischen Orientierung, zum anderen an der Prä-

misse, dass Wissenschaft wertfrei ist. Zum Teil liegt es aber auch daran, dass nur auf reine

ökonomische Kriterien abgehoben wird. So deuten z.B. Buhl et al. (2008) es an. Weit fortge-

schritten ist die Debatte um Kriterien der Dienstleistungsqualität soweit es den Kunden be-

trifft. Hier wird auch versucht, ein mehrdimensionales Modell zu erarbeiten. Van Ark (2004)

weist daraufhin, dass Produktivitätssteigerung kein explizites Ziel eines Unternehmens ist,

sondern höchstens Teil einer Gesamtstrategie, die den Erfolg des Unternehmens sichert. Inno-

vation, Qualitätserhöhung und Produktivität die er Kostenreduktion nennt, sind drei gleichbe-

rechtigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg und Gewinn des Unterneh-

mens zu sichern. Damit werden auch die klassischen Ansätze der Produktivitätssteigerung,

nämlich Technikeinsatz und Rationalisierung der Abläufe im Dienstleistungssektor stark ein-

geschränkt. Vergleichbar argumentiert Lasshof (2006). Sie fordert eine umfassende Produkti-

vitätsanalyse, die eine Auseinandersetzung mit den mit der Produktivität in Wechsel-

beziehung stehenden Erfolgsfaktoren eines Unternehmens vornimmt.

Soweit Humankriterien berücksichtigt werden, geschieht dies meist eindimensional z.B. als

Beschäftigungswirkung oder als Bewertung der Arbeit. Gallouj und Djellal (2010) betrachten

die Zusammenhänge zwischen Beschäftigung und Dienstleistungen. Sie sehen hier ein "Zwei-

Beschäftigungs-Typen-Modell". Eines mit niedrigen Qualifikationen, das sich am Modell

Taylors orientiert, und ein "organisational adaptability Modell", das einen höheren Level der

Professionalisierung fordert. Nach ihren Angaben zeigen die Untersuchungen der letzten Jah-

re, dass positive Beschäftigungseffekte im Zusammenhang mit Innovationen besonders in den

High-Skilled-Jobs erreicht werden, während die zerstörerischen Effekte besonders auf dem

Niveau der geringeren Qualifizierung zu verzeichnen sind. Auf dem Niveau „Arbeit“ versucht

der Index „Gute Arbeit“, der von den deutschen Gewerkschaften ins Leben gerufen worden

ist (Schröder, Urban 2011), einen Kriterienkatalog für die gestaltungsbezogene Bewertung

von Arbeit zu entwickeln. In diesem mehrdimensionalen Index bewerten Beschäftigte die

Qualität ihrer Arbeit. Ziel ist, die Bedeutung der Arbeitsbedingungen bekannt zu machen und

Hinweise für eine Verbesserung zu geben.

Dienstleistungen können dazu beitragen, ökologische Ressourcen zu schonen. Dies kann

dadurch geschehen, dass Sachgüter durch „an Trägermedien gebundene (Sekun-

där)dienstleistungen ersetzt werden“ (Bierter, 1997, S. 565). Grob gesprochen, wenn an Stelle

der Besitzfunktionalität von Sachgütern die Nutzungsfunktionalität tritt. Dienstleistungen ver-

bessern nicht automatisch die Ökobilanz. Am Beispiel des Elektroautos: Es werden neue Inf-

rastruktur dienstleistungen zur Versorgung, Wartung und Instandhaltung entwickelt werden

müssen. Im Rahmen von Car-Sharing-Konzepten werden ebenfalls neue Dienstleistungen

entwickelt werden. Alle diese Dienstleistungen können sich negativ auf die Ökobilanz nieder-

schlagen, indem sie (bei ökonomischem Erfolg) zu einem Anstieg der Anzahl der Automobile

führen. Es wird daher darauf ankommen, hier ein Verkehrskonzept zu entwickeln, dass sich

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an Mobilitätsdienstleistungen orientiert. Gadrey (2010) spricht sogar davon, dass die „Dienst-

leistungsgesellschaft“ eine „Anti-Umwelt-Gesellschaft“ werden kann (S. 100). In dem Memo-

randum „Dienstleistungen in der Zukunftsverantwortung“ (Ganz, Hilbert, Bienzeisler, Kluska

2011) wird gerade in den Energie- und Mobilitätsdienstleistungen eine besondere Chance

gesehen, die Ökobilanz zu verbessern. Die Autoren deuten sogar an, dass bestimmte Mobili-

tätskonzepte nicht nur ökologische sondern auch humanorientierte Gesundheitskriterien erfül-

len könnten.

Hier wird noch viel Arbeit in einer Dienstleistungswissenschaft zu leisten sein, um humane,

ökonomische und ökologische Zielsetzungssysteme zu entwickeln und gesellschaftlich akzep-

tierte Bewertungen zu erreichen.

Ausbildung, Dienstleistungsforschung und -wissenschaft

Inzwischen sind die Anstrengungen in Deutschland stärker geworden, Dienstleistungsthemen

in spezialisierte primäre und weiterführende akademische Lehrangebote einzubinden bzw.

solche neu zu entwickeln. Diese akademischen Lehrangebote fokussieren sich auf das Dienst-

leistungsmanagement. Ebenso wird eine fächerübergreifende Ausrichtung neuer Studiengänge

wahrgenommen. Insgesamt werden einzelne Disziplinen vermehrt zu inter- bzw. trans-

disziplinären Forschungs-

und Lehrfeldern verknüpft

werden. Dies ist aber nicht

verbunden mit einem auf

einer Dienstleistungswissen-

schaft basierenden Angebot,

sondern ähnelt eher der

oben dargestellten Heran-

gehensweise der Dienst-

leistungsforschung.

Sehr ausführlich wurde die

Einbindung des Service En-

gineering als Systematischer

Dienstleistungsentwicklung

in die Aus- und Weiterbil-

dung diskutiert (Glauner,

Keith, Korte 2005). Basierend darauf erarbeitete Keith (2005) ein Aus- und Weiterbildungs-

konzept, das die Duale Ausbildung bis hin zur akademischen Ausbildung betrachtet. Basie-

rend auf Ergebnissen der Dualen Ausbildung ergeben sich Abschlüsse durch private Zertifi-

zierung bzw. öffentlich-rechtliche Prüfungen sowie akademische Grade. Keiths Ansatz war

der erste, der das gesamte Bildungssystem betrachtete, konnte aber leider nicht weiterverfolgt

werden.

Ansätze der Dienstleistungsforschung blieben immer wieder bei einzelnen Ausbildungs-

inhalten stehen und konzentrierten sich in der Hauptsache auf die akademische Ausbildung

Die große Stärke einer könnte darin bestehen, dass sie sich von einzelnen Themen löst und zu

einem Gesamtkonzept kommt. Die Gestaltung einer "Service Science" hat dabei nicht nur für

die akademische Ausbildung eine große Bedeutung. Zühlke und Bootz (2009) vertreten die

These, dass die Triade Facharbeiter- Meister – Ingenieur zum Aufstieg der deutschen Indust-

rie stark beigetragen hat. Hinter dieser Triade steht u.a. ein Ausbildungssystem, das von der

Facharbeiter-, Techniker-, Meister- bis zur Ingenieurausbildung reicht. Fachlich inhaltlicher

Wissensgeber sind die Ingenieurwissenschaften, die Betriebswirtschaft und die Arbeits-

Abbildung 12: Aus- und Weiterbildung im Service Engineering

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80

wissenschaft. Darauf aufbauend kann argumentiert werden, dass eine ähnliche Triade zum

wirtschaftlichen Erfolg der Dienstleistungswirtschaft beitragen kann. Neben dem Thema der

Professionalisierung der Dienstleistungsarbeit steht die Frage an, wer ist der Wissensgeber für

diese Triade. Die Antwort (auf deutsch) kann eine in sich geschlossene Dienstleistungs-

wissenschaft (Service Science) sein.

Macauley (2010) stellt das akademische Konzept einer Service Science Ausbildung mit den

verschiedenen Curricula vor. Es basiert im Wesentlichen auf einem Arbeitspapier des SSME-

Netzwerkes in Großbritannien aus dem Jahr 2008 (http://www.ssmenetuk.org/docs/

ssme_framework.pdf). Ziel des Konzeptes ist, zur Ausbildung eines T-Shaped-Professionals

beizutragen. Dieser T-shaped-Professional soll Dienstleistung managen können und vertiefte

(technische) Probleme beherrschen können. Das „Service Science Curriculum“ wie es das

SSME-Netzwerk versteht, basiert auf 5 Elementen:

Der Dienstleistungskern: Er umfasst Schlüsselkonzepte der Dienstleistungen und

Schlüsselmethoden. Er ist auch das Element, der die anderen integriert.

Betriebswirtschaft („Business“): Dieses Element sorgt für die Kenntnisse zu Model-

len, die für Dienstleistungen von Bedeutung sind.

Menschen (People): Ähnlich wie das Element „Business“ soll dieses Element alles

umfassen, was für die Interaktion der Menschen im Dienstleistungssektor notwendig

ist, sowohl als Individuen als auch als Mitglieder einer Gesellschaft.

Technologie: Das Element umfasst alle Kenntnisse darüber, wie Schlüsseltechnolo-

gien auf Dienstleistungen angewandt werden können.

Fundamentale Kenntnisse: Dieses Element umfasst alle anderen Methoden und

Denkrichtungen, die für Dienstleistungen wichtig sind und nicht in den vorigen enthal-

ten sind.

Diese Elemente werden dann weiter spezifiziert.

Weiterentwicklungen und ihre Akteure

In Deutschland gibt es im Moment 2 Akteursgruppierungen, die die Dienstleistungswissen-

schaft durch regelmässig stattfindende Konferenzen fortentwickeln wollen. Diese Akteure

handeln eigenverantwortlich und werden von staatlicher oder wirtschaftlicher Seite kaum un-

terstützt. Die erste Gruppierung ist die Social Science Service Research Gruppierung

(http://www.3sresearch.de/) kurz 3SR genannt. Die zweite Akteursgruppierung schart sich um

das International Symposium on Services Science (http://isss.uni-

leipzig.de/index.php/german/Home.html) kurz ISSS genannt.

Der Schwerpunkt der Initiative „Social Science Service Research“ ist Zusammenführung be-

reits bestehender sozialwissenschaftlich ausgerichteter Beiträge zu einer gemeinsamen

Dienstleistungsforschung. Die Gruppierung entschloss sich dazu, da die Gründungsmitglieder

den Eindruck hatten, dass die sozialwissenschaftlichen Ansätze in der Service Science zu ge-

ring berücksichtigt wurden (vgl. die Einschätzung zur „Dienstleistungwissenschaft als Unified

Theory“). Verbunden mit dieser Zusammenführung der Einzelansätze ist auch der Versuch,

der Entwicklung eines gemeinsamen Selbstverständnisses und der Mobilisierung von Unter-

stützung für das Thema Service Science. Die erste Initiative der Gruppe war die Tagung „So-

zialwissenschaftliche Dienstleistungsforschung „Beiträge zu einer Service Science“ im Januar

2012. Nach Ansicht der Veranstalter wurde das Ziel mit einem entsprechenden Community

Building einen ersten Schritt zur Etablierung einer siozalwissenschaftlichen Dienst-

leistungsforschung erreicht (Weirich, http://www.3sresearch.de/wp-

content/uploads/Tagungsbericht_3sR_Endfassung_13Feb2012.pdf, 2012). Die zweite Tagung

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mit dem Thema „Tertiarisierung der Gesellschaft: Beiträge der sozialwissenschaftlichen

Dienstleistungsforschung zur Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen“ ist für März 2014

geplant. Neben den Aktivitäten der Gesamtgruppe haben auch einzelne Mitglieder zur Wei-

terentwicklung einer Dienstleistungswissenschaft beigetragen. Dazu gehört besonders der

Beitrag von Birken und Dunkel (2013), in dem nicht nur eine Bestandsaufnahme internationa-

ler Literatur zur Service Science geleistet wird, sondern auch der Versuch gemacht wird,

„Service Science“ und „Service Work“ einander anzunähern, allerdings kommen die Autoren

zu dem Schluss „worauf dies hinauslaufen wird, lässt sich jedoch für den Moment noch kaum

absehen“ (Birken und Dunkel, S. 68)

Das International Symposium on Services Science28 wird vom Institut für Informatik der

Universität Leipzig und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation seit

2009 veranstaltet. Sein Schwerpunkt liegt in der Lösung von Dienstleistungsproblemen durch

die einge Zusammenarbeit zwischen Dienstleistungsforschung, Betriebswirtschaft (Marketing

und Management), Informatik, Mathematik und Sozialwissenschaften. Von der Services Sci-

ence wird dabei erwartet, dass sie theoretisch fundiert praxisorientiert arbeitet. Die ISSS ha-

ben natürlich auch das Ziel des Community Buildungs, der eigentliche Schwerpunkt sind aber

Lösungen für die Wirtschaft, dazu gehören neben erher klassischen Bereichen wie Toll Coll-

ect, der E-Commerce oder die erneuerbaren Energien (vgl. Meyer und Abdelkafi, 2012) auch

die Anbieter von Dienstleistungssystemen (Meyer und Thieme, 2013). Der Schwerpunkt der

Methoden liegt auf der Weiterentwicklung des Service Engineerings durch Simulation bis hin

zu einem ServCAD-System. Dienstleistungspolitik oder neue Ansätze zur Entwicklung der

Dienstleistungsarbeit sind nicht im Fokus.

28 Die Gruppe verwendet den Begriff etwas unscharf. Zum Teil benutzt sie den Begriff „Service Science“ (Mey-

er, Abdelkafi 2012 im Titel) zum Teil den Begriff „Services Science“ (Meyer, Abdelkafi 2012 im Vorwort).

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Exkurs: Arbeitsinnovation in der Dienstleistungswirt-schaft Das Forschungsprogramm „Humanisierung des

Arbeitslebens “ von 1974 (BMFT, 1974) und seine

Nachfolgeprogramme hatten allgemein zum Ziel,

die Möglichkeiten zu untersuchen, wie die Arbeits-

bedingungen stärker als bisher den Bedürfnissen

der arbeitenden Menschen angepasst werden kön-

nen. Die Programme waren stark auf Probleme der

Fertigung konzentriert, betonten aber von Beginn

an ihre Entwicklungsfähigkeit. Dies „gilt insbeson-

dere für den Dienstleistungsbereich “. Ab Mitte der

80er Jahre betonten die Programme das ganzheitli-

che Innovationsmodell. ”Eine Gesellschaft ohne

Innovation stagniert. Eine Gesellschaft mit sozial

unverträglichen Innovationen gerät in Gefahr

schwierig lösbarer Konflikte...Wer immer nur an

Technik denkt, wenn von Innovationen die Rede

ist, braucht sich über Misserfolge nicht zu wun-

dern” (BMFT und BMA, 1987). Es war in den

Forschungsansätzen des Programms immer klarer

geworden, dass erfolgreiche Innovationen sich

durch die Berücksichtigung technischer, wirtschaft-

licher, organisatorischer, sozialer und humaner

Aspekte auszeichnen. Die interagierenden Grund-

bereiche des umfassenden Innovationsbegriffes

wurden die Technologie, entwicklungsförderliche

und flexible Organisationsformen, Qualifikation

und Qualifizierung sowie der Gesundheits- und

Arbeitsschutz. Qualifikation wurde als Schlüssel-

frage der modernen Industriegesellschaft erkannt

und von der Qualifizierung gefordert, dass sie mehr

sein müsse als nur die Vermittlung von Fertigkeiten

und Fähigkeiten. Der Qualifizierungsgedanke sollte

in allen Überlegungen zur Technikentwicklung und

-anwendung, zur Arbeitsgestaltung und -

organisation sowie zum Arbeits- und Gesundheits-

schutz enthalten sein.

Arbeitsinnovation in Dienst-leistungsclustern Auch wenn es im Begriff nicht sehr deutlich wird,

hatte die deutsche Industriesoziologie früh den

Schwerpunkt auf die Gestaltung der Arbeit in den

Verwaltungen gesetzt (z.B. Pirker, 1962, 1963). Im

Rahmen des Programms „Humanisierung des Ar-

beitslebens “ setzte Theo Pirker hier die ersten

Akzente. Pirkers ursprünglicher Ansatz entstammt

nicht der Arbeitsstrukturierung, sondern der Ausei-

nandersetzung mit dem Technikeinsatz in der Ar-

beitswelt. Er setzte sich vehement gegen die

„Schimpansentheorie“ (Jander, 1988, S. 113) zur

Wehr. Sein Ansatz war, dass je komplexer die

Technologie wird, desto höher müssen die Men-

schen qualifiziert sein, die mit dieser Arbeit umge-

hen. Der zweite Innovationsansatz ging vom ISF in

München aus. Der Münchner Betriebsansatz von

Burkhart Lutz machte zum ersten Mal deutlich,

dass man nicht den technischen Entwicklungen

ausgeliefert ist, sondern dass innerhalb des Betrie-

bes unter Nutzung der Technik verschiedene Wege

möglich sind (Fricke. E., Notz, Schuchardt, 1986).

Bei allem ist nicht nur die innovative Lösung selbst

zu berücksichtigen, sondern aus der Innovations-

prozess, der die Lösung sehr stark beeinflusst. Sehr

anschaulich stellten Weltz und Lullies (1983) fest,

dass es zwischen bestimmten Innovationslösungen

und dem Innovationsprozess, durch den sie zu

Stande kamen, einen Zusammenhang gab. Sie ka-

men zu folgendem für betriebliche „Innovations-

prozesse“ nicht gerade schmeichelhaftem Urteil:

„Statt dessen hatten eher zufällig erscheinende

Anlässe und persönliche Konstellationen offen-

sichtlich den Ablauf vielfach entscheidend geprägt.

Nicht zu übersehen waren oft auch die Folgen

schierer Inkompetenz.“ (S.14).

Diese älteren Innovationsansätze werden leider viel

zu wenig beachtet. Deshalb wird häufig das Rad

zum zweiten Mal erfunden. So tauchte Ende des 20.

Jahrhunderts eine neue Form der Gestaltung der

Kundenschnittstelle auf: das Call Center. Call Cen-

ter sind eine Antwort der Wirtschaft auf spezifische

Herausforderungen des Marktes, ihr Auf- und Aus-

bau wurde erst durch die Entwicklungen neuartiger

Kommunikationstechnik möglich. Obwohl erhebli-

ches Wissen zur Gestaltung von Organisations- und

Arbeitsprozessen vorhanden war, wurde dies bei

der Einrichtung von Call Centern häufig nicht an-

gewendet. Eine der wenigen Ansätze stammt von

Weinkopf (2001). Sie unterschied in bester Traditi-

on der Arbeitsgestaltung zwei Optionen, um die

Belastungen der Call Center-Arbeit zu reduzieren.

Zum einen den Weg der Führung und der Qualifi-

zierung und die Bildung von Teams. Die zweite

Option ist die Veränderung der Arbeit selbst durch

Reduktion der telefongebundenen Arbeit zugunsten

anderer Aufgaben. Im Sinne des Job Enlargement

mit Tätigkeiten wie Beantwortung von Emails, im

Sinne des Job Enrichments durch Übernahme steu-

ernder und kontrollierender Aufgaben. Die zweite

Option setzte sich aber nicht durch. Weinkopf

kommt zu dem Schluss, dass die Zukunft der Call

Center in ihrer Auflösung in integrierte I&K-

vermittelte Sachbearbeitung an der Kundenschnitt-

stelle liegt. Sie erinnert dabei an die heftigen Debat-

ten um die Einführung zentraler Schreibpools und

Datenerfassungsabteilungen.

Eines der letzten im Programm "Humanisierung des

Arbeitslebens begründeten Branchenprogramme

war das Programm "Menschengerechte Gestaltung

von Arbeit und Technik im Öffentlichen Personen-

nahverkehr". Während die große Öffentlichkeit

schon Ende der 80er Jahre auf den industriellen

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Sektor mit seinen Konzepten der 'schlanken' Pro-

duktion schaute und die Diskussionen um den 'In-

dustriestandort Deutschland' hohe Wogen schlugen,

standen eher unbeachtet auch die Unternehmen des

Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV insbe-

sondere in den Städten unter dem Druck, sich den

neuen Herausforderungen durch moderne Dienst-

leistungskonzepte zu stellen (vgl. hierzu: ÖTV

1987). So warben der Verband Deutscher Verkehrs-

unternehmen und die Verkehrsbetriebe unter dem

Slogan 'Vorrang für Busse und Bahnen' für den

Öffentlichen Personennahverkehr. 'Städte ersticken

im Verkehr - ÖPNV als Hoffnungsträger' so oder

ähnlich lauteten die Schlagzeilen der Zeitungen,

wenn es um das drohende (?) Verkehrschaos in

unseren Städten ging. 'Zu wenig Kunden - Dienst-

leistungsstandards im ÖPNV müssen verbessert

werden' so lauteten die Anforderungen der Kunden.

'Der ÖPNV ist zu teuer - er muss produktiver wer-

den' so hörte man viele Stadtkämmerer über den

ÖPNV sprechen. Die technisch orientierten In-

novationskonzepte wiesen im ÖPNV die gleichen

Nachteile auf, wie in der Produktion - zu groß, zu

unflexibel. Dazu kam ein weiterer Faktor, der der

personalen Dienstleistung. Die Dienstleistung

'ÖPNV' muss mehr sein als 'das bisschen Fahren'.

Ähnlich wie im Güterverkehr in der Logistik müs-

sen die 'Nebenleistungen zu Hauptleistungen' wer-

den.

Dieser Innovationsdruck führte neben den techni-

schen Forschungen zu einem Schwerpunkt im Hin-

blick auf die Arbeitsinnovation. Insgesamt wurden

22 Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von ca. 13

Mio. DM gefördert. Damit war das Branchenpro-

jekt 'ÖPNV' auch für den Bereich Dienstleistungen

eines der kleineren Vorhaben. Das Branchenprojekt

'Hotel und Gaststätten' hatte ein Volumen von 40

Vorhaben und 22,7 Mio. DM Gesamtvolumen, das

größte Branchenvorhaben 'Straßengüterverkehr' ein

Volumen von 34 Vorhaben und 49,1 Mio. DM

Gesamtvolumen. Noch größer wird die Differenz,

wenn man den ÖPNV mit den Branchenprojekten

des Produktionssektors vergleicht: z.B. Beklei-

dungsindustrie 55 Vorhaben, 53 Mio. DM Gesamt-

volumen oder gar Gießereiindustrie mit 94 Vorha-

ben und 109 Mio. DM Gesamtvolumen. Diese

Diskrepanz ergibt sich auch auf Grund der histori-

schen Gegebenheiten. Zwar stammte die Anregung

der Gewerkschaft ÖTV aus dem Jahre 1987. Da das

Definitionsvorhaben Ergebnisse aber erst nach 2

Jahren liefern konnte, fiel die Aufbauphase des

Branchenprojektes in den beginnenden Prozess der

deutschen Einigung. Verbunden mit diesem Eini-

gungsprozess waren Mittelkürzungen, die dazu

zwangen schon positiv begutachtete Vorhaben aus

den Bereichen 'Betriebssteuerung' und 'Fahrdienst'

abzulehnen. Eine Abarbeitung des vorgesehenen

Programms der Bekanntmachung von 1989 war

angesichts der knappen Ressourcen nur noch in

Teilen möglich. Zur Unterstützung der Umsetzung

der Ergebnisse wurde vom BMBF (Programm

'Verkehrsforschung') ein Vorhaben der Gewerk-

schaft ÖTV gefördert.

Im Branchenprojekt "ÖPNV sind nicht nur alle

Methoden eines modernen Forschungsmana-

gements eingesetzt worden, sondern auch das ge-

samte Instrumentarium der Arbeitsforschung, um

auf verschiedensten Ebenen neue Ansätze zur men-

schengerechten Gestaltung der Arbeit zu entwi-

ckeln. Dabei wurde aber auch deutlich, dass es

nicht um die Entwicklung und Gestaltung "Neuer

Dienstleistungsprodukte" ging. Hierfür standen

Anfang der 90er Jahre weder die Instrumente zur

Verfügung, noch war das entsprechende Bewusst-

sein bei den Beteiligten vorhanden. Dies mag ein

Grund dafür gewesen sein, dass die forschungspoli-

tischen Entscheidungsträger nicht im Stande ent-

sprechende Prioritäten zu setzen, um die Erfolgspo-

tenziale zu verwirklichen.

Arbeitsinnovation in Netzwer-ken Die Bedeutung des kontinuierlichen (!) Programm-

lernens über mehrere Projektzyklen hinweg, kann

am Beispiel des Arbeitsschwerpunkt „Menschen-

gerechte Gestaltung der Arbeit im Straßengüter-

verkehr“ dargestellt werden. Der Arbeitsschwer-

punkt wurde 1985 publiziert und im Januar 1994

mit der Tagung „Zukunft von Arbeit in logistischen

Systemen“ abgeschlossen (Ernst, Büntgen, Porn-

schlegel, Westfal (1994). Die Entwicklung des

Arbeitsschwerpunktes ist deshalb von Interesse,

weil er als konventioneller Schwerpunkt im Pro-

gramm "Humanisierung des Arbeitslebens" begann

und sich im Laufe der Zeit dann veränderte. In

diesen 10 Jahren haben die Innovationsansätze in

den logistischen Systemen sich mehrfach verändert:

Mitte der 80er Jahre wurden die Arbeitsformen

unter dem Schlagwort ‘Industrialisierung des Gü-

terverkehrs’ (ÖTV 1986) gesehen, Ende der 80er

und Anfang der 90er Jahre schlugen sich die logis-

tischen Rationalisierungskonzepte und Lean Ma-

nagement in der Gestaltung der Arbeit nieder und

Ende der 90er Jahre waren es die Entwicklungen

zum virtuellen Unternehmen. Während 1984 noch

das Nachahmen und Nachholen der industriellen

Konzepte im Vordergrund stand, ging es in den

90er Jahren eher darum, dass die logistischen

Dienstleister zum Vorbild wurden. Im Mittelpunkt

der Überlegungen Anfang der 80er Jahre stand das

klassische Unternehmen. Die Vernetzung mit ande-

ren Unternehmen war noch gering, es gab eine

starke Pufferbildung zu den vor- und nach-

gelagerten Unternehmen. Während in der Industrie

das Großunternehmen mit seinem Stab-Linie-

Organisationskonzepten vorherrschte, war es im

Gütertransport die (kleine) Spedition (häufig noch

im Selbsteintritt) und die Frachtführer. Der Durch-

dringungsgrad mit Informations- und Kommunika-

tionstechniken war gering (Bogedale et al., 1991).

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Die Transportbranche war reguliert und - auch das

ein wichtiges Merkmal - die Bahn war ein staatli-

ches Unternehmen.

Ab 1986 wurde der große Wandel im Transport-

sektor vom Transport zur Logistik sichtbar. Ging es

beim Transport noch darum Güter von A nach B zu

befördern, so stand die logistische Dienstleistung

für einen Ausschnitt einer Wertschöpfungskette. Es

beginnt am Ende der Produktion, schließt Lage-

rung, Transport und deren Steuerung ein. Darüber

hinaus sind aber auch Versicherungsleistungen und

Kundenbetreuung hier wichtige Bestandteile. Ab

Ende der 80er Jahre wurde immer klarer, dass das

Konzept der Industrialisierung der Transportarbeit

zu kurz greift. Die zunehmende Veränderung der

Fertigungstiefe bei den klassischen produzierenden

Unternehmen stellte neue Aufgaben an die Trans-

portunternehmen, die in der bisherigen Form nicht

vorhanden waren und mit klassischen Unterneh-

menskonzepten nicht mehr abdeckbar waren. Für

die Transportunternehmen stellte sich der Wandel

in mehreren Formen dar:

- ‘Fertigungstiefenerhöhung’ bei den Dienst-

leistungsunternehmen (breitere und tiefere Auf-

gaben),

- Einschaltung logistischer Dienstleister mit Ge-

neralunternehmerfunktion

- Auslagerung von Planungs- und Entwicklungs-

aufgaben für logistische Aufgabenstellungen an

diese Dienstleistungsunternehmen und damit die

Vergrößerung ihres Einflusses auf die Gestal-

tung.

Die neuen Formen wirkten sich als verstärkte Ver-

netzung zwischen Logistik- und Produktionsunter-

nehmen sowie deren Kunden aus. Die vorgeschla-

genen Logistikstrategien zeichneten sich durch

Intermodalität bei der Nutzung der Transport-

systeme, dem Einsatz modernster Informations- und

Telekommunikationstechniken, einem ausgefeilten

Schnittstellenmanagement und der Steuerung über-

betrieblicher Prozesse aus. Ihr Innovationskonzept

basierte auf der Integration von menschlicher Ar-

beit technischer Unterstützung, effizienter Organi-

sationsgestaltung und ökologischer Umweltnutzung

(Strutynski, 1993). Solche Strategien haben auch

heute ihre Bedeutung zur Sicherung produzierender

Unternehmen im nationalen und internationalen

Wettbewerb nicht verloren. Die Leistungsfähigkeit

logistischer Systeme ist die Voraussetzung für die

notwendigen Netzwerke zwischen Herstellern, Lie-

feranten und Kunden. Sie haben einen entscheiden-

den Stellenwert für die Wertschöpfung in einer

Volkswirtschaft. Logistikunternehmen sind inzwi-

schen spezielle Konzerne, die weltweit agieren.

Die Veränderungen wurden im Koordinierungs-

kreis, in dem auch die Gewerkschaft ÖTV vertreten

war, diskutiert und neue Ausrichtungen gefunden.

Der Wandel der Auffassungen wird in den Ergeb-

nissen der Vorhaben der zweiten Phase sehr deut-

lich Waren die ersten Ergebnisdarstellungen ‘Kom-

missionieren’ (Bockelmann et al., 1992) und ‘Per-

sonalmanagement in der Logistik’ (Bockelmann

und Böseler, 1994) mit Themen wie "Trends der

Technikentwicklung im Bereich des Kommissionie-

rens", " Arbeitszeit- und Entgeltsysteme" sowie

"Qualifizierung von Hallenmeistern" noch sehr

konventionell, so begann sich mit ‘Beziehungsma-

nagement in der logistischen Kette’ (Bockelmann et

al. 1994), ‘Informationswohlstand schaffen’ (Lau-

enstein et al., 1994) und ganz besonders ‘Innovati-

onswerkstatt Logistik’ (Bockelmann, Lauenstein

und Böseler, 1994) ein sehr deutlicher Wandel

abzuzeichnen. Mit der Untersuchung des Bezie-

hungsmanagements in der logistischen Kette wurde

das Konzept der Kette als unzureichend erkannt.

Konsequenterweise wird nicht mehr von den logis-

tischen Ketten gesprochen, sondern von den logisti-

schen Systemen und dem richtigen Arbeiten mit

Informationen in logistischen Systemen. Zur glei-

chen Zeit gewann der Grundgedanke der Partizipa-

tion wieder an Bedeutung.

Dieser Schwerpunkt war sehr eng mit den For-

schungsarbeiten des schwedischen Arbetsmiljö-

fonden verbunden worden. Eine Reihe von Tagun-

gen war Ergebnis dieser Kooperation. Dazu gehör-

ten 1992 „Arbeits- und Gesundheitsschutz in Euro-

päischen Transport- und Verkehrsnetzen“ zusam-

men mit der damaligen Bundesanstalt für Arbeit-

schutz (Neubert, Ebert, Renard (1993)), im gleichen

Jahr „Ganzheitliche Logistikkonzepte“ (Möhlmann

und Hoffstadt (1993)), sowie „Arbeit und Technik

in internationalen Speditionen“ (Logistik und Ar-

beit (1993)). Neben diesen Tagungen wurden auch

unkonventionelle Wege des Transfers begangen.

Einer war die Gründung der Zeitschrift „Logistik

und Arbeit“, die von 1992 bis 1996 den Schwer-

punkt begleitete. Ebenso wurde die „International

Society for Participation and Empowerment “ von

der Chalmers University in Schweden gegründet.

Dieser Verein aus Beratern und Forschern war

zunächst nur auf die Logistik konzentriert, beschäf-

tigt sich heute aber mit allen Fragen der Beteiligung

und veranstaltet bis heute seine regelmäßigen Jah-

restagungen. Mitglieder kommen inzwischen aus

allen Ländern Europas.

Der Ansatz trug zur programmatischen Weiter-

entwicklung bei, da er den 'aus der Not' des Trans-

ports und der Distribution geborenen Logistikansatz

mit dem Ansatz, des 'virtuellen Unternehmens'

(Davidow und Malone, 1993, vgl. aber auch Me-

wes, 1993) verband. Für den Betrachter, der an

klassische Firmenstrukturen gewohnt ist, bildet das

'virtuelle Unternehmen' ein sich im Laufe kurzer

Zeit immer wieder veränderndes Gebilde, dessen

Trennlinien - auch die der betrieblichen Organi-

sation - nach innen und außen verschwimmen. Zur

Gestaltung der entsprechenden Kooperationsstruk-

turen bedarf es anderer Organisationsformen und

verbesserter Möglichkeiten der Kommunikation

und ihrer technischen Unterstützung. Die Rolle der

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in der heutigen Politik besonders beachteten kleinen

und mittleren Unternehmen in einer virtuellen Un-

ternehmung ist komplex. Zum einen sind sie flexib-

ler und an überbetriebliche Kooperationen eher

angepasst als größere Unternehmen. In ihren Do-

mänen sind die kleinen und mittleren Unternehmen

Spezialisten, unter Innovationsgesichtspunkten fehlt

ihnen aber in bestimmten Bereichen das notwendi-

ge Expertenwissen. Ein weiteres Innovations-

hemmnis ist vielleicht auch die Angst vor 'über-

mächtigen' Partnern und traditionelle, gewachsene

Strukturen mit einer entsprechenden Qualifikation

des Managements. Damit bilden sie auf der einen

Seite ein innovatives Potential, auf der anderen aber

auch ein gewisses Innovationshemmnis.

Das Konzept der virtuellen Unternehmung dis-

kutiert Belastungsfragen von Beginn an kritisch:

'Viele Betriebe werden den Anforderungen dieses

Wandels nicht gewachsen sein. Manchen Ar-

beitnehmer werden diese Veränderungen noch

schlimmer bedrücken als dies in früheren indu-

striellen Umwandlungen der Fall war. Doch dieses

Mal droht nicht Unterwerfung, Ausbeutung oder

Entmenschlichung, sondern Unsicherheit, das Feh-

len einer verlässlichen Struktur und, ganz schlicht,

zu viel Verantwortung.' (Davidow und Malone,

1993, S. 16) Diese Einschätzung deckt sich mit der

Einschätzung deutscher Logistikexperten. Zum

Thema 'Belastung’ sind als wesentlichste Einzeldi-

mensionen 'Arbeitszeit' und 'Verantwortung' ge-

nannt. Allgemein wird erwartet, dass die Arbeits-

zeitsituation sich verschärft, ohne dass für den

Dienstleistungssektor adäquate Arbeitszeitmodelle

zur Verfügung stehen. 'Verantwortung' bedeutet,

dass der Mitarbeiter einen immer größeren Anteil

an Verantwortung für die Entstehung des Produktes

übernimmt (Danckwerts, 1994). Verantwortung bei

Entscheidungen auf unsicherer Datenlage wird eine

der wesentlichsten Belastungsquellen der Zukunft

sein. Die ‘Unsicherheit’ oder positiv gewendet die

‘Orientierung am Kundennutzen ’ ist eines der

Kernelemente der Arbeitsgestaltung in virtueller

Unternehmen (Florian, 1995). Bislang festgefügte

Organisationsstrukturen, abgrenzbare Arbeitsrollen

und -aufgaben werden in überbetrieblich kombi-

nierbare Module aufgelöst, die dann jeweils nach

Kundennutzen beliebig zusammengefügt werden.

Arbeitsgruppen und Abteilungen müssen sich stän-

dig reformieren und reorganisieren. Bisher vorhan-

dene feste und dauerhafte Kooperationen werden

durch wechselnde Teams ersetzt. Überbetrieblich

konzipierte logistische Systeme erfordern besonde-

re Aufmerksamkeit für den Arbeits- und Gesund-

heitsschutz. Zwar wird immer wieder die Philoso-

phie der Kooperation zum unverzichtbaren Be-

standteil für das Umgehen der Akteure miteinander

genannt, doch im Wesentlichen haben wir es mit

einem ‘Beauftragungsdenken’ (Bockelmann, 1993)

zu tun. Die Produktion stuft die Logistik als nach-

rangig und einfach ein, beauftragt den Spediteur mit

diesen Aufgaben. Der wiederum stuft den Transport

als nachrangig und einfach ein und beauftragt den

Frachtführer mit diesen Aufgaben. Und alle müssen

einen wesentlichen Teil ihrer Attraktivität durch

eine (Niedrig)Preisgestaltung erreichen. Damit wird

einer echten partnerschaftlichen Zusammenarbeit

zu wenig Raum gegeben, jedenfalls wenn man die

hehren Ansprüche der Kooperationsphilosophie

dagegenhält. Diese Konflikte auf der Strategieebene

führen auf der operationalen Ebene zu Arbeits-

belastungen und Unfallgefährdungen. Bockelmann

(1993) spricht vom ‘Kaskadenprinzip’. Die schlech-

teren Konditionen werden im Gesamtgeschehen

weiter und weiter nach unten gedrückt. Der einzel-

ne Fahrer muss aus Mangel an Handlungsspielräu-

men auf überlange Arbeits- und Fahrzeiten mit den

bekannten Folgen ausweichen. Trotzdem bleibt

bestehen, dass die neuen Organisationskonzepte

immer mehr auf die Motivation und die Gesundheit

der Beschäftigten angewiesen sind. Vielleicht ge-

lingt es in einem kontinuierlichen Prozess - ähnlich

wie in der Industrie - die Arbeitsbelastung in den

Griff zu bekommen.

Auf Grund der Förderung in anderen Programmen

des BMBF wurde der Förderschwerpunkt in der

Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhun-

dert“ nur im Rahmen des Kooperations-

managements aufgenommen (z.B. Luczak, Schenk

(1999). Mit diesen Erfahrungen startete Anfang

2001, auf dem Höhepunkt der Euphorie um die

zunehmende Ausbreitung des Internets als neues,

allumfassendes Kommunikationsmedium, das

gleichermaßen für die Globalisierung der Wirt-

schaft, die Entgrenzung der Unternehmen und die

Flexibilisierung von Arbeit steht, der Forschungs-

schwerpunkt "Arbeit in virtuellen Unternehmen".

Ziel des Schwerpunktes war es, die Forschungen zu

dem neuen Unternehmenstyp „virtuelles Unterneh-

men“, hinsichtlich neuer Formen der Beteiligung

und Einbindung von Mitarbeitern und Beschäftig-

ten, neuer Konzepte des Managements, der Planung

und Steuerung von Arbeitsprozessen, der Beson-

derheiten der Unternehmenskultur sowie des Zu-

sammenspiels von (Informations-) Technik und

Arbeit voranzutreiben, um innovative, zukunftsori-

entierte und menschengerechte Arbeit auch unter

den Bedingungen der Globalisierung und Entgren-

zung zu ermöglichen. Der Forschungsschwerpunkt

hat so entscheidend daran mitgewirkt, dass einer

menschengerechten Unterstützung virtueller Unter-

nehmen – auch durch die prototypische Entwick-

lung eigener Instrumente – mehr Raum gegeben

wurde (z.B. Zülch, Barrantes und Steinheuser,

2006). Er führte aber auch dazu, dass das Pro-

gramm „Innovationsfähigkeit“ der Ebene der

Netzwerke besondere Aufmerksamkeit widmete.

Daraus entstand das Handlungsfeld der Innovati-

onspartnerschaften, der besonders den kleinen und

mittleren Unternehmen gewidmet ist. Ebenso wur-

den logistische Fragestellungen im E-Business

(BMBF, 2004, Herrmann, Schöpe, Erkens, Hülder

(2005), Luczak (2004)) aufgenommen.

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Neue Technologie: Vom Ser-viceroboter bis zur LightFusi-on Technikentwicklung und der Technikanpassung

dürfen bei Ansätzen der Humanisierung und der

Innovation nie aus den Augen verloren werden. Für

die Gestaltung von Dienstleistungsarbeit ergeben

sich sowohl bei der Wissens- als auch bei der Inter-

aktionsarbeit neue Ansätze. Erste Hinweise für die

neuen Herausforderungen geben der Schwerpunkt

„HighTech und Arbeitsgestaltung“ im Rahmen des

Förderschwerpunktes „Innovationsstrategien jen-

seits des traditionellen Managements“, das entspre-

chende Forum auf dem 2. Zukunftsforum und die

Einbindung der Dienstleistungsinnovation in die

HighTech Strategie. Das neue Design des Wissens-

arbeitsplatzes wird neue Technologien umfassen,

die auf lange Sicht den Bildschirmarbeit ablösen

werden. LightFusion, Bio- oder Nanotechnologie

schaffen neue Gestaltungsräume für Wissensarbeit.

Wissensarbeitsplätze werden viele der neuen Tech-

nologien nutzen. In diesen liegen auch Herausfor-

derungen zur Anreicherung der Arbeitsinhalte, zur

Kompetenzentwicklung und zur Gesundheits-

förderung. Schon jetzt absehbare technologische

Entwicklungen zum Beispiel in der Bio-, Gen- und

Nanotechnologie sowie die Entwicklung zur Wis-

sens- und Dienstleistungsgesellschaft bergen zu-

gleich Chancen und Risiken für die Gestaltung

zukünftiger Arbeitswelten (Dueck, 2009). Daher

stellt sich heute die Frage, in welcher Arbeitswelt

wir morgen arbeiten und leben wollen und wie die

heraufziehenden technologischen Möglichkeiten

hierzu beitragen können. Es verbinden sich Fragen

nach Chancen und Risiken technologischer Ent-

wicklungen mit denen zukünftiger Arbeitswelten

mit ethischen Fragen und den Gestaltungsoptionen

von Forschung.

Arbeitsinnovation: Unterneh-menskultur als neuer Weg? Mitbestimmung und Beteiligung werden heute

gewöhnlich als Reorganisationsinstrument begrif-

fen und in diesem Sinne eingesetzt. „Unterneh-

menskultur “, in diesem Begriff verbinden sich das

„rationale Unternehmen“ und die „gute Kultur“.

Mit dem Begriff der Kultur verbindet sich etwas

Positives, das über den Auseinandersetzungen zwi-

schen Kapital und Arbeit steht und eine Bindung

verspricht (Kirchhöfe, 2004).29 Eng verbunden sind

dann die Anerkennungskultur, die Arbeitskultur,

die Lernkultur und die Vertrauenskultur. Es werden

die sozialen Inhalte der Kultur und ihr Entwick-

lungsraum für die menschliche Persönlichkeit her-

ausgehoben. „Kennzeichen einer zeitgemäßen,

innovationsförderlichen Unternehmenskultur ist

29 Ich danke Frau Prof. Dr. I. Bootz für ihre Kom-

mentare zur „Unternehmenskultur “

eine transparente, zielorientierte Unternehmens-

führung. Auf der Grundlage menschen- und aufga-

bengerechter Leitungs-, Beteiligungs- und Organi-

sationsstrukturen wird die wirtschaftliche Leis-

tungsfähigkeit des Unternehmens verbessert. Zu-

gleich lassen sich damit die Interessen der Beschäf-

tigten nach Stabilität ihres Beschäftigungs-

verhältnisses, Anerkennung, Beteiligung und Kom-

petenzförderung berücksichtigen.“ Mit diesen an-

spruchsvollen Sätzen leitet der PT-DLR die Bro-

schüre zur Darstellung der Ergebnisse des Förder-

schwerpunktes „Entwicklungsfaktoren für den Auf-

und Ausbau innovationsförderlicher Unterneh-

menskulturen und Milieus“. Der Einsatz der Betei-

ligung als Reorganisationsinstrument wird in eini-

gen Projekten sehr deutlich, wenn die Mitarbeiter

als eine zentrale Ressource für eine nachhaltige

Innovationsfähigkeit gesehen werden. Diese Res-

source ist dann besonders wirksam, wenn die Mit-

arbeiter möglichst früh, intensiv und gestaltend in

die unternehmerischen Veränderungsprozesse ein-

gebunden werden. Wichtige Voraussetzungen

schafft hierfür eine beteiligungsorientierte Unter-

nehmenskultur. In einer beteiligungsorientierten

Unternehmenskultur werden die Mitarbeiter perma-

nent - im Sinne eines überdauernden und fest in die

Kultur verankerten Grundprinzips - über verschie-

dene Formen am Unternehmen und seinen Prozes-

sen beteiligt. In diesen Sätzen wird die Neubewer-

tung der Beteiligung sehr deutlich. Nicht mehr die

Gestaltung der eigenen Arbeit mit innovativen

Qualifikationen ist das Ziel, sondern die Verbesse-

rung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines

Unternehmens. Dabei versucht der DLR-PT den

Aufbau von Unternehmenskulturen, die einerseits

betriebswirtschaftlichen Zielen von Unternehmen

gerecht werden und andererseits dem Anspruch

einer innovationsförderlichen Umgebung für alle

Beschäftigten entsprechen, als oberstes Ziel zu

sehen. Damit setzt der DLR-PT voraus, dass inno-

vationsförderliche Umgebungen auch eine men-

schengerechte Gestaltung der Arbeit bedingen.

Benthin und Brinkmann und ihre Coautoren (2008)

setzen sich ausführlich mit dem Zusammenhang

von Unternehmenskultur und Mitbestimmung

auseinander. Einen Schluss, den dabei Sackmann

zieht, ist das Unternehmenskultur und Mitbe-

stimmung kein Widerspruch sind. Sie sagt aber

auch, dass die "Nutzung der Mitarbeiterpotenziale"

über partnerschaftliche Führung" – nicht Interaktion

- erfolgt und damit nicht gesetzlich regelbar ist.

Sackmanns Ansatz widerspricht Frickes "demokra-

tischer Beteiligung" natürlich völlig. In Frickes

Konzept (und auch im Konzept der Mitbestim-

mung) sind Beschäftigte gleichberechtigte Partner

im Unternehmen, die weder genutzt noch geführt

werden. Damit gerät das Konzept der Unterneh-

menskultur auch schnell wieder in Richtung eines

Managementsteuerungsinstrumentes, eine Gefahr

auf die Brinkmann, Benthin und Dörre mit den

Page 87: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

87

Worten "Culture Club oder demokratische Teilha-

be" deutlich verweisen.

Arbeitsinnovation: Neue Wege in der Prävention Prävention wird immer mehr als ein Instrument der

Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Prävention wird in

betriebliche Innovationsstrategien integriert. Die

Expertenkommission „Zukunftsfähige betriebliche

Gesundheitspolitik“ hat eindringlich darauf hinge-

wiesen, dass Gesundheit am Arbeitsplatz bzw.

vorbeugende Maßnahmen im Rahmen der betriebli-

chen Gesundheitspolitik entscheidend durch eine in

die Kultur des Unternehmens integrierte Präven-

tion, das Engagement und die Kompetenz der Un-

ternehmensführung und des Managements geprägt

werden. Die Veränderungen in der Arbeitswelt

haben auch dazu geführt, dass sich die Aufgaben

der überbetrieblichen Akteure im Arbeits- und

Gesundheitsschutz wandeln. Waren diese Aufgaben

in der Vergangenheit vorrangig dadurch geprägt,

von den Unternehmen die Einhaltung von Verord-

nungen und Regelungen einzufordern, wie z.B. zu

persönlichen Schutzausrüstungen, zur ergonomi-

schen Gestaltung von Arbeitsplätzen oder zum

Umgang mit Schadstoffen, so treten, forciert durch

die neuen Formen von Arbeit ganz andere Themen

und Aufgaben in den Vordergrund: psychische

Belastung und Beanspruchung, Entwicklung von

Managementmethoden und Führungsinstrumenten

zur Förderung der Selbstregulation (Work-Life-

Balance), Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, Bewälti-

gung des demographischen Wandels usw. So su-

chen Berufsgenossenschaften einen eigenständigen

Weg zwischen Überwachung und Beratung, Kran-

kenkassen bieten ein breites Spektrum an betrieb-

lich wirksamen Präventionsmaßnahmen an. Diesen

Anforderungen stellte sich der neue Arbeitsschwer-

punkt „Prävention“ und entfernte sich damit von

früheren Ansätzen der Reparaturhumanisierung.

Erfahrungswissen und –lernen in der Dienstleistungswirt-schaft Im Rahmen der Gestaltung von Arbeit ist das Kon-

zept des "Erfahrungswissens" bzw. der "erfah-

rungsgeleiteten Arbeit" eingeführt worden. "Erfah-

rungswissen" wird in der deutschen Sprache assozi-

iert mit "Erfahrungsschatz". Dies war aber nicht

gemeint. Erfahrungswissen griff den alten Konflikt

zwischen dem Ansatz der "wissenschaftlichen"

Betriebsführung und der Leitung durch die "erfah-

renen" Meister auf, auf einer abstrakten Ebene

formuliert: Schafft Erfahrung ebenso Wissen, wie

dies Wissen-schaft tut? Diese Frage ist nicht leicht

abzutun. So überliefert Radkau (2008, S. 300) fol-

genden Ausspruch von Ernst Poensgen, dem stell-

vertretenden Generaldirektor des Stahlvereins aus

dem Jahr 1931:

"Lasst mich mit der Wissenschaft in Ruhe!

Wir sind mit der Wissenschaft gefüttert

und überfüttert worden, wissenschaftliche

Technik, wissenschaftliche Betriebs-

führung, wissenschaftliche Materialkunde,

wissenschaftliche Marktforschung, wissen-

schaftliche Bilanzierung und so weiter und

so fort. Und wohin hat all diese Wissen-

schaft uns gebracht?"

Heute wird sehr schnell wissenschaftlich be-

gründetes Wissen als dem Erfahrungswissen über-

legen dargestellt. Dabei wird häufig außer acht

gelassen, dass wissenschaftlich erworbenes Wissen

hoch abstrakt ist, auf die konkrete Situation kaum

anwendbar ist ("Unwägbarkeiten der Praxis") und

"dem Stand der Technik unterworfen ist, also un-

vollständig ist. Böhle et al. (2002) zeigen eine Rei-

he von Ansätzen aus den Projekten auf, wie Erfah-

rungswissen und innovative Technikkonzepte zu-

sammengeführt werden können. Dazu gehört das

Programmieren mit Bearbeitungsfeatures, die hand-

lungsorientierte Gestaltung von Fertigungstechnik,

handlungsorientierte Interaktionstechnik in der

Fertigung und die Nutzerbeteiligung in frühen Sta-

dien der Technikentwicklung. Auch die Einar-

beitung des Erfahrungswissens in wissensbasierte

Assistenztechnik wurde als ein Anwendungsfeld

gesehen. Diese Ansätze sind in die Technikgestal-

tung eingeflossen, insgesamt beurteilen sie die

"facharbeiterorientierte" Gestaltung von CNC-

Maschinen aber als nicht erfolgreich: "Im Mittel-

punkt steht dabei jedoch weiterhin das Ziel einer

Objektivierung von Erfahrung, nur selten findet

sich Erfahrung als Gestaltungsmoment im Sinne

einer eigenständigen, genuin menschlichen und

nicht formalisierbaren Qualität von Wissen und

Handeln." (S. 55). Die Debatte um das Erfahrungs-

wissen wird in den nächsten Jahren im Dienstleis-

tungssektor geführt werden müssen. Hier wird auf

einer weitaus komplexeren Ebene, nämlich der

Interaktion mit Kunden geprüft werden müssen,

wie Verwissenschaftlichung (Industrialisierung)

und Erfahrungswissen zusammenspielen. In be-

stimmten Bereichen der personenbezogenen Dienst-

leistungen wird das Problem dann noch mit ethi-

schen Fragen verknüpft werden, eine Komplexität

der Fragestellung, der gegenüber die industrielle als

Kinderspiel erscheint.

Demographie und Arbeit30 In Abgrenzung zu den Arbeiten der Enquete-

Kommission des Deutschen Bundestages, die sich

schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen des

demografischen Wandels auf Gesellschaft und

soziale Sicherungssysteme beschäftigte, hat sich die

Arbeitsforschung auf den für die Wirtschaft bedeut-

30 Ich danke meiner ehemaligen Kollegin Stephanie

Becker für ihre Bemerkungen zum Thema.

Page 88: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

88

samen Zusammenhang von alternden Betriebs-

belegschaften und betrieblicher Innovations-

fähigkeit konzentriert.

Untersuchungen zu älteren Arbeitnehmern wurden

im ersten HDA-Programm unter der Rubrik „Unter-

suchung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen

für besondere Personengruppen“ gefasst. Es ging

hier mehr um die Arbeitsgestaltung im Hinblick auf

die Defizite älterer Menschen als um eine gesamt-

betriebliche Personalentwicklungsstrategie. In der

Dokumentation des neuen HDA-Programms taucht

1987 unter den Zukunftsfragen der Arbeitswelt zum

ersten Mal die demografische Entwicklung als

Entwicklungstrend auf, ohne aber näher auf diese

Frage einzugehen. Die Formulierung und Ausfül-

lung der Forschungsfragen war dem Programm

„Arbeit und Technik vorbehalten. Auf dem Kon-

gress „Alter und Erwerbsarbeit der Zukunft“ im

November 1992 in Berlin wurden technisch-

organisatorische Konzepte, Qualifizierungskonzep-

te, Personalkonzepte und Konzepte zum Arbeits-

und Gesundheitsschutz vorgestellt, um die demo-

graphische Herausforderung in den Betrieben be-

wältigen zu können (Bullinger, Volkholz, Betzl,

Köchling, Risch (1993). Die Forschungsergebnisse

in Form von wissenschaftlich fundierten Prognosen

und Trendanalysen zeigten, dass Unternehmen sich

in der Zukunft auf eine Veränderung der Alters-

struktur der Erwerbstätigen einstellen müssen. Die

Belegschaft muss bis zum Eintritt ins Rentenalter

arbeits- und innovationsfähig gehalten werden, so

dass die wirtschaftlichen Umbrüche und neuen

technologischen Herausforderungen bewältigt wer-

den können. Im Rahmen der sogenannten Demo-

grafieinitiativen wurden in rund 150 Unternehmen

in den beiden Industriebranchen der Elektro- und

Maschinenbauindustrie und im Sanitär-Heizung-

Klima -Handwerk alternsgerechte Maßnahmen und

Instrumente für alternsgemischte Teams, für eine

lern- und gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung,

für arbeitsbegleitende Lernkonzepte und für ausge-

wogene Alters- und Personalstrukturen entwickelt

und erprobt. In einem weiteren Schritt wurden die

Ergebnisse und Lösungsansätze anwendungsorien-

tiert für Unternehmen aller Branchen und Wirt-

schaftssektoren aufbereitet. Der so entstandene

„Werkzeugkasten“ bietet Unternehmen Instrumente

und Maßnahmen an, mit denen sie eigenverantwort-

lich auf die Herausforderungen des demografischen

Wandels reagieren können. Viele der Instrumente

und Maßnahmen, die Unternehmen in Deutschland

derzeit zum Umgang mit dem demografischen

Wandel zur Verfügung stehen, beruhen auf den

Ergebnissen der vom BMBF geförderten Vorhaben.

An den Staat wurde die klare Forderung gerichtet,

die Weiterentwicklung und Verbreitung zukunfts-

tauglicher Problemlösungen durch Aktions- und

Förderprogramme aktiv zu unterstützen. In-

zwischen ist aus der Demografie-Debatte eine De-

mografie - Bewegung geworden. Die EU -Kom-

mission hat Jahr das Grünbuch "Angesichts des

demografischen Wandels - eine neue Solidarität

zwischen den Generationen" veröffentlicht und

damit einen EU-weiten Diskurs über die zentralen

Fragen angestoßen“. Auch in den neuen Pro-

grammen zur Arbeitsforschung ist das Thema

„Demographie und Arbeit “ verankert. Zum einen

werden bisher erprobte Werkzeuge in andere Bran-

chen umgesetzt (z.B. in die IT -Branche), zum

anderen wird versucht, Lösungen für Tätigkeiten zu

finden, die eng mit schwerer körperlicher Belastung

verbunden sind. Zum anderen werden aber auch

neue Konzepte angedacht. "Unter dem Schatten

alter Bäume – insbesondere, wenn sie mächtig und

ausladend sind – wächst häufig nichts.“. Mit diesen

Worten verlangte Volker Volkholz eine Neube-

wertung des Erfahrungswissens von Älteren. Erfah-

rungswissen verliert an Wert, wenn es viele besit-

zen und wenn der globale Wettbewerb Entlernpro-

zesse erzwingt. Damit muss auch das Konzept des

Lebenslangen Lernens durchdacht werden, es geht

nicht um Lernen per se, sondern um Lernen zum

erhalt der Innovationsfähigkeit. Dies verlangt auch

ein Neudenken der Altersgemischten Belegschaf-

ten, wenn kaum noch jüngere da sind, um zu mi-

schen.

Innovation, Innovationsfähigkeit und Soziale Innovation: Herausforderung an politisches Handeln Die heutigen gebräuchlichen Definitionsansätze zur „Innovation“ gehen auf die Definitionen

des Frascati-Manuals von 1993 (OECD 1993) zurück, in dem Innovation als ein Vorgang

definiert wird:

Scientific and technological innovation may be considered as the transformation of a new

idea into a new product introduced on the market, into a new or improved operational pro-

cess used in the industry and commerce, or into a new approach to a social service" (Zitat

nach Stiller und Bitze, 1998, S. 17)

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Diese Definition umfasst also einen Transformationsprozess, der von der Forschung über die

Entwicklung bis zur Markteinführung geht. Er umfasst ebenso Prozesse und Produkte, Her-

stellung und Dienstleistungen und Soziale Dienste, bei denen nicht unbedingt klassische

Marktverhältnisse herrschen. Der Innovationsprozess wird aus Vereinfachungsgründen als

geradliniger Prozess betrachtet. Dies entspricht nicht der Realität. In der Realität ergeben sich

Schleifen, Sackgassen, Umwege, Irrwege. Trotzdem ist es zunächst einmal hilfreich den Pro-

zess in Ideenfindung, FuE-Phase, Prototypengestaltung und Markteintritt zu zerlegen. Dies

soll nicht bedeuten, dass Forschung nur in der FuE-Phase stattfindet, sondern Interventionen

des Forschungsprogramms können bis zur Prototypengestaltung notwendig sein. Auch wenn

die Rolle der FuE-Förderung wichtig ist, so muss auch klar sein, dass die Phase nach der Pro-

totypengestaltung manchmal den 20 bis 30fachen finanziellen Einsatz der Forschungsförder-

mittel erfordert. Damit gewinnen andere Finanzierungsgeber und –isntrumente an Bedeutung.

Die Prozesssicht erlaubt, das Konzept des Innovators als Great-Man-Theory aufzugeben und

zu Innovationsakteuren auf verschiedenen Stufen zu kommen. Diese Innovationsakteure ko-

operieren in einem System oder Netzwerk. Innovationsakteure müssen nicht alle einen Ge-

winn von der Innovation haben. Betrachtet man z.B. den MP3-Player als eine Innovation, so

hat z.B. einer der Innovationsakteure (die Fraunhofer Gesellschaft) einen Gewinn, während

der Innovationsakteur „Musikindustrie“ wohl eher leer ausgeht (genaueres zur Einordnung

der Entwicklung des MP3-Players in das Innovationsgeschehen: Bullinger, 2008). Der Begriff

des Netzwerkes erlaubt dann auch weiterhin, den Innovationsprozess als "Closed Innovation"

oder als "Open Innovation" zu sehen (Reichwald und Piller, 2006; Möslein und Matthaei,

2009). In der Closed Innovation sind die Anbieter gewöhnlich unter sich, während in einem

Open Innovation Prozess alle möglichen Menschen und Organisationen zur Beteiligung auf-

gefordert werden. Mit der Prozesssicht kann auch der Beitrag der unterschiedlichen politi-

schen Akteure für den Innovationsprozess bestimmt werden. Bei der Frage der Einflussnahme

auf Innovationspolitik ist es wichtig, nicht nur die Inhalte zu erarbeiten, sondern neben den

betrieblichen Akteuren auch das Umfeld zu erarbeiten, das auf das Innovationsgeschehen Ein-

fluss nimmt. Diese Instanzen sind von Programm zu Programm verschieden. Wichtig ist auf

jeden Fall auch, die Organisationen zu betrachten, die nach der Phase von Forschung und

Entwicklung das Innovationsgeschehen bestimmen.

Die Entwicklung des Innovationsbegriffes zeigt der Ansatz von Rammert (2012, S. 39)

auf:,,Innovationen können vorläufig als diejenigen Variationen von Ideen, Praktiken, Prozes-

sen, Objekten und Konstellationen begriffen werden, die durch kreative Umdeutung und Um-

gestaltung geschaffen oder durch zufällige Abweichung und Rekombination hervorgebracht

worden sind, die als Verbesserung in einer akzeptierten Hinsicht erfahren und gerechtfertigt

werden und die durch Imitation und Diffusion einen Bereich der Gesellschaft mit nachhaltiger

Wirkung verändern." Während im klassischen Definitionsbegriff die Durchsetzung am Markt

noch als Kriterium begriffen wurde, greift Rammert auf die Konzepte „Verbesserung in einer

akzeptierten Hinsicht“ und „einen Bereich der Gesellschaft mit nachhaltiger Wirkung verän-

dern“ zurück. Dies wird zu Ansätzen führen, die den nicht transzendenten Bewertungszu-

sammenhang des Innovationsbegriffes deutlicher machen.

Innovationsfähigkeit als Paradigma

Lehner, Baethge und Stille untersuchten die Beschäftigungswirksamkeit von Innovationen

(Lehner, Baethge, Kühl, Stille, 1998). Danach wirkten sich Prozessinnovationen zunächst

negativ auf die Beschäftigung aus, wenn sie stark auf Rationalisierungseffekte abzielten. Pro-

zessinnovationen, die auf Flexibilität und Kundenbindung abzielten, hatten diesen Effekt

nicht. Für die Produktinnovationen galt ein ähnlich differenziertes Urteil. Nur bei konkurrenz-

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losen Produkten, die neue Märkte erschließen, kann man grundsätzlich von positiven Beschäf-

tigungswirkungen ausgehen. Ein erstes Fazit war:

Während für einzelne Unternehmen verstärkte Innovationsaktivitäten auch unter Beschäftigungsge-

sichtspunkten zumeist sinnvoll sind, begibt sich der Staat mit seiner auf einzelne Innovationen ausge-

richteten und technologieorientierten Innovationsförderung unter Beschäftigungsgesichtspunkten auf

ein riskantes Gebiet (S. 465)....Auf einigermaßen sicherem Grund bewegt sich eine beschäftigungsori-

entierte Innovationspolitik nur, wenn sie nicht einzelne Innovationen sondern die Innovationsfähigkeit

und –bereitschaft..fördert...Eine breite Stärkung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft entspricht auch

der..weithin geteilten Ansicht, dass die Beschäftigungsprobleme in Deutschland vor allem ein Problem

eines verzögerten und verpassten Strukturwandels sind (S. 466).

Forschungs- und Innovationspolitik muss sich also klar werden, wo sie ihren Schwerpunkt

setzt, auf Innovationsfähigkeit oder auf die Innovation selbst. Sollten Innovationen unmittel-

bar gefördert werden, so sind wie z.B. im Geschäftsplanwettbewerb des Handwerks beglei-

tende beschäftigungsorientierte Wirkungsanalysen notwendig, um gegensteuern zu können.

Aber auch eine Förderung der Innovationsfähigkeit verlangt neue Ansätze.

Zentral für die Förderung der

Innovationsfähigkeit ist der

Faktor "Wissen". Sehr verein-

fachend gesprochen erhöht For-

schung und Entwicklung die

Innovationsfähigkeit dadurch,

dass auf programmatischer Ba-

sis Wissen auf unterschied-

lichsten Gebieten bei unter-

schiedlichen Wissensträgern

aufgebaut und aufbereitet wird.

Dann muss "nur" noch und da-

für Sorge getragen werden, dass

dieses Wissen für Innovationen

genutzt wird. Es wird auch da-

von ausgegangen, dass die Wis-

sensspeicher sich ab einem bestimmten Zeitpunkt selbst regenerieren, d.h. ungeförderte For-

schung generieren. Ein Beispiel ist das ServLab des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft

und Organisation. Hier wurden die Grundlagen des (mit Förderung generierten) Wissens ge-

nutzt, um in einer Verbindung mit virtueller Realität ein neues Verfahren zu schaffen (vgl.

Meiren, 2008). Bildungspolitik kann ebenfalls zur Erhöhung der Innovationsfähigkeit beitra-

gen. Sie entwickelt und "betreibt" Methoden und Verfahren, um das von FuE-erarbeitete Wis-

sen, für Menschen nutzbar zu machen. Erhöhung der Innovationsfähigkeit bedeutet nicht den

Ausschluss der Förderung von Innovationen. Hier greifen insbesondere wirtschaftspolitisch

orientierte Unterstützungsmaßnahmen. Deshalb verlangt die Förderung der Innovationsfähig-

keit und der Innovation auch ein koordiniertes Handeln der verschiedenen Unterstützer, ins-

besondere dort, wo es um die Nutzung der Wissensspeicher für Innovationen geht. Dabei geht

es nicht um die Unterstützer den verschiedenen Politikfeldern sondern auch um andere For-

schungsfördereinrichtungen sowie die politischen Stiftungen als Transmissionsakteure.

Ein Beispiel aus dem letzten Jahrhundert, das vergleichbar mit dem modernen Service Engi-

neering ist die Konstruktionslehre. Mangelndes Wissen um Konstruktion, Konstruktions-

methodik und technologischer Unterstützung behinderte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die

Innovationsfähigkeit in der verarbeitenden Wirtschaft. Fahrzeuge werden nach handwerk-

Abbildung 13: Förderung der Innovationsfähigkeit

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lichen Methoden entwickelt, schnelle Neuentwicklungen, kooperative Konstruktion und Si-

mulation waren nicht möglich. Hier setzte jetzt die Forschung zur Wissensgenerierung und –

bereitstellung an. Es ging dabei nicht mehr um die eigentliche Innovation am Automobil, sie

ist nur als Beispiel, als Experiment von Interesse, sondern es ging darum, von den personalen,

über die technischen, betrieblichen bis hin zu gesellschaftlichen Ebenen Methoden des Kon-

struierens zu entwickeln, die Innovationen ermöglichen. Wissensgenerierung und –

bereitstellung sind der eine Schritt, der nächste ist die Wissensnutzung. Sie wurde in der Kon-

struktionslehre durch die Aufnahme des Wissens in die akademische Lehre und berufliche

Bildung geleistet. Ebenso war zu klären – z.T. auch in Forschungsprojekten – welche Stan-

dards und Referenzmodelle notwendig waren und wie sie im Normungsgeschehen zu veran-

kern waren. Wirtschaftspolitische Unterstützung konnte dann z.B. durch Erleichterung der

Abschreibungsbedingungen für bestimmte Geräte erfolgen,

Innovationsfähigkeit: Arbeits- und Produktinnovation

Innovatorische Qualifikationen werden von Beschäftigten eingesetzt, um die gegebenen „Ar-

beitsbedingungen nach seinen Interessen und Bedürfnissen zu gestalten.“ (Fricke, 1981, S.

217). Auf diesem Grundgedanken basierend ist das Innovationsverständnis eines arbeitsfor-

schungspolitischen Handelns. Cernavin et al. (2001, S. 13 ff) kritisieren dies, indem sie sagen,

dass das Innovationsverständnis der Arbeitsforschungsprogramme immer auf die Entwick-

lungspotenziale der Arbeit gerichtet waren. Nach Cernavin et al. „ist ein Innovationsverständ-

nis nicht mehr haltbar, das die Marktökonomie ausklammert“ (S. 14/15). Außerdem schlagen

sie vor, sich an der international anerkannten Definition von Innovation zu orientieren.

Bei der Ausdifferenzierung der Ziele des Programms „Arbeit und Technik“ taucht der Begriff

der „Innovationsfähigkeit“ zum ersten Mal auf: „Zugleich soll dadurch (die Förderung durch

das Programm) Impulse zur Stärkung der Innovationsfähigkeit von Betrieben und Verwaltun-

gen gegeben werden. (BMBF, S.5). Lehner, Baethge, Kühl und Stille (1998) haben – diesem

Gedanken bewusst oder unbewusst folgend – mit der Konzeption der Innovationsfähigkeit

diesen Impuls fortgesetzt. Ausgehend von der Kritik der Förderung von Innovation, forderten

sie eine Förderung der Innovationsfähigkeit. Damit wird die einseitige Konzentration des Bli-

ckes auf Innovation der Arbeit zugunsten eines Blickes auf die Integration menschlicher Ar-

beit in das gesamte Innovationsgeschehen abgelöst. Im Mittelpunkt der meisten Arbeitsfor-

schungsansätze steht allein die Gestaltung der Arbeit und nicht die Gestaltung der die Arbeit

bestimmenden Innovation. Das Konzept der Innovationsfähigkeit versucht beide Aspekte zu

umfassen.

Michael Schumann stellt 2006 dar, dass mit dem Konzept der Innovationsfähigkeit ein

Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg aufgegriffen wird. Innovationsführerschaft ist

eine Möglichkeit, ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland zu erreichen. Er sieht auch,

dass Innovationsfähigkeit voraussetzungsvoll ist. Innovationsfähigkeit ist mit einfacher Sub-

ventionierung von Technikentwicklung nicht zu erreichen. Die Quelle jedweder Innovationen

– und das muss immer wieder betont werden – sind Menschen. Und zwar nicht nur akade-

misch ausgebildete Menschen. Innovatoren haben eine spezifische Qualifizierung und einen

reichhaltigen Erfahrungshintergrund und eine besondere Motivation. Innovationsfähigkeit

braucht Arbeitsbedingungen die es zulassen bzw. geradezu herausfordern, Kreativitäts- und

Ideenpotentiale auch tat in Innovationshandeln einzubringen. Auf die Zusammenhänge zwi-

schen guter Arbeit und Innovationsfähigkeit geht auch Klaus Pickshaus von der IG Metall ein

(Pickshaus, 2007). Seine These ist, Gute Arbeit stärkt die Innovationsfähigkeit und prekäre

Arbeit führt zur Innovationsfaulheit. Innovationsfähigkeit ist ein Anspruch der Arbeitenden an

ihre Arbeit, ihr Unternehmen, ihre Gesellschaft und die darin tätigen Akteure. Innovationsfä-

higkeit ist ein Anspruch für Menschen, für Unternehmen und für eine Gesellschaft. Das Kon-

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zept wird in der Umsetzung in die Praxis beweisen müssen, dass Innovationsfähigkeit und

Gute Arbeit untrennbar miteinander verbunden sind.

Entscheidend für die Definition der Innovationsfähigkeit ist, dass Innovationen die Hervor-

bringung und (marktliche) Durchsetzung von neuen Produkten, Prozessen und Leistungen

bedeuten. Es besteht immer wieder die Gefahr, Innovationsfähigkeit aus reinen betriebswirt-

schaftlichen Blickwinkeln zu betrachten und zu gestalten. Dabei ist Innovationsfähigkeit ein

je nach Betrachtungsebene (Individuum, Unternehmen, Netzwerk, Gesellschaft) unterschied-

liches Konstrukt, das andere Zielaspekte zulässt. Kurz gesprochen: Ist die persönliche Innova-

tionsfähigkeit ein Merkmal der Persönlichkeitsentwicklung, ist die Innovationsfähigkeit der

Arbeit ein Merkmal der Persönlichkeitsförderlichkeit und ist die Innovationsfähigkeit der Or-

ganisation ein Merkmal gesellschaftlich und nicht nur betriebswirtschaftlich orientierter Un-

ternehmenskultur. Eine stringente arbeits- und organisationstheoretische Integration fehlt bis

heute. Innovationsfähigkeit ist zur Zeit ein Konstrukt, das der Gefahr der Vermarktlichung

unterliegt, dessen Beziehung zu Guter Arbeit noch nicht geklärt ist, das zwischen sozio-

logischen (Strukturationstheorie vielleicht basierend auf den Ansätzen von Giddens (1984)),

psychologischen (Handlungstheorie vielleicht basierend auf Hacker (2005)), betriebswirt-

schaftlichen (Market-Based- vs. Market-Based-View), ingenieurwissenschaftlichen Konzep-

ten strittig ist und das sich schließlich noch in der Praxis bewähren muss. Insgesamt gesehen,

eine echte Forschungsaufgabe.

Das Konzept der „Sozialen Innovation“31

Das Konzept der „sozialen Innovation“, das Ende der 80er Jahre in Deutschland von Zapf

vorgestellt (1989) wurde, ist recht schillernd. Zum einen bildet es einen Gegenpol zur techno-

logischen Innovation und ist damit der Versuch, den Innovationsbegriff zu erweitern. Zum

anderen kann es die sozialen Prozesse im Innovationsprozess betonen und steht damit in der

Nähe des Konzepts der Open Innovation. Zum dritten kann es sich auf Innovationen Sozialbe-

reich der Dienstleistungswirtschaft beziehen. Die letzte Bedeutung ist spezifisch für die deut-

sche Sprache und verbindet den Begriff des „Sozialen“ mit einem Bewertungskonzept, also

vergleichbar der „Sozialen Marktwirtschaft“.

Es wurde schon oben dargestellt, dass der Innovationsbegriff lange mit dem Erfolg im Markt

verbunden wurde. Diese Betonung des Markterfolges wurde schon bei der Betrachtung orga-

nisatorischer Innovationen als nicht hilfreich empfunden, erst recht nicht bei Innovationen, die

nicht in ein Marktgeschehen eingebunden waren. Zapf schreibt deshalb:,,Soziale Innovationen

sind neue Wege, Ziele zu erreichen, insbesondere neue Organisationsformen, neue Regulie-

rungen, neue Lebensstile, die die Richtung des sozialen Wandels verändern, Probleme besser

lösen als frühere Praktiken, und deshalb wert sind, nachgeahmt und institutionalisiert zu wer-

den." (Zapf 1989, S. 177). Allerdings macht er nicht klar, mit welchem Maßstab „besser“ ver-

bunden ist. Gillwald versucht diesem Dilemma zu entkommen:,,Soziale Innovationen sind,

kurzgefasst, gesellschaftlich folgenreiche, vom vorher gewohnten Schema abweichende Re-

gelungen von Tätigkeiten und Vorgehensweisen. Sie sind überall in gesellschaftlichen Syste-

men möglich, im Ergebnis Verhaltensänderungen und verwandt aber nicht gleich mit techni-

schen Innovationen." (Gillwald 2000, S. 1). Durch das Konzept „Folgenreich“ versucht er

jeder Bewertung aus dem Weg zu gehen.

Rammert macht auf die Problematik des „Referenzsystemes“ bei sozialen Innovationen auf-

merksam. „‚Sozial’ bezieht sich demnach auf eine Referenz, nämlich nach welchen „dominie-

31 Den Darstellungen zur Sozialen Innovation liegen u.a. Arbeiten von Michael Fischer (veröffentlicht 2013) zu

Grunde

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renden Zieldimensionen“ (Zapf 1989, S.175), „gesellschaftlichen Rationalitäten“ und „Nut-

zungsdimensionen“ (Gillwald 2000, S.14 ff.) die Performanz einer Innovation bemessen und

die reproduktive Auswahl gerechtfertigt wird. Dabei gibt es wiederum zwei Bedeutungen für

‚sozial’ als Referenz: Zum einen kann die so bezeichnete Innovation als ‚sozial’ neben öko-

nomisch, ökologisch, politisch und kulturell stehen, womit dann die spezielle soziale Sphäre

und die Werte sozialen Fortschritts, wie sozialer Gleichheit, Gerechtigkeit und Integration,

gemeint sind. Zum anderen kann sozial mit ‚gesellschaftlich’ übersetzt werden, womit dann

der Oberbegriff für alle ausdifferenzierten Rationalitäten gemeint ist. Auf beide Bedeutungen

spielt der Titel „Die Innovationen der Gesellschaft“ an.“ (Rammert, 2010, S.17)

Leimeister und Peters stellen das Konzept der „Sozialen Innovation“ explizit in einen gesell-

schaftlichen Bewertungszusammenhang: Soziale Innovationen werden dabei als mit sozialem

Wandel einhergehende Neuerungen verstanden, die die positive Beeinflussung der Möglich-

keiten und Lebenssituationen einer Gesellschaft zum Ziel haben. Sie sind gesellschaftlich

folgenreiche, vom vorher gewohnten Schema abweichende Regelungen von Tätigkeiten und

Vorgehensweisen. Sie können

in allen gesellschaftlichen Bereichen und überall auch in unterschiedlichen Größen-

ordnungen vorkommen;

auf interne und/oder externe Angelegenheiten der Bereiche und Beteiligten ausgerich-

tet sein;

organisatorische, institutionelle bzw. prozedurale Ordnungsmuster aufweisen (Lei-

meister und Peters, 2012, S. 7).

Mit allen diesen Definitionsversuchen wird die „soziale“ der „marktlichen“ Innovation“ ge-

genübergestellt. Es ist klar, dass mit der Definitionsvariante von Leimeister und Peters „Posi-

tion“ in der Bewertung von Innovation bezogen wird. Die Kritik von Howaldt und Schwarz

(2010, S.91), dass die Bewertung je nach Interessenlage unterschiedlich sein kann, greift hier

zu kurz. Mit der Leimeister/ Peters-Definition wird die Interessenlage deutlich gemacht und

nicht hinter einem angeblichen „ideologiefreien“ Ansatz versteckt.

Howaldt und Schwarz (2010) verweisen darauf, dass der Versuch soziale Innovationen allein

über den normativen Charakter von der technischen Innovation abzugrenzen, unzureichend

ist. Sie führen die immaterielle und intangible Struktur sozialer Innovationen als weiteres Un-

terscheidungsmerkmal ein. Es geht nicht um (technische) Artefakte, sondern um „soziale

Praktiken...Eine soziale Innovation ist eine von bestimmten Akteuren bzw. Akteurskonstella-

tionen ausgehende intentionale, zielgerichtete Neukonfiguration sozialer Praktiken in be-

stimmten Handlungsfeldern bzw. sozialen Kontexten..." (Howaldt/Schwarz 2010: 89). Sie

fordern dann weiter, dass diese Neukonfiguration sozialer Praktiken mit einer Transformation

in eine soziale Tatsache einhergeht (Howaldt/Schwarz 2010, S. 93).

Insgesamt erscheint das Konzept der „Sozialen Innovation“ vielversprechend für einen Dis-

kurs um Innovationen in und mit Dienstleistungen zu sein, bedarf aber sicher noch der weite-

ren Klärung.

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Dienstleistungspolitik als moderne Innovationspolitik Der strukturelle Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft zu Gunsten von Dienstleistungen ist

nicht nur ein Thema für Forschung, sondern ein Thema hoher wirtschaftlicher und

gesellschaftspolitischer Bedeutung. Damit rücken Dienstleistungsinnovationen

notwendigerweise zunehmend in das Zentrum des politischen Interesses.

Dienstleistungsinnovationen besagen zunächst nur, dass eine Veränderung erfolgreich

stattgefunden hat. „Irgendein Strukturwandel findet in jedem Fall statt.“ Formulieren Reuter

und Zinn (2011) und fahren fort: „Es kommt aber darauf an, ihn im Interesse der Menschen zu

gestalten“ (S. 465). Sie schliessen aus dem Vergleich verschiedener Staaten, dass der konkrete

Tertiarisierungsprozess von den gesellschaftlichen Bedingungen abhängt: „Unterschiedliche

Tertiarisierungswege korrespondieren mit den unterschiedlichen Formen der kapitalisitischen

Ökonomien“ (S. 465). Damit erstreckt sich die Gestaltbarkeit auf den gesamten

Transformationsprozess, der von der Forschung über die Entwicklung bis zur Umsetzung,

zum Markterfolg, zu neuer Beschäftigung oder neuer gesamtgesellschaftlicher Wertschöpfung

geht. Dienstleistungsinnovationen stehen mmer in einem Wechselverhältnis zentraler

Politikfelder wie Wissenschaftspolitik; Arbeitspolitik, Steuerpolitik aber ganz besonders der

Wirtschaftspolitik. Umfang und Richtung von Dienstleistungsinnovationen sind daher

(gesellschafts)politisch gestaltbar. Damit spielen zunehmend auch europäische und

internationale Ansätze an Bedeutung.

Entsprechend der Betrachtung als "Rest" gab es keine Dienstleistungsinnovationspolitik.

Dienstleistungen waren entweder staatlich organisiert (einem Ministerium ist der Begriff der

Innovation fremd), oder es waren Organisationen, deren Auftrag der Begriff der Innovation

fremd war oder es waren "Gemeinkosten", die "wegrationalisiert" werden mussten. Die in den

90er Jahren einsetzende Dienstleistungsinnovationspolitik ist in Deutschland in der

Hauptsache als Forschungspolitik vom Forschungsministerium und den Forschungspartnern

betrieben worden. Die Unterstützung der Wirtschaft war – von Ausnahmen abgesehen –

gering, die Unterstützung durch Wirtschaftsverbände einschließlich der Gewerkschaften in

der ersten Phase fehlend. Erst im 21. Jahrhundert setzte eine Veränderung ein, die aber unter

dem Gesichtspunkt der internationalen Konkurrenz zu gering ist. Kennzeichnend für die erste

Phase ist die BMBF-Initiative "Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert", eine nationale

Initiative, die weltweit Maßstäbe setzte. Kennzeichnend für die 2. Phase ist eher "Service

Science, Management and Engineering" eine von der IBM getriebene, weltweite Initiative,

der nationale Konzepte entgegengesetzt werden müssen.

„Während die Notwendigkeit der Industriepolitik unbestritten ist und.... steht eine Dienstleis-

tungspolitik als eigenständiges, systematisch gedachtes und konkret gefasstes Handlungsfeld

bestenfalls am Anfang. (Beckmann, Schulz Uellenberg im Jahrbuch Gute Arbeit 2011, S.

237). Dieser Feststellung ist zunächst einmal wenig hinzuzufügen. Es gibt zwar „Dienstleis-

tungspolitiken“, wie z.B. die Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungspolitik (jawohl), aber ein

übergreifender Ansatz, der an einer Hihg-Road-Innovation orientiert ist und damit wirt-

schaftspolitisch an einer Steigerung der internationalen (!) Wettbewerbsfähigkeit und arbeits-

politisch an einer Orientierung an Guter Arbeit wird gerade erst formuliert (Barthel, 2012). Im

Folgenden sollen beginnend mit der Forschungspolitik zunächst verschiedene Politikfelder

und ihre Akteure vorgestellt werden.

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Forschungspolitik als Element der Dienstleistungspolitik

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, damals noch Bundesministerium

für Forschung und Technologie) verspürte man Anfang der 90er Jahre ein Unbehagen mit der

fehlenden Innovationspolitik. Auf Abteilungsebene wurde die Ansicht vertreten, dass der

Dienstleistungssektor der dynamischste Sektor der Volkswirtschaft war und die Rolle eine

Innovationskatalysators für Produktion, Handwerk und andere Sektoren der Volkswirtschaft

übernehmen kann. Die Forschungsansätze zu diesem dynamischen Sektor schienen unzu-

reichend. Im Oktober 1994 erhielt der Projektträger "Arbeit und Technik" den Auftrag, eine

Bilanzierung der bisherigen Dienstleistungsforschung zu erstellen und ein Konzept zu entwi-

ckeln, das dem BMFT die Meinungsführerschaft auf dem Gebiet der Dienstleistungsfor-

schung sichern würde. Als Kernbereiche der Dienstleistungsinnovation benannte das BMFT

Neue Unternehmens- und Arbeitsformen

Neue Formen der Arbeitsteilung und des Wettbewerbs

Wandel der Dienstleistungen durch neue Technologien

Herausforderungen an das Sozialsystem

Wechselbeziehung Qualität und Personal sowie

Internationalisierung und Globalisierung.

Es war unverkennbar, dass die neue Dienstleistungsforschung auf der Arbeits- und Organisa-

tionsforschung beruhte, zugleich wurde aber auch deutlich, dass Innovationen mit Dienstleis-

tungen ein selbständiger Ansatz gegenüber den Arbeits- und Produktionsinnovationen sind

(Gries, 1995).

Auf der Bilanzierungstagung im Juni 1995 (Bullinger, 1995) bekräftigte das BMFT noch

einmal seine Herangehensweise und Bullinger nannte die Dienstleistungswirtschaft als Leit-

sektor der Zukunft: "Manufacturing follows Services". Das BMFT kam auf Grund der Ergeb-

nisse zu einer Reihe von Schlüssen. Der erste war die Feststellung einer (später viel umstritte-

nen) Dienstleistungslücke (vgl. Stille und das EFI-Gutachten) Trotz der positiven Ansätze

beurteilte das Ausland die Entwicklung der Dienstleistung en in Deutschland als unzu-

reichend. Neben den hohen Lohnzusatzkosten, der überbewerteten Mark, den Transferleistun-

gen für Ostdeutschland und der hohen Arbeitslosigkeit wurde die mangelnde Entwicklung

des Dienstleistungssektors als Standortnachteil für die Bundesrepublik Deutschland bewertet.

Der Abbau der Defizite und die Neuorientierung sollten beschleunigt werden, indem die vier

identifizierten Lücken geschlossen werden:

Mentalitätslücke

Innovationslücke

Exportlücke

Infrastrukturlücke

Die Mentalitätslücke wurde zweifach gesehen. Zum einen in der Kundenorientierung. Die

Orientierung am Kunden, am Kundennutzen war in Deutschland zuwenig entwickelt. Das

betraf nicht allein die damals vielzitierte »Verkäuferin«. sondern auch die Führungskräfte und

die Arbeits- und Organisationsstrukturen. Ganzheitliche Problemlösungen für Kundengrup-

pen, Schwerpunktsetzung auf Kundenbindung als Gestaltungskriterien waren unterentwickelt.

Deshalb sollten unternehmensinterne Prozesse, die bisher allein unter dem Kostengesichts-

punkt betrachtet worden waren - auch betriebswirtschaftlich - unter dem Gesichtspunkt des

Kundennutzens und der Kundenbindung neu bewertet werden. Der zweite Aspekt betraf die

Konzentration der Aufmerksamkeit auf die materielle Produktion in Deutschland. Politik,

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Öffentlichkeit, Forschung, Bildung und Verbände waren Mitte der 90er Jahre noch stärker

produktionsfixiert. Die Anstrengungen von Technologieentwicklung, Wissenschaft und Poli-

tik richteten sich - immer perfekter und bemühter - auf ein schrumpfendes Segment unserer

Wirtschaft. Daraus resultierte z.T. die abnehmende 'Hebelwirkung' technischer Innovation.

Die Konzentration auf die Sicherung und den Ausbau industrieller Arbeit führte nicht nur zur

Konservierung überkommener industrieller Strukturen, sondern hatte auch zur Folge, dass die

Entwicklung zukunftsträchtiger Dienstleistungen durch mangelnde Ressourcen behindert

wurde. Es war in der Vergangenheit berechtigt, Dienstleistungen als Folge industrieller Wert-

schöpfung zu sehen. Es war aber damals schon absehbar, dass die Dienstleistung in Zukunft

über den Erfolg der industriellen Produktion entscheidet. Das BMBF sah damals schon deut-

lich, dass Deutschland als eine der führenden Technologienationen mit seinem Stolz auf an-

spruchsvolle Technik, seiner hochqualifizierten Facharbeiterschaft und seiner Verbandsstruk-

tur die Tertiarisierung als Angriff auf sein Selbstverständnis empfindet, anstatt die Chancen

zu nutzen.

Die zweite Lücke war die Innovationslücke. Es war dem BMBF klar, dass Deutschland mit

einer allgemeinen Kostensenkungsstrategie als Innovationsstrategie nicht weiterkommt. Bei

einem durchschnittlichen Stundenlohn im verarbeitenden Gewerbe von 100 in Deutschland

lagen die Stundenlöhne in Polen bei 8, in Ungarn bei 6 und in Russland bei 232. Diese Kluft

war zu groß und konnte allein durch Kürzung der Lohnnebenkosten und moderate Tarifab-

schlüsse nicht geschlossen werden. Neben den wettbewerbsfähigen High-Tech-Industrien

musste Deutschland deshalb den Dienstleistungssektor entfalten, um Kernkompetenzen im

europäischen und globalen Wettbewerb auf- und auszubauen. Als deutsche Stärken wurden

1995 die gute informationstechnische Infrastruktur, die hohe Qualität der Human-Ressourcen,

sein Vorsprung in bestimmten Hochleistungsindustrien und das Qualitätsimage auf dem

Weltmarkt gesehen. Zwar zeigte sich 1995 schon, dass die Bewertung, der Dienstleistungs-

sektor sei wenig investiv, falsch ist. Das Potential des Dienstleistungssektors als vorwärtstrei-

bender Kraft für technische Innovationen wurde immer noch als nicht ausgeschöpft betrach-

tet. Gegenüber diesem wurden andere Aspekte der Wechselwirkung von Dienstleistung und

technologischer Innovation als unterbelichtet gesehen. Dort wo bei der technischen Innovati-

on der Dienstleistungstechnik nicht Informations- und Kommunikationstechnik im Mittel-

punkt steht, bleiben die bisherigen Ansätze unsystematisch und unscharf. Diese Betrachtun-

gen führten etwa 10 Jahre später zum Aktionsplan "Dienstleistungen 2020".

Die dritte Lücke war die Exportlücke. Anhaltend hohe Defizite im grenzüberschreitenden

Dienstleistungshandel deuteten damals auf eine Exportlücke hin. So hatten die Vereinigten

Staaten 1993 nach einer langen Aufschwungphase beim internationalen Dienstleistungshandel

einen Exportüberschuss von 42,4 Milliarden US-Dollar, während Deutschland bei einem glei-

chen Niveau im Jahr 1995 auf ein Defizit von 35,7 Milliarden US-Dollar fiel. Nicht nur der

Tourismus in und nach Deutschland, sondern auch Sektoren wie die Mediendienste, die Fi-

nanzdienstleistungen , das Gesundheits- und Bildungswesen, aber auch Ökodienstleistungen

könnten zu exportfähigen Dienstleistungen heranwachsen, wenn es gelänge, die Innovations-

lücke zu schließen.

Die vierte Lücke war die Infrastrukturlücke. Infrastrukturdienste für Wirtschaft und Bürger

entstehen an vielen Stellen. Bildung und Weiterbildung, Forschung, Öffentliche Dienstleis-

tungen, sei es vom Staat selbst erbracht oder finanziert, Präventionsdienstleistungen in vielfäl-

tiger Form, Beratung aller Art, Bereitstellung von Informationen und Wissen sind Felder, die

schon damals als zukunftsträchtig erkannt wurden.. Dass die Probleme der demographischen

32 Quelle: Roland Berger & Partner, 1996

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Entwicklung und der betroffenen Menschen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Renten-

zahlungen zu sehen sind, sondern dass die Menschen als Kunden spezifische Dienstleistungen

erwarten, die über die Altenbetreuung und -pflege herkömmlichen Stils hinausgehen, wurde

damals erstmals formuliert. Auch die gesellschaftsbezogenen Dienste (z.B. die Sozial- und

Gesundheitsdienste, aber auch viele kommunale Aufgaben) wurden als innovative Infrastruk-

turdienste gesehen.

Die Initiative Dienstleistungen für das 21.Jahrhundert

Das BMFT nahm sich vor, den Entwicklungsprozess der Dienstleistungsforschung systema-

tisch zu gestalten. Auf die Bilanzierung des Projektträgers, die Bilanzierungstagung folgte die

Hauptuntersuchung „Dienstleistung 2000plus “. Diese sollte Trends, Szenarien sowie Hand-

lungs- und Forschungsempfehlungen entwickeln. Basierend darauf sollten Erstmaßnahmen als

Kerne zukünftiger Forschungsfelder starten. Alle Vorlaufaktivitäten waren zeitlich festgelegt

und BMBF-Tagungen als Meilensteine geplant. Diese Phase umfasste die Jahre von 1995 bis

1998. An der Hauptuntersuchung waren in 14 Arbeitskreisen über 300 Experten aus Wissen-

schaft, Wirtschaft, Politik und intermediären Institutionen beteiligt. Es war die damals umfas-

sendste Aktion des BMFT zur Definition neuer Forschungs- und Entwicklungsrichtungen.

Basierend auf dem Status-Quo und Trendabschätzungen sowie einem in der Untersuchung zu

entwickelnden Leitbild wurden Defizite ermittelt. Diese Defizite führten zu Handlungs- und

Forschungsfeldern. Während die Handlungsfelder für die „Nicht-Forschungs-Akteure“ ge-

dacht waren, sollten die Forschungsfelder zu einem neuen Forschungsprogramm führen. Die

Hauptuntersuchung war von einem hochrangigen Beirat unter der Leitung von Klaus Man-

gold, aus dem Vorstand der Daimler-Benz AG sowie Vorstandsvorsitzender der debis AG,

sowie von einem internationalen Beirat unter der Leitung von John Diebold begleitet (Bullin-

ger, 1998)

Die Handlungsfelder (Ganz, Hermann, Neuburger, 1998) führten zu den „Handlungsempfeh-

lungen zur Stärkung des Dienstleistungssektors“, die mit der Bitte um Weitergabe insbeson-

dere an die staatlichen Akteure Anfang 1998 von dem Beiratsvorsitzenden Dr. Klaus Mangold

an Minister Rüttgers öffentlich übergeben wurden. Die vier Handlungsfelder waren die Ver-

besserung der Infrastrukturdienstleistungen, die Mobilisierung der Dienstleistungs-

innovationen, das Feld „Neue Unternehmen und neue Märkte“ sowie als letztes „Political

Leadership und Grundlagenentscheidungen“. Im letzten Handlungsfeld wurde empfohlen, ein

interministerielles Aktionsprogramm zur Stärkung des Dienstleistungssektors zu installieren,

dazu eine Regierungserklärung abzugeben und einen Beirat beim Bundeskanzler einzurichten.

Eine systematische Umsetzung der Handlungsempfehlungen fand nicht statt, insbesondere

wurde die Entwicklung der Dienstleistungswirtschaft nicht zu einem Regierungsthema ge-

macht, auch wenn das Bundeswirtschaftsministerium mit einem Aktionsplan „Dienstleistung

2000“ zur Stärkung der Außenwirtschaft hervortrat. Dies ist sicher auch ein Grund, dass die

Unterstützung der Wirtschaft für die Initiative gering geblieben ist. Erst mit den „Partnern für

Innovation “ und der „High Tech Strategie“ fanden die Dienstleistungen mehr Beachtung.

Die Entwicklung der vernetzten Forschungsfelder

Globaler Wettbewerb – Regionale Handlungsoptionen

Erschließung neuer Märkte für Dienstleistungen

Innovation und Kreativität der Dienstleistungsorganisationen

Qualifikation und Qualifizierung zur Verbesserung von Dienstleistungsangebot und

Nachfrage

Lebens- und Wirtschaftsstandort: Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Gesell-

schaft

Zukunft der Beschäftigung

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98

führten zur Definition der Erstmaßnahmen und zu dem Entwurf des „Förderkonzept For-

schung und Entwicklung zur Stärkung von Wohlstand und Beschäftigung im Dienstleistungs-

sektor “. Dieses Förderkonzept war erstmalig nicht an den Branchen, sondern an wichtigen

Fragen der Dienstleistungswirtschaft und –gesellschaft orientiert. Allerdings konnte sich die-

ses Forschungskonzept nicht mehr an der von Bullinger (1995) vorgeschlagenen Gliederung

orientieren. Diese Gliederung sah die drei Faktoren "Intelligente Produkte und neue Märkte ",

"Kreatives Unternehmen und Reengineering der Wertschöpfungskette " sowie "Infrastruktu-

ren: Potentiale und Kapazitäten" vor. Diese Anlehnung an eine prozess-, ergebnis- und poten-

zialorientierte Betrachtung von Dienstleistungen basierte auf us-amerikanischen Überlegun-

gen und sollte sich später als sehr fruchtbar herausstellen, da sie es erlaubte, mehrere theoreti-

sche Ansätze zu vereinen (Meffert und Bruhn, 2003). Denn auch die interdisziplinäre Heran-

gehensweise war und ist typisch für die deutsche Dienstleistungsforschung. Die Zersplitterung

der Disziplinen wurde überwunden und es kam zu gemeinsamen Problemlösungen. Deshalb

stellte sich die Frage einer Dienstleistungswissenschaft in Deutschland zunächst einmal nicht.

Die gleichzeitig definierten Prioritären Erstmaßnahmen (PEM) hatten das Ziel, den Zugang zu

bestimmten Aufgabenbereichen der sechs Forschungsfelder zu erleichtern, erste Problemlö-

sungsansätze zu entwickeln und ihre Machbarkeit zu prüfen. Sie sollten eine treibende Kraft

in der ersten Phase des Förderkonzeptes darstellen und Möglichkeiten zur Bildung von Kris-

tallisationskernen für weitere Arbeiten und zur Vermittlung erster Erkenntnisse bieten. Von

den zunächst vorgesehenen 13 Erstmaßnahmen wurden ab 1997 10 gefördert. Nicht gefördert

wurden neben dem Vorhaben zur Öffnung weiterer Märkte die beiden Erstmaßnahmen zur

Gestaltung der Öffentlichen Dienst e und der Gesundheitswirtschaft. Insgesamt waren ca. 320

Organisationen aus Wirtschaft, öffentlichem Bereich und Forschung beteiligt. Die Laufzeit

der insgesamt 113 Einzelvorhaben betrug ca. 1,5 Jahre, die Förderung durch BMBF und

BMA zusammen ca. 10 Mio. EURO, die Gesamtaufwendungen ca. 20 Mio. EURO.

Schon Ende 1996 zeichnet sich ab, dass die Linie eines Memorandums der Bundesregierung

zur Entwicklung von Dienstleistungswirtschaft und –forschung eingestellt wird. Etwa ein Jahr

nach Beginn der Erstmaßnahmen wurde den Konsortialführern bei einer Zwischenpräsen-

tation mitgeteilt, dass die bisherige stringente Entwicklungslinie nicht weiterverfolgt wird.

Hier war eine große Verbitterung und Demotivation von Forschung und Wirtschaft, die gro-

ßen Aufwand zur Erstellung des Konzeptes betrieben hatten, zu verzeichnen. Die Übergabe

der Handlungsempfehlungen und die 3. Dienstleistungstagung des BMBF führten dann aller-

dings dazu, dass Teile der Programmatik als Förderschwerpunkte durchgeführt wurden (Rütt-

gers, 1999). Das Ende der Bilanzierungsphase kann auf den Termin die 3. Dienstleistungsta-

gung des BMBF „Dienstleistungen – Innovation für Wachstum und Beschäftigung “ im Sep-

tember 1998 angesetzt werden (Bullinger, 1999). Minister Rüttgers präsentierte eine Bilanz,

die über die eigentliche Forschung hinausging:

Eine große Zahl neuer Dienstleistungsberufe wurde in Kraft gesetzt

Die Hochschulen reagieren auf den Wandel: Im Jahr 1995 wurde an der Katholischen

Universität Eichstätt-Ingolstadt mit Prof. Stauss der erste Lehrstuhl für Dienstleis-

tungsmanagement besetzt und die TU München bietet ein Aufbaustudium „Service

Engineering “ an.

In der Forschungspolitik wird der dienstleistungsorientierte Kurs fortgesetzt.

Als guten Maßstab für deutsche Forschungsergebnisse konnte der Ansatz von Rohit Ramas-

wamy zum „Service Design “ gelten. Bullinger und die Forscher der Erstmaßnahme „Service

Engineering“ (Stein, Goecke; Hofmann, Steguweit alle 1999) konnten zwar schon einen acht-

baren „Service Engineering Ansatz“ dagegensetzen, die qualitativen Unterschiede waren aber

Page 99: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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noch deutlich zu erkennen. In den Bereichen „Neue Märkte “ konnte gezeigt werden, welche

Potenziale im Dienstleistungsexport stecken, welche neuen Geschäftsfelder in Multimedialen

Dienstleistungen oder im Handwerk entwickelt werden können. Sehr interessante Ergebnisse

wurden auch bei den Ökoeffizienten Dienstleistungen aufgezeigt. Sie reichten von der Woh-

nungswirtschaft bis hin zu den Mobilitätsdiensten. Leider wurde dieser Ansatz aber nicht wei-

ter ausgebaut. Große Anstöße gaben die Vorhaben zur „Dienstleistung Prävention “. Hier

wurde Arbeitsschutz zum ersten Mal als kundenorientierte Dienstleistung aufgefasst, die weit

über die bisherigen Regulierungsanstrengungen hinausging. Das wichtigste Ergebnis aber

war, dass eine Forschungs- und Innovationscommunity entstanden war, die sich das Thema

„Dienstleistungsinnovation “ auf allen Ebenen auf die Fahnen geschrieben hatte und dieses

Thema vorantreiben wollte.

Die "Initiative Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert" hatte aber nicht nur einen mit den

Ergebnissen erfüllten inhaltlichen Anspruch, sondern auch den Anspruch einen Innovations-

prozess längerfristig systematisch zu entwickeln. Dieser Anspruch konnte nicht eingehalten

werden. In der ersten Phase der breiten Förderung wurde sogar der Spruch kolportiert, dass

die Initiative nicht wegen sondern trotz des BMBF ein Erfolg geworden sei. Diese mittelfris-

tige Unzuverlässigkeit des Ministeriums lag insbesondere in der nicht vorhandenen personel-

len Kontinuität. Ein neues Thema, wie es die Dienstleistungsforschung war, wird im Ministe-

rium zunächst einmal nur von wenigen Promotoren als Zukunftsthema erkannt. Die Leitungs-

ebene ist zu dieser Zeit noch nicht bereit, einem innovativen Thema entsprechenden Rückhalt

zu geben. So sprach der Minister Rüttgers zunächst davon, dass wir "nicht alle Pizza-Taxi

fahren können", um dann zu äußern, dass das Verarbeitende Gewerbe Dienstleistungen wohl

brauche. Erst nach 3 Jahren einer erfolgreichen Initiative seines Hauses bekannte er: "Wir

haben die Herausforderung der Dienstleistungsentwicklung in Deutschland zu lange nicht

ernst genug genommen. Dieser Satz richtet sich nicht nur an die Wirtschaft und Verbände. Er

richtet sich auch an die Politik." (Rüttgers, 1999, S. 10). Nachdem der Minister dies erkannt

hatte wurde er abgewählt und eine neue Leitung unterzog sich erneut dem Lernprozess. Dass

die Dienstleistungsforschung in Deutschland trotzdem Weltruf erlangte, lag an der Hartnä-

ckigkeit von Wirtschaft und Forschung, die hier einen Kern zukünftiger Innovationen erkannt

hatte.

Die Bilanzierungsphase war gekennzeichnet durch die Hauptuntersuchung "Dienstleis-

tung2000plus" sowie die Prioritären Erstmaßnahmen. In beide war der Beirat "Dienstleistung

2000plus" unter Vorsitz von Dr. Klaus Mangold involviert (zur Zusammensetzung: Bullinger

1999). In den Beirat hatte Minister Rüttgers Ende 1995 18 hochrangige Vertreter aus der

Wirtschaft, der Wissenschaft und den Verbänden berufen. Dort wurden das Forschungskon-

zept und die Erstmaßnahmen beraten und bewertet, sowie die Handlungsempfehlungen verab-

schiedet (Mangold, 1999). Für den Beirat war wichtig – und er hat dies gegenüber Minister

Rüttgers auch deutlich gemacht – dass die von ihm abgegebenen Empfehlungen nicht verpuf-

fen, sondern konsequent umgesetzt werden. Dabei legte der Beirat immer Wert darauf, dass

nicht nur die Politik sondern auch die Wirtschaft sich bewegen muss. Zusätzlich führte die

debis unter Leitung von Mangold einer Reihe von Tagungen unter der Beteiligung des Bun-

despräsidenten und der Bundeskanzler Schröder und Kohl durch, um dem Thema der Dienst-

leistungsentwicklung mehr Gewicht zu geben. Kennzeichnend für die Bilanzierungsphase war

eine sehr genaue zeitliche Steuerung, die hohe Ansprüche an die Selbstdisziplin der Beteilig-

ten und die administrative Abwicklung stellte. Interessanterweise führte diese rasche Reaktion

der Forschungspolitik, die natürlich mit administrativen Vereinfachungen verbunden war,

mehrere Jahre später zu einer Kritik des Bundesrechnungshofes, der sich ähnlich wie später

im Wachstumsbereich "Handwerk " nicht als Förderer innovativen Handelns bewies.

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Innovative Dienstleistungen

Die Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ war kein deduktiver Ansatz, sondern

eine bottom-up getriebene Aktion. Dementsprechend waren ihre grundlegenden Konzepte

kaum richtig ausgeprägt. Paradigmen oder ähnliche Themen wie in der Arbeitsforschung exis-

tierten nicht, sondern kristallisierten sich im Prozess des Handels langsam heraus. Nach dem

Regierungswechsel wurden für die Jahre nach 1998 die einzelnen Förderschwerpunkte unter

dem Namen "Innovationen mit Dienstleistungen " weitergeführt, das zugrunde liegende Pro-

gramm aber nicht weiterverfolgt. Folgende Bekanntmachungen bzw. Aktivitäten waren ge-

plant:

Identifizierung rechtlicher Innovationshemmnisse für neue Dienstleistungen (nicht

weiterverfolgt)

FuE-Vorhaben zur Verbesserung der Dienstleistungsstatistik

Freizeit und Tourismus (nicht weiterverfolgt)

Strategien für Innovation und Beschäftigung im Finanzsektor (nur z.T. weiterverfolgt)

Öffentliche Dienstleistungen (nicht weiterverfolgt; Haushalt und Innenministerium als

"Arbeitgeber ")

Innovative Dienstleistungen in KMU (begonnen mit der 1. Phase der Handwerksinitia-

tive )

Benchmarking zur Stärkung von Innovation, Wachstum und Beschäftigung im Dienst-

leistungssektor

Standardisierung und Qualität im Dienstleistungssektor

Arbeitsorganisation, Management und Tertiarisierung

Service Engineering und Service Design.

Die ersten fünf Aktivitäten wurden in andere Aktivitäten integriert, teilweise nicht weiterge-

führt bzw. für einen späteren Zeitpunkt zurückgestellt. Später wurde die das Konzept "Innova-

tive Dienstleistungen " mit den Bekanntmachungen 'Wissensintensive Dienstleistungen '

(2000) und der 2. Phase der Handwerksinitiative (2001) weitergeführt.

Da das Konzept selbst keine fachliche Gliederung bot, wurden in einem "induktiven Vorge-

hen" die unterschiedlichen Vorhaben, die aus den Bekanntmachungen hervorgingen, zu auf

Grund inhaltlicher Überlegungen zu drei Gruppen zusammengefasst:

Managementverfahren und – methoden in der Dienstleistungswirtschaft mit den Teil-

bereichen 'Umgang mit Wissen ', 'Kooperationsmanagement/ virtuelle Unternehmen ',

'Marketing / Kundenkontakt', 'Gestaltung von Geschäftsprozessen /Service Enginee-

ring ' und 'Benchmarking '

Wachstumsbranchen und Branchencluster mit den Teilbereichen ‚Öffentliche Dienst-

leistungen ‘ ‚Gesundheitswirtschaft ‘, Facility Management ', 'Finanzdienstleistungen '

und 'Handwerk '

Transfer - und Querschnittsvorhaben.

Die Förderung umfasste im Bereich Managementmethoden und –verfahren 50 Verbundvor-

haben (163 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen von ca. 35 Mio. EURO,

in den Branchenclustern 37 Verbundvorhaben (70 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen

von ca. 22 Mio. EURO (ohne Handwerksinitiative ) und im Bereich Transfer - und Quer-

schnittsvorhaben 6 Verbundvorhaben (14 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen von ca.

5 Mio. EURO. Mit dieser Gliederung war die Richtung für die zukünftige Programmgliede-

rung „Innovationsmanagement “, „Wachstumsfelder“ und „Menschen“ gewiesen und damit

eine der Arbeitsforschung mit ihren Gebieten „Arbeitsgestaltung “, „Belastung und Beanspru-

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chung“, „Beteiligung “ und „Technikgestaltung “ vergleichbare Gliederung auf den Weg ge-

bracht. Der letzte Bereich wurde die Forschungskommunikation, die damals noch unter dem

Schlagwort Transfer lief.

Die Förderung von Forschung und Entwicklung zu den verschiedenen Managementverfahren

und -methoden leitete sich insbesondere aus den Ergebnissen der Bilanzierungsphase ab. Zu

den in der ersten Förderphase entwickelten Verfahren gehörten das "Kooperationsmanage-

ment", "Marketing und Kundenkontakt", "Gestaltung von Dienstleistungsprozessen (Service

Engineering )" sowie "Benchmarking ". Ein wesentlicher Impuls für die deutsche Dienstleis-

tungswirtschaft wurde durch die Forschung zur Standardisierung im Dienstleistungssektor

gegeben.

Schon die Hauptuntersuchung Dienstleistung2000plus hatte – unabhängig von der volkswirt-

schaftlich-statistischen Gliederung - Wachstumsbereiche in der Dienstleistungswirtschaft be-

schrieben (Brettreich-Teichmann, Ganz, Neuburger, Risch, Wiedmann, 1998). Dazu gehörten

die Unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Brokerage und Vermittlung, Medien und Te-

lekommunikation, Mobilität und Logistik, Ökologie, Finanzdienstleistung (Non-Banking),

Freizeit und Erholung, Soziale und Gesundheitsdienste. Es war allerdings nicht möglich, die

verschiedenen Vorhaben, genau diesen Wachstumsfeldern zuzuordnen. Deshalb wurden fünf

Branchencluster (Öffentliche Dienste, Gesundheitswirtschaft, Facility Management, Finanz-

dienstleistungen und Handwerk ) gebildet. Damit wurde eine bessere Kommunikation und

Kooperation innerhalb der unterschiedlichen Vorhaben, aber auch eine Verstärkung der Wir-

kungen in den Clustern selbst erwartet.

Fazit der 90er Jahre

Nach der Enttäuschung über den Abbruch der Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahr-

hundert“ wurde bewundert, dass das BMBF die vorgesehenen Bekanntmachungen durchzog

und so der Dienstleistungsforschung in Deutschland einen guten Start ermöglichte. Es wurden

neue Methoden des Innovationsmanagements entwickelt und Deutschland übernahm eine

führende Rolle bei der Forschung zur Dienstleistungsentwicklung. Dabei waren die Mittel des

Programms gering und waren auch immer wieder Kürzungsgefahren ausgesetzt. Es zeigte

sich aber auch deutlich, dass das Programmanagement verbessert werden musste und auch

verbessert wurde. Dazu gehörte auch die Zusammenfassung der Arbeitsforschung und der

Dienstleistungsforschung bei einem beratenden Gremium. Die auf Grund der Erfahrungen

getroffenen Maßnahmen werden – bis auf den gemeinsamen Beirat - noch nach 7 Jahren er-

folgreich eingesetzt und haben zu einer nie gekannten Kommunikation und Kooperation ge-

führt.

Kontinuität konnte nur zum Teil erreicht werden. Insbesondere die Programmwechsel führten

immer wieder zu Brüchen in den Neubewilligungen mit einer entsprechenden Verunsicherung

in Forschung und Wirtschaft. Nach dem Start der Erstmaßnahmen im Jahr 1997 kam es zu der

o.a. gesprochenen intransparenten Haltung des BMBF, um dann ab 1999 mit dem Konzept

"Innovative Dienstleistungen " wieder klarere Konturen zu zeigen. Allerdings ergab sich dann

wieder eine zu lange Instabilität in den Neubewilligungen, die im Jahr 2003 sogar zu keiner

Neubewilligung führten. Dies war um so kritischer, da die Neubewilligungen von 2002 auf

der 2000 herausgegebenen Bekanntmachung "Wissensintensive Dienstleistungen" beruhten.

Es gab also 2001, 2002 und 2003 bis auf den Wettbewerb im Handwerk keine Bekannt-

machungen im Konzept "Innovative Dienstleistungen". Erst mit der Bekanntmachung "Ex-

portfähigkeit und Internationalisierung" Anfang 2004, die schon dem Programm "Innovati-

onen mit Dienstleistungen" zugerechnet wird, kam es dann wieder zu einer gewissen Stabili-

sierung. Die Instabilitäten des Inputs bilden sich auch im Output ab. Grob gerechnet publiziert

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ein Förderschwerpunkt etwa 6 Jahre lang. Die Aktivitäten beginnen etwa ein Jahr nach Er-

scheinen der Bekanntmachung und haben ihren Höhepunkt etwa nach 3 bis 4 Jahren. Die spä-

teren Publikationen sind häufig "Nachläufer" oder Zweitauflagen. So stiegen die Publikati-

onsaktivitäten ab 2000 kontinuierlich an, um ihren Höhepunkt 2003 zu erreichen. Zu diesem

Zeitpunkt hatten die Schwerpunkte ihren höchsten Stand an Publikationen erreicht. Diese In-

stabilitäten sind politisch verursacht und mit Instrumenten der Programmsteuerung nur zu

dokumentieren, aber nicht zu ändern. Auf Grund der "Zwei-Förderscherpunkt-Strategie", die

erst 2008 durchbrochen wurde, bleibt das Outputniveau bei etwa 100 bis 150 Publikationen

pro Jahr.

Es gab ebenfalls einiges an Widersprüchen zwischen der administrativen Betrachtung und den

inhaltlichen Erfolgen. Die Haltung des Bundesrechnungshofes und der Leitung des BMBF im

Hinblick auf die Handwerksinitiative kann nur als innovationshemmend bezeichnet werden.

Anfang des 21. Jahrhunderts ließ sich festhalten, dass im BMBF innerhalb der Referate eine

zunehmende Tendenz zur Förderung von bereichsbezogener Dienstleistungsforschung fest-

zustellen war. Allerdings war diese eher technologieorientiert und betrachtete die Gestaltung

des Innovationsprozesses kaum. Bezogen auf das gesamte BMBF war allerdings keine ein-

heitliche und nachhaltige Förderstrategie für Dienstleistungen erkennbar. Damit hatte sich

trotz der von dem damaligen Bundesminister Rüttgers 1998 (3. Dienstleistungstagung) ange-

sprochenen Änderung hin zu Dienstleistungen nichts geändert.

Das BMWi hat die grundsätzliche Aufgabe Wachstum und Beschäftigung zu fördern. In

Grundsatzfragen der Dienstleistungsentwicklung bestand eine enge Kooperation zwischen

dem Dienstleistungsforschungsprogramm des BMBF und dem BMWi. Diese führte aber in

den einzelnen Fachsparten nicht zu einer Dienstleistungsinnovationspolitik. Das BMWi

kümmerte sich um die Exportfähigkeit deutscher Dienstleistungen und hat hier – zusammen

mit der Initiative Dienstleistungen – entsprechende politische Aktivitäten mit den Außenwirt-

schaftskammern gestartet, sah aber weiterhin großen Forschungsbedarf hinsichtlich der Orga-

nisation der Unternehmen und Qualifikation der Mitarbeiter. Eine explizite Förderstrategie für

Innovation im Dienstleistungsbereich war nicht erkennbar.

„Innovationen mit Dienstleistungen “: Forschungsprogramm des BMBF

Am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts können einige Veränderungen festge-

stellt werden, die es rechtfertigen, eine neue Phase von Dienstleistungsforschung und –

innovation anzusetzen. In Deutschland wird der programmatische Aspekt der Dienstleistungs-

forschung verfestigt. Auch wenn das 1998 angekündigte Programm nicht veröffentlicht wird,

werden die verschiedenen Bekanntmachungen doch durchgeführt und eine neue Programm-

konzeption begonnen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di entwickelt ihre Positi-

onen zur Dienstleistungsinnovationspolitik. Die Europäische Kommission setzt mit ihrem

Memorandum zu Unternehmensbezogenen Dienstleistungen neue Akzente; es wird deutlich,

dass eine reine Abwehrhaltung zur Dienstleistungsrichtlinie nicht ausreicht. Internationale

Standardisierungsaktivitäten im Dienstleistungssektor zwingen die deutsche Politik zu han-

deln. Die IBM beginnt in den Vereinigten Staaten und in Asien ihre Initiative "Service Sci-

ence s, Management and Engineering".

Gleichzeitig wird zum ersten Mal debattiert, ob es sich um „Innovationen mit Dienstleistun-

gen “ oder um „Innovationen von Dienstleistungen“ handelt, also um einen an den volkswirt-

schaftlich-statistisch definierten Sektoren (z.B. dem NACE-Code) orientierten Modell, oder

ob Dienstleistungen allgemein zu einem Innovationstreiber in der Wirtschaft werden. Ende

des Jahrzehnts sind die besonders weit fortgeschrittenen Institutionen für einen übergreifen-

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den Ansatz, während viele politische Akteure und Verbände u.ä. noch immer an der 3-

Sektoren-Theorie und den volkswirtschaft-statistischen Teilungen festhalten.

Das BMBF setzte seinen „Dienstleistungsforschungskurs auf Sparflamme“ weiter fort und

behielt damit trotzdem seine Führungsposition hinsichtlich der Unterstützung der Dienstleis-

tungsforschung. Das Leitmotiv des vom Forschungsministeriums im Jahr 2006 veröffentlich-

ten Programms lautet: „Durch Forschung und Entwicklung dazu beizutragen, dass die deut-

sche Position im Dienstleistungsbereich die gleiche Excellenz erreicht, die Deutschland im

industriellen Produktionsbereich auszeichnet. Dies gilt für die Dienstleistungsforschung wie

für die Dienstleistungswirtschaft gleichermaßen.“ (BMBF, 2006, S. 8). Das Leitbild wurde

durch die drei Ziele, die gleichzeitig eine Fokussierung der Forschung bedeuteten konkreti-

siert:

Die Marktposition der deutschen Dienstleistungswirtschaft soll durch systematische

Entwicklung neuer und Sicherung der Qualität bestehender Dienstleistungsangebote

verbessert werden.

Die Voraussetzungen für attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten auf unterschiedli-

chen Ebenen sollen geschaffen werden

Die Dienstleistungsforschung soll anhand wirtschaftlicher, sozialer und technologi-

scher Entwicklungen neu orientiert werden. (a.a.O.S. 8)

Das Programm ist in die drei Handlungsfelder „Innovationsmanagement“ (Methoden zu Ge-

staltung von Dienstleistungsinnovationen, Technikgestaltung), „Innovation in Wachs-

tumsfeldern der Dienstleistungswirtschaft“ (unternehmensbezogene Dienstleistungen; Dienst-

leistungen im Kontext des demografischen Wandels) und „Menschen in Dienstleistungsunter-

nehmen“ (Gestaltung von Dienstleistungsfacharbeit, Beschäftigungsentwicklung in einer mo-

dernen Dienstleistungswirtschaft) gegliedert. Damit wird auch eine Betonung der Rolle der

Menschen im Rahmen des Innovationsgeschehens deutlich. Innovation braucht Werkzeuge,

Innovation braucht Märkte, aber ohne Menschen, die es umsetzen ist allen nichts. Dabei hebt

die Zielsetzung auf alle Qualifikationsebenen ab. Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen

wird angenommen, dass Innovationen nicht nur Akademiker benötigen, sondern Beschäftigte

aller Ebenen. Das Programm war Teil der Initiative „Partner für Innovation“ und ist Teil der

High-Tech-Strategie der Bundesregierung. Bisher waren die „Exportfähigkeit und Internatio-

nalisierung von Dienstleistungen “, „Integration von Produktion und Dienstleistung en“ (ge-

meinsam mit dem Produktionsforschungsprogramm), „Dienstleistungen, Technologie und

demographischen Wandel“ (gemeinsam mit dem Mikrosystemtechnikprogramm) und „Pro-

fessionelle Dienstleistungsarbeit “ Forschungsschwerpunkte des Programms. Zur Zeit starten

Vordringliche Maßnahmen zur Formulierung eines Förderschwerpunktes „Personenbezogene

Dienstleistungen“ sowie der Schwerpunkt zum Produktivitätsmanagement. Daneben wird mit

dem Aktionsplan 2020 die Kooperation der Dienstleistungsforschung mit den Technologie-

programmen des BMBF gestärkt. Erste Schritte sind neben der o.a. Kooperation mit dem Pro-

duktionsforschungsprogramm, die Kooperation im Rahmen der Gesundheitsforschung und

der Energieforschung. Das Programm wird durch eine Reihe von Querschnittsmaßnahmen

begleitet, durch Metavorhaben zu jedem Förderschwerpunkt und einem Monitoringvorhaben,

das die internationalen Entwicklungen mit dem Programm vernetzen soll (Spath und Ganz,

2008). Es ist in die Diskussionen zur Dienstleistungsforschung in Europa und im internationa-

len Raum eingebunden.

Mit seinen drei Forschungsfeldern "Innovationsmanagement ", "Innovation in Wachstumsfel-

dern" und "Menschen in Dienstleistungsunternehmen" lehnte sich das Programm eng an pro-

zess-, ergebnis- und potenzialorientierte Analyse an. Dabei ist das Potenzial hier sehr stark auf

die personale Seite orientiert. Eine Orientierung z.B. auf Finanzdienstleistungen als Potential

für Innovationen war - obwohl fachlich notwendig - im BMBF nicht durchsetzbar. Ebenso ist

Page 104: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

104

natürlich die Produktorientierung in einem Forschungsprogramm wegen der Notwendigkeit

der Marktferne bei staatlicher Forschungsförderung nur in einem eingeschränkten, sprich bei-

spielhaften, auf Prototypen orientierte Ansatz denkbar. Gegenüber dem Vorläuferprogramm

stellt dieser Ansatz eine weitere Konkretisierung, keinen Bruch dar. Damit ist trotz des neuen

Programms eine Kontinuität in der Entwicklung gewahrt. Die Konzentration auf das Element

"Personal" im Rahmen des Faktors "Potential" erlaubt auch eine sehr enge Verzahnung und

einen schnellen Ergebnisaustausch mit dem Programm "Innovationsfähigkeit in einer moder-

nen Arbeitswelt ". So kann die Dienstleistungsforschung auf die Behandlung allgemeiner

Themen wie "Balance zwischen Flexibilität und Stabilität" oder "Innovationsstrategien jen-

seits des traditionellen Managements" verzichten und sich Spezialthemen wie "Professionali-

sierung der Dienstleistungsarbeit " zuwenden.

Áls ein Beispiel für einen Förderschwerpunkt soll hier der Förderschwerpunkt „Exportfähig-

keit und Internationalisierung von Dienstleistungen “ dargestellt werden. Die Exportfähigkeit

und Internationalisierung von Dienstleistungen wurden erstmals 1997 im „Entwurf des För-

derkonzeptes Forschung und Entwicklung zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung im

Dienstleistungssektor “ (unver. Skript, 1997) angesprochen. Dieses Konzept basierte auf den

Ergebnissen der Diskussionen von über 300 Experten in der Hauptuntersuchung Dienstleis-

tung 2000plus. Hier wurde neben der auch damals schon vielbejammerten Globalisierung die

Chance erkannt, Exportfähigkeit von Dienstleistungen zu steigern, um zu Wachstum und Be-

schäftigung zu kommen. Damit war der Grundstein für die Forschung zur Exportfähigkeit von

Dienstleistungen gelegt. In der Phase der Prioritären Erstmaßnahmen (1997/1998) waren drei

Vorhaben mit den Themen der Internationalisierung, des Exportes und dem internationalen

Vergleich von Dienstleistungen befasst. Eine Verankerung der Forschung zur Exportfähigkeit

in Form einer Bekanntmachung erfolgte Ende der 90er Jahre aber noch nicht. Dies lag unter

anderem daran, dass das Bundeswirtschaftsministerium auf Grund der Erfahrungen aus der

durchgeführten Forschung eigene Aktivitäten zur Dienstleistungsexportinnovation durchführ-

te. Diese Aktivitäten fanden in Kooperation mit den programmatischen Aktivitäten des

BMBF statt und betrafen neben den Ingenieurdienstleistungen auch die Außenhandelskam-

mern. Die Bekanntmachung des BMBF erschien nach einer längeren Pause im Jahr 2004. also

ca. 7 Jahre nachdem das Thema in Expertenkreisen benannt wurde. Neben den Aktivitäten des

Bundeswirtschaftsministeriums waren auch die Haushaltsbelastungen der großen Bekanntma-

chung "Wissensintensive Dienstleistungen" Grund für die Verzögerung. Neben den Ergebnis-

sen der laufenden Vorhaben, eigener Recherchen, den Anregungen aus dem Bundesministeri-

um für Wirtschaft und Technologie, den Beratungen im Beirat, den Ergebnissen aus For-

schungsvorhaben war insbesondere die 5. Dienstleistungstagung 2003 und der Nachwuchs-

wettbewerb Grundlage für die Gestaltung der Bekanntmachung von Bedeutung. Die Be-

kanntmachung selbst erschien Anfang 2004. Im Jahr 2006 liefen über 80 Vorhaben mit einem

Volumen von knapp 30 Mio. €. Der Schwerpunkt hat „Erstlingsrechte“ in vielerlei Hinsicht

hat:

Es war der erste Schwerpunkt, der im Entwurf des neuen Konzeptes „Innovationen mit

Dienstleistungen “ vorgesehen war.

Es war der erste Schwerpunkt, in dem die Fokusgruppen von Anbeginn an vorgesehen

waren.

Es war der erste Schwerpunkt, bei dem Verfahren des Textmining schon zu Beginn

eingesetzt wurden.

Es war der erste Schwerpunkt mit einem Metavorhaben.

Es war der erste Schwerpunkt, in dem sofort zu Beginn eine deutsch- und eine eng-

lischsprachige Broschüre erschienen sind.

Page 105: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

105

Um die Kooperation zwischen den verschiedenen Forschungsprojekten zu stärken, wurden

zum ersten Mal von Beginn an Fokusgruppen eingerichtet. Neben der Vernetzung und dem

Austausch von Erfahrungen und Ergebnissen sollen die Fokusgruppen auch Forschungser-

gebnisse in die Breite tragen und so zur nachhaltigen Nutzung beitragen. Die Gruppen kon-

zentrierten sich auf bestimmte Bereiche der Wirtschaft, wie z. B. Gesundheitsdienste, Um-

weltdienstleistungen, industrielle und wissensintensive Dienstleistungen, konzentrieren. Au-

ßerdem wurde eine besondere Fokusgruppe zum Thema „Exportfähigkeit kleiner und mittle-

rer Unternehmen“ gegründet (Borchert, Heinen und Zühlke-Robinet, 2008). Über 40 kleine

und mittlere Dienstleistungsunternehmen sind hier zusammengefasst. Speziell für Hand-

werksbetriebe wurde die Internetseite www.dienstleistungsexport.de eingerichtet.

Vor den Aktivitäten des BMBF war der Export kein herausragendes Thema der Dienstleis-

tungsforschung. So konnten Biege und Stahlecker (2009) erstmals im Jahr 1985 wissenschaft-

liche Publikationen zu dem Thema "Internationalisierung und Export von Dienstleistungen "

nachweisen. In den 80er Jahren erschienen etwa 10 englischsprachige Veröffentlichungen pro

Jahr. Deutschsprachige Publikationen zu diesem Thema konnten in diesem Zeitraum noch

nicht nachgewiesen werden. In den 1990er Jahren beobachteten die Autoren einen Anstieg der

Anzahl an englischen Publikationen auf ca. 20 pro Jahr. Im deutschsprachigen Bereich gab es

ab Mitte der 90er Jahre jährlich zwei bis drei Veröffentlichungen auf diesem Gebiet. Diese

Veröffentlichungsrate bleibt bis 2004. Danach stieg die Anzahl der Veröffentlichungen im

deutschsprachigen Bereich sprunghaft an. Biege und Stahlecker kommen zu dem Schluss:

"Nicht zuletzt die Aktivitäten des Förderschwerpunkts „Internationalisierung und Exportfä-

higkeit von Dienstleistungen“, aus welchem die ersten Projekte im Jahr 2005 starteten, kann

als maßgeblich für die Entwicklung im deutschsprachigen Bereich betrachtet werden." Um

den internationalen Stellenwert der deutschen Forscher im Forschungsfeld "Internationalisie-

rung und Export von Dienstleistungen" zu erfassen, wurde die englischsprachigen Publikatio-

nen ermittelt, deren Autoren aus Deutschland stammen. Bis zur Jahrtausendwende stammt

keine englischsprachige Veröffentlichung auf dem Gebiet aus Deutschland. Ab 2005, mit

Start des BMBF-Förderschwerpunkts „Internationalisierung und Exportfähigkeit von Dienst-

leistungen“ werden deutsche Forscher auf diesem Gebiet verstärkt sichtbar. Im Jahr 2008 sind

ca. 20% aller englischsprachigen Publikationen aus Deutschland (19 von 87); bis auf fünf

Veröffentlichungen stammen alle aus den Projekten des BMBF-Förderschwerpunktes „Inter-

nationalisierung und Exportfähigkeit von Dienstleistungen“. Dies ist ein Indiz dafür, dass

trotz der langen Verzögerung die deutsche Forschung einen Reputationsgewinn auf diesem

Themenfeld erreichen konnte.

Die Entwicklung der Dienstleistungsforschungsprogramme bis 2010

Ein Vergleich der Dienstleistungforschungsprogramme ist nicht möglich. Die ersten beiden

Phasen dienten der Bilanzierung und der Definition der Forschungsfelder. Das dann formu-

lierte Dienstleistungsprogramm wurde nicht verwirklicht und damit hat das Dienstleistungs-

programm von 2006 keine echten Vorläufer, mit denen es sich vergleichen ließe. Deshalb

sollen hier einige Zitate der Leitung des BMBF dargestellt werden.

Aufbruch in die Zukunft bedeutet, dass wir das dramatische Absinken der Zahl indust-

rieller Arbeitsplätze nicht als Deindustrialiserung beklagen, sondern erkennen, dass

sich das Schwergewicht der Beschäftigung vom Verarbeitenden Gewerbe...hin zur

Dienstleistung verschiebt. Die Aufgabe der Zukunft wird es sein, Produktion, Dienst-

leistung und Information als unterschiedliche Aspekte erfolgreichen wirtschaftlichen

Handelns zu begreifen.

(Schaumann, Staatsekretär im BMBF, 1997)

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106

Wer in Zukunft im internationalen Wettbewerb mithalten will, der muss Dienste eben-

so kostenbewusst, qualitativ hochstehend, innovativ und wettbewerbsfähig anbieten

können, wie dies bei industriellen Gütern typisch ist...Dies gilt auch für Wissenschaft

und Forschung.

(Rüttgers, Bundesminister für Bildung und Forschung, 1999)

..die Bilanz der bisherigen Dienstleistungsforschung zeigt, dass die Forschung nach-

haltige Impulse für die Stärkung des Dienstleistungsstandortes Deutschland geben

kann. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist jedoch auch zu fragen, welchen

Herausforderungen sich die Dienstleistungsforschung in Zukunft zu stellen

hat...Obgleich sicher noch eine Reihe anderer wichtiger Forschungsfelder zu bearbei-

ten sind – ich nenne hier exemplarisch

- neue Managementmethoden und Dienstleistungs-Marketing

- erschließen neuer Wachstumsfelder und

- gestalten des Tertiarisierungsprozesses

(Catenhusen, Staatsekretär im BMBF, 2004)

Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissen-

schaft und Wirtschaft ein Förderprogramm für die kommenden fünf Jahre entwickelt.

Dieses Programm „Innovationen mit Dienstleistungen “ hat ein zentrales Leitmotiv:

Dienstleistungen aus Deutschland sollen weltweit wettbewerbsfähig sein und zu Recht

unser Gütesiegel „Made in Germany“ tragen können.

(Rachel, Staatsekretär im BMBF, 2006)

Dienstleistungen haben insofern.für unsere Wirtschaft eine Schlüsselfunktion, die

meines Erachtens unterbewertet ist im öffentlichen Image. Diese Schlüsselfunktion

der Dienstleistungen wollen wir in der Innovations- und Forschungspolitik des Bun-

desforschungsministeriums deutlich stärken.

(Rachel, Staatsekretär im BMBF, 2008)

Die Zitate von politisch Verantwortlichen aus 10 Jahren Dienstleistungsforschungsförderung

weisen eine bemerkenswerte Kontinuität auf. Dienstleistungsforschung dient der Weiterent-

wicklung von Wachstum und Beschäftigung. Der Wandel zu Dienstleistungen ist eine Chan-

ce, die es gemeinsam mit dem Verarbeitenden Gewerbe zu ergreifen gilt. Dienstleistungen

brauchen neue Managementmethoden, das Erschließen von Wachstumsfeldern und die Ge-

staltung des Tertiarisierungsprozesses einschließlich der Dienstleistungsarbeit . Innerhalb der

Forschungs- und Innovationspolitik muss die Rolle der Dienstleistungen deutlich gestärkt

werden. Ebenso kontinuierlich wie die politische Unterstützung verläuft die inhaltliche Ent-

wicklung. Themen werden in Diskussionen mit Wissenschaft und Wirtschaft konkretisiert,

dann zu einem Forschungsfeld ausgebaut, und schließlich – wenn das Thema ertragreich ist –

in anderen Feldern und Bekanntmachungen verankert. Dies gilt für das Service Engineering

ebenso wie für die Gesundheitswirtschaft, die Exportfähigkeit ebenso wie für die Kleinen und

mittleren Unternehmen. Leider verlaufen die Defizite ebenso kontinuierlich. Die Unterfinan-

zierung des Programms hat sich auch mit der Einbindung in die HighTech Strategie und den

Aktionsplan 2020 nicht geändert. Bestimmte Sektoren - wie z.B. die Öffentlichen Dienst e

oder Fragen von Unterhaltungsdienstleistungen – bleiben ausgeklammert.

Knapp gesprochen: Selten ist von so vielen Interessierten mit sowenig finanzieller Unterstüt-

zung soviel erreicht worden. Nicht nur in Deutschland wurden für Wissenschaft, Wirtschaft,

Arbeit und Verbraucher neue Wege aufgezeigt, es ist auch gelungen der deutschen Dienstleis-

tungsforschung ein internationales Renommee zu verschaffen. Vor 15 Jahren hätte dies nie-

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mand für möglich gehalten. Die Entwicklung zeigt aber, dass dieser Weg ab 2011 abgebro-

chen wird.

Der Aktionsplan "Dienstleistung 2020"

Der „Aktionsplan 2020“ ist eine zwar ressortübergreifend geplante, aber z.Zt. (2009) noch

ressortinterne Initiative des BMBF. Der Aktionsplan "Dienstleistungen 2020", den der Parla-

mentarische Staatssekretär Rachel in seiner Rede auf der Dienstleistungstagung im April 2008

ankündigte und der auf dem 12. Aachener Dienstleistungsforum im September 2009 (BMBF,

2009) vorgestellt wurde, stellt eine neue forschungspolitische Herangehensweise dar. Neben

dem Kernstück des Dienstleistungsforschungsprogramms wird er für die forschungspolitische

Ausrichtung der Zukunft bestimmend sein. In den Handlungsempfehlungen des Beirates der

Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ von 1996 und im "EFI-Gutachten" von

2007 wird – und in den Worten von 1996 – gefordert, die Forschungspolitik stärker auf

Dienstleistungen auszurichten und die Technologieforschung mit der Dienstleistungsfor-

schung zu verschränken. Knapp gesprochen: Technologieforschung soll nicht immer auf das

Anwendungsgebiet der Industrie (im deutschen Sinne) schauen, sondern von Beginn an die

Dienstleistungswirtschaft ins Auge fassen. Damit werden Dienstleistungen auch zu einem

Treiber technischer Innovationen. Diesen Aufforderungen hat das BMBF mit dem Aktions-

plan "Dienstleistungen 2020" Rechnung getragen. Der Aktionsplan soll die Anbahnung und

Durchführung integrierter Forschungsansätze unterstützen. Er findet in ausgewählten Förder-

programmen des BMBF seinen Niederschlag. Aufbauend auf erforschten neuen Technologien

werden die Möglichkeiten zur parallelen Entwicklung neuer Dienstleistungen erforscht. Da-

mit erhofft das BMBF sich, Entwicklungen stärker auf die spätere nachfrage zu konzentrieren,

also einen "technology-push" durch einen "Dienstleistungs-Pull" zu unterstützen. Das BMBF

hat für den Aktionsplan unterschiedliche Maßnahmen vorgesehen. Dazu gehören neben den

gemeinsamen oder aufeinander abgestimmten Förderrichtlinien (angestrebt ist nicht nur eine

referats-, sondern auch eine ressortübergreifende Vorgehensweise), den Anforderungen in

technischen Programmen Dienstleistungen zu berücksichtigen, auch "ergänzende Projekte".

Das sind spezifische Projekte des Dienstleistungsforschungsprogramms, die auf den Ergeb-

nissen technischer Förderschwerpunkte aufbauen. Der Aktionsplan 2020 sieht zunächst keine

Aufstockung von Haushaltsmitteln vor. Erste Schritte wurden mit den beiden Bekantmachun-

gen "Integration von Produktion und Dienstleistung en" und dann die Bekanntmachung

"Dienstleistung, Demographie und Technik ". Beide Bekanntmachungen sind in enger Koope-

ration zwischen dem Dienstleistungsforschungsprogramm und der Produktionsforschung bzw.

der Mikrosystemtechnik entstanden. Einen Schritt weiter ging das Programm zu den "Ge-

sundheitsregionen der Zukunft". In dem Programm war von vornherein die Dienstleistungs-

forschung integriert und die Begutachtung erfolgte unter der Beteiligung der Dienstleistungs-

forschung. Im Programm "Energieeffiziente Stadt" wird die Begleitforschung vom Dienstleis-

tungsforschungsprogramm getragen, um zum einen die Ansätze auf neue relevante Dienstleis-

tungen zu prüfen, zum anderen aber auch, um Ansätze der Dienstleistungsforschung in die

Projekte zu tragen. Es werden im Rahmen der Integration von Technologie- und Dienstleis-

tungsforschung also unterschiedliche Ansätze verfolgt. Die Schwierigkeiten, die sich auftun

sind zahlreich. Ein wichtiges Problem ist das der Verständigung. Die auf wissenschaftlicher

Ebene geforderte Interdisziplinarität wird jetzt natürlich auch auf politischer Ebene eingefor-

dert. Doch wenn der Weg erfolgreich ist, kann erwartet werden, dass die Vernetzung der

Technologieforschung mit der Dienstleistungswirtschaft ähnlich erfolgreich wird, wie die

Vernetzung der Technologieforschung mit der Produktion. Vielleicht kann dann auch die

Technologieadaption in der Dienstleistungswirtschaft beschleunigt werden.

Die erste Realisierung des Aktionsplanes 2020 war die gemeinsam von der Gesundheits- und

Dienstleistungsforschung formulierte Konzeption des Wettbewerbes "Gesundheitsregionen

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108

der Zukunft". Grundgedanke war, dass die international besonders erfolgreichen gesund-

heitswirtschaftlichen Modelle auf einer engen, oft regional fokussierten Verzahnung von Ver-

sorgern, Forschern, Unternehmen der Wirtschaft und Dienstleistern basieren. Derartige räum-

lich umgrenzte Kompetenznetzwerke werden als sog. Gesundheitsregionen bezeichnet und

zielen darauf ab, durch mehr Innovation bei Produkten und Prozessen sowie mehr Qualität

und Effizienz in der Gesundheitsversorgung ihre Zukunftsaussichten zu verbessern. Dieser

integrative Ansatz, der auch in Deutschland in einer wachsenden Zahl von Gesundheitsregio-

nen verfolgt wird, schafft somit ideale Voraussetzungen für eine verbesserte Nutzung der In-

novationspotenziale in Wissenschaft und Wirtschaft auf mehreren Ebenen. Es erschien gebo-

ten, die vorhandenen Ansätze einer Selbstorganisation der Akteure durch weitere Anreizme-

chanismen zu ergänzen, die auch dazu führen müssen, die beachtlichen Innovationspotenziale

vieler forschungsorientierter Gesundheitsregionen zu stärken und die verschiedenen Bereiche

der Gesundheitswirtschaft in einem integrierten Ansatz zusammenzuführen. Dabei sollten die

Profile und Strukturen nicht detailliert vorgegeben werden; vielmehr sollte den Initiatoren

Raum gelassen werden, ihre Vorstellungen an die konkreten Gegebenheiten ihrer Region an-

passen zu können. Der Wettbewerb sollte zeigen, wie Verschränkungsprozesse zwischen

Dienstleistungen und Gesundheitsversorgung sowie der Health Care Industrie (Pharmazeuti-

sche Industrie, Medizintechnik und Biotechnologie) optimal zu gestalten und wie durch die

Kooperation regionaler Partner prozess- und produktorientierte Innovationen im Gesund-

heitswesen entwickelt und umgesetzt werden können.

Erste Analysen ergaben, dass auf Dienstleistungen eingegangen wurde. Ingesamt ist es aber

eher so, dass Dienstleistungen als Anwendungsfeld berücksichtigt werden, eine Verschrän-

kung mit der Dienstleistungsforschung aber nur teilweise stattfindet

* Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen

Schon im Zusammenhang mit der ersten Phase der High Tech Strategie der Bundesregierung

zeigte sich eine enge Vernetzung zu den Dienstleistungen, die dort ein eigenständiges Innova-

tionsfeld waren. In der zweiten Phase wurde die High-Tech Strategie auf fünf Anwendungs-

felder konzentriert und die Eigenständigkeit der Dienstleistungen zurückgenommen. Im April

2010 kündigte das BMBF an, die Dienstleistungen stärker mit der Produktion zu vernetzen

und eine konsequente Orientierung auf die Anwendungsfelder durchzuführen, also eine eigen-

ständige Dienstleistungsforschung zurückzunehmen. Verbunden damit war eine Kürzung des

Haushaltsansatzes 2012 zugunsten der Initiative zur Elektromobilität und die Planung einer

Bekanntmachung zu „Dienstleistungen und Elektromobilität“. Diese Bekanntmachung wurde

zwei Jahre später (!!) publiziert. Im April 2010 wurde ebenfalls die Behandlung der für die

Dienstleistungen wichtigen Frage der Interaktionsarbeit aufgeschoben. Die Personenbezoge-

nen Dienstleistungen als einem wesentlichen Feld der Dienstleistungsinnovation sollen erst

2013 wieder aufgenommen werden (wahrscheinlich jetzt erst im Herbst 2016). Ein erster

Schritt hierzu war die Beteiligung an einer Bekanntmachung zu Gesundheitsregionen im letz-

ten Quartal 2012. Auf der anderen Seite weitet das BMBF mit unterschiedlichen Aktivitäten

auch dienstleistungsbezogene Forschung aus. Dazu gehören z.B. Fragen des Exports von Bil-

dungsdienstleistungen.

Ende des Jahres 2013 fällt die Bewertung der für die Dienstleistungsforschung unmittelbar

durchgeführten Aktivitäten des BMBF katastrophal aus. Legt man den BMBF-Förderkatalog

zu Grunde (02.12.2013), so wurde bis zum 1.11.2013 ein Verbundvorhaben zur Elektromobi-

lität gefördert. Weitere Vorhaben aus dem Dienstleistungsforschungsprogramm sind nicht zu

erkennen. Damit hat die Bekanntmachung „Elektromobilität“ stark an Wirksamkeit verloren.

Eine neue Bekanntmachung ist nicht erschienen. Die für das Jahr 2012 schon fest terminierte

Dienstleistungstagung wurde kurzfristig abgesagt. Angesichts solcher Fehlschläge ist die For-

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derung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft mit Unterstützung der IG Metall nach ei-

nem eigenständigen Dienstleistungsprogramm zu verstehen (Uellenberg, 2012).

Programmatisch wurde sehr deutlich, dass das BMBF ein Rahmenprogramm favorisiert, in

dem nur noch „Produktion“ und „Diensleistungen“ als Säulen enthalten sind. Die Arbeitsfor-

schung sollte de facto entfallen. Angesichts des Wahlergebnisses und der daraus resultieren-

den Regierungsbildung konnte dies nicht umgesetzt werden. Der Koalitionsvertrag forderte

ausdrücklich eine Stärkung der Arbeits- und Dienstleistungsforschung. Im September 2014

verkündete dann das BMBF zusammen mit denVorsitzenden des BDI, Grillo, und Ver.di,

Bsirske, das neue Rahmenprogramm mit drei eigenständigen Säulen: Produktions-, Dienst-

leistungs- und Arbeitsforschung, wobei letztere erst 2016 als ausformuliertes Programm er-

schien. Folgende Felder wurden dabei für die Dienstleistungsforschung formuliert:

Kundenintegrierende Dienstleistungssysteme

Dienstleistungen für eine nachhaltige Ressourcennutzung

Demografie und Gesundheit: Dienstleistungen für den Menschen

IuK-Technologien und Dienstleistungen

Service Excellenz: Dienstleistungsqualität und Professionalisieerun

Systmatische Entwicklung von Dienstleistungen durch Service Engineering, Modula-

risierung und Simulation.

Auf Basis dieses Programms wurden dann folgende Förderfelder formuliert:

Dienstleistung und E-Mobilität (Weiterführung)

Dienstleistungen und Digitalisierung

Dienstleistungen in Gesundheitsregionen (in Anlehnung an Dienstleistungen 2020)

Smart Cities und Dienstleistungen

Technisch unterstützte Dienstleistungen

Personenbezogene Dienstleistungen (Ende 2016)

Obwohl die Dienstleistungen als eigenständige Säule bestehen bleiben, haben sie doch an

Eigenständigkei verloren. Während frühere Programme die Diensleistungen als eigenständi-

gen Bereich im Wertschöpfungsgeschehen betrachteten, wird jetzt die Hybride Wertschöp-

fung als Basis des Wohlstandes gesehen. Alles wird einer thematischen Verdichtung der For-

schungsförderung untergeordnet. Interessant is auch, dass die Aufgabe der Dienstleistungsfor-

schung „in dr Unterstützung von Wirschaft, Unternehmen und Konsumenten“ gesehen wird.

Gesellschaftliche Aufgaben sind völlig entfallen. Ebenso ist die Verbindung zu einer Verbes-

serung der Arbeitswelt nicht mehr sichtbar.

Akteure in akademischer, staatlicher und industrieller Dienstleis-tungsforschung

Forschungspolitik als Teil einer Dienstleistungspolitik wird nicht nur von einem Bundesmi-

nisterium betrieben, sondern von einer Reihe anderer Instanzen, seien es akademische, staatli-

che oder industrielle Akteure. Wenn man dabei über Forschung spricht, ist meistens auch

Wissenschaft mit gemeint. Wissenschaft kann als eine Erweiterung des Wissens durch For-

schung sowie seine Weitergabe durch Lehre bezeichnet werden. Diese enge Form der Defini-

tion blendet die Schaffung von Wissen durch Erfahrungswissen aus und legt auch einen Kurz-

schluss auf akademische Lehre nahe. Forschung kann als geplante Suche von neuen Erkennt-

nissen sowie deren systematische Dokumentation und Veröffentlichung betrachtet werden.

Konstituierendes Element der Forschung gegenüber anderen Elementen des Innovationspro-

zesses ist die Schaffung neuen Wissens. Die beiden Indikatoren für Forschung und Entwick-

lung sind der Aufwand für Sachmittel und der personelle Einsatz von FuE-Personal. Etwa die

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Hälfte der Innovationsaufwendungen werden in der deutschen Industrie für Forschung und

Entwicklung eingesetzt (Legler und Krawczik, 2009, S. 14). Das statistische Messkonzept für

Forschung und Entwicklung ist stark auf die Industrie konzentriert. Nach Legler und

Krawczik sind Aktivitäten, die in Dienstleistungsbranchen dem Schaffen neuen Wissens ge-

widmet sind nur schwer systematisch zu erfassen. Im Dienstleistungssektor hängen Innovati-

onsaktivitäten deutlich weniger stark von Technologischer Forschung und Entwicklung ab als

in der Industrie.

Geschichtlich gesehen lagen die Ursprünge der Forschung im akademischen Bereich, von dort

kristallisierten sich dann industrielle und staatliche Forschung heraus (die Darstellung im Fol-

genden basiert auf: Lundgren et al., 1986). Von industrieller Seite waren es besonders die

chemische Industrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau, die die akademische For-

schung auf ihre Belange hin orientierten. Diese Forschung war naturwissenschaftlicher Art.

Dies ist bis heute so geblieben. Sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschungsansätze

sind nur in Ausnahmefällen vertreten (so z.B. bei der IBM), da sie bis heute nicht als For-

schung akzeptiert werden (vgl. die Bestimmung der Innovationsfähigkeit auf Grund der An-

zahl der Naturwissenschaftler/ Ingenieure; s.a.: Legler und Krawczik, 2009). Dies hat für die

Dienstleistungsforschung bis heute negative Konsequenzen. Für den Staat war im 19. Jahr-

hundert eine eigenständige Forschung zunächst nicht selbstverständlich. Die staatliche Ord-

nungsverwaltung sah eine Zuständigkeit für Daseinsvorsorge und Innovationsbewältigung

nicht vor. Ähnlich wie in der industriellen Seite die wirtschaftliche Zweckbestimmung die

industrielle von der akademischen Forschung trennte, trennte die politische Zweckbestim-

mung die staatliche dann von der akademischen Forschung. Allerdings ist eine allgemeine

Kennzeichnung der staatlichen Forschung schwierig. Wichtig ist, dass staatliche Forschung

auf politischen Beschluss mit satzungsgemäßen Aufgaben stattfindet. Dies entspricht struktu-

rell der Anbindung der industriellen Forschung an den wirtschaftlichen Erfolg. Staatliche For-

schung fand in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, in den Großforschungseinrichtungen und

den Bundesämtern statt. In den großen Forschungsgesellschaften haben sich die Akzente in-

zwischen stark verschoben. Staatliche Forschungseinrichtungen in Form von Bundesämtern/

Bundesanstalten sind häufig mit staatlichen Dienstleistungen verknüpft.

Die Dreiteilung besagt nichts über die Finanzierung der Forschungsinstitutionen. Grob ge-

sprochen erfolgt die Grundfinanzierung der staatlichen Forschung durch den Bund und/oder

die Länder als institutionelle Förderung. Zusätzliche Mittel – Paradefall die Fraunhofer Ge-

sellschaft – kommen aber auch aus der Wirtschaft und aus Stiftungen. Vergleichbares gilt für

die Industrieforschung: hier ergänzen Mittel von staatlicher oder Stiftungsseite die eigenen

Ressourcen. Eine nicht geringe Rolle spielt dabei die Förderung durch die Europäische Ge-

meinschaft. Trotz dieser Abgrenzungsprobleme und der Aufgabenverschiebungen soll hier

zur besseren Übersicht das Dreieck aus akademischer, wirtschaftlicher und staatlicher For-

schung zu Grunde gelegt werden.

Bundesämter als Institutionen staatlicher Forschung

Typisch für staatliche Forschung sind heute noch die staatlichen Forschungsinstitutionen wie

die Bundesinstitute, Bundesämter oder Bundesanstalten. Sie haben ihren Auftrag durch ein

Gesetz erhalten und die Fachaufsicht liegt bei einem Bundesministerium, das sie beraten und

unterstützen. Für die Dienstleistungsforschung sind vier Institutionen besonders interessant:

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA)

Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB)

Bundesagentur für Arbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (I-

AB)

Umweltbundesamt

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Die BAuA ist eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie untersteht als Bun-

desoberbehörde unmittelbar dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Die

Bundesanstalt berät als Ressortforschungseinrichtung das BMAS in allen Fragen von Sicher-

heit und Gesundheit bei der Arbeit und der menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedin-

gungen. Als Bundeseinrichtung mit FuE-Aufgaben agiert sie an der Schnittstelle von Wissen-

schaft und Politik und erbringt Übersetzungsleistungen vom Wissenschaftssystem in Politik,

betriebliche Praxis und Gesellschaft und umgekehrt. Das Aufgabenspektrum reicht von der

Politikberatung über die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und den Transfer in die be-

triebliche Praxis bis zur Bildungs- und Vermittlungsarbeit der Deutschen Arbeitsschutzaus-

stellung (DASA). Eine von ihr betreute Aktivität ist die Initiative Neue Qualität der Arbeit

(INQA). Im Rahmen von Arbeitssicherheit- und -schutz sowie Prävention werden von der

BauA die Dienstleistungsbranchen ausführlich betrachtet. Eine eigentliche Dienstleistungsfor-

schung findet aber nicht statt.

Das BIBB ist auf Grund der historischen Entwicklung als Bundesinstitut in Berlin gegründet

worden und hat größere Freiheitsgrade gegenüber den Ministerien als die klassischen Bundes-

anstalten. Es ist das anerkannte Kompetenzzentrum zur Erforschung und Weiterentwicklung

der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland. Das BIBB identifiziert Zukunftsauf-

gaben der Berufsbildung, fördert Innovationen in der nationalen wie internationalen Berufs-

bildung und entwickelt neue, praxisorientierte Lösungsvorschläge für die berufliche Aus- und

Weiterbildung. Das BIBB wird als bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen

Rechts aus Haushaltsmitteln des Bundes finanziert und untersteht der Rechtsaufsicht des

Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Fragen der Qualifizierung und

Qualifikation in den Dienstleistungsbranchen werden im BIBB ausführlich behandelt.

Das IAB erforscht den Arbeitsmarkt auf Grundlage zweier gesetzlicher Aufträge, die im So-

zialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III, §280 und 282) und Sozialgesetzbuch Zweites Buch

(SGB II) geregelt sind. Darin ist verankert, dass die Bundesagentur Lage und Entwicklung der

Beschäftigung und des Arbeitsmarktes im Allgemeinen und nach Berufen, Wirtschaftszwei-

gen und Regionen sowie die Wirkungen der aktiven Arbeitsförderung zu beobachten, zu un-

tersuchen und auszuwerten hat, indem sie erstens Statistiken erstellt, zweitens Arbeitsmarkt-

und Berufsforschung betreibt und drittens Bericht erstattet. Ebenso sind die Wirkungen der

Leistungen zur Eingliederung und zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig und zeitnah

zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einzubeziehen. Das IAB kann

soweit zweckmäßig Dritte mit der Wirkungsforschung beauftragen. Die Dienstleistungswirt-

schaft – insbesondere die Daten zu beruflichen Tätigkeiten werden vom IAB ausführlich er-

hoben und untersucht.

Das UBA ist Deutschlands zentrale Umweltbehörde. Die wichtigsten gesetzlichen Aufgaben

des UBA sind die wissenschaftliche Unterstützung der Bundesregierung (u. a. Bundesministe-

rien für Umwelt, Gesundheit, Forschung, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung), der Vollzug

von Umweltgesetzen (z. B. Emissionshandel, Zulassung von Chemikalien, Arznei- und Pflan-

zenschutzmitteln) und die Information der Öffentlichkeit zum Umweltschutz. Fachleute des

Amtes forschen in eigenen Laboren und vergeben Forschungsaufträge an wissenschaftliche

Einrichtungen und Institute im In- und Ausland. Das UBA ist auch Partner und Kontaktstelle

Deutschlands zu zahlreichen internationalen Einrichtungen, wie etwa der WHO. Ein unmit-

telbarer Dienstleistungsbezug scheint nicht vorhanden zu sein.

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Die großen Forschungsgesellschaften

Deutschland kennt vier Forschungsgesellschaften, die vom Bund und von den Ländern

"grundfinanziert" werden. Dazu gehören die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Fraunhofer

Gesellschaft (FHG), Helmholtz Gesellschaft (HG) und die Leibniz-Gemeinschaft (LG).

Die MPG ist die Nachfolgeorganisation der Kaiser- Wilhelm- Gesellschaft zur Förderung der

Wissenschaften e.V., die 1911 gegründet wurde. Sie dient vor allem der Grundlagenfor-

schung. Für die Dienstleistungsforschung könnten Ergebnisse des Max-Planck-Institutes für

Gesellschaftsforschung von Interesse sein. Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsfor-

schung in Köln versteht sich als eine Einrichtung der Spitzenforschung in den Sozialwissen-

schaften. Es betreibt anwendungsoffene Grundlagenforschung mit dem Ziel einer empirisch

fundierten Theorie der sozialen und politischen Grundlagen moderner Wirtschaftsordnungen.

Die MPG-Institutsdirektoren sind in der Wahl ihrer Forschungsfragen sehr unabhängig.

Dienstleistungssektoren werden untersucht, aber ein unmittelbarer Schwerpunkt zur Dienst-

leistungsforschung besteht nicht.

Die Fraunhofer Gesellschaft wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet. Sie betreibt For-

schung an der Schnittstelle zur Anwendung. In Deutschland betreibt die FHG 59 Institute. Die

Fraunhofer-Gesellschaft betreibt außerdem eigene Standorte und Tochtergesellschaften in

Europa, Fraunhofer Centers in den USA sowie Representative Offices in Asien und im Nahen

Osten. Sie bilden eine Brücke zu den lokalen Märkten mit Schwerpunkten in Marketing und

in der Geschäftsfelderweiterung. Eine ganze Reihe davon sind von großer Bedeutung für die

Arbeits- und Dienstleistungsforschung, darunter besonders das Fraunhofer Institut für Ar-

beitswirtschaft und Organisation, eines der international führenden Institute der Dienstleis-

tungsforschung.

Ende des 20. Jahrhunderts wurden die Institute der "Blauen Liste" zur Leibniz Gemeinschaft

und die Großforschungseinrichtungen des Bundes zur Helmholtz-Gesellschaft zusammenge-

fasst. Die insgesamt 86 Leibniz-Einrichtungen mit ca. 14000 Menschen forschen auf den Ge-

bieten der Geisteswissenschaften (Sektion A), der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften so-

wie Raumwissenschaften (Sektion B), im Bereich der Lebenswissenschaften (Sektion C), der

Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften (Sektion D) sowie auf dem Gebiet der Um-

weltwissenschaften (Sektion E). Neben den großen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten

ist das heute so genannte „Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund“, ehe-

mals Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund (http://www.ifado.de) von besonderem Inte-

resse für den Bereich Dienstleistungen.

In den 16 Helmholtz - Zentren arbeiten 30.000 MitarbeiterInnen an den unterschiedlichsten

Themen. Interessant für Arbeits- und Dienstleistungsforschung sind das Helmholtz Zentrum

München in Neuherberg und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das (KIT) wurde

2009 als Zusammenschluss des (Helmholtz)Forschungszentrums Karlsruhe und der Universi-

tät Karlsruhe gegründet. Im KIT vereinen sich die Missionen der beiden Vorläufer-

Institutionen: einer Universität in Landeshoheit mit Aufgaben in Lehre und Forschung und

einer Großforschungseinrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft mit programmorientierter Vor-

sorgeforschung im Auftrag des Staates. Mit rund 8000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget

von etwa 700 Mio. Euro entsteht in Karlsruhe eine der weltweit größten Forschungs- und

Lehreinrichtungen. Zum KIT gehören klassische Universitätsinstitute wie das ifab - Institut

für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation aber auch das Karlsruhe Service Research

Institute (KSRI). Dort werden Konzepte, Methoden und Technologien für Innovatoren und

Entscheider entwickelt, um in einer zunehmend "Services-Led Economy" ökonomischen

Mehrwert zu erzeugen und zu nutzen. Das Institut wurde mit Unterstützung von IBM gegrün-

Page 113: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

113

det. In einem „industry-on-campus“ Konzept arbeiten vier Forscher der IBM eng mit Wissen-

schaftlern des KIT zusammen. Ein Projekt im Bereich des Öffentlichen Dienstes ist COCK-

PIT. Dort arbeiten KIT-Wissenschaftler derzeit mit zwölf Partnern an der Nutzung des Inter-

nets, um die Kollaboration und Mitwirkung von Bürgern voranzubringen. Die EU fördert das

Projekt COCKPIT im 7. Rahmenprogramm mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. Am KIT-Institut

wird das Konzept der Service Science sehr stark vorangetrieben.

Akademische Forschung und industrielle Forschung33

Die Akteure der Arbeits- und Dienstleistungsforschung an deutschen Universitäten sind nicht

zu überschauen, das Beispiel des Zusammengehens von Helmholtz-Institut, Universität und

IBM in Karlsruhe zeigt es. Gab es 1995 nur einen Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement

(Katholische Universität Eichstätt, Prof. Dr. Stauss), so kommt man inzwischen auf mindes-

tens 15 Lehrstühle in der gesamten Republik. Daneben gibt es noch viele Institute, die sich

Dienstleistungsforschung auf die Fahnen geschrieben haben, Z.B. in Rostock oder in Aachen.

Ebenso haben sich betriebswirtschaftliche Schwerpunkte ergeben z.B. in München, Erlangen

und Leipzig. Daneben existieren natürlich noch die klassischen Institute wie in Münster und

Kaiserslautern.

Industrielle Forschung in der Dienstleistungswirtschaft ist bei weitem nicht so ausgeprägt wie

in der Industrie. In manchen Firmen existieren Innovationsabteilungen (z.B. FraPort, Deut-

sche Post DHL), aber die Durchdringung ist nicht im Geringsten mit dem Verarbeitenden

Gewerbe oder der Pharmawirtschaft vergleichbar. Legler und Krawczik (2009) sehen zwar,

dass die Wirtschaft mehr Wert auf industrielle Forschung für hochwertige Dienstleistungen

legt, aber die deutsche Industrieforschung ist dort nicht weit vorne zu finden. So steigt bei

wissensintensiven Dienstleistungen der Anteil der Forschung und Entwicklung bei innovie-

renden Unternehmen. Lag er 1998 bei 22%, so lag er 2007 schon bei Knapp der Hälfte. Von

Bedeutung ist, dass die mittelfristige Wachstumsunsicherheit der Binnennachfrage sich nega-

tiv auf Forschung und Entwicklung in KMU und Dienstleistungsunternehmen auswirkt, da

diese häufig nicht auf den internationalen Markt ausweichen können. Solche Unternehmen

sind auf Innovationsimpulse eines dynamischen Binnenmarktes angewiesen.

Versucht man die FuE-Aufwendungen von Unternehmen zu vergleichen, so sind 2005 in den

OECD-Ländern 76% der FuE-Aufwendungen in der Verarbeitenden Industrie entstanden und

22% im Dienstleistungssektor. Deutschland weicht vom Durchschnitt stark ab, hier sind gut

82% der FuE-Aufwendungen in der Industrie und 10% in der Dienstleistung. Es ist damit ver-

gleichbar Korea, Japan und Frankreich. Die Unterschiede beruhen insbesondere darauf, dass

Deutschland im Automobilbau, im Maschinenbau und in der Chemischen Industrie stark

forscht, während der stark von Elektronik geprägte Sektor und der Dienstleistungssektor (ins-

besondere die unternehmensnahen und die DV-Dienstleistungen in der FuE in Deutschland

wenig präsent sind (S. 76). Von Interesse ist, dass Legler und Krwazik (2009, S. 26) For-

schung und Entwicklung im Dienstleistungssektor als überdurchschnittlich wissenschaftlerin-

tensiv bezeichnen, aber nicht für Naturwissenschaftler und Ingenieure. Dabei spielen nationa-

le Besonderheiten eine große rolle: Je differenzierter die FuE-Arbeitsteilung zwischen Dienst-

leistungen und Industrie ist, des stärker findet Forschung und Entwicklung im Dienstleis-

tungssektor (S. 74).

Forschungsstiftungen als dienstleistungspolitischer Akteure

Es gibt in Deutschland eine Reihe von Wissenschaftsstiftungen, die sich mit Fragen des ge-

sellschaftlichen und sozialen Wandels auseinandersetzen. Dazu gehören z.B. die Deutsche

33 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Bildungs- und Wissenschaftspolitik

Page 114: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

114

Forschungsgemeinschaft, die Hans-Böckler-Stiftung und zum Teil auch die Arbeitsgemein-

schaft Industrieller Forschungseinrichtungen, die zumindest die betrieblichen Aspekte der

Tertiarisierung untersuchen müsste. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist die

zentrale Selbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaft zur Förderung der Forschung an

Hochschulen und öffentlich finanzierten Forschungsinstituten in Deutschland. Die Suche nach

relevanten Dienstleistungsprojekten führte lediglich zu sehr unterschiedlichen Einzelprojekten

aus dem Dienstleistungsbereich. Die Themen der Forschungsprojekte reichen von der hybri-

den Wertschöpfung und den Finanzdienstleistungen bis hin zur Betrachtung der Interaktion

zwischen Dienstleister und Kunde Entsprechend dem Auftrag der DFG sind die Projekte sehr

wissenschaftszentriert. Eine explizite Förderstrategie hinsichtlich der Dienst-

leistungsforschung ist innerhalb der DFG nicht zu identifizieren. Die Arbeitsgemeinschaft

industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF) fördert in erster Linie

Forschung und Entwicklung zugunsten kleiner und mittlerer (Produktions)Unternehmen. Ins-

gesamt stellte Dienstleistungsforschung eher ein Randthema der AIF dar. Eine explizite För-

derstrategie zu diesem Thema ist gegenwärtig nicht erkennbar und ist wahrscheinlich in der

Zukunft auch nicht beabsichtigt.

Der Ansatz zu Dienstleistungspolitik und –forschung bei der Hans-Böckler-Stiftung

Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungs-

werk des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. Die Hans-Böckler-Stiftung hat in den letz-

ten Jahren einen deutlichen Schwerpunkt in der Dienstleistungsforschung gesetzt. Neben den

einzelnen Vorhaben, die in entsprechenden Arbeitspapieren (z.B. Birken und Dunkel, 2013;

Leimeister und Zogaj, 2013) veröffentlicht wurden, machte dies besonders die „Dienstleis-

tungstagung 2013: Dienstleistungsforschung und Dienstleistungspolitik“ deutlich. Der Vorsit-

zende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Bsirske (2013) betonte auf der Tagung noch

einmal deutlich die Bedeutung der Dienstleistungen. So gehörten ein Drittel der Dax-30 Un-

ternehmen zum Dienstleistungssektor und 15 der weltwiet größten 30 Unternehmen sind

Dienstleistungsunternehmen. Er bemängelt dann die Unausgewogenheit der deutschen For-

schungsförderung, die viel zu stark auf Hochtechnologieförderung ausgerichtet sei. Es „klafft

hier unübersehbar eine Forschungslücke“ (S.15). Als Ziel einer Dienstelsitungspolitik seien

Gute Dienstleistungen mit Guter Arbeit zu verbinden. Die Tagung selbst zeigte das gesamte

Spektrum der Dienstleistungsforschung auf (http://www.boeckler.de/28733_41975.htm): Pro-

fessionalisierung; Technik und Arbeit; Interaktionsarbeit; Wertschöpfung und Wertschätzung;

Digitalisierung und Internationalisierung; Innovation und Mitbestimmung; Gesellschaftlich

notwendige Dienstleistungen; Gesellschatliche Arbeitsteilung und Lebenslaufperspektive;

Produktivität und Dienstleistungsqualität; Gestaltung von Wertschöpfungsketten und die

Dienstleistungspolitik im Europäischen Kontext. Mit dieser Tagung ist es der Hans-Böckler-

Stiftung gelungen, der deutschen Dienstleistungsforschugn wieder einen Impuls zu geben,

nachdem das BMBF völlig unverständlich die erfolgreichen Dienstleistungstagungen einge-

stellt hatte und sich mit eng fokussierten Tagungen zufrieden geben will. Die Hans-Böckler-

Stiftung plant, die Tagung alle zwei Jahre durchzuführen, auch um den vom BMBF einge-

stellten Dialog zwischen Dienstleistungsforschung und –praxis zu stärken.

Andere Elemente einer deutschen Dienstleistungspolitik

Page 115: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

115

Die Abbildung zeigt – ohne die Forschungspolitik - ausgewählte Politikfelder, die für Innova-

tionen in der Dienstleistungswirtschaft wichtig sind. Dazu gehören besonders die Wirtschafts-

politik von der Länderebene bis zur globalen Ebene, die Bildungspolitik, die Finanzpolitik

und die allgemeine Ge-

setzgebung. Als Beispiel

sei hier die Subventionie-

rung von Dienstleistungs-

innovationen genannt.

Seit 2006 hat die Europäi-

sche Kommission in ihrer

Beihilferichtlinie die För-

derung von innovativen

Dienstleistungsprodukten

und –prozessen erlaubt.

Dies ermöglicht, dass die

mit Forschung und Ent-

wicklung erarbeiteten

Methoden und Verfahren

– als Grundlage für inno-

vative Produkte und Pro-

zesse – viel schneller breit

genutzt werden können. Ebenso zwingt die Dienstleistungsrichtlinie zu internationalen Stan-

dardisierungsprozessen in der Dienstleistungswirtschaft, die wenn sie durch nationale For-

schung richtig unterstützt, der deutschen Wirtschaft Innovationsvorsprünge verschaffen kön-

nen.

Ressortübergreifende Aktivitäten

"Partner Für Innovation" und "HighTech Strategie" waren bzw. sind die großen ressortüber-

greifenden Innovationsstrategien der Bundesregierung. "Partner für Innovation" war eine um-

fassende Innovationsinitiative in der Bundesrepublik, die für ein innovationsfreudigeres Kli-

ma in Deutschland sorgen sollte. Zwischen Anfang 2004 und Ende 2006 arbeiteten mehr als

400 Experten in 15 Fach- und Arbeitskreisen in der Initiative mit. Einer war der Impulskreis

Dienstleistungen, der unter dem Motto „Services Made in Germany“ stand. Der Impulskreis

wollte mit neuen Ansätzen dabei helfen, Deutschland bei den Dienstleistungen genauso an die

Weltspitze zu bringen, wie dies für industriell gefertigte Produkte traditionell der Fall ist. 26

Experten aus Dienstleistungswirtschaft, Industrie und Handwerk sowie aus Politik, Hochschu-

le und Gewerkschaft erarbeiten seit März 2004 Maßnahmen zur Steigerung der Innovations-

kraft im Dienstleistungssektor. Unter der Leitung von Johann Weihen, Vorsitzender der Ge-

schäftsführung der IBM Deutschland GmbH, und Prof. Roland Berger, Aufsichtsratsvorsit-

zender der Roland Berger Strategy Consultants, wurden 15 Pionieraktivitäten aufgesetzt, die

unterschiedlichste Fragestellungen beleuchten: Wie führen neue Technologien zu Dienstleis-

tungsinnovationen? Welche neuen Bedürfnisse von Privatpersonen und Unternehmen gilt es

in Zukunft zu befriedigen? Oder wie kann man den Themen Dienstleistung und Dienstleis-

tungsinnovation den Stellenwert im öffentlichen Diskurs geben, der der wirtschaftlichen Be-

deutung für Deutschland entspricht. Ein wichtiges Thema war "Produzentenstolz für Dienst-

leister".Dienstleistungen erfahren in Deutschland oftmals nur eine geringe Wertschätzung.

Vor allem Tätigkeiten in der Pflege, im Haushalt oder im Handel sind häufig weder beson-

ders gut angesehen noch gut bezahlt. Und auch höchstqualifizierter Service ist für Kunden oft

nur die „Zugabe“ zu einem gekauften Produkt. In der mangelnden gesellschaftlichen Aner-

kennung und im fehlenden Stolz auf die eigene Arbeit sieht der Impulskreis "Dienstleistun-

gen" ein Haupthindernis für Dienstleistungsinnovationen und -professionalisierung in

Abbildung 14: Politikfelder einer Dienstleistungspolitik

Page 116: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

116

Deutschland: Denn nur wer sich mit seiner Arbeit identifiziert, unternimmt auch Anstrengun-

gen, eigene innovative Vorschläge zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis

„Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung hat Ver.di mit anderen Partnern des Impuls-

kreises ein Projekt ins Leben gerufen, in dem Experten die Ursachen und Auswirkungen des

geringen „Produzentenstolzes“ von Dienstleistern beleuchten wollen. Basierend auf diesen

Anregungen wurde im Rahmen der Dienstleistungsforschung der Schwerpunkt "Professiona-

lisierung von Dienstleistungsarbeit" gegründet (Gabriel et al. 2005).

Nach Beendigung der "Partner für Innovation" wurden die Dienstleistungen eines der 17 In-

novationsfelder der Hightech-Strategie der Bundesregierung. 2006 sind führende Vertreter

von Wirtschaft und Wissenschaft zur konstituierenden Sitzung der „Forschungsunion Wirt-

schaft – Wissenschaft“ eingeladen worden. Als hochrangiges Beratergremium hat die For-

schungsunion die Aufgabe, die von der Bundesregierung entwickelte nationale Hightech-

Strategie zu begleiten. Sie identifiziert Innovationshemmnisse, benennt Forschungsaufgaben

und gibt konkrete Handlungsempfehlungen an die Politik. Jedes Mitglied der Forschungsuni-

on ist dabei als „Promotor“ für eines oder mehrere der insgesamt 17 Innovationsfelder und die

fünf Querschnittsfelder der Hightech-Strategie verantwortlich. Für ihren jeweiligen Bereich

erarbeiten die Promotoren entsprechende Empfehlungen an die Bundesregierung. Für die

Dienstleistungen ist Willi Berchtold, Mitglied des Vorstands ZF Friedrichshafen AG, Spre-

cher der entsprechenden Task Force. Die Task Force hat das Ziel eine strategische Partner-

schaft "Unternehmensbezogene Dienstleistungen" zu etablieren. Damit ist ein weiterer Schritt

geleistet, um die forschungspolitische Verschränkung der Dienstleistungen mit der Technolo-

gieforschung voranzutreiben. In ihrem Abschlussbericht "Woher das Wachstum kommt –

Innovationspolitische Impulse für ein starkes Deutschland in der Welt" (Forschungsunion,

2009) schreibt die Forschungsunion: "In Kombination mit innovativen Produktionstechnolo-

gien und dem Wissen um den Aufbau innovativer Dienstleistungskonzepte lässt sich eine Po-

sitionierung Deutschlands als führender systemischer Innovator in den im Folgenden be-

schriebenen zentralen Technologiefeldern erreichen." (S.6). Die Definition der Zukunftsauf-

gaben Gesundheit, Energie, Sicherheit, Mobilität und Kommunikation als "Technologiefel-

der" (!) zeigt aber auch die Schwierigkeiten auf, Dienstleistungen als eigenständiges Innovati-

onsfeld zu denken.

Ressortübergreifend muss auch die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung

gesehen werden, die seit mehreren Jahren von der deutschen Wirtschaft vehement gefordert

wird. Diese Förderung hat auch eine Arbeitsgruppe „Steuerliche FuE-Förderung der Forschungs-

union Wirtschaft–Wissenschaft“ unterstützt. Der Arbeitsgruppe gehören Steuerexperten sowie Wis-

senschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, der Max-Planck-Gesellschaft und

des Instituts der deutschen Wirtschaft an. Als Reaktion haben Union und FDP die steuerliche För-

derung von Forschung und Entwicklung vereinbart, Zeitpunkt und Ausgestaltungen aber of-

fengelassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei der Entgegennahme eines Forschungs-

gutachtens Ende Februar erklärt, sie erachte die steuerliche Forschungsförderung als einen

sehr wichtigen Punkt. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) geht in einem ersten

Schritt für ein Mindestvolumen von 1,5 bis 2,5 Mrd. Euro aus. Dabei soll die Definition von

Forschung und Entwicklung auf den entsprechenden Darlegungen des Frascati-Handbuches

definiert werden. Folgende Bereiche sollen steuerlich entlastet werden:

Gewinnung von neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen und Erfah-

rungen allgemeiner Art (Grundlagenforschung),

Neuentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren,

Weiterentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren, soweit wesentliche

Änderungen dieser Erzeugnisse oder Verfahren entwickelt werden.

Page 117: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

117

Unabhängig von der Grundsatzfrage, ob eine solche Steuererleichterung zu mehr Steuerge-

rechtigkeit oder –vereinfachung führt, muss doch klar sein, dass Dienstleistungsforschung von

einer solchen Ausrichtung, die übrigens hinter die EU-Beihilferichtlinie zurückfällt, stark be-

nachteiligt wird. Die EU-Beihilferichtlinie sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Förderung

von Dienstleistungsinnovationen, seien es Prozess- oder Produktinnovationen vor. Ob hier

eine für die Dienstleistungsforschung positive Regelung möglich ist, wird zu klären sein.

Arbeitspolitik für Dienstleistungsinnovation

Bosch und Weinkopf (2011) haben aufgezeigt, dass atypische und gering bezahlte Beschäfti-

gungsverhältnisse im Dienstleistungssektor eine erheblich größere Rolle als im sekundären

Sektor spielen. Gegen solche Entwicklungen können forschungspolitische Maßnahmen nur

begrenzt helfen. Sie können den Fakt aufzeigen, sie können aufzeigen, welche Innovations-

hemmnisse durch einen Niedriglohnsektor im internationalen Wettbewerb entstehen können.

Aber nur arbeitspolitische Maßnahmen sind im Stande, die entsprechenden Randbedingungen

zu schaffen und einen entsprechenden Veränderungsdruck zu erzeugen. Sie schlagen deshalb

ein Bündel von Maßnahmen vor. Es reicht von der Finanzierung von personenbezogenen

Dienstleistungen, um dadurch die „Kostenkrankheit“ dieser Dienste zu neutralisieren. Durch

solche Instrumente kann ihrer Ansicht nach Verteilungsgerechtigkeit sichergestellt werden.

Zweitens fordern sie die Verankerung von Mindeststandards im Beschäftigungssystem. Dazu

gehört der gesetzliche Mindestlohn. Der dritte Ansatzpunkt zielt auf eine bessere Regulierung

atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Weiteren Handlungsbedarf sehen sie bei der „Ausge-

staltung und Absicherung von Teilzeitarbeit und hinsichtlich der Verankerung eines neuen

Leitbildes für die Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen im Lebensverlauf“. Mit diesen

Vorschlägen wird deutlich, dass zur Entwicklung eines „normalen“ Dienstleistungssektors

arbeitspolitische Maßnahmen dringend gefordert sind. Dabei bleibt aber noch die „Baumol-

sche Kostenkrankheit“ zu hinterfragen. Baumols Ansätze sind inzwischen über 50 Jahre alt.

Moderne Technologien ermöglichen heute ganz andere Dienstleistungen und eine ganz andere

Ausgestaltung bestehender Dienstleistungen als damals. Vielleicht sind durch solche Techno-

logien und durch neue „Preismodelle“ auch neue sinnvolle Ansätze möglich.

Zur Arbeitspolitik gehören die Regelsetzungen zu Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (vgl.

Boehle, 2011). Ganz besonders bei der Interaktionsarbeit ergeben sich hier große Herausfor-

derungen, da zum einen neue Belastungen, insbesondere psychische und emotionale zu den

physischen hinzutreten und zum anderen der „Customer“ also der „ko-Produzent“ zur Bezie-

hung „Arbeitgeber-Arbeitnehmer“ hinzutritt und sich nicht unbedingt als zugehörig zu dem

Regelsystem betrachtet, insbesondere wenn es um nicht-sicherheitsrelevante Aspekte geht.

Arbeitsschutz und Normung verlangt bei der Interaktionsarbeit möglicherweise auch neue

institutionelle Regelungen, die die vorhandenen – zwischen Staat, Arbeitgebern und Gewerk-

schaften ausgehandelten – Regelungen weiterentwickeln. Angesichts der Heterogenität eine

schwierige Aufgabe.

Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen

Eine eigenständige Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen ist z.Zt, nur in einem

rudimentären Stadium vorhanden (vgl. Manneck, 2010). Hierbei liegt die Betonung auf

Dienstleistungsinnovationen. Strukturpolitische Maßnahmen sind durchaus bekannt. Die Ver-

änderung des Mehrwertsteuersatzes im Bereich der Hotels gehört zu solchen Strukturpoliti-

schen Interventionen. Eine an Dienstleistungsinnovationen orientierte Wirtschaftspolitik muss

unterschiedliche Ansätze verfolgen: Zum einen horizontale Ansätze und zum anderen sektor-

spezifische Ansätze. Manneck (2010) liefert für den horizontalen Ansatz vier Beispiele:

Page 118: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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Die Innovationsförderung

Die Gründungsförderung

Die Stärkung der Internationalisierung und

Normen und Standards

Die Innovationsförderung als nationale horizontale Innovationspolitik knüpft sehr stark an die

Technologieförderung an und wird damit für Dienstleistungsinnovationen uninteressant. Für

eine Innovationsförderung, die an Dienstleistungsinnovationen interessiert ist, könnten die

Maßnahmen des BMBF-Programms „Unternehmen Region “ interessant sein. Dieses Pro-

gramm ist für die Förderung ostdeutscher Unternehmen ausgerichtet, könnte aber auch auf

Dienstleistungsinnovationen übertragen werden. Es fördert Maßnahmen vom Beginn des In-

novationsprozesses bis in die Nähe der Umsetzung. Die Instrumente reichen von den Innova-

tionsforen über Innovationslabore bis hin zu den Innovationen Wachstumskernen.

Als 2. Instrument sieht Manneck die Förderung innovativer Gründungen, ganz besonders des-

halb, weil im Dienstleistungssektor 80% der Neugründungen (2009) stattfinden. Dabei fallen

nach den Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) jährlich

etwa 7 Prozent aller Gründungen auf wissensintensive Dienstleistungen . So wurde das

EXIST-Gründer -Stipendium bewusst für innovative Dienstleister geöffnet (häufig IT -

Gründungen). Das gesamte Förderspektrum des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand

(ZIM) richtet sich auch an junge innovative Unternehmen.

Entsprechend seiner Auffassung vom Export als Erfolgsmerkmal setzt das Wirtschafts-

ministerium auch bei den Dienstleistungen, insbesondere bei den wissensintensiven Dienst-

leistungen auf eine Steigerung des Export. Eine Maßnahme dazu ist das Programm Unter-

nehmerreisen zur Kooperationsanbahnung.

Die Unterstützung von Normung und Standardisierung ist ein weiteres Ziel der Wirtschaftspo-

litik, da mit Normen und Standard die Umsetzung und Verbreitung von Dienstleistungsinno-

vationen unterstützt werden können. Zu solchen Maßnahmen gehören z.B. der neu gegründete

DIN-Normenausschuss Dienstleistungen und die Koordinierungsstelle Dienstleistungen beim

DIN. Die Probleme von Normung und Standardisierung sind hier natürlich besonders groß.

Die sektorspezifischen Ansätze des BMWi enstprechen den politischen Schwerpunkt-

setzungen. Interessant ist, dass dabei z.T. keine Sektoren der Volkswirtschaftlichen Gesamt-

rechnung gemeint sind, sondern Innovationscluster. Manneck nennt als Beispiele die Kreativ-

und Gesundheitswirtschaft, das Handwerk, den Tourismus und haushaltsnahe Dienst-

leistungen.

Wissenschafts- und Bildungspolitik als Bestandteil der Dienstleistungs-politik

Wie oben gezeigt wurde, wird derzeit in Wissenschaft und Forschung weltweit sowie auch

national eine vertiefte und fundierte Auseinandersetzung mit Dienstleistungen im Sinne einer

eigenständigen Wissenschaftsdisziplin geführt34. Viele Institutionen sind der Ansicht, dass nur

durch die Entwicklung einer eigenständigen Wissenschaftsdisziplin die erforderlichen Er-

kenntnisforstschritte und grundlegenden Konzepte für eine zukünftige Dienst-

leistungswirtschaft geschaffen werden können, Die Debatte wird unter dem Begriff der „Ser-

vice Science“ geführt und ist wie gezeigt wurde, zunächst keine akademisch-getriebene De-

34 Ich danke den Kollegen des FIR e.V. Prof. Dr. Volker Stich und Dr. Gerhard Gudergan für ihre Unterstützung

in diesem Teil.

Page 119: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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batte gewesen. Insbesondere international agierende Unternehmen wie IBM haben aus der

Situation heraus, dass sie keine ihrer neuen Positionierung als Dienstleister entsprechenden

Arbeitskräfte finden, aus den USA heraus die Diskussion um die Schaffung einer Service Sci-

ence vorangetrieben – schlicht um den existierenden Mangel an geeigneten Arbeitskräften

eine geeignete Strategie entgegenzusetzen. Dieser Handlungsbedarf zeigt sich ebenso auch für

die deutsche Dienstleistungswirtschaft. So vermisst der KVD (Kundendienstverband Deutsch-

land) eine höherwertige Qualifikation für Führungskräfte und sieht darin ein gravierendes

Problem, welches die Dienstleistungsbranche an ihrer Weiterentwicklung behindert. Ähnli-

ches gilt im Bereich der Personenbezogenen Dienstleistungen. Angesichts des demografi-

schen Wandels (der nicht nur ein Altersproblem ist) müssen neue Wissensquellen genutzt

werden und zu einer konkreten Verbesserung der Situation und Ausgangsposition im Bereich

des Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsbedarfs führen.

Die Wissenschaftspolitik hat die Anforderungen der Dienstleistungswirtschaft zum Teil rea-

giert. So gibt es zunehmend Lehrstühle, die sich explizit mit dem Themenfeld „Dienstleistun-

gen beschäftigen. Hatten vor wenigen Jahren nur eine Handvoll deutscher Universitäten einen

auf das Forschungsfeld des Dienstleistungsmanagements spezialisierten Lehrstuhl (wie die

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Universität Bayreuth, die Fern-Universität

Hagen, die Universität Leipzig und die Universität Duisburg- Essen), so hat sich bis heute die

Anzahl mehr als verdreifacht. So finden bzw. etablieren sich spezialisierte Lehrstühle z.B. an

der European Business School EBS, der Frankfurt School of Finance and Management, der

Goethe- Universität Frankfurt am Main, der Universität Dortmund, der Universität Hohen-

heim, der Universität Mannheim, der Universität Passau, der Universität Rostock und der

Universität Wuppertal. Zudem widmen sich gerade auch an Fachhochschulen und Berufsaka-

demien Fachvertreter vermehrt dem Themenfeld des Dienstleistungsmanagements. Neben den

oben genannten betriebswirtschaftlich orientierten Lehrstühlen finden sich auch in angrenzen-

den Fachdisziplinen zunehmend Einrichtungen, die Dienstleistungen als eigenständiges Wis-

senschafts- und Forschungsfeld begreifen. So wurde z.B. im Januar 2008 als eine Kooperation

zwischen IBM und der Universität Karlsruhe das „Karlsruhe Service Research Institute“

(KSRI) gegründet, das es als seine Aufgabe versteht, eine interdisziplinär orientierte Dienst-

leistungsforschung voranzutreiben. Ein weiteres Beispiel stellt das E-Finance Lab an der Goe-

the-Universität dar, das seit 2003 – als öffentlich- privates Joint Venture – wissensintensive

und IT-basierte Dienstleistungen im Finanzdienstleistungssektor in interdisziplinären Koope-

rationen erforscht. Vonseiten der anwendungsorientierten Forschung werden dienstleistungs-

spezifische Themen weiterhin stark vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Orga-

nisation (IAO) in Stuttgart (ein speziell auf die Dienstleistungswirtschaft orientiertes Fraun-

hofer Institut gibt es nicht) und dem Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) an

der Handelshochschule Leipzig sowie vom Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an

der RWTH Aachen fokussiert.

Auch in der Lehre gewinnt das betriebswirtschaftlich orientierte Dienstleistungsmanagement

an Umfang: So gewinnen Lehrmodule im Rahmen von Masterprogrammen zunehmend an

Bedeutung, wie z.B. an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Universität Ho-

henheim, dem Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und der Universität Rostock. Auch im

Bereich der Postgraduierten-Studiengänge hat sich das Angebot in Deutschland im Bereich

Dienstleistungsmanagement weiterentwickelt. So bietet z.B. die private Hochschule Internati-

onal Business School of Service Management (ISS) MBA- und Bachelor-Studiengänge mit

der Spezialisierung „Service Management“ an, ebenso die Hector School des KIT einen neuen

Studiengang „Service Management and Engineering“. Daneben werden spezifische Zertifi-

katslehrgänge zu Themen wie „Industrielles Dienstleistungsmanagement“ vom Forschungs-

institut für Rationalisierung (FIR) und „Service Excellence“ an der European Business School

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EBS angeboten. Spezifische Fachrichtungen und Vertiefungsfächer – etwa Unternehmensbe-

ratung, IT-Consulting und IT-Service-Management – finden sich zudem an diversen deut-

schen Fachhochschulen und Berufsakademien.

Lehrstühle zur Service Science gibt es aber noch nicht, ebenso keine geschlossene Ausbildung

für Service Science. Dies obwohl im internationalen Umfeld die Gründung von speziellen

„Service Science“ Instituten zu beobachten (z.B. des Centre for Service Research an der Uni-

versität Manchester oder des Swiss Institute of Service Science) ist. Noch handelt es sich zu-

meist um den zunächst virtuellen Zusammenschluss unterschiedlicher Lehrstühle. An der

University of Exeter wird auch schon ein Masterstudiengang "Service Science" angeboten.

An der University of Manchester werden seit mehreren Jahren die Grundlagen für die Ausbil-

dung zum "Service Scientist" in unterschiedlichsten akademischen Graden untersucht

(Macauley et al., 2010).

Zielen die Ansätze der Wissenschaftspolitik eher auf die akademische Bildung, so muss die

Berufsbildungspolitik sich den Anforderungen der Dienstleistungsinnovationen an die Be-

rufsbildung stellen. Baethge (2011) verweist darauf, dass die Prognosen davon ausgehen, dass

die Erwerbstätigen im Berufshauptfeld „Produktionsbezogene Berufe“ weiter abnehmen (von

21,2% im Jahr 2005 auf 17,9% im Jahr 2025), im Berufshauptfeld „Primäre Dienstleistungen

“ bei ca. 47% konstant bleiben, während sie im Berufshauptfeld „Sekundäre Dienstleistungs-

berufe“ von 30,9% im Jahr 2005 auf 34,5% im Jahr 2025 steigen. Für die Konstanz im Be-

rufshauptfeld der „Primären Berufe“ sorgen insbesondere die Gastronomie- und Reinigungs-

berufe, die den Abfall der anderen ausgleichen, während für den Anstieg in den „Sekundären

Berufen“ insbesondere die „Gesundheits- und Sozialberufe, Körperpflege“ verantwortlich

sind. In einer Gesamtbetrachtung sind fasst 60% aller Dienstleistungsbeschäftigten in dem

Qualifikationsniveau „Berufsausbildung inkl. Fortbildung“ beschäftigt, knapp 27% haben

einen akademischen Abschluss. In diesen beiden Segmenten wird nach Baethge auch die

Hauptexpansion des Dienstleistungssektors liegen. Eine erste Reaktion der Berufsbildungspo-

litik auf die Herausforderung der Dienstleistungen war, eine ganze Anzahl neuer Dienstleis-

tungsberufe in Kraft zu setzen (s. Rüttgers, 1999). Dies erwies sich aber als nicht ausreichend.

Baethge (2011) fordert neben einer durchgängigen Anforderung der kognitiven Vorausset-

zungen auch eine stärkere Berücksichtigung der „sozialen und reflexiven Kompetenzanforde-

rungen“ (Baethge, 2011, S. 454). Er sieht diese allgemeinen und berufsübergreifenden Kom-

petenzen aber nicht losgelöst von den beruflichen Kontexten, sondern ist der Ansicht, dass

Qualifikation als extern gesetzte Arbeitsanforderung und Kompetenz als individuelle Perfor-

manzkategorie in der Dienstleistungsarbeit immer näher zusammenrücken.

Aktivitäten der Bundesländer

Neben der Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist Dienstleistungsinnovationspolitik im All-

gemeinen auch Sache der Bundesländer. Zwei Bundesländer zeichneten sich durch besondere

Aktivitäten auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik aus: Baden-Württemberg und Nordrhein-

Westfalen.

Für Baden-Württemberg als typischem Standort des Verarbeitenden Gewerbes ist dies unge-

wöhnlich. Unter dem Titel "Dienstleistungsoffensive"

(http://www.dienstleistungsoffensive.de) führt das baden-württembergische Wirtschafts-

ministerium seit vielen Jahren Maßnahmen durch, die Innovationen im Dienstleistungssektor

fördern. Dies geht von der immateriellen Unterstützung (z.B. Aktivierung der Kontakte zu

den Außenhandelskammern oder Aktivierung des Informationsflusses zwischen Wirtschaft

und Wissenschaft), über Projekte (insbesondere Transferprojekte) und Veranstaltungen bis

hin zu regelmäßigen Wettbewerben (Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, 2012). Dabei

Page 121: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

121

arbeitet die Bundesinitiative eng mit der Landesinitiative zusammen. 2013 stellte die Badne-

Württemberg-Stiftung die Ergebnisse der Praxiserprobung der Transferinstrumente vor (Ba-

den-Württemberg Stiftung gGmbH, 2013). In drei Einzelprojekten und einem Verbundvorha-

ben sollten baden-württembergische Forschungseinrichtungen zusammen mit kleinen und

mittleren Transfereinrichtungen sollten Ergebnisse aus der bundesweiten Dienstleistungsfor-

schung übertragen und anwendbar gemacht werden. Das Ergebnis ist ein Methodenleitfaden

für die wirtschaftsnahen Transferorganisationen wie Handwerkskammern, IHKn und Weiter-

bildugnsorganisationen der Wirtschaft. Allein während der Projektlaufzeit wurden 480 Unter-

nehmen erreicht.

Die Ansatzpunkte der Dienstleistungsoffensive Nordrhein-Westfalen lagen einerseits darin,

dass Rationalisierungs- und Erneuerungsprozesse in modernen Industrie und Handwerksun-

ternehmen zu einer Professionalisierung bislang intern erbrachter Leistungen führen. Ande-

rerseits ging man aufgrund des soziodemografischen Wandels der Gesellschaft von einem

deutlichen Anstieg des Bedarfs an personenbezogenen Diensten aus. Das Programm FIT

(Forschung, Innovation und Technologie; http://www.nrwbank.de/de /foerderlotse-

produkte/~/15366/ produktdetail. htm ) fördert Vorhaben von jungen innovativen gewerbli-

chen Unternehmen und freien Berufen sowie Vorhaben zur Prozess- und Betriebsinnovation

im Dienstleistungssektor. Im Mai 2007 startete das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand

und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen den Wettbewerb „WissensWirtschaft.NRW"

(http://wissenswirtschaftnrw.prognos.com/de/wissenswirtschaft_ nrw/). Insgesamt wurden 15

Projekte gefördert. Die Spannweite reicht von der Entwicklung genereller Methoden für be-

triebliches Innovationsmanagement, bis hin zu fertigen Leistungs- und Servicepaketen für die

Industrie und die Dienstleistungsbranche. Die Initiative soll auch der Wirtschaftsförderung

vor Ort helfen, das Potenzial Wissensintensiver Dienstleistungen zu erschließen. Dabei sind

sich die Akteure klar, dass Vielen Unternehmen ( gerade KMU) das Marktpotenzial von wis-

sensintensiven Dienstleistungen kaum bewusst ist. Ansatzpunkte für die Wirtschaftsförderung

seien deshalb:

Sensibilisierung für Serviceprodukte und die strategische Dienstleistungsentwicklung

Schaffung von Transparenz über verfügbare Kapazitäten und Kompetenzen (Angebot)

Analyse des Bedarfs der Unternehmen vor Ort für wissensintensive Dienstleistungen

(Nachfrage)

Unterstützung von Matching-Prozessen zwischen Industrie und Dienstleistung (Pro-

duktebene) sowie Wissenschaft und Wirtschaft (Akteursebene)

Beratung/ Unterstützung von Unternehmen hinsichtlich Methodenkompetenzen.

Intermediärer Organisationen als Träger einer Dienstleistungspolitik

Dienstleistungsnnovationspolitik spielt sich nicht nur in den klassischen staatlichen Politikbe-

reichen ab, sondern sie bedarf der Flankierung aus der Wirtschaft und aus den intermediären

Organisationen. Seit den Aktivitäten der debis mit Klaus Mangold hat außerhalb der Regie-

rungsinitiativen die Wirtschaft selbst keine unmittelbare Position außerhalb der Forschungs-

union bezogen. Die internationalen Aktivitäten der IBM waren zunächst unabhängig davon

(s.u. Service Science ). Auf Seiten der Wirtschaftsverbände waren in der Hauptsache der

Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutsche Industrie - und Handelskammer-

tag sowie die Bundesvereinigung der Mittelständischen Wirtschaft aktiv. Die Bundesvereini-

gung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist nicht aktiv, der Bundesverband der Deutschen

Industrie beginnt das Thema zu entdecken. Eine gemeinsame Initiative der Wirtschaft ist aber

(noch) nicht zu erkennen.

Page 122: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

122

Dienstleistungspolitik in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft

Im Jahr 2005 hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di als erste intermediäre Organisation

Position zur Dienstleistungsinnovations- und Dienstleistungsforschungspolitik bezogen.

„Innovation als entscheidende Voraussetzung für wirtschaftliche Dynamik, als Schlüssel zu hochwertiger

und zukunftsfähiger Arbeit und Bedingung für mehr Lebensqualität für viele wird völlig zu Recht auch als

gewerkschaftliches Thema wahrgenommen…..Eine Besonderheit des Ver.di Beitrages liegt in seinem en-

gagierten Plädoyer für eine gezielte Innovationspolitik in den Dienstleistungsbereichen. Die überragende

Rolle, die Dienstleistungen für Wertschöpfung und Beschäftigung unserer Gesellschaft spielen, hat sich

im Blick auf die Innovationserfordernisse noch nicht ausreichend niedergeschlagen. Hier besteht Nach-

holbedarf - ohne systematische und deutliche Anstrengungen bei Dienstleistungsinnovationen werden wir

die längst vorhandenen Wachstums- und Beschäftigungschancen nicht verantwortungsvoll nutzen kön-

nen…….„Ob neue Produkte, Prozesse und Dienstleistungen am Markt erfolgreich sind und gesellschaftli-

che Anerkennung und Finanzierung finden, hängt entscheidend von der Gestaltung und vom Verlauf des

Arbeitsprozesses ab, in dessen Verlauf diese Innovationen entstehen.“

Erschließung neuer Beschäftigungsfelder durch Dienstleistungsförderung

„Andererseits geht es nicht immer und nicht einmal vorrangig um die Entwicklung neuer Produkte, Diens-

te oder Prozesse. Das kann und soll der Staat nicht leisten. Wichtiger ist die Eröffnung von Innovations-

pfaden und innovationsfördernden Rahmenbedingungen, die sich allerdings im öffentlichen Dienstleis-

tungsangebot niederschlagen können.“

„Aus Sicht von Ver.di muss ein besonderer Schwerpunkt auf die Dienstleistungsforschung gelegt

werden. Die Forschungspolitik muss endlich in angemessenem Umfang auf die ungeklärten Fra-

gen von Dienstleistungsinnovationen und der Zukunft der Dienstleistungsarbeit reagieren. Ver.di

fordert neben der verstärkten Integration von Dienstleistungsbezügen in die Industrie- und Produk-

tionsforschung ein profiliertes, eigenes Programm, das der Dienstleistungsthematik die angemes-

sene Relevanz in der Forschungsförderung des Bundes verschafft.“

Innovationen als soziales Geschehen waren seit Bestehen von Ver.di Bestandteil der Dienst-

leistungspolitik (vgl. dazu Schröder, 2013). Ver.di übte dabei immer Kritik an einem techni-

zistischen Verständnis von Innovationen und betonte das „Primat des Humanen“ (Schröder,

2013, S.1) Diese Sichtweise von Innovationen hatte auch Konsequenzen für innerorganisato-

risches Geschehen. So veränderte sich der „Bereich Technologiepolitik“ in der Bundesverwal-

tung zu einem Bereich „Innovations- und Technologiepolitik“ und im herbst 2007 wurde

dasaus der Bereich „Innovation und Gute Arbeit“, um die enge Verbindung von Innovation

und Guter Arbeit deutlicher zu betonen. Ver.di sieht Innovationspolitik nicht nur für Deutsch-

land, sondern fordert Innovationspolitik als Achse der europäischen Beschäftigungsstrategie.

Eine Innovationspolitik unter den Vorzeichen sozialer Gerechtigkeit als integrierter Bestand-

teil des Lissabon-Prozesses und der europäischen Beschäftigungsstrategie wird gefordert. So

legt Schröder (2009, S. 2) der EU ein Jahr „Innovation und Gute Arbeit“ nahe. Die Aktivitä-

ten von Ver.di beschränkten sich aber nicht nur auf einen forschungs- und innovationspoliti-

schen Ansatz. So forderte Ver.di zur Stützung der Binnenkonjunktur ein öffentliches Kon-

junkturprogramm und im Rahmen eines Konjunkturpaketes III soll qualitatives Wachstum

generiert werden und die Abhängigkeit vom Export verringert werden. Damit wird ein gene-

reller Ausbau der Dienstleistungsökonomie angestrebt (Uellenberg-van Dawen, 2009).

Dieser Ansatz wurde in den nächsten Jahren weiter konkretisiert. Dazu gehören

die Initiierung des Schwerpunktheftes „Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn,

Professionalisierung und Innovation“ der WSI-Mitteilungen 2011 mit einem Grund-

satzartikel des Vorsitzenden Frank Bsirske (Bsirske, 2011),

der Kooperationsvereinbarung zwischen Ver.di und dem Fraunhofer Institut für Ar-

beitswirtschaft und Organisation zur Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaft

und Wirtschaft

Page 123: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

123

die Veröffentlichung von Beckmann, Schulz und Uellenberg (2010) zum Thema

„Dienstleistungspolitik für Gute Arbeit“. Sie fordern darin, dass gewerkschaftliche

Dienstleistungspolitik die Zielsetzungen „Gute Arbeit“ und „Gute Dienstleistungen“

miteinander verbinden muss. Sie formulieren dabei „Dienstleistungsforschung <soll-

te> vor allem auch arbeitsorientierte Forschung sein und die Klärung der realen Be-

dingungen von Dienstleistungsarbeit sowie der Gestaltungsoptionen für ‚gute Dienst-

leistungsarbeit’ zu ihrem Gegenstand machen“ (S. 245).

ein Antrag zur Dienstleistungspolitik auf dem DGB-Kongress 2010 mit dem Schwer-

punkt auf Dienstleistungspolitik sowie

der Leitantrag des Bundesvorstandes „Gute Arbeit – Gute Dienstleistungen“ auf dem

Gewerkschaftskongress im September 2011. In diesem Antrag werden zwei Forderun-

gen aufgestellt: Zunächst Gute Arbeit in Betrieben und Verwaltungen voran zu brin-

gen, weiter zu entwickeln und zu verstärken; und dann eine Dienstleistungspolitik zu

fördern und zu fordern, die die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für be-

darfsgerechte und hochwertige Dienstleistungsarbeit und damit für Gute Arbeit

schafft.

Für das Jahr 2013 mit der Tagung: Gute Arbeit – Gute Dienstleistungen (s. hans-

Böckler-Stiftung)

Ver.di hat damit als erste intermediäre Organisation aus der Wirtschaft ein ganzheitliches

Konzept der Dienstleistungspolitik vorgelegt und verfolgt eine übergreifende High-Road-

Strategie zur Gestaltung der Dienstleistungswirtschaft. Inzwischen „ist das Mantra gewerk-

schaftlicher Dienstleistungspolitik: Die Interessen der Beschäftigten an Guter Arbeit müssen

mit den Interessen der Menschen an hochwertigen Dienstleistungen zusammengeführt wer-

den“ (Uellenberg-van Dawen, S. 245, 2013).

Berufsverbände in Deutschland

Es gibt inzwischen auch Berufsverbände der Dienstleistungsökonomie in Deutschland, die

nicht allein auf eine bestimmt Branche ausgerichtet sind. Zum einen den Kundendienstver-

band Deutschland (KVD), zum anderen das deutsche Chapter der Association for Service

Management International (AFSMI). Mit über 1.600 Mitgliedern ist der Kundendienst-

Verband e.V. (KVD) europaweit der größte Berufsverband für Führungskräfte im Kunden-

dienst und im Service. Der KVD bietet (zertifizierte) Seminare für Dienstleistungsmanage-

ment an, verleiht seit 2003 einen Service Managementpreis und seit 2007 einen Dienstleis-

tungspreis, und führt seit 2007 jährlich einen großen Service-Kongress durch. Forschungs-

partner des KDV ist das FIR in Aachen. In kleinerem Umfang in Deutschland, dafür interna-

tional und insbesondere bei der Service Science Initiative vertreten (s. unten) ist der AFSMI,

ein weltweiter Berufs- und Interessenverband für Führungskräfte der High-Tech-

Dienstleistungsbranche, der im Oktober 2009 zusammen mit der SSPA (Service & Support

Professionals Association) und TPSA (Technology Professional Services Association) zur

TSIA (Technology Services Industry Association) zusammengeführt wurde. Das deutsche

Chapter veranstaltet regelmäßig regionale, nationale und internationale Tagungen, führt eige-

ne Projekte und Initiativen durch (z.B.: Post und Taurel, 2012), und gibt Studien und Publika-

tionen heraus. Beide Verbände scheinen aber nicht in den politischen Raum hineinzuwirken.

Politischen Stiftungen und Dienstleistungspolitik

Die Stiftungen der politischen Parteien (Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-

Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung und Rosa-Luxemburg-Stiftung)

sind wichtige Transmissionsakteure. Bis auf die Friedrich-Ebert-Stiftung behandelt keine das

Thema der Dienstleistungsinnovation kontinuierlich. Die FNS kümmert sich um die Kommu-

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124

nale Selbstverwaltung und die Kulturwirtschaft, die Heinrich-Böll-Stiftung um Mobi-

litätsdienstleistungen, die KAS um haushaltsnahe Dienstleistungen (Görner, 2006).

Der Arbeitskreis „Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat mit ihrem

Arbeitskreis "Dienstleistung der gemein-

sam von der FES und Ver.di getragen

wird, als einzige ein Instrument, das sich

seit mehreren Jahren kontinuierlich mit

Dienstleistungsinnovationen beschäftigt

(Bertram, Hilbert, Fretschner 2004; Kutz-

ner 2005; Hilbert und Brandel, 2006;

Ganz und Burkart, 2008). Bis zur Tagung

"Dienstleistungen in Europa - Chancen

und Risiken für den deutschen Mittel-

stand" die zusammen mit dem Arbeits-

kreis Mittelstand 2006 stattfand, stand die

Dienstleistungsinnovation allgemein im

Mittelpunkt. Danach wurde die Arbeit in

drei Projekte "Gesundheits- und Soziale

Dienste innovativ gestalten", "Mehr Qualität durch Privatisierung – Innovative Konzepte für

öffentliche Dienstleistungen zu Pflege, Finanzdiensten und öffentliche Versorger" sowie

"Wandel an Hochschulen – Arbeitsplatz Hochschule" gegliedert. Damit wechselt die FES

zwischen einem Ansatz in klassischen Sparten und einem Dienstleistungsinnovationsansatz.

Einen völlig neuen Ansatz der Dienstleistungspolitik entwickelte der Arbeitskreis auf Grund

der Expertengespräche 2010/2011. Mit dem Memorandum „Dienstleistungen in der Zu-

kunftsverantwortung“ (Ganz, Hilbert, Bienzeisler, Kluska, 2011) wurde das Potential der

Dienstleistungen herausgestellt, gesellschaftliche Problemstellungen im Rahmen der Gesund-

heit, Bildung, Energieeffizienz, Mobilität und hybrider Wertschöpfung handhabbar zu ma-

chen. Dazu sind aber übergreifende Gestaltungsfelder einer (neuen) Dienstleistungspolitik

notwendig. Zu den Gestaltungsleitbildern gehören nicht nur der Ausbau einer Dienstleistungs-

forschungspolitik, die Dienstleistungsentwicklung und Arbeit zusammensieht, sondern auch

Impulse durch Nachfrageorientierung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie zukunftsfä-

hige Dienstleistungen durch regionale Strukturpolitik und einem Ausbau der internationalen

Zusammenarbeit. Das im Jahre 2011 begonnene Projekt „Gesellschaftlich notwendige Dienst-

leistungen – Soziale Innovationen denken lernen“ nimmt den neuen Ansatz auf (Einzelheiten

zu den Inhalten s. im o.a. Kapitel). Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung eines neuen

Leitbilds gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen zu befördern. Dieses Leitbild könnte

zu einem Meilenstein bei der Suche nach einem neuen Wachstumsmodell für Deutschland

werden, in dem gute Arbeit, die Sicherung des Zusammenhaltes des Gemeinwesens und Teil-

habe am gesellschaftlichen Wohlstand Kernelemente sind. Das Projekt umfasste zwei Teil-

vorhaben. Zum einen die Klärung der Herangehensweise 2012/ 2013 und dann der Versuch,

Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen zu gestalten und über Finanzierungsmodelle

nachzudenken im Jahr 2013. 2012 und 2013 wurden die entsprechenden Publikation vorge-

stellt (Leimeister und Peters, 2012; Hilbert, Bienzeisler und Becka, 2013). Angesichts der

Diskussionen um Wissensarbeit und BIG DATA stand die Serie 2014 unter dem Thema „Pro-

fessionalisierung Wissensintensiver Dienstleistungen – Risiken und Gestaltungsoptionen“

(Ernst et al., 2016).

Abbildung 15: Arbeitskreis Dienstleistungen der FES

Page 125: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

125

Mit den Gesprächen der letzten Jahre konnte die Zielsetzung, eine Dienstleistungs-

diskursplattform zwischen Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften zu bilden, erfolgreich

eingelöst werden.

Aktivitäten der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung kümmerte sich zunächst nur um die Privatisierung öffentlicher

Dienste. Seit dem Jahr 2012 veranstaltete die Stiftung zusammen mit Ver.di 3 Gesprächsrun-

den und eine Fachtagung, um vor dem besonderen Hintergrund der Lebensbedingungen in

ostdeutschen Ländern unterschiedliche Aspekte einer aktiven Dienstleistungspolitik zu analy-

sieren und zu diskutieren (Beckmann und Kahrs, 2012).Damit hat ausgehend von den Aktivi-

täten der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft eine zweite politische Stiftung das Thema

aufgenommen.

Forschungs- und Innovationsaktivitäten in der Europäischen Union

Nationale und transnationale Ansätze35

Die öffentliche Forschungs- und Innovationsförderung ist in den meisten europäischen Län-

dern sektorneutral und häufig auch noch technologie- und nicht anwendungsorientiert. Es gibt

dabei in den nordischen Ländern Ausnahmen. Dazu gehören in diesem Jahrzehnt Finnland,

Norwegen, Dänemark und Schweden. Finnland konzentriert die Innovationsförderung (!) auf

KIBS (Knowlegde Intensive Business Services also die in Deutschland nicht weiterverfolgten

Wissensintensiven Dienstleistungen), Gesundheits- und WellnessDienstleistungen, aber auch

Öffentliche Dienste Tourismus und die „Creative Industries“. TEKES, die nationale Innovati-

onsagentur hat 2006 mit dem Serve-Programm (Innovative Services Technology Programme)

ein spezifisches Dienstleistungsförderprogramm angestoßen. Ebenso hat der finnische Staats-

rat eine nationale Innovationsstrategie gebilligt, die im öffentlichen und privaten Dienstleis-

tungssektor Qualität und Produktivität fördern soll. Ein wichtiger Schritt ist die Bildung von

strategischen Excellenzzentren in Wissenschaft, Technologie und Innovation. Ebenso wie das

BMBF fokussiert TEKES auf Dienstleistungsaktivitäten und nicht auf bestimmte Dienstleis-

tungssektoren. Schweden geht ähnlich vor wie Finnland, wobei nationale Anstrengungen auf

die öffentlichen Dienstleistungen bezogen sind, während sich die Anstrengungen auf regiona-

ler ebene eher auf die privaten Dienstleistungen orientieren. Schweden besitzt mit dem „Ser-

vice Research Center“ der Universität Karlstad eines der weltweit führenden Dienstleistungs-

forschungszentren.

Ansätze der europäischen Kommission

Ende des 20. Jahrhunderts gab es innerhalb der Europäischen Union unterschiedliche Ansätze

hinsichtlich Forschungsaktivitäten im Dienstleistungsbereich. In erster Linie wurden diese

Aktivitäten innerhalb der Rahmenprogramme der Generaldirektion »Forschung« gefördert.

Darüber hinaus existierten auch einzelne Dienstleistungsaktivitäten in anderen Generaldirek-

tionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausprägungen. Das 5. Forschungsrahmen-

programm von 1998-2002 enthielt vier fachspezifische thematische (vertikale) Programme

und drei querschnittsartige (horizontale) Programme. Es wurden zahlreiche Projekte zu

Dienstleistungsthemen mit Schwerpunkten zu Public Services, Customer Relationship Ma-

nagement und Teleservices gefördert. Im Mittelpunkt standen aber meist Technologie und

nicht Dienstleistungsentwicklung Außerhalb der Generaldirektion »Forschung« wurden z. B.

in den Generaldirektionen »Informationsgesellschaft« und »Unternehmen« unterschiedliche

Aktivitäten mit Dienstleistungsinhalten durchgeführt. Hinsichtlich der Forschungsaktivitäten

ließ sich demnach generell keine einheitliche und nachhaltige Förderstrategie hinsichtlich des

35 Die Darstellung stützt sich auf Korte und Rijkers-Defrasne (2009) sowie Spath und Ganz (2008/ 2009)

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Themas Dienstleistungen erkennen. Dienstleistungen spielen bei der Forschungsförderung

häufig nur implizit eine Rolle. Eine Änderung zeichnete sich Ende des Jahres 2003 mit der

Kommissionsmitteilung KOM(2003) 747 „Die Wettbewerbsfähigkeit von unternehmensbe-

zogenen Dienstleistungen und ihr Beitrag zur Leistungsfähigkeit europäischer Unternehmen“.

Dort bezieht sich die Kommission auf die Tagung des Europäischen Rates in Lissabon 2000

und dem dort verabschiedeten Wirtschaftsreformprogramm, dessen Ziel u.a. war, den Bin-

nenmarkt auch im Dienstleistungssektor zu verwirklichen. In der im Dezember 2000 veröf-

fentlichten Mitteilung entwickelt die Kommission entsprechend einer Aufforderung des Rates

eine Strategie für den Binnenmarkt. Darin waren neben der Formulierung der „Dienstleis-

tungsrichtlinie“ auch „flankierende Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der

EU-Dienstleistungsindustrie" geplant. Dazu gehörten beispielhaft bessere Statistiken, Ermitt-

lung von Indikatoren immaterieller Vermögenswerte, IKT-Schulung und Innovation im F&E-

Rahmenprogramm). Näher ausgeführt wurden diese Maßnahmen in den Schlussfolgerungen

des Rates vom November 2002, in denen die Kommission aufgefordert wird, "die Maßnah-

men zum Abbau von Hemmnissen für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr

durch weitere Maßnahmen zu ergänzen, die dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit von

Dienstleistungen und ihren Beitrag zur Leistungsfähigkeit von Unternehmen in allen Wirt-

schaftszweigen zu verbessern". Diese Mitteilung, in der eine ökonomische Analyse der Be-

deutung der Dienstleistungen für die europäische Wirtschaft und eine Untersuchung der

Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors vorgenommen wurde, sollte zeigen, welche Rolle die

Dienstleistungen für die Gesamtwirtschaft der EU spielen und was die Kommission unter-

nimmt, um die Rahmenbedingungen für den Sektor zu verbessern. Die Mitteilung bildete die

Grundlage für eine engere Verbindung zwischen der nationalen und europäischen Dienstleis-

tungsforschung.

Die strategische Bedeutung der Dienstleistungswirtschaft für die europäische Wett-

bewerbsfähigkeit wird inzwischen von der EU-Kommission anerkannt. Die Ziele der Lissa-

bon-Agenda können nur mit einem entwickelten Dienstleistungssektor erreicht werden. Dies

gilt auch in der ökonomischen Krise. Dabei kann die unterschiedliche Entwicklung der Inno-

vationsaktivitäten in den europäischen Ländern durchaus eine Chance zur Weiterentwicklung

bieten. Die transnationale Zusammenarbeit zwischen Promotoren der Dienstleistungs-

innovation kann eine europäische Dienstleistungsinnovationspolitik unterstützen. Dabei ist

wegen der heterogenen und multidimensionalen Natur der Dienstleistungsinnovation ein hori-

zontaler, nicht an einzelnen Branchen orientierter innovationspolitischer Ansatz notwendig.

Verschiedene Europäische Länder (Finnland, Schweden, Dänemark, Großbritannien,

Deutschland36) haben dies erkannt und sich mit Unterstützung der Europäischen Kommission

zusammengeschlossen. Grundlage war das von der finnischen Innovationsagentur TEKES

koordinierte Vorhaben The Innovation Policy Project in Services (IPPS), in dem insgesamt

12 europäische Länder und Regionen sich zusammenschlossen. Wichtigstes politisches Er-

gebnis des Vorhabens war das European Services Innovation Memorandum (MoU). Es

wurde von 8 Staaten bzw. Regionen (Finnland, Estonia, Deutschland, Niederlande, Norwe-

gen, Slowenien, Schweden und der Region Westliches Griechenland) im Dezember 2007 ver-

abschiedet und der Europäischen Kommission vorgelegt. In dem Memorandum fordern die

Unterzeichner die Europäische Kommission dazu auf, ihre Maßnahmen zur Unterstützung

einer leistungsfähigen und innovativen Dienstleistungswirtschaft fortzusetzen. Neue Perspek-

tiven sehen die Unterzeichner insbesondere in neuen Geschäftsmodellen, Personal- und Orga-

nisationsentwicklung, Entwicklung neuer Qualifikationen (skill development) und Technolo-

36 Die wichtigsten Beteiligten auf deutscher Seite waren dmals vom BMBF die ehemalige Referatsleiterin des

Referates "Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen " Frau Zahn-Elliott und Frau Dr. Ranjana Sarkar vom DLR-

PT.

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gien, die Dienstleistungsinnovationen unterstützen. Die Unterzeichner versprechen, sich eben-

falls in Maßnahmen zur Dienstleistungsentwicklung und zur transnationalen Kooperation zu

engagieren. Ein wichtiges inhaltliches Ergebnis des Vorhabens waren die Mapping-Studien zu

Dienstleistungsinnovationen, die einen Überblick über Finnland, Deutschland, Irland, Nieder-

lande, Norwegen, Slowenien, Schweden, Vereinigtes Königreich, Tschechische Republik

sowie die Regionen Baden-Württemberg und West-Griechenland gab (Kuusisto, 2009).

Ganz und Burkart haben im Auftrag der Friedrich Ebert Stiftung die Aktivitäten der Europäi-

schen Kommission zu Dienstleistungsforschung und –innovation dargestellt (Ganz und Bur-

kart, o.J.). Der Stand der Analyse ist etwa das Jahr 2007. Sie beschreiben darin die Aktivitäten

der drei Generaldirektionen Binnenmarkt und Dienstleistungen (Business-to-Business Dienst-

leistungen), der Generaldirektion Forschung (Aufnahme von Dienstleistungsaspekten in ein

Forschungsrahmenprogramm, Internationale Expertengruppe: Fostering Innovations in Ser-

vices 2007) und der Generaldirektion Unternehmen und Industrie (Standardisierungs-

Initiative CHESSS, europäische Innovationsplattform speziell für wissensintensive Dienst-

leistungen ). Die Autoren stellen zusammenfassend fest, dass erst Erfolge erkennbar sind.

Neben den Aktivitäten in einzelnen Generaldirektionen zeichnet sich auch ab, dass für die

Dienstleistungen insgesamt die Wahrnehmung auf der Seite der Europäischen Kommission

gestiegen ist. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Themen der Re- und Deregulierung wei-

terhin eine zentrale Rolle in der EU spielen. Von der nationalen Seite fordern die Autoren,

dass mehr Unternehmen und intermediäre Organisationen Präsenz in Brüssel zu Dienstleis-

tungsthemen zeigen. Ein Aufbau eines nationalen Austauschprozesses wäre hilfreich, sodass

eine effiziente und effektive Rückkopplung möglich ist.

Der von Ganz und Burkart festgestellte Sinneswandel hat sich – auch unter dem o.a. Druck

der transnationalen Kooperation weiter verstärkt. Ein sehr wichtiger Punkt für nationale

Dienstleistungsinnovationspolitik ist, dass die EU die nationale Förderung von Dienst-

leistungsprodukt - und Prozessinnovationen inzwischen als beihilfefähig anerkannt hat. Damit

hat die nationale Wirtschaftspolitik ein neues Instrument in der Hand, das aber bis heute

(2009) in Deutschland auf Bundesebene noch nicht explizit angewandt wird.

2007 veröffentlichte die Kommission das Memoran-

dum "Challenges for a European strategy in support

of innovation in services" (Sec 2007, 1059). Darin

akzeptiert die Kommission ein spezifisches Innovati-

onsgeschehen für die Dienstleistungen. Sie spricht

dann die Bedeutung der Dienstleistungsrichtlinie, der

Intellectual Property Rights und der besseren Aus-

richtung der Forschungsprogramme auf Dienst-

leistungen an. Die Generaldirektion Unternehmen

setzt ihren dienstleistungsorientierten Kurs auch

2009 fort und sieht für die zukünftige Unterstüt-

zung von Dienstleistungsinnovationen 7 Heraus-

forderungen, die sie mit den unterschiedlichen politischen Maßnahmen angehen will. Dazu

gehören neben der Verbesserung der Daten und Statistiken auch eine Verbesserung der

Dienstleistungsforschung und eine bessere Innovationsunterstützung für Dienstleistungs-

innovationen.

Eine dieser Maßnahmen ist das im Oktober 2009 anlaufende transnationale Vorhaben "Euro-

pean policies and instruments to support innovation in services", das im Rahmen PRO INNO

Europe® von der Kommission gefördert wird. An dem Vorhaben sind unmittelbar die Mini-

Bessere Daten und Statistiken

Effektiveres Politisches Lernen

Erschliessen der Potentiale der „Gazellen“

Verbesserung

Dienstleistungs-

forschung

(Qualität /

Quantität

Bessere Nutzung

Des Standes und

Der Regeln von

Dienstleistungs-

innovation

Bessere

Innovations-

Unterstützung für

Dienstleistungs-

innovation

Mehr Synergie

zwischen versch. Elementen der Politik

(Lead markets)

Abbildung 16: EU Kommission und Dienstleistungen

Page 128: Gerhard Ernst Forschung und Politik zu Dienstleistungen in ... · Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung

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sterien bzw. Innovationsagenturen aus Finnland, Schweden, Dänemark, Großbritannien und

Deutschland beteiligt. Kernelement ist die Bildung eines "European Service Innovation think

Tanks". In diesem Think Tank werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen "Service Typo-

logie", "Interaktion Technik und Dienstleistungen", "Indikatoren", "Qualifikation" (Skills)

sowie "Internationalisierung" zusammengefasst und in Handlungsempfehlungen umgesetzt.

Dieser Prozess der Ideengeneration und Vorausschau wird begleitet von der Entwicklung

neuer Werkzeuge zur Unterstützung der Innovationspolitik und einer zweijährigen Tagung.

Deutschland hat neben dem Ideenteil besonderen Wert auf die Verbesserung des Wissens-

transfers gelegt. Hier sollen die deutschen Erfahrungen mit kleinen und mittleren Unter-

nehmen sowie der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Tragen kommen.

Internationale programmatische Forschungs- und Inno-vationsaktivitäten

Die Entwicklung der Volkswirtschaften hin zu einer dienstleistungsorientierten Wirtschaft ist

nicht spezifisch für eine bestimmte Region, sondern ist spezifisch für die Entwicklung von

Volkswirtschaften allgemein. Je größer eine Volkswirtschaft ist, desto höher ist der Anteil,

den die Dienstleistungswirtschaft am Bruttosozialprodukt und an der Beschäftigung hat. Dies

gilt für die Vereinigten Staaten ebenso wie für den Asien-Pazifik-Raum. Vergleichbar sind

auch die Probleme des Bewusstseins der politischen Eliten zur Wertschätzung der Dienstleis-

tungswirtschaft und zur Bereitschaft, Innovationen in diesem Sektor angemessen zu unterstüt-

zen.

In den Vereinigten Staaten wurde ab 2004 die "Service Science " durch den nationalen Innova-

tionsreport "Innovate America" des Council for Competitevness vorangetrieben. In diesem

wurde die Aufmerksamkeit auf den Dienstleistungssektor gelenkt. Im August 2007 setzte der

Kongress und die Bush-Regierung den "America Competes Act " in Kraft. Dieser sieht eine

verstärkte Förderung der "Service Science" vor. Im Juni 2007 wurde die weltweite Initiative

zur Dienstleistungsforschung und Innovation: Service Research& Innovation Initiative (SRII)

getragen von Wirtschaft – insbesondere der großen IT- Konzernen – in Santa Clara (Kalifor-

nien) gestartet. Damit wurde ein Netzwerk gegründet, öffentliche Aufmerksamkeit gewonnen

und verstärkt finanzielle Unterstützung eingeworben. Veranstalter war die neu gegründete Ser-

vice Research& Innovation Initiative (SRII), die von drei amerikanischen Verbänden der SSPA

(Service Support professional Association), der TPSA (Technological Professional Ser-

vice Association) und der AFSMI (Association for Services Management International) getra-

gen wird. Inzwischen ist Kris Singh Präsident des Service Research & Innovation Institute

(SRII). Singh ist gleichzeitig am IBM Almaden Research Center in Kalifornien. Program Di-

rector, Service Science Research. Dem Advisory Board gehören neben diesen Institutionen

große IT-Konzerne (IBM, Oracle, Cisco, HP, Sun, EMC, Microsoft, xerox, Unisys) mehrere

amerikanische Universitäten (Wharton, UCLA, Council of Graduate Schools, University of

Maryland), das iiit-b (International Institute of Information Technology-Bangalore), die Euro-

päische Kommission und das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation an.

Die beteiligten US-Konzerne wandeln sich zur Zeit vom Technikhersteller zum Dienstleis-

tungsanbieter, da mit Dienstleistungen weit höhere Gewinnmargen und Wettbewerbsvorteile

zu erzielen sind als mit der Produktion materieller Güter. Die Beteiligung der Wirtschaft unter-

scheidet diese us-amerikanische Initiative deutlich von der deutschen. Bei der deutschen Initia-

tive handelt es sich um eine von der Forschungspolitik angestoßenen Initiative, um die Innova-

tionsfähigkeit der deutschen Dienstleistungsforschung und –wirtschaft zu erhöhen. Nach dem

Auslaufen des „Mangold-Beirates“ war der treibende Charakter der Wirtschaft gering (auch die

Initiative von PriceWaterhouseCoopers zusammen mit dem DLR und der European Business

School haben zu keinen programmatischen Aktivitäten geführt; Scholch, Gleich und Grobusch

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2006). Das Wirtschaftsministerium flankierte die (Forschungs)Initiative, allerdings nur 1997

mit einem größeren Programm zum Außenhandel. Die Unterstützung durch die Wirtschaft hat

sich erst in den letzten Jahren unter dem Eindruck der „Partner für Innovation“ und der „High

Tech Strategie“ leicht geändert. Die USA verfügen neben einer Reihe sehr charismatischer

„Unternehmensberater“ auch über hervorragende Forschungskapazitäten. Die größten sind:

das Almaden Service Research Center unter der Leitung von Jim Spohrer mit ca. 80

WissenschaftlerInnen (weltweit das größte Institut mit wachsender Zahl an Wissen-

schaftlerInnen)

das Center for Services Leadership der Arizona State University. Mary Jo Bittner ist

hier Gründungsmitglied.

Die Anzahl der weiteren Lehrstühle und kleineren Institute in den USA ist nicht mehr über-

schaubar. Mit den USA vergleichbare größere Dienstleistungsforschungsstandorte in Deutsch-

land sind

„Stuttgart/ Karlsruhe“ (Fhg-IAO/ IAT nach dem Institut von Bo Edvardson in Karlstad

das zweitgrößte in Europa und momentan das drittgrößte Universitätsinstitut welt-

weit; Prof. Weinhardt, Prof. Satzger und dann Prof. Fromm am Karlsruher Service

Research Institute einer Gemeinschaftsinitiative der IBM und dem Land Baden-

Württemberg)

„Aachen“ (FIR; FhG-IPT, Prof. Schuh (Schwerpunkt auf Industrienahen Dienstleis-

tungen); Prof. Piller; Prof. Schlick , Institut für Arbeitswissenschaft)

„Münster“ (em. Prof. Ahlert, Prof. Becker mit den Schwerpunkten auf Handel, Netzen

und Marketing)

"Leipzig" (Prof. Fähnrich, Prof. Posselt (Schwerpunkt IT-Dienstleistungen/ Service

Engineering); Handelshochschule Leipzig (Center For Leading Innovation and Coope-

ration; eng mit "München" verbunden)

Den bisher größten Einfluss im außereuropäischen Raum nahm die Initiative der IBM ein, die

vom Almaden Research Institute gesteuert wird und von Jim Spohrer unter dem Titel Service

Science s, Management and Engineering vertreten wurde (Spohrer 2006). Die IBM, die schon

an der Begründung der Computerscience in den 40er und 50er Jahren (in Deutschland „In-

formatik“) beteiligt war, hat sich in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vom Hard-

warehersteller zum IT-Dienstleister entwickelt. Dabei wurde festgestellt, dass die notwendi-

gen Qualifikationen, aber auch das notwendige Wissen weder im Konzern noch an den Uni-

versitäten vorhanden war. Dementsprechend steht SSME auch für 1) eine dringende Forde-

rung für Aktionen für systematische Dienstleistungsinnovation 2) eine akademische Disziplin

3) einen Forschungsbereich, der Disziplinen verbindet und integriert. IBM beschränkte sich

dabei nicht nur auf den eigenen Konzern, sondern gründete zusammen mit großen amerikani-

schen IT-Konzernen und Managementverbänden die Service Research and Innovation Initia-

tive. An dieser Initiative war mit Unterstützung des BMBF auch das Fraunhofer Institut für

Arbeitswirtschaft und Organisation beteiligt. Weiterhin trug IBM dafür Sorge, dass das The-

ma „Service Science“ in das Wahlkampfprogramm Hillary Clintons aufgenommen wurde.

Über die Initiative Partner für Innovation und die Kooperation mit der Karlsruher Institut of

Technology (KIT) mit einem entsprechenden Lehrstuhl ist IBM inzwischen auch in Deutsch-

land aktiv.

Wichtige Akteure für die Förderung von Dienstleistungsinnovationen im Asien-Pazifik-

Sektor sind momentan China, Hongkong, Singapur und Taiwan (Informationen hierzu Lee,

2009). (Süd)korea betrachtet die Entwicklungen aufmerksam und wird in den nächsten Jahren

mit Sicherheit zu diesem sehr unterschiedlichen Quartett stoßen. 2007 erstellte das STEPI

(Science & Technology Policy Institute; Technology and Economics Research Center Re-

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130

search Center) den Bericht "Study on Policy Direction for Service Science - The research on

the direction of policies for promoting 'service sciences'" für das Ministerium für Wissen-

schaft und Technologie. In dem Bericht wird die Notwendigkeit und Bedeutung einer staatli-

chen Förderung von Dienstleistungsinnovation betont und u.a. ein Dienstleistungsforschungs-

programm gefordert. Im Jahr 2008 hat die südkoreanische Regierung die Roadmap „Service

PROGRESS“ (Informationen zu Korea und Japan: Korte und Rijkers-Defrasne, 2009) verab-

schiedet und 2009 angekündigt, innerhalb der nächsten vier Jahre den Umfang der öffentli-

chen Forschungsförderung für den Dienstleistungssektor zu verdoppeln. Dabei ist besonders

interessant, dass Südkorea sich an dem deutschen Modell der Forschungsförderung orientie-

ren will. In Japan wurde 2006 die „New Economic Growth Strategy“ angekündigt. Neben der

Produktion sollen die Dienstleistungen der 2. Wachstumsmotor werden. Sechs Bereiche wur-

den identifiziert, in denen Innovationen vorangetrieben werden sollen: Gesundheits- und So-

zialleistungen, Kinderbetreuung, Tourismusdienstleistungen, Mediendienstleistungen, Unter-

nehmensdienstleistungen und „Distribution Services“. Ebenso ist eine japanische Initiative

zur Erhöhung der Dienstleistungsproduktivität angekündigt. Hongkong nimmt im Quartett

eine Sonderrolle ein, da hier die Dienstleistungsinnovation sehr stark wirtschaftsgetrieben

sind und sich in der Hauptsache auf unternehmensbezogene Dienstleistungen stützen, um die

"produzierenden" Standorte des Pearl River Deltas einzubeziehen. Im Gegensatz zu den euro-

päischen insbesondere deutschen Aktivitäten, die ca. 6 Jahre vor den IBM-Anstrengungen

begannen, arbeiten China, Singapur und Taiwan seit Beginn des Jahrtausends eng mit der

IBM-Initiative zusammen. Dabei sind Zielrichtungen und Ausgangspunkte sehr unterschied-

lich. Singapur ist seit langem der Standort für international orientierte Dienstleistungen, der

sich nun gemeinsam mit IBM bemüht, mit seinen Universitäten eine neue Generation von

Dienstleistungswissenschaft aufzubauen. Damit soll die Innovationsfähigkeit des Standortes

erhöht werden. Taiwan hat den Höhepunkt der Entwicklung seines produzierenden Sektors

erreicht und muss jetzt ebenso wie die anderen entwickelten Industriestaaten Innovationen im

Dienstleistungssektor hervorbringen. Hier gibt es seit 2002 eine enge Kooperation mit der

IBM insbesondere um das Engagement der Universitäten zu stärken. Seit 2008 hat die Regie-

rung zur Unterstützung der Dienstleistungsinnovation auch ein Programm "Innovative Tech-

nologieanwendung und Dienstleistungen" verabschiedet. Eine enge Kooperation zwischen

Taiwan und dem deutschen Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation besteht

auch auf dem Gebiet des Service Engineering s, das von den taiwanesischen Akteuren als

zentral im Innovationsgeschehen betrachtet wird. Die Volksrepublik China betrachtet ihre

rolle als "Fabrik der Welt" ohne eigenständige Innovationsrolle als unbefriedigend und hat für

2010 das Programm "Eigenständige Innovation" ins Leben gerufen. IBM hat 2005 mit dem

Bildungsministerium einen Vertrag abgeschlossen, um die Dienstleistungen im Bildungssek-

tor zu verankern. Wichtig für die Zukunft werden hier wahrscheinlich zunächst die binnen-

marktorientierten Dienstleistungen werden, die auch eine Chance für den deutschen Dienst-

leistungsexport bilden.

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Fazit Deutschland war weltweit eines der ersten Länder, die ein spezifisches Dienstleistungsfor-

schungsprogramm gestartet haben. Seit Beginn dieses Jahrtausends ziehen Länder in Ameri-

ka, Asien, Europa und die Europäische Union nach. Will Deutschland seine gerade erreichte

gute Forschungsposition halten oder gar ausbauen sind die bisherigen Anstrengungen unzu-

reichend. Will Deutschland Dienstleistungsinnovationen mit dem Ziel von Wachstum und

Beschäftigung voranbringen, so ist dringend eine nachhaltige und finanziell ausreichend aus-

gestattete Dienstleistungsforschungs- und Dienstleistungsinnovationspolitik von Nöten (An-

sätze herzu: Barthel, 2012). Im anderen Fall werden die aufstrebenden (Industrie )staaten die

deutschen Forschungsergebnisse nutzend, mit modernen Dienstleistungsinnovationen

Deutschland zu einem Land 2. Klasse machen.

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