Geschichte Der Sozialen Arbeit

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Geschichte der Sozialen Arbeit Protokoll der Lehrveranstaltung Geschichte der Sozialen Arbeit von Karin Moser und Michaela Lukasser 1.Semester Soziale Abreit VZ Lehrender: Karl-Heinz Braun

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work about the history in social work in austria

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Protokoll der Lehrveranstaltung Geschichte der Sozialen Arbeit von Karin Moser und Michaela Lukasser

1.Semester Soziale Abreit VZ

Lehrender: Karl-Heinz Braun

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Geschichte der Sozialen Arbeit – 1.Semester, Soziale Arbeit, VZ – Moser, Lukasser

Inhaltsverzeichnis

1. GESCHICHTE DER SOZIALPOLITIK.............................................................................3

1.1. GILGAMESCH EPOS.............................................................................................3

1.2. KODEX HAMMURABI.............................................................................................4

2. VORMODERNE.........................................................................................................5

2.1. JOSEPHINISMUS..................................................................................................5

3. ERSTE MODERNE (1848 – 1973).............................................................................7

3.1. FILM: „DAS JAHR 1933“.......................................................................................9

4. AUSGANGSPUNKT DES ROTEN WIENS (1897 – 1910)............................................10

5. DAS ROTE WIEN (1918 – 1934)............................................................................12

5.1. FÜRSORGEPOLITIK............................................................................................12

5.2. JUGENDFÜRSORGE............................................................................................13

5.3. GESUNDHEITSFÜRSORGE...................................................................................13

5.4. ERWACHSENENBEZOGENE MAẞNAHMEN DER FÜRSORGE.........................................14

5.5. DAS „WIENER SYSTEM DER FÜRSORGE (WOHLFAHRT)“ - ZUSAMMENFASSUNG...........14

5.6. ENDE DES ROTEN WIENS...................................................................................15

6. KINDERFREUDE.....................................................................................................16

6.1. ERTRAG DER 10 LEITLINIEN DER KINDERFREUNDE.................................................16

6.2. KRITIK DER 10 LEITLINIEN..................................................................................17

6.3. VERGLEICH MIT DEN HEUTIGEN RICHTLINIEN DER KINDERFREUNDE...........................18

7. BILDINTERPRETATION............................................................................................21

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Protokoll der Lehrveranstaltung: Geschichte der Sozialen Arbeit

Michaela Lukasser, Karin Moser, 1.Semester, Soziale Arbeit, VZ

Bei Herrn Karl-Heinz Braun

1. Geschichte der Sozialpolitik

Die erste Sozialstruktur gab es circa um 4300 vor Christus in Mesopotamien (Mesopotamien = zwischen den Flüssen) jedoch das früheste Dokument einer Sozialpolitik fand man erst 1500 vor Christus diese waren der Gilgamesch Epos.

1.1. Gilgamesch Epos

Dieser erzählt den Mythos des Königs Gilgamesch von Uruk, der seine Kräfte mit der ganzen Welt messen will, nach der Unsterblichkeit strebt und schließlich auf die Erkenntnis zurückgeworfen wird, dass auch für ihn das Leben endlich ist. Dieses Epos wurde auf 12 Steinplatten eingraviert.

Der ethische Grundgedanke im Gilgamesch-Epos ist nicht zu übersehen. Es wird von einem neuen Heldentyp berichtet, der zwar zu zwei Drittel Gott und zu einem Drittel Mensch ist, seine Unsterblichkeit aber dann verliert, als er die menschliche Freundschaft entdeckt. Mit dieser Menschwerdung der Halbgötter vollzieht sich, in mythologischer Hinsicht, der Übergang vom Mythos zur Geschichte. Das Gilgamesch-Epos ist aber auch ein literarischer Ausdruck für das Selbstbewusstsein des Menschen den Göttern gegenüber. Die Götter spielen zwar noch eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen, doch die Menschen beginnen bereits, göttliche Entscheidungen in Frage zu stellen oder offen dagegen zu opponieren  - ein erster Durchbruch aufklärerischen Denkens. Dieses gewachsene Selbstbewusstsein, das sich auch an den Göttern misst, empfindet es als ungerecht und in der Welt schlecht eingerichtet, dass die Menschen, im Gegensatz zu den Göttern, sterblich sind.

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Die Suche nach der Unsterblichkeit ist das Grundmotiv der Gilgamesch-Dichtung. Sie ist die erste Dichtung, welche das Lösen von den Göttern, zugleich aber auch die Angst vor der Vergänglichkeit, der Unausweichlichkeit des Todes zeigt. Die tiefe Erschütterung Gilgamesch angesichts des Erkennens der eigenen Endlichkeit und seine verzweifelte Suche nach einem Ausweg führt einmal mehr die Tragik des Menschseins vor Augen. Seit der Mensch sich seiner selbst bewußt ist und damit die "Unschuld" der Natur hinter sich gelassen hat, begannen die existentiellen Ängste. Das Gilgamesch-Epos ist damit auch das erste existentialistische Werk der Menschheit.

Mit Sicherheit war damals bekannt, dass man dem Tod nicht entrinnen konnte.  Aber es ist interessant, dass in der altbabylonischen Version des Epos der Rat erteilt wird, gerade eben darum das Leben zu genießen, sich nicht um das ohnehin unvermeidliche Ende zu kümmern. Und es fehlt auch der Hinweis, durch Frömmigkeit zu versuchen, das Wohlgefallen der Götter zu erringen und damit vielleicht doch noch Unsterblichkeit zu erlangen.

In das Grundmotiv der Dichtung sind eine Reihe weiterer Themen eingeblendet, die alle zusammen dem Epos seine besondere Spannung verleihen:

- Mensch und Natur- Kultur- Ablösung der alten Fruchtbarkeits- und matriarchalischen Religionen durch  patriarchalische Kräfte- Freundschaft und Liebe- die existenziale Angst des Menschen, der die Geborgenheit in der Natur   und bei den Göttern verloren hat.

1.2. Kodex Hammurabi

Der Codex Hammurapi, eine Rechtssammlung König Hammurapis von Babylon (* 1810 v. Chr.; † 1750 v. Chr.), ist eine der ältesten Gesetzessammlungen der Welt und zugleich eines der besterhaltenen Exemplare der Literatur aus Mesopotamien. Der König ließ in 280 Paragraphen die Gesetze seines Reiches und die Strafen für ihre Übertretung festhalten. Sie sind auf einer Steinstelle eingemeißelt, die den König in Gebetshaltung vor dem Gott Schamasch, dem Garanten der Gesetze, zeigt.Die Gesetze Hammurapis basieren überwiegend auf dem Prinzip der Spiegelstrafe und trotz des Umfanges regelten sie nicht alle Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens. In diesen Prinzipien werden zum Beispiel treulose Ehefrauen streng bestraft. Aber auch Vergewaltigung und Inzest werden mit der Todesstrafe geahndet.

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Weiteres tauchte die Sozialarbeit im römischen Reich um circa 0 auf. Dort zeigte sich die Sozialarbeit durch Ereignisse wie zum Beispiel „Brot und Spiele“. In Europa gab es bis zum zweiten Teil des 19. Jahrhunderts ein großes „Loch“ der Sozialpolitik. Nur die Kirche hatte nachweisliche Strukturen einer Sozialpolitik. Dort gab es einen gesellschaftlichen Funktionskomplex. In dieser Machtstruktur regierten Priester und Herrscher, dabei war eine strenge Hierarchie der Gesellschaft beobachtbar. Als dann das römische Reich zerbrach gab es auch keine Sozialarbeit im damaligen Sinn mehr. Erst im zweiten Teil des 19. Jahrhunderts wurde die Sozialpolitik wieder bedeutender.

2. Vormoderne

Vor Maria Theresias um 1850 gab es nicht wirklich eine Sozialpolitik in Österreich, erst durch sie wurden viele Sozialreformen durgeführt, wie zum Beispiel die Einführung der Schulpflicht. Diese führte zur Errichtung zahlreicher Volks- und Hauptschulen. Dies war von großer Wichtigkeit da Österreich nicht wirklich auf eine Sozialpolitik verzichten konnte. Die zentralsten Probleme waren eindeutig die Unterschiede zwischen der Gesellschaft und der zentralen Steuerungsinstanzen. Diese Ungleichheit führte direkt zur Ungerechtigkeit. Leider gab es zu dieser Zeit nicht die finanziellen Mittel für eine Verbesserung. Trotzdem wurde ein Steuergesetz eingeführt, dass die Steuerfreiheit des Adels aufhob und weitere noch Katasterregister eingeführt. In der Verwaltung wurden Zentralstellen eingeführt (heute Ministerien), um dadurch den Einfluss der Stände einzudämmen. Außerdem wurde ein neues Strafgesetzbuch ausgearbeitet. Dies war ein bedeutender Schritt zur Anerkennung der Menschenrechte, denn die Folter wurde zur Gänze abgeschafft. Maria Theresia wollte was schaffen was auch dem Volk zu gute kam. Also wenn die Mehrheit der Bevölkerung „Hilfe“ brauchte sollte man diese auch erteilen.

Neben Maria Theresias sind auch zwei ihrer Söhne sehr bedeutend für die Sozialpolitik in Österreich, Leopold II und Joseph II. Joseph II hat weitere wichtige Reformen geschaffen, die bis heute Auswirkungen zeigen. Der Josephinismus ist auf Joseph II zurückzuführen.

2.1. Josephinismus

Joseph II. als großer Reformator

Der Sohn Maria Theresias hat jene Reformen fortgesetzt, die seine Mutter Begonnen hatte.

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Er hat den Ruf, einer der größten Staatsmänner der Aufklärung zu sein: Joseph II., der älteste Sohn Maria Theresias. Am 27. März 1764 wurde er zum römisch-deutschen König gewählt, nach dem Tod seines Vaters Franz Stephan von Lothringen wurde er ein Jahr später Kaiser.

Über die Köpfe aller hinweg

Verschiedenste geistige Strömungen und Traditionen haben den Herrscher und seine Ratgeber geprägt: So traf der Geist der Aufklärung unter anderem auf jansenistische Ideen. Die durch den niederländischen Theologen Cornelius Jansen (1585 - 1638) begründete katholische Bewegung ging davon aus, dass der Mensch durch die Erbsünde von Natur aus schlecht sei und nur durch eine religiöse Verinnerlichung in den Genuss der Gnade Gottes kommen und so die Lust am Bösen überwinden könne. Aber auch Einflüsse des Febronianismus, eine Bewegung innerhalb der katholischen Kirche, in der auch österreichische Bischöfe für eine selbständigere Position dem Papst gegenüber und für eine Nationalkirche eintraten, fanden Eingang und alle zusammen mündeten sie in dem, was heute unter Josephinismus bekannt ist. War seine Mutter bei der Umsetzung neuer Ideen noch vorsichtig, so agierte Joseph II. in der Regel viel zu stürmisch.

Friedrich II. sagte sogar, dass der Kaiser gelegentlich den zweiten Schritt vor dem ersten mache. Zwar sollten die Reformen dem Volk zugute kommen, einbezogen wurde es jedoch nie. Was dazu führte, dass manche der eigentlich gut gemeinten Reformen von denen, denen sie Erleichterung verschaffen sollten, abgelehnt wurden.

Aufhebung der Leibeigenschaft 1781

Vor allem im Rechtswesen setzte Maria Theresias Sohn die von seiner Mutter eingeleiteten Maßnahmen weiter fort. So wurde die Trennung von Justiz und Verwaltung weiter verfolgt, die grundherrliche Patrimonialgerichtsbarkeit zumindest in den deutschen Erbländern weitgehend eingeschränkt. Ein weiterer großer Schritt waren die Aufhebung der Leibeigenschaft 1781, die Abschaffung der Todesstrafe und die Einführung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Neu geordnet wurde auch die Grundsteuer.

Toleranz gegenüber Andersgläubigen

Das Kernstück von Josephs Reformen waren allerdings die kirchenpolitischen Maßnahmen. So ermöglichte das 1781 von ihm erlassene Toleranzpatent Lutheranern, Kalvinern und Griechisch-Orthodoxen die bürgerliche Gleichheit mit Katholiken und Kulturfreiheit. Auch die Juden erhielten zwar noch keine bürgerliche Gleichstellung, aber doch wesentliche Rechte. So wurden sie zu Handwerken,

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Gewerben, der industriellen Betätigung und an Hochschulen zugelassen. Auch noch bestehende Bekleidungsvorschriften wurden abgeschafft.

Hart zu spüren bekamen hingegen Orden die Hand des Kaisers. So wurden ebenfalls 1781 alle Klöster, die weder einen Beitrag zur Erziehung der Jugend noch zur Krankenpflege leisteten aufgehoben. Kontemplatives Dasein allein reichte nach Ansicht joseph II. nicht zur Daseinsberechtigung der Klöster. Mehr als 400 Klöster wurden aufgelöst. Ebenfalls verboten wurden die meisten Prozessionen, Wallfahrten wurden radikal eingeschränkt. Gleichzeitig allerdings wurden zahlreiche neue Pfarren gegründet und Kirchen gebaut - niemand sollte länger als eine Stunde Weges zur Pfarrkirche haben.

Charakteristisch für die Maßnahmen Josephs war die Ablehnung des Kaisers aller Sonderstellungen und Privilegien. Die Monarchie sollte seiner Meinung nach gleichzeitig Wohlfahrts- als auch Polizeistaat sein, um so die besten Bedingungen für das Wohlergehen der Bevölkerung zu schaffen. Viele seiner Reformen wirken bis heute nach - selbst das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch ist noch in Kraft.

3. Erste Moderne (1848 – 1973)

Die Gesellschaft Österreichs wurde unterteilt in:

1. Nationalstaatliche Gesellschaft2. Industriegesellschaft3. Stadtbestimmte Gesellschaft4. Klassengespaltene Erwerbsgesellschaft5. Sozialstaatliche Gesellschaft

Es gibt einen Unterschied zwischen Staat und Nation.

Die Nation ist ein Zusammenschluss, eine Gemeinschaft beziehungsweise eine Einheit wo sich mehrere Gebiete zusammenschließen. Dort entsteht eine Vielfalt der Nationen oder eben auch eine Vielfalt innerhalb der Nation.Weiteres ist die Nation eine staatsgeprägte Landschaft. Viele Nationen ergibt ein System. Das System spiegelt sich im Vielvölkersaat wieder.

Man unterscheidet eine Nation zwischen objektiven und subjektiven Begriffen.Die objektiven Begriffe sind:

Politische Traditionen Rasse Sprache Kultur Staatsform

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Die Subjektiven Begriffe sind:

Gemeinschaftliche Zustimmung Verschiedene Regionen (Orte) in einem Territorium in welchem Menschen

Gemeinsamkeiten haben Gemeinsam einer Sache zustimmen, obwohl man aus verschiedenen

Regionen kommt und so eine Gemeinschaft bildet Bekenntnis zu Österreich 1. Österreichischer Nationalstaat

Die Nation Österreichs hat sich in Form und Größe verändert. Die Sozialpolitik wurde vernachlässigt. Heute ist Österreich kleiner, überschaubarer und daher kann die Sozialpolitik wieder mehr in den Vordergrund rücken. Es gibt auch eine Vielfalt die nichts mit Nation zu tun hat, zum Beispiel verschiedene Kulturen und Traditionen. Der Begriff Nation ist spezifisch/typisch europäisch. Zum Beispiel würde man nie die USA als vereinigte Nationen bezeichnen.

Ein Gedanke Emmanuel Kants war das die Welt zu komplex beziehungsweise zu groß ist für zum Beispiel eine gemeinsame Innenpolitik. Doch im Allgemeinen kritisiert Emmanuel Kant den Staat generell, da er der Meinung ist da diese nicht legitimierbar ist. Aus dem einfachen Grund das der Staat sowieso die Bedürfnisse aller nicht realisieren kann.

Unterschied von Nationalstolz und Nationalsozialismus

Der Nationalstolz beschreibt den Zustand, wenn man stolz auf seine Nationalität ist. Zum Beispiel kann man in Österreich stolz auf Wolfgang Amadeus Mozart, Sigmund Freud, oder auf die typisch österreichischen Traditionen und Landschaften sein.

Der Nationalismus hingegen beschreibt eine Überlegenheit im Negativen Sinne. Zum Beispiel wenn man der Überzeugung ist, dass die eigene Nation die beste ist.

Der Staat hat eine Struktur, ist organisiert und durch die Regierung und deren Regeln kommt es zu einer gewissen Ordnung sowie einer spürbaren Kraft.

Unserer Meinung nach entsteht durch die Anhäufung von Menschen, eine Gesellschaft die wiederrum eine Organisationsform und Regeln braucht. Und daher einen „Gesellschaftsvertrag“ verlangt. Diese Gesellschaft übergibt ihre Macht dem Staat, der somit die Aufgabe hat, für Ordnung und Struktur zu sorgen. Sozusagen ist der Staat legitimierbar, durch die Ordnung, den Schutz und die Regeln den er uns bietet.

Soziale Sicherheit und demokratische Verhältnisse bedürfen wohlfahrtsstaatlicher Maßnahmen und sozialer Steuerungsinstrumentarien, notwendig sind aber auch

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zivilgesellschaftliche Netzwerke. Diese bedürfen der aktiven und selbstorganisierten Teilnahme der Bevölkerung.

Die Vielfalt der Nationen in einem Staat kann auch zu Problemen führen, wie zum Beispiel Religionskriege, da es in einem Staat immer mehrere verschiedene Religionen gibt. Hier stellt sich die Frage der Toleranz und Akzeptanz gegenüber Andersdenkenden Menschen.

Natürlich sind Nation und Staat voneinander abhängig und beeinflussen sich auch gegenseitig.

3.1. Film: „Das Jahr 1933“

“Österreich in Bild und Ton 1933“ von Ernst Schmidt Junior Wien Film 1876 – 1976 Filmarchiv Austria Edition Standard „Der österreichische Film Nummer 41“

Dieser Kurzfilm zeigt eine Wochenschau zu Beginn des Ständestaates. Damals herrschten Arbeitslosigkeit und Krisen. Die Auseinandersetzung damit führte zu weiteren innenpolitischen Verschärfungen der Lage und es kam zu einer zunehmenden autoritären Regierung. Im Mai 1933 wurde die vaterländische Front gegründet. Das Idealbild eines Staates war ein christliches, autoritäres und deutsches. Durch diese Propaganda, die auch im Kurzfilm zu sehen war, vermittelte man ein selbstbewusstes Bild Österreichs. Weitere Inhalte dieses Films sind:

Nationsfrage der Eigenständigkeit Österreichs Industrie – und Handwerksthemen Österreich, wie es damals aussah Charakter und Frage des Sozialstaates

In diesem Film wird ein wundervolles Scheinbild Österreichs dargestellt, bei welchen zum Beispiel die katholische Kirche sehr oft gezeigt wird, die Politik sehr im Vordergrund steht und typisch österreichische Merkmale wie Berge und Schnee dargestellt werden. Es herrscht Zufriedenheit und Fröhlichkeit und die positiven Szenen dominieren.

Doch hinter diesem Scheinbild steckte zum Beispiel die Spaltung bzw. Spannung zwischen Obdachlosen / Armen und den Anderen / der „Oberschicht“, die beide bei

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einer Einweihung eines Obdachlosenheims klar getrennt von einander stehen. Man hat das Gefühl sehr viel über die Wohlhabenden zu erfahren, zum Beispiel wie sie zu den Festspielen gehen und diese empfinden, aber die damaligen wirklichen Probleme und Ansichten des bürgerlichen Volkes wurden mehr oder weniger ausgeklammert. Weiteres stecken hinter diesem Scheinbild Österreichs Unterdrückung und Armut, wie auch die Zwischenkriegszeit, jedoch dies wird aus dem Film vollkommen ausgeklammert.

Auch die typische Geschlechtsteilung und somit das Hineindrängen in die typischen Rollen sind beobachtbar. Zum Beispiel kann man auf der einen Seite eine Menge Frauen sehen, die gemeinsam nähen, stricken und waschen und auf der anderen Seite die Männer die dem Sport nachgehen. Sport war damals ein sehr wichtiges integrations – und sozialisations Element und war auch bedeutend für den bewaffneten Kampf. Auch das Militär spielt im Leben eines Mannes zur damaligen Zeit eine große Rolle. Der Man wird als starker und konditionierter Arier, wie auch als die perfekte „Militärwaffe“ dargestellt.

Das damalige Niveau des Militärs ist mit dem heutigen nicht mehr vergleichbar und so ging Österreich seinen eigenen faschistischen Weg und kopierte, wie viele es denken, Deutschland nicht. Auch die katholische Kirche hat diesen Weg befürwortet, bis es 1936 zu der Ermordung schwererziehbarer Kinder kam. Der Faschismus stand voll hinter diesem Vorfall, doch die Kirche protestierte gegen ein funktionsloses umbringen von Kindern. Dadurch entstand eine Kluft zwischen der Kirche und dem Faschismus.

Im Film war auch die Produktion von Honig und Käse, wie auch Flugzeugen zu sehen. Deshalb machten sie auch viel Werbung rund um ihre Produkte. Jedoch ging die Produktion im Allgemeinen stark zurück, wodurch man mit Propaganda den noch produzierenden Produkten mehr Bedeutung zusprach, dies stellte eine „Überlebensstrategie“ unserer Heimat dar. Ab 1918 gehörten die zentralen Industriegebiete nicht mehr zu Österreich, daher musste alles importiert werden, was einen weiteren Rückschlag bedeutete. Ab diesem Zeitpunkt ersetzte die Elektrizität die damalig in Österreich produzierte Kohle.

1933 herrschte in Österreich Massenelend, wegen der mangelnden Energie-versorgung und Industriefähigkeit, wie auch den nicht vorhandenen Arbeitsplätzen. Man initiierte Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen in dem man Beschäftigungsprojekte startete, wie zum Beispiel den Bau der Großglocknerstraße. Dieser Bau war auch im Film zu beobachten, doch das Drama rund um die damit verbundenen Problemen wurden wieder ausgeklammert.

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4. Ausgangspunkt des Roten Wiens (1897 – 1910)

Natürlich gab es die Sozialpolitik schon vor dem roten Wien, die unter anderem von Karl Lueger geprägt worden ist. Diese Veränderungen Luegers fanden im Zeitraum von 1897 – 1910 statt. Seine Schwerpunkte bezogen sich auf …

die Kommunalisierung von der Gasversorgung, Elektrizitätswerke und Stadtplan

zweite Hochquellenwasserleitung öffentliche Wohlfahrt Alters- und Waisenhäuser Kinderheilstätten Brausen und Freibäder für die Hygiene vieler Erholungsgebiete Bebauungsplan mit Maximalhöhe und Minimalabstand Mieterschutz für Hauptmieter

Dieser Mieterschutz war zu dieser Zeit von großer Bedeutung und wurde erst nach der öffentlichen Befragung am 6.Februar 1917 erlassen. Die Ergebnisse dieser Befragung sind Folgende:

Auswertung:

Kleinwohnungen: 73% ½ - 1 ½ Zimmer Kleine Mittelwohnungen: 2,9% max. 2 Zimmer Große Mittelwohnungen: 13% 2 ½ - 3 ½ Zimmer Großwohnungen: 5% 4 und mehr Zimmer

Küche zählt nicht zum Wohnraum

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Wiener Wohnklassen-gesellschaft 1917

KleinwohnungenKl. MittelwohnungenGr. MittelwohnungenGroßwohnungen

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Durch die vielen Veränderungen zwischen 1850 und 1910 wie zum Beispiel die Steigung der Einwohnerzahl von 444.000 bis zu 2.030.000 kam es zur großen Wohnproblematik in Wien. Weiteres erschufen sie in dieser Zeit 440.000 Neubauten, was bedeutete, dass Wien pro Jahr ca. 7000 neue Häuser erbaute und durch diese Veränderungen kam es zum Wohnungselend von 1910. Außerdem waren zu dieser Zeit 40% aller Häuser jünger als 20 Jahre, was zu massiven Veränderungen in Wien führte. Dies hatte die Folge, dass

Ca. 5 Personen in einer 30 km2 Wohnung untergebracht waren (dies war der Durchschnitt)

22% der in Wien lebenden Menschen Toiletten in ihren Wohnungen hatten, nur gerade mal 7% hatten ein Bad und eine Toilette, was zu dieser Zeit als Luxus galt.

Es 90.000 Untermieter gab, die durch das Mietschutzgesetz durchfielen. Es außerdem noch 75.000 Bettgeher (= keine eigene Wohnung, haben aber

Schlafrecht, d.h. nur ein Bett, dass für ein paar Stunden gemietet werden kann. Jedoch wenn keines frei war, mussten sie sich selbst um ihre Unterkunft kümmern) gab.

An diese Lage knüpfte das Rote Wien an.

5. Das Rote Wien (1918 – 1934)

Keine Stadtverwaltung hat in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen die Aufmerksamkeit der ganzen Welt in einem solchen Ausmaß auf sich gezogen wie Wien. Das Werk, das diese Beachtung hervorrief, war zunächst ein Aufbauwerk im wörtlichen Sinn: der drückenden wirtschaftlichen Lage zum Trotz entstanden in nur 15 Jahren 63.000 neue Wohnungen. Und es war nicht nur die Qualität dieser Bauten die beeindruckte: Viele Menschen kamen damit erstmals in den Genuss einer Wohnung mit Belüftung und Belichtung aller Räume direkt vom Freien, mit eigenem Gas- und Wasseranschluss.

Weiteres basierte der Wohnungsbau auf eine massive Bauweise, diese waren im Stadtraum platziert und man begann auch mehr in die Höhe zu bauen. Diese Baustrategie lässt aber nur wenig Platz für Grünanlagen.

5.1. Fürsorgepolitik

Die kommunale Fürsorgepolitik des roten Wiens unterschied sich deutlich von der der anderen Bundesländer, in denen es bis auf die unter dem revolutionären Druck 1919 entstanden bundesweiten Verbesserungen (Arbeitslosenversicherung, bezahlter Urlaub, Steuerumverteilung, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und

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Entlohnung) kaum eine Änderung gegenüber der K. und K. Zeit gab. Damals formulierte man 4 Grundsätze die folgend lauteten: ,,Die Gesellschaft ist gegebenenfalls auch ohne gesetzliche Vorschriften verpflichtet, allen Hilfsbedürftigen umfassende Hilfe zu gewähren. Individualfürsorge kann rationell nur in Verbindung mit Familienfürsorge geleistet werden. Aufbauende Wohlfahrtspflege ist vorbeugende Fürsorge. Die Organisation der Wohlfahrtspflege muss in sich geschlossen sein:" (Vor allem der letzt Punkt stand in krassem Gegensatz zu dem System der Monarchie, wo sich die Wohlfahrt größtenteils aus verschiedenen, voneinander unabhängigen, privaten Vereinen zusammensetzte).

5.2. Jugendfürsorge

Das Kernstück der Jugendfürsorge stellte das Jugendamt dar, das alle Angelegenheiten benachteiligter Kinder regelte (Übernehmen der Vormundschaft, Versorgung der in Familien untergebrachten Kinder durch Finanzmittel und Naturalunterstützung, Elternberatung, psychologische Betreuung), wobei das Heim als letzte Alternative angesehen wurde und die Familie als kleinste ,,Keimzelle" der Gesellschaft vorgezogen wurde. 1931 verfügte die Stadt Wien über 111 Kindergärten, in denen die Kinder medizinisch und psychologisch (teilweise mit Montessorimethoden) betreut wurden und drei Mal täglich essen konnten, was die Erwerbstätigkeit der Mutter möglich machte. Für die älteren Kinder wurden Horte errichtet, um sie vor der ,,Bedrohung der Verwahrlosung" zu bewahren, da die meisten aus ,,tiefsten proletarischen Milieu" stammten. Die alten Erziehungsanstalten wurden zu Resozialisierungszentren umgewandelt, um das Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu mildern, wurden Tagesheime eingerichtet, in denen die Jugendlichen essen und lernen konnten, später entstanden gemeinnützige Arbeitsprogramme, bei denen die Mitarbeiter als Belohnung ein warmes Mittagessen erhielten.

5.3. Gesundheitsfürsorge

Die Gesundheitsvorsorge zielte vor allem darauf ab, den Menschenverlust des ersten Weltkrieges auszugleichen und die katastrophalen sanitären und gesundheitlichen Bedingungen allgemein zu verbessern. Die Betreuung begann schon im Kleinkindalter, alle Geburten mussten gemeldet werden, die medizinische Betreuung der Mutter und des Kindes war kostenlos, Beratungsstellen unterstützten die Eltern bereit während der Schwangerschaft und die Ausgabe von Gratiswindeln verhinderten den damals üblichen Einsatz von Zeitungspapier zum wickeln. In der Schule wurden die Kinder von Schulärzten und 15 Schulzahnkliniken betreut, die sich auch um die Ausspeisung der Kinder kümmerten.

5.4. Erwachsenenbezogene Maßnahmen der Fürsorge

An erwachsene Personen wurde ein ,,Erhaltungsbeitrag" gezahlt, wenn diese nicht im Stande waren ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Wichtiger als

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Geldzuwendungen, die als nicht geeignete Mittel betrachtet wurden, waren Natural- und Sachaushilfen wie die Ausgabe von Brennstoffen, Kleidern, Schuhen und Nahrungsmittel. Auch die Errichtung von sogenannten ,,Wärmestuben" trug maßgeblich zur Besserung der Lebensbedingungen der Bedürftigen, vor allem im Winter, bei.

5.5. Das „Wiener System der Fürsorge (Wohlfahrt)“ - Zusammenfassung

Ziele:

Sozialpolitische Ziele / Verbesserung von:a. Arbeitsbedingungen und Entlohnungb. Schutz vor/Unterstützung bei Arbeitslosigkeit und Armutc. Versicherungsschutz (Arbeitslosigkeit, Unfall, Krankheit, Invalidität,

Alter)d. Steuerumverteilunge. Wohnungf. Erholung

2. Sozialarbeiterische Ziele:a. Allen Hilfsbedürftigen umfassende Hilfe gebenb. Individualfürsorge als Familienfürsorgec. Aufbauende = Vorbeugend Fürsorged. Einheitliche Organisation durch das Jugendamt => wird zur

Zentralbehördee. Kollektive Praxis von Medizin und Fürsorge – Dienststellenleitung war

von Medizinern besetzt => Hierarchief. Qualifizierte Ausbildung der FürsorgerInnen als PädagogInnen

Institutionelle und interaktive Angebote und Maßnahmen:

Elternbezogene:a. Eheberatungb. Schwangerschaftsberatungc. Mutterhilfe für Mitttellosed. Wöchnerinnenhilfee. Fürsorge in Entbindungsheimenf. Säuglingswäschepaketg. Rechtsberatung/Rechtsdurchsetzung

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2. Kindbezogene:a. Familienfürsorge (Geld und Naturalien)b. Erziehungsberatung – August Aichhornc. (Volks-) Kindergärten => unentgeltlich, Überweisung durch das

Jugendamtd. Hortee. Schulärztliche Betreuungf. Erholungsfürsorgeg. Generalvormundschafth. Kinderübernahmestellen nach Diagnosei. Rückgabe an die Eltern

- Pflegeelter- Kinderheim/Durchzugsheim => Kinderheim Baumgarten

von Siegfried Bernfeld

3. Jugendbezogene:a. Tagesheimstätten (im Winter)b. Freizeit für Arbeitslose (Jugend in Not, Jugend am Werk)c. Jugendfürsorge – Anstalten (öffentliche und private Waisenhäuser)d. Erziehungsanstaltene. Heilpädagogische Betreuungf. „Kinderfreunde“ => Otto Felix Kanitz

4. Erwachsenenbezogene:a. Erhaltungsbeiträge (nur für WienerInnen)b. Einmalige Fürsorgeaktec. „Winterhilfe“ für Langzeitarbeitslosed. Obdachlosenfürsorge (Wärmestuben, Obdachlosenheime)e. Arbeiterbildung (Kulturangebote für Arbeiter, Bildung des Proletariats,

Bibliotheken => Wissen ist Macht)Der Ursprung der Erwachsenenbildung ist in Österreich.

5.6. Ende des roten Wiens

Mit der Machtergreifung Dollfuß 1934 endete die Ära des roten Wien. Fast alle sozialdemokratischen Reformen wurden rückgängig gemacht und durch ein faschistisches System ersetzt. Viele im Roten Wien entstandene Projekte dauerten nur fünf bis sechs Jahre. Auch wenn die sozialistische Stadtverwaltung ihre Bestrebungen nicht gänzlich verwirklichen konnten (trotz zahlreicher Verbesserung herrschte auch in Wien nie die angestrebte soziale Gerechtigkeit, zahlreiche Menschen lebten trotz kommunalem Wohnbaus unter nicht zumutbaren Bedingungen, die angestrebte proletarische ,,Gegenkultur" scheiterte bereits in ihren Ansätzen, das Problem der Arbeitslosigkeit konnte nie unter Kontrolle gebracht

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werden), so wurden doch Modelle geschaffen, die bis in die heutige Zeit nichts an ihrer Vorbildwirkung verloren haben. Trotz seiner kurzen Dauer und seiner verhältnismäßigen Unvollständigkeit war das rote Wien also Wegbereiter für eine neu entstehende, demokratische Gesellschaftsordnung, die erst Jahre später auch auf internationaler Ebene verwirklicht wurde.

6. Kinderfreude

Eine Bewegung mit vielfältigen Aktivitäten, die im Roten Wien entstand, heute aber noch besteht, stellten die „Kinderfreunde“ dar. Die Basis dieser bilden die gemeinsamen Werte, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Weil sich Politik und Wirtschaft rasant entwickeln, müssen sie auf die Bedürfnisse und Interessen der Familien umso mehr Rücksicht nehmen. Die Kinderfreunde fordern eine Gesellschaft, die nicht Geld und Besitz, sondern den solidarischen Umgang mit den Schwächeren zum obersten Prinzip zu erheben.

Ihr Gründer war Otto Felix Karnitz, welcher in Wien 1894 geboren wurde. Während des 1. Weltkriegs, beginnt er bei den Kinderfreunden aktiv zu werden. 1918 beginnt er als pädagogischer Referent bei den Kinderfreunden zu arbeiten, daneben schließt er ein Studium der Philosophie und Pädagogik an der Universität Wien ab. Kanitz wird zum wichtigsten Theoretiker der Kinderfreunde. Weiteres formuliert er die Überlegungen zur “Sozialistischen Erziehung” und die „10 Leitlinien der Kinderfreunde“.

6.1. Ertrag der 10 Leitlinien der Kinderfreunde

1. Das Bürgertum ist nicht nur eine politische und wirtschaftliche, es ist um nichts weniger eine gewaltige und einflussreiche, geistige Macht, die überaus stark auf die Kinder des arbeitenden Volkes wirkt.

2. Der geistigen Macht des Bürgertums muss das Proletariat seine geistige Macht entgegenstellen; daher müssen Arbeitereltern und mit ihnen alle erwachsenen Proletarier ein neues Verhältnis zu den Kindern gewinnen, sie im Geiste ihrer Klasse erziehen.

3. Die Erziehung bedingt das geistige Sein des Menschen nur zum Teil; die Anlage und vor allem die Umwelt haben großen Einfluss auf die geistige Entwicklung. Die Erkenntnis von der überragenden Bedeutung der Umwelt leistet dem sozialistischen Erzieher große Hilfe.

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4. Der sozialistische Erzieher muss die Unmöglichkeit einer neutralen Erziehung, die Gefährlichkeit der angeblich neutralen Erziehung erkennen. Erziehung an sich gibt es nicht; wir haben nur zu wählen zwischen bürgerlicher und sozialistischer Erziehung.

5. Die sozialistische Erziehung der Kinder muss entsprechend der seelischen Struktur junger Menschen mit sozialistischer Gefühlsbildung einsetzten.

6. Die erste Forderung sozialistischer Erzieher in die Erziehung der Kinder zur Solidarität. Die Weltanschauung unserer Kinder muss vom Gefühl der Solidarität bestimmt sein.

7. Nicht nur mit dem Ziele des sozialistischen Kampfes, der solidarischen Gesellschaft sind die Kinder gefühlsmäßig zu verbinden. Auch mit dem Kampfe selbst müssen die Kinder gefühlsmäßig verbunden sein: daher Bildung der Klassengefühls.

8. Sobald es die geistige Reife der Kinder erlaubt muss der sozialistischen Gefühlsbildung die Verstandsbildung folgen; diese ist Erziehung der Kinder zum soziologischen Denken und damit zum Klassenbewusstsein.

9. Die Erziehung zur Solidarität, zum Klassengefühl und zum Klassenbewusstsein muss ergänzt werden durch die Erziehung zur proletarischen Disziplin; diese muss die Kinder dereinst befähigen, sich freiwillig den Aufgaben zu unterziehen, die Kampf und Aufbau an sie stellen.

10.Die sozialistische Erziehungsarbeit kann innerhalb der Familie und in der Schule teilweise geleistet werden. die bürgerlichen Erziehungseinrichtungen und die Kirche wirken ihre Natur nach gegen die sozialistischen Erziehungsbestrebungen. Die Schule – und Kinderfreunde ausgebaut zu einer umfassenden Erziehungsorganisation, vermögen alle sozialitischen Erziehungsforderungen zu erfüllen.

6.2. Kritik der 10 Leitlinien

Dieses Menschenbild stellt sich sehr idealistisch dar. Es scheint so als werden Menschen in Rollen gedränt und die Gesellschaft lässt nur wenig Individualität zu. Weiteres definiert man die bürgerlichen Schichten sehr genau und kategorisiert damit die Bevölkerung. Hier ist auch herauszulesen, dass das Arbeitervolk nur wenig an Wert bzw. Bedeutung besitzt. Mit einigen „Prinzipien“ dieser Leitlinien stimmen wir durchaus überein, da sie das Allgemeinwohl der Kinder sehr hervorheben und es scheint ihnen auch sehr wichtig zu sein.

Andererseits gibt es einige Regeln die wir nicht übernehmen können und mit ihnen auch nicht übereinstimmen. Zum Beispiel werden oft die Klassen erwähnt, in die man die Kinder bzw. die Menschen drängt und ihnen auch somit keine Chance mehr lässt aus dieser auszutreten. Sie setzten sich vielleicht gar nicht höhere Ziele, da sie diese mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreichen würden, eben durch diese

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Klasseneinordung und somit könnte man sagen, dass sich die Kinderfreunde nicht für die höheren Bestrebungen der Kinder einsetzten.

Durch die Einteilung der Klassengesellschaft und das damit hervorgehende verehren des Kampfes bzw. des Kampfgefühls werden die Kinder gezwungen sich mit dem Kampf nicht nur auseinanderzusetzten, sondern auch dem Kampf in ihre Gefühlswelt mit einzubinden.

Weiteres ist uns auch aufgefallen, dass zwischen der Erziehung der Proletarier und der andersschichtigen Bürger eine große Diskrepanz herrscht. Man versteht unter der Erziehung der einen ganz was anderes als bei der, der anderen. Womit sich für uns die Frage stellt, ob auch hier die Proletarier als „die Schlechten“ herausgehen.

6.3. Vergleich mit den heutigen Richtlinien der Kinderfreunde

Es gibt keine wertfreie Erziehung

Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf zu erfahren, was ihre Eltern, aber auch die MitarbeiterInnen der Kinderfreunde für richtig und falsch halten. Die Erziehung der Kinderfreunde orientiert sich an den sozialdemokratischen Grundwerten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Wahlverhalten und Parteizugehörigkeit sind dabei von untergeordneter Bedeutung. Es geht den Kinderfreunden nicht um Bevormundung, sondern um die freie Entwicklung von Menschen. Die Kinderfreunde treten für eine Erziehung ein, die als partnerschaftliche, dialogische und verantwortungsbewusste Beziehung zwischen Heranwachsenden und den Erziehenden verstanden wird.

Selbstbewusst handeln

Kinder und Jugendliche werden durch die pädagogische Arbeit der Kinderfreunde unterstützt, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Dazu muss das Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen gestärkt werden. Sie sollen lernen, die Welt nicht nur mit den eigenen, sondern auch mit den Augen der Anderen zu sehen. Sie sollen lernen, ihre eigene Meinung zu vertreten und dabei auch die Meinungen der Anderen zu respektieren. Das pädagogische Ziel der Kinderfreunde ist es, Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, an der Verwirklichung einer sozialeren, humaneren und demokratischeren Gesellschaft mitzuwirken und ihren eigenen Platz darin zu finden.

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Integration und Toleranz

Die Kinderfreunde bekennen sich insbesondere zu den politisch-pädagogischen Prinzipien der Toleranz und Integration, der Ablehnung jeder Form von Gewalt und der umfassenden Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Lebensbereichen.

Menschenrechte und Kinderrechte Die individuellen und sozialen Menschenrechte, im Konkreten natürlich die Rechte der Kinder, sind ein wesentlicher Orientierungsrahmen für die Arbeit der Kinderfreunde. Jede Form der Diskriminierung nach Rasse, Nationalität, Religion, Geschlecht, sozialer Herkunft, demokratischer Gesinnung wird von ihnen abgelehnt.

Anführung der Unterschiede zu den Leitlinien des Roten Wiens

Wir haben die Ansicht gewonnen, dass die „neuen“ Leitlinien um einiges liberaler und offener in ihrem Denken und Tun geworden sind. Weiteres entfernten sich die Kinderfreunde weitgehend von den extremen Klasseneinteilungen der Gesellschaft im Roten Wien. Die damaligen Proletarier, die Arbeiterschicht und das sogenannte Gesindel gibt es in dem Sinne nicht mehr. Heutzutage ist der Begriff der Gemeinschaft und der Chancengleichheit sehr viel bedeutender, was man auch in den „neuen“ Ansichten der Kinderfreunde wiederfinden kann.

Solidarisches Handeln zeigt sich besonders im Umgang mit schwachen, behinderten und durch andere Gründe ausgegrenzte Personen. Die Integration dieser Gesellschaftsgruppen im Alltagsleben – und daher auch in der Arbeit der Kinderfreunde – ist Maßstab für die Verwirklichung einer sozialen Demokratie. Grundlage dafür ist aber bereits die Sensibilisierung gegenüber und der Widerstand gegen alle Erscheinungsformen der Entsolidarisierung in unserer Gesellschaft.

Die Kinderfreunde wollen eine Gesellschaft, in der alle Generationen, Männer und Frauen, partnerschaftlich zusammenleben. Nur das solidarische Handeln aller kann die gesellschaftlichen Verhältnisse und damit die Lebensbedingungen der Einzelnen verbessern.Die Kinderfreunde fordern eine Gesellschaft, die nicht Geld und Besitz, sondern den solidarischen Umgang mit den Schwächeren zum obersten Prinzip erhebt.

Die Kinder werden zu selbstbewussteren Erwachsenen heran erzogen, müssen gleichzeitig aber auch mit vielen Veränderungen und Erneuerungen leben und sich in ihrer „neuen“ Welt einen für sie passenden Weg erkämpfen. Sie müssen sich in unserer heutigen wertepluralen Welt orientieren, so wie mit der größeren Freiheit die sie erhalten haben zurecht kommen.

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Die jetzt aufwachsende Generation wird auch als „Kinder der Freiheit” bezeichnet. Tatsächlich ist es so, dass es noch nie eine derart selbstbewusste Kinder- und Jugendgeneration gegeben hat. Kinder haben vielfältigen Zugang zu Informationen und somit Einblick in die Welt der Erwachsenen. Die dadurch eröffneten Handlungsspielräume werden aber von vielen Kindern und Jugendlichen nicht nur als Chance wahrgenommen, sondern im Sinn von „hilflosen Freiräumen” erlebt. Sie können diese Entscheidungsbereiche für sich nicht nutzen, da sie dabei emotional überfordert sind und zu wenig Hilfe und Förderung bekommen.

Die Aufgaben für Eltern, für PädagogInnen, wie auch für uns ändern sich damit tiefgreifend, es gilt die Heranwachsenden in die Lage zu versetzen, die Chancen wahrzunehmen. Für Kinder und Jugendliche ist der Umgang mit den elektronischen Medien wesentlich selbstverständlicher als für Erwachsene. Auf diesem Gebiet ist der übliche Wissensvorsprung der Erwachsenen nicht mehr gegeben und es ist offensichtlich, dass diese von den Kindern etwas lernen können. Daneben bestehen die traditionellen sozialen Barrieren in der Gesellschaft weiter fort: Kinder von Benachteiligten sind immer auch benachteiligt!

Die Kinderfreunde gehen in ihren Überlegungen und in ihrer Arbeit von einem Ziel aus: Die umfassende Persönlichkeitsentwicklung des Menschen. Demnach ist Bildung ein lebenslanger Prozess, der alle Bereiche des Menschen einbezieht und nicht auf die Vermittlung von Wissen eingeschränkt werden darf. Die Entwicklung von persönlichen, sozialen und politischen Einstellungen und Verhaltensweisen sowie konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten ist daher unser Ziel. Die Notwendigkeit, für eine sich ständig ändernde Arbeitswelt qualifiziert zu sein, darf nicht jene Bereiche zurückdrängen, die für eine zufrieden stellende persönliche Lebensgestaltung und eine Beteiligung am politischen Geschehen (die Beteiligung an der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens) erforderlich sind. Die Schulen werden unserer Auffassung nach diesen Aufgaben noch immer nicht gerecht. Die umfassende Persönlichkeitsentwicklung bedarf der Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder.

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7. Bildinterpretation

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Das Innere eines Quartiers – Hermann Drawe „1904“

Quelle der Bilder:

http://www.wienmuseum.at/frameset.asp?submenu=2&page=http:// www.wienmuseum.at/4272.htm

Unterlagen von der Lehrveranstaltung

Das Bild thematisiert das Wohnraumproblem um das Jahr 1904.

Das Bild „Das Innere eines Quartiers von Hermann Drawe Zeigt mindesten drei Menschen in einem Schlafraum. Einzig und allein vom Titel her können wir sagen das es sich hierbei um einen Schlafraum handelt, den es könnte sich auch um ein Kellerabteil handeln. Man kann erkennen, dass sie sich gegenseitig im Weg sind. Ein Kind schläft im Hintergrund auf einer Pritsche. Bei sich hat es eine Puppe. Viele Kleidungsstücke hängen an der Wand und sind auch im ganzen Quartier verteilt. An der Wand hängen auch noch Töpfe und andere Kochutensilien.

Trotzdem das der Mann am Rande des Bildes zu sehen ist, zieht er doch den ersten Blick auf sich. Dadurch, dass man nicht definieren kann, wohin der Mann schaut, es scheint das der Mann aus dem Bild hinausschaut, wird der Blick des Beobachters auf keinen weiteren bestimmten Punkt des Bildes hingelenkt. Auch sind vom dritten Menschen nur die Füße zusehen. Da sie sehr groß sind und in der Mitte des Bildes platziert sind, ist die Präsenz des Menschen unverkennbar.

Uns schein, dass der Fotograf des Bildes darauf aufmerksam machen wollte, dass die Umstände, wie viele Menschen in dieser Zeit gelebt haben, sehr bedürftig sind. Es scheint sehr bedürftig trotzdem dass einige Kleidungsstücke vorhanden sind und sie auch dicke Bettdecken gegen die Kälte haben.

Auf den ersten Blick wirkt das Bild sehr starr, da von den Personen keine Bewegungen bzw. Dynamik ausgehen. Doch die Diagonale des Bildes und einige unvollständige Linien wie zum Beispiel die herumhängenden Kleider, scheinen Bewegung in das Bild zu bringen.

Der Mann im Vordergrund wirkt Abwesend und müde zu sein.

Wir erwarteten uns mehr Schmutz beziehungsweise eine dreckigere Umgebung. Zum Beispiel löchrige und schmutzige Kleidung oder beschmierte Wände.

Es schein sich um eine Familie zu handel, da man den wo möglichen Vater und das Kind eindeutig erkennen kann. Sie scheinen sich von den Strapazen des Tages zu erholen und zu versuchen etwas schlaf zu bekommen. Auf Grund des kleinen

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Quartiers kann man darauf schließen, dass die hier wohnenden Personen kaum Privatsphäre genießen können. Auch keine Hygienemittel bzw. Hygienegegenstände wie zum Beispiel eine Waschschüssel sind im Bild ersichtlich. Ob sie überhaupt eine Toilette in diesem Gebäude benützen können ist fraglich.

Alles in allem ist es ein sehr eindrucksvolles Bild, das uns zeigt wie viele Menschen damals gelebt haben. Nach näherer Betrachtung kommen immer mehr Details zum vorschien die zu der Geschichte der Personen im Bild beitragen und uns einen Teil ihres Lebens erzählen.

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