GESCHICHTE&HEIMAT€¦ · wehtderWind"und„Hernando’s Hideaway". „Ihrseiddie...

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Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins Abt. Remscheid - Hückeswagen - Radevormwald - Wermelskirchen GESCHICHTE & HEIMAT Januar 2005 Nr. 1/ 72· Jahrgang BUWMWMMM Eine Beilage des ijga Letzter Vorhang für große Revue RÜCKBLICK ' Das Remscheider Metropol-Theater, Teil 3 Von Heinrich Vogel 3 gab es einen Mann, der sich Ende der 40er- ]ahre in der Operet- tenroile des Grafen Da- nilo von der Bühne verabschiedet hatte. Fortan hielt Otto Hofner die Fäden hinter der Bühne in der Hand. Als Produktions- und Tourneeleiter von Operetten hatte er Erfolg. Mit der Gründung einer Gastspieldireku'on im Jahre 1950 kam er den Schlagerfans ganz na- he. Alle Rundfunk-und Schall- platten-Stars schickte er durch die Lande. Und Hofner wusste, wen er schickte und wie er die Pro— gramme zusammensteilte, war er doch mit zahlreichen Künstlern eng befreundet. 1952 verlagerte Hofner seine Agentur von München nach Köln. Ein erster „Bunter Abend“ startete mit den erprobten Mikrofonstim— men von Lonny Kellner und Peter René Körner. Mit sicherem Ge- spür brachte Hofner junge Talen- te auf den richtigen Weg. Er ent- deckte Peter Alexander und René Kollo. Mit den „Don Kosaken" unter Sergej Jaroff hatte er einen Exklusiv-Europavertrag. Der Höhe— und Schlusspunkt Die Programme von Otto Hof- ner waren gleichzeitig Höhe- und Schlusspunkt des Revue-Theaters in Remscheid von Mitte der Bock- Jahre bis 1959 bis zu den letzten Eintragungen von Mona Baptiste und Ralf Bendix in das Gästebuch des Metropol-Theaters: „Dank für die schönen Stunden!" Der Ablauf der „Bunten Aben- de" hatte ein festgeschriebenes Programm mit Instrumentalmu- sik, Gesang und Conference. Für eine flotte Einleitung sorgte meist eine kleine Kapelle. Dabei be- herrschten die Musiker für soli- stisch hervorragende Einlagen mehrere Instrumente. Es war spannend und aufregend, wenn sich der Vorhang langsam öffnete und die blendend aufgelegte Ka- pelle schon damit begonnen hatte, ihre musikalische Visitenkarte ab- » « _ _ illigeben. Hier einige Naänenhder % ' s . einen Musik ru en o er i rer - » -. Leiter: Addi Nam? Savoy-Quar- c & tett, Achim Rahn, Heinz Krüger, __ _ _ King Stassi und seine Funkrhyth- Vom Burolelter einer Fluglinie zum temperamentvollen Schlagerstar: Ralf Bendix schaffte eine erstaun- miker, Heinz Neubrand, Fünf lich Wandlung. Er rockte damals auch im Remscheider Metropol-Theater.

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Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins — Abt. Remscheid - Hückeswagen - Radevormwald - Wermelskirchen

GESCHICHTE & HEIMATJanuar 2005 — Nr. 1 / 72· Jahrgang BUWMWMMM Eine Beilage des ijga

Letzter Vorhang für große RevueRÜCKBLICK ' Das Remscheider Metropol-Theater, Teil 3 — Von Heinrich Vogel

3 gab es einen Mann,der sich Ende der 40er-]ahre in der Operet-tenroile des Grafen Da-

nilo von der Bühne verabschiedethatte. Fortan hielt Otto Hofnerdie Fäden hinter der Bühne inder Hand. Als Produktions- undTourneeleiter von Operetten hatteer Erfolg. Mit der Gründung einerGastspieldireku'on im Jahre 1950kam er den Schlagerfans ganz na-he. Alle Rundfunk-und Schall-platten-Stars schickte er durch dieLande. Und Hofner wusste, wener schickte und wie er die Pro—gramme zusammensteilte, war erdoch mit zahlreichen Künstlerneng befreundet.

1952 verlagerte Hofner seineAgentur von München nach Köln.Ein erster „Bunter Abend“ startetemit den erprobten Mikrofonstim—men von Lonny Kellner und PeterRené Körner. Mit sicherem Ge-spür brachte Hofner junge Talen-te auf den richtigen Weg. Er ent-deckte Peter Alexander und RenéKollo. Mit den „Don Kosaken"unter Sergej Jaroff hatte er einenExklusiv-Europavertrag.

Der Höhe— und

Schlusspunkt

Die Programme von Otto Hof-

ner waren gleichzeitig Höhe- undSchlusspunkt des Revue-Theatersin Remscheid von Mitte der Bock-Jahre bis 1959 — bis zu den letztenEintragungen von Mona Baptisteund Ralf Bendix in das Gästebuchdes Metropol-Theaters: „Dank fürdie schönen Stunden!"Der Ablauf der „Bunten Aben-

de" hatte ein festgeschriebenesProgramm mit Instrumentalmu-sik, Gesang und Conference. Füreine flotte Einleitung sorgte meisteine kleine Kapelle. Dabei be-herrschten die Musiker für soli-stisch hervorragende Einlagenmehrere Instrumente. Es warspannend und aufregend, wennsich der Vorhang langsam öffneteund die blendend aufgelegte Ka-pelle schon damit begonnen hatte,ihre musikalische Visitenkarte ab- » « _ _

illigeben. Hier einige Naänenhder % ' s s· .

einen Musik ru en o er i rer - — .» » -.

Leiter: Addi Nam? Savoy-Quar- c ‘ &

tett, Achim Rahn, Heinz Krüger, __ _ _King Stassi und seine Funkrhyth- Vom Burolelter einer Fluglinie zum temperamentvollen Schlagerstar: Ralf Bendix schaffte eine erstaun-

miker, Heinz Neubrand, Fünf lich Wandlung. Er rockte damals auch im Remscheider Metropol-Theater.

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Monkies,Musik Boxer (Seltenheit: eineFrau stand in der Mitte des Sex-tetts) und Kurt Drahek, der auchKomponist war („Ich hör' so gernMusik“). Auf der Metropol-Bühnedrängten sich aber auch ganzeOrchester. so brachte Bep Ro-wold mit seinem rot befracktenTanzorchester von Radio Hilver-sum einen abenteuerlichenSchwung in das Programm-

Der Lehrer Wemer Overheidtaus Oberhausen kehrte nach sei—ner Soldatenzeit nicht mehr insKlassenzimmer zurück. Als Pia-nist mit Band spielte er einigeJahre in Varietées und auf Tanz-tumieren. Per Zufall kam er indie zusätzliche Rolle als Sänger.In dieser doppelten Funktion trater nun auf. Zwischen den ge-konnten und flotten Nummernseines Orchesters brachte derSänger Overheidt die auf ihn zu-geschnittenen Lieder »Und esweht der Wind" und „Hernando’sHideaway".

„Ihr seid die

Spanier Deutschlands!"

Nach dem Musikauftalct tratendie Programmführer an die Ram-pe. Das waren meist charmantePlauderer der alten Schule, so der„altemde Bonvivant” HeinzHeimsoth oder Karl Schmitz-Grön und Walter Böhm. Alle wa-ren mit einer wahren Pointenflut,nach Gelegenheit mit Bezug aufdie Gaststadt, sofern sie bei demtäglichen 'Ortswechsel überhauptwussten, in welchen Mauern siesich befanden, ausgerüstet. Oftwurde der Name mit R-e-e-e—mscheid überzogen.

Mit Rudi Rauher (ehemalsBankbeamter in Wup ertal)brachte sich zum wieder oltenMal der Kölner Sender in Erinne-rung und in einer Bombenstim-mung rief Karl Otto Brocker denRemscheidem zu: „Ihr seid dieSpanier Deutschlands!" Mit Ma-

LutZ-Krakt-Qujntett, -

„Der Wind hat mir ein Lied erzählt . . .“: Zarah Leander sang Ende

der 50er—Jahre in Remscheid ihren berühmten Evergreen.

ria Ney aus Hamburg kam aucheinmal eine Frau mit lockerenSprüchen: „Erwarten Sie von mirkeine lauten Witze. Ich möchtenicht, dass Sie sich hinterher är-gern, hier gelacht zu haben."

Ein in sich geschlossenes Wort-programm brachte Hans Lorenz;Der „Schwabenhansl" nannte inseinem nachdenklichen Vortragdas Kind Unterhaltung beim Na-men und zitierte Schiller, der ge-sagt habe, dass das, Leben ernstund die Kunst heiter sei: „Mandarf Schiller nur nicht so wörtlich

Die „Singende Seemannsbraut“ Liselotte Malkowsky war eine großeVerehrerin des berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven.

nehmen, denn dann wäre das,was wir hier oben auf der Bühnemachen‚'Kunst‚ weil es ja heiterist."

Bei den abendfüllenden Büh-nenprogrammen legte Heinz E-ckertz auch in seinem Metropol-Theater Wert auf eine gute Mi-schung. so waren neben Sängern

_ und Instrumental-Solisten für ihndie reinen Varietée-Darbietungendas Salz in der Suppe. Da traten]ongieure, Tänzer und Drahtseil-Artisten ins Rampenlicht. Mitschleuderme und Trampolinging es bis an die Bühnendecke.

Akrobaten undClownerien

Wie ein roter Faden zogen sichdie Auftritte durch die Eckertz-Theater — von den Parterre-Akro-baten, den ,,Vier Herberts" am 1.April 1947 im Concordia-Theater,bis zum letzten Metropol-Ap-plaus für musikalische clowne-rien am 6. September 1959. DieArtisten wurden in den Pressebe-sprechungen kaum beachtet oderüberhaupt nicht erwähnt. Sie wa-ren auch meist die bescheidens-ten unter den Bühnenkünstlem,immer mit deni‘Un‘hérton: „Werweiß, wo wir-morgen sind!"

Das ist bis heüte sogebliebenDen Artisten trägt kein Ensemble,keine szenische Aufmachungbaut ihm eine Brücke. Der mussvon der ersten Sekunde seinesAuftretens an mit anzem Einsatzda sein, denn nac fünf Minutenist seine Zeit‘._umgund kein großesFinale ruft ihn dem Zuschauerins Gedächtnis zurück.Im Oktober 1957 stand Rem-

scheid auf dem Toumeeplan derSängerin Liselotte Malkowsky.Als Programmpunkt Nr. 12 hattesie noch genügend Zeit So war-tete sie in einer gemütlichen Bier-stube am Markt, nur einen Stein-wurf vorn Metropol-Theater ent-fernt, auf ihren Aufm'tt Als „Sin—gende Seemannsbraut“ hätte manLiselotte Malkowsky ein Ge-spräch über Wind und Wellenzugetraut, doch sie erzählte ihrerBegleitung und weiteren Theken-

« gästen von Ludwig van Beetho-ven. Dabei blätterte sie in einemkleinen Buch über den Komponi-sten, »das ich auf allen Reisen beimir habe«. Die Verehrung fürBeethoven war bei ihr einmal so-weit gegangen, dass sie den Na-men ,,Helga van Hoven” annahm.

Zarah Leander sorgtefür alten UFA-Glanz

Als Liselotte Malkowsky warsie nun mit ihrem Erfolgsschlager„Der alte seemann kann nachtsnicht schlafen" unterwegs. DieMeisterin des Buchbinderhand—werks begann in den Wer-Jahrenihren Erfolgsweg als Sängerin. Dasuchte eine schallplattenfirma ei-ne dunkle Gegenstimme zu ZarahLeander. Doch Liselotte Mal-kowsky ging ihren eigenen Wegund fortan hatte der Name St.Pauli einen besonders melodi-schen Klang.Mit Zarah Leander zog im De-

zember 1957 alter UFA-Glanz indas Theater ein, und sie sang mitihrer rauchigen Vibratostimmenoch immer vorn Wind, der ihrein Lied erzählt hatte, und ihr,,Nur nicht aus Liebe weinen"weckte weitere Erinnerungen angoldene Leinwandzeiten. AmSchluss gab es Blumen vomHausherrn für die Diva.Dann die Uberraschung des

späten Abends. An der Rüclcfrontdes Kinos stand der große Luxus-wagen der Leander samt Fahrertief und fest im RemscheiderSchlamm und die wartendenFans durften ihren star nun hand-greiflich verabschieden. Mit ver-einten Kräften drückten sie denschweren Wagen wieder auf fe-sten Boden.Im Nachklang dazu meldete

sich der RGA-Plauderer: „Sie dür-fen, gnädige Frau, dieses Missge-schick nicht nachtragen. SehenSie, Remscheid ist eine der klein-sten Großstädte der Bundesre u-blik, ein aufstrebendes, den C a-«rakter einer Goldgräberstadt tra-gendes Gemeinwesen. Wenn Sienach einem Jahrzehnt noch ein-mal wiederkommen, haben wireinen Leitplan und eine Allee-straße, um die uns die ganze Weltbeneidet."

Im Schatten von

Catarina Valente

Zwischen Gesang und flottenOrchester-tönen sorgten Mariaund Pietro Valente für erfri—schende Abwechslung. MutterValente stand im Schatten ihrerTochter Caterina, obwohl sieselbst einmal als der berühmtesteweibliche Musikclown der Weltgalt. Sie kannte alle Varietees und

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als Tochter eines Zirkusdirektorswar ihr Leben ein einziger Aben-teuerroman. Schon die Wander-wege ihrer Kinderzeit führtenMaria und ihre 13 Geschwisterbis an den Hof des Zaren. Beiihrem Auftritt mit Sohn Pietroplauderte Maria Valente freimü—tig über ihr Alter, über Geschenkedes Lebens und unerfüllte Träu-me. Die örtliche Presse beschei-nigte ihr ,,hohe Musikalität undein ausgesprochen komisches Ta-lent«·

Umjubelt: René Carol

und Rudi Schuricke

Umjubelt wurden die Trouba-doure jener schlager-steinzeit-Jahre. René Carol war irgendwiedem Dschungel der Kriegs- undNachkriegsjahre entkommen. Eswar keine Ewigkeit her, da er,nach seiner Flucht aus französi-scher Kriegsgefangenschaft, nurmit einem zusammengeschnür-ten Bündel vor dem zerbcrmbtenKölner Dom stand. „Am Zucker-hut” und „Maria aus Bahia" wa-ren seine ersten schallplatten,aufgenommen im großen Sende-saal des Kölner FunkhausesDen endgültigen Durchbruch

schaffte Carol mit „Im Hafen vonAdano“, im Duett mit Lonny Kell-ner. René Carol sang natürlichauch seinen Uberflieger „Rote Ro-sen, rote Lippen, roter Wein" ineinem himbeerroten Zweireiher.Die echten roten Rosen brachteeine Zuhörerin ihrem Idol im Eil-schritt auf die Bühne.

Pionier südlicher

Sehnsuchtsmelodien

Carol präsentierte aber nichtnur seine bekannten Schlager;zum Vergnügen der Zuhörer imi—tierte er noch Zarah Leander,Hans Albers, Theo Lingen undHans Moser. Nach dem Auftrittgab er sich ganz privat. Plaudemdund geduldig stellte er sich den

René Carol verzauberte die Damen mit seinem Hit „Rote Rosen,rote Lippen, roter Wein“ — stilechten im himbeerroten Zweireiher.

Fotoapparaten seiner Fans. EinBegleiter des sängers meintedann auch: „René ist ein Mensch,der alle Welt zum Kumpel hat, ergibt sein letztes Hemd."

Eine Zeit lang war Carol derSchrecken aller Hotelbesitzer,denn die Begleiter auf seinen Rei-sen waren Bandi, Alraune undBenno: ein Riesenschnauzer, einWindhund und ein Schäferhund.

Rudi Schuricke war seit seinem Lied von den „Capri—Fischern“ derPionier aller südlichen Sehnsuchtsmelodien.

Für den Transport seiner gelieb-ten Vierbeiner hatte der Sängereinen schweren amerikanischenStraßenkreuzer.

Seit den „Capri-Fischem" warRudi Schuricke der Pionier allersüdlichen Sehnsuchtsmelodien.Endlos ist die Reihe seiner Liederund in der Auswahl der Musik-stücke hatte er eine glücklicheHand. Dagegen war sein privatesLeben nicht immer eine glückli-che Wanderung, aber nach Rück-schlägen suchte er entschlossennach einem neuen Weg.

Schuricke war mehrere Malebei den gemütvollen schlager-festspielen im Metropol-Theatervertreten. Seine Lieder aus denfrühen 50er-Jahren sind nochheute viel gewünschte Melodienbei den Rundfunkhörem, wie:„Florentinische Nächte", „Lass’uns träumen am Lago Maggiore“,„Frauen und Wein", „Dreh' Dichnoch einmal um".

Langer weißer Schalwehte wie bei Tauber

Der Sänger kannte grundsätz-lich keinen Künstlereingang —wollte keinen Künstlereingangkennen. Er benutzte den Zu-schauer-weg vom Markt her undschritt ganz knapp vor Beginnder Vorstellung in majestätischerPose an den vollbesetzten sitzrei-hen vorbei zur Bühne. Dabeiwehte sein langer weißer Schal inTauber-Manier hinter ihm her.

Schurickes „Auf Wiederseh'n“

war in jenen Jahren ein viel ge-nutzter Kino-Rausschmeißer. AmEnde einer gefühlvollen Filmepi-sode wurden die Besucher nochbeim Hinausgehen stimmungs-voll aus den Lautsprechern berie-selt: „. . . bleib’ nicht so lange fort!"

Alles war

live

Hinter den Kulissen eines„Bunten Abends“ tat sich bei der ‘Technik und den Künstlern soallerlei. Davon merkte das Publi—kum im Saal gar nichts oder nursehr wenig. Bevor die Akteure 'ins Scheinwerferlicht traten‚ wa-ren sie damit beschäftigt, einan-«der das Lampen- bzw. Mikrofon-fieber von der seele zu reden.Dabei machten kleine Geschich-ten und neue Witze die Runde.Ein anderer “Künstler wandertenervös hin und her. Jeder beru-higte sich auf seine Weise.Das gesamte Programm rollte

damals live ab, Uberraschungenwaren da nicht ausgeschlossen.So kam es vor, dass sich eineSängerin für ihre starke Erkältungpersönlich und verlegen beim Pu-blikum entschuldigte und einnachfolgender Sänger nur mitgroßer Heiserkeit über die Run-den kam. „Trotzdem gingen allemal wieder zufrieden nach Hau-se", so die Presse und „es war derschönste Sonntagabend der Wo-che“. Das gemischte Publikumwollte ohne tiefgründige Erwar-tungen den Alltag ein wenig auf-frischen: ,,Neben uns saß ein se-riöser, älterer Herr. Sein herrli-ches Mitgehen und Mitschwingenriss wiederum unfehlbar mit. Ergeriet außer Rand und Band undkonnte seiner Begleiterin immerwieder zuraunen: ‚Ist das nichteinfach toll?" (RS-Presse).

Mittzwanziger und

altemde showkönige

In bunten Kostümen kam eineholländische Musikgruppe undentführte die Theaterbesucher mitihren Gitarren in die südsee. DerSolist an der Hawaii-Gitarre ver-zauberte im wahrsten sinne desWortes und der Zwei-Meter-Mann am Bass war ein Witzboldmit immer neuen Ideen. Die Frauund drei Männer nannten sich'„Die Kilima Hawaiians". DieGruppe hatte an jenem Abendeinen besonders launigen Kick.Die Erklärung dafür steht im Gä- .stebuch des Theaters: . . die (!)Kognac war — herrlich!"

Gute Laune hatten auch die„Penny Pipers" auf ihre Fahnegeschrieben. Da ging es musika-lisch um Lederhosen und die Vor-züge einer damals gerade in Modegekommenen Milchbar.

Mittzwanziger wechselten mitalternden Showkönigen. Als be-gabte Neulinge stellten sich An-géle Durand, Lutz Landers .unclOwen Williams vor. Durch ihrapartes Aussehen wie die in Tri-nidad geborene Mona Baptjsteeine der gefragtesten Bühnen-künstlerinnen jener Jahre. Dievielseitige Künstlerin war schonin Gershwins „Porgy and Bess"aufgetreten und hatte neben

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Audrey Hepburn und Yves Mon-tand auf der Bühne gestanden„Es liegt was in der Luft” war einbekannter Titel aus ihrem Reper-toire. Auf Abschiedstoumee be-fanden sich nun die „Peterle"—In-terpretin Mimi Thoma, WilhelmStrienz und der Trompeter undOrchesterleiter Kurt Hohenber-ger. Mit Hohenberger verab-schiedete sich eine ganze Musi—kepoche, denn er gehörte einmalzur legendären Original-Reser-zung der „Goldenen Sieben" undzu den „Original Teddies“ vonTeddy Stauffer.

Der blinde Pianist:

Wolfgang Sauer

Als Schlager- und Jazz-Ge-sangs-star wurde Wolfgang sauerangesagt und gerade als Manndes Jazz hatte sauer eine Erinne-rung an Remscheid. In der großenGaststätte „Stadtschänke“ an derAlleestraße war in den Anfangs-jahren mittwochs und an den Wo-chenenden Tanzmusik angesagtDa war einmal eine Kapelle mitvier jungen Musikern und flottenRhythmen engagiert.

In den Zigarettenpausen bliebnur der blinde Pianist am Flügelsitzen Das war nun für ihn dieGelegenheit, seine ]azzbegeiste—rung an den Mann zu bringen.Mitatemberaubender Fingerfer-tigkeit legte er einen Boogie-Woo-gie hin. Bei der anschließendenBlues-Fantasie hatte auch seineStimme den richtigen Ton drauf.Einige Jahre später kehrte dieserPianist als erfolgreicher sängerWolfgang sauer zurück und hatteseine kleine lebensweisheit imSchlagergepäck: „Ach manbraucht ja so wenig, um glücklichzu sein."Im Studio-Kino lief 1955 der

Film „Saat der Gewalt“, eine pa-ckende Darstellung über aufsäs-sige Jugendliche der Großstadt-Ghettos. Beim Filmabspann,gleichsam als Anhängsel, drehtendie Lautsprecher so richtig aufund die Tonaufnahme „Rockaround the clock" mit unge-wohnten Rhythmen machtes rachlos und hielt die Kinobesu-c er in den Sitzen. Nun hatte deramerikanische Rock’n’Roll-KönigBill Haley auch in Remscheid zu-geschlagen

Rock'n’Roll å la

Evelyn Künnecke

Monate später _ zog derRock’n’Roll auch live auf die ber-gischen Höhen. Auf der Metro-pol-Bühne versammelte sich einrockendes Tanzorchester und einTanzpaar gab erste Tanzanleitun-gen Mit vorgeschnallter Gitarreund enormen Lärmreservenschleuderte der Krauskopf RalfBendix seine Rocktöne in denSaal — die erstaunliche Wandlungdes Büroleiters einer Flugliniezum temperamentvollen Schla—gerstar.Wer sich nun 0 erettenseiig zu-

rücklehnen wo te, wurde einzweites Mal überrascht und vonden mitreiizenden Rhythmenkräftig durchgeschüttelt, denn

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Leicht exotisch angehaucht: Angele Durand stellte sich in den 50er-Jahren als begabter Neuling im Showbusiness vor.

Evelyn Künnecke sang keine„Vetter aus Dingsda”-Melodienihres Vaters Eduard. Passend zuihrem kunterbunten Leben in je-nen Wer-Jahren gehörte einRockauftritt a la Evelyn. Der hör-gestresste Pressevertreter konntenur noch vermerken: „Der Ab-schied von diesem Schlagerabendwurde für unsere Ohren einschmerzlicher!“

Besonders durch das Femse-hen wurden die Angebote kurz-weiliger Unterhaltung mit denJahren immer unübersichtlicher.Perfekte Inszenierungen und to-tales Playback-Verfahren ließendie langsam ergrauten Schlager-freunde wehmütig an die Rem-scheider Schlagerabende zurück-denken, an Veranstaltungen, indenen der Ausfall eines Mikro—fons mit Applaus bedacht wurde.Fs war eben alles so wunderschönive.

Zum Ende der Bock-Jahre wur-de das MetropoliTheater ein rei-nes Filmtheater. In anderen Städ—ten hatte der Abschied von einemBühnenprogramm in den Kinosschon einige Jahre früher einge-setzt. Für diese Programme imStil der „Bunten Abende" gab esam 10. Oktober 1960 im Rem-scheider Stadttheater (ab 2001Teo Otto Theater ) einen Nach-klang. Der Kölner Rundfunkübertrug für Millionen HörerRemscheids heitere seite in dieWohnstuben und mit Kurt Postel,Werner Klein und Otto Höpfnerging es dreifach wortgewandtüber zwei stunden

Mit dem großen Tanzorchester

des Rundfunks, unter Leitung vonAdalbert Luczkowski, war dieBühne des Theaters ausgefüllt-Mit einer kleinen Besetzung zeig-te stimmungsmacher Günter Ei-lemann, dass er auch beim Jazzdie richtigen Töne fand.

Erster Auftritt des

„Medium Terzetts"

Ein Wiedersehen gab es mitErnie Bieler, Gerhard Wendlandund Willy Hagara. Drei muntereKnaben aus Osnabrück hatten ih-ren allerersten Bühnenauftritt. Als„Medium Terzett” sorgten sie fürden frischen Schlagerwind desAbends. Mit mimischen Einlagenwürzten sie ihr „Ein Loch ist imEimer”. Inmitten klingender Na-men trat Gervasio Marcosignori,ein Weltrneister auf den Akkor-deon, sehr bescheiden auf.Zum Abschluss des Abends be-

merkte Bobbejaan etwas weh-mütig „Ich steh’ an der Bar undhabe kein Geld". In seiner Edel-cowboykleidung war er ein be-staunter Solist. So war „HalloRemscheid — die große Revue"noch einmal an ihren Ausgangs-punkt, hoch auf dem stadtkegel,zurückgekehrt, aber die kritischenStimmen am Ausgang warennicht zu überhören: „Die Zeitensind vorbei!" Der letzte Vorhangist gefallen, der Traum im Ram-penlicht verweht . . .

Mit diesem Beitrag endet die se-rie. Alle Abbildungen in dieserAusgabe stammen aus dem Ar—chiv des Autors Heinrich Vogel.

RemscheidSamstag, 5. Februar: 10.45 Uhr,Besichtigung der WuppertalerStadthalle mit Führung. Lei-tung: Hans Euler, Kosten: 8 Eu—ro, Anmeldung erforderlich.

Samstag, 12. März: Halbtages-fahrt nach Köln mit Besichti-gung der Ausgrabungen unterdem Dom und Besichtigungvon St Ursula. Leitung: Alex-ander Drügg und Claudia Holt-schneider, Kosten: 27 Euro. Ab—fahrt: 11.15 Uhr vom Teo OttoTheater, 11.30 Uhr vom Kreis-haus Lennep.

Mittwoch, 6. April: 19.30 Uhr,Mitgliederversammlung. Aus-führliche Tagesordnung folgtmit der Einladung.Weitere Informationen zumlaufenden Programm bei Alex-ander Drügg, F 0 21 91 /5 42 14, oder bei Claudia Holt—schneider, @ 0 21 91 /5 91 22 43.

WermelskirchenMontag, 14. Februar: 19 Uhr,Jahreshauptversammlung mitWahlen zum Vorstand und derKassenprüfer, Hotel zur Eich.Je nach Zeit im Anschluss Vor-trag von Lothar Kellermann.Das Thema wird in der Tages-presse bekanntgegeben.

Montag, 14. März: 19.30 Uhr,Vortrag „Out of Africa: Rhein-dahlen, Neandertal und dieEvolution des Menschen", vonDr. Jürgen Thissen (Titz), Hotelzur Eich.

Weitere Informationen zumlaufenden Programm bei IngoSchaffus, F O 21 96 / 8 46 11.

HückeswagenFreitag, 25. Februar: 19.30 Uhr,Mitgliederversammlung, Hei-matmuseum.

Freitag, 18. März: 19.30 Uhr,Lichtbildervortrag von GertrudEversmann über Reise nach Ar-menien, Heimatmuseum.

Weitere Informationen zumlaufenden Programm bei KarlReiner Illgen, F 0 21 92 /73 81.

RadevormwaldFreitag, 11. Februar: 19.30 Uhr,Lichtbildvortrag „Radevorm-wald vor 60 Jahren — zum Ge-denken an die Zerstörungen imZweiten Weltkrieg" von ErichMeskendahi, Haus Burgstr. 8.

Weitere Informationen zumlaufenden Programm bei Wolf-gang Motte, F 0 21 95 / 70 40.

Die nächste Ausgabe der RGA-Beilage „Geschichte und Hei-mat“ erscheint am samstag, 26.März 2005.

Druck und Verlag: ]. F. Ziegler KG, RemscheidVerantwortlich: Dr. Andrea Kurgus