Gesetzentwurf Zur Asylpolitik - Perfidie in Paragrafenform - Süddeutsche - Prantl Mai 2014

5/25/2018 Gesetzentwurf Zur Asylpolitik - Perfidie in Paragrafenform - S ddeutsche - Prantl Mai 2014

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Politik

9. Mai 2014 07:34 Gesetzentwurf zur Asylpolitik

Perfidie in ParagrafenformEin Kommentar von Heribert Prantl

Landauf, landab ist derzeit von der "Willkommenskultur" die Rede. Doch beim

neuen Gesetzentwurf zur Asylpolitik bleibt einem dieses Wort im Halsestecken. Er ist das Schrfste und Schbigste, was einem deutschen

Ministerium seit langem eingefallen ist.

So wie es bei den Vornamen Konjunkturen gibt, gibt es sie auch bei den politischenBegriffen. Bei den Vornamen stehen heute Maximilian und Sophie ganz oben; bei

den politischen Begriffen ist es die "Willkommenskultur". Sie ist derzeit berall.

Die Willkommenskultur ist landauf und landab Thema von Tagungen, sie ist inPolitikerreden ungeheuer beliebt; und als Zeichen der neuen Willkommenskulturwerden berall Einbrgerungsfeiern veranstaltet. Willkommenskultur: Es ist, als sollemit dem mglichst hufigen, geradezu genieerischen Gebrauch dieses Worts das

ganze Elend der Auslnder- und Asylpolitik der vergangenen Jahrzehnteweggelutscht werden.

Wenn man den aktuellen Referentenentwurf der Bundesministeriums des Inneren"zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung" liest, dannist es mit dem Genuss vorbei, dann bleibt einem das Wort Willkommenskultur im

Halse stecken. Dieser Gesetzentwurf ist das Schrfste und das Schbigste, waseinem deutschen Ministerium seit der nderung des Asylgrundrechts vor 21 Jahren

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eingefallen ist. Er ist nicht nur eine Ansammlung von Nickeligkeiten, neuenErschwernissen und Brokratismen; im Kern ist er die Perfidie in Paragrafenform.

Dieser Gesetzentwurf verschrft die ohnehin scharfe EU-Aufenthaltsrichtlinie ineiner Weise, die man nicht glauben mchte, wenn es nicht schwarz auf wei dastnde. Das neue Recht (das nicht Recht werden darf) luft darauf hinaus, dassknftig fast jeder Flchtling, der nach Deutschland kommt, inhaftiert werden kann.

Abschiebehaft oder Aufnahmehaft

Das Ganze funktioniert ber das Wort "Fluchtgefahr". Bei Fluchtgefahr kann knftigjeder Auslnder in Deutschland eingesperrt werden. Und bei der Definition dieser"Fluchtgefahr" (im neuen Absatz 14 des Paragrafen 2 Aufenthaltsgesetz) findet sichfast alles, was einen Flchtling beschreibt und ausmacht: Wenn einer keinePersonalpapiere hat; wenn einer seinen Einreiseweg nicht richtig nennt; wenn einerunter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist - das alles begrndet angeblich

Fluchtgefahr und fhrt daher unmittelbar in die Zelle.Wer also in einen Khllastwagen gepfercht nach Deutschland kommt: Haft. Werseinen Pass weggeworfen hat: Haft; mit Pass wre er allerdings erst gar nichtherein- oder sofort in Abschiebehaft gekommen.

Ein Flchtling, der nicht alles dafr tut, dass er sofort in Abschiebehaft genommen

werden kann, kommt, wegen "Fluchtgefahr", in Aufnahmehaft. Der Flchtling kannalso knftig tun, was er will, er macht es falsch. Wenn er sich umfassend erklrt,kommt er in Abschiebehaft. Wenn er sich nicht umfassend erklrt, wenn er alsoversucht, auf diese Weise die Abschiebung vorerst zu verhindern, kommt er inAufnahmehaft. Und wer im Verdacht steht, dass er kommt, um Sozialleistungen zubeziehen: Einreise- und Aufenthaltsverbot.

Das neue Gesetz will dafr sorgen, dass mglichst viele, am besten alle Asylantrge


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"offensichtlich unbegrndet" sind. Das ist Willkommenskultur auf deutsch.

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