G.I. Gurdjieff-Beelzebubs Erzahlungen fur seinen Enkel Buch I

446

Transcript of G.I. Gurdjieff-Beelzebubs Erzahlungen fur seinen Enkel Buch I

  • Erste Serie des Gesamtwerks All und Allesbersetzt von Louise March

    Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

    Gurdjieff, Georges I.:All und alles / G. I. Gurdjieff.

    - [Geb. Neuaufl.]. - Basel: Sphinx.Einheitssacht.: All and everything < dt. >

    [Geb. Neuaufl.]Ser. l. Beelzebubs Erzhlungen fr seinen Enkel:

    eine objektiv unparteiische Kritik des Lebens des Menschen /[bers, von Louise March].

    Buch l. - 4. Aufl. [der Gesamtaufl.]. - 1991ISBN3-85914-636-X

    19914. geb. Auflage

    1981 Sphinx Verlag BaselDas Werk einschlielich aller seiner Teile ist

    urheberrechtlich geschtzt.Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages

    unzulssig. Das gilt insbesondere frVervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen

    und die Einspeicherung und Verarbeitungin elektronischen Systemen. 1950 Editionsjanus Paris

    1974 Triangle Editions Inc., New YorkGesamtherstellung: Ebner Ulm

    Printed in GermanyISBN 3-85914-636-X

  • & ( &30#)($%% !$$+5$!3!1 $056'+3-&$-

    %70 1$(-$- $-*$+$(-$.!)$*2(43-/ 02$((1"'$*0(2(*

    #$1+$!$-1#$1,$-1"'$-

    !#$%!$& "

  • Erste Serie des Gesamtwerks All und Allesbersetzt von Louise March

    Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

    Gurdjieff, Georges I.:All und alles / G. I. Gurdjieff.

    - [Geb. Neuaufl.]. - Basel: Sphinx.Einheitssacht.: All and everything < dt. >

    [Geb. Neuaufl.]Ser. l. Beelzebubs Erzhlungen fr seinen Enkel:

    eine objektiv unparteiische Kritik des Lebens des Menschen /[bers, von Louise March].

    Buch l. - 4. Aufl. [der Gesamtaufl.]. - 1991ISBN3-85914-636-X

    19914. geb. Auflage

    1981 Sphinx Verlag BaselDas Werk einschlielich aller seiner Teile ist

    urheberrechtlich geschtzt.Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages

    unzulssig. Das gilt insbesondere frVervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen

    und die Einspeicherung und Verarbeitungin elektronischen Systemen. 1950 Editionsjanus Paris

    1974 Triangle Editions Inc., New YorkGesamtherstellung: Ebner Ulm

    Printed in GermanyISBN 3-85914-636-X

  • 3PLAN DES G E S A M T W E R K E S

    IN 3 BNDEN

    I. Se r i ein 3 Bchern

    EINE OBJEKTIV-UNPARTEIISCHE KRITIK DESLEBENS DES MENSCHEN"

    oder

    BEELZEBUBS ERZHLUNGEN FR SEINENENKEL"

    H. Seriein 3 Bchern

    BEGEGNUNGEN MIT BEMERKENSWERTENMENSCHEN"

    III. Se r i e

    in 4 Bchern

    DAS LEBEN IST NUR DANN WIRKLICH,,WENN ICH BIN' "

  • Das Ganze ist nach vllig neuen Prinzipien logischerErwgung geschrieben und strengstens auf die Lsung derfolgenden drei Hauptprobleme gerichtet:

    D.i e e r s t e Se r i e ,

    um ohne Schonung und Kompromi die im Denken undFhlen des Lesers seit Jahrhunderten eingewurzelten Mei-nungen und Ansichten ber alles in der Welt Existierendezu vernichten.

    D i e z w e i t e Serie,

    um den Leser mit dem fr eine neue Schpfung ntigenMaterial bekanntzumachen und dessen Richtigkeit undQualitt zu beweisen.

    Die d r i t t e Serie,

    um im Denken und Fhlen des Lesers anstelle der jetztvon ihm wahrgenommenen eingebildeten Welt eineVorstellung zu bilden, die der in Wirklichkeit existieren-den Welt entspricht.

  • WOHLWOLLENDER RAT

    aus dem Stegreif eigenhndig vom Autor geschrieben,als er das Buch in Druck gab.

    Den zahlreichen Folgerungen und Schlssen nach, zu denenich in meinen experimentellen Forschungen ber die Art kam,wie der moderne Mensch neue Eindrcke, Gehrtes oderGelesenes, verwertet, und auch dem Sinn einer Volksweisheitnach, deren ich mich soeben erinnerte und die aus sehr altenZeiten auf unsere Tage kam und besagt:

    ,,Jedes Gebet kann von den Hheren Mchten nurdann erhrt und eine entsprechende Antwort nur dann er-langt werden, wenn es dreimal gesagt wird:Erstens fr das Wohlergehen oder den Seelenfrieden

    , ; . ' . ; unserer Eltern.Zweitens zum Wohle unseres NachbarnUnd erst Drittens zu unserem eigenen", halte Ich es fr

    ntig, auf der ersten Seite dieses ersten, jetzt ganz beendetenund schon in Druck gegebenen Buches folgenden Rat zu er-teilen:

    Lies Jede meiner Schriften dreimal:Erstens wenigstens so mechanisch, wie du gewhnt bist,

    alle deine modernen Bcher und Zeitungen zulesen;

    Zweitens so als ob du einer anderen Person vorlsest;Und erst Drittens versuche in das Wesen meiner Schriften

    einzudringen."Erst dann kannst du dir deine dir allein eigene Meinung ber

    meine Schriften bilden. Und nur dann kann sich meine Hoff-nung verwirklichen, da je nach deinem Verstndnis du denbesonderen Nutzen fr dich daraus gewinnen wirst, den ich dirmit meinem ganzen Sein wnsche.

    DER AUTOR

  • INHALT

    E r s t e s B u c h

    Seite

    I. Gedankenerwachen . . . . . . . . . lII. Einfhrung: Warum Beelzebub in unser

    Sonnensystem kam . . . . . . . . . 53III. Warum das Schiff Karnak" im Fallen Ver-

    sptung hatte . . . . . . . . . . . 59IV. Das Fallgesetz . . . . . . . . . . 70V. Das System des Erzengels Hariton . . . . 75

    VI. Das Perpetuum mobile . . . . . . . . 78VII. Echter Seins-Pflicht bewut werden . . . 82

    VIII. Der freche Schlingel Hassin, BeelzebubsEnkel, erdreistet sich, die Menschen Weg-schnecken" zu nennen . . . . . . . . 85

    IX. Der Entstehungsgrund des Mondes . . . 87X. Warum die Menschen" nicht Menschen

    sind . . . . . . . . . . . . . . 94XI. Ein pikanter Zug der sonderbaren Psyche

    des heutigen Menschen . . . . . . . . 101XII. Erstes Knurren" . . . . . . . . . . 105

    XIII. Warum in der Vernunft des Menschen dieEinbildung als Wirklichkeit wahrgenommenwird . . . . . . . . . . . . . . 111

    XIV. Der Anfang von Perspektiven, die nichtssehr Heiteres versprechen . . . . . . 115

    XV. Beelzebubs erste Hinabkunft auf den Pla-neten Erde . . . . . . . . . . . . 118

    XVI. Die Relativitt des Zeitbegriffs . . . . . 1 3 1XVII. Erzabsurd: Beelzebub behauptet, da unsere

    Sonne weder leuchtet noch wrmt . . . . 145XVIII. Erzphantastisch . . . . . . . . . . . 161

  • XIX. Beelzebubs Erzhlung von seiner zweitenHinabkunft auf den Planeten Erde . . .

    XX. Beelzebubs dritter Flug auf den PlanetenErde . . . . . . . . . . . . . .

    XXI. Beelzebub besucht zum erstenmal IndienXXII. Beelzebub zum erstenmal in Tibet . . . .

    XXIII. Der vierte persnliche Aufenthalt Beelzebubsauf dem Planeten Erde . . . . . . .

    XXIV. Beelzebub fliegt ein fnftes Mal auf denPlaneten Erde . . . . . . . . . . .

    XXV. Der von Oben auf die Erde gesandte SehrHeilige Aschiata Schimasch . . . . .

    XXVI. Der Legomonismus betreffs der berlegungendes Sehr Heiligen Aschiata Schimasch unterdem Titel Der Schrecken der Situation" .

    XXVII. Die Form der Existenzordnung, die derSehr Heilige Aschiata Schimasch fr dieMenschen schuf . . . . . . . . . .

    XXVIII. Der Hauptschuldige an der Vernichtung allerSehr Heiligen Arbeiten Aschiata Schimaschs

    Z w e i t e s B u c h

    XXIX. Frchte alter Zivilisationen und Blten dermodernen . . . . . . . . . . . . .

    XXX. Kunst . . . . . . . . . . . . . . .XXXI. Sechstes und letztes Verweilen Beelzebubs

    auf dem Planeten Erde . . . . . . .XXXII. Hypnotismus . . . . . . . . . . .

    XXXIII. Beelzebub als berufsmiger Hypnotiseur .XXXIV. Beelzebub in Ruland . . . . . . . .XXXV. nderung in dem geplanten Fallkurs des

    Zwischen-System-Schiffes Karnak" . . .

  • SeiteXXXVI. Noch ein klein wenig mehr ber die Deut-

    schen . . . . . . . . . . . . . . 704XXXVII. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . 707

    XXXVIII. Religion . . . . . . . . . . _ , . . 741XXXIX. Der heilige Planet Fegefeuer" . . . . . . 793

    D r i t t e s B u c h

    XL. Beelzebub erzhlt, wie die Menschen daskosmische Grund-Welt-Gesetz Heptapara-parschinoch kennenlernten und wieder ver-gaen . . . . . . . . . . . . . .

    XLI. Der Bucharische Derwisch Adji-Asvaz-TruvXLII. Beelzebub in Amerika . . . . . . . .

    XLIII. Beelzebubs Ansicht ber den periodischengegenseitigen Vernichtungsproze der Men-schen . . . . . . . . . . . . . .

    XLIV. Beelzebubs Meinung nach ist des MenschenAuffassung von Gerechtigkeit im objektivenSinn fr ihn eine verfluchte falsche Vor-spiegelung . . . . . . . . . . . .

    XL V. Beelzebubs Meinung nach ist des MenschenGewinnung von Elektrizitt aus der Naturund ihre Vernichtung whrend ihres Ge-brauches eine der Hauptursachen zur Ver-krzung des Lebens der Menschen . ; . .

    XL VI. Beelzebub erklrt seinem Enkel die Bedeu-tung der von ihm gewhlten Form und Rei-henfolge, in der er die Kunde ber dieMenschen darlegte . . , . . . . . .

    XL VII. Das gesetzmige Resultat unparteiischenDenkens . . . . . . . . . . . . .

    XL VIII. Vom Autor . . . . . . . . . .; . .

    867927978

    1123

    1190

    1219

    1236

    12491262

  • I. K a p i t e l

    GEDANKENERWACHEN

    /du den berzeugungen, die sich im Laufe meines ver-antwortlichen, sonderbar eingerichteten Lebens in meinemallgemeinen Bestand gebildet haben, gehrt auch die undist unbezweifelbar , da immer und berall auf Erdenunter den Menschen aller mglichen Bildungsstufen undaller mglichen uerungsmglichkeiten der in ihrer In-dividualitt fr alle mglichen Ideale geformten Faktorendie Neigung besteht, am Anfang eines neuen Unternehmenslaut oder wenigstens in Gedanken jenen bestimmten sogarjedem ganz ungebildeten Menschen verstndlichen Aus-spruch zu tun, der in verschiedenen Epochen verschiedenformuliert worden ist und in unseren Tagen mit denfolgenden Worten: Im Namen des Vaters und desSohnes und im Namen des heiligen Geistes. Amen."

    Deshalb tue auch ich jetzt, wo ich mich an dies frmich neue Geschft, nmlich die Schriftstellerei, begebe,diesen Ausspruch und tue ihn nicht nur laut, sondern sogarsehr deutlich und mit einer, wie die alten Tuluzeten gesagthtten, vollends-geuerten-Betonung" so vollends na-trlich, wie sie in meinem allgemeinen Bestand aus schongeformten und fr eine solche uerung tief eingewurzel-ten Gegebenheiten allein entstehen kann , Gegeben-heiten, die sich im allgemeinen in der Natur des Menschenwhrend seines vorbereitenden Alters bilden und spterwhrend seines verantwortlichen Lebens in ihm die Naturund belebende Wirkung einer solchen Betonung hervor-bringen knnen.

  • Da ich in dieser Weise begonnen habe, kann ich jetztganz ruhig sein und drfte sogar nach Auffassung derreligisen Moral, wie sie unter den Zeitgenossen herrscht,nicht den geringsten Zweifel hegen, da alles "Weitere indiesem meinem neuen Unternehmen, wie man sagt, wiegeschmiert" weitergehen wird.

    Auf jeden Fall habe ich so begonnen, und wie es weiter-gehen wird, dafr kann man einstweilen mit dem Blindensagen: Wir werden sehen." ; - \ / . ,.-:-

    Zunchst und vor allem will ich meine eigene und nochdazu meine rechte Hand, die obgleich sie im Augen-blick durch einen Unfall, den ich krzlich erlitt, leichtverletzt ist doch wirklich meine eigene Hand ist undmir nicht einmal in meinem ganzen Leben versagt hat auf mein Herz legen, natrlich auf mein eigenes ber dessen Unbestndigkeit ich mich hier jedoch nichtauslassen mchte und offen gestehen, da ich persn-lich nicht die geringste Lust zum Schreiben habe, aberdurch Umstnde, die nicht von mir abhngen, dazu ge-zwungen bin, wobei ich selbst noch nicht wei, ob diesezufllig entstanden sind oder absichtlich von fremdenMchten bedingt wurden, sondern nur wei, da dieseUmstnde mich zwingen, nicht einfach irgend etwas Be-liebiges" zu schreiben, was sagen wir angenehm inden Schlaf lullt, sondern gewichtige dicke Bnde.

    Wie dem auch sei, ich mache mich ans Werk: ...Doch wie beginnen?Ach, zum Teufel! . .. Wiederholt sich tatschlich die

    gleiche sehr unangenehme und hchst seltsame Emp-findung, die ich erlebte, als ich vor ungefhr drei Wochenin Gedanken Programm und Folge der Ideen zurechtlegte,die ich zu verbreiten mir vorgenommen habe, und als ichauch nicht wute, wie ich beginnen sollte?

    Diese damals erlebte Empfindung kann ich jetzt nur mit

  • den Worten formulieren als die Furcht-in-der-Flut-seiner-eigenen-Gedanken-umzukommen".

    Damals htte ich, um diese unangenehme Empfindungloszuwerden, zu jener verderblichen Eigenschaft Zufluchtnehmen knnen, die in mir wie in jedem heutigen Men-schen ist und allen von uns schon eingeboren und die uns ohne da wir irgendeinen Gewissensbi verspren alles, was wir wollen, auf spter" verschieben lt.

    Damals htte ich dies sehr leicht tun knnen, weil es,ehe ich wirklich zu schreiben begonnen hatte, schien, dada noch viel, viel Zeit sei; jetzt aber ist dies nicht lngermehr mglich, und so mu ich unbedingt, wie man sagt,auch-wenn-ich-berste", beginnen.

    Aber womit, tatschlich, beginnen?Hurra . ..! Heureka . . .!Fast alle Bcher, die mir im Leben in die Hnde kamen,

    fingen mit einem Vorwort an.So mu wohl auch ich mit etwas Derartigem beginnen.Ich sage Derartigem", well ich im allgemeinen immer im

    Proze meines Lebens, seitdem ich einen Jungen von einemMdchen unterscheiden konnte, alles, ganz entschiedenalles, nicht so machte, wie die anderen zweibeinigen mirhnlichen Vernichter der Naturgter es machen. Deshalbmu ich jetzt auch im Schriftstellern ja bin vielleichtsogar aus Prinzip dazu verpflichtet es anders machenals die anderen Schriftsteller sonst.

    Auf jeden Fall werde ich statt mic dem blichen Vor-wort ganz einfach mit einer Warnung beginnen.

    Mit einer Warnung zu beginnen, wird das richtigstefr mich sein, wenn auch nur, weil dies in keinem Wider-spruch zu keinem meiner organischen, psychischen undsogar eigensinnigen" Prinzipien steht, und ist zu gleicherZeit sehr ehrlich natrlich im objektiven Sinn , weilich selbst und alle, die mich gut kennen, zuversichtlicherwarten, da durch meine Schriften fr die meisten Leser

  • sofort und nicht allmhlich, wie es mit der Zeit allenMenschen frher oder spter gehen mu all ihre er-erbten oder durch eigene Arbeit erworbenen Reichtmer"in der Gestalt von nur naive Trume hervorrufendenberuhlgenden-Begriffen" und auch ihre schnen Vorstel-lungen ber ihr jetziges Leben und ihre Aussichten auf dieZukunft verschwinden werden.

    Professionelle Schriftsteller fangen Einleitungen dieserArt gewhnlich damit an, da sie sich mit allen mglichenhochtrabenden und berschwenglichen sozusagen aufge-blasenen" Titulierungen an den Leser wenden.

    Darin allein will ich mir ein Beispiel an ihnen nehmenund auch mit einer Anrede beginnen, aber ich werde michbemhen, sie nicht so slich" ausfallen zu lassen, wie siees gewhnlich tun, dank besonders ihres verderblichenKlgeins, womit sie die Empfindungen des mehr oder we-niger normalen Lesers kitzeln.

    Also...Meine geehrten, hochgeschtzten, willensstarken und na-

    trlich sehr geduldigen edlen Herren und meine sehr ver-ehrten, reizenden und unparteiischen Damen ... Ver-zeihung, ich habe das wichtigste ausgelassen und meinekeineswegs hysterischen Damen!

    Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, da, obwohl Umstnde halber, die in einem der letzten Stadienmeines Lebensprozesses entstanden sind ich mich jetztans Schreiben von Bchern begebe, ich doch in meinemganzen Leben noch nie weder ein Buch noch verschiedenesogenannte belehrende Artikel" verfat habe, noch nichteinmal einen Brief, in dem es unbedingt ntig gewesenwre, sogenannte Grammatikalitt" zu beobachten, wes-halb ich, obgleich ich jetzt daran bin, ein professionellerSchriftsteller zu werden, jedoch keineswegs bung wederhinsichtlich der bestehenden professionellen Regeln undVerfahren noch betreffs der sogenannten bon-ton-literari-

  • schen-Sprache" habe, gezwungen bin, keineswegs so zuschreiben, wie es die gewhnlichen patentierten-Schrift-steller" tun, an deren Schreibart ihr aller "Wahrscheinlich-keit nach schon so gewhnt seid, wie an euren eigenenGeruch.

    Meiner Meinung nach liegt das Schlimme fr euch indiesem Fall vielleicht hauptschlich darin, da man euchschon in der Kindheit einen ausgezeichnet arbeitendenAutomatismus fr die Aufnahme aller mglichen neuenEindrcke eingepflanzt hat, der jetzt in voller Harmoniemit eurer allgemeinen Psyche funktioniert, und dankdieses Segens" braucht ihr jetzt in eurem verantwortlichenLeben berhaupt keine individuelle Anstrengung mehr zumachen.

    Offen gestanden, lege ich selbst den Schwerpunkt meinesBekenntnisses nicht auf meine Unkenntnis der schrift-stellerischen Regeln und Verfahren, sondern darauf, daich, was ich die bon-ton-literarische-Spracbe" nenne, nichtbesitze, die im gegenwrtigen Leben nicht nur von Schrift-stellern, sondern auch von jedem gewhnlichen Sterb-lichen unbedingt gefordert wird.

    Was das Erste angeht, nmlich meine Unkenntnis derverschiedenen schriftstellerischen Regeln und Verfahren,so kmmert mich dies nicht sehr. Und es kmmert michdeshalb nicht sehr, weil solche Unkenntnis" jetzt schonim Leben der Menschen ganz an der Ordnung ist. DieserSegen entstand und blht jetzt berall auf Erden dankjener auerordentlichen neuen Krankheit, mit der seitzwanzig oder dreiig Jahren irgendwie besonders diemeisten Leute aus allen drei Geschlechtern befallen wer-den, die mit halb offenen Augen schlafen und deren Ge-sichter in jeder Hinsicht ein fruchtbarer Boden fr allemglichen Pimpel sind.

    Diese seltsame Krankheit zeigt sich darin, da, wennder Kranke gerade lesen und schreiben kann und seine

  • Miete fr drei Monate im voraus bezahlt hat, er (sieoder es) unbedingt entweder einen belehrenden-Artikel"schreibt oder ein ganzes Buch.

    Da ich diese neue menschliche Krankheit und ihreepidemische Verbreitung auf Erden gut kenne, habe ich,wie ihr einsehen mt, das Recht, anzunehmen, da ihr,wie die gelehrten Mediziner" sagen wrden, dagegengefeit" seid, und da ihr deshalb nicht sichtlich entrstetseid ber meine Unkenntnis der schriftstellerischen Regelnund Verfahren.

    Diese Auffassung drngt mich, den Hauptnachdruck inmeiner Warnung auf meine Unkenntnis der literarischenSprache zu legen.

    Zu meiner Selbstrechtfertigung und vielleicht auch umden Tadel in eurem Wachbewutsein" ob meiner Un-kenntnis dieser im heutigen Leben unerllichen Sprachezu verringern, halte ich es fr ntig, mit demtigem Her-zen und von Scham gerteten Wangen zu gestehen, da,obgleich diese Sprache mir auch in meiner Kindheit gelehrtwurde und obgleich sogar einige der lteren, die mich aufein verantwortliches Leben vorbereiteten, mich dauernd ohne es an einschchternden Mitteln fehlen-zu-lassen" eine Unmenge der verschiedenen Nuancen auswendiglernen lieen, die insgesamt dieses moderne Vergngenausmachen, trotzdem unglcklicherweise natrlich freuch von allem, was ich damals auswendig lernte,nichts hngen und nichts fr meine jetzige Ttigkeit alsSchriftsteller brigblieb.

    Und nichts blieb hngen, keineswegs wie mir krz-lich klargemacht wurde durch meine Schuld, auch nichtdurch die Schuld meiner frheren verehrten und nichtverehrten Lehrer, sondern diese menschliche Arbeit war obeines unwahrscheinlichen und ganz auerordentlichen Er-eignisses vergeblich, das sich im Augenblick meiner Er-scheinung auf Gottes Welt zutrug und darin bestand

  • wie ein bestimmter in Europa gut bekannter Okkultistmir nach einer sehr eingehenden sogenannten psycho-physiko-astrologischen" Untersuchung erklrte , da injenem Augenblick durch das Loch, das unsere verrcktelahme Ziege in die Fensterscheibe gemacht hatte, die Ton-vibrationen drangen, die im Nachbarhaus aus einemEdison-Phonograph kamen, und die Hebamme in ihremMund eine mit Kokain getrnkte Pille deutscher Markehatte, die noch dazu keineswegs Ersatz" war, und diesie zu diesen Klngen ohne das gebhrende Vergngenlutschte.

    Auer diesem im alltglichen Leben der Menschen sel-tenen Ereignis ergab sich meine jetzige Lage auch daraus,da ich spter in meinem vorbereitenden und erwachsenenLeben und dies, ich mu gestehen, fand ich selbst nachlangen berlegungen in der Art des deutschen Professors,des Herrn Stumpfsinnschmausen, heraus stets sowohlinstinktiv als auch automatisch und manchmal sogar be-wut, das heit aus Prinzip, vermied, diese Sprache imVerkehr mit anderen anzuwenden. Und ob einer solchenKleinigkeit, und vielleicht nicht Kleinigkeit, uerte ichmich wiederum dank dreier Gegebenheiten, die sich inmeinem allgemeinen Bestand whrend meines heranwach-senden Alters gebildet hatten, und ber die ich euch etwasspter in diesem ersten Kapitel meiner Schriften unter-richten will.

    Wie dies auch gewesen sein mag, die Tatsache steht fest,beleuchtet von allen Seiten wie eine amerikanische Re-

    - klame, und kann durch keine Kraft, selbst nicht durch dasFachwissen der Spezialisten in Narrenpossen", gendertwerden, da, obgleich ich, der krzlich noch sehr vielenLeuten als ein recht guter Lehrer von Tempeltnzen galt,jetzt ein professioneller Schriftsteller geworden bin undnatrlich recht viel schreiben werde da es mir vonKindheit an eigen ist, alles,-was-ich-tue,-reichlich-zu-tun ,

  • ich da . ich jedoch, wie ihr seht, die dafr ntige auto-matisch erworbene und automatisch geuerte bungnicht habe gezwungen bin, alles, was ich ersonnen habe,in gewhnlicher, einfacher, alltglicher, vom Leben ge-formter Sprache zu schreiben, ohne alle literarischenManipulationen und ohne alle grammatischen Klgeleien.

    Doch das Ma ist noch nicht voll! ... Habe ich dochdas Wichtigste noch nicht entschieden in welcherSprache ich schreiben soll.

    Obgleich ich in Russisch zu schreiben begann, kann mandoch in dieser Sprache, wie der 'Weiseste der "WeisenMulla-Nassr-Eddin*) sagen wrde, nicht-weit-kommen.

    Die russische Sprache ist sicherlich sehr gut. Ich liebesie sogar, jedoch ... nur, um Anekdoten zu erzhlen undum jemandes Stammbamn mit wenig ehrenden Beiwrternaufzuzhlen ...

    Die russische Sprache ist wie die englische, die auchsehr gut ist, jedoch nur, um im smoking room, dieweilman auf bequemen Sesseln sitzt die Fe auf einenanderen gestreckt ber gefrorenes Fleisch aus Austra-lien oder manchmal ber die indische Frage zu sprechen.

    Diese beiden Sprachen sind wie das Gericht, das manin Moskau Solianka nennt, und in diese Moskauer Soli-anka geht auer mir und dir alles hinein, alles was dudu nur willst, selbst der Abend-Tschesma'^) der Schehera-zade.

    *) Mulla-Nassr-Eddln, oder wie man ihn auch nennt, Hodja-Nassr-Eddin, ist, wie es scheint, in Europa und Amerika wenigbekannt. In allen Lndern des Kontinents Asien aber kenntman ihn sehr gut. Diese legendre Persnlichkeit entsprichtungefhr dem in vielen Lndern Europas bekannten Till Eulen-spiegel. Diesem Nassr-Eddin werden viele populre Erzhlungendes Ostens zugeschrieben, in der Art von Sinnsprchen, sowohlaus alter Zeit berlieferte als auch neu entstandene.

    "*) Tschesma =. Schleier.

  • Ich mu auch noch sagen, da ich durch alle mglichenzuflligen und vielleicht nicht zufllig geformten Umstndemeiner Jugend sehr viele Sprachen hatte lernen mssen undnoch dazu sehr ernsthaft und natrlich immer mit Selbst-zwang sie sprechen, sie lesen und schreiben lernte und sieso beherrschte, da, wenn ich diesem unerwartet vom Ge-schick mir jetzt aufgezwungenen Beruf folge und mich ent-schlieen wrde, keinen Vorteil aus dem durch bungerworbenen Automatismus" zu ziehen, ich jedenfalls injeder von ihnen schreiben knnte.

    Wenn ich aber diesen automatisch erworbenen, durchlange bung schon leicht laufenden Automatismus ambesten verwenden will, mu ich entweder in russisch oderin armenisch schreiben, weil es die Umstnde in. denletzten zwei oder drei Jahrzehnten meines Lebens mit sichbrachten, da ich zum Verkehr mit anderen diese beidenSprachen gebrauchen mute und folglich die meistebung in ihnen habe.

    Ach, zum Teufel!...Selbst in einem solchen Fall beginnt einer der fr den

    normalen Durchschnittsmenschen ungewhnlichen Aspektemeiner eigenartigen Psyche bereits mein Ganzes zu qulen.

    Der Hauptgrund fr mein jetziges Unglck in meinemschon fast berreifen Alter kommt daher, da von Kind-heit an zusammen mit viel anderem fr das gegenwrtigeLeben auch unntigem Quatsch eine solche Inhrenz mei-ner sonderbaren Psyche eingepflanzt worden war, dieimmer und in allem automatisch meinem Ganzen angibt,nur nach Volksweisheit zu handeln.

    So kommt im gegebenen Fall wie immer in hnlichennoch unbestimmten Lebensfllen ein Ausspruch popu-lrer "Weisheit in mein fr mich bis zur Sptterei un-erfolgreich konstruiertes Hirn und, wie man sagt, renntdarin herum, ein Ausspruch, der im Leben der Menschenin sehr alten Zeiten existierte und auf unsere Tage in der

  • folgenden Formulierung berging: Jeder-Stock-mu-un-bedingt-zwel-Enden-haben".

    Wenn man den Grundgedanken und die wirkliche Be-deutung, die in dieser seltsamen Wortformulierung ver-borgen sind, zu verstehen sucht, mu meiner Meinungnach vor allem im Bewutsein jedes mehr oder wenigergesund denkenden Menschen die Vermutung entstehen,da der Gesamtheit von Ideen, auf der der in diesemAusspruch verborgene Sinn beruht und aus der er flieenmu, eine von den Menschen jahrhundertelang erkannteWahrheit zugrunde liegt, die Wahrheit nmlich, da jedeim Leben des Menschen vorkommende Ursache ganzgleich aus welcher Erscheinung sie stammt, als eine vonzwei einander entgegengesetzten Wirkungen anderer Ur-sachen ihrerseits obligatorisch auch zwei ganz entgegen-gesetzte Wirkungen haben mu, wie z. B. wenn etwas, dasaus zwei verschiedenen Ursachen stammt, Licht hervor-bringt, mu es unbedingt ein dem entgegengesetztes Ph-nomen hervorrufen, was besagen will, Dunkelheit; oderein Faktor, der im Organismus einer lebenden Kreatureinen Impuls von sprbarer Befriedigung hervorruft, muunbedingt auch das Gegenteil erzeugen, das heit Nicht-befriedigung, natrlich auch sprbar, und so fort und soweiter immer und in allem.

    Wenn ich in dem gegebenen Fall diese von Jahrhunder-ten geformte und durch einen Stock, der wie gesagt, tat-schlich zwei Enden hat, ausgedrckte Volksweisheit an-wende und dabei ein Ende als gut und das andere alsschlecht gilt und ich den zuvor besagten, nur durch langebung in mir erworbenen Automatismus gebrauche, wirdes fr mich natrlich sehr gut sein, aber fr den Lesermu diesem Sprichwort nach gerade das Gegenteil davonkommen, und was das Gegenteil von gut ist, mu sogarjeder, der keine Hmorrhoiden hat, sehr leicht verstehen.

    In anderen Worten, wenn ich von meinem Vorrecht

    10

  • Gebrauch mache und .das gute Ende des Stockes fr michin Anspruch nehme, mu das schlechte Ende unbedingtauf-des-Lesers-Kopf fallen.

    Dies kann tatschlich geschehen, weil im Russischen so-zusagen die Feinheiten philosophischer Fragen nicht aus-gedrckt werden knnen, an die ich in meinen Schriftenrecht ausgiebig rhren will, wogegen im Armenischen, wodies zwar mglich ist, zum Unglck aller heutigen Arme-nier zeitgenssische Begriffe keinen Ausdruck findenknnen.

    Um die Bitternis meines dadurch verursachten innerenSchmerzes zu lindern, mu ich sagen, da ich in meinerfrhen Jugend, als ich mich fr philosophische Frageninteressierte und sehr von ihnen erfllt war, armenischallen anderen Sprachen, die ich damals sprach, sogarmeiner Heimatsprache vorzog.

    Diese Sprache war damals hauptschlich deshalb meineLieblingssprache, weil sie eigenartig war und in nichtsden benachbarten oder verwandten Sprachen glich.

    Alle ihre, wie gelehrte Philologen sagen, Tonalittenwaren ihr allein eigen und stimmten meiner damaligenAuffassung nach vollkommen mit der Psyche der Leutedieser Nation berein.

    Aber in den letzten dreiig bis vierzig Jahren hat sichdiese Sprache vor meinen Augen so verndert, da anStelle einer eigenartigen selbstndigen aus einer fernenVergangenheit auf uns gelangten Sprache eine solche dar-aus wurde und jetzt existiert, die, wenn auch eigenartigund selbstndig, so doch, wie man sagen kann, ein clown-artiges-Potpourri" von Sprachen darstellt, dessen Klngeinsgesamt dem Ohr eines mehr oder weniger bewuten undverstndnisvollen Zuhrers genau wie trkische, persische,franzsische, kurdische und russische Worttne erscheinenund wie noch andere unverdauliche" und unartikulierteLaute.

    :-:^T

  • Fast dasselbe kann man von meiner Heimatsprache dem' Griechischen sagen, die Ich in meiner Kindheitsprach und deren, wie man sagen knnte, Geschmack-an-automatisch-assoziativer-Kraft" ich mir bis heute bewahrthabe. In ihr knnte ich alles, was ich will, ausdrcken;trotzdem aber kann ich sie unmglich fr meine Schriftengebrauchen, und zwar aus dem einfachen und zugleichkomischen Grund, da jemand meine Schriften abschrei-ben und in die anderen bentigten Sprachen bersetzenmu. Wer aber knnte dies tun?

    Es kann mit Sicherheit gesagt werden, da selbst derbeste Kenner des modernen Griechisch einfach nichts vondem verstehen wrde, was ich in meiner Heimatsprache,so wie ich sie mir in der Kindheit aneignete, schreibenwrde, weil meine teueren, wie man sie nennen mag,Landsleute", die auch von dem "Wunsch angestecktwaren, um jeden Preis den Reprsentanten modernerZivilisation auch in ihrer Konversation gleichzukommen,whrend der letzten dreiig oder vierzig Jahre meineteure Heimatsprache genau so behandelten wie die Arme-nier die ihre, in ihrem Streben, es der russischen Intelli-genz gleichzutun.

    Die griechische Sprache, deren Geist und "Wesen ich er-erbte, und die, die von den heutigen Griechen gesprochenwird, sind einander so hnlich, wie nach einem AusdruckMulla-Nassr-Eddins ein-Nagel-einer-Totenmesse hnlich ist.

    "Was also ist da zu tun?Ach! ... nur keine Sorgen, geschtzter Kufer meiner

    Klgeleien! Solange es genug franzsischen Armagnac undHeisarische Basturma" gibt, werde ich schon einen "Wegsogar aus dieser schwierigen Lage finden.

    Ist mir dies doch schon nichts Neues mehr!Geriet ich doch so oft im Leben schon in schwierige

    Lagein und auch wieder heraus, da dies fr mich schoneine Sache der Gewohnheit geworden ist.

    12

  • Einstweilen will ich im gegebenen Fall teils in russischund teils in armenisch schreiben, um so mehr als sich unterden Leuten, die sich immer um mich herumtreiben", ver-schiedene mehr oder weniger in diesen beiden Sprachenauskennen und ich zunchst die Hoffnung hege, da sieaus diesen Sprachen fr mich ertrglich abschreiben undbersetzen knnen.

    In jedem Fall, ich wiederhole es noch einmal damitdu es ja nicht vergit, so wie du gewhnlich alles vergitund wie du vergit, dein Ehrenwort dir und anderengegenber zu halten , da ich, was immer fr eineSprache ich gebrauche, ausdrcklich immer und in allem,was ich die bon-ton-literarische-Sprache" genannt habe,vermeiden werde.

    Eine auerordentlich sonderbare Tatsache, die im hch-sten Grade vielleicht hher als eure Vorstellung ge-whnlich reicht eures "Wissensdurstes wrdig ist, bestehtdarin, da von meiner frhesten Kindheit an, das heit,seit in mir der Drang entstand, Vogelnester zu vernichtenund die Schwestern meiner Freunde zu necken, in meinem,wie die Theosophen des Altertums ihn nannten, planeti-schen Krper" und noch dazu ich wei nicht warum hauptschlich in der rechten-Hlfte" eine instinktive un-willkrliche Empfindung entstand, die sich dann in derPeriode meines Lebens, in der ich ein Tanzlehrer wurde,allmhlich in ein bestimmtes Gefhl verwandelte, und dadann, als ich durch diesen Beruf mit vielen Leuten ver-schiedener Typen" zusammenkam, auch in meinem so-genannten Verstand" die berzeugung entstand, dadiese Sprachen von Leuten zusammengestellt werden, die,was die Kenntnis der gegebenen Sprachen angeht, solchzweifigen Tieren genau hnlich sind, die unser ge-schtzter Mulla-Nassr-Eddin mit den "Worten charakteri-siert: Wenn-es-solche-Leute-nicht-gbe,-wrden-sich-die-Schweine-m-der-Qualitt-von-Orangen-nicht-auskennen."

    13

  • Diese Art Leute unter uns, die sozusagen Motten" ge-worden sind und das Gut, das uns von unseren Vor-fahren und der Zeit bereitet und hinterlassen worden ist,verzehren, haben nicht die geringste Vorstellung undhaben wahrscheinlich nicht einmal von der offensicht-lich schreienden Tatsache gehrt, da whrend des vor-den Alters im Gehirnfunktionieren jeder Kreatur und desbereitenden Alters im Gehirnfunktionieren jeder Kreaturund des Menschen natrlich auch eine besondere undbestimmte Verwirklichung und uerung die alten Kor-kulaner Assoziationsgesetz" nannten, und da der Denk-proze in jeder Kreatur, besonders im Menschen, aus-schlielich nach diesem Gesetz verluft, ^.^fr^.:

    Da ich jetzt zufllig die Frage berhrt habe, die in derletzten Zeit fr mich zu einer meiner Lieblingsideen"geworden ist, nmlich den Proze des menschlichen Den-kens, halte ich es fr mglich, ohne den entsprechendenfr die Beleuchtung dieser Frage vorgesehenen Platz ab-zuwarten, schon jetzt in diesem ersten Kapitel zu sagen wenigstens was das Axiom betrifft, das ich zuflligkennengelernt habe , da es auf Erden in der Ver-gangenheit in jedem Jahrhundert blich war, da jederMensch, der das Recht zu erwerben sich erkhnte, anderenund sich selbst als ein bewut-Denkender" zu gelten,schon in den frhen Jahren seiner verantwortlichen Exi-stenz davon unterrichtet sein mute, da der Mensch imallgemeinen zwei Arten von Denken hat: eine durchGedanken, zu deren Ausdruck Worte gebraucht werden,die immer einen relativen Sinn haben, und eine andere,die dem Menschen wie auch allen Tieren eigen ist unddie ich Denken-in-Fo'rmen" nennen mchte.

    Die zweite Art von Denken, Denken-in-Formen",durch die eigentlich der genaue Sinn auch aller Schriftenaufgenommen und nach bewuter Gegenberstellung mitden schon in unseren Besitz gelangten Kunden uns an-

    14

  • geeignet werden mu, bildet sich im Menschen, je nachden Verhltnissen von Ort, Zeit, Klima und der ganzenUmgebung, in der der betreffende Mensch entstandund wo seine Existenz bis zu seiner Mndigkeit verflo.

    Dementsprechend bilden sich im Hirn der Menschenverschiedener Rassen und Lebenslagen und verschiedenergeographischer rtlichkeiten ber ein und denselbenGegenstand oder ber ein und dieselbe Idee ganz verschie-dene selbstndige Formen, die whrend ihres Funktionle-rens, das heit ihres Assoziierens, in ihm diese oder jeneEmpfindung hervorrufen, die subjektiv eine bestimmteVorstellung bedingen, und diese Vorstellungen werdendurch dieses oder jenes Wort ausgedrckt, das nur demueren subjektiven Ausdruck dieser Vorstellung dient.

    Deshalb gewinnt jedes Wort fr ein und dasselbe Dingoder ein und dieselbe Idee fr Leute verschiedener geo-graphischer rtlichkeiten und Rassen sehr bestimmten undganz verschiedenen sozusagen inneren-Gehalt".

    Mit anderen Worten, wenn im allgemeinen Bestandirgendeines Menschen, der auf einer beliebigen rtlichkeitentstand und sich bildete, sich aus den Resultaten spezi-fischer lokaler Einflsse und Eindrcke eine bestimmteForm" bildet und diese Form, in ihm assoziativ die Emp-findung eines bestimmten inneren-Gehaltes" hervorruftund folglich einer bestimmten Vorstellung oder eines be-stimmten Begriffes, zu dessen Ausdruck er dies oder jenesWort gebraucht, das ihm schlielich gewohnt und, wieich gesagt habe, subjektiv wird, nimmt der Zuhrer,in dem sich durch die verschiedenen Verhltnisse seinesEntstehens und seines Heranwachsens betreffs des gege-benen Wortes eine Form von ganz verschiedenem inne-rem-Gehalt" gebildet hat, dasselbe Wort in ganz verschie-denem Sinne auf und versteht es unbedingt ganz anders.

    Diese Tatsache kann man brigens bei aufmerksamerund umparteiischer Beobachtung sehr deutlich feststellen,

    15

  • wenn man dem Meinungsaustausch von Leuten beiwohnt,die zwei verschiedenen Rassen angehren oder in ver-schiedenen geographischen rtlichkeiten entstanden undherangewachsen sind.

    Also, munter daherstolzierender Kandidat zum Kufermeiner Klgeleien, da ich dich gewarnt habe, da ichnicht so schreiben werde, wie Berufsschriftsteller" ge-whnlich schreiben, sondern ganz anders, rate ich dir, ehedu ans Lesen meiner weiteren Darlegungen gehst, sehrernstlich nachzudenken und dich erst dann daran zu be-geben; sonst mte ich nmlich um deine Hr- und ande-ren aufnehmenden und auch verdauenden Organe besorgtsein, die jedenfalls schon so vollends an die literarische-Sprache-der-Intelligenz", die zur heutigen Zeit berall aufErden herrscht, gewhnt sind, da das Lesen meinerSchriften sehr sehr kakophonisch auf dich wirken wirdund du davon weit du was deinen Appetit frdein Lieblingsgericht verlieren knntest und fr das, wasdein Inneres" besonders kitzelt und dann in dir vor sichgeht, wenn du deine Nachbarin siehst, die schne Br-nette.

    Da meine Sprache, oder, genauer gesagt, die Artmeines Denkens eine solche Wirkung haben kann, davonbin ich ob oft wiederholter Erlebnisse in der Vergangen-heit schon so mit meinem ganzen Sein berzeugt wie einwohlgezchteter-Esel" von dem Recht und der Gerech-tigkeit seiner Hartnckigkeit.

    Da ich dich jetzt vor dem Wichtigsten gewarnt habe,kann ich schon ber alles Weitere ruhig sein. Selbst wennjetzt fr dich ein Miverstndnis durch meine Schriftenentstehen sollte, bist du und nur du allein schuld; meinGewissen ist rein wie, sagen wir . . . das des ExkaisersWilhelm.

    Nun denkst du aller Wahrscheinlichkeit nach, da ichnatrlich ein junger Mann mit angenehmem ueren und,

    16

  • wie manche es ausdrcken, verdchtigem Inneren", alsein Anfnger im Schriftstellern offenbar absichtlich ori-ginell sein -will, in der Hoffnung, dadurch berhmt undsomit reich zu werden.

    Wenn du das wirklich glaubst, bist du tatschlich sehrauf dem Holzweg.

    Erstens bin ich nicht jung; habe ich doch schon so langegelebt, da ich dies Leben, wie man sagt, nicht-nur-aus-dem-eff- eff'- kenne,- sondern - auch - durch - dick - und - dnn--ging" und zweitens schreibe ich berhaupt nicht, um da-durch Karriere zu machen oder um, wie man sagt, mit-festem-Fu-auf-der-Erde-zu-steben", durch eben jenen Be-ruf, der, wie ich hinzufgen mu, meiner Ansicht nachviele Gelegenheiten liefert, ein Kandidat d i r e k t fr dieHlle" zu werden vorausgesetzt natrlich, da sichsolche Leute durch ihr Sein berhaupt bis dahin vervoll-kommnen knnen, sie, die selbst berhaupt nichts wissenund trotzdem allen mglichen Unsinn" fabeln und da-durch automatisch Autoritt gewinnen, wodurch sie fasteine der Hauptursachen werden, die insgesamt stetig vonJahr zu Jahr die ohnedies schon uerst flache Psyche derMenschen noch weiter verflachen.

    Und was meine persnliche Karriere anbelangt, so habeich sie dank aller hohen und niederen und wenn duwillst sogar rechten und linken Mchte schon lngstverwirklicht und stehe schon lngst auf festen-Fen",und noch dazu auf sehr guten Fen, und bin ber-zeugt, da ihre Kraft noch viele Jahre dauern wird, zumrger aller meiner frheren und jetzigen und zuknftigenFeinde.

    Ja, mir scheint, da du auch noch eine soeben in mei-nem wahnwitzigen Hirn entstandene Idee vernehmensollst, und zwar, da ich von dem Drucker, dem ich meinerstes Buch geben werde, dieses erste Kapitel meinerSchriften so drucken lassen will, da jeder es lesen kann,

    17

  • ohne die Seiten des Buches selbst aufzuschneiden, woraufer, wenn er darin erfhrt, da es nicht in der blichenWeise geschrieben ist, das heit, um sehr bequem undangenehm aufregende Bilder und einschlummernde Tru-mereien in des Lesers Denken hervorrufen zu helfen, dasBuch, wenn er will, ohne weitere Verhandlungen mit demBuchhndler zurckgeben und sein Geld, das er vielleichtmit seinem eigenen Schwei verdient hat, wiedererhaltenkann.

    Ich werde dies unbedingt tun, um so mehr als mirgerade jetzt die Geschichte, die sich einmal mit einemtranskaukasischen Kurden zutrug, wieder einfiel, die ichin meiner ganz frhen Kindheit hrte und die in spterenJahren, so oft sie mir in entsprechenden Fllen einfiel,jedesmal in mir einen anhaltenden und unauslschlichenImpuls von Rhrung hervorrief. Ich denke, es wird sehrntzlich fr mich und auch fr dich sein, wenn ich dirdiese Geschichte ein wenig ausfhrlich erzhle.

    Es wird hauptschlich deshalb sehr ntzlich sein, weilich den Kern", oder, wie heutige reinrassige jdischeGeschftsleute sagen wrden, den Zimmes" dieser Ge-schichte zu einem der grundlegenden Prinzipien dieserneuen literarischen Form machen will, die ich zur Er-reichung des Zieles, das ich durch diesen neuen Beruf ver-folge, anzuwenden gedenke.

    Dieser transkaukasische Kurde machte sich einmal vonseinem Dorf aus geschftehalber nach der Stadt auf. Dortsah er auf dem Markte in der Bude eines Obsthndlerseine schn aufgebaute Auslage von allen mglichenFrchten.

    In dieser Auslage fiel ihm eine Frucht" auf, die sehrschn in Farbe und-Form war und ihm ihrem Aussehennach so gefiel, da er sich, obwohl er fast kein Geld hatte,entschlo, unbedingt wenigstens eine dieser Gaben dergroen Natur zu kaufen und zu kosten.

    18

  • Und so trat er aufgeregt und mit einer ihm nicht eige-nen Dreistigkeit in die Bude ein, und indem er mit seinenschwieligen Fingern auf die Frucht" deutete, die ihmso gefiel, fragte er den Hndler nach ihrem Preis. DerHndler antwortete, da ein Pfund dieser Frucht" sechsGroschen koste. Unser Kurde fand diesen Preis durchausnicht hoch und beschlo ein ganzes Pfund zu kaufen.

    Nach Beendigung seiner Geschfte in der Stadt kehrteer noch desselben Tages wieder zu Fu nach Hause zurck.

    Als er dann bei Sonnenuntergang ber Berg und Talging und dabei unwillkrlich das uerlich Sichtbare derimmer bezaubernden Teile der groen Natur, der allge-meinen Mutter, wahrnahm und dazu die reine Luft einsog,die von den blichen Ausdnstungen der Industriestdtenicht vergiftet war, versprte unser Kurde auf einmal wie es ganz natrlich ist den "Wunsch, sich auch angewhnlicher Nahrung zu laben; und so setzte er sichan den "Wegrand, nahm Brot und die gekauften Frchte",die ihm so gefallen hatten, aus seinem Proviantsack undfing gemchlich an zu essen.

    Doch... o Schreck!!!... Bald fing alles in ihm zubrennen an. Nichtsdestoweniger jedoch a er ruhig weiter.

    Und dieses unglckliche zweifige Geschpf unseresPlaneten a ruhig weiter, nur ob jener besonderen von mirzuerst vermerkten menschlichen Inhrenz, deren Prinzipich da ich beschlo, sie der von mir geschaffenen neuenliterarischen Form zugrunde zu liegen gleichsam zueinem Leuchtturm" machen will, der mich zu einemmeiner Ziele fhren soll. Den Sinn und die Bedeutungdieses Prinzips wirst auch du sicherlich bald verstehen,natrlich je nach dem Grade deiner Auffassungsgabe beimLesen eines der folgenden Kapitel meiner Schriften vor-ausgesetzt natrlich, da du es wagst, weiter zu lesen ,oder womglich wirst du sogar schon etwas am Endedieses ersten Kapitels wittern".

    19

  • Also gerade in dem Augenblick, wo unser Kurde vonall den ungewohnten in ihm vor sich gehenden Empfin-dungen dieses seltsamen Mahles im Sche der Naturganz benommen war, kam des gleichen Weges ein andereraus demselben Dorfe, der unter denen, die ihn kannten,als sehr klug und erfahren galt; als er sah, da das ganzeGesicht des Kurden puterrot war und aus seinen AugenTrnen flssen, da er aber dessen ungeachtet, gleichsamganz von der Erfllung seiner HauptpHicht in Anspruchgenommen, tatschlich rote-Pfeffer-Schoten" a, sagte erzu ihm:

    Was machst du denn da, du Jericho-Idiot! Du wirst jalebendig verbrennen! Hre doch auf, dieses auergewhn-liche und deiner Natur ungewohnte Produkt zu essen!"

    Unser Kurde aber antwortete ihm: Keineswegs werdeich aufhren; habe ich doch meine letzten sechs Groschendafr bezahlt! Und mte ich selbst meine Seele aufgeben,ich wrde weiter essen!"

    Vorauf unser wie man schon von ihm glaubenmu entschiedener Kurde es keineswegs aufgab, son-dern ruhig fortfuhr, Pfeffer-Schoten" zu essen.

    Nach dem, was du jetzt schon aufgenommen hast,hoffe ich, da in deinem Denken vielleicht schon eine ent-sprechende Assoziation langsam entsteht, die schlielichin dir wie es manchen heutigen Menschen geschieht das herbeifhrt, was man Verstehen nennt, und da duim gegebenen Falle verstehst, warum ich eben, da ichdiese menschliche Inhrenz deren unvermeidliche ue-rung darin besteht, da, wenn man einmal fr etwas Geldbezahlt hat, man es unbedingt bis zum Ende ausnutzenwill gut kenne und oftmals von ihr betroffen war,warum ich von der in meinem Denken entstandenen Ideein meinem allgemeinen Bestand begeistert bin und alle mirzu Gebote stehenden Manahmen ergreifen will, damit,wenn du, wie man sagt, mein-Nchster-im-Geist" fr

    20

  • den Fall, da du dich als einer entpuppst, der schon ansLesen von Bchern gewohnt ist, wenn auch nur vonsolchen, die in der erwhnten Sprache-der-Intelligenz"geschrieben sind schon Geld fr meine Schriften bezahlthast und erst danach erfhrst, da sie nicht in der dirgewohnten, bequemen und leicht lesbaren Sprache ge-schrieben sind, du dann nicht durch die besagte mensch-liche Inhrenz gezwungen bist, meine Schriften um jedenPreis zu Ende zu lesen, so wie der arme transkaukasischeKurde gezwungen war, den ihm nur seinem Aussehen nachgefallenden, sonst aber, Spa-beiseite", edlen roten Pfef-fer zu essen.

    Und so will ich, um ein durch diese Inhrenz mglicher-weise entstehendes Miverstndnis zu vermeiden wozusich die Gegebenheiten im allgemeinen Bestand des heuti-gen Menschen durch sein hufiges ins Kino gehen bildenund weil er nie eine Gelegenheit versumt, dem anderenGeschlecht ins linke Auge zu schauen , da dies meinEinleitungskapitel in der besagten Weise gedruckt werde,damit jeder es lesen kann, ohne das Buch selbst aufzu-schneiden. Andernfalls wird der Buchhndler, wie mansagt, sich struben" und sich unbedingt wieder nach demHauptprinzip der Kaufleute im allgemeinen uern, dasvon ihnen in den Worten formuliert wird: Du-bist-schon-mehr- ein -Einfaltspinsel - als-ein - Bischer,-wenn-du-den-Fisch,-der-den-Kder-schon-angebissen-hat,-wieder-ziehen-lt", und wird sich dann weigern, ein schon aufgeschnit-tenes Buch zurckzunehmen. Diese Mglichkeit bezweifleich keineswegs und erwarte ohne weiteres eine solche Ge-wissenlosigkeit von den Buchhndlern.

    Und die Gegebenheiten, die meine Gewiheit betreffsdieser Gewissenlosigkeit seitens der Buchhndler hervor-bringen, bildeten sich in mir vollstndig damals, als ichals professioneller Indischer-Fakir" zur vlligen Auf-klrung einer gewissen ultra-philosophischen Frage" unter

    21

  • anderem auch mit dem assoziativen uerungsproze derautomatisch konstruierten Psyche heutiger Buchhndlerund Ladenkommis bekannt wurde, wenn sie den KufernBcher aufhngen.

    Da ich all das kenne und von Natur aus gerecht undseit dem Unglck, das ich erlitt, bis zum Extrem ein-fhlend geworden bin, kann ich nicht anders als wieder-holen, das heit dich noch einmal warnen und dir sogardringendst raten, eh du mein erstes Buch aufschneidest,dies erste Kapitel meiner Schriften sehr aufmerksam undsogar mehr als einmal durchzulesen.

    Fr den Fall aber, da du ungeachtet meiner "Warnungdennoch wnschen solltest, dich mit dem weiteren Inhaltmeiner Darlegungen bekannt zu machen, bleibt mir nichtsanderes brig, als dir mit meiner ganzen echten-Seele"einen recht, recht guten Appetit zu wnschen und da dualles, was du liest, nicht nur zu deinem eigenen Wohl,sondern auch zu dem all deiner Nchsten verdauen m-gest. Ich sagte mit meiner echten-Seele", weil ich, der ichin der letzten Zeit in Europa lebe und hufig mit Leutenzusammenkomme, die gern bei jeder passenden und un-passenden Gelegenheit leichtfertig einen heiligen Namen,der nur fr des Menschen inneres Leben da sein sollte, inden Mund nehmen das heit mit Leuten, die grundlosfluchen weil ich, wie ich schon sagte, im allgemeinennicht nur theoretisch wie die heutigen Menschen, sondernauch praktisch Sprichwrter, die sich in Jahrhundertengebildet haben, befolge und so auch das Sprichwort, dasim gegebenen Fall sehr gut pat und in den Worten zumAusdruck kommt: Mit-den-Wolfen-mu-man-heulen",beschlo ich, um nicht in den in Europa bestehenden Ge-brauch, auch in gewhnlicher Unterhaltung zu fluchen,Disharmonie zu bringen, auch im Verkehr mit anderenzu fluchen; um aber gleichzeitig das Gebot, das von denLippen des heiligen Moses kam, zu befolgen, nmlich

    22

  • heilige-Namen-nicht-zu-mibrauchen", habe ich be-schlossen, einen besonderen Fall aus der sozusagen neu-gebackenen" Modesprache, das heit aus dem Englischen,zu benutzen, und von da an fluche ich bei entsprechendenGelegenheiten bei meiner englischen-Seele".

    In dieser Sprache werden nmlich die Worte soul,Seele", und sole, Fusohle", nicht nur gleich ausgespro-chen, sondern sogar fast gleich geschrieben.

    Ich wei nicht, wie es mit dir, schon halb ein Kandidatzum Kufer meiner Schriften, steht, ich wei nur, dameine eigenartige Natur selbst mit meinem strksten geisti-gen "Wunsch nicht anders kann, als sich ber eine solche vonMenschen moderner Kultur geuerte Tatsache zu emp-ren, wonach das Allerhchste im Menschen, was unseremALLER VATER DEM SCHPFER besonders teuer ist noch eh der Betreffende sich klar gemacht hat, was esist , tatschlich mit dem Allerniedrigsten und Schmut-zigsten am Menschen benannt und oft auch dafr ge-halten wird.

    Doch nun genug des Philosophierens"; kehren wirlieber zu der Hauptaufgabe dieses Einfhrungskapitelszurck, das unter anderem dazu bestimmt ist, einerseitsdie schlfrigen Gedanken sowohl in mir als im Leser auf-zurtteln und anderseits den Leser vor etwas zu warnen.

    Also, Plan und Reihenfolge der von mir beabsichtigtenDarlegungen habe ich mir schon im Kopf zurechtgelegt,welche Form sie aber beim Niederschreiben annehmenwerden, das, gestehe ich offen, wei ich mit meinem Be-wutsein einstweilen selbst noch nicht, wenn ich auch mitmeinem Unterbewutsein schon deutlich fhle, da imganzen etwas sozusagen Scharfes" herauskommen undauf den allgemeinen Bestand jedes Lesers etwa in der Artwirken wird wie die Pfefferschoten auf den armen trans-kaukasischen Kurden.

    Da du Jetzt die Geschichte unseres Landsmannes, des

    23

  • entschiedenen transkaukasischen Kurden, kennst, halte iches schon fr meine Pflicht, ein Bekenntnis abzulegen, umdadurch, eh ich mit der Darlegung dieses ersten Kapitelsall meiner weiteren beabsichtigten Schriften fortfahre,deinem sogenannten reinen-Wachbewutsein" zur Kennt-nis zu bringen, da ich in dem weiteren Teil dieses War-nungskapitels meine Gedanken absichtlich in einer solchenReihenfolge und mit einer solchen logischen-Gegenber-stellung" darlegen werde, da das Wesen einiger wirk-licher Begriffe von selbst automatisch von diesem Wach-bewutsein" das die meisten Menschen in ihrer Un-kenntnis fr das wirkliche Bewutsein halten, was ichaber als Einbildung dartue und experimentell beweise in was du das Unterbewutsein nennst bergehe, dasmeiner Meinung nach das wirkliche menschliche Bewut-sein sein sollte, und dort von selbst mechanisch jene Um-wandlung bewirke, die im allgemeinen im ganzen Bestandeines Menschen vor sich gehen und ihm aus seinem eigenenbewuten aktiven Denken die Resultate geben sollte, dieihm als Mensch eigen sein sollten und ihn von ein- undzweihirnigen Tieren unterscheiden.

    Ich beschlo, dies unbedingt so zu machen, damit dieseseinleitende Kapitel, das dazu bestimmt ist, dein Bewut-sein zu wecken, vllig seinen Zweck erflle und nicht nuran dein bisher nur meiner Meinung nach eingebil-detes Bewutsein" reiche, sondern auch an dein wirk-liches Bewutsein, was besagen will, an das, was du deinUnterbewutsein nennst, und dich zwinge, zum erstenmalaktiv nachzudenken.

    Im allgemeinen Bestand eines jeden Menschen, ohne An-betracht seiner Vererbung und seiner Erziehung, bilden

    , sich zwei selbstndige Bewutseine, die sowohl in ihremFunktionieren als auch in ihrem Manifestieren fast nichtsmiteinander gemein haben. Ein Bewutsein bildet sich ausden Wahrnehmungen aller mglichen zuflligen oder von

    24

  • Seiten der anderen absichtlich geschaffenen mechanischenEindrcke, worunter man auch die Klnge" verschiedenerWorte rechnen mu, die tatschlich, wie gesagt, leer sind;und das andere Bewutsein bildet sich sowohl aus den so-zusagen schon-frher-geformten-materiellen Resultaten",die mit dem entsprechenden Teil des allgemeinen Bestandeseines Menschen verschmolzen sind und erblich auf ihnkamen, als auch aus den Gegebenheiten, die durch seinabsichtliches Erwecken der assoziativen Gegenberstellun-gen dieser in ihm schon vorhandenen materialisierten-Gegeb'enheiten" entstehen.

    Die gesamte Bildung wie auch uerung dieses zweitenmenschlichen Bewutseins, das kein anderes ist, als wasman das Unterbewutsein" nennt und das aus den ma-terialisierten-Resultaten" von Vererbung und den durcheigene Absichten verwirklichten Gegenberstellungen ge-bildet wird, sollte meiner Meinung nach, die sich invielen Jahren experimenteller Forschungen unter auer-ordentlich gnstigen Verhltnissen gebildet hat imallgemeinen Bestand eines Menschen vorherrschen.

    Als Resultat dieser meiner berzeugung, die bis jetzt dirzweifellos als Produkt der Phantasie eines getrbten Geisteserscheint, kann ich jetzt, wie du selbst begreifst, dieseszweite Bewutsein nicht umgehen und bin, von meinemWesen gedrngt, verpflichtet, den allgemeinen Aufbau die-ses ersten Kapitels meiner Schriften, nmlich des Kapitels,das das Vorwort fr alles Weitere sein soll, so zu machen,da es die in diesen deinen beiden Bewutseinen angehuf-ten Vorstellungen erreicht und an ihnen in der fr meinZiel erforderlichen Weise rttelt".

    Indem ich meine Darlegungen mit dieser Berechnungfortsetze, mu ich vor allem dein eingebildetes Bewutseindavon unterrichten, da ich dank dreier bestimmter sonder-barer Gegebenheiten, die sich in meinen allgemeinen Be-stand whrend verschiedener Perioden meines vorbereiten-

    25

  • den Alters kristallisierten, jetzt wirklich einzigartig bin,was das, sagen wir, Verstricken-und- Verwickeln" allerangeblich im allgemeinen Bestand der Menschen, mit de-nen ich in Berhrung komme, fest eingewurzelten Begriffeund berzeugungen betrifft.

    Hab' ich's nicht gewut . . . ich fhle schon in deinemfalschen" nach dir zwar echten" Bewutsein, wiegeblendeten Fliegen" gleich alle die Haupt,,gter" darinherumschwirren, die erblich auf dich von deinem Onkelund deiner Mutter kamen und die insgesamt immer undberall in dir wenigstens und das allerdings recht gut den Impuls von Neugier hervorrufen, wie im gegebenenFalle so rasch als mglich herauszufinden, warum ich, einAnfnger in der Schriftstellerei, dessen Namen noch nichteinmal in den Zeitungen Erwhnung fand, pltzlich soeinzigartig geworden bin.

    La es nur gut sein! Ich persnlich bin mit dem Ent-stehen dieser Neugier, wenn auch nur in deinem falschen"Bewutsein zufrieden, da ich schon aus Erfahrung wei,da dieser des Menschen unwrdige Impuls manchmalsogar aus diesem Bewutsein in seiine Natur bergehen unddamit ein wrdiger Impuls werden kann, der Impuls desWissensdurstes, der seinerseits zur besseren Aufnahme undsogar zum nheren Verstndnis fr das Wesen jedesObjektes, auf das sich, wie es manchmal geschieht, dieAufmerksamkeit eines heutigen Menschen konzentrierendrfte, verhilft, und deshalb bin ich mit Freuden bereit,die in dir in diesem Augenblick entstandene Neugier zubefriedigen.

    Also hre zu und versuche, meine Erwartungen zu recht-fertigen und nicht zu enttuschen. Meine originelle Persn-

    lichkeit, die schon verschiedene bestimmte Individuen vonbeiden Chren des Gerichtssitzes oben, wo objektive Ge-rechtigkeit herrscht, und auch hier auf Erden eine bishersehr beschrnkte Anzahl von Leuten wittern", erklrt

    26

  • sich aus drei zweitrangigen spezifischen Gegebenheiten, diesich in mir whrend meines heranwachsenden Alters zuverschiedenen Zeiten bildeten. Die erste dieser Gegeben-heiten wurde gleich vom Anfang ihres Entstehens angleichsam der hauptschliche richtunggebende Hebelmeines gesamten Ganzen und die zwei anderen sozusagendie verlebendigenden-Quellen" zur Speisung und Vervoll-kommnung dieser ersten Gegebenheit.

    Diese erste Gegebenheit entstand, als ich noch, wie mansagt, ein kleiner Knirps" war. Meine teure jetzt ver-storbene Gromutter war damals noch am Leben und berhundert Jahre alt.

    Als meine Gromutter das Himmelreich sei ihr be-schieden im Sterben lag, fhrte mich meine Mutter,wie es damals Sitte war, zu ihrem Bett, und als ich ihrerechte Hand kte, legte meine teure jetzt verstorbeneGromutter mir ihre sterbende Linke auf den Kopf undsagte flsternd, aber sehr deutlich:

    ltester meiner Enkel, hre und erinnere dich immeran mein strenges Vermchtnis: tu nie im Leben, was dieanderen tun."

    Nachdem sie dies gesagt, schaute sie auf meinen Nasen-bogen, und da sie offenbar mein Erstauntsein und meindunkles Verstndnis von dem, was sie gesagt hatte, ge-wahrte, fgte sie ein wenig rgerlich und anspornendhinzu:

    Entweder tue nichts geh nur in die Schule, odertue etwas, was sonst niemand tut."

    Darauf gab sie ohne Aufschub und mit einem deutlichenImpuls von Verachtung fr alle um sie heruni und mitlblicher Selbsterkenntnis ihre Seele direkt in die HndeSeiner Wahrhaftigkeit, des Erzengels Gabriel selbst.

    Ich denke, es wird interessant und sogar lehrreich frdich sein, einfach zu wissen, da -all dies damals einen solchstarken Eindruck auf mich machte, da es mir unmglich

    27

  • war, die anderen um mich herum zu ertragen, -weshalb ichmich, sobald wir das Zimmer verlassen hatten, wo der sterb-liche planetische Krper" der Ursache der Ursache meinerEntstehung lag, sehr leise, ohne von den anderen bemerktzu werden, nach dem Verschlag stahl, wo in der Fastenzeitdie Kchenabflle und Kartoffelschalen fr unsere Dreck-feger", was besagen will, fr unsere Schweine, aufbewahrtwurden, und da ich dort lag, ohne zu essen und zutrinken, im Sturm erregter und verwirrter Gedanken von denen es damals zu meinem Glck erst eine sehrkleine Menge in meinem Gehirn gab , bis zur Rckkehrmeiner Mutter vom Friedho'f, die dann durch ihr "Weinen,als sie mein Fehlen entdeckte und mich vergeblich suchte,mich-zu-mir-selbst" brachte, worauf ich sofort aus demVerschlag auftauchte und von seinem Rand, wo ich zuerstHalt machte, mit ausgestreckter Hand auf sie zurannteund mich an ihren Rock hing; dann stampfte' ich unwill-krlich mit dem Fu auf und ahmte, ich wei nichtwarum, das Schreien des Esels nach, der unserem Nach-barn, einem Schulthei, gehrte.

    "Warum dies damals einen solch starken Eindruck aufmich machte und ich mich fast automatisch so seltsamuerte, ist mir bis jetzt noch nicht klar, obgleich ich inden letzten Jahren, besonders in den Tagen, die Fast-nacht" genannt werden, viel darber nachdachte und denGrund dafr zu entdecken suchte.

    Ich kam dabei nur zu der logischen Annahme, da esvielleicht nur deshalb war, weil das Zimmer, in dem dieseheilige Handlung stattgefunden, die eine solch ungeheureBedeutung fr mein ganzes ferneres Leben haben sollte, biszur letzten Spalte mit dem Duft eines besonderen Weih-rauchs angefllt war, der vom Alten Athos" kam undunter den Anhngern aller Glaubensschattierungen derchristlichen Religion sehr beliebt war. .^A..'- -?;;

    28

  • "Wie dies auch gewesen sein mag, diese Tatsache bleibtauch jetzt noch eine reine Tatsache.

    In den Tagen, die diesem Ereignis folgten, ging nichtsBesonderes in meinem allgemeinen Zustand vor, es sei denn,da man damit in Verbindung bringen will, da ichwhrend dieser Tage fter als gev/hnlich mit den Fenin der Luft, das heit auf meinen Hnden ging.

    Meine erste Tat, die offensichtlich nicht mit den ue-rungen der anderen in Obereinstimmung war, wenn sieauch ohne Teilnahme nicht nur meines' Bewutseins, son-dern sogar meines Unterbewutseins vor sich ging, geschahgenau am vierzigsten Tag nach dem Tod meiner Gro-mutter, als unsere ganze Familie, unsere Verwandten undalle, die meine teure Gromutter, die von jedermann ge-liebt worden war, hochgeschtzt hatten, sich, wie es Sittewar, auf dem Kirchhof versammelten, um ber ihrensterblichen Resten, die im Grab ruhten, was man denRequiemdienst" nennt, zu verrichten, begann ich pltz-lich, scheinbar ohne Grund, statt zu tun, was unter denMenschen aller Schichten von greifbarer und ungreifbarerMoral und aller materieller Lagen blich ist, nmlich statteinfach wie vernichtet dazustehen mit einem Ausdruckvon Schmerz im Gesicht und sogar, wenn mglich, mitTrnen in den Augen, um das Grab herumzuhpfen, gleich-sam tanzend, und zu singen:

    Mit allen Heiligen Im HimmelreichHier kam ihr kein anderer gleich ...Ei, ei, ei!Mit allen Heiligen im HimmelreichHier kam ihr kein anderer gleich..."

    und so fort und so weiter.Und genau von da an entstand allmhlich in meinem

    allgemeinen Bestand ein Etwas", das, was alles mgliche

    29

  • sozusagen Nachffen" angeht, das heit das Imitieren dergewhnlichen automatisierten uerungen derer um michherum, immer und in allem, wie ich es jetzt nennen wrde,einen unwiderstehlichen-Drang" hervorruft, alles nicht sozu tun wie die anderen.

    In meinem damaligen Alter beging ich Streiche folgen-der Art:

    Wenn zum Beispiel meine Brder, Schwestern und dieNachbarskinder, die mit uns spielten, den Ball zuerst indie Luft warfen, warf ich ihn zu demselben Zweck zuersthart auf den Boden und fing ihn erst, wenn er zurck-schnellte und nach seinem Purzelbaum und auch dann nurmit dem Daumen und Mittelfinger der linken Hand; oderwenn alle anderen Kinder mit dem Gesicht nach vorn aufSchlitten den Hgel hinunterfuhren, versuchte ich, was dieKinder damals Hinterseite-voraus" nannten, und nochdazu jedesmal besser; oder wenn man uns Kindern ver-schiedene Arten sogenannter Abaranischer-Bckereien"gab, schleckten gewhnlich alle anderen Kinder, ehe sie siein den Mund steckten, sie zuvor ab, offenbar um ihrenGeschmack zu kosten und um das Vergngen zu verln-gern, ich aber ... beroch sie zuerst und hielt sie vielleichtsogar an mein Ohr und lauschte aufmerksam; dann erstmurmelte ich fast unbewut, jedoch nichtsdestowenigerernsthaft vor mich hin: Geschieht-dir-recht; geschleht-dir-recht; i-nicht, was-bekommt-dir-schlecht", undrhythmisch entsprechend summend nahm ich nur einenBissen und schluckte ihn, ohne ihn zu kosten, gleich hin-unter und so fort und so weiter.

    Das erste Ereignis, in dessen Verlauf in mir eine derzwei erwhnten Gegebenheiten entstand, die die ver-lebendigenden-Quellen" zur Speisung und Vervollkomm-nung des Vermchtnisses meiner verstorbenen Gromutterwurden, ereignete sich gerade in dem Alter, als ich auseinem kleinen Knirps wurde, was man einen Lausbuben"

    30

  • nennt, und schon aussah, wie man manchmal sagt, wie einKandidat-zu-einem-jungen-Mann-mit-angenehmem-ue-ren-und-noch-unbestimmtem-Inneren".

    Und dies Ereignis geschah unter den folgenden Um-stnden, die vielleicht eigens vom Schicksal selbst zu-sammengebracht worden waren.

    Ich legte einmal mit einer Anzahl anderer junger Laus-buben auf dem Dach eines Nachbarhauses Schlingen frTauben, als einer der Jungen, der ber meinen Kopf ge-beugt mir dabei aufmerksam zuschaute, pltzlich sagte:

    Wenn es nach mir ginge, wrde man die Rohaar-schlinge so legen, da sich die groe Zehe der Taube niedarin fngt, weil, wie unser Zoologielehrer uns krzlicherklrte, sich gerade whrend der Bewegung in jeder Zeheder Taube eine Reservekraft konzentriert, weshalb, wenndie Mittelzehe in der Schlinge gefangen wird, die Taubesie sicherlich leicht brechen kann."

    Ein anderer Knabe, der mir gegenber lehnte und vondessen Mund brigens, wenn immer er sprach, Speichelreichlich in allen Richtungen spritzte, fiel ber die Be-merkung des ersten Jungen her und stie mit einer tch-tigen Quantitt von Speichel die folgenden Worte hervor:

    Halt deine Gosche, du hoffnungsloser Spro derHottentotten! Bist du doch eine Frhgeburt, genau wiedein Lehrer! Selbst wenn es wahr ist, da die grtephysische Kraft der Taube in ihrer groen Zehe kon-zentriert ist, um so mehr mssen wir danach trachten,gerade diese Zehe iin der Schlinge zu fangen. Nur dannliegt fr unser Ziel das heit fr das Fangen jener un-glcklichen Taubengeschpfe Bedeutung in jener Ge-hirnbesonderheit, die allen Trgern jenes weichen undschlpfrigen ,Etwas' eigen ist und darin besteht, da,wenn durch andere Handlungen, von denen seine un-wichtige uerungsfhigkeit abhngt, ein periodisch n-tiger gesetzmiger sogenannter .Bestandswechsel' entsteht,

    31

  • dann diese kleine sozusagen .gesetzmige-Verwirrung', diezur Belebung anderer Handlungen im allgemeinen Funk-tionieren vor sich gehen sollte, den Schwerpunkt desganzen Funktionierens in dem dieses schlpfrige ,Efwas'eine sehr kleine Rolle spielt sofort fr eine Zeit vonseinem gewohnten Platz auf einen anderen bergehen lt,wodurch im allgemeinen Funktionieren oft unerwartete,bis zur Verrcktheit lcherliche Resultate erzielt werden."

    Er stie die letzten Worte mit einem solchen Sprudel vonSpeichel hervor, da mir schien, als ob mein Gesicht derWirkung eines ,,Zerstubers" ausgesetzt war und keines-wegs eines Ersatz"erzeugnisses wie ihn die Deutschenzum Frben von Material mit Anilinfarben erfundenhaben.

    Dies war mehr als ich ertragen konnte, und ohne meinegeduckte Stellung zu ndern, sprang ich auf ihn undstrzte mit voller Kraft mit meinem Kopf gegen seineMagengrube, was ihn sofort umfallen und, wie man sagt,sein Bewutsein-verlieren" lie.

    Ich wei nicht und will auch gar nicht wissen, inwelchem Sinn sich das Resultat in eurem Denken betreffsder Kunde ber das meiner Meinung nach auerordentlicheZusammenkommen von Lebensumstnden, die ich jetzt be-schreiben will, bildet; fr mein Denken war dies Zu-sammenkommen jedenfalls ein ausgezeichnetes Material,mich glauben zu lassen, da das von mir beschriebeneEreignis, das sich in meiner Jugend zutrug, mglicher-weise nicht einfach zufllig geschehen, sondern absichtlichvon gewissen fremden Mchten geschaffen worden war.

    Die Sache ist die, da mir diese Geschicklichkeit ersteinige Tage vor diesem Ereignis von einem griechischenPriester aus der Trkei beigebracht worden war, der, weiler von den Trken um seiner politischen berzeugungwillen verfolgt worden war, von dort hatte fliehen mssen,und nachdem er in unserer Stadt angekommen, von meinen

    32

  • Eltern fr mich als Lehrer der neugriechischen Spracheangestellt worden war.

    Ich wei nicht, auf welchen Gegebenheiten seine politi-schen berzeugungen und Ideen beruhten, aber ich er-innere mich sehr gut, da in allen Gesprchen mit diesemgriechischen Priester, selbst als er mir den Unterschied inden Exklamationsworten im Alt- und im Neugriechischenerklrte, tatschlich immer seine Trume sehr deutlich zumAusdruck kamen, sobald als mglich nach der Insel Kretazurckzugehen und sich dort so zu uern, wie es einemechten Patrioten zukommt.

    Also, als ich die Wirkung meiner Geschicklichkeit sah,war ich, wie ich gestehen mu, sehr erschreckt und dachte,da ich damals noch nichts von der Wirkung eines Stoesauf diese Stelle des Korpers wute, da ich den Knabengettet htte.

    Im gleichen Augenblick, da ich diese Furcht empfand,fiel ein anderer Junge, der Vetter dessen, der das ersteOpfer meiner sozusagen Geschicklichkeit-in-Selbstvertei-digung" geworden war, ohne eine Sekunde zu zgern undoffenbar von einem Gefhl, genannt Blutsverwandt-schaft", berkommen, ber mich her und schlug mir mitvollem Schwung mit der Faust ins Gesicht.

    Durch diesen Schlag gingen mir, wie man sagt, die-Augen-ber", und gleichzeitig fllte sich mein Mund, alsob er mit der Grtze fr die knstliche Fllung vontausend Hhnchen vollgestopft worden wre.

    Als etwas Zeit vergangen war und diese beiden selt-samen Empfindungen sich allmhlich in mir beruhigten,entdeckte ich tatschlich, da etwas Fremdes in meinemMunde war, und als ich es mit den Fingern herauszog,stellte es sich als nichts Geringeres als ein Zahn vongroen Ausmaen und seltsamer Form heraus.

    Als mich die anderen Jungen diesen auerordentlichenZahn betrachten sahen, stellten sie sich um mich herum

    33

  • und starrten ihn auch mit groer Neugier und seltsamemSchweigen an.

    Zu dieser Zeit kam der Junge, der ohnmchtig dagelegenhatte, zu sich, stand auf und starrte mit den anderenKnaben auf meinen Zahn, als ob nichts weiter geschehenwre.

    Dieser seltsame Zahn hatte sieben Vorsprnge, und amEnde eines jeden hing plastisch ein Tropfen Blut, unddurch jeden einzelnen Tropfen schien klar und bestimmteiner der sieben Brechungen der Manifestationen des weienStrahles.

    Nach dem fr uns Lausbuben ungewhnlichen Schwei-gen brach wieder der gewhnliche Lrm aus, und in diesemLrm wurde beschlossen, sofort zum Barbier zu gehen,einem Spezialisten im Zahnausziehen, und ihn zu fragen,warum dieser Zahn gerade so aussah. So stiegen wir allevom Dach herab und begaben uns zum Barbier. Ich, alsder Held-des-Tages", stolzierte allen voraus.

    Der Barbier sagte nach einem flchtigen Blick, da dieseinfach ein Weisheitszahn" sei und da all die des mnn-lichen Geschlechts einen solchen haben, die, bis sie zumerstenmal Papa" und Mama" sagen, nur von der Milchihrer eigenen Mutter genhrt werden und die beim erstenBlick unter vielen anderen Gesichtern das ihres eigenenVaters herausfinden knnen, .,/;%.:-^;''.

    Das Resultat der ganzen Gesamtheit der "Wirkung diesesEreignisses, dem mein armer "Weisheitszahn" zum-Opfer-gefallen" war, bestand darin, da mein Bewutsein vonda an anfing, nicht nur dauernd in Verbindung mit allemden "Wesenskern des Vermchtnisses meiner verstorbenenGromutter das Himmelreich sei ihr beschieden aufzunehmen, sondern da auch in jener Zeit, weil ichnicht zu einem diplomierten-Zahnarzt" gehen konnte, umdie Hhle dieses verlorenen Zahnes behandeln zu lassen,was ich brigens nicht tun konnte, weil unser "Wohnort zu

    34

  • weit von den modernen Kulturzentren entfernt war, chro-nisch aus dieser Hhle ein Etwas" sickerte, was wiemir krzlich durch einen sehr berhmten Vetterprophetenerklrt wurde, dessen, wie man sagt, Busenfreund" ichzufllig geworden war, weil wir uns hufig in PariserNachtlokalen auf dem Montmartre trafen die Eigen-schaft hatte, ein Interesse und die Tendenz zu erwecken,die Entstehungsursache jeder verdchtigen-wirklichen-Tatsache" herauszufinden, und diese nicht erblich aufmeinen allgemeinen Bestand gelangte Eigenschaft machtemich allmhlich und automatisch schlielich zu einemSpezialisten in der Untersuchung aller verdchtigen-Ph-nomene", die mir so hufig in den "Weg kommen.

    Diese Eigenschaft, die sich in mir nach diesem Ereignisbildete, als ich mich, natrlich unter Mitwirkung unseresALL - ALLGEMEINEN - MEISTERS - DES - SCHO-NUNGSLOSEN-HEROPAS, das heit des-Laufes-der-Zeit" in einen jungen Mann, wie ich ihn charakterisierte,verwandelte, wurde ein tatschlich unauslschlicher, meinBewutsein mchtig erwrmender und stets flammenderHerd.

    Der zweite der zuvor erwhnten verlebendigenden Fak-toren, diesmal fr die vllige Verschmelzung des Ver-mchtnisses meiner teueren Gromutter mit allen Gegeben-heiten, die meine allgemeine Individualitt ausmachen, wardie Gesamtheit der Eindrcke, die ich durch die zuflligaufgenommene Kunde erhielt, betreffs der unter uns aufErden stattgefundenen Geschichte ber die Entstehungjenes Prinzips", das spter wie es sich aus den For-schungen des Herrn Alan Kardek in einer vllig-gehei-men" spiritistischen Sitzung ergab berall unter "Wesenunseresgleichen auf den brigen Planeten unseres groenWeltalls eines der Haupt-Lebensprinzipien" wurde.

    Die verbale Formulierung dieses jetzt schon All-uni-versellen-Lebensprinzips" ist folgende:

    35

  • Schmausen-wir, so-schmausen-wir-das-Porto-einge-schlossen."

    Da dieses jetzt schon universelle Prinzip" eben aufdem Planeten entstand, auf dem auch du entstandest undauf dem du noch dazu fast immer auf einem Bett vonRosen und oft Foxtrott tanzend existierst, halte ich esnicht fr mein Recht, vor dir die Kunde zu verbergen, dieich betreffs einiger Einzelheiten der Entstehung dieses jetztuniversellen Prinzips kenne.

    Bald nachdem die besagte neue Inhrenz meiner Natureingepflanzt worden war, nmlich der unerklrliche Drang,die wahren Grnde zu erforschen, aus denen die ver-schiedenen wirklichen-Tatsachen" entstehen, beschftigteich mich bei meinem ersten Aufenthalt im Herzen Ru-lands in der Stadt Moskau wo ich nichts anderes zurBefriedigung meiner psychischen Bedrfnisse fand mitder Erforschung russischer Sagen und Sprichwrter, wobeiich. einmal ob zufllig oder als Resultat einer objek-tiven gesetzmigen Folgerichtigkeit, wei ich nicht folgendes erfuhr. ^ '^M-^ W

    Als ein Russe, der, seiner ueren Erscheinung nach,denen um ihn herum als einfacher Kaufmann galt, einmalaus seiner Provinzstadt geschftshalber in die zweite rus-sische Hauptstadt, nach Moskau, zu fahren hatte, bat ihnsein Sohn, noch dazu sein Lieblingssohn weil er aus-schlielich seiner Mutter glich , ihm ein bestimmtes Buchmitzubringen.

    Als dieser groe unbewute Autor des All-universellen-Lebensprinzips" in Moskau ankam, soff er sich, wie esdamals und auch heute noch dort blich ist, mit einemseiner Freunde mit echtem russischem-'wbdka" voll.

    Und als diese zwei Einwohner dieser sehr groen heuti-gen Gruppierung zweifiger Kreaturen die entsprechendeAnzahl von Glsern dieses russischen-Segens" geleerthatten und dann ber was man Volksbildung" nennt

    36

  • diskutierten der Frage, mit der man schon seit langemUnterhaltungen beginnt , fiel unserem Kaufmann pltz-lich assoziativ die Bitte seines teuren Sohnes ein, woraufer beschlo, sich sofort mit seinem Freund nach einemBuchladen aufzumachen, um das Buch zu kaufen.

    Im Laden blttert der Kaufmann das Buch durch undfragt den Verkufer, der es ihm gereicht hat, nach seinemPreis.

    Der Verkufer antwortet, da das Buch sechzig Ko-peken koste.

    Als unser Kaufmann aber sieht, da der Preis auf demEinband des Buches mit nur fnfundvierzig Kopeken an-gegeben ist, denkt er in einer seltsamen und fr Russen imallgemeinen ungewhnlichen "Weise nach, macht dann eineBewegung mit seinen Schultern, wirft sich in die Brust wieein Offizier der Garde, steht wie erstarrt und sagt nacheiner kleinen Pause sehr ruhig, aber mit einer Betonung,die groe Autoritt ausdrckt:

    Hier steht doch fnfundvierzig Kopeken, warum ver-langt ihr dann sechzig?"

    Darauf erwidert der Verkufer mit einem Gesicht man sagt wie ein lgtze", wie es allen Verkuferneigen ist, da das Buch tatschlich nur fnfundvierzig Ko-peken koste, da es aber fr sechzig verkauft werdenmsse, weil fnfzehn Kopeken fr das Porto darauf-geschlagen worden waren.

    Nach dieser Antwort war es offensichtlich, da etwas inunserem russischen Kaufmann, der durch diese zwei ganzentgegengesetzten, aber offenbar zu vereinbarenden Tat-sachen verwirrt war, vor sich ging, und dieweil er auf dieDecke sah, dachte er wieder nach, diesmal wie ein eng-lischer Professor, der eine Kapsel fr Rizinusl erfundenhat, wandte sich dann pltzlich an seinen Freund und gabzum erstenmal auf Erden die verbale Formulierung vonsich, die, da sie in ihrem Wesen eine unbezweifelbare

    37

  • objektive Wahrheit ausdrckt, von da an den Charaktereines Sprichwortes annahm.

    Und zwar sagte er zu seinem Freunde damals folgendes:Was tut's schon, mein Lieber, nehmen wir das Buch.

    Sind wir doch heute sowieso am Schmausen und ,schmau-sen-wiri-so-schmausen-wir-das-Porto-eingeschlossen'."

    Sobald ich Unglckseliger, der verurteilt ist, im Lebendie Freuden der Hlle" zu erfahren, all dies erkannthatte, begann sofort etwas sehr Seltsames in mir, das ichnie zuvor und nie wieder erlebt habe, und hielt eine rechtlange Zeit an: es war nmlich, als ob alle mglichen, wiemoderne Hivinze" sagen, Wettrennen" in mir zwischenallen verschieden-quelligen Assoziationen und gewhnlichsich in mir vollziehenden Erlebnissen vor sich gingen.

    Gleichzeitig brach in der ganzen Gegend meiner Wirbel-sule ein heftiges, fast unertrgliches Jucken aus und eineauch unertrgliche Kolik genau im Zentrum meines soge-nannten Plexus-Solaris"; und all dem, das heit diesenzwiespltigen einander gegenseitig aufregenden Empfindun-gen, machte nach einer Weile pltzlich ein solcher Innererruhiger Zustand Platz, wie ich ihn nur einmal noch inden folgenden Jahren erlebte, als die Zeremonie der gro-en Einweihung in die Brderschaft der Begrnder-des-Butter-aus-der-Luft-Machens" mit mir vollzogen wurde;und als spter Ich", das heit jenes unbekannte-Etwas"von mir, das in alten Zeiten ein Sonderling der vondenen um ihn herum, so wie wir jetzt auch noch solcheLeute nennen, ein Wissenschaftler" genannt wurde alsein relativ - bertragbares - Entstehen - abhngig - von - der-Qualitt -des - Funktionierens -des - Denk- Fhl - und - organi-schen-Automatismus" definiert hatte und das ein andererauch berhmter Wissenschaftler des Altertums, der AraberMal-el-Lel, in eine Definition brachte, die der nicht weni-ger berhmte griechische Wissenschaftler Xenophon sptervon ihm entlieh und in einer anderen Weise wiederholte

    38

  • als das-Gesamtresultat-von-Bewutsein-Unterbewutsein-und-Instinkt"; also, als dieses selbe Ich" in diesem Zu-stand meine verwirrte Aufmerksamkeit auf mich selbstlenkte, stellte ich zuerst sehr deutlich fest, da alles bisauf jedes Wort was dieses Sprichwort erklrt, das einall-umverselles-Lebensprinzip" geworden ist, in mir ineine bestimmte komische Substanz verwandelt wurde undmit den Gegebenheiten verschmolz, die schon lange zuvordurch das Vermchtnis meiner verstorbenen Gromuttersich kristallisiert und in ein Etwas" verwandelt hatten,das meinen allgemeinen Bestand durchdringt und sich frimmer in jedem Atom dieses allgemeinen Bestandes fest-setzt, und zweitens, da mein unseliges Ich" dann sehrgenau empfand und mit einem Impuls von Ergebung diefr mich traurige Tatsache erkannte, da ich mich vondiesem Augenblick an immer ob ich will oder nicht in allem ohne Ausnahme nach der in mir geformten In-hrenz" zu uern htte, die nicht durch die Gesetze derVererbung noch unter dem Einflu der umgebenden Ver-hltnisse sich geformt hatte, sondern in meinen allgemeinenBestand durch die Wirkung dreier uerer zuflliger Ur-sachen, die nichts miteinander gemein hatten, entstandenwar, nmlich: erstens durch das Vermchtnis eines Men-schen, der ohne den geringsten Wunsch meinerseits diepassive Ursache der Ursache meines Entstehens gewordenwar, zweitens weil mir ein Zahn von einem Raufbold,hauptschlich ob des Geiferns" eines anderen, aus-gehauenworden war, und drittens dank der verbalen Formulie-rung, die von den trunkenen Lippen einer mir ganz frem-den Person gekommen war, eines gewissen KaufmannesMoskauischer-Sorte".

    Wenn ich, bevor ich dieses all-universelle-Lebensprin-zip" kannte, schon alle uerungen anders als die anderenzweifigen Tiere meinesgleichen, die mit mir auf ein unddemselben Planeten entstehen und vegetieren, gemacht

    39

  • hatte, so hatte ich dies automatisch und manchmal halbbewut getan, aber nach diesem Ereignis tat ich siebewut und noch dazu mit einer instinktiven Emp-findung zweier ineinanderschmelzender Impulse von Selbst-erkenntnis und Selbstbefriedigung ob richtiger und ehren-hafter Erfllung meiner Pflicht der groen Natur gegen-ber.

    Es mu sogar hervorgehoben werden, da, obgleich ichschon vor diesem Ereignis alles nicht so machte wie dieanderen, meine uerungen doch kaum meinen Landsleutenum mich herum in die Augen stachen, aber von demAugenblick an, wo das Wesen dieses Lebensprinzips inmeine Natur berging, gewannen einerseits all meineuerungen, sowohl die absichtlichen, fr ein Ziel be-stimmten, als auch die einfachen, die sozusagen aus-reiner-Faulheit" geschahen, verlebendigende Kraft undhalfen der Bildung von Hhneraugen" an den "Wahr-nehmungsorganen jeder Kreatur meinesgleichen ohne Aus-nahme, sobald sie ihre Aufmerksamkeit direkt oder in-direkt auf meine Handlungen richtete, und anderseits be-gann ich selbst in bereinstimmung mit dem Vermchtnismeiner verschiedenen Gromutter alle meine Einflle biszu den uerst mglichen Grenzen auszufhren. Und soerwarb ich automatisch die Gewohnheit, am Anfang vonetwas Neuem oder auch bei einem Wechsel natrlich nurgreren Mastabes immer in Gedanken oder laut aus-zusprechen : Schmausen-wir,-so-schmausen-wir-das-Porto-eingeschlossen".

    Und auch jetzt zum Beispiel, wo ich umstndehalber,die nicht von mir abhngen, sondern aus den seltsamenund zuflligen Umstnden meines Lebens kommen, Bcherzu schreiben habe, bin ich ebenfalls gezwungen, es inbereinstimmung mit jenem gleichen Prinzip zu tun, dasallmhlich durch verschiedene auerordentliche, vom Le-ben selbst geformte Kombinationen bestimmt wurde und

    40

  • mit jedem Atom meines allgemeinen Bestandes verschmol-zen ist.

    Diesmal will ich dieses mein psycho-organisches Prinzipdamit zu verwirklichen beginnen, da ich dem Brauchaller Schriftsteller, so wie er von den fernsten Zeiten aufdie Gegenwart kam nmlich zum Thema ihrer ver-schiedenen Schriften Ereignisse zu nehmen, die angeblichauf der Erde stattfanden oder stattfinden , nicht folge,sondern statt dessen zum Mastab der Ereignisse meinerSchriften das ganze Weltall nehme. Denn auch indiesem Falle gilt wenn-schon,-denn-schon", was besagenwill, schmausen-wir,-so-schmausen-wir-das-Porto-einge-schlossen".

    Jeder Schriftsteller kann im Mastab der Erde schrei-ben, ich aber bin nicht jeder.

    Wie kann ich mich auf diese im objektiven Sinne Klei-nigkeit-von-Erde" beschrnken? Dies tun, das heit frmeine Schriften die gleichen Themen whlen wie im all-gemeinen alle Schriftsteller, darf ich nicht, wenn auch nur,weil, was unsere gelehrten Spiritisten behaupten, pltzlichtatschlich wahr werden und meine Gromutter davonerfahren knnte, und verstehst du, was ihr geschehenknnte, meiner teuren geliebten Gromutter? Sie wrdesich im Grabe herumdrehen, nicht einmal, wie man ge-whnlich sagt, sondern wie ich sie verstehe, besondersjetzt, wo ich mich schon recht geschickt" in die Lageeines anderen versetzen kann viele viele Male, bis siesich schlielich in einen Irischen-Wetterhahn" verwan-deln wrde.

    Bitte, Leser, bleibe ruhig . .. Ich werde natrlich auchber die Erde schreiben, aber mit einer solch unparteiischenEinstellung, da sowohl dieser verhltnismig kleinePlanet selbst als auch alles auf ihm dem Platz entsprechen,den sie in Wirklichkeit einnehmen und den sie sogar deinereigenen gesunden Logik nach, zu der du dank meiner

    41

  • Fhrung gelangt bist, in unserem groen Weltall ein-nehmen mssen.

    Ich mu natrlich auch zu den verschiedenen sogenann-ten Helden" meiner Schriften andere Typen whlen, alsdie im allgemeinen von den Schriftstellern aller Rnge undEpochen auf Erden gezeichnet und verherrlicht werden,das heit Typen in der Art von Mller und Meier, diedurch ein Miverstndnis entstehen und die im Prozeihrer Bildung bis zu was verantwortliches-Leben" genanntwird, berhaupt nichts von dem erwerben, was einemEbenbild Gottes, das heit einem Menschen, zu haben sichziemt, und die fortschreitend bis zum letzten Atemzugnur jene verschiedenen Reize entwickeln, als da sindLsternheit", Geilheit", Verliebtheit", Boshaftigkeit",Weichherzigkeit", Neid" und hnliche menschenunwr-dige Laster.

    Ich beabsichtige, in meinen Schriften Helden eines sol-chen Typs darzustellen, die jeder, wie man sagt, ob-er-will-oder-nicht", mit seinem ganzen Sein als wirklichempfinden mu und ber die in jedem Leser sich unbe-dingt Gegebenheiten zu der Vorstellung kristallisierenmssen, da sie tatschlich jemand" sind nicht einfachirgendeiner". -

    Whrend ich in den letzten Wochen mit krankem Kr-per zu Bett lag, entwarf ich im Geist einen berblickber meine knftigen Schriften und dachte die Form undFolge ihrer Darlegung aus, und dabei beschlo ich, zumHaupthelden der ersten Serie meiner Schriften .. . weitdu, wen?. .. den groen Beelzebub selbst zu machen,wenn auch diese Wahl von Anfang an im Denken dermeisten meiner Leser solche Gedankenassoziationen hervor-bringen drfte, die in ihnen alle mglichen automatischeneinander widersprechender Impulse hervorbringen mssenob der Wirkung jener Gesamtheit von Gegebenheiten, diesich in der Psyche der Menschen durch alle bestehenden

    42

  • anormalen Verhltnisse unseres ueren Lebens unausbleib-lich formen und sich im allgemeinen im Menschen durchdie berchtigte sogenannte religise-Moral" kristallisieren,wie sie in ihrem Leben existiert und eingewurzelt ist; alsodeshalb mssen sich in ihnen unausbleiblich Gegebenheitenzu einer unerklrlichen Feindseligkeit mir persnlich ge-genber bilden.

    Aber weit du was, Leser?Fr den Fall, da du dich trotz meiner Warnung ent-

    schlieen solltest zu wagen, dich mit meinen weiterenSchriften bekanntzumachen, und mit einem Impuls vonUnparteilichkeit dich bemhen solltest, den eigentlichenKern der Fragen aufzunehmen und zu verstehen, die ichzu beleuchten beschlossen habe, und auch im Hinblick aufdie der menschlichen Psyche inhrente Eigentmlichkeit,da der Aufnahme selbst des Guten nur dann kein Wider-stand entgegengesetzt wird, wenn sozusagen ein Kontakt-gegenseitiger-Offenheit-und-gegenseitigen- Vertrauens" be-steht, mchte ich dir jetzt offen die in mir entstandenenAssoziationen gestehen, die endlich in der entsprechendenSphre meines Bewutseins die Gegebenheiten hervor-gebracht haben, die meine ganze Individualitt drngen,zum Haupthelden meiner Schriften gerade ein solches In-dividuum zu whlen, als welches sich eben dieser HerrBEELZEBUB deinem inneren Blick darstellt.

    Ich tat dies nicht ohne Schlauheit.Meine Schlauheit liegt einfach in der logischen An-

    nahme, da, wenn ich ihm diese Aufmerksamkeit erweise,er unbedingt wie ich inzwischen schon nicht mehr be-zweifle sich mir dankbar erzeigen und mir mit allenihm zu Gebote stehenden Mitteln bei meinen beabsichtig-ten Schriften helfen wird.

    Herr Beelzebub ist zwar, wie man sagt, aus-ande-rem-Teig" gemacht, aber da er auch denken kann, undwas das Wichtigste ist wie ich durch die Abhandlung

    43

  • des berhmten katholischen Mnchs, des Bruders Fulon,erfuhr , einen gelockten Schwanz hat, so ziehe ich, daich vollends durch Erfahrung berzeugt bin, da Lockenniemals natrlich sind, sondern nur durch verschiedeneknstliche Manipulationen erworben werden knnen gem der in meinem Bewutsein durch das Lesen vonBchern ber Chiromantie geformten gesunden-Logik" ,den Schlu, da auch dieser Herr Beelzebub ein gutesStck Eitelkeit besitzen und es deshalb hchst beschmendfinden mu, einem nicht zu helfen, der fr seinen NamenReklame macht.

    Nicht umsonst sagt unser berhmter und unvergleich-licher Mulla-Nassr-Eddin hufig:

    Ohne-schmieren - kann-man -nirgends -ertrglich-leben,-noch-nicht-einmal-atmen."

    Und ein anderer auch Irdischer Weiser, der dies nurdank der krassen Dummheit der Leute wurde, namens TillEulenspiegel, drckte dasselbe mit folgenden "Worten aus:

    Wer-gut-schmeert-der-gut-fhrt."Da ich diese und viele andere in Jahrhunderten im

    gemeinschaftlichen Leben der Menschen geformten Sprchevoll echter Volksweisheit kenne, habe ich beschlossen,gerade Herrn Beelzebub zu schmieren", der, wie jederversteht, Mglichkeiten und Wissen mehr als zur Gengefr alles hat.

    Genug, alter Kerl! Spa beiseite, 'sogar philosophi-schen hast du doch, scheint es, mit all diesen Ab-schweifungen eins der in dir ausgearbeiteten Hauptprin-zipien verletzt, das dem System zugrunde liegt, das zurEinfhrung deiner Trume ins Leben durch einen solchenneuen Beruf zuerst geplant war, das Prinzip, das darinbesteht, nie zu vergessen und immer die Tatsache in Be-tracht zu ziehen, da die Denk-Funktion des heutigenLesers geschwcht ist, ihn also nicht durch die Aufnahmezahlreicher Ideen in kurzer Zeit zu ermden.

    44

  • Als ich einen der Leute, die immer um mich herumsind und begierig.-ins-Paradies-unbedingt-mit-Schuhen-an-zu-kommen", bat, alles was ich in diesem Einfhrungs-kapitel geschrieben habe, mir laut vorzulesen, und mein,wie man sagt, Ich" natrlich unter Teilnahme allerbestimmten in meiner originellen Psyche whrend derletzten Jahre geformten Gegebenheiten, die mir unteranderem ein Verstndnis der Psyche der Kreaturen mei-nesgleichen verschiedener Typen gab feststellte und mitSicherheit erkannte, da im allgemeinen Bestand jedesLesers ohne Ausnahme unausbleiblich durch dieses ersteKapitel allein ein Etwas" entstehen mu, das automatischmir persnlich gegenber Feindseligkeit hervorruft.

    Eigentlich ist es nicht das, was mich jetzt hauptschlichbeunruhigt, sondern vielmehr die Tatsache, da ich amEnde dieses Lesens auch feststellte, da in der Gesamt-summe alles in diesem ersten Kapitel Dargelegten meingesamtes Ganzes, in dem das zuvor erwhnte Ich" einensehr kleinen Teil ausmacht, sich ganz entgegen einem derGrundgebote unseres all-allgemeinen Lehrers geuert hat,den ich besonders schtze, Mulla-Nassr-Eddin, das diesermit den "Worten formuliert: Rhr-nicht-an-ein-'Wespen-nest".

    Die Aufregung, die das ganze System, das mein Fhlenausmacht, durchdrang, entstand, als ich erkannte, daim Leser unbedingt ein unfreundliches Gefhl mir gegen-ber entstehen mu, hrte dann aber pltzlich auf, alsich mich an ein altes russisches Sprichwort erinnerte, dasda sagt: Keiine-Beleidigung,-die,-wie-aUe-"Wunden,-die-Zeit-nicht-heilt".

    Aber die in meinem Gefhl entstandene Aufregung,die aus der Erkenntnis kommt, da ich ein Gebot Mulla-Nassr-Eddins zu befolgen versumte, beunruhigt mich jetztnicht nur ernstlich, sondern es begann, sobald ich diesverstand, damit ein sehr seltsamer Proze in meinen

    45

  • beiden erst krzlich erworbenen Seelen" und nahm dieForm eines ungewhnlichen Juckens an und nimmt nochdauernd zu, bis er jetzt einen fast unertrglichen Schmerzin der Gegend ein wenig unter der rechten Hlftemeines schon ohnedies berarbeiteten Plexus-solaris" her-vorruft.

    Warte, warte einen Augenblick ... Dieser Proze hrt,wie mir scheint, schon auf, und es entsteht in allen Tiefenmeines Bewutseins oder, sagen wir einstweil