Gibt es schwierige Silbentypen? - Haskins · PDF fileEMMA Artikulatorische Aufnahmen: EMMA:...
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Silben Workshop Münster, 2011
Christine Mooshammer, Haskins Labs, New Haven, CT
in Kooperation mit Louis Goldstein (Haskins & USC, Los Angeles, CA)
Aude Noiray (Haskins)
Mark Tiede (Haskins & MIT, Boston, MA)
Elliot Saltzman (Haskins & BU, Boston, MA)
Hosung Nam (Haskins)
Argyo Katsika (Haskins & Yale, CT)
Raj Dhillon (Haskins & Yale, CT)
Scott McClure (Nuance, MA)
1
Gibt es schwierige Silbentypen?
1
Silben Workshop Münster, 2011
1.Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
1.1.Hintergrund
1.2.Evidenz aus eigenen Arbeiten:
1.2.1. Reaktionszeitmessungen bei Erwachsenen
1.2.2. Reaktionszeitmessungen bei Kindern (Pilot)
2
Übersicht
2
Silben Workshop Münster, 2011
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
2. In welcher Silbenposition treten die meisten Schwierigkeiten auf (CVC)?
2.1.Hintergrund
2.2.Evidenz aus eigenen Arbeiten
2.2.1.Artikulatorische Daten von Versprechern
2.2.2.Reaktionszeitmessungen bei Erwachsenen
2.2.3. Prosodische Effekte auf Versprecher
2.2.4. Kopfbewegungen
3. Abschlussdiskussion: Modellierung innerhalb der Artikulatorischen Phonologie
3
Übersicht (Teil II)
3
Silben Workshop Münster, 2011
1.1 Hintergrund: CV einfacher als andere Silbentypen
Typologie:
CV Silben universell präferiert (Clements & Keyser 1983)
Ausnahme Arrente
viele Sprachen erlauben keine VC Silben und/oder keine Coda
Sprachwandelprozesse:
verlaufen öfter in Richtung CV Silben als in Richtung VC Silben (Vennemann 1988)
Ausnahme: Bininj Gun-Wok
Spracherwerb
aus Levelt, Schiller, Levelt 1999
4
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
4
Silben Workshop Münster, 2011
1.1 Hintergrund
Versprecherforschung:
wenig Daten, da Kontext ausschlaggebend für Versprecher
Stemberger (1983): Versprecher in Konsonantenclustern führen oft zur Vereinfachung der Silbenstruktur, aber auch oft nicht (Cluster → Singleton, Singleton → Cluster)
Pouplier (2007): Wesentlich mehr graduelle Intrusionen in CVC CVC Sequenzen als in CV CV Sequenzen
5
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
5
Silben Workshop Münster, 2011
1.1 Hintergrund: Reaktionszeitmessungen
Ausgangspunkt: schwierigere Silbentypen brauchen länger in der Planung
kaum systematische Studien zu Silbentypen, aber zu
1. Einfluß initaler Segmente
Vokale > Plosive > Frikative/Sonoranten (Kessler, Treiman, Mullennix 2002, Rastle & Davis 2002, Kawamoto et al. 2008)
problematisch für Standardtheorie
2. Silbenfrequenz: mental syllabary
Levelt & Wheeldon (1994): häufige Silben sind als abstrakte motorische Pläne gespeichert und können deshalb schneller abgerufen und produziert werden
Cholin, Levelt, Schiller (2006): Effekt ist unabhängig vom lexikalischen Zugriff
3. Cluster vs. Singletons
Kürzere Latenzen für Cluster (Kawamoto & Kello 1999, Kessler, Treiman & Mullinex 2002, Rastle 2005)
Frequenz und Neighborhood Density Effekte
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
66
Silben Workshop Münster, 2011
Silbentypen CV - VC: Nam (2007)
Experiment:
Kombinationen von Großbuchstaben (P, T, K mit I, A) senkrecht auf dem Bildschirm (Vermeidung von Frequenzeffekten)
Ein- und Zweisilbler
simple naming
2 koreanisch und 2 englisch sprechende Versuchspersonen
Ergebnis
signifikant längere Reaktionszeiten für VC als für CV Wörter
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
77
Silben Workshop Münster, 2011
Modellierung: gekoppelte Oszillatorenmodell der Silbe (Hosung Nam, Louis Goldstein und Elliot Saltzman)
Grundlegende Einheit in der gesprochenen Sprache sind die Gesten
Gesten werden kombiniert zu Wörtern
Gesten werden miteinander zeitlich in Beziehung gesetzt: Phase (‘glue’)
innerhalb eines Segments:
Velumsöffnung mit oralem Verschluss für Nasale
innerhalb einer Silbe: CV, VC, CC etc.
zwei bevorzugte Modi für die Koordination zweier Gliedmaßen (Haken, Kelso, Bunz 1985)
in-phase (0°) und anti-phase (180°)
in-phase stabiler und weniger variabel als anti-phase
andere Modi können gelernt werden, sind aber instabil
180 ˚ 0 ˚
mad
8
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
8
Silben Workshop Münster, 2011
Spezifikationen innerhalb der Silbe
in-phase für C-V, d.h. Konsonant und Vokalartikulatoren werden gleichzeitig inititiert
anti-phase für V-C und C-C, d.h. Artikulatoren werden nacheinander initiiert
komplizierterer Modus für Konsonanten-verbindungen im Anlaut, da ein Widerspruch zwischen den beiden Spezifikationen besteht
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
0°
C1 ! C2 ! V !
180° C1 !
C2 ! V !
C-center
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Input für Planung:
Gesten assoziert mit Planungsoszillator (´clock´, triggert die Geste)
Kopplungsphase (Zielphase)
Phase zwischen den Planungsoszillatoren: zu Beginn zufälliger Wert, dann Einpendeln
Synchronisation
Einpendelzeit hängt ab von
1. Modus: 0° schneller als 180°, da 0° ein stärkerer Attraktor ist
2. Anzahl der Verbindungen: CCV (3) CV (2)VC (1)
1. Gibt es Silbentypen, die schwieriger sind als andere?
schneller10
10
Silben Workshop Münster, 2011
1. Ziele der eigenen Reaktionszeituntersuchungen:
Wiederholung von Hosung Nams Untersuchung mit weiteren Sprechern und Konsonanten
CV < VC
Erweiterung auf weitere Silbentypen:
CCV<CV(C) (Cluster Effekt)
CV <CVC (Coda Effekt)
Treten diese Unterschiede auch auf, wenn sie anhand von Sprechbewegung statt deren akustischer Auswirkungen gemessen werden?
Erhebung artikulatorischer Daten
Spielt es eine Rolle, wie geübt Sprecher mit bestimmten Silbentypen sind?
Daten zu CV < VC von Kindern (Pilotstudie) 1111
Experiment 1. Audio 2. Artikulatorische Daten 3. Audio: Kinder
Teilnehmer
Aufgabe
Silben-strukturen
Segmente
Wieder-holungen
20 Erwachsene12 w., 8 m. AmEngl.
4 erwachsene Sprecher3 w., 1 m.AmEngl.
5 Kinder: 8-9 J. 4 w., 1 m.AmEngl. (2 bilingual)
verzögerte Benennungsaufgabe:
orthographisch
verzögerte Benennungsaufgabe:
orthographisch
verzögerte Benennungsaufgabe:
Bilder
CV, CVCV, VC
CCV, CCVC
CV, CVCVC
CVVC
V: /ei, i/C: /p, t, k, s, l/CC: /sl, st, sp, sk/
V: /ei, i/C: /p, t, k, s, l/
V: /ei, i, u, ʌ/C: /p, t, k, s, z, l/
5 8 5-8
1212
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1. ExperimentE: Aufgabe
Get ready, say ‘uh’
plate plate
Verzögerung: zw. 1 - 2 s.
Verzögerte Benennung: Ausschliessen von lexikalischen Effekten
Prästimulus Schwa: Vermeidung von motorischer Vorbereitung
1313
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1. EMMA
Artikulatorische Aufnahmen:
EMMA: ElectroMagnetic Midsagittal Articulograph
2D Perkell System mit Helm
Sensorplazierung:
3 Zungenspulen
Kiefer, Unter- und Oberlippe
Referenzspulen: obere Schneidezähne (UI), Nase
1414
Etikettierung und Messungen• Intervall vom Gipfel des
Signals bis zum Beginn des Wortes: RTac
• burst für Plosive
• hochfrequentes Geräusch für Frikative
• Stimmtoneinsatz/Glottalisierung für Vokale und Lateral
• Intervall vom Gipfel des Signals bis zum Geschwindigkeitsgipfel der ersten Geste: RTart
• LipAperture für Bilabiale
• TT für /t, s, l /
• TD für Vokale und /k /
RTac
RTart
1515
Silben Workshop Münster, 2011
V/VC:• längste RT• kein systema-
tischer Unter-schied zw. V und VC
• kein Unterschied für verschiedene Konsonanten
CV/CVC:• RT: Plosive > /l/ > /s/• CV(C) < V(C) • n.sig. für Plosive• kein systematischer Unterschied zw. CV und CVC
CCV/CCVC:• kürzeste RT• Cluster 5ms
kürzer als CV(C), signifikant
stops /l/ /s/
Aco
ustic
RT
[ms]
150
200
250
300
V
VC
CV
CVC
CCV
CCVC
16
1. Ergebnisse aus dem AkustikExperiment
16
stops lateral frics
Kinder
RT
[ms]
260
280
300
320
340
360
VCCV
stops /l/ /s/
Aco
ustic
RT
[ms]
150
200
250
300
V
VC
CV
CVC
CCV
CCVC
Erwachsene
Kinder
ähnliches Muster wie Erwachsene:
kein Unterschied bei Plosiven, aber bei Lateral und bei Frikativ: CV < VC
CV: Frikative < Laterale < Plosive
Langsamere Reaktionen
mehr Variabilität ➔ weniger Kinder (5) als Erwachsene (20)17
17
Silben Workshop Münster, 2011
1. Diskussion: Akustikexperiment
Schwierigere SilbentypenSprachtypologie und Spracherwerb:
RT Daten bestätigen, dass VC länger in der Planung brauchen als CV
ABER
komplexe Onsets: kürzer als alle anderen Silbentypen
kein Kodaeffekt
signifikanter Einfluss des initialen Segments
1818
Silben Workshop Münster, 2011
1. Diskussion: Messmethode
Effekt des initialen SegmentsPlosive, Vokale > Laterale > Frikative
Warum?
1. Unterschiedliche Planungsdauer für verschiedene initiale Segmente
2. Akustische Signatur verschieden für verschiedene SegmenteVokale, Laterale: RT hängt von Stimmtoneinsatz ab
Plosive: RT beinhaltet Verschließgeste + Verschluss
3. Vokalgesten sind langsamer
➡ Messung am artikulatorischen Signal: unterscheidet sich der Gestenonset?
CNST
CNST
1919
CV/CVC:• kein Unterschied
zwischen Plosiven, Lateral und /s/
• kein systematischer Unterschied zw. CV und CVC
VC:• längste RT• n. sig. für /s/• am längsten für
finales/l/ ➡Wortwahl ale?
stops /l/ /s/A
rt. R
T [m
s]
160180200220240260280300
VC
CV
CVC
Artikulatorisch gemessene RT
Artikulatoren werden später initiiert für VC Silben als für CV(C) Silben
kein Artefakt der Messmethodeunabhängig von initialem Segment (zumindest für die Konsonanten)
2020
Silben Workshop Münster, 2011
1. Diskussion: FrequenzFrequenzcharakteristika
• konnten nicht kontrolliert werden, aber als Kovariate verwendet werden
• Regressionsanalyse:
• Sig. Slope mit Phone Probability (nur schwach mit Biphone Prob., nicht Silbenfrequenz)
➡ Maß für Geübtheit
• gerechnet unabhängig von der Silbenstruktur
➡ wie sieht es innerhalb der Silbentypen aus?
• CV(C) wie erwartet: je höher die Phone Probability umso kürzer die RT
• VC: entgegen den Erwartungen!!!???
• Psycholinguistische Experimente untersuchen fast immer nur CVC oder CV(C)CV(C) Wörter
0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06120
140
160
180
200
220
240
260
EMMA data
Phonotactic Probability
RT(
art)
[ms]
VC
CV(C)
CV(C)
VC
CV(C)
VC
CV(C)
CV(C)
VC CV(C)
VC
CV(C)CV(C)
VC
CV(C)
VC
CV(C)
CV(C)VC
CV(C)CV(C)
VC
VC
VCVC
VC
VC
VC
VC
CV(C)
CV(C)
CV(C)
CV(C)
CV(C)
CV(C)CV(C)CV(C)CV(C)
CV(C)
CV(C) CV(C)CV(C)
AllVCCV(C)
2121
Silben Workshop Münster, 2011
1. Diskussion: P-center
• Versuchspersonen tippen mit ihrem Finger nicht zum Silbenbeginn, sondern zum Vokalbeginn (Marcus 1981, Fowler 1979, Pompino-Marschall 1989) ➔ perceptual center
• Vokalbeginn ist umso später, je mehr Konsonanten vor dem Vokal sind
➡ Annahme: unser Versuchspersonen fassen die Aufgabe rhythmisch auf, d.h. das GO Signal wird mit dem Vokalbeginn zeitlich in Bezug gesetzt
• Dauer von GO Signal bis zum akustischen Vokalonset vs. RT zum akustischen Stimulusonset
Lateral
Frikativ
Plosive
2222
Silben Workshop Münster, 2011
1. Diskussion: SilbenmodellSilbenmodell basierend auf gekoppelten Oszillatoren
Einpendeldauer hängt ab von
1. Modus: 0° schneller als 180°, da 0° ein stärkerer Attraktor ist
2. Anzahl der Verbindungen: CCV (3) CV (2)VC (1)
ABER: V=VC
NICHT Einpendeldauer, da nur eine Geste
Alternativerklärungen
Geübtheit: häufiger verwendete Silbentypen werden schneller zusammengebaut
Beschränktheit der Artikulatoren:
in CV Silben sind die Freiheitsgrade der Artikulatoren stärker beschränkt, da mehrere Gesten gleichzeitig ausgeführt werden ➔ schnellere Planung
in V(C) Silben: größere Auswahl an Möglichkeiten ➔ langsamere Planung
RT: C-V, C-center-V < V-C
2323
Silben Workshop Münster, 2011
✦ Erster Teil: gibt es Silbentypen, die schwieriger sind?✦ quantifiziert als Planungszeit
✦ Zweiter Teil: sind Positionen innerhalb der Silbe fehleranfälliger als andere?✦ Onset vs. Coda in CVC Silben✦ quantifiziert als
✦ Versprecherrate✦ Planungs- und Ausführungszeit (falls noch Zeit
ist)
24
2. Einfluss der Silbenposition
24
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Ziel: Mehr Fehler im Onset oder in der Coda?Butterworth & Whittacker (1980):✦ [Peggy] Babcock ➜ Bagcock, Bagpock or Bagpop Literatur: Evidenz für beides✦ Mehr Fehler im Onset: MacKay (1970); Fromkin (1971); Shattuck-Hufnagel (1987), Wilshire
(1998) ➜ ABER: perzeptueller Maskierungseffekt durch vorangehenden Vokal verfälscht Ergebnisse zugunsten von Onsetfehlern (Browman 1978)
✦ Mehr Fehler in der Coda: Butterworth & Whittaker (1980), Sevald and Dell (1994)
EMA Daten zur Vermeidung des perzeptuellen Maskierungseffektes und um auch graduelle und unvollständige Versprecher identifizieren zu können (Mowrey & MacKay 1990, Pouplier & Goldstein 2005, Pouplier 2008, McMillan & Corley 2010)
25
2. Hintergrund: Versprecher
25
Silben Workshop Münster, 2011
2. Hintergrund VersprecherZwei Klassen von Theorien:
I. Versprecher entstehen durch gleichzeitige Aktivierung von Segmenten auf der phonologischen Ebene (‘competition ‘) ➜ Misselektion a) ‘the winner takes it all’: kategoriale Fehler (e.g. Fromkin 1973, Dell 1986)
b) Cascading activation: graduelle, nicht-kanonische Fehler (Goldrick & Blumstein 2006, McMillan & Corley 2010)
✦ Wiederholen von Wortteilen ➜ baseline Koaktivierung✦ Erklärung des Coda Effekts:
Sequential Cuing Model (Sevald & Dell 1994)★Coda Mismatch: pin pick
‣ pick reaktiviert das erste Wort pin da der initiale Konsonant als Zeiger auf den lexikalischen Eintrag fungiert
‣ competition zwischen den aktiven Kodas/n/ and /k/★Onset Mismatch pin tin:
‣ keine competition, da tin nicht pin reaktiviert
pin pick
26
26
Silben Workshop Münster, 2011
II. competition durch ´frequency locking´ ✦ Änderung von einem 1:2 Verhältnis zu dem einfacheren 1:1
Verhältnis von alternierenden Gesten
cop cop: ✴ dorsale und labiale Gesten
alternieren in einem 1:1 Verhältnistop cop: ✴ dorsale and labiale Gesten
alternieren in einem 1:2 Verhältnis✴ Fehler: Intrusion einer
Zungenrückengeste ✴ Transition zu einem 1:1 Verhältnis
Silbenpositionseffekt wird später erklärt27
2. Frequenzblockierung
27
Silben Workshop Münster, 2011
Vergleich von Versprecherhäufigkeiten und räumlicher Variabilität für Mismatch im Onset (top cop) und in Coda (top tock)einige weitere interessante Bedingungen:✦ Mismatch in Onset UND Coda: pop tot (Ms. Babcock Fall)
✴ laut SCM: ähnliches Ergebnis wie für Onset Mismatch✦ fehlender Onset oder Coda: top op, top ta
✴ Ursache für Intrusionen: sich bewegende Artikulatoren oder eher das abstrakte Frequenzverhältnis
✦ zweisilbige Wörter: picky ticky, picky pity✴ etwaige Effekte auf die Position in der Silbe oder im Wort
zurückführbar? pick pit vs. picky pity✴ Anzahl der ähnlichen Segmente: pick pit (2) vs. picky pity (3)
28
2. Ziele
28
Silben Workshop Münster, 2011
3D EMA Aufnahme✦ 3 Sensoren auf der Zunge✦ 2 Sensoren auf dem Unterkiefer✦ 1 Sensor auf Ober- und Unterlippe✦ 4 Referenzsensoren
9 Sprecher des AmEngl.Wortwiederholungsaufgabe zu einem beschleunigten Metronom✦ Trial-dauer 20 sec. ✦ 10 sec stabil, dann beschleunigt
29
2. Experiment
29
Silben Workshop Münster, 2011
position
syllables
example
controls
mismatchmismatchmismatchmismatchmismatch missingmissing
onset coda both initial medial onset coda
1 1 1 2 2 1 1
top cop top tock pop tot picky ticky picky pity top op top ta
top top top top pop pop picky picky picky picky top top top top
F23F24F29F33F34M25M28M32M35
12 11 4 4 410 11 4 4 412 18 4 4 312 17 4 4 412 18 4 3 47 10 3 2 412 18 4 4 412 18 4 4 46 8 2
30
2. Material
30
Silben Workshop Münster, 2011
1. Maxima der intendierten Konstriktionsgesten (hier Zungenspitze während /d/in cod)
2. Maxima der passiven Mitbewegungen zum Zeitpunkt der aktiven des anderen Artikulatoren (hier LippenÖffnung während TT Verschluss für /d/ in cod)
3. Gleiche Prozedur für bilabiale Verschlüsse: intendierte LA und passive TT Bewegung während /d/
4. Interquartilmittelwert zwischen der intendierten Position (z.B. TT während /d/) und der passiven (z.B. TT während /b/)
Definition von Fehlertypen:
Reduktionen: Amplituden, die kleiner als die intendierten Gesten sind (komplett/partiell)
Intrusionen: Amplituden des passiven Artikulators, die den split mean übersteigen
komplette Intrusionen: Amplitude innerhalb des Bereichs der intendierten Geste
Substitutionen: komplette Intrusion des passiven Artikulators und komplette Reduktion des aktiven Artikulators
tongue tip up
down
tongue
dorsum up
down
lip aperture open
closed
*!
!!
*!
cod cob
B L
A e
rrors
>>!
D TT errors >>!D!
B!
clo
se
d lip
s
o
pen
<< B TT errors ! D L
A e
rrors
>>!
down tongue tip up!31
2. AnalysE: Fehlertypen
31
Silben Workshop Münster, 2011
Prozedur für Silbenstrukturvariation (z.B. top op, cop Kaa)
1. vertikale Extrema der intendierten Konstriktions-gesten gelabelt (hier Tongue Dorsum für /k/in cop)
2. vertikale Extrema des passiven Artikulators (hier kleinere Zungendorsum ‘huppel‘ während des fehlenden Onsets in op)
3. Interquartilmittelwert zwischen der intendierten Position (z.B. TD während /k/) und der passiven Bewegung (e.g. TD during _)
Definition of Error Types:
Reduktion: kleinere Amplitude der intendierten Geste (komplett/partiell)
Intrusion: Amplituden des passiven Artikulators, die den split mean übersteigen
komplette Intrusion: Amplituden, die in den Bereich der intendierten Geste fallen
Substitution: komplette Intrusion des passiven Artikulators
M28 cop op
cop op
Intended UnConstrained2
0
2
4
6
8
10
12
14
16
LipA
pertu
re
Ton
gueD
orsu
m
32
2. Analyse: Fehlertypen
32
Silben Workshop Münster, 2011
2. AnalysE: DELtamaß
Prozedur (adaptiert von McMillan & Corley 2010)
1. Artikulatorpositionen während der intendierten Geste für alle Sensoren (hier TD, TB, TT, JAW, UL, LL für /p/in pod cod)
2. Berechnung des Mittelwerts (+) für alle Sensoren3. Berechnung der Euklidischen Distanz zwischen
mittleren Positionen und einzelnen Datenpunkten (6 Sensoren × 2 räumliche Dimensionen ➔ 1 Distanz)
➯ Maß für räumliche Variabilität innerhalb eines trials
Vorhersage nach McMillan & Corley: Delta ist für alternierende Wortpaare größer als für die nicht-alternierende Kontrollbedingung
60 40 20 020
10
0
10
20
ALTERNATING: F23 /p/ in "pod cod"
60 40 20 020
10
0
10
20
CONTROL: F23 /p/ in "pod pod"
33
33
Silben Workshop Münster, 2011
2. Ergebnisse: Onset vs. coda
Fehler
signifikant mehr Fehler für Mismatch in der Coda als für Mismatch im Onset für
✦ Substitutionen✦ Reduktionen✦ Intrusionen
mehr Reduktionen in der Coda: aufgrund der generellen Tendenz im AmEnglischen finale /t/ zu glottalisieren?
✦ Ausschluss von /t/ Coda: 5.9% ➙ 3.6 %
häufigster Fehlertyp: Intrusion (Pouplier 2003, Goldstein, Pouplier et al. 2007)
onset coda
substitutions
reductions
intrusions
Error types
mismatch
Err
or
rate
[%
]
0
5
10
15
20
0.1 0.4
4.8
0.8
5.9
9.3
Statistik: Linear mixed effects Modelle
34
34
Silben Workshop Münster, 2011
Räumliche Variabilität: Deltamaß
signifikant mehr Variabilität für alternierende Wortsequenzen (z.B. top cop, top tock) als für nicht alternierende (z.B. top top, tock tock) (McMillan & Corley 2010)
kein Haupteffekt für Onset oder Coda Mismatch
Signifikante Interaktion: größere Steigerung der Variabilität für Coda Mismatch
onset coda
Spatial variability
mismatch
de
lta
[m
m]
0
1
2
3
4CNT
ALT
Zusammenfassung für top cop vs. top tock
Beide Maße, Fehlerrate + Delta, zeigen höhere Werte für Coda Mismatch
SCM (Sevald & Dell 1994)✦ Wiederholen des gleichen Onsets löst competition in der Coda aus35
2. Ergebnisse: Onset vs. coda
35
Silben Workshop Münster, 2011
2. ResultE: Doppelmismatch
Fehlerrate
Onset Coda Onset Coda
substitutions
reductions
intrusions
mismatch
Err
or
rate
[%
]
0
5
10
15
20
0.1 0.4
4.8
0.8
5.9
9.3
0.11
4.7
3.2
11
20.4
Single mismatch
'top cop' 'top tock'
Double mismatch
'pop tot'
Kein Unterschied für die Fehlerraten im Onsetgroße Steigerung von allen Fehlertypen in der Coda bei Doppelmismatch
36
36
Silben Workshop Münster, 2011
2. ResultE: Doppelmismatch
Räumliche Variabilität: Delta
nicht-alternierende Kontrollbedingung zeigt kleinere Variabilität für Doppelmismatch als für Einzelmismatch✦ cop cop: zwei alternierende Artikulatoren✦ pop pop: ein sich bewegender Artikulatorhöhere Deltawerte für die Coda als für den Onsetin der Codaposition größere Steigerung von Delta bei Doppel-mismatch als bei Einzelmismatch
onset coda
Single mismatch
de
lta
[m
m]
0
1
2
3
4CNT
ALT
onset coda
Double mismatch
de
lta
[m
m]
0
1
2
3
4CNT
ALTEinfacher Mismatch
CNT=n-alternierende Kontrolle, e.g. cop cop
ALT=alternierend,e.g. top cop, top tock
Doppelter Mismatch
CNT=n-alternierende Kontrolle, e.g.pop pop
ALT=alternierend,e.g. pop tot, pop tot
37
37
Silben Workshop Münster, 2011
Intrusionen✦ Onset: geringfügig weniger Intrusionen für fehlende Onsets als
für Onset mismatch✦ Coda: Signifikant weniger Intrusionen für fehlende Codas als für
Coda MismatchSubstitutionen✦ vergleichsweise viele Substitutionen bei fehlendem Onset oder
Coda, da Substitutionen hier gleichbedeutend mit kompletten Intrusionen sind
Onset mismatch Onset missing Coda mismatch Coda missing
substitutions
reductions
intrusions
Error types
Err
or
rate
[%
]
0
2
4
6
8
10
12
14
0.1 0.3
5.3
2.2
0
3.8
0.9
6
9.9
3.6
0.5
4.2
von 5 Sprechern
38
top op top ta
2. ResultE: Silbenstruktur
38
Silben Workshop Münster, 2011
Räumliche Variabilität✦ Daten gematcht für Sprecher und trials✦ keine bzw. kaum Steigerung der Variabilität für
alternierende Silbenstrukturen ✦ generell sind Codas variabler
onset coda
Mismatch
delta
[mm
]
0
1
2
3
4
5CNTALT
onset coda
Missing
delta
[mm
]
0
1
2
3
4
5CNTALT
39
2. ResultE: Silbenstruktur
39
Silben Workshop Münster, 2011
Daten von 3 Sprechernwortinitial vs. wortmedial
Fehler:✦ weniger Intrusionsfehler bei
Zweisilblern trotz höherem Zeitdruck
✦ geringfügig mehr Intrusionen medial als initial
Delta:
✦ keine Steigerung der Variabilität in alternierenden zweisilbigen Wortsequenzen
✦ kein Unterschied zwischen Variabilität in initialer und medialer Position ➜ beides Onsets
Onset Coda Initial Medial
substitutions
reductions
intrusions
Error types
Err
or
rate
[%
]
0
2
4
6
8
10
12
14
0.1 0.5
4.3
1
6.77.8
00.9
2.31.5
0.4
3.5
monosyllabic bisyllabic
Onset Coda
monosyllabic
delta [m
m]
0
1
2
3
4
5
CNT
ALT
Initial Medial
bisyllabic
delta [m
m]
0
1
2
3
4
5
CNT
ALT
40
2. ResultE: zweisilbige Wörter
40
Silben Workshop Münster, 2011
Intrusionsrate:
zweisilbig (“ticky picky”) Silbenstruktur (“top ta”)
Onset mismatch (“top cop”)
Coda mismatch (“top tock”)
Doppelmismatch (“pop tot”)
Steigerung der räumlichen Variabilität (von Wortwiederholungen zu alternierend):
zweisilbig (“ticky picky”) Silbenstruktur (“top ta”)
Onset mismatch (“top cop”)
Coda mismatch (“top tock”)
Doppelmismatch (“pop tot”)
mehr Intrusionen and Variabilität in der Coda als im Onset
No
41
2. Zusammenfassung
41
Silben Workshop Münster, 2011
Weitere Belege für höhere Fehleranfälligkeit in der Coda
(Sonderstellung von Doppelmismatch)
1. Kopfbewegungen: Talk ISSP Montreal 2011
2. Impressionistisch gelabelte Fehler mit prosodischer Variation: Talk ISSP Montreal 2011
3. Reaktionszeitmessungen: Poster LabPhon Albuquerque 2010
42
2. Mehr Evidenz
42
Silben Workshop Münster, 2011
Entrainment anderer Extremitäten
basierend auf Korpus von vorherigen Experiment
anekdotisch: VPn beginnen nach Fehlern den Kopf (Fuss, Finger) rhythmisch mitzubewegen
Quantifizierung:
Referenzsensor auf oberen Schneidezähnen
Zurückgelegter Weg zwischen aufeinanderfolgenden Periodenpaaren, gemittelt per Epoche
TR TBTT Jaw
UL
Nose
LL
UI
Head movement tracked using Upper Incisor (UI) sensor
0 2 4 6 8 10 12 14 160
50
100
150
200
250
300
350
400
mse
cs
secs
Initial (stable)Accelerating 1Accelerating 2
Metronome Click N N/2
43
2. Kopfbewegungen
43
Audio
HEADx
Correlogram of TRy : HEADx
-150
+150
0
ExampleM1 “cop top”
msec44
44
Results: head movementCONTEXT
SAME ONSET CODA BOTH
-1.5
-1.0
-0.5
0.0
0.5
1.0
z-scores
SAME ONSET CODA BOTH
**
*
0 >01.0
1.5
2.0
2.5
3.0
log(mm)
0 > 0
ERRORS
**
45
45
Silben Workshop Münster, 2011
Ziel: Interaktion zwischen prosodischer Phrasierung und Versprechern 6 Versuchspersonen, akustischmit und ohne Metronom (MET vs. SPC)Stimuli
Prosodische Variation
46
2. prosodische Variation
46
Silben Workshop Münster, 2011
Ergebnisse
1. Kaum Fehler für ´selfpaced´
2. Mehr Fehler für Doppelmismatch (pip kick)als für Einzelmismatch (top cop)
3. Bei Doppelmismatch: mehr Fehler in der Coda als im Onset
4. Triple Muster wesentlich schwieriger als Paare.
47
2. Prosodische Variation
47
Silben Workshop Münster, 2011
Ziel: Testen Sequential Cuing Modell von Sevald & Dell (1994) + wo findet die Längung statt?7 Versuchspersonen, EMAAufgabe: verzögerte BenennungStimuli
Messungen:ReaktionszeitAusführungszeitGestendauern
48
2. Reaktionsmessungen
48
Silben Workshop Münster, 2011
2. ReaktionszeitReaktionszeit:
CVC: Wortwiederholungen werden schneller initiiert als ähnliche Wörterkein Unterschied zwischen Onset und Coda Mismatch
CV: kein UnterschiedAusführungszeit:
CVC: Wortwiederholungen werden schneller produziert als ähnliche WörterCoda Mismatch: signifikant langsamer als Onset Mismatch
CV: kein signifikanter Unterschied49
49
Silben Workshop Münster, 2011
2. Reaktionszeit
0 200 400 600
Time course [ms]
CNST
CNST
CNST
REL
REL
REL
CNST
CNST
CNST
REL
REL
REL
CNST
CNST
CNST
sam
eon
set d
iffco
da d
iff
O1 V1 C1 O2 V2 C2
word 1word 2
Coda mismatch
Onset mismatch
gleich
same onset diff coda diff
Target Overlap
less
ove
rlap
[%]
mor
e ov
erla
p
−3
−2
−1
0
1
0.33 −2.08 −1.44
same onset diff coda diff
Rhyme Duration Word 2
[ms]
100
110
120
130
140
150
119 118 139
5050
Silben Workshop Münster, 2011
Zusammenfassung und Diskussion
Codaasymmetrie:❖ mehr Intrusionen, höhere Variabilität, stärker rekrutierte Kopfbewegungen und
längere Ausführungszeit bei Mismatch in der Coda als bei Mismatch im Onsetkann nicht durch Sequential Cuing Model (Sevald and Dell 1994) erklärt werden, da❖ mehr Fehler in Doppelmismatchbedingung (pop tot Exp. Silbenwiederholungen
zum Metronom)❖ Längung auch im Onset des zweiten Wortes, allerdings verdeckt (RT Exp.)Frequency Locking: ❖ Im ‘coupled oscillator model of syllable structure’ (Goldstein et al., 2006; Nam et al, 2009)
sind Onsets mit dem Vokal stärker gekoppelt als Codas❖ Für den Codamismatchfall bewegt sich der Onsetartikulator mit einer höheren
Frequenz und der Codaartikulator mit einer niedrigeren❖ aufgrund der stärkeren Kopplungskräfte übt die Onsetfrequenz eine größere
Anziehung auf den niederfrequenten Artikulator der Coda❖ da die Codakopplung schwächer ist, gibt sie der Zugkraft eher nach, was zu noch
mehr Intrusionen führt❖ pop tot???
51
51
Silben Workshop Münster, 2011
Zusammenfassung und Diskussion
✦ Verhältnis der Frequenzen ist nicht 1:2 sondern viel komplizierter✦ Alternation zwischen kurzen and langen Intervallen für jeden Artikulator✦ Phaseverschiebung zwischen den beiden Artikulatoren✦ Zusammenbruch✦ 1:1 Verhältnis✦ komplizierteres Startverhältnis, könnte auch die höhere Fehlerhäufigkeit
erklären
M28 pip kick
LipA
pertu
re T
Dor
sum up
down
open
closed
5252
Silben Workshop Münster, 2011
Role des Konsonantenkontakts
niedrigere Fehlerraten und geringere Variabilitätsteigerung für fehlende Onset/Codabedingung und für zweisilbige Wörter
zusätzlich zu der Transition zu einem einfacheren Frequenzmodes: Adjazenz von konsonantischen Gesten z.B. C#C > V#C
✦ Lose Kopplung zwischen C#C?
✦ pop tot: alternierende C1#C2 Reihenfolge (p#t t#p p#t...) macht die Wiederholung schwieriger
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Zusammenfassung Und Diskussion
53
Silben Workshop Münster, 2011
Fazit
Gekoppelte Oszillatorenmodell der Silbe kann einige Asymmetrien erklären:RT VC > CV höhere Fehlerhäufigkeit in der Coda als im Onset
Vorteil:
dynamische Oszillatorenmodelle können auch anderes menschliches Verhalten modellieren, wie z.B. Entrainment zwischen Personen beim Gehen oder Finger tappen oder Sprechen
erklären weitere silbenspezifische Phänomene wie
C-center in verschiedenen Sprachen (Gafos 2002, Goldstein et al. 2009, Shaw et al. 2009, Hermes et al. 2008)
tonal alignment etc. (Gao 2008, Mücke et al. 2007)
ABER auch dieses Modell erklärt nicht alles
54
☹ mental syllabary☹ SCM
54
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit
5555