Governance für wandlungsfähige BI-Architekturen

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IT-MANAGEMENT WWW.ITDAILY.NET Die BI Governance hat sich zu einer essentiellen Disziplin in BI-Strategieprojekten ent- wickelt. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe von Richtlinien und Verant- wortlichkeiten eine flexible, konsistente und redundanz- freie Datenhaltung und Daten- bereitstellung zu erreichen. Der Begriff BI Governance ist dabei analog zu Corporate Gover- nance zu verstehen und bezieht den Zweck der Corporate Governance – die Vorgabe von Rahmenbedingungen für eine zielorientierte Unternehmens- führung – auf das BI-Umfeld.

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IT-MANAGEMENT

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Die BI Governance hat sich

zu einer essentiellen Disziplin

in BI-Strategieprojekten ent-

wickelt. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe

von Richtlinien undVerant-

wortlichkeiten eine flexible,

konsistente und redundanz-

freie Datenhaltung und Daten-

bereitstellung zu erreichen. Der

Begriff BI Governance ist dabei

analog zu Corporate Gover-

nance zu verstehen und bezieht

den Zweck der Corporate

Governance – die Vorgabe von

Rahmenbedingungen für eine

zielorientierte Unternehmens-

führung – auf das BI-Umfeld.

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ThemenpunktTREN

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onzeptionell identischeKennzahlen werden inden jeweiligen Organisa-tionseinheiten auf unter-

schiedliche Art erhoben und die häufigmanuellen Übertragungen an die Aus-wertungsprozesse führen zu unzurei-chender Datenqualität und fragwürdi-gen Zahlen. Diese Abweichungen vonder Realität werfen bei strategischenund essentiellen Entscheidungen einelementare Frage auf: „Kann ich den In-formationen ausmeinem Berichtswesenüberhaupt vertrauen?“

tretende Anwendungsfälle oftmalspunktuell und abteilungsspezifisch rea-lisiert und dem zu folge selten in die BI-Architektur integriert. So entsteht eineheterogene Architektur unterhalb derReporting-Oberfläche.

Das Fundament –eine strategische Ausrichtung

Die BI Governance verfolgt die zielkon-forme Ausrichtung von BI-Aktivitätenund leitet sich aus der BI-Strategie undden dort formulierten Zielen ab. GutBereits wenige

Jahre nach der

aufwändigen

Implementierung

eines BI-Systems

ist in somanchem

Unternehmen

die sauber

strukturierte

BI-Architektur

wieder einem

Wildwuchs an

Anwendungen,

Technologien

und selbst

erstellten Excel-

Berichten

gewichen.

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Ursachen des Wildwuchses

Wie kommt es zu dieser Situation? Häu-fig werden Projekte mit dem Ziel initi-iert, in einer vollständigen Analysesämtliche Informationsbedarfe zur Ent-scheidungsunterstützung zu erhebenund über eine integrierte BI-Architek-tur abzudecken. Vernachlässigt wirdhingegen der Umstand, dass eine Orga-nisation kein statisches Gebilde ist undInformationsbedarfe und Anwendungs-fälle, ebenso wie die eingesetzten Tech-nologien, einer fortlaufenden Entwick-lung unterliegen. Sind die aufgesetztenBI-Prozesse zu statisch, werden neu auf-

aufgestellte Unternehmen verfügenüber eine Unternehmensstrategie, dazukorrespondierende Funktional- undDi-visionalstrategien, sowie eine abge-stimmte IT-Strategie. Es schließt sichdaher die Frage an, wie die BI-Strategieund die BI Governance in diese Umge-bung eingebettet werden kann und wiedie konsequente Ausrichtung von BI anden Zielen des Business (BusinessAlignment) erfolgen soll.Bei der Formulierung einer BI Go-

vernance wird der inhaltliche Spielraumdurch übergeordnete Strategien undvorhandene Regelwerke begrenzt. Ausdiesen leiten sich allgemeine Grund-

Bild 1: Die BI Governance besteht aus vier Komponenten.

Rollen undVerantwortlichkeiten

Richtlinien und Standards Wandlungsfähige BI-Architektur

Ziele und strategische Ausrichtung von BI

ERP

BI GovernanceSteering

Commitee

Unternehmens-strategie

IT-Strategie

Divisional- undFunktional-strategien

IS-Strategien(BI-Strategien)

BI Governance

Quelle: cundus AG

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IT-MANAGEMENT

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sätze wie zum Beispiel das zugrundelie-gende Rollenverständnis beimOutsour-cing oder aber allgemeine Entwick-lungs- und Betriebsrichtlinien ab. Dasich auch die Bestandteile der Strategienin einem dynamischen Umfeld be-wegen, muss diese Ausrichtung regel-mäßig überprüft und erneuert werden.

Einbettung vonVerantwortlichkeiten

Die BI Governance stellt die Verbindungzwischen Business und IT her, indem sieden gewünschten Ablauf von BI-Prozes-sen beschreibt und passgenau in die Or-ganisationsstruktur einbettet. Diese pro-zessuale Sicht wirft eine Vielzahl vonorganisatorischen und strategischen Fra-gen auf, zum Beispiel „Ist meine Pro-zessstruktur weit genug ausgereift, umAufgaben fremd zu vergeben?“BI-Prozesse lassen sich in die Berei-

che Programm-, Anwendungs- undDa-tenmanagement sowie Betrieb und Sup-port & Schulung unterteilen. BevorBI-Prozesse in die Organisation einge-bettet werden können, gilt es, sie zu do-kumentieren und ihren Umfang zumin-dest grob zu quantifizieren. Bei derZuordnung zu Organisationseinheitenstehen im Allgemeinen drei Alternati-ven zur Diskussion. Prozesse können

1. auf bestehende Organisationseinhei-ten verteilt,

2. im Rahmen einer eigenständigen BI-Organisation in die Aufbaustruktureingebunden oder

3. an unternehmensexterne Dienstleis-ter vergeben werden.

In der Praxis finden sich häufig Kombi-nationen aus diesen drei Alternativen.Insbesondere bei größeren Unterneh-men wird der Großteil der BI-Prozesseeinem zentralen Business IntelligenceCompetence Center (BICC) zugewie-

sen. Dieses verantwortet und koordi-niert als Organisationseinheit die we-sentlichen BI-Prozesse – führt sie abernicht zwangsweise durch. Insbesonderebei operativen Tätigkeiten wird das„Doing“ von Personen aus Fachberei-chen, IT oder externen Dienstleisternübernommen.

Das RACI-Konzept

Unabhängig von der Verteilung vonPflichten und Rechten auf den Fachbe-reich, die IT, ein BICC oder externeDienstleister, empfiehlt es sich, für dasControlling der BI Governance zusätz-lich ein BI-Governance Komitee einzu-richten. Dieses Komitee ist eine virtuelleArbeitsgruppe, die sich aus Vertreterndes Fachbereichs, der IT, dem BICC undauchC-Level-Managern zusammensetzt,um die Ausgestaltung der Governanceund die Einhaltung der BI-Strategiesowie der korrespondierendenMaßnah-men kontinuierlich zu überprüfen.Zur Verknüpfung der erläuterten

Prozesse undOrganisationsmöglichkei-

ten hat sich das RACI-Konzept etabliert.Dahinter steht die Idee, Rechte undPflichten der beteiligten Organisation-seinheiten in Bezug auf Prozesse undAufgaben in den Ausprägungen Res-ponsible (R), Accountable (A), Consul-ted (C) und Informed (I) zu unterschei-den. Die Tabelle zeigt exemplarisch aufhoher Ebene eine Anwendung desRACI-Konzeptes im BI-Kontext.

Etablierung von Richtlinien

Das primäre Ziel der Richtlinien undStandards einer BI Governance ist es,denWildwuchs von Daten und Anwen-dungen zu verhindern, um die ent-scheidungsunterstützende Funktion desBerichtswesens sicherzustellen.DerWildwuchs auf Reporting-Ebene

äußert sich in zweierlei Hinsicht. Zumeinen in einer Vielzahl ähnlicher Be-richte auf Basis verschiedener Anwen-dungen, zum anderen in der unkoordi-nierten Koexistenz und Überlappungvon Anwendungen. Oft existieren ineinemUnternehmen zu einer Kennzahlwie zum Beispiel dem Netto-Umsatzmehrere Definitionen und Datentrans-formationsverfahren. In Abhängigkeitvom Unternehmensbereich erhält manfür eine identisch bezeichnete Kennzahlunterschiedliche Werte. Eine einheitli-che Entscheidungsgrundlage lässt sichauf diese Weise nicht erreichen.Um diesem Zustand entgegenzuwir-

ken, müssen klare Regelungen in Form

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www.cundus.de/strategie

WEB-TIPP:

Tabelle: Exemplarische Anwendungen des RACI-Konzeptes im BI-Kontext.

Durch die BI-Governancewird sichergestellt, dass die Inhalte

der BI-Prozesse klardefiniert sind.

BI-Prozess

Strategie undGovernance A

A

-

-

-

-

R

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A

A/R

A/R

A/R

C

C

R

R

C

R

C

C

I

R

C

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-

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R

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-

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Programm-Management

Betrieb undEntwicklung

Support undSchulung

Anwendungs-management

Datenmana-gement

BI-GovernanceKomitee

BI-CompetenceCenter

IT-Abteilung Fachbereich ExterneDienstleister

Quelle: cundus AG

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von Leit- oder Richtlinien getroffenwerden, um zum Beispiel die Verbind-lichkeit der vereinbarten BI-Architek-tur und dessen Nutzung zu gewährleis-ten. Es soll verhindert werden, dassNutzer, Betreiber und Entwickler Än-derungen im BI-System herbeiführen,die sich primär an den individuellenPräferenzen, System-Kenntnissen undZeitrestriktionen der Personen aus-richten.

Sicherung derWandlungsfähigkeit

Die BI Governance wird häufig als rei-nes Instrument zur Standardisierungbetrieblicher Abläufe rund um dasThema BI verstanden. Oft wird dabeinicht ausreichend beachtet, dass das BI-Umfeld sehr dynamisch ist. So hat sichFlexibilität für viele Unternehmen als

ein wichtiger strategischer Vorteil her-ausgestellt. Dieser ökonomische Darwi-nismus („Survival of the fittest“) erfor-

dert eine flexible BI-Infrastruktur, die eszum Beispiel erlaubt, neue Unterneh-mensstrukturen innerhalb kürzesterZeit informationstechnisch abzubilden.Antizipative und reaktiveWandlungsfä-higkeit wird in einem dynamischenUmfeld zur zentralen Herausforderung.Die antizipative Berücksichtigung zu-

künftiger Entwicklungen kann mit ska-lierbaren und modularen BI-Architek-turen adressiert werden. Es lassen sichProzesse etablieren, die zum Beispiel ge-zielt Nutzerzahlen, Datenvolumina oderNutzungsintensitäten überwachen undTrends identifizieren. Ebenso ist esmöglich, die Auswirkungen eines ge-planten Unternehmensstrukturwandelsfrühzeitig für das BI-System zu bewer-ten. Reaktive Wandlungsfähigkeit zieltauf den professionellen und kontrollier-ten Umgang mit Change Requests ab.Die BI Governance regelt die Auf-nahme, Priorisierung, Bewertung undDurchführung von Change Requests.Ab einer bestimmten Größenordnungbezüglich des Änderungsaufwandeswerden Projekte initiiert, die durch einzentrales Projektportfolio-Managementgesteuert werden.Für die Projektdurchführung werden

in der BI Governance standardisierteVorgehensmodelle beschrieben. Dieseliefern eine Übersicht über den Projekt-ablauf sowie die einzusetzenden Me-thoden, die zu erzielenden Ergebnisseund die Dokumentations- und Kom-munikationspflichten beteiligter Perso-nen.

RALF HEIM, DR. FRANK NAVRADE

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Single Point ofTruth

Berichtswesen und Analyse finden ausschließlich auf Basis einer genau defi-nierten Datenstruktur im DataWarehouse statt.

KlareVerantwortung

Die Informations- und Abstimmungspflichten aller Personen sind klar definiert.Dies gilt analog für die Verantwortung von Prozessen, Projekten und Daten.

StandardisiertesBerichtswesen

Berichtswesen: Berichte werden in strenger Übereinstimmung mit definiertenStandards bezüglich Layout sowie Navigationsmöglichkeiten entwickelt unddecken einen vereinbarten Informationsbedarf ab.

EineBI-Architektur

Es existiert eine BI Architektur, die Architektur-Ebenen, BI-Softwareprodukte undDatenflüssen beschreibt. Jedes BI-Projekt muss die BI Architektur beachten undihr genügen. (Ausnahme: Architekturverändernde Projekte).

Dokumentation& Qualitäts-

sicherung

Das BI-System und dessen Änderungen sind nach einheitlichen Vorgaben zudokumentieren. Berechtigungsstrukturen und Übereinstimmung mit Daten-schutzrichtlinien werden regelmäßig überprüft.

EinheitlichesProjektvorgehen

Für BI-Projekte wird ein einheitlicher und professioneller Ablauf gemäß einesVorgehensmodells definiert. Dieses Vorgehensmodell legt u.a. Rechte undPflichten aller beteiligten Personen in allen Projektphasen fest.

Sicherheit inEntwicklung und

Betrieb

Entwicklungsarbeiten finden nur im Entwicklungssystem statt und durchlaufenvor Produktivsetzung definierte Testläufe in einemTestsystem. Systemweitgültige Namenskonventionen gewährleisten die Einheitlichkeit aller Systeme.

VerbindlichesZertifizierungs- &Schulungssystem

(Power-) User durchlaufen zentrale Schulungen (ggf. mit Zertifizierungen) bevorsie Zugriff auf das System erhalten. In den Schulungen wirdWissen zum Umgangmit der Benutzungsoberfläche undVerständnis der Datenstrukturen vermittelt.

Bild 2: Leitlinien der BI Governance (Teil 1).

Bild 3: Leitlinien der BI Governance (Teil 2).

Hinweise

Nutzen Sie die existierenden Strategieunterlagen als Ausgangs-basis für Ihre BI-Strategie. So lassen sich BI-Ziele aus den Zielen derUnternehmens- und der IT-Strategie ableiten. Ein BI-Projekt, das sei-nen Mehrwert durch klare Verfolgung von Business- und IT-Strategiengeneriert, hat bessere Aussicht auf das erforderliche Budget

Die Möglichkeit der Ausgliederung von BI-Aufgaben an externeDienstleister wurde in den letzten Jahren forciert. Allgemein hat essich als sinnvoll erwiesen, operative BI-Aufgaben, die als Commo-dity gelten, an unternehmensexterne Dienstleister auszugliedern.Die Auslagerung von BI-Prozessen, die spezifisches Unternehmens-oder Branchen-Know-how erfordern, stellte sich jedoch oft als Fehl-entscheidung heraus und wurde revidiert.

Quelle: cundus AG

Quelle: cundus AG