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86 grand gtrs GRAND ELECTRICS Von Nicolay Ketterer Fender Limited Masterbuilt Custom Shop 1959 Sheryl Crow Tele Bakersfield Sound Es war nur eine Frage der Zeit: Sheryl Crow gilt, wenn sie nicht gerade Akustikgitarre spielt und dabei ihr Gibson Signature-Modell vorführt, als eine der typischen Tele-Spielerinnen der Neuzeit. Mitte der 1990er wurde ihre da- malige Tele gestohlen, ein Fan schenkte ihr ein altes Original – der Fender Custom Shop hat sich der Sache angenommen und ko- piert das gute Stück in einer limi- tierten Auflage von 60 Exemplaren.

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86 grand gtrs

GRAND ELECTRICS

Von Nicolay Ketterer

Fender Limited Masterbuilt Custom Shop 1959 Sheryl Crow Tele

Bakersfield Sound

Es war nur eine Frage der Zeit:Sheryl Crow gilt, wenn sie nichtgerade Akustikgitarre spielt unddabei ihr Gibson Signature-Modellvorführt, als eine der typischenTele-Spielerinnen der Neuzeit.Mitte der 1990er wurde ihre da-malige Tele gestohlen, ein Fanschenkte ihr ein altes Original –der Fender Custom Shop hat sichder Sache angenommen und ko-piert das gute Stück in einer limi-tierten Auflage von 60Exemplaren.

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Die Geschichte ist schnell erzählt: Ihre ur-sprüngliche Sunburst-Tele, eine 1960er Reissuemit Binding, mit der man Sheryl Crow landläu-fig zu Beginn ihrer Karriere in den frühen1990ern verband, die typische „All I WannaDo“-Klampfe, wurde 1994 vor der Fahrt zueinem Gig in Minneapolis geklaut. Es war ihreerste Tele, die sie auf dem College bekam, nach-dem sie zuvor Akustikgitarre gespielt hatte. Zu-sammen mit allen anderen Gitarren der Bandwar diese nun weg. Sheryl Crow kaufte sichkurzerhand im örtlichen Laden das gleiche Mo-dell für das anstehende Konzert.Ein paar Jahre später kam ein junger Mann beieinem Gig in Austin vorbei, mit einer 1959erTele Custom, einem alten Original, das er Crowüberließ. Seine Mutter, die damals an Brust-krebs erkrankt im Sterben lag, wolle, dass She-

ryl Crow die Gitarre bekomme. Das Instrumenthabe die letzten fünf Jahre unter ihrem Bett ge-legen, es war offenkundig an der Zeit, dass siewieder gespielt würde. Der Fan hatte gelesen,wie Crow seinerzeit ihrer Gitarre beraubtwurde, und hielt die 1959er Tele für einen adä-quaten Ersatz. Wer würde nicht gerne eine ver-lorene Reissue durch eine gut klingende alteTele ersetzen? Die 1959er Tele sollte fortan ihrHauptinstrument werden. Eine fast märchen-hafte Legende, die Fender gerne kolportiert.

Ghosts of a TeleCrow freut sich über die Resonanz, die durchdas lange Spielen bei manchen Instrumentenentsteht, und welche die Gitarre bereits akus-tisch, uneingestöpselt, zum Erlebnis macht.Die Halsrückseite ihres Originals ist durch das

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fleißige Bespielen über die Jahrzehnte sehrkomfortabel geworden, durch die Anpassung andie Spielgewohnheiten zum „eingetragenenHandschuh“ mutiert. Das hat für Crow auch inder Masterbuilt überzeugende Qualitäten, lautFender spielt Sheryl Crow inzwischen nur nochden eigenen Nachbau bei Konzerten, währenddas gute alte Stück eingelagert wurde. Das magnicht zuletzt daran liegen, dass sie jetzt einenErsatz hat, um nicht zu riskieren, dass ihr nochmal eine Gitarre (die Original von 59) geklautwird.

60 of a KindDer Nachbau ist auf 60 Exemplare limitiert,eine davon hat Crow signiert und der NationalBreast Cancer Foundation gespendet. Die an-deren Exemplare kommen immerhin miteinem von Crow signierten Zertifikat. Tech-nisch sind die Zutaten entsprechend der Ver-gangenheit entlehnt, lediglich die dreiMessing-Reiter sind moderne Optimierung, wiesie der ehemalige Gitarren-Techniker vonDanny Gatton, Jay Montrose, seinerzeit für denCountry-Meister entwickelt hatte und entspre-chend auf der Danny Gatton Signature-Tele vonFender verbaut wird. Sie bieten bessere Ein-stellmöglichkeiten für Oktavreinheit und Höheder einzelnen Saiten, die sonst bei den norma-len Doppel-Reitern nur „im Pärchen“ als best-möglicher Kompromiss justierbar waren.Ansonsten sucht Fender mit allerlei Devotiona-lien als Zubehör bei dem Instrument das Be-sondere zu schaffen: eine Setlist einesHard-Rock-Cafe-Auftritts in Biloxi, Mississippi,ein von Crow unterschriebenes Fender-Zertifi-

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kat, ein Plektrum mit Sheryl-Crow-Schriftzugund ein unbenutzter Tourpersonal-Pass der„100 Miles To Memphis“-Tour. EPO-Ampullevom Ex? Fehlanzeige. Das wäre zumindest bisvor Kurzem noch spannend gewesen.

Eine 1959 Style Telecaster ist klassisch, zumin-dest im Hinblick auf die 1960er Jahre Reissues,mit Erle-Korpus, Rosewood-Griffbrett und Bin-ding. Wo mögen da noch Neuigkeiten liegen?Nun, es könnte ein gut bespielbares, resonanz-freudiges und leichtes Exemplar sein, das sichwie die natürliche „Armverlängerung“ des Spie-lers anfühlt, Spielfreude transportiert. Die Ei-genschaften, die die Stangenware aus der Reihebislang unberührt-glänzender Instrumente sel-ten zu vermitteln vermag. Die Sunburst-La-ckierung weist, typisch für manche gealtertenInstrumente, einen leichten Rotstich auf, wiees noch extremer bei späten 1960er und frühen1970er Jahre Instrumenten der Fall sein sollte.Fender nennt den Farbton bei dem Nachbau„Faded Chocolate Three Color Sunburst“, undin der Tat hat die Farbe trotz des Rotstichseinen entsprechend natürlich „schmelzenden“Verlauf.Die Tage, in denen der Custom Shop rau ge-ätzte und sich chemisch behandelt anfühlende„Spielbremsen“ auf den Markt warf, die wirk-lich nur für das Auge des Sammlers, und auchdas nur mit Wohlwollen und Überredungs-kunst, taugten, sind zum Glück vorbei. Früherwaren die künstlichen Alterungserscheinungeneher eine grobe Blaupause für mögliche Abnut-zungs-„Zentren“. Man denke nur an den gro-ßen, mattierten Schlagbrett-Flecken der

„blonden“ 1950er CustomShop Telecaster Relics, dersymptomatisch für dieKünstlichkeit einer Lebens-erfahrung stehen sollte. BeimSheryl-Crow-Modell diktiertedas Original die Abnutzungen,und dessen Nachempfindungensind größtenteils angenehm un-aufdringlich gelungen.

PraxisFernab der optischen Theo-rie zählt letztendlich dieSpielpraxis im Einsatz:Trocken gespielt stelltsich ebenso unauf-dringliche, ausgewo-gene wie intensiveResonanzfreudigkeitein, ähnlich wie beivielgespielten undlange gewohnten Instru-menten. Und auch wenndie Übergänge zwischenrestlichem Lack und herunter-geschliffener Halsrückseite optischetwas abrupt wirken: Der Hals fühlt sich tat-sächlich wie ein „eingetragener Handschuh“an.Die schnelle Ansprache eignet sich optimal fürjegliche Rhythmus-Arbeit sowie Crows Soul-Anwandlung, für alten R&B, den typisch hei-ßen „Bakersfield-Sound“, allerdings ohneunangenehme, grelle Spitzen. Die ’63 StylePick ups von Fender liefern die typisch leichte

Mikrophonie, wie siedie damaligen Tele-Modelle geprägt haben. DerBassbereich ist geordnet, typisch Erle, dasmacht die Gitarre angenehm agil, samt dempassenden Fundament.

Angecruncht und verzerrt klingt die Tele nachdem typischen „Swamp Blues“/Delta-Rhyth-mus-Sound, der ein bisschen der Muddy-Wa-

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ters-Ästhetik entlehnt und nicht zuletzt typischfür Sheryl Crow ist. Die Kombination aus Erleund Rosewood-Griffbrett verleiht der Gitarredann weniger der manchmal überdimensio-nierten Maple-Höhen um 3 kHz, die bei einerunstimmigen Tele herausstechen können. DieSteg-Position eignet sich auch für kontrollierteTwang-Zerrsounds, für angecrunchte StonesRiffs oder heißere 60’s Soul Sounds, Steve-Cropper-Klänge lassen sich ebenso entlocken.Letztlich, und das spricht eigentlich immer füreine gute Tele, liefert die Gitarre eine äußerststimmige Ausgangslage, die es dem Spielerüberlässt, auf welches Terrain er die klangli-chen Grundlagen überführen möchte.

FazitOb Sheryl-Crow-Fan oder nicht, Fender liefertbei dem Testexemplar eine exzellent bespielbareund resonanzfreudige Tele, die dazu noch leichtist, sich mitunter sogar noch leichter anfühltals ihre 3,3 Kilogramm. Was will man eigent-lich mehr? Das Instrument liefert Spielfreude.Und die fehlende EPO-Ampulle? Das wäre danneine „Tele on Steroids“, und das kann das Cus-tom-Shop-Modell auch gut ohne Zusätze. �

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DETAILSHersteller: Fender Custom Shop USA Modell: Limited Masterbuilt 1959 Sheryl Crow Tele Gewicht: 3,3

kg Korpus: Erle Lackierung: Faded Chocolate Three Color Sunburst, aged Hals: Maple Griffbrett:

Rosewood Bünde: 21 Vintage-Style Bünde Radius: 7,25 Zoll Pickups: Tele „Vintage ’63“ Single Coil

Set Elektronik: 1 x Volume-Regler, 1 x Tone-Regler Bridge: Vintage 3-Saddle-Bridge mit Messing-Rei -

tern, Gatton-Style Neck Shape: mittleres C Mechaniken: Fender/Gotoh Vintage Style Besonderheit:

Handgefertigt in USA Preis: 5.698 Euro Zubehör: Fender Deluxe Limited Edition Case, Sheryl Crow Set

List, unbenutzter Backstage-Pass der vergangenen „100 Miles To Memphis“-Tour, Plektrum mit Sheryl-

Crow-Schriftzug, von Sheryl Crow signiertes Fender-Zertifikat Getestet mit: Bad Cat „Classic Cat“

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