Grosses Interview über die "Script Avenue" mit Matthyas Ackeret, Chefredaktor von persönlich.com

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  • 8/12/2019 Grosses Interview ber die "Script Avenue" mit Matthyas Ackeret, Chefredaktor von persnlich.com

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    06 Juni 2014

    Sein bestes BuchMit Script Avenue (Wrterseh) hat der Basler Autor Claude Cueni das wohl aussergewhnlichste Buch des

    Jahres geschrieben. Obwohl selbst krebskrank, beschreibt er auf einfhlende und ironische Weise seine Lebens-

    geschichte und nimmt den Leser auf eine literarische Achterbahnfahrt mit.

    Interview: Matthias Ackeret Bild: David Burkhardt

    Claude Cueni

    Herr Cueni, ehrlich gesagt, selten hat mich

    ein Buch so bewegt wie Script Avenue. Sie

    leiden an Leukmie. Auf der letzten Seite

    schreiben Sie: Da es mein letztes Buch sein

    wird, soll es mein bestes werden. Ist dies Ihr

    Ernst?

    Diese Frage knnen weder meine rzte

    noch Mike Shiva beantworten.

    Wie geht es Ihnen momentan?

    Es geht mir gut, aber auf tiefem Niveau. Die

    Leukmie ist im Blut nicht mehr nachweis-

    bar. Aber seit der Knochenmarktransplanta-

    tion leide ich an einer chronischen GvHD;

    die fremden Zellen stossen Organe ab. Das

    Lungenvolumen liegt noch bei 40 Prozent.

    Das Leben, das ich einmal hatte, ist vorbei.

    Aber ich bin auch mit meinem neuen Leben

    zufrieden. Vieles ist eine Frage der Einstel-

    lung.

    Wie viele Medikamente nehmen Sie tglich?

    Nur noch 14 Pillen tglich. Seit der Trans-plantation 2010 habe ich bereits ber 20 000

    Pillen geschluckt. Bei so vielen Nebenwir-

    kungen werden selbst Sachbuchautoren zu

    Surrealisten.

    Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass 2010

    niemand mehr ernsthaft glaubte, dass Sie

    berleben wrden. Was gab Ihnen dann die

    Kraft, dieses Buch zu schreiben?

    Mein Sohn. Als ich aus dem Koma aufwachte,

    sagte er mir: Du wolltest doch immer Script

    Avenue schreiben. Das solltest du jetzt tun.Da zuvor nicht nur seine Mutter, sondern

    auch beide Grosseltern und der Hund gestor-

    ben waren, wollte ich ihn nicht enttuschen

    und ihm beweisen, dass man auch diese Situ-

    ation durchstehen kann. Aber ich mache mir

    nichts vor: Krebs besiegt man nicht durch

    Willensanstrengung. Man hat einfach Glck

    oder Pech. Es ist rgerlich, wenn die Medien

    schreiben, jemand habe den Krebs besiegt.

    Das impliziert, dass jene, die daran sterben,

    sich zu wenig angestrengt haben.

    Wie muss man sich den ganzen Schreibpro-

    zess vorstellen?

    In der Regel wecken mich gegen drei Uhr

    morgens Krmpfe, Spasmen und Nerven-

    schmerzen aus dem Schlaf. Dann laufe ich in

    der Wohnung herum und denke ber ScriptAvenue nach. Wenn die Schmerzen abklin-

    gen, fange ich an zu schreiben, bis das gan-

    ze Theater wieder von vorne losgeht. Dann

    schreibe ich im Kopf weiter. Ich habe mich

    daran gewhnt. Auch Frauen gebren ihre

    Babys unter Schmerzen. Aber Schlafmangel

    und bermdung sind schon rgerlich.

    Script Avenue ist Ihre Autobiografie. Stand

    Ihnen der Romanautor Cueni beim Schreiben

    nicht manchmal im Weg?

    Eigentlich nicht. Ich habe den Verlauf mei-nes Lebens nach dramaturgischen Gesichts-

    punkten geprft. Das heisst konkret: Ich

    habe jene autobiografischen Episoden be-

    nutzt, die fr die Charakterisierung wichtig

    sind und den Roman voranbringen. Dass ich

    zum Beispiel 15 Jahre lang am Fliessband

    Filmdrehbcher geschrieben habe, war in

    meinem Leben zwar dominant, aber fr den

    Roman wenig dramatisch. Die erste Fassung

    hatte 890 Seiten, ich habe enorm viel gestri-

    chen, bis nur noch das brig war, was fr die

    Leserinnen und Leser mglicherweise inter-

    essant ist.

    Wie muss man sich Script Avenue

    vorstellen?

    Ich habe mir diese surrealistische Parallel-

    welt als Kind erschaffen. Meine Fantasie war

    mein Kinderzimmer. Mittlerweile ist diese

    Welt fr mich genauso relevant wie die Rea-

    litt. Sobald ich mich entspanne, betrete ich

    die Script Avenue, wo ich alle Dialoge, Ge-

    sichter und News einordne, die ich tagsber

    wie ein Staubsauger aufgesogen habe.

    Sie selber haben Leukmie, Ihre erste Frau

    ist an Krebs gestorben, Ihr Sohn erlitt eine

    spastische Lhmung. Wie geht man mit dieser

    Tragik um?

    Als Drehbuch knnte man das nicht verkau-

    fen. Der Produzent wrde sagen: absolut un-

    glaubwrdig, diese Anhufung von Schicks-

    salsschlgen. Htte man mir als 17-Jhriger

    vorausgesagt, was mich erwartet, ich htte

    mich auf der Stelle erschossen. Das meine

    ich ernst. Aber der Mensch ist v iel strker, alser denkt. Man wchst in eine Situation hin-

    Meine Fantasie

    war mein Kinderzimmer.

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    Claude CueniSein bestes Buchmedien

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    ein, wchst mit dem Schwierigkeitsgrad. Und

    wenn man seine Verantwortung wahrnimmt,

    weiss man, was man zu tun hat. Jammern und

    Selbstmitleid gehrten nie zu meinem Re-

    pertoire. Ich halte es mit Churchill: If youre

    going through hell, keep going.

    Sie rechnen gnadenlos mit ihrer jurassischen

    Familie ab, die sie doch als sehr hinter-

    wldlerisch beschreiben. Gab es bereits

    Reaktionen?

    Nein, ich rechne auch nicht damit. Die Ab-

    rechnung ist nicht gnadenlos, weil sie hinter-

    wldlerisch waren das ist ja kein Verbre-

    chen , sondern weil sie bis zum heutigen

    Tag einen pdophilen Kriminellen in ihren

    Reihen schtzen und damals ihre eigenen

    Kinder im Stich liessen.

    In Ihrem Buch schreiben Sie: Das Leben

    kennt keine Gerechtigkeit, keine Logik.

    Haderten Sie whrend des Schreibens oft mit

    Ihrem Schicksal?

    Nein, ich hatte lngst akzeptiert, dass das

    Leben nicht gerecht ist, nie gerecht war und

    auch nicht gerecht sein muss. Das lange Ster-

    ben meiner ersten Frau, meiner grossen Ju-

    gendliebe, war ein Crashkurs in Philosophie.

    In allen meinen historischen Romanen ist

    das Elend Normalitt. Man verliert zweimal,

    dreimal den Ehepartner, von zehn Kindern

    sterben sieben oder acht, es gibt Seuchen,

    Hungersnte, grenzenlose Armut, politische

    Willkr, Kriege. Wir sind wohl die erste Ge-neration, der es wirklich gut geht. Wir sind

    uns nicht mehr bewusst, dass es vllig normal

    ist, dass man krank wird, stirbt und vergessen

    wird, sofern man keine Schulden hinterlas-

    sen hat.

    Wie war es fr Sie, den Tod Ihrer Frau zu

    beschreiben?

    Es war sehr schwierig und schmerzlich. Die-

    se Intensitt hat sich auch auf den Text ber-

    tragen. Bei der ersten Lesung haben etliche

    Leute geweint. Aber ich wollte aufzeigen,dass der Mensch fhig ist zu trauern, aber

    auch fhig ist, die Trauer zu berwinden. In

    diesem Sinne macht Script Avenue auch

    Mut. Eigentlich machen alle meine Roman-

    figuren Mut. Mit Ausnahme des Henkers von

    Paris.

    Immer wieder kommt der Lektor vor,der Sie bittet, einzelne Stellen herauszuneh-

    men. Haben Sie ihm oft nachgegeben?

    Diesen Running Gag habe ich frei erfunden.

    In Wirklichkeit hatte ich ein wunderbares

    Lektorat und Korrektorat. Deshalb haben

    wir die Figur Lektor in den Druckfahnen

    noch in Agenten umbenannt. Die Figur Lek-

    tor/Agent war nie geplant, sie war pltzlich

    da und machte mir grossen Spass. Der Agent

    heisst im Roman brigens Charlie Runkle,

    wie der Freund und Agent von Hank Moody

    in Californication.

    Script Avenue ist trotz seiner Tragik auch

    ein heiteres Buch. Handwerklich gesehen, wie

    haben Sie dies geschafft?

    Privat bin ich ein Stand-up-Comedian. Wre

    ich als junger Mann nicht krankhaft schch-

    tern gewesen, wre ich Komiker geworden.

    Wenn man Humor hat, gibt es den ganzen

    Tag etwas zu lachen. Erst gestern fiel mir auf,

    dass meine teuren Bordeaux-Weine nach 15

    Jahren endlich trinkreif sind. Aber ich darf ja

    nicht mehr. Ich mag die Ironie des Schicksals.

    Wre ich gesund geblieben, wren die Weine

    natrlich nicht so alt geworden.

    Aber selbstverstndlich kenne ich auch

    schwarze Tage, rabenschwarze Tage, meine

    Nchte sind manchmal nicht so lustig, aber

    in der Regel wird bei mir zu Hause jeden Tag

    viel gescherzt und gelacht. Ich habe wieder

    geheiratet, und meine philippinische Frau

    verstrmt so viel Lebensfreude und Opti-

    mismus, dass man kaum Trbsal blasen kann.

    Privat ist diese kulturelle Eigenart, nicht anmorgen zu denken, sehr hilfreich, fr die

    philippinische Volkswirtschaft hingegen eine

    Katastrophe.

    Welche Bedeutung haben die vielen Songs in

    Ihrem Buch?

    Als ich sechs Monate wie ein ausgelatsch-

    ter Turnschuh in diesem Isolationszimmer

    lag, von den Infusionen und Medikamenten

    zunehmend benebelt, hrte ich tagein, tag-

    aus die Songs, die mir mein Sohn auf mein

    iPhone kopierte, die Songs der letzten 50Jahre. Sie ffneten das Tor zur Erinnerung:

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    Viele schreiben mir, bevor

    sie das Buch fertiggelesen haben.

    Sie schreiben, dass sie es nie

    vergessen werden.

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    Claude CueniSein bestes Buchmedien

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    Gesichter, Dialoge, Begegnungen, politi-

    sche Schlagzeilen, Modetrends, Werbespots,

    Kinofilme. 50 Jahre Zeitgeschichte wurden

    lebendig. Das erleben auch die Leserinnen

    und Leser whrend der Lektre: Sie werden

    sich an ihre eigene Biografie erinnern. Jeder

    Mensch weiss noch genau, welcher Song lief,als er sich zum ersten Mal verliebte, als er

    gefeiert oder gefeuert wurde oder auf einer

    griechischen Insel Ouzo trank.

    Wer hat Ihr Buch als Erster gelesen?

    Wie immer mein Sohn. Seit er lesen kann,

    liest er fortlaufend alles, was ich schreibe,

    frher tglich, heute jeweils nach circa 100

    Seiten. Er hat die Dramaturgie im Blut und

    erkennt als Jurist rasch logische Ungereimt-

    heiten. Aber vor allem hat er eine sehr char-

    mante Art, mir mitzuteilen, wenn ein Kapiteltotal misslungen ist.

    Obwohl Sie ein sehr erfolgreicher Autor sind,

    gehren Sie nicht zur sogenannten Kulturschi-

    ckeria. rgert Sie dies nicht manchmal?

    Ich hatte in meinem Leben nie Zeit, um an

    kulturellen Events teilzunehmen. Auch fr

    Autorinnen und Autoren ist ein funktionie-

    rendes Netzwerk entscheidend. Zuerst trai-

    nierte ich zusammen mit meiner Frau un-

    seren spastischen Sohn tglich vier bis fnf

    Stunden nach den Anweisungen eines Neu-

    rologen aus Philadelphia. Ich musste sehr viel

    arbeiten, um den Lebensunterhalt, das The-

    rapieprogramm und die Finanzierung mei-

    ner schriftstellerischen Arbeit bestreiten zu

    knnen. Eigentlich wurde ich nur aus Liebe

    zu meinem Sohn zu einem fleissigen und sp-

    ter erfolgreichen Schriftsteller. Ich hatte ein-

    fach keine Zeit, die Abende in Szenekneipen

    zu verbringen. Menschen sind wichtiger als

    Bcher, Taten wichtiger als Worte. Und mitt-

    lerweile sind die Kritiken auf Amazon rele-vanter als die Meinung eines Kulturpapstes.

    Haben Sie nie unter einer Schreibblockade

    gelitten?

    Das kenne ich nur vom Hrensagen. Ich bin

    wie ein Wasserhahn, den man Tag und Nacht

    aufdrehen kann. Mein Problem war immer,

    wie man den Hahn wieder zudreht.

    Haben Sie schon Reaktionen von Leserinnen

    und Lesern?

    Viele schreiben mir, noch bevor sie das Buchzu Ende gelesen haben. Sie schreiben, sie

    wrden dieses Buch nie mehr vergessen, sie

    seien fasziniert und zugleich schockiert, dass

    jemand ihnen einen derart gnadenlos ehrli-

    chen Einblick in intimste Abgrnde gewhrt.

    Ich denke, das ist das Besondere an Script

    Avenue. Wenn man vom Schicksal gebeu-

    telt wird, wird man sehr bescheiden undschreibt ohne Rcksicht auf Political Cor-

    rectness oder die eigene Reputation. Man

    luft nicht mehr herum, als htte man den

    Reissverschluss erfunden.

    War es fr Sie schwierig, einen Verlag zu

    finden?

    Mein Agent sagte mir, er wisse nicht, wie er

    dieses Buch anbieten solle. Es sei kein Ro-

    man, keine Autobiografie, es passe in keine

    Kategorie. Und das sei die erste Frage, die

    er einem Verlag beantworten msse. WelcheKategorie? Er wollte es deshalb nicht anbie-

    ten.

    Dann kam mir die Autobiografie von Urs

    Althaus in den Sinn, die Helmut-Maria

    Glogger als Ghostwriter geschrieben hatte.

    Ich googelte den Verlag und las, dass die

    Verlegerin Gabriella Baumann die Idee zur

    Verlagsgrndung in einem Strassencaf hat-

    te. Ein Vogel habe ihr auf den Kopf geschis-

    sen, schrieb sie auf der Homepage, und sie

    habe das als Zeichen gewertet. Mir war so-

    fort klar, dass das die richtige Verlegerin ist,

    unkonventionell, frech, schrg, humorvoll.

    Denn in Script Avenue gibt es nicht nur

    Tragdien, sondern auch eine Menge Pulp

    Fiction und The Big Lebowski.

    Ihr Sohn ist Jurist, hat er Ihnen manchmal

    Zurckhaltung empfohlen?

    Ja, natrlich. Wir hatten eine Menge zu la-

    chen. Teilweise habe ich seine Einwnde in

    den Romantext integriert, wie ich auch den

    Lektor integriert habe. Aber wir hatten na-trlich auch sehr ernsthafte Gesprche, vor

    allem im Vorfeld. Ich sagte ihm von Anfang

    an, dass ich auf dieses Buch verzichte, falls

    er nicht mchte, dass ich es schreibe. Aber

    er sagte mir nach den ersten 50 Probeseiten,

    das sei das Beste, was ich jemals geschrieben

    habe.

    Was machen Sie jetzt, wo das Buch fertig

    ist?

    Ich habe noch zwei weitere Manuskripte, die

    ich zugunsten von Script Avenue beiseite-gelegt habe. Der eine Roman beschreibt den

    Beginn der Globalisierung im 16. Jahrhun-

    dert, der andere die Epoche der Beschleu-

    nigung im 19. Jahrhundert am Vorabend des

    Ersten Weltkrieges. Beide Stoffe muss man

    noch etwas lagern, bis ich den ntigen Ab-

    stand habe, um mit der notwendigen Treffsi-

    cherheit die Endkorrekturen vorzunehmen.Aber der Druck ist weg, ich muss nicht mehr

    hetzen. Script Avenue ist erschienen.