Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11 S3D-Spielfilm drehten. Wir haben...

16
1 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRODUCTION.DE Großes S3D-Abenteuer Am 29.09. kommt mit »Wickie auf großer Fahrt« der erste deutschsprachige Real-S3D-Spielfilm in die Kinos – produziert von der Rat Pack Filmproduktion und im Verleih der Constantin Film. Ruodlieb Neubauer hat sich mit den Erfahrungen bei dieser Vorreiterproduktion etwas näher beschäftigt. Eigentlich wollte Produzent und Rat-Pack-Gründer Christian Becker schon »Wickie und die starken Män- ner« in S3D produzieren, »aber damals gab es prak- tisch keine Informationen zu dem Thema. Darum haben wir die Idee wieder fallen gelassen. Bei ›Wickie auf großer Fahrt‹ stand es für uns dann aber fest, dass der Film in S3D gedreht wird. Regisseur Christian Ditter war von der ersten Sekunde an begeistert.« »Christian Becker rief mich an und fragte, ob ich den ersten deutschen 3D-Realfilm fürs Kino machen will. Ich sagte: Na klar! Dann erwähnte er, dass es ›Wickie auf großer Fahrt‹ sein wird. Wickie ist eine tolle Figur in tollen Geschichten für alle Altersklassen – und ein großes Abenteuer, für das man die 3D-Technik per- fekt nutzen kann«, erzählt der Regisseur und Dreh- buchautor. Im Film geht es wieder um den zurückhaltenden aber schlauen Wickie, der ständig unter dem Erwar- tungsdruck seines Vaters Halvar steht, mutig sein zu müssen. Als Halvar vom Schrecklichen Sven entführt wird, muss Wickie mutiger sein, als es sein Vater je war, um ihn zu befreien – und anschließend den größ- ten Schatz der Welt zu finden. Als Christian Ditter die Regie von Christian Becker angeboten bekam, wollte er Christian Rein als DoP mit dabei haben. Da zwei der drei Kinofilme (»Vorstadtkro- kodile 1 und 2«), die Rein und Ditter zuvor gemeinsam gemacht hatten, ebenfalls von der Rat Pack Film pro- duziert und der Dritte (»Französisch für Anfänger«) von Rat Pack co-produziert worden waren, kannte man einander bereits. Was sich für Christian Becker in der Vorproduktion geändert hat? »Wir planen normalerweise schon sehr genau, aber bei S3D muss man noch viel mehr Even- tualitäten einkalkulieren. Schon sehr bald haben wir gemerkt, dass wir nicht so drehen konnten wie ge- wohnt – es hätte uns einfach viel zu viel Zeit gekostet. So haben wir versucht, die Auflösungen zu optimieren, also z.B. mit den Kränen und der Steadycam Fahrten zu machen, die gleich mehrere Einstellungen abdeck- ten – z.B., wo man normalerweise mit Schuss, Gegen- schuss und Totale arbeitet, eine Kamerafahrt um die Leute herum.« Christian Ditter: »In unseren bisherigen Filmen haben wir praktisch alles schon vor Drehbeginn voll- Produzent Christian Becker, Regisseur Christian Ditter und DoP Christian Rein. © Marco Nagel

Transcript of Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11 S3D-Spielfilm drehten. Wir haben...

Page 1: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

Großes S3D-Abenteuer

Am 29.09. kommt mit »Wickie auf großer Fahrt« der erste deutschsprachige Real-S3D-Spielfilm in die Kinos –

produziert von der Rat Pack Filmproduktion und im Verleih der Constantin Film.

Ruodlieb Neubauer hat sich mit den Erfahrungen bei dieser Vorreiterproduktion etwas näher beschäftigt.

dkgdR

Eigentlich wollte Produzent und Rat-Pack-Gründer Christian Becker schon »Wickie und die starken Män-ner« in S3D produzieren, »aber damals gab es prak-tisch keine Informationen zu dem Thema. Darum haben wir die Idee wieder fallen gelassen. Bei ›Wickie

1 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

e

ggtgwSaztsL

h

auf großer Fahrt‹ stand es für uns dann aber fest, dass der Film in S3D gedreht wird. Regisseur Christian Ditter war von der ersten Sekunde an begeistert.«

»Christian Becker rief mich an und fragte, ob ich den ersten deutschen 3D-Realfilm fürs Kino machen will. Ich sagte: Na klar! Dann erwähnte er, dass es ›Wickie auf großer Fahrt‹ sein wird. Wickie ist eine tolle Figur in tollen Geschichten für alle Altersklassen – und ein großes Abenteuer, für das man die 3D-Technik per-fekt nutzen kann«, erzählt der Regisseur und Dreh-buchautor.

Im Film geht es wieder um den zurückhaltenden aber schlauen Wickie, der ständig unter dem Erwar-tungsdruck seines Vaters Halvar steht, mutig sein zu müssen. Als Halvar vom Schrecklichen Sven entführt wird, muss Wickie mutiger sein, als es sein Vater je war, um ihn zu befreien – und anschließend den größ-ten Schatz der Welt zu finden.

Als Christian Ditter die Regie von Christian Becker angeboten bekam, wollte er Christian Rein als DoP mit

DUCTION.DE

abei haben. Da zwei der drei Kinofilme (»Vorstadtkro-odile 1 und 2«), die Rein und Ditter zuvor gemeinsam emacht hatten, ebenfalls von der Rat Pack Film pro-uziert und der Dritte (»Französisch für Anfänger«) von at Pack co-produziert worden waren, kannte man inander bereits.

Was sich für Christian Becker in der Vorproduktion eändert hat? »Wir planen normalerweise schon sehr enau, aber bei S3D muss man noch viel mehr Even-ualitäten einkalkulieren. Schon sehr bald haben wir emerkt, dass wir nicht so drehen konnten wie ge-ohnt – es hätte uns einfach viel zu viel Zeit gekostet. o haben wir versucht, die Auflösungen zu optimieren, lso z.B. mit den Kränen und der Steadycam Fahrten u machen, die gleich mehrere Einstellungen abdeck-en – z.B., wo man normalerweise mit Schuss, Gegen-chuss und Totale arbeitet, eine Kamerafahrt um die eute herum.«

Christian Ditter: »In unseren bisherigen Filmen aben wir praktisch alles schon vor Drehbeginn voll-

Produzent Christian Becker, Regisseur Christian Ditter und DoP Christian Rein. © Marco Nagel

Page 2: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

vwütSivJaSe

A

ständig aufgelöst, mit Storyboard und Shot-Listen. Bei Wickie haben wir auch ein Tiefen-Script gemacht und festgelegt, wie stark der S3D-Effekt sein soll. Wir haben uns überlegt, wo der Zuschauer stärker ins Geschehen hineingezogen wird und wo man ihm Zeit zur Entspannung lässt, wo er sich eher im Bild um-schauen kann. Man hat bei S3D eben neue Möglich-keiten, kann sich überlegen, wie man über die Tiefe ein Objekt an den Zuschauer heranbringt, wie nah man emotional an einer Figur ist, oder sich auch von ihr dis-tanziert. Anstatt wie in 2D auf ein Detail zu schneiden, um es hervorzuheben, kann man jetzt einfach den Gegenstand etwas nach vorne holen und so das Auge des Zuschauers dort hin lenken.«

»Wir sind gemeinsam mit dem Stereographen Flo-rian Maier durch das Drehbuch gegangen und haben in drei Stufen Szene für Szene festgelegt, wie stark der S3D-Effekt sein sollte, wie wir damit an welchen Stel-len spielen, wie weit der Raum vor oder hinter der Leinwand genutzt werden soll. So haben wir in ent-spannten Momenten eher ein moderates S3D, bei grö-ßerer Spannung wird auch der Effekt stärker«, erklärt Christian Rein.

Auf den Unterschied zur Vorbereitung gegenüber einem 2D-Film angesprochen, meint Christian Rein, dass man dies schlecht direkt vergleichen könne: »Da es der erste große S3D-Kinofilm in Deutschland war, musste der Aufwand vor der Produktion naturgemäß

iel größer sein. Auch Rat Pack als Produktionsfirma ar bereit, mit den Tests viel weiter zu gehen als sonst blich. Wir haben uns weltweit mit Stereographen ge-roffen, die bereits über Erfahrungen aus der 3D-Postproduction verfügten. Normalerweise habe

ch bei einem größeren Kinofilm eine Vorbereitungszeit on acht Wochen, in diesem Fall war es fast ein halbes ahr. Zudem gab es die Alexa am Markt noch gar nicht, ls wir uns entschieden, diesen Film darauf zu drehen. owohl für S3D als auch mit der Alexa haben wir über in halbes Jahr verteilt etwa drei Wochen lang getes-

WWW.PROFESSIO

tet.« Bei den ersten Tests mit der Alexa stellte sich für Christian Rein u.a. die Frage, wie die Kamera reagiert, wie sie rauscht, welchen Blendenumfang sie bietet. »Vor der Alexa hatte es keine digitale Filmkamera am Markt gegeben, die mit 35mm vergleichbar gewesen wäre oder vergleichbare Ergebnisse bezüglich der Bildqualität gebracht hätte. Die Alexa ist ein großer Schritt vorwärts in dieser Beziehung.«

Christian Becker: »Für mich war klar, dass wir mit diesem Film eine Vorreiterposition einnehmen würden, dass wir den ersten deutschsprachigen Real-

m Walchensee wurde wieder das Heimat-Dorf Flake aufgebaut. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

NAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 2

Page 3: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

wbNUdszdsesSdjdtC(Mudb

akf»mRMzgc

»

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und Regisseur Christian Ditter auf verschiedene Sets ge-schickt.« Die beiden waren z.B. bei »Resident Evil IV«, bei »Drive Angry« mit Nicholas Cage, auch »Street Dance 3D« stand auf der Besuchsliste. »Wir haben dann an mehreren Wochenenden in einem Kino alle möglichen verfügbaren Filme angesehen, um ein Ge-fühl dafür zu bekommen, wie die anderen arbeiten. Dabei sahen wir auch, wie gut ›Drachen fliegen leicht gemacht‹ ist. Obwohl darin gnadenlos z.B. Overshoul-der-Aufnahmen vorkamen, die James Cameron bei ›Avatar‹ dem Vernehmen nach noch herausretuschie-ren musste.« Als Christian Rein und Christian Ditter zum dritten oder vierten Mal in ›Avatar‹ saßen und an-dauernd miteinander darüber redeten, beschwerten sich die anderen Kinobesucher verständlicherweise ziemlich. »Wir haben uns dann möglichst um eigene DCPs gekümmert, die uns die Verleiher freundlicher-weise zur Verfügung stellten. Und wir haben uns die

3 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

Filme auch ohne Ton angesehen, um über die Effekte zu sprechen«, erzählt Christian Becker.

»Wir haben mit vielen Leuten aus der S3D-Pro-duktion gesprochen. Aber niemand konnte uns garan-tieren, dass wir die ganze Zeit über jene Leute am Set hätten, die wir haben wollten.« Produktionsbeginn war zwar im Sommer 2010, aber für Produzent, Regisseur und DoP stand bereits im Sommer 2009 fest, dass man möglichst mit deutscher Technologie drehen wür-de, man wollte unbedingt die Alexa haben – wegen ihrer Bildqualität, die man schon gesehen hatte, und wohl auch wegen der zu erwartenden Stabilität. »Für mich war spannend, dass wir nicht nur einige der ers-ten Alexa-Modelle hatten, sondern dass wir in S3D auch mit ARRI zusammen entwickeln würden. Schließ-lich signalisierte uns der geschäftsführende Vorstand von ARRI, Prof. Franz Kraus, dass die Alexas rechtzeitig zum Produktionsstart fertig würden. Dann kamen wir auf den Stereographen Florian Maier, den wir bereits wegen seiner Stereotec-Rigs kannten.« Der entwickel-te zu der Zeit nicht nur an seinen Rigs, sondern drehte gerade auch in Korea einen größeren 3D-Spielfilm. »Das war das Beste, was wir bis dahin gesehen hatten. Für uns war jedoch die große Frage, ob wir das mit ihm auch in der vorgegebenen Zeit hinbekämen, da wir seine Arbeitsweise noch nicht kannten.«

ARRI stattete den gesamten Film aus. Von ARRI Rental kamen die Alexas, die Rigs, das Bühnen- und Licht-Equipment. ARRI Film & TV führte das Digital Intermediate und die Endmischung durch, bei den VFX teilte man sich die Shots mit ScanlineVFX. Florian Maier war gerade bei ARRI, weil man dort kurz zuvor ein 3D Live Rig und ein Side-by-Side Maxi von Stereo-tec gekauft hatte. Da kam zufälligerweise Christian Rein vorbei, der einige Dinge für den Film besprechen

DUCTION.DE

ttzidASmpMFvsawmkSMwP

c3

ollte. Es entwickelte sich ein Gespräch zwischen den eiden, das wohl etwas länger gedauert haben dürfte. ach diesem ersten Kontakt kam man im Laufe der ntersuchungen für den Film u.a. zum Schluss, dass as 3D Live Rig wohl für einen Remote-Head zu groß ein würde. Florian Maier entwickelte daraufhin in kür-ester Zeit das 3D Mid Size Rig, das für Kameras wie ie Alexa, Phantom, RED, Epic usw. konzipiert war. Es ollte einerseits so klein und leicht sein, dass es auf inem Kran eingesetzt werden konnte, andererseits ollte noch ziemlich weitwinkelig bei relativ großer tereobasis gearbeitet werden können. Christian Rein rehte dann zwar mit den LWZ-1, auf das Rig hätten

edoch auch 16mm-Masterprimes gepasst. Während ieser Zeit drehte Florian Maier in Korea eine interna-ionale Spielfilmproduktion und hatte kurz davor in hina eine Produktion für die Expo 2010 in Shanghai

siehe PP 05/10) begleitet. Dieses praktisch taufrische aterial sahen sich die Wickie-Verantwortlichen an

nd als sie hörten, wie viele Shots dabei pro Tag ge-reht worden waren, wussten sie, dass sie ein Pro-lem weniger hatten.

Zu Beginn der Vorbereitungen gab es laut Christi-n Rein in Deutschland noch kein funktionierendes omplett fernsteuerbares S3D-System, das an die An-orderungen einer Spielfilmproduktion angepasst war: Als wir die damaligen Systeme ausprobierten, konnte an vieles damit noch gar nicht machen. Da war das ig von Stereotec ein großer Schritt. ARRI hat dann die otorisierung und die Metadatenaufzeichnung in kür-

ester Zeit möglich gemacht. Aber davon wurde eini-es erst in der letzten Woche vor Drehstart fertig, man-hes ging noch in die erste, zweite Drehwoche hinein.«

»Wickie auf großer Fahrt« und Martin Scorseses Hugo Cabret« waren die ersten beiden S3D-Produk-ionen mit der Alexa. ARRI arbeitete mit beiden Produk-ionsteams eng zusammen und so wurde noch recht-eitig die Sync-Funktion fertig, mittels der zwei Alexas m Master/Slave-Betrieb verlinkt werden können. Bei-e erhalten dabei die gleichen Einstellungen, eine lexa gibt der anderen den Takt vor, wodurch auch die ensoren exakt gleichzeitig ausgelesen werden. ARRI odifizierte auch sein Lens Control System (LCS) und

asste es an das Rig an – z.B. die Geschwindigkeit der otoren an die Feinheit der Verstellung am Rig. »Diese

ernsteuerungsmöglichkeit hat uns in Summe sehr iel Zeit erspart«, sagt Florian Maier. Gesteuert wurde owohl die Stereobasis und die Konvergenz als auch lle Alignment-Parameter, also Tilt, Roll und Hight. Es urde auch eine Kameraplatte seitlich angebaut, da-it das Rig auf einem Kamerakran befestigt werden

onnte. Das aus Karbon gefertigte Rig wiegt ohne teuerung und Kameras knapp 18 kg – laut Florian aier würde ein gleich stabiles Alu-Rig um die 85 kg iegen: »Die Stabilität ist jedoch der Punkt, der in der ostproduktion enorm Geld spart.«

Für Christian Rein war im Vorfeld weniger die Syn-hronisierung der Alexas ein Thema, sondern dass pro D-Kamera-Setup 14 Motoren über Funk gesteuert

DoP Christian Rein und Stereographer Florian Mai-er am Stereotec-Rig © Marco Nagel

Page 4: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

nhvL

zngf

mdzK

PRODUKTIONSBERICHT | WICKIE AUF GROSSER FAHRT

Ci

Id

werden mussten und sich bei der Einstellung mög-lichst nicht gegenseitig stören durften: »Die Synchroni-sation funktionierte bereits im April 2010 ganz gut, aber dadurch hat man erst die ganzen anderen He-rausforderungen gesehen, die bei S3D so auftauchen.« Etwa dass man bei zu langen Verschlusszeiten Motion-blur bekommt, der zwar in jedem 2D-Film üblich ist, in S3D sich jedoch bei schnellen Bewegungen negativ auswirkt. Deshalb probierte man an zwei Tagen die Wirkung der verschiedenen Verschlussgeschwindig-keiten auf den S3D-Effekt. Auch wenn man einen zu engen Shutter-Winkel hat, gibt es Irritationen. »Auf-grund der guten Vorbereitung mussten wir dann aber wegen der Technik nichts nachdrehen – weder wegen eines mangelhaften Stereo-Effektes noch weil etwas bei der Alexa nicht funktioniert hätte, obwohl es sich ja eigentlich noch um einen Prototypen handelte«, äußer-te Christian Rein zufrieden.

»Das eigentliche Problem war, dass jeder, den man vor einem Jahr getroffen hat, ein Experte war. Alle kamen mit ihren Regeln, was man tun dürfe und was nicht oder wie gutes S3D ausschauen müsse. Aber das trifft alles so pauschal nicht zu«, meint DoP Christian Rein. Natürlich gibt es ein paar Grundweisheiten: Dass man mit normalen bis kurzen Brennweiten einen bes-seren S3D-Effekt erzielen kann, dass lange Brennwei-ten das Bild platt machen. Man muss auch bestimmte Dinge beachten, damit es nicht zu Irritationen kommt und der S3D-Effekt zusammenbricht. Vieles hängt je-doch von der Gestaltung ab. »Da wir viel testen konn-ten, waren wir in der Lage, jeweils für uns selbst zu entscheiden, was wir gut fanden und was nicht.« So stimmt es laut Christian Rein einfach nicht, dass S3D keine Unschärfe haben darf. »Das ist ein typisches Pauschalurteil. Eine Totale mit Unschärfe im Hinter-grund entspricht nicht der Sehgewohnheit. Bei einem Portrait hingegen finde ich, dass der Fokus auf die Per-son den Bildschwerpunkt durchaus auch in S3D unter-stützten kann. Ich habe mir sehr viele S3D-Filme unter diesem Gesichtspunkt angesehen, wie sie angelegt sind, wo die Handlung spielt. Zur Zeit kann man da praktisch in jedem Film etwas anderes sehen. Meiner Meinung nach spielt der persönliche Geschmack eine große Rolle – wie beim 2D-Film eben auch.«

Laut Christian Rein war James Camerons »Ava-tar« der einzige Realfilm, den man sich wirklich an sehen konnte: »Sonst gab es nur irgendwelche Splatter-Movies oder Horrorschinken. Die S3D-Anima -tionsfilme befanden sich dagegen schon auf einem ganz anderen Niveau, auch von der Erzählstruktur her. Für mich war der beste Film im Umgang mit S3D, wie mit der Tiefe vor und hinter der Leinwand umgegangen wurde, der Animationsfilm ›Drachen Zähmen leicht ge-macht‹.« Rein ist wichtig, nicht nur den Raum hinter der Leinwand zu nutzen, sondern auch den davor. Allerdings icht für die üblichen »Zirkusspielchen« ins Publikum inein. Das gefiel ihm auch an den bisherigen Arbeiten on Florian Maier. Für ihn gehört der Raum vor der einwand ebenso zum Ganzen, wie man möglichst den

ur Verfügung stehenden Blendenumfang nutzt und nicht ur die Hälfte. Da der Sitzplatz des Zuschauers eine roße Rolle spielt, ist die Zone des guten S3D-Kom-orts natürlich nach vorne hinaus um einiges kleiner.

S3D beeinflusst durchaus die Bildgestaltung, eint Christian Rein: »Allein durch die Begrenzung auf

ie kürzeren Brennweiten – immerhin fehlt ja das gan-e lange Ende – hat S3D schon Auswirkungen auf die adrage. Dadurch muss man die Kamera im Verhältnis

WWW.PROFESSIO

zum Schauspieler an anderen Stellen aufstellen. Dazu kommt, dass man aufgrund der Probleme mit im Nah-bereich angeschnittenen Bildelementen komplizierte Bildkompositionen, wie man sie in den letzten Jahren sehen konnte, nicht mehr machen kann. »S3D benötigt klare, einfach aufgebaute Bilder. Möglicherweise wird sich dies mit der Weiterentwicklung der Sehgewohn-heiten des Publikums in den nächsten Jahren auch wieder ändern.«

hristian Ditter (gelbes Trikot) und Christian Rein (rotes) beobachten Wickie beim Flugunterricht am Set m Stillen Winkel des Walchensees. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

n den ersten Drehtagen versank man im Morast, dann halfen Offroad-Sandbleche, den Scorpio Crane auf em Shotmaker zu stabilisieren. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

NAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 4

Page 5: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

gwdalMv

devrAsFdeMWsvfIdj

C wduzznCS

tCmlaz

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

Bei S3D wird das Bild umso flacher, je teliger man dreht. »Ab 50 mm Brennweite wird der Cardboard- Effekt immer stärker, sodass man das Gefühl hat, Papp-Aufsteller im Raum stehen zu haben. Es sieht dann nicht nur nicht schön aus, es fehlt die Rundheit in den Objekten. Dies reißt die Zuschauer aufgrund ihrer Sehgewohnheit aus der Geschichte heraus«, meint Florian Maier.

Auch Scheinfensterverletzungen bewirken, dass das Gehirn durcheinander kommt: wenn sich ein Ob-jekt vor der Leinwand befindet, und plötzlich vom Bild abgeschnitten wird, dann sagt sich das Gehirn, dass dies eigentlich nur passieren kann, wenn das Objekt hinter einem Rahmen wie der Leinwand oder dem Bildschirm platziert ist – zwei konträre Informationen.

Damit man andererseits nicht das Gefühl hat, in einen Guckkasten hineinzustarren, kann man dieses Fenster in der Wahrnehmung durch Verspielen einiger-

5 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

A

B3

sSnCatLRraaZgh

maßen verschwinden lassen: indem Charaktere be-wusst im Raum positioniert werden, bewusst eine Per-spektive hineingebracht wird, oder Objekte aus dem Bildschirm herauskommen, die den Zuschauer in das Fenster hineinführen. »Diese Gestaltung ist die eigent-liche Kunst beim S3D«, meint Florian Maier.

Dreh

Der Drehbeginn gestaltete sich in den ersten Tagen et-was holprig, meint Regisseur Christian Ditter: »Wir hat-ten uns nicht viel vorgenommen, um uns in Ruhe an die Arbeit mit der S3D-Kamera zu gewöhnen. Statt den bei 2D üblichen 20 bis 30 Einstellungen waren nur sie-ben geplant. Dann kam starker Regen auf und der hal-be Set mitsamt der schweren S3D-Technik versank buchstäblich im Matsch. Am Ende hatten wir nur drei Einstellungen gedreht, mit denen ich nicht mal zufrie-den war. Weil jeden Tag etwas Unvorhersehbares pas-sierte, waren wir ständig gezwungen, neue Lösungen zu finden.« Der Regen zeigte ihnen bald, wie empfind-lich die Aufnahmen gegenüber Tropfen am halbdurch-lässigen Spiegel der S3D-Rigs sind. Aus Zeitgründen stand ein wasserabweisendes System aber erst später bei den Sturmsequenzen im Wasserbecken auf Malta zur Verfügung, da es speziell für das Stereotechrig gefertigt wurde. Wir haben von Woche zu Woche dazu-gelernt«, meint der Regisseur.

Christian Rein drehte hauptsächlich mit dem RRI/Zeiss Leicht-Zoom LWZ-1 (15,5-45mm, T2.6), das den Bereich der angewendeten Brennweiten größ-tenteils abdeckte. »Mit einem Zoom zu arbeiten war einfach schneller«. Man musste nicht die Objektive wechseln und alles neu anpassen, sondern es wurde nur die Brennweite verändert und dann die Rigs abge-

DUCTION.DE

lichen. Zuvor hatte man bei den Tests ausprobiert, ie lange ein Brennweitenwechsel mit Justierung auern würde und dann diesen Weg gewählt. »Als sich lles eingespielt hatte, dauerte die gesamte Umstel-

ung inklusive Alignment im Durchschnitt unter fünf inuten. Dann war der Zeitfaktor nicht mehr so groß,

or dem alle zuvor Angst gehabt hatten«.Christian Rein: »Das ist natürlich ein Mittelwert,

enn dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Bei ngen Motiven z.B. ist es schwieriger, als wenn man iel Platz hat. Dazu kommt, dass die motorisierten Ste-eotec-Rigs stabiler, schneller abgleichbar und für die lexas ausgelegt waren, aber natürlich auch etwas chwerer, als das auf der Steadycam eingesetzten reestyle Rig von P+S Technik. Dieses hat uns aller-ings ermöglicht, dass wir überhaupt eine Steadycam insetzen konnten. Auch wenn Steadycam-Operator arkus Eckert noch immer 44 kg zu schleppen hatte. ir wussten vorher schon, dass das Alignment bei die-

em Rig deutlich länger dauern würde und nicht so iele Möglichkeiten zur Verfügung standen wie bei den erngesteuerten Rigs von Stereotec, aber da ging der nhalt über die Technik. So bekamen wir Einstellungen, ie wir anders nicht bekommen hätten. Das war es auf

eden Fall wert«.Insgesamt waren drei Rigs am Set, wobei das

-Rig auf der Steadycam montiert war. Am Anfang aren sechs Alexas am Set vorhanden, später wurden ann zwei Alexas immer vom B-Rig auf die Steadycam mmontiert. Bei den Stunt-Tagen waren sogar bis zu ehn Kameras im Einsatz: zu den Alexas kamen noch wei Weisscam HS2 für Hochgeschwindigkeits-Auf-ahmen auf einem 3D Live Rig sowie zwei kleine Wige unima MCU[2] auf einem kleinen Rig, ebenfalls von tereotec.

Aufgezeichnet wurde ein Full-HD-Signal im Sei-enverhältnis 1:2,35 in JPEG 2000 am Codex Onboard. hristian Rein bedauert, dass es damals noch nicht öglich war, in Arriraw zu arbeiten: »Die höhere Auf -

ösung von Arriraw, das der Codex mittlerweile auch ufzeichnen kann, wäre hilfreich gewesen, weil man .B. ein wenig ins Bild zoomt, um einen horizontalen ildversatz zwischen rechtem und linken Bild, der für D benötigt wird, auszugleichen.«

Um die S3D-Arbeit in möglichst kurzer Zeit zu chaffen, waren natürlich mehrere 3D-Leute am Set: tereograph Florian Maier hatte seine Assistentin Jan-icke Mikkelsen dabei, die ihm u.a. bei der Stereo-ontinuity assistierte und neben den Kameradaten uch Anmerkungen für die Postproduction aufzeichne-e. Dazu kamen die zwei S3D-Techniker Daniel indlbauer und Marcus Zaiser für die zwei Stereotec-igs und das Freestyle Rig. Meist wurde eines vorbe-eitet, eines war im Einsatz. Wenn Christian Rein eine ndere Brennweite wollte, wurde die Kamera schnell lignt. Der reine Alignment-Prozess dauerte inklusive oom-Matching, Tilt, Roll, Hight, Stereobasis, Konver-enz im Schnitt 90 Sekunden. Im Wald bei Deisen -ofen war Sarah Rotter als zweite Stereographerin

Steadycam-Operator Markus Eckert mit den beiden Alexas am P+S Freestyle-Rig © Marco Nagel

Kameramann Benjamin Klumpp drehte das Making-Of mit der Panasonic AG-3DA1. »Wickie auf großer Fahrt« nimmt auch hierin weltweit eine Vorreiterrolle ein.

Page 6: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

WWW.PROFESSIONAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 6

Page 7: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

lfBwu Dwsmm e hrw

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

dabei, weil zwei örtlich getrennte Units gleichzeitig drehten. Maier hatte einen der beiden Rig Technicians abgestellt, um das Steadycam Rig vorzualignen, wäh-rend die A-Kamera drehte. So konnte auch hier die zu-sätzliche Setupzeit bei S3D für die Produktion in Gren-zen gehalten werden. Erklärtes Ziel von Florian Maier ist es, bereits am Set so gut wie möglich zu arbeiten, um den Aufwand in der Post möglichst klein zu halten. Denn dieser Punkt kann bei einer S3D-Produktion das Budget durchaus spürbar entlasten. Jeder Umrech-nungsvorgang im Bild kostet einerseits Geld, anderer-seits auch Auflösung. Aber je konsistenter ein Bild ist, desto schneller wird es vom Gehirn als S3D angenom-men, desto angenehmer sieht sich der S3D-Film an.

7 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

Gleichzeitig ist es für Maier extrem wichtig, die gute Qualität in kurzer Zeit zu liefern, weil die Produktionen nur dann keine Probleme mit längeren S3D-Drehzeiten gegenüber 2D bekommen: » Es hilft eben gar nichts, wenn die erste Hälfte des Films perfekt ist, und dann gibt es kein Budget bzw. keine Drehtage mehr für die zweite Hälfte.« Besonders bei einem Film wie »Wickie« kommt dann noch dazu, dass Kinder aus gesetzlichen Gründen nur relativ kurze Zeit pro Tag drehen, und auch nicht viel länger am Set sein dürfen.

Florian Maier: »Bei S3D schafft man zwischen zehn und fünfzehn Shots pro Tag und Rig, manchmal waren es auch um die 20.« Allerdings schneidet man bei S3D nicht mehr so oft und erzählt in einer Einstel-

DUCTION.DE

ag

ds T asSdf

Emesmea

»gds3edeRaSShmSdMTK

SbHbSF

ung weitaus mehr Geschichte. »Dadurch schafft man aktisch annähernd so viel wie bei einem 2D-Film. Das udget lag ja auch in einer ähnlichen Größenordnung ie beim ersten Wickie-Film, obwohl hier mehr und nterschiedlichere Schauplätze vorhanden sind«. abei war die gleiche Drehzeit vorgesehen und es urden noch zwei Drehtage weniger benötigt als ur-

prünglich geplant. »Manche Leute sagen, dass man it S3D nicht mehr so flexibel drehen kann. Aber es acht schon in 2D einen Unterschied, ob man mit

iner 35mm-Kamera, dem Magazin und dem Akku erumläuft, oder ob man digital dreht. Wenn man die ichtigen Leute hat, kann S3D genauso schnell gedreht erden. In Zukunft werden die Kameras und damit uch die Rigs kleiner werden, weshalb dann auch der roße Support nicht mehr benötigt wird.«

Gerade S3D lebt von der Bewegung. Wenn sich ie Kamera immer ein wenig bewegt, bringt dies einer-eits Dynamik ins Bild, das Gehirn kann zudem die iefe besser einschätzen. In der Natur ist dies nicht nders. Man muss z.B. nur einer Katze zuschauen, wie ie sich auf einen komplizierteren Sprung vorbereitet: ie bewegt sich nicht hin und her, weil sie zögert, son-ern weil sie sich auf diese Weise mehr räumliche In-ormationen verschafft.

»In S3D ist es viel schöner, wenn man sich in einer instellung im Raum bewegen kann – man fängt z.B. it einem Closeup an, geht auf eine Halbnahe, geht in

ine Oversholder und endet in einer Halbtotalen. Man etzt also das, was man sonst mit mehreren Schnitten achen würde, in eine Fahrt um. Dabei hat der Kran

norm viel Zeit gespart, auch weil er am Shotmaker ufgebaut wurde«, sagt Florian Maier.

Wie lag das Verhältnis Kran/Dolly zu Steadycam? Nach einer Woche haben wir unseren Dolly zurück egeben, denn wir hatten immer einen Technocrane abei, am Anfang der Produktion wegen des Geländes ogar zwei«, erzählt Christian Rein. Ein Technocrane 0 war auf einem Ponton am Wasser aufgebaut und in Scorpio Crane auf einem Shotmaker, sodass man amit durchs Gelände fahren konnte. So wurden dann twa 20 Prozent der Aufnahmen auf Steadycam, der est vom Kran gefahren. Christian Rein: »Die Haupt -rbeit war mit den großen Rigs geplant, nur wenn ein chuss sonst nicht anders ging, sind wir auf die teady cam gegangen. Bei einer Szene in den Klippen atten wir auch einen kleinen alten Panavision-Kran it einem starren Arm und kombinierten das mit der teadycam, weil wir den großen Kran einfach nicht orthin transportieren konnten.« Im Wasserbecken auf alta war wegen der geringeren Windanfälligkeit ein

echnocrane 50 mit, der sich bei anderen Shots in den lippen jedoch als viel zu unhandlich erwies.

türmische See und heulende Winde im Wasser-ecken der Mediterranean Film Studios in Maltas auptstadt Valetta. Die Kante des Wasser -eckens, das direkt am Meer liegt, fiel allerdings im 3D-Material um einiges stärker auf als bei 2D- ilmen. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

Page 8: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

Lhshwn w etMFtevwsgkmvd

L

DnC»Drlw1m SMdLTwp2nd

w»gnmddKDgSddn

Locations

In »Wickie auf großer Fahrt« spielt die Geschichte, wie der Titel des Film schon verrät, an mehr Orten als beim Vorgänger. Regisseur Christian Ditter: »Da ist natürlich das Wikingerdorf Flake, das die Zuschauer schon aus ›Wickie und die starken Männer‹ kennen. Aber mir war wichtig, das Publikum in neue, ungesehene Welten zu führen. Deshalb verlassen die Wikinger Flake schon sehr bald und begeben sich auf große Fahrt, die zu Burgen, gefährlichen Schluchten, Eiswüsten und vielen anderen Orten führt«.

Gedreht wurde ziemlich synchron zur Geschichte: Zu Beginn war man am Walchensee, wo wieder das Dorf Flake gedreht wurde. Im Münchner Umland in Deisenhofen stand mehrere Tage eine Kutschenverfol-gungsjagd am Programm. Dort war auch das Ritter -lager aufgebaut, das Wickie zum Beweis seiner Tapfer-keit ausrauben soll. Von dort ging es für mehrere Wochen nach Malta, wo größtenteils im und um das Wasserbecken gedreht wurde. On location auf Malta selbst waren es drei weitere Drehtage neben dem Dreh im Wasserbecken, danach ging es für acht Tage nach Burghausen und danach vier Wochen in die große Halle 12 der Bavaria, wo Kerker, Eiswüsten und der Eispalast für den großen Showdown aufgebaut worden waren. Die Burg des Schrecklichen Sven, in der Halvar gefangen gehalten wird, ist eine Kombination aus mehreren Elementen. »Teilweise haben wir auf Malta gedreht, die Burg selbst wurde am Computer gebaut, viele Szenen in den Gängen der Burg und in Svens Schlafzimmer entstanden in Burghausen in Bayern. Einen Teil der Burg mussten wir in den Bavaria Studios nachbauen, weil dort abenteuerliche Dinge passieren, für die uns die Burgherren von Burghausen vermutlich sofort ’rausgeworfen hätten«, erzählt Christian Ditter.

Trotz aller Anstrengungen, die Nachtdrehs mit künstlichen Stürmen verursachen, habe ihm die Arbeit in Malta großen Spaß gemacht. »Problematisch ist nur, dass dieses große Wasserbecken, hinter dem sich das endlose Meer erstreckt, direkt neben der Hafeneinfahrt liegt. So hat man ständig Riesentanker und Kreuzfahrt-schiffe im Hintergrund. Es sieht zwar witzig aus, wenn hinter Wikingern auf dem Boot die Aida vorbei fährt – aber leider macht es viel Arbeit, sie später mühsam am Computer herauszuretuschieren.«

Wurden wegen S3D spezielle Locations ausge-wählt? »In der idealen Welt kann man dafür spezielle

ocations aussuchen, also mit vielen vertikalen und orizontalen Linienführungen, wo das Motiv an sich chon die Tiefe macht«, meint DoP Christian Rein. »Wir aben beim Setbau versucht, darauf zu achten, dass ir linienführende Elemente bekommen. Aber da wir icht das Budget eines Hollywood-Filmes hatten, aren wir natürlich auch in unserer Motiv-Auswahl twas eingeschränkter.« Bei der Auswahl der Burg hat-en Regisseur Christian Ditter, Szenenbildnerin Eva aria Stiebler und DoP Christian Rein einen deutlichen

avoriten. Leider lag der in Serbien. Als die Produk -ionsfirma fragte, wie es mit Burghausen wäre, wurde s eben Burghausen. »Wir hatten bei dem Projekt zwar iele Möglichkeiten, aber trotzdem war es erstaunlich, ie schnell man mit dem Kopf an die Decke stößt –

elbst bei einem für Deutschland so großen zweistelli-en Millionen-Budget wie bei Wickie. Mir ist natürlich lar, dass die Leute, die nach uns kommen, deutlich ehr bei den Firmen bezahlen müssen, weil bei ihnen

ieles auch noch Neuland war und die Tests schon eswegen umfangreicher ausfielen«, so Christian Rein.

icht

ie kleinen LWZ-Leicht-Zooms von Zeiss sind zwar icht so lichtstark wie etwa die Masterprimes, aber hristian Rein empfand dies nicht als großes Problem. Die 800 ASA der Alexa machen da schon einiges wett. azu haben wir in unseren Tests gesehen, dass man

uhig auf 1600 ASA gehen kann, weil sich die Bildqua-ität der beiden Augen aufaddiert.« Der Lichtaufwand ar stark abhängig vom Motiv – an manchen bis zu 000 kW. Aber es gab auch kleine Innenmotive, die nur it 2,3 Divas geleuchtet waren. »Ein sehr großes etup waren die Nachtaufnahmen im Wasserbecken in alta. Auf zwei großen 80m-Kränen am hinteren Ende

es Beckens waren jeweils etwa 100 KW an Wendy ights aufgehängt, und rund um das Becken mehrere ürme mit Dinolights und Maxi Brutes bestückt. Ein eiterer 40m-Kran diente entweder als Kamerastand-unkt oder als Aufhängung für Strobelights oder 0x20-Toplichter. »Das funktionierte auch dank mei-es Oberbeleuchters Wolfgang Dell reibungslos, so-ass wir nie auf das Licht zu warten brauchten.«

Da die ersten Tage am Walchensee nur Tagpensen aren, konnte man mit hohen Blenden drehen.

Nachts hatte ich ursprünglich ebenfalls durchaus vor ehabt, mit höheren Blenden zu arbeiten. Ein amerika-ischer Kameramann erzählte mir jedoch, dass er da-it schlechte Erfahrungen gemacht hatte.« Er habe

ann seinen nächsten Film von den Blenden her so ge-reht wie bei 2D und das hätte gut geklappt. »Bei den ameratests war ich zum selben Ergebnis gekommen. as Hochleuchten hätte uns nur vor weitere Probleme estellt, wie z.B. die ganz einfache Frage, wie gut ein chauspieler noch spielen kann, wenn er vor Helligkeit ie Augen kaum mehr offen halten kann. Wir haben ann mehrmals auch in den Nächten mit relativ offe-en Blenden von T2,8 bis 4 gedreht.« Zum Teil wurde

Steadycam-S3D-Fahrt um Günther Kaufmanns Film-Bauch © Marco Nagel

WWW.PROFESSIONAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 8

Page 9: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

VTzAdmsbslnta

P

IEas DBsGePEofL

ggmtdnPg

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

die geringere Schärfentiefe dadurch kompensiert, dass man einerseits mit kürzeren Brennweiten als bei 2D arbeitete, andererseits ging man mit Nahaufnahmen sparsamer um.

Muss man bei S3D auch den Hintergrund mehr leuchten? Regisseur Christian Ditter hatte sich eine Kranfahrt in der Dämmerung am Schiff entlang ge-wünscht, in der die Silhouetten der Darsteller gegen den dunkelblauen Nachthimmel zu sehen sein sollten. Dies wurde einmal als Silhouette und einmal mit Feu-ereffekten gedreht. In den Mustern war dann klar zu sehen, dass Scherenschnitte in S3D nicht funktionie-ren, weil das Fehlen der Tiefeninformation sehr irritiert – in 2D wäre dies ein starker Effekt. »Hingegen macht es sich sehr gut, wenn man z.B. in einem Verließ in den Gesichtern gut lesen kann, der Hintergrund jedoch viel dunkler wird. Er darf nur nicht ganz schwarz werden, sondern es muss immer genügend Struktur vorhanden sein. Ich finde, dass man die Hintergründe durchaus so wie bei 2D leuchten kann. Man muss nur mit dem Kon-trast an den extremen Enden des S3D-Raumes vor-sichtiger umgehen, da dies zu stereoskopischen Irrita-tionen führen kann und sollte großflächiges Schwarz ohne Struktur vermeiden«, meint Christian Rein. Bei monochromen Flächen wie einem undifferenzierten Schwarz gibt es kein Tiefenempfinden, das Auge nimmt sogar die Struktur der Leinwand als Referenz und setzt das schwarze »Objekt« auf die Leinwand-ebene.

Wie der DoP die Bilder am Set betrachtete? »Man hat bei S3D viel mehr die Rolle eines DoP inne, schaut viel am Monitor und nicht mehr so unmittelbar durch den Sucher wie bei 2D. Aber bei der Steadycam schaut man sowieso auch über den Monitor. Selbst wenn die Steadycam den A-Schuss hatte und der Kran den B-Schuss, habe ich mich auf beide Bilder konzentriert, aber nicht mehr die Kamera selbst geschwenkt. Auch in kritischen Situationen, wenn das Licht wegging und wir nicht mehr viel Zeit hatten, habe ich sehr oft nicht

9 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

selbst geschwenkt, sondern auf das Licht geachtet.« Florian Maier hatte ein Zelt, in dem zwei 46"-Monitore von JVC und die Steuerungen der Rigs aufgebaut waren. Christian Rein nannte es das Stereo-Stüberl. Maier bevorzugt Monitore mit Polarisationstechnik: »Shutterbrillen sind schwer, verlieren manchmal ihren Sync, oder die Batterien werden leer. Das ist am Set nicht wirklich hilfreich«. Wurde mit dem Shotmaker gefahren, saßen darin der Fahrer, Christian Rein, der den Remote-Head per Joystick bediente und in der Mitte Florian Maier, der seine Stereo-Einstellungen machte. Der Shotmaker ermöglichte auch, z.B. die Ge-fängniskutsche anzuhängen, und während der Fahrt mit dem Kran komplett darum herum zu drehen.

On-Set-Trailer

Um die Muster ansehen zu können, hatte ARRI seinen neu gebauten On-Set-Trailer vor Ort. Die Daten wurden auf den Alexas mit insgesamt zwölf Codex-Onboard-Recordern aufgenommen und über die Transfer Station von Codex im On-Set-Trailer ausgeladen. Hier wurden in der Qualitätskontrolle im On-Set-Dailies-System FUGU von Colorfront die Daten von linkem und rech-tem Auge einzeln sowie bezüglich der Stereoskopie geprüft und zweifach auf verschiedenen Bandsyste-men zur Sicherung kopiert.

Bereits im Trailer wurde ein Pre-Grading durchge-führt, die Dailies produziert und am Webgate-Server von ARRI online gestellt. Dort können sich die Kunden einloggen und die Daten als Stream ansehen. Mittler-weile hat man nach dieser Methode bei ARRI Film & TV bereits mehrere Filme betreut, darunter »Hänsel und Gretel«. Im FUGU wurde auch eine digitale Konvergenz und Side-By-Side-Bilder für den Avid erstellt. Cutter Uli Christen konnte so bereits parallel zum Dreh an einem S3D-Monitor schneiden. Da mit parallelen Optiken ge-dreht wurde und die Konversion nachträglich berech-net wurde, handelte man sich kein Keystoning, also

DUCTION.DE

erzerrungen in den Randbereichen des Bildes, ein. Im railer ist auch ein Vorführraum eingebaut, in dem ehn Personen sitzen können. Dort konnten schon am bend die Muster von dem Material angesehen wer-en, das zu Mittag noch von den Onboards übernom-en worden war. Christian Rein genoss es auch,

chon am Ende eines Drehtages im Grading auspro-ieren zu können, ob die Dinge so kamen, wie er es ich vorgestellt hatte. Zwar dürfte es ein nicht geringes ogistisches Problem dargestellt haben, den Trailer icht nur an den Walchensee, sondern auch nach Mal-a zu bekommen, aber vor Ort erwies er sich dann uch dort als sehr praktisch.

ostpro

m Film gibt es eine beträchtliche Anzahl von digitalen ffekten, für die manche Aufnahmen mit Blue-Screen, ndere mit Green-Screen gedreht wurden. So wurden owohl in Malta als auch für den Eispalast, den Art irector Christian Goldbeck für den Showdown baute, luescreens eingesetzt. Christian Rein: »Hier stellte es ich bereits bei den Test-Drehs heraus, dass sich reen-Screen zwar besser für die Freistellungs-Arbeit ignet, bei manchen Bildinhalten die Bluescreen in der raxis harmonischere Resultate ermöglicht. Wenn im is an manchen Stellen ein blauer Spill vorhanden ist der sich das Blau in spiegelnden Eis-Flächen wieder-indet, wirkt dies einfach natürlicher als grünes Spill-icht.«

Produzent, Regisseur, Kameramann und Stereo-rapher waren schon in der Planungsphase überein ekommen, möglichst viel bereits am Set zu lösen, da-it die Kosten in der Postproduction nicht explodier-

en. »In den Vorbesprechungen war herausgekommen, ass die VFX-Arbeiten bei zwei Augen nicht unbedingt ur doppelt so hoch sein würden. Zudem hatten die ost-Häuser mit S3D noch nicht so viele Erfahrungen esammelt, sodass die erforderlichen Dienstleistun-

ARRIs On-Set-Trailer, in dem bereits am Set die digitalen Daten überprüft und verwaltet, in S3D farbkorrigiert und die Dailies bereits einen halben Tag nach dem Dreh angesehen werden konnten, wurde auch mit nach Malta transportiert. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

Page 10: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

WWW.PROFESSIONAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 10

Page 11: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

A

sf grdaȟ Rs

dvkzs

eSdvkiMSiGZ gsT MdAf

n

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

gen noch nicht so sicher kalkuliert werden konnten. Deshalb haben wir in der Vorbereitung so gut es ging darauf geachtet, keine Probleme zu riskieren, die spä-ter in der Post korrigiert werden müssten. Zwar hatten wir Kleinigkeiten wie etwa beim Steadycam-Rig am Anfang noch einen nicht so guten Spiegel wie später, aber es war allen klar, dass die Post nicht zur Repara-turwerkstatt für fehlerhafte Bilder werden sollte«, er-zählt Christian Rein. Zu korrigieren gab es z.B. auch unterschiedliche Reflexionen zwischen rechtem und linkem Auge, die besonders bei Schwenks entstehen – wenn in einem Auge die Reflexion bereits da ist, im anderen jedoch erst kurz darauf kommt, stört dies sehr.

11 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PRO

hdttilnsaS

V

BtdInsdtw

Bei den VFX wirkt sich der Unterschied zwischen S3D und 2D beträchtlich aus. Dominick Trimborn, Leiter der VFX-Abteilung bei ARRI Film & TV: »Es muss zuerst mal der Workflow an ein linkes und ein rechtes Auge angepasst werden. Zusätzlich benötigen alle Workstations einen zweiten S3D-fähigen Monitor. ußerdem müssen die Operatoren mit 3D-Brille den ganzen Tag mit der neuen Tiefenebene arbeiten, wel-ches einen großen Mehraufwand mit sich bringt.« Bei Arri Film & TV wird das Compositing in Nuke durch -geführt, die 3D-Arbeiten in Autodesk 3D Studio Max.

Anlässlich der Produktion von »Wickie« baute ARRI sogar im ehemaligen Studio B eine neue S3D-Suite. Diese entstand rund um Autodesk Lustre 2012, das mit passiven Polarisationsbrillen arbeitende 3D-System von RealD mit Z-Screen und den 32 000-ANSI-Lumen-Projektor XLM HD30 von Barco. Sie verfügt sowohl über eine weiße Leinwand für 2D als auch eine Silber-leinwand für S3D mit sechs Metern Breite. Der Clou ist, dass die weiße Leinwand innerhalb von zwei, drei Minuten hinter die silberne gefahren werden kann, da-mit in ein und der selben Suite alle Abnahmen (2D und 3D) für ein Projekt gemacht werden können.

Bei ARRI wurden zwischen 50 und 60 Shots bear-beitet, die ebenfalls in München beheimatete Scan -lineVFX machte ungefähr 200 Shots. In etwa geht die Unterteilung danach, dass Scanline alle Shots durch-führte, in welchen Wasser vorkommt, und den Eis -palast, in dem der Showdown stattfindet. »Wickie auf großer Fahrt« ist das erste Projekt, an dem ARRI und Scanline sehr eng gemeinsam gearbeitet haben. Es gibt sogar Shots, bei denen Teile von ARRI, andere von ScanlineVFX stammen. »Das Projekt lief sehr harmo-nisch und ohne Konkurrenzgefühl. Ich glaube, dass es in Zukunft gar nicht mehr anders gehen wird, dass die VFX-Häuser hierzulande wie in den USA oder in Eng-land zusammenarbeiten«, meint Dominick Trimborn.

ScanlineVFX hatte bereits bei »Wickie und die starken Männer« den größten Teil der VFX-Shots bear-beitet. Das Haus ist weltweit für seine Expertise zum Thema »Wasser« bekannt, das mit der hauseigenen Software Flowline generiert wird. »Wir konnten auch auf das digitale Modell des Schiffes zurückgreifen, das wir bereits für den ersten Wickie-Film gebaut hatten. Natürlich wurden bestimmte Teile in den Details verfei-nert, weil sie im Bild sehr nahe zu sehen sind«, erzählt Ismat Zaidi, Geschäftsführerin von ScanlineVFX. Scan-line baute so alle Shots mit dem Schiff im Wasser, setzte Segel am Schiff, ließ es auch im Sturm fahren, und stellte Full-CG-Abenteuer-Sequenzen wie die Schlucht des Odin her.

Die von ARRI vorbereiteten und bereits gegradeten Plates gingen zu Scanline, wo man die VFX-Shots ein-baute. Gearbeitet wurde auch hier in Autodesk 3D Studio Max, mit dem Hydro-Fluid-Dynamic-System Flowline bei Wasser, und mit Nuke im Compositing. Im Haupthaus auf dem Gelände der Bavaria Filmstudios in München steht im Keller eine große Renderfarm, die besonders beim Rendern der Stereo-Bilder für Ge-

DUCTION.DE

chwindigkeit sorgte. Diese steht permanent zur Ver -ügung und wird parallel auch für andere Projekte enutzt. Gerade bei den aufwendigen Wasser-Rende-ings wurden zum Test manchmal nur ein, zwei Sekun-en von einem Auge gerendert. Wenn das Material gut ussah, wurde das Stereo-Rendering abgeschickt. Um den Shot wirklich beurteilen zu können und zu berprüfen, ob er tatsächlich so wird, wie es der egisseur möchte, muss man ihn eben in S3D an-chauen«, meint Zaidi.

Aufwendiger gegenüber 2D war natürlich auch, ass bereits für den Schneideraum Stereoversionen on den VFX-Shots angeliefert werden mussten. Dort onnte man am Avid Media Composer sehen, wie sie u den Real-Szenen passten, ob es keine Sprünge zwi-chen den davor und danach liegenden Szenen gab.

Was rät Ismat Zaidi Produktionen, die planen, inen Film in S3D zu produzieren, bezüglich der chnittstelle zur VFX? »Noch viel wichtiger als in 2D ist as akribische Mitschreiben bzw. Speichern der Daten on Kamera und Optik sowie der Entfernungen. Bei 2D ann man zur Not noch ein bisschen mogeln, bei S3D

st man ohne die Metadaten jedoch ziemlich verloren. an sollte auch gemeinsam planen, weil Retuschen in tereo sehr viel aufwendiger sind. Davon abgesehen

st der eigentliche Arbeitsablauf der VFX in Stereo im roßen und Ganzen der selbe.« Zumindest beinahe: uerst musste ein Shot Regisseur Christian Ditter efallen, zweitens musste er technisch einwandfrei ein, drittens sah nun Florian Maier noch bezüglich der iefengestaltung darauf und viertens musste das aterial vom Farbraum her passen. »So wurden

urchaus große Datenmengen hin und her geschoben. uf einem 170 TB großen Server lagen fast nur Daten

ür Wickie«.Prävisualisierungen wurden während der Pla-

ungsphase eher seltener gemacht. Christian Ditter er-ielt während des Schnitts immer wieder Layouts, in enen er u.a. die Stellung der Kamera anpassen konn-e. »Allgemein ist es bei S3D-Produktionen sehr wich-ig, die VFX-Shots sehr früh durchzubesprechen, da es mmer wieder vorkommt, dass eine Kamera-Einstel-ung in 2D ganz toll aussieht, in S3D aber irgend etwas icht ganz richtig zu sein scheint. Da war es bei Wickie chon sehr angenehm, mit Christian Ditter und Christi-n Rein Partner zu haben, die wissen, worum es bei 3D geht«, so Ismat Zaidi.

FX-Fallen in S3D

ei ARRI entstand u.a. die Burg des Bösen Sven prak-isch komplett im Rechner, die Burg in Burghausen iente nur innen und vor dem Tor an der Brücke und im

nnenhof als Kulisse. Für die Außenansichten wurden icht einmal Plates gedreht. Ursprünglich sollten Was-erplates mit einer Küstenlinie zu ARRI geliefert wer-en, um die Burg darauf zu setzen. Da jedoch auf Mal-a das Wetter schlecht und der Seegang hoch gewesen ar, kamen die Wasserplates dann von ScanlineVFX.

Die Wand im Verließ, an der Wickies starke Männer eine Räuberleiter bilden, wurde um 30° geneigt ge-baut, der Rest kam von ARRI VFX

Page 12: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

wdd

ndwedSMvdntaddbd Te lH

dmbtSw

dmns esaozdLe

PRODUKTIONSBERICHT | WICKIE AUF GROSSER FAHRT

Eine andere Einstellung betrifft eine Wand im Ver-ließ, an der die starken Männer eine Räuberleiter bil-den, damit Wickie bis zu einem Fenster hochklettern kann. Die Wand wurde um 30 Grad geneigt gebaut, so-dass die Schauspieler mit dem Rücken darauf liegen konnten. Der Rest des Verließes kam von ARRI VFX, wo einige abenteuerliche Kamerafahrten durchgeführt wurden. »Dabei die Wand richtig im S3D-Raum zu ver-längern, war ziemlich aufwendig, da man sehr schnell merkt, wenn eine Ebene in S3D nicht ganz auf der Wand sitzt,« meint Dominick Trimborn. »Es ist kein Problem mehr, ein hyperrealistisches 3D-Objekt aus dem Rechner entstehen zu lassen und davon ein zwei-tes Auge zu generieren. Die Herausforderung im S3D-Compositing ist, die real gedrehten Objekte im S3D-Raum nahtlos ohne Tiefenversatz an das aus dem Computer geschaffene Objekt anzupassen. Das 3D-Tracking muss sehr genau sein, was durch die zu-sätzlichen Stereo-Parameter nicht so einfach ist«, so Trimborn.

Die beim 3D-Tracking entstehende Punktewolke definiert zwar, wo z.B. die Wand im Verließ steht. Die Toleranzen im Tracking reichen jedoch schon aus, dass man dass Gefühl bekommt, dass die im 3D-Rechner erzeugte Ebene nicht dort sitzt, wo sie sitzen sollte. Man verzerrt dann die im S3D-Compositing gerechne-te Ebene in Handarbeit je nach Bedarf, verschiebt also den Augenabstand. »Das Problem ist, dass man die Wirkung auf einem 42"-Monitor nicht so sieht wie auf der großen Leinwand. Deshalb haben wir die Arbeit immer wieder auch auf der Leinwand überprüft. Wir mussten unsere Augen für das S3D-Sehen erst einmal trainieren.« Für ein gutes 3D-Tracking benötigt die VFX-Abteilung nicht nur sämtliche Kamera-Parameter, die bereits bei einem herkömmlichen 2D-Film akribisch gesammelt werden mussten, sondern auch die stereo-skopischen, wie den Augenabstand und in welchem Winkel die Kameras zueinander standen. Bei den Ste-reotec-Rigs wurden die Daten über das Data Capture System DCS-2 von ARRI dokumentiert, das ursprüng-lich für den zweiten Teil von »Narnia« bei ARRI Rental entwickelt worden war. Es ist an das Lens Data System von ARRI gekoppelt und zeichnet die Kamera-Daten für jeden Frame auf. Das ist besonders bei Fahrten sehr

ichtig, da sich dort alle Parameter dynamisch verän-ern können. Im On-Set-Lab wurden diese Metadaten ann zusammen mit dem Bildmaterial archiviert.

Selbst Standards wie ein Wire-Removal funktio-ieren nicht mehr so einfach wie in 2D. Alles hinter em Seil muss im 3D-Raum tiefenrichtig nachgebaut erden, damit das Seil später aus der richtigen Tiefen-bene übermalt werden kann. Dies ist bei einer gera-en Wand noch einfach, sobald sich aber hinter dem eil viele Tiefenebenen befinden, wird es kompliziert. an kann sich vorstellen, dass das z.B. auf dem Schiff

on Wickie mit den vielen Takelagen und Gegenstän-en sehr viel Arbeit war. »Ein ungeübtes Auge bemerkt ur, dass etwas nicht stimmt. Bei genauerer Betrach-ung sieht es allerdings aus, als wölbte sich da etwas us der Wand heraus oder in sie hinein.« In Zukunft ürfte wohl auch mehr und mehr Software entstehen, ie hier hilfreich sein kann und die S3D-Bearbeitung illiger machen wird. Für Nuke gibt es z.B. Ocular, das urch den Vergleich von linkem und rechtem Auge iefenmasken erstellt. »Dies hilft zwar, aber die daraus ntstehenden Tiefenmasken (Disparity-Maps) sind

eider noch nicht genau genug und so muss noch viel andarbeit eingeplant werden.«

Bei einem digitalen Mattepainting werden in 2D ie Fotos im Raum wie Karten gestaffelt. So bekommt an bei Kamerafahrten ein Gefühl von 3D-Verschie-

ung. »In S3D bemerkt man sofort, dass die Fotos plat-e Karten sind. Bei einem digitalen Mattepainting in 3D müssen die meisten Objekte 3D gebaut werden, as die Kosten in die Höhe treibt.«

Mit real gedrehten Teilen gibt es in der Postpro-uction allerdings ein weiteres Problem: In 2D konnte an eine real gedrehte Plate wie z.B. von einer bren-

enden Fackel vollbildfüllend drehen, je nach Bedarf kalieren und im Bild platzieren. In S3D muss sie inerseits stereoskopisch gedreht werden, anderer-eits in der Größe bzw. Entfernung, in der sie später bgebildet wird. Man kann also keinen Rauchlayer der einen Feuerlayer drehen und an zehn oder zwan-ig verschiedenen Stellen einsetzen. »Wenn man je-och die verschiedenen Feuer-, Rauch- oder Nebel-ayer für jeden Shot extra drehen muss, dann ist es infacher, wenn man sie gleich im Rechner produ-

Die Burg des Schreckilchen Sven wurde von ARRI VFX komplett digital erstellt, die Wasser-Plates kamen von ScanlineVFX. Trotz der digitalen Generierung konnte der S3D-Effekt nicht beliebig durch den Abstand der virtuellen Kameras variiert werden, ohne die Burg wie eine Miniatur-Aufnahme aussehen zu lassen.

WWW.PROFESSIONAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 12

Page 13: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

T

ddhTskl

SldtRe g bV M eimn2sd

aSS2f

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

ziert.« Man kann zudem in der Praxis nicht beliebig Dinge nach vorne oder hinten ziehen: »Wenn man den Augenabstand zu stark auseinander zieht, um bei o talen eine größere Tiefenwirkung zu bekommen, bekommt man sehr schnell das Gefühl, eine Miniatur anzusehen.« Selbst bei der 3D-Burg, die komplett im Computer und inklusive der Texturierung maßstabs -getreu gebaut wurde, musste man auf diesen Effekt aufpassen. Auch nicht maßstabsgetreue Texturen las-sen in S3D ein Objekt schneller als in 2D wie ein Modell aussehen.

In erster Linie sollte der Film auf Kinogröße gebaut werden. Deshalb wurde ein Depth-Grading für die Kino-Leinwand gemacht, und in einer zweiten Version für die Verwertung auf Blu-Ray 3D der abgebildete Raum ein wenig mehr nach hinten verschoben, um

13 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PR

kTvsieS FmmkbBs

nnmlGntsi

abB

praktisch einen Guck-Kasten von etwa eineinhalb Metern Diagonale zu bekommen. »Wir haben Florian Maier während des Depth Gradings auch VFX-Shots gezeigt, und er hat uns dann z.B. Hinweise gegeben, wie man die Tiefenwirkung durch einfache Verände-rungen im Bild noch verstärken kann. Er hat ein extrem geschultes Auge in Richtung S3D und sieht sofort, wenn z.B. irgendwo ein Layer nicht ganz richtig sitzt. Es hilft eben schon sehr, wenn ein erfahrener Stereo-grapher mit im Boot ist«, meint Dominick Trimborn.

Ton

Tonmeister am Set war Manfred Banach, (»Krabat«, »Anonyma«, »Anonymous): »Für mich ist es ein klassi-scher Fall für einen Kinofilm, der von der Ton-Nach -bearbeitung genauso lebt wie von der Bildnachbear-beitung.« Er schätzt, dass etwa 20% bis 30% Dialogsequenzen sind, der Rest komplett vom Sound-design stammt. Weil die Gefahr bestand, dass Wickie-Darsteller Jonas Hämmerle in den Stimmbruch kom-men könnte, wurden viele Nur- und Synchrontöne aufgenommen, was sich im Nachhinein als eine weise Entscheidung erwies. Auch wenn bei Effekt-Shots z.B. der Lärm der Wellenmaschinen auf Malta alles über-tönte, wurden im Schneideraum im Hotel Nachspre-cher aufgenommen bzw. bereits dort manche Syn-chronaufnahmen gemacht. »So hatte man zum Bild einen Ton, der im O-Ton fast nur Lärm gewesen wäre. In den Wasserstudios in Malta herrscht ja akustisch das reinste Chaos. Wenn die Wellen, die über das Boot gehen und auch der Wind gemacht werden, kann man sich nur noch schreiend verständigen«. Auch im Studio in der Bavaria, wo der Eispalast aus Kunstfaser und Styropor gebaut war, gab es praktisch keine Chancen für natürliche Stereo-Atmos.

Für Manfred Banach wies der S3D-Dreh gegen-über einem 2D-Dreh hauptsächlich den Unterschied auf, dass hier durchgehend eher weitwinkelig gedreht wurde, also außer der Klappe wenig geangelt werden konnte, wie Banach sagt. »Auch wegen der längeren Shots mit Kamerafahrten hat man hier mit einer Angel meistens nichts zu suchen. Bei einem Kinofilm wie diesem muss man einfach versuchen, so viel Sprach-verständlichkeit wie nur möglich zu holen.«

Banach verwendete hauptsächlich Funkstrecken mit Audio Ltd. 2040, als Sender die miniTx, sowie Lavaliermikrofone von DPA, Sanken und Countryman als Anstecker. Über ein Sonosax SX-ST8D Mischpult mit eingebautem Backup-Recorder ging es achtkana-lig in eine Nagra VI. Die Kameras und der Ton waren per Ambient Lockit synchronisiert – »weil das das Ein-zige ist, was einigermaßen funktioniert«, sodass die Töne schon im Schneideraum im Hotel automatisch angelegt werden konnten.

Das Sounddesign wurde von Heiko Müller, Christi-an Rebay und Mario Hubert in den Wavefront Studios in München durchgeführt. Heiko Müller schätzt, dass zwischen 70 und 80 Prozent nachsynchronisiert wer-

ODUCTION.DE

en musste. »Viele Szenen, die im Studio gedreht wur-en, spielen eigentlich außen. Da hat man dann Nach-all, aber im Freien gibt es den nicht.« So wurde der on praktisch in der Postproduction von Grund auf zu-ammengebaut. Da die VFX-Shots sukzessive herein-amen, musste das Sounddesign streckenweise paral-

el zur Mischung gemacht werden.Spürt man da den Unterschied zwischen 2D- und

3D-Produktion? »Sehr stark sogar«, meint Heiko Mül-er. Schon zwischen den beiden Constantin-S3D-Pro-uktionen »Konferenz der Tiere«, die als reine Anima -ion natürlich andere Anforderungen stellte als ein ealfilm, und »Die drei Musketiere«, der zwar ebenfalls xtrem viele VFX-Anteile hat, aber größtenteils real edreht wurde, konnte Müller einige Unterschiede emerken. »Beim Animationsfilm läuft zumindest die ertonung bei 2D und S3D sehr ähnlich. In der ischung kann man aber u.a. Perspektiven etwas

xtremer fahren. Beispielsweise kann man Leute, die m Bild etwas weiter weg stehen, auch leiser ab -

ischen als man es für 2D tun würde und sie trotzdem och gut verstehen. Betrachtet man das Bild jedoch in D, kann die Sprachverständlichkeit bereits zu gering ein.« Bei S3D scheint es also nicht nur optische, son-ern auch psychoakustische Effekte zu geben.

»Es gibt zwar keine elementaren Unterschiede, ber auch bei Wickie haben wir gesehen, dass man in 3D auf jeden Fall präziser arbeiten muss.« Auch die ynchronarbeit muss präziser erfolgen: »Was man in D noch verschmerzt, kann in S3D schon richtig auf-allen, wenn es nicht ganz lippensynchron ist.« So ommt es durchaus vor, dass man nachträglich den ext der Schauspieler etwas ändert, um einen Gag zu erstärken oder etwas klarer zu machen. »Das ver-pielt sich oft in 2D und sieht noch synchron aus, aber n S3D funktioniert es nicht. Auch bei Geräuschen fällt s stärker ins Gewicht, wenn sie nicht exakt kommen.« o sind auch die Geräuschemacher (in diesem Fall oley-Artist Roland Platz) stärker gefordert, ebenso üssen Atmos genauer passen. »Es ist gar nicht ein-al so der Effekt, dass Dinge aus der Leinwand heraus

ommen. Man muss die Tiefe des Bildes ganz anders edienen. Wenn in S3D irgendwo im Hintergrund des ildes ein Eimer umstürzt, fällt das sofort auf, man chaut einfach eher hin.«

Deswegen wurde bei Wickie selbst in der Verto-ung in den Wavefront Studios gegen Ende praktisch ur mehr in S3D geschaut, um die Bestandteile vorzu-ischen und zu kontrollieren, ob auch akustisch wirk-

ich alles da ist, was man sieht. »Das birgt natürlich die efahr, dass man Dingen, die für die Handlung gar icht so wichtig sind, plötzlich eine zu große Bedeu-ung verschafft. »Wir haben deshalb manchmal auch chon entschieden, ein Geräusch nicht auf einen Bild-nhalt zu legen«, erzählt Heiko Müller.

»Im Grunde war der Ton ja immer schon in 3D, ber bei 2D reizt man die Surround-Möglichkeiten nur ei wenigen Effekten aus, weil sie sonst zu sehr vom ild ablenken. Bei S3D kann man sich wegen der Tiefe

Regisseur Christian Ditter mit Svenja-Darstellerin Valeria Eisenbart © Marco Nagel

Page 14: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

PRODUKTIONSBERICHT | WICKIE AUF GROSSER FAHRT

»anmnBwg–ktggk

ssamuAMg

S

ȟ

der Bilder auch in Surround mehr erlauben.« Bei »Kon-ferenz der Tiere« hat Heiko Müller einen weiteren inte-ressanten Effekt bemerkt: In der Steppe Afrikas gab es im Bild zeitweise keine Vögel, keine Sträucher, keinen Wind. Man konnte in den Atmos kaum vorhandene Dinge vertonen. »Ich ließ dann in der Ferne rein fiktiv schon mal einen Elefanten trompeten oder Affen krei-schen. In 2D war das schnell fast zu viel, weil man sich fragte, wieso man da etwas hört, ohne es zu sehen. In S3D bekam das Bild aber dann eine Tiefe bis zum Hori-zont – da war es ganz logisch, dass sich in der ewig weiten Savanne irgendwo noch Tiere befanden. Das gehört zu den Effekten, die man kaum mit Regeln be-gründen kann, die aber gefühlsmäßig dann einfach passen.« Panorama-Pannings müssen in S3D eben-falls präziser als in 2D zum Bild abgestimmt sein, wes-halb bei Wavefront selbst in diesem Punkt schon eini-ges vorbereitet wurde.

Müller bedauert, dass im Surround-System 5.1 keine Höhenortung möglich ist. »Es gibt in vielen Fil-men wie auch bei ›Wickie‹ eine Reihe von Dingen im Bild, die man nach oben weiterführen müsste, was aber wegen der endlichen Leinwand nicht möglich ist. Im Ton ginge dies aber gut, wenn die Systeme auch Höhenkanäle hätten – z.B. bei Sturmsequenzen mit Gewitter. Oder man könnte jemanden vom Ausguck herunter rufen lassen.« Eigentlich kennt man beim Bild ja auch nicht erst seit S3D einen Parameter namens

Höhe«. Hängt beim 2D-Kinofilm schon viel vom Ton b, so wird dies in S3D also eher noch mehr denn we-iger. Umso problematischer hält es Heiko Müller, dass anche Produktionen in der Branche – ausdrücklich

icht diese hier – wegen des höheren Aufwandes beim ild den Rotstift beim Ton anzusetzen versuchen. »Da ird gerne vergessen, dass ein Film meist erst dann laubhaft und authentisch wird, wenn der Ton stimmt und das gilt insbesondere für VFX-Sequenzen. Es ommt ‚Wickie’ extrem zugute, dass der Ton für Chris-ian Ditter sehr wichtig ist. Er hat sehr klare Vorstellun-en davon, was er über die Musik erzählen will, wo er anz auf Sound-Effekte verzichten möchte, oder wo er omplett auf Sounddesign setzt und keine Musik will.«

In den Wavefront Studios wird mittlerweile aus-chließlich auf Avid Pro Tools gearbeitet. In der Mi-chung, die bei ARRI stattfand, wurde alles ebenfalls us Pro Tools abgefahren und am Harrison-Pult abge-ischt. Dort betreute Tschangis Chahrokh die Dialog-

nd Foley-Vormischung, Michael Hinrainer machte die tmo- und Soundeffekt-Vormischung. In der finalen ischung arbeiteten zeitweise sogar bis zu drei Mann

leichzeitig am Pult.

chlussfolgerungen

Als der Dreh für Wickie begann, war natürlich hier wie berall auf der Welt bei S3D-Produktionen die Anspan-

WWW.PROFESSIO

nung spürbar. Sobald aber das Bildmaterial der ersten Drehtage vorhanden und gut war, konnte man die Er-leichterung im ganzen Team spüren«, meint Florian Maier. Für ihn ist ein S3D-Film übrigens dann gut, »wenn man nicht andauernd darauf gestoßen wird, in einem S3D-Film zu sitzen, sondern das Gefühl hat, Räume zu spüren, Stimmungen, wie die Charaktere zueinander stehen. Dann hilft mir S3D, die Geschichte zu tragen. Ein S3D-Film wird allerdings nur dann er-folgreich sein, wenn man gutes S3D mit einer guten Geschichte verbindet.«

Um herauszufinden, wie das Publikum auf das S3D-Material reagieren würde, führte Rat Pack mit dem Constantin Film Verleih sehr bald Test-Screenings mit verschiedenstem Publikum durch. »Die Rückmel-dungen waren unglaublich begeistert, niemand hat über Kopfschmerzen, Übelkeit oder andere Probleme geklagt, von denen man bei manchen Produktionen gehört hat«, erzählt Christian Becker: »Wir alle waren mit der Alexa, und besonders mit ihrer Bildqualität sehr zufrieden. Nachträglich hätten wir natürlich gerne schon mit der Alexa M mit dem abgesetzten Kamera-kopf auf den Rigs gearbeitet. Besonders auf dem Stea-dycam-Rig, wo Markus Eckert zwischen 40 und 50 kg am Kreuz hatte.«

Was rechnet er ungefähr, dass die S3D-Produktion von Wickie mehr als in 2D kosten wird? »Es gibt zwar eine Faustregel, die besagt, dass die Kosten etwa 15%

NAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 14

Page 15: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

W

szFrdigbRl

WICKIE AUF GROSSER FAHRT | PRODUKTIONSBERICHT

bis 20% höher lägen. Da wir es u.a. geschafft haben, die Auflösungen umzustellen, kostet uns der neue ickie so viel wie der alte. Ich nehme an, dass wir oh-ne S3D nicht so aufwendige und wertvolle Planse-quenzen gemacht und an manchen Stellen schneller geschnitten hätten. Aber das Tolle ist, dass der Film so-wohl in S3D als auch in 2D perfekt funktioniert.« So kann er sowohl bei den Fernsehsendern laufen, die in nächster Zeit noch nicht über einen S3D-Ableger ver-fügen, als auch auf BluRay 3D auf den Markt kommen.

15 08-09 | 11 WWW.PROFESSIONAL-PR

W

nEmS

Auch hier hat der Film eine Vorreiterrolle: »Wir sind weltweit die Ersten, die das gesamte Bonus-Material in S3D produziert haben.«

Eigentlich logisch. Wie das bisher übliche Vor -gehen auch ein Armutszeugnis für die Branche ist: da kauft sich der Kunde schon eine S3D-Ausrüstung, um dann einen Teil seiner Blu Ray 3D wieder im Flachbild anschauen zu müssen. Kameramann Benjamin Klumpp, der für praktisch alle großen Filmproduktio-nen von Rat Pack das Making-Of gemacht hatte, dreh-te dafür diesmal mit der Panasonic AG-3DA1.

Zum Aufwand meint DoP Christian Rein: »Bei ickie habe ich gelernt, dass das Produktionsvolumen einer S3D-Produktion das einer 2D-Produktion über-

ODUCTION.DE

eda

n2wvcgtaww

teigt. Ich habe das bereits bemerkt, als ich mein Team usammen gestellt habe. Da wurde der erste Wickie-ilm immer zum Vergleich herangezogen. Sehr hilf-eich war, dass Herstellungsleiter Bernhard Thür schon en Mehraufwand kannte, der bei S3D entsteht. Wenn

ch davor einen Film mit klassischer A- und B-Kamera emacht hatte, waren wir im Kamera-Department sie-en Leute. Bei diesem Film, der ja praktisch ein zwei-ig-Dreh war, waren in der Kamera- und Stereo-Abtei-

ung letztendlich vierzehn Leute besetzt. Ich glaube icht, dass man einen S3D-Kinofilm für eine Million uro machen kann, auch wenn manche davon träu-en. Man kann dem Publikum nicht irgendeinen chrott vorsetzen, sonst werden sie S3D nicht mehr rnst nehmen. Wenn S3D nicht nur eine Zirkusnummer arstellen soll, muss man mit einem hohen Qualitäts-nspruch herangehen.

Nun macht man bei einem S3D-Film einige Dinge icht, die in 2D recht effektvoll sind. Leidet da eine D-Version nicht darunter? Christian Rein: »Für mich ar das Wichtigste, dass der Film aus dem Blickwinkel

on S3D gut wird. Wir haben natürlich darüber gespro-hen und auch darauf geachtet, dass er in 2D ebenfalls ut aussieht, aber das hatte hier eindeutig die B-Priori-ät.« Regisseur Christian Ditter meint, dass der Film uch in 2D sehr gut funktioniert, wohl auch, weil er esentlich schneller geschnitten ist, als alle das er-artet haben. Eigentlich sollte ja bei S3D das Bild län-

DDRD .PEACKHPCK3OPDAMKSTMMPVS .VG . .DV((SmmM

rehzeit 30.08. – 05.12.2010......................................................rehorte München, Walchensee, Burghausen, Malta......................egie Christian Ditter....................................................................rehbuch Christian Ditter.............................................................

(basierend auf den Figuren von Runer Jonsson)...........................roduzent Christian Becker...........................................................xecutive Producer Martin Moszkowicz .........................................usführende Produzentin Lena Schömann.....................................o-Produzenten Matthias Triebel, Franz Kraus, Antonio Exacoustos.aufmänn. Leitung Kristina Strohm...............................................erstellungsleitung Bernhard Thür, Oliver Nommsen.......................roduktionsleitung Uli Fauth..........................................................asting Daniela Tolkien.................................................................amera Christian Rein..................................................................D Stereographer Florian Maier....................................................berbeleuchter Wolfgang Dell .......................................................roduction Design Evi Stiebler.......................................................esign Wik. Dorf & Schiff Matthias Müsse.....................................rt Directors Christian Goldbeck, Uwe Stanik.................................aske Georg Korpás....................................................................ostüm Anke Winckler..................................................................chnitt Ueli Christen.....................................................................on Manfred Banach....................................................................ischung Tschangis Chahrokh, Michael Hinreiner..........................usik Ralf Wengenmayr, Nik Reich, Jaro Messerschmidt................ost Prod. Supervisors Axel Vogelmann, Dierk Beck von Rohland....isual Effects Scanline VFX & Arri VFX...........................................ounddesign Heiko Müller, Christian Rebay, Mario Hubert / .............

Wavefront Studios......................................................................erleih Constantin Film Verleih GmbH............................................efördert durch FFF FilmFernsehFonds Bayern, .............................

BBF Bayerischer Banken Fonds, FFA Filmförderungsanstalt, .........Deutscher Filmförderfonds DFFF, Malta Film Commission.............

arsteller Jonas Hämmerle (Wickie), Waldemar Kobus (Halvar), ......aleria Eisenbart (Svenja), Nic Romm (Tjure), Christian A. Koch Snorre), Olaf Krätke (Urobe), Mike Maas (Gorm), Patrick Reichel Ulme), Jörg Moukaddam (Faxe), Mercedes Jadea Diaz (Ylvi), Sanne chnapp (Ylva), Eva Padberg (Walküren-Anführerin), Ella-Maria Goll-er (Walküren-Assistentin), Hoang Dang Vu (Yogi), Günther Kauf-ann (Schrecklicher Sven), Christoph Maria Herbst (Pokka), Antoine onot, Jr. (Ritter 1), Christian Ulmen (Ritter 2) u.v.a.

Von ScanlineVFX wurden u.a. die VFX für die Was-serszenen, Full-CG-Abenteuer-Sequenzen sowie Set-Extensions für den Eispalast generiert.

Page 16: Großes S3D-Abenteuer - Professional Production · 3 08-09 | 11  S3D-Spielfilm drehten. Wir haben uns sehr lange mit S3D beschäftigt und Kameramann Christian Rein und

kgddhglmddnsDdDswem

sdwlza

»

PRODUKTIONSBERICHT | WICKIE AUF GROSSER FAHRT

ger stehen, damit das Gehirn Zeit für den S3D-Effekt hat. Christian Rein: »Bei den Tests sind wir darauf ge-kommen, dass es sich dabei ähnlich wie bei der durchgehenden Schärfe verhält. Je enger die Einstel-lungsgröße wird, desto kürzer kann man das Bild ste-hen lassen – es gibt einfach weniger zu sehen. Ein Portrait ist eben sehr schnell erfasst, weil jedes Gehirn ein Gesicht sofort lesen kann. Bei einer Totalen sind die Informationen so vielschichtig und umfangreich, dass man da natürlich länger braucht«.

Kameramänner beschäftigte in den letzten Jahren die Tendenz, dass im Laufe des Produktionsprozesses immer mehr an den Farben geschraubt wurde, die sie konzipiert hatten. Nun kommt jemand dazu, der be-züglich S3D noch etwas sagen kann und mehr oder minder auch tut. Gibt das mehr Stress?

»Ich hatte mich auf diesen S3D-Film ganz intensiv vorbereitet und wusste, was auf mich zukommt. Es war mir sehr wichtig, das beste S3D-Bild zu haben und Florian Maier durch die Kadragen eine gute Tiefen -gestaltung zu ermöglichen. Aber zuerst muss einmal eine Geschichte bedient werden. Dem muss sich alles unterordnen. Ich mochte die Zusammenarbeit mit Florian sehr gerne. Er hat für seine Sache gekämpft, was gut war, aber er hat auch ganz klar gesehen, wenn die Geschichte einfach einen bestimmten Schuss be-nötigte. Zudem hatte ich durchaus eine Vorstellung, welche Brennweiten ich brauchte und wie die Bilder

omponiert sein mussten. Ein kanadischer Stereo -rapher hat einmal gesagt: ›It’s all about the lens.‹ Und as stimmt einfach. S3D liegt eben hauptsächlich in er Linse, nicht an irgendwelchen mysteriösen Ge-eimformeln. Es ist eine ganz normale visuelle Angele-enheit. Die Brennweite und der Bildaufbau ermög -

ichen einem guten Stereographer, ein schönes S3D zu achen. Der beste Stereographer kann nicht viel aus

em Bild herausholen, wenn sich Regie und Kamera afür entscheiden, etwas mit einem 200er Tele aufzu-ehmen. Darüber muss man sich als Kameramann chon vor dem Dreh im Klaren sein. Wenn ich ein rehbuch lese, und sage bei einer Komödie zu, dann arf ich am Set auch keinen Thriller daraus machen. a muss ich mich als Kameramann unterordnen. Wie ich Florian Maier als Stereograph auch unterordnet, enn eine Einstellung nicht anders drehbar ist. So war s eine tolle Zusammenarbeit, die wirklich Spaß ge-acht hat.«

Christian Ditter: »Ich hatte eine sehr konkrete Vor-tellung davon, wie der Film aussehen soll und habe as einfach aufgeschrieben. Das Spannende war nur, ie erzielt man diese Bilder? Denn nicht die Vorstel-

ung war das Problem, sondern die spätere Umset-ung. Das hat aber alles viel besser funktioniert, als nfangs befürchtet.«

Christian Rein erzählt dazu eine nette Anekdote: Ich kam nach zwei Wochen zu ARRI. Nach der ersten

WWW.PROFESSIO

Woche lief der Dreh ja schon sehr gut. Alle Leute sahen mich mit einer Miene an, als sei meine Oma gestorben, und fragten, wie es denn so liefe. Als ich ihnen sagte, dass wir gut im Plan lägen, alles okay sei, war das Erstaunen in den Gesichtern groß. Die waren fast ent-täuscht, keine Desaster-Nachrichten zu hören. Es war eben trotz der Größe des Projektes ganz und gar keine Extrem-Situation – eben nicht Film als Nahtod- Erfahrung.« W PP

Valeria Eisenbart und Christian Ditter sehen Jonas Hämmerle zu, wie er scheinbar sinnloserweise über den Abgrund zum Eispalast balanciert. Dieser wurde im Studio 12 der Bavaria aufgebaut. Oder zumindest jene Teile, die nicht aus dem Rechner stammen. © Marco Nagel / Rat Pack / Constantin

NAL-PRODUCTION.DE 08-09 | 11 16