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Grundlagen der Pneumologie Eine Einführung für Ärzte in Ausbildung

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Grundlagen der Pneumologie

Eine Einführung für Ärzte in Ausbildung

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„Grundlagen der Pneumologie – eine Einführung für Ärzte in Ausbildung“

Eine Publikation der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie

Stand: 14. 1. 2015

Autoren:

Dr. Sherwin Asadi

Prim. Prof. Dr. Otto-Chris Burghuber

Dr. Andreas Fazekas

Dr. Irene Firlinger

OA Doz. Dr. Georg-Christian Funk

Dr. Alexander Lorenzo Hartmann

OA Dr. Hubert Koller

Dr. Sevime Loga

Dr. Gernot Rainer

OA Dr. Rudolf Rumetshofer

Dr. Matthias Urban

OA Doz. Dr. Arschang Valipour

Fr. Barbara Weinhofer

OA PD Dr. Angela Zacharasiewicz

Lektoren:

Prim. Dr. Josef Bolitschek

Prim. Prof. Dr. Otto-Chris Burghuber

Dr. Peter Hesse

Prim. Doz. Dr. Bernd Lamprecht

Prim. Prof. Dr. Peter Schenk MSc

Dr. Otmar Schindler

Dr. Heinrich Stolz

Dr. Jasmin Maria Zwittag

Koordination:

Dr. Andreas Fazekas

1. Interne Pneumologie mit Intensivmedizin

Otto Wagner Spital

Baumgartner Höhe 1

1140 Wien Rückmeldungen zum Skriptum bitte an: [email protected]

Eine Haftung seitens der Autorenschaft oder des Herausgebers ist ausgeschlossen.

Die Therapieverantwortung obliegt dem behandelnden Arzt.

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INHALT

GRUNDLAGEN (S.5)

Physiologie

Anatomie

Thoraxröntgen - Normalbefund

Status & Anamnese

Vorstellen von Patienten bei Übergaben

Klassische Befundkonstellationen SYMPTOME (S.13)

Thoraxschmerz

Dyspnoe

Husten

Hämoptysen / Hämoptoe

UNTERSUCHUNGSTECHNIKEN (S.16)

Blutgasanalyse

Lungenfunktion

Bronchoskopie

ERKRANKUNGEN (S.26)

Asthma

COPD & Exazerbation

Pulmonalembolie (PE)

Pneumothorax

Pneumonie

Empyem

Pleuraerguss

Interstitielle Lungenerkrankungen (Sarkoidose & IPF)

Tuberkulose

Bronchialkarzinom

Cystische Fibrose

THERAPIEFORMEN (S. 56)

Inhalative Therapien

Beatmung

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Vorwort Vorliegendes Skriptum basiert auf der Vorbereitung der Turnusärzte auf die ersten

Nachtdienste an der 1. Pneumologischen Abteilung des Otto Wagner Spitals und der damit

verbundenen „Diensttauglichkeitsprüfung“ bei Prof. Burghuber.

Das Skriptum soll nun in einer allgemein adaptierten Form den Studenten im klinisch-

praktischen Jahr und Ärzten in Ausbildung an pneumologischen Abteilungen das

theoretische Rüstzeug vermitteln, um sich leichter auf das Lernen in der Praxis konzentrieren

zu können.

Das Skriptum wurde unter Kenntnis des Österreichischen Kompetenzkatalogs für ärztliche

Tätigkeiten revidiert.

Allen beteiligten Autoren und Korrekturlesern, insbesonders Dr. Jasmin Zwittag, Doz. Bernd

Lamprecht und Dr. Otmar Schindler, sei hiermit verbindlichster Dank ausgesprochen!

Prim. Prof. Dr. Michael Studnicka Dr. Andreas Fazekas

Präsident der ÖGP Vertreter der Ärzte in Ausbildung

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GRUNDLAGEN

A Fazekas 10/2014

Physiologie

Wozu atmen?

Der Körper benötigt Energie zum Aufrechterhalten lebenswichtiger Prozesse, wie z.B.

Muskel- und Nervenaktivität und Metabolismus. Unter aeroben Bedingungen wird diese

Energie fast ausschließlich aus der Oxydation von Zucker gewonnen.

Zucker + Sauerstoff → Wasser + Kohlendioxid + Energie

C6H12O6 + 6(O2) → 6(H20) + 6(CO2) [+ 36-38xATP]

ATP = Adenosintriphosphat als Energieträger

Diese Reaktion findet in den Mitochondrien der Körperzellen statt und entspricht im Prinzip

einem Spiegelbild der Photosynthese. Sauerstoff (O2) muss aus der Umgebung

aufgenommen werden und das anfallende Kohlendioxid (CO2) wieder abgeatmet werden.

Der Transport der Komponenten erfolgt über das Blut. Die Hauptaufgabe der Lunge besteht

nun in der Oxygenierung und Decarboxylierung des Blutes. Damit die Lunge dieser Funktion

gerecht wird, bedarf es weiterer Komponenten, die in ihrer Gesamtheit das Atmungssystem

ausmachen.

Die Koordination der Atmung erfolgt über das Atemzentrum in der Medulla oblongata. Das

Atemzentrum erhält eine Reihe neuronaler Afferenzen, der wichtigste Atemstimulus ist ein

erhöhter arterieller pCO2, der über Chemorezeptoren in der Aorta und den Carotiden

gemessen wird.

Über den N. phrenicus wird das Zwerchfell als wichtigster Atemmuskel innerviert. Die beiden

Pleurablätter halten mittels des zwischen ihnen herrschenden Kapillareffektes die Lunge in

Position und vermitteln die Exkursion des Zwerchfells und des Thorax als Halteapparat.

Schließlich muss die Durchblutung der Lunge durch ein ausreichendes Herzzeitvolumen

sowie patente Lungengefäße gewährleistet sein. Ein ausreichender Hämoglobingehalt ist von

Nöten, damit die O2-Transportaufgabe des Blutes erfüllt werden kann. Um Sauerstoff aus

der Umgebung aufzunehmen, sowie das anfallende Kohlendioxid abzugeben, müssen die

Alveolen ventiliert werden. Dies passiert unter Voraussetzung eines funktionierenden

Atemweges in der Inspiration hauptsächlich durch Kontraktion des Zwerchfells - dadurch

entsteht ein negativer Pleuradruck, die Lunge dehnt sich aus. Die Exspiration erfolgt unter

normalen Bedingungen ohne weiteren Energieaufwand durch die elastischen Rückstellkräfte

von Lunge und Thorax.

Aufgrund der großen Kontaktfläche zur Umwelt erfüllt die Lunge auch eine wichtige

immunologische Aufgabe.

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Anatomie

Die rechte Lunge besteht aus Ober-, Mittel- und Unterlappen. Die linke Lunge hat einen

Oberlappen, - und Unterlappen, der „Mittellappen“ der linken Lunge ist als sog. „Lingula“

angelegt und geht vom OL-Bronchus nach ventral ab. Die anatomische Zuordnung der

verschiedenen Lappen gelingt im Nativröntgen durch Kombination aus p.a. und Seitbild.

Das große, schräge Interlobium verläuft im Seitbild schräg von „hinten oben“ nach „vorne

unten“ und teil rechts den Ober- & Mittellappen vom Unterlappen. Linksseitige teilt es den

Ober- vom Unterlappen. Rechts werden Ober- & Mittellappen durch das kleine, horizontale

Interlobium getrennt.

Die rechte Lunge besteht aus insgesamt 10 Segmenten, der linken Lunge fehlt das 7.

Segment (= mediobasales Unterlappensegment), anatomisch wird dadurch Platz für das Herz

gelassen. Eine Zuordnung einzelner Segmente im CT erfolgt mit Hilfe der zuführenden

Bronchien.

Lappenzuordnung im Thoraxröntgen: Horizontal gestreift (rot): Oberlappen

Vertikal gestreift (grün): Mittellappen (rechte Lunge) & Lingula (linke Lunge)

Flächig (gelb): Unterlappen

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Thoraxröntgen p.a. – Normalbefund

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Thoraxröntgen seitlich – Normalbefund

Bildquelle: Prof. Dr. Helmut Prosch

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Anamnese & Status

A Fazekas, OC Burghuber 10/2014

Anamnese und Status sind elementare Wegweiser in der Diagnosefindung.

Anamnese:

Neben der üblichen internistischen Anamnese sollen bei jedem Patienten der Pulmologie die

folgenden Punkte explizit exploriert & dokumentiert werden:

Atemnot seit wann? Plötzlich/schleichend? Durchgehend/intermittierend? In

Ruhe? Bei welcher Belastung? Gehstrecke limitiert durch Atemnot? Thoraxschmerz seit wann? plötzlich? Stumpf/scharf? Mit Einatmung assoziiert? Durch

Druck auslösbar? Lageabhängig? Bei Belastung schlimmer? Husten/Auswurf Seit wann? Trocken/Produktiv? Farbe? Menge? Seit wann?

Blutbeimengung? Hämoptysen Seit wann? Wieviel? Wie oft? Rauchen Wieviele Jahre insgesamt? Wieviel im Durchschnitt? Wann aufgehört?

1 pack year = täglich 1 Schachtel Zigaretten über 1 Jahr Umwelt/Arbeit Asbest? Schimmel? Industriestaub? Haustiere? Beruf? B-Symptomatik Ungewollter Gewichtverlusts von min. 10%? Über 6 Monate

Nachtschweiß, der ein Wechsel der Bettwäsche bedingt ? Fieber über

38°C unklarer Genese? Beine Schwellung? Rötung? Überwärmung? Schmerz?

Status: Die klinischen Zeichen verschiedener Lungenerkrankungen lassen sich leichter verstehen,

wenn man sich einige wenige physikalische Grundprinzipien vor Augen führt. Betreffend der

Auskultation sollte man bedenken, dass Schall in Flüssigkeiten besser geleitet wird als in

Luft. Weiters stellen Grenzen zwischen zwei Medien unterschiedlicher Dichte (z.B.

luftgefüllte Lunge und angrenzender Pleuraerguss) ein Hindernis für die Fortleitung der

Schallwellen dar, da diese an der Grenze zurückreflektiert werden und so nicht vom Ort der

Entstehung zum Ohr des Untersuchers geleitet werden. Insofern werden z.B. bei

Auskultation über einem Pleuraerguss die Atemgeräusche vermindert oder gar nicht hörbar

sein. Absente Atemgeräusche finden sich auch über einem Pneumothorax, hier wirkt die

abnorme Luftansammlung im Pleuraspalt ein unüberwindbares Hindernis für die

Schallwellen des Atemgeräuschs. Interponiert sich andererseits ein pneumonisches Infiltrat

(Flüssigkeit) zwischen Bronchien und dem Stethoskop, so werden die bronchialen

Atemgeräusche besser an die Pleura fortgeleitet, auch der Dichteunterschied und der damit

verbundene Schallverlust an der Grenze Lunge und Thoraxwand wird gemindert, insofern

hört man über der Pneumonie tiefer „bis in die Bronchien hinein“ im Sinne eines

verschärften, bronchialen Atemgeräusch. Prinzipiell unterscheidet man in der Auskultation

ein Atemgeräusch von möglichen Atemnebengeräusche (siehe Liste weiter unten).

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Bei der Perkussion findet sich über Luft ein heller Klopfschall, über Wasser ein dumpfer,

„gedämpfter“ Klopfschall. Ein Pneumothorax wird sich so als heller Klopfschall darstellen, ein

Pleuraerguss hingegen führt zu einer Klopfschalldämpfung. Beim üblichen internistischen Status fällt besonderes Augenmerk auf folgende Bereiche:

Zahnstatus Im Hinblick auf eine Bronchoskopie/Intubation soll auf Zahnstatus bzw.

Prothesen geachtet werden. Dentogene Keime (z.B. Actinomyces,

Fusobacterium) können Ausgangspunkt für thorakale Infektionen sein. Hals Eine ausgedehnte Struma kann zu Atemwegsobstruktion führen.

Halslymphknoten sowie supraclavikuläre LK sind zu ertasten: Größe?

Konsistenz? Verschieblichkeit? Obere Einflussstauung? Herz Rhythmisch? Geräusche? Tonspaltung? Herzspitzenstoss? (Norm: 5.ICR,

etwas lateral der Medioclavicularlinie) Thorax Deformitäten? Schmerz? Lunge Atemgeräusch:

• Vesikuläratmung: fein, rauschend (Normalbefund)

• Bronchialatmen: schärfer, lauter (z.B. über Pneumonie)

• Trachealatmen: noch schärfer, noch lauter

• Vermindert / substanzarm: Emphysem, höhergrad. COPD

• Absent: Pneumothorax

Atemnebengeräusche:

• Rasselgeräusche (feinblasig bei Pneumonie, mittelblasig bei

Bronchitis, grobblasig bei alveolärem Lungenödem)

• Knistern (Fibrose)

• Giemen (exspiratorisches Pfeifen bei Atemflusslimitierung in den

peripheren kleinen Atemwegen

• Stridor (inspiratorisches Pfeifen bei Atemflusslimitierung in den

großen zentralen Atemwegen)

Perkussion:

• sonor (normal)

• gedämpft (Erguss, Pneumonie)

• hypersonor (Pneumothorax)

• Verschieblichkeit der Basen während der Atemexkursion Atmung Atemfrequenz (normal ca. 12/min) Symmetrische Thoraxexkursion?

Hinzuziehen der Atemhilfsmuskulatur (Hervortreten des

Sternocleidomastoideus / Armaufstützen?) Paradoxe Atmung (Juguläre

& intercostale Einziehungen bei Inspiration? Finger Trommelschlegel? Uhrglasnägel? Nikotinverfärbung? Beine Ödem (uni-/bilateral)? Schwellung? Rötung? Überwärmung? Schmerz? Haut Zyanose? Blässe? Ikterus?

Abkürzungen:

AG – Atemgeräusch, KSD – Klopfschalldämpfung, HSKS – Hypersonorer Klopfschall

RG – Rasselgeräusch, SKS – Sonorer Klopfschall, VA –Vesikuläre Atmung

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Vorstellen des Patienten bei Übergaben:

Oft wird in einer Dienstübergabe eine Vielzahl von Patienten besprochen. Hierfür ist eine

kurze und prägnante Übergabe von Vorteil.

Wir würden empfehlen, zu detailliertes nummerisches Aufzählen von Laborwerten hierbei zu

vermeiden. So ist es zum Beispiel für den Zuhörer einfacher, im Duktus zu folgen, wenn z.B.

ein gering ausgelenktes CRP eben als ein „gering ausgelenktes CRP“ bezeichnet wird, anstatt

mehrfach Zahlenwerte bis auf die letzte Kommastelle zu beziffern. Es hilft sich, bei

Laborparameter gedanklich ein Schema zurechtzulegen, ab wo eine Auslenkung als klinisch

relevant bzw. gefährdend zu werten ist und welche Intervallschritte klinisch relevant sind.

Folgenden Ablauf für eine Übergabe wäre ein Vorschlag:

• Name

• Alter

• Wo aufgenommen?

• Aufnahmediagnose

• Kurze Rekapitulation der Symptome

• Wichtigste Untersuchungsergebnisse

• Bisherige Behandlungsschritte & Ansprechen auf initiale Therapie

• Ausblick auf weiteren Behandlungsplan

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Synopsis klassischer Befundkonstellationen

A Fazekas, H Koller, 12/2012 ENTITÄT KLINIK AUSKULTATION PERKUSSION RADIOLOGIE Normalbefund Unauffällig VA SKS Altersentsprechender Befund

Höhergrad. COPD Dyspnoe bei

Belastung

Substanzarmes AG (HSKS) Überblähung, abgeflachtes Diaphragma,

erweiterter Retrosternalraum

Exacerbierte COPD (Produktiver) Husten

und Atemnot über

den Normalzustand

hinaus, Pfeifende

Atmung, erhöhte

Atemfrequenz

Exspiratorisches

Giemen, Spasmus,

ggf. pneumonische

RGs

(HSKS) Wie bei höhergrad. COPD, bei

infektbedingter Exacerbation ggf.

zusätzlich Infiltrat

Pneumonie Fieber, Husten, gelb-

grünlicher Auswurf,

Abgeschlagenheit

Feinblasige RGs,

Bronchialatmen

(KSD) Infiltrat, Aerobronchogramm, ggf.

parapneumonischer Pleuraerguss

Pneumothorax Stechender

Thoraxschmerz,

Dyspnoe

Vermindertes bis

absentes

Atemgeräusch

HSKS Erhöhte Transparenz sowie Fehlen von

Lungengefässen im

Pneumothoraxgebiet. Sichtbare Pleura

visceralis („white line“) an der Grenze

Lunge/Pneumothorax Spannungs- pneumothorax

Stechender

Thorakalschmerz,

Dyspnoe, ggf.

Schockzeichen

Stark vermindertes

bis absentes

Atemgeräusch

HSKS Shift des Mediastinums inkl. Trachea zur

kontralat. Seite; ipsilateral erweiterte

Interkostalräume

Lungenödem Brodelndes

Atemgeräusch,

deutliche Dyspnoe,

kaltschweißig

Grobblasige RGs SKS,

event. KSD

Kardiomegalie, prominente zentrale

Gefäße, Unschärfe des Herzrandes und

der Gefäße, basoapikale

Blutumverteilung, Kerley-B Linien,

Interstitielle Zeichnung bzw. flächiges

alveoläres Verschattungsmuster Pulmonalembolie Atemnot,

Tachykardie,

Hyperventilation,

Pleuritischer

Schmerz, ggf.

gleichzeitig Zeichen

einer TBVT, ggf.

Hämoptysen

Vesikuläratmung,

keine

Nebengeräusche

SKS Lungenröntgen meist bland; ggf.

Gefäßabbruch („Westermark Sign“) bzw.

Infarktpneumonie mit dreieckigem

pleuraständigem Infiltrat („Hampton’s

Hump“). In der CT KM-Aussparung im

betroffenen Gefäß

Pleuraerguss Atemnot, thorakaler

Druck & Schmerz

Stark vermindertes

AG

KSD Verschattung des costophrenischen

Winkels mit nach lateral ansteigender

Begrenzung (Meniskuszeichen); bei

gleichzeitigem Pneumothorax im Sinne

eines Fluidopneumothorax fällt der

Meniskus weg und der

Flüssigkeitsspiegel wird durch den Pneu

flachgedrückt. Bei größerem Erguss

Verschattung der angrenzenden

Lungenanteile und Gefässstauchung IPF - Idiopathic Pulmonary Fibrosis

Progressive Atemnot,

trockener Husten,

Trommelschlegelfing

er, Uhrglasnägel

Knistern

(basalbetont)

SKS „UIP - Usual Interstitial Pneumonia“

Muster: Fibrotisch-interstitielle Zeichnung, basal

& peripher betont,

Traktionsbronchiektasien, peripheres

Honeycombing, wenig Milchglas Tuberkulose Fieber,

Nachtschweiss,

Hämoptysen,

Gewichtsverlust

Eventuell RGs SKS Typischerweise OL-betontes kleinfleckig

konfluierendes Infiltrat, ggf. Kavernen

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SYMPTOME

A Fazekas, GC Funk 11/2014 Thoraxschmerz

Brustschmerz ist ein Alarmsignal und bedarf einer unmittelbaren Abklärung. Die Anamnese

geht wenn nötig zeitgleich mit der Therapie einher. Die Stabilisierung des Patienten hat

oberste Priorität. Ein intravenöser Zugang soll umgehend sichergestellt werden.

Anamnestisch sind folgende Merkmale zu erheben:

• Lokalisation, ggf. Ausstrahlung

• Schmerzqualität (stechend, dumpf) & Schmerzstärke

• Schnelligkeit des Auftretens (plötzlich / langsam)

• Beeinflussung durch die Atemexkursion? Durch Druck von außen auslösbar?

• Assoziation mit körperlicher Aktivität / Lage?

Bei der Statuserhebung sind v.a. folgende Punkte zu beachten:

• Herz: Auskultation

• Lunge: Auskultation, Perkussion. Atembewegung, Einsatz der Atemhilfsmuskel,

paradoxe Atmung, Deformitäten/ Asymmetrien?

• Beine: TVT? (Schwellung, Überwärmung, Schmerz), Stauung? (bilaterale Schwellung,

meist eindrückbar)

• Hals: gestaute Halsvenen? Abweichen der Trachea von der Mittellinie?

Vitalparameter:

• RR, HF, SpO2

EKG (12-Kanal) mit kurzfristiger Kontrolle

Labor:

• Art. BGA; BB & klinische Chemie inkl. Troponin (bei Präsentation sowie 3h nach

Einsetzen des Schmerzes), BNP, D-Dimer, CRP

Radiologie:

• C/P; ggf. CTPE / VQ-Scan; thorakale Sonographie

Vital bedrohliche Ursachen wie der Herzinfarkt, die

Pulmonaleembolie, der Pneumothorax oder die Aortendissektion

müssen umgehend diagnostiziert und therapiert werden. Die Abgrenzung gegenüber weniger akuten Ätiologien wie z.B. vertebrogen bedingte

Schmerzen, Costoneuralgien etc. stellt häufig eine klinische Herausforderung dar.

Siehe auch: DEGAM Leitlinie Thoraxschmerz 2011 (Langversion / Kurzfassung)

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Dyspnoe

Atemnot entsteht, wenn das ZNS die Rückmeldung vom Körper bekommt, daß zu viel CO2,

zu wenig O2 bzw. ein zu niedriger pH im Blut vorliegt, sowie die geleistete Atem-Mehrarbeit

nicht die gewünschte Besserung erbringt.

Dyspnoe ist ein Alarmsignal. Ein strukturiertes Herangehen hilft, schnell zu einer Diagnose zu

kommen und ins besonders lebensbedrohliche Ursachen auszuschließen. Oberste Priorität

hat die Sicherung des Atemweges sowie die Erhaltung einer suffizienten Oxygenierung. Die

Abklärung deckt sich weitgehend mit jener des Thoraxschmerzes (siehe vorherige Seite).

Als behandelnder Arzt sollte man sich ein Bild darüber machen, seit wann die Atemnot

besteht und wie rasch sie aufgetreten ist. Begleitende Symptome v.a. Thoraxschmerzen,

Husten, Fieber, Auswurf müssen erfragt werden. Bei der körperlichen Untersuchung ist

insbesonders auf Lunge, Herz, Atemmuster, Hautkolorit, und Beine zu achten (Details siehe

Kapitel „Status & Anamnese“).

Die SpO2 muss erhoben werden. Ziel ist zumeist, die Sättigung mit etwaiger O2-Gabe bei 92-

96% bzw. einem pO2 von 60-90mmHg zu halten (bei älteren Patienten und COPD Patienten

sollte eher der untere Normbereich angestrebt werden). Der Blutdruck muss gemessen

werden, eine BGA und ein Thoraxröntgen sollen durchgeführt werden. EKG, Troponin und

BNP helfen, kardiale Ursachen der Atemnot ausfindig zu machen. Anhand der BGA bzw. des

Blutbildes lässt sich eine Anämie erkennen. Mit einem negativen D-Dimer lässt sich in der

Regel ein thrombotisches Ereignis ausschließen. Eine CTPE (bzw. VQ-Scan) kann eine

Lungenembolie nachweisen.

Die Therapie der Atemnot richtet sich nach der zugrundeliegenden Diagnose.

Wichtige & Häufige Ursachen der Atemnot: Exacerbation bei COPD / Asthma

Herzinsuffizienz / Kardiale Stauung / Lungenödem / KHK

Pneumonie

Pulmonalembolie

Pneumothorax

Herzinfarkt

Anämie

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Husten

Husten ist ein Reflex zur mechanischen Reinigung der Atemwege, er findet sich bei einer

Vielzahl von pneumologischen Erkrankungen, wobei der Schwerpunkt auf Infektionen liegt.

Husten über 8 Wochen wird als chronisch bezeichnet und bedarf einer weiteren Abklärung:

• Anamnese

• Status

• Lungenröntgen, ggf. CT

• Lungenfunktion mit Broncholyse, ggf. auch Provokation

• BB, Chemie, IgE

• BSK

Die Ursachen können mannigfaltig sein, in erster Linie geht es um Ausschluss einer malignen

Erkrankung als Ursache. Auch kann eine Fremdkörperaspiration zu chronischem Husten

führen. Weitere mögliche Ursache sind eine Refluxerkrankung sowie ein psychogener

Husten. Ein trockener Reizhusten kann eine Nebenwirkung einer ACEi-Therapie sein, hier

sollte eine Umstellung auf einen ARB erfolgen. Zur symptomatischen Behandlung des

Hustenreizes steht Paracodeine zur Verfügung.

Referenz: ERS Guidelines on the assessment of cough (2007)

Hämoptysen / Hämoptoe

Bluthusten ist ein ernstzunehmendes Zeichen. In Ausnahmefällen kann z.B. eine laufende

Antikoagulation mit gleichzeitigem Infekt der Atemwege als Ursache gedeutet werden,

zumeist wird aber eine bronchoskopische Abklärung angestrebt. Differentialdiagnostisch

kommen Tumore der Atemwege, Infektionen der oberen und unteren Atemwege, sowie

eine Pulmonalembolie bzw. Herzinsuffizienz in Frage. Alternative Blutungsquellen wie etwa

Nasen-Rachen-Raum oder Speiseröhre/Magen müssen in Betracht gezogen werden.

Bei Patienten, die akut wegen Hämoptysen aufgenommen werden empfiehlt sich folgendes

Vorgehen:

• Laborabnahme inkl. BB, Chemie, Gerinnung, Blutgruppenbestimmung, ggf. EKs auf

Abruf reservieren; einige BGA Geräte können rasch das Hb bestimmen

• Großlumiger IV-Zugang

• Lungenröntgen bzw. CT mit KM

• Nüchtern lassen für zeitnahe Bronchoskopie

• Spuckbecher zum Sputumsammeln, um die Blutmenge abzuschätzen

• Sputum ad Zyto & Antibiogramm

• Laufende Antikoagulation nach Möglichkeit pausieren, ggf. reversieren.

Die Hämoptoe (Sturzblutung) ist die Maximalvariante des Bluthustens mit großen Mengen

an Blut und bedarf einer sofortigen Stabilisierung des Patient und einer umgehenden BSK.

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UNTERSUCHUNGSTECHNIKEN

Blutgasanalyse

A Fazekas, GC Funk 11/2014

Die Blutgasanalyse ermöglicht eine schnelle („Point-of-care“) Diagnostik der wichtigsten

Parameter aus dem Säure-Basen-Haushalt sowie des O2/CO2 – Status bei Patienten aus dem

pulmologischen und intensivmedizinischen Bereich. Zum Verständnis der möglichen

Pathologien in der BGA ist es nützlich, sich eine „vereinfachte Kohlensäureformel“ vor Augen zu führen:

CO2 + H20 ↔ H2CO3 ↔ H+ + HCO3

Kohlendioxid plus Wasser (aus dem Blut) ergibt Kohlensäure. Diese dissoziiert in die sauren

Wasserstoff-Ionen (= Protonen) und die (schwache) Base Bikarbonat. Wenn das CO2 schlecht

abgeatmet wird und im Blut akkumuliert, wird das Blut sauer = respiratorische Azidose.

Gegensteuernd kann die Niere vermehrt HCO3 einbehalten und so „metabolisch kompensieren“ – dieser Prozess dauert allerdings Tage.

Normwerte im arteriellen Blut

Wert Norm

pH 7,35 – 7,45

paO2 (mmHg) 100 – (0,3 x Alter in Jahren)

paCO2 (mmHg) 36-44

HCO3 (mmol/l) 22-26

BE -2 bis +2

COHb 1% (Nichtraucher) bis ca. 10% (Starker Raucher)

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Entnahme

BGA-Proben sollten aus zumindest 2ml bestehen und blasenfrei mittels vorgefertigter (mit

Heparin gefüllten) BGA-Spritze bzw. in einen Microsampler abgenommen werden.

Die Blutgasanalyse wird in der Regel arteriell von der A. radialis gestochen. Die kollaterale

Blutversorgung der Hand durch u.a. die Art. ulnaris führt dazu, dass es praktisch keine

Kontraindikation gegen die Punktion der Art. radialis gibt. Alternativ kann die Art. brachialis

oder im Notfall die Art. femoralis punktiert werden, hier sind ggf. längere Nadeln zu

verwenden und auf eine ausreichende Kompression nach Punktion zu achten - unter Bedacht, dass diese Gefäße keine Kollateralversorgung aufweisen.

Alternativ kann aber auch aus dem hyperämisierten Ohrläppchen verwendet werden:

„Finalgon“-Salbe 5min einwirken lassen und dann das Ohrläppchen mit der Lanzette

anstechen, Blut in eine Kapillare ausquetschen, so zumindest die Hälfte der Kapillare füllen.

Diese kapilläre BGA kann falsch erniedrigte pO2 Werte aufweisen, im Zweifelsfall ist die Messung mit einer transcutanen („Fingerclip“) Sättigungsmessung zu korrelieren.

Entnommene BGA-Proben sollten binnen einer halben Stunde analysiert werden. Bei

Patienten auf der Intensivstation werden arterielle Verweilkatheter gelegt, die eine invasive Blutdruck-Messung und die Entnahme von BGA-Proben ohne erneute Punktion ermöglichen.

Einzelwerte

pH

Der pH Wert mit dem Normbereich 7,35-7,45 ist der negative dekadische Logarithmus der

Wasserstoffionenkonzentration im Blut. Je niedriger der pH-Wert ist, umso mehr freie

Wasserstoffionen (H+) liegen also vor und umso saurer ist das Blut. Bei Werten unter 7,35

spricht man von traditionellerweise von einer Azidose bzw. korrekter eigentlich von einer

„Azidämie“. Werte unter 7,1 sind aufgrund von Störungen der Proteinfunktion nur kurz mit

dem Leben vereinbar. Werte über 7,45 werden als Alkalose bzw. Alkalämie bezeichnet. Werte über 7,7 sind ebenfalls nur kurz mit dem Leben vereinbar.

pO2

Der pO2 Wert gibt den Partialdruck des gelösten (also frei im Plasma schwimmenden)

Sauerstoffs im Blut an und wird in Millimeter Quecksilber-Säule gemessen. Der Normwert im

arteriellen Blut orientiert sich am Alter des Patienten: Ein Mensch mit 20 Jahren sollte Werte

um ~90mmHg haben, bei Patienten mit 80 Jahren finden sich Normwerte um ~70mmHg.

Mittels der Formel nach Murray lässt sich der Normwert berechnen: pO2 = 100 - (0,3 xAlter

in Jahren). Werte unter 60mmHg im arteriellen Blut als Hypoxämie bezeichnet. Der Ausdruck

„Hypoxie“ (im Gegensatz zu Hypoxämie) bezeichnet korrekterweise die Sauerstoffunterversorgung des Gewebes.

Eine Verordnung für den Sauerstoff zuhause (LTOT = Long Term Oxygen Therapy) ist

indiziert, wenn pO2 Werte unterhalb von 55mmHg gemessen werden (bei pulm. Hypertonie,

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Herzinsuffizienz, Polyglobulie auch schon unter 60mmHg). Mittels einer

„Sauerstofftitration“ im Lungenfunktionslabor können die notwendigen Sauerstoffmengen in

Ruhe und bei Belastung explizit bestimmt werden. Wenn eine LTOT verordnet wird, sollte

diese mindestens 16h/d angewandt werden, um die Mortalität zu senken und die

Lebensqualität zu verbessern.Sauerstoff ist ein Medikament - paO2 Werte über 100mmHg

sind auf Dauer zu vermeiden, da die vermehrte Bildung von Sauerstoffradikalen zu

Zellschäden führt. COPD Patienten könnten bei einer deutlichen Überversorgung mit O2

durch den plötzlich Wegfall des bisherigen hypoxischen Atemantriebs ateminsuffizient werden – es empfiehlt sich ein Ziel-SpO2 von rund 90% unter kurzfristiger BGA Kontrolle.

Bei Hypoxämie unklarer Genese kann eine pO2 Messung unter der Gabe von 100%

Sauerstoff durchgeführt werden. Solange das Blut im kleinen Kreislauf genügend Zeit zum

Aufoxygenieren hat und nicht eine Abkürzung in den großen Kreislauf im Sinne eines

„Rechts-Links-Shunts“ nimmt, müssten unter der Gabe von 100% Sauerstoff pO2-Werte von

an die 600mmHg erreicht werden können. Bei der Gabe der im Vergleich zur normalen Luft

(21% O2) fünf-fachen Sauerstoffkonzentration (100% O2) müssten also auch circa fünf-fache

pO2 Werte im Blut erreicht werden können. Darunter liegende Werte sind hinweisend auf

das Vorliegen eine Rechts-Links-Shunts. Bei einem ausgeprägten R-L-Shunt werden z.B. lediglich Werte von knapp 200mmHg erreicht.

Sauerstoff diffundiert deutlich schlechter als CO2 von der Alveole zum Kapillarblut. Eine

Erkrankung des Lungengewebes mit erschwerter Passage des Gases von der Alveole zum

Blut (z.B. Pneumonie), wird sich in erster Linie durch eine Hypoxämie zeigen ohne gleich zu

einer Hyperkapnie zu führen.

AaDO2

Die alveolo-arterielle Sauerstoffdifferenz wird in mmHg gemessen und gibt den Unterschied

zwischen dem Sauerstoffpartialdruck in der Alveole und der Arterie an. Normwerte finden

sich zwischen 10 und 15mmHg, Werte über 25mmHg sind pathologisch erhöht und deuten

auf eine Diffusionsstörung hin. Die AaDO2 kann gemeinsam mit der DLCO zur

Quantifizierung der Diffusionsstörung herangezogen werden. AaDO2 Werte über 40mmHg können als Grundlage einer LTOT-Verordnung dienen.

pCO2

Kohlendioxid (CO2) ist das Endprodukt der zellulären Atmung. Der pCO2 misst den

Partialdruck des gelösten CO2 im Plasma in mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Normwerte im arteriellen Blut sind 40 +/-4 mmHg, also 36-44mmHg.

Werte über 45mmHg werden als Hyperkapnie bezeichnet. Nachdem das CO2 sehr gut vom

Blut in die Alveolen diffundieren kann, ist eine Hyperkapnie nicht Zeichen einer

Lungenparenchymschädigung, sondern einer verminderten Ventilation, also einem Problem

beim Abatmen der Luft. Eine Hyperkapnie basiert insofern auf einer

alveolären Hypoventilation. Diese ist z.B. bei COPD Patienten durch eine dynamische

Überblähung (Luft kommt durch die geschädigten und kollabierenden Bronchiolen hinein

aber schlecht heraus) und einem Versagen der Atempumpe (erschöpfende Atemmuskulatur) bedingt.

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Eine Hyperkapnie kann akut oder chronisch sein. Die akute Hyperkapnie resultiert in einer

respiratorischen Azidose, die nicht metabolisch kompensiert werden konnte - es findet sich

also netto ein Azidämie. Die chronische Hyperkapnie (bei COPD im fortgeschrittenen

Stadion) kann durch vermehrte renale Retention von Basen (HCO3 = Bikarbonat)

kompensiert werden, es findet sich bei chronisch erhöhten pCO2 Werten (meist zwischen 50-70mmHg) ein normaler oder fast normaler pH.

Die Kombination aus einer Hyperkapnie (pCO2 > 45mmHg) und einer respiratorischen

Azidose (pH < 7.35) stellt eine Indikation zur mechanischen Atemhilfe und damit zur

Verlegung auf eine Intensivstation dar – hierbei wird dem Patienten die Atemarbeit maschinell erleichtert, die überlastete Atemmuskulatur wird also entlastet.

Bei Werten von pCO2 unter 36 mmHg spricht man von einer Hypokapnie. Diese ist Ausdruck

einer alveolären Hyperventilation. Klassische Ursachen sind Pulmonalembolie oder

Herzinsuffizienz (Bedarfshyperventilation) bzw. eine psychische Erregtheit. Eine ausgeprägte

Hyperventilation führt über eine respiratorische Alkalose zu einer vermehrten Bindung freier

Ca++Ionen an Albumin - diese Ionen können ihre Inhibition an den Na+-Kanäle von Nerven-

und Muskelzellen nicht mehr ausüben, daraus resultiert eine leichtere Erregbarkeit dieser

Zellen (sog. positiv bathmotroper Effekt einer Minderung freier Ca++ Ionen). Therapeutisch

soll hier der Patient sein CO2 aus einem Sackerl zurückatmen. Ergänzend kommen bei psychogener Hyperventilation Anxiolytika zur Anwendung.

HCO3

Der Normwert beträgt 22-26 mmol/l. Das Bicarbonat kann herangezogen werden, um zu

beurteilen, ob eine Hyperkapnie bereits schon länger besteht. Bei einer chronischen

Hyperkapnie versucht die Niere die respiratorische Azidose metabolisch zu kompensieren, indem sie HCO3 retiniert. Bei einer chron. Hyperkapnie zeigen sich also erhöhte HCO3 Werte.

BE

Der Base Excess bezeichnet jene Menge an Basen, die „überschüssig“ in der Probe vorliegt.

Der Referenzbereich ist von -2 bis +2 mmol/l. Der BE beschreibt die metabolische

Komponente der BGA. Ein negativer BE unter -2 zeigt an, dass saure Valenzen aus einem

metabolischen Prozess anfallen, also eine metabole Azidose vorliegt. Klassische Ursachen

sind Ketoazidose, Laktazidose und Urämie. BE-Werte über +2 weisen auf eine metabole

Alkalose hin, hier wäre z.B. Verlust von Magensäure durch Erbrechen eine mögliche Ursache.

Spezialisierte BGA-Geräte können noch BE „Subsets“ beschreiben und so die Auswirkungen verschiedener metaboler Untergruppen auf den effektiven BE ausdifferenzieren.

Hb

Einige BGA-Maschinen messen den Hämoglobin (Hb) - Wert nicht, sondern nehmen einen

fixen Wert von zB 15g/dl an. Andere Maschinen messen den Hb-Wert und können so auch z.B. einen orientierenden Wert bei Blutungen geben.

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COHb

Der Teil des Hämoglobin, an den Kohlenmonoxid gebunden ist, wird als Carboxyhämoglobin

COHb bezeichnet. Beim gesunden Nichtraucher fällt physiologischerweise CO aus dem Hem-

Abbau unter Vermittlung der Hämoxygenase-1 an, dies führt zu Normwerten von ca. 1%

COHb. Raucher führen CO noch exogen zu, starke Raucher weisen Werte von rund 10%

COHb auf. COHb ist weiters ein wichtiger Parameter bei der Rauchgasexpostion.

Kohlenmonoxid führt u.a. zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen bis hin zu Somnolenz/Koma. Die

optimale Therapie der CO-Intoxikation ist nicht schlüssig definiert. Traditionell erfolgt eine

Therapie mit konzentriertem Sauerstoff bis hin zu 100% O2 sowie bei schwersten CO-Intoxikationen eine hyperbare O2-Therapie in der Druckkammer (Uniklinik Graz).

Lactat

Lactat ist das Endprodukt des anaeroben Zellstoffwechsels und deutet auf eine

Gewebshypoxie hin. Werte über 2mmol/l gelten als erhöht. Im Rahmen einer Sepsis werden

Werte (teils weit) über 5mmol/l erreicht. Weiters kann unter der Therapie mit Metformin eine Lactatazidose auftreten.

Praktisches Vorgehen bei der aBGA Interpretation:

pH↓ pCO2↑ = Beatmung nötig!

(CPAP/ NIV / CMV je nach Schweregrad)

pH↓ BE↓ = Metabolische Ursache!

(Sepsis, Hyperglykämie, Nierenversagen, Lactatazidose)

pO2↓ Verifizieren, Sauerstoff bedarfsorientiert verabreichen

und Ursache abklären!

pCO2↓ Hyperventilation bei PE? Psychogen? Schmerz?

pO2 ↓↓ sehr niedrig (<30mmHg)? → Wahrscheinlich venös!

pO2 ↑↑ zu hoch (100mmHg<<) → Sauerstoff reduzieren!

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Lungenfunktionsdiagnostik

S Loga, A Fazekas 10/2014

Die Lungenfunktion ist eine grundlegende pulmologischen Untersuchungsmethode, jeder

Patient mit einer Lungenerkrankung oder dem Verdacht auf eine solche sollte einer

Lungenfunktion zugeführt werden. Zum Einsatz kommt ein Spektrum beginnend bei simplen

Tests wie z.B. einem PeakFlow-Meter in der Verlaufskontrolle des Asthmas, die „Bedside“-

Spirometrie in Form von Handgeräten auf der Station, bis hin zur Untersuchung mit großen

Lungenfunktionsgeräten im Rahmen einer regulären Spirometrie, sowie geschlossener

Systeme wie dem Bodypletysmographen.

Auch zählt die Bestimmung der Diffusionskapazität zur erweiterten

Lungenfunktionsdiagnostik, ebenfalls die (eher selten durchgeführte) Provokationstestung in

der Asthmadiagnostik. Präoperativ kann auch eine Belastungsspiroergometrie neben einem

quantitativen Perfusionsscan (dieser zählt zu den nuklearmedizinischen Methoden) nötig

sein, um die ventilatorischen Reserven im Hinblick auf eine Lungen(teil)resektion

abzuschätzen.

Die in der Lungenfunktion gemessenen Werte werden sowohl in absoluten Zahlen

angegeben, sowie in prozentualer Relation zu Standardwerten gesetzt, welche anhand von

Geschlecht, Alter und Körpergröße (nicht jedoch am Gewicht – dies hat keinen Einfluss auf

die zu erwartende Lungengröße) normiert sind. Orientierend werden verminderte relative

Werte unterhalb von 80% als „leicht“, Werte um 50% als „mittelgradig“ und Werte unter

30% als „hochgradig“ erniedrigt angegeben. Erhöhte Werte finden sich typischer Weise nur

beim Emphysem bei der Messung der TLC und des RV.

Bei Atmung in Ruhe wird das Tidalvolumen (VT) mobilisiert (ca. 500ml), bei einer normalen

Atemfrequenz von ca 12-15/min ergibt das ein Atemminutenvolumen (AMV) von ca. 6

Litern. Die Atemmittellage findet sich am Ende einer normalen Exspiration in Ruhe, hier ist

ein Gleichgewicht zwischen den Kräften, die die Lunge expandieren bzw. kontrahieren

lassen, gefunden. Wenn am Ende der normalen Ruheinspiration nochmals bis zum Maximum

eingeatmet wird, dann hat man das inspiratorische Reservevolumen (IRV) mobilisiert. Analog

mobilisiert man das exspiratorische Reservevolumen (ERV), wenn man nach einer normalen

Ruheausatmung noch bis zum Maximum ausatmet. Das Luftvolumen, das dann noch in der

Lunge verbleibt, wird als Reservevolumen (RV) bezeichnet, dieses kann nur

bodypletysmographisch bestimmt werden.

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Lungenvolumen, die nur für sich und nicht gegen die Zeit gemessen werden, werden als

„statisch“ bezeichnet. Volumen, die gegen die Zeit gemessen werden, werden als

„dynamisch“ betitelt (z.B. die Einsekundenkapazität FEV1 gemessen in L/sek). Addiert man

verschiedene Lungenvolumina zusammen, dann werden diese als „Kapazität“ bezeichnet

(z.B. Exspiratorisches Reservevolumen ERV + Residualvolumen RV = Funktionelle

Reservekapazität FRC). Das intrathorakale Gasvolumen (ITGV) wird bezogen auf die

Verhältnisse am Ende einer normalen Exspiration (= Atemmittellage) gemessen - erhöhte

Werte finden sich oft beim Emphysem. In die Berechnung des ITGV fließen im Unterschied

zur FRC auch nicht-ventilierte intrathorakale Gasareale wie z.B. ein Pneumothorax.

U.a. können folgende Fragen durch die Lungenfunktion beantwortet werden:

Liegt eine Verkleinerung (Restriktion) der Lunge vor?

• Vitalkapazität (VC) und Totale Lungenkapazität (TLC) erniedrigt.

Liegt eine Verengung (Obstruktion) der Atemwege vor?

• Verhältnis FEV1/FVC unter 70% absolut bzw. unter 80% relativ bezogen auf

Referenzwert.

• Das relative FEV1 dient zur Gradierung des COPD Stadiums (siehe Kapitel COPD)

• Eine Zunahme der FEV nach Broncholyse um 200ml und 12% weist auf Asthma hin.

• Eine Erniedrigung des MEF (Mean Exspiratory Flow) bei 25 / 50 / 75% wird als Small

Airways Disease bezeichnet und als Frühstadium einer COPD interpretiert.

• Eine exspiratorische Plateaubildung in der Fluss/Volumen-Kurve deutet auf eine

Obstruktion der großen Atemwege (z.B. Trachealstenose) hin.

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Liegt eine Überblähung (Emphysem) der Lunge vor?

• Vitalkapazität (VK) erhöht (Hinweis auf Emphysem) • Totale Lungenkapazität (TLC) & Residualvolumen (RV) erhöht sowie Relation von

RV/TLC erhöht (Beweis für Emphysem)

• Keulenform am Exspirationsbeginn in der Fluss/Volumen-Kurve

Liegt ein Störung der Gasaufnahme (Diffusionsstörung) vor?

• DLCO bzw. DLCO/VA erniedrigt

Praktische Interpretation der Lungenfunktion

FEV1/FVC < 70% = Obstruktion

FEV1 in % = Schweregrad der Obstruktion

FEV1 nach Lyse min. +12%/+200ml = Reversibilität

TLC <80% = Restriktion

TLC↑ RV↑ = Emphysem

DLCO↓ = Diffusionsstörung

Referenzen: ATS/ERS Task Force: Standardisation of lung function testing: Measurement of lung volume.

Eur. Respir. J. 2005; 26:511-522

ATS/ERS Task Force: Standardisation of lung function testing: general considerations for lung

function testing. Eur. Respir. J. 2005: 26: 153-161

Haber P.: Lungenfunktion und Spiroergometrie. 2. Auflage 2008, Springer Verlag.

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Bronchoskopie

A Fazekas, S Asadi, I Firlinger, A Valipour 10/2014 Die Lungenspiegelung dient zur Diagnostik von u.a. mediastinalen Lymphadenopathien,

pulmonalen Rundherden (<3cm) oder Raumforderungen (>3cm), zur TB-Diagnostik, zur

Abklärung interstitieller Lungenprozesse sowie zur Therapie einer Reihe von Erkrankungen.

Eine Bronchoskopie (BSK) wird in Sedoanalgesie oder Kurznarkose mit flexiblem

Videoendoskop (ggf. über ein starres Intubationsrohr – dies ermöglicht den Einsatz von

starren Instrumenten) durchgeführt. Zur Durchführung sollte der Quick-Wert über 50% und

die Thrombozytenzahl über 50 Gi/l liegen. Eine laufende Medikation mit ASS 100mg 1x/d

stellt keine Kontraindikation dar. ADP-Antagonisten wie z.B. Clopidogrel sollten zumindest

eine Woche vor Eingriff pausiert werden. Vitamin-K-Antagonisten sollten ebenfalls eine

Woche vor Eingriff auf niedermolekulares Heparin (LMWH) umgestellt werden. LMWH sollte

am Morgen des Eingriffs pausiert werden, die Gabe kann abends wieder aufgenommen

werden, solange keine relevante Blutung besteht. Direkte orale Antikoagulantien wie z.B.

Rivaroxaban sollten 12-24h vor Eingriff pausiert werden und können analog zu LMWH

wiederaufgenommen werden. Nach einer pulmonalen Intervention wie z.B. einer

transbronchialen Lungenbiopsie ist im Anschluss an die BSK ein Lungenröntgen

durchzuführen, um einen etwaigen Pneumothorax auszuschließen. Bei Patienten mit

Atemnot oder Schmerzen nach BSK ist unbedingt ein Pneumothorax zu suspizieren und

entsprechend abzuklären (pektoral unter Schlüsselbein auskultieren & perkutieren – hier

findet sich meist ein abgeschwächtes Atemgeräusch oder ein hypersonorer Klopfschall

einseitig – Lungenröntgen durchzuführen)

Diagnostische Techniken:

• Direkte Inspektion des Bronchialsystems, ggf. Biopsie unter Sicht

• Entnahme von Bronchialsekret (BS) für Zytologie, Ziel-Nielsen (ZN) Färbung, TB-PCR,

TB-Kultur und Antibiogramm (AB)

• Bronchoalveoläre Lavage (BAL) mit Spülung von ca 3-4x40ml NaCl 0,9% meist in

Mittellappen oder Lingula für Zytologie, CD4/8 Ratio, ZN, Antibiogramm

• Durchleuchtungs-gezielte Bürstenbiopsie

• Durchleuchtungs-gezielte transbronchiale Lungenbiopsie (TBLB) mit Zange oder

Kryosonde

• EBUS: endobronchialer Ultraschall, hier wird mit dem Bronchoskop eine dünne

Ultraschallsonde eingeführt, die zur besseren Lokalisierung pathologischer Prozess

(Lymphadenopathie, Rundherde/Raumforderungen) dient

• TBNA: transbronchiale Nadelaspiration

• ENB: Elektromagnetische Navigationsbronchoskopie, hier erfolgte dich BSK mit

Unterstützung einer elektromagnetischen Navigation

• „Chartis-Messung“: Quantifizierung des Luftflusses über einen Bronchus mit

Okklusionskatheter zur Beurteilung einer kollateralen Ventilation

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Therapeutische Techniken:

• Entfernung von Fremdkörpern mittels Zange, Körbchen, Kryosonde

• Rekanalisation mit Zange, Kryosonde, Argon-Plasma-Laser bei stenosierenden

Prozessen

• Blutstillung mittel Saugokkludierung des zuführenden Bronchus in der „Wedge“-

Position, Spülung mit kaltem NaCl oder Suprarenin 1:10.000, Tamponade mit Vicryl-

Gaze

• Bronchoskopische Lungenvolumsreduktion (BLVR): Einbringen von z.B.

Einwegventilen, um eine Atelektase in einem überblähten Areal hervorzurufen

• TLD: targeted lung denervation (experimentelle Methode der

Radiofrequenzablation der vagalen Lungeninnervation in der Zirkumferenz der

Hautpbronchien, mit dem Ziel, die vagal medierte Bronchokonstriktion bei Patienten

mit schwerer COPD zu unterbinden)

Fallbeispiel:

65-jährige Patientin mit zunehmendem Stridor über die letzten Tage.

Bild links: Blick auf die Trachea bei Stridor durch exophytisch wachsenden Tumor (die

entnommenen Proben ergaben ein kleinzelliges Bronchialkarzinom)

Bild mittig: Status nach Rekanalisation Abtragung mit der starren Zange, danach

Verschorfung der breitbasigen Durchbruchsstelle an der rechten Trachealwand mit der

starren Argonplasmasonde

Bild rechts: Sicherung des Tracheallumens durch einen Trachealstent, dahinter Blick auf

die Hauptbifurkation

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ERKRANKUNGEN

Asthma

A Fazekas, 1/2014

„Asthma“ bedeutet auf Griechisch „Atemnot“. Es handelt sich um eine chronische

Erkrankung mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem mit episodischer, reversibler

Bronchialobstruktion auf Basis vermehrter Schleimbildung, Spasmus der

Bronchialmuskulatur sowie eines Ödems der Bronchialschleimhaut. Im Englischen werden

die Symptome mit „Wheeze, Shortness of Breath, Chest Tightness & Cough“ umschrieben.

Im Vergleich zur COPD–Patienten sind Asthma-Patienten meist jünger, haben ggf. eine

Neigung zur Allergie („Atopie“), während bei COPD Patienten meist eine Rauchanamnese

mit mehr als 10 pack years vorliegt.

Asthma lässt sich therapeutisch gut einstellen, sodass der akute, lebensbedrohliche

Asthmaanfall eine Seltenheit geworden ist.

Therapie des akuten Asthmaanfalls:

• O2-Gabe (Ziel-SpO2 ~95%)

• Oberkörper hoch lagern, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur ermöglichen,

Lippenbremse

• Cortison intravenös: z.B. Metyhlprednislon 32mg

• Kurzwirksame Bronchodilatatoren inhalativ, mehrfach kurzfristig wiederholen bis

zum gewünschten Effekt

• Kurzwirksame Bronchodilatatoren parenteral: z.B. Terbutalin 0,25mg s.c.

• Keine Sedierung!

Sollte obige Therapie nicht ausreichen, ist eine Aufnahme auf die Intensivstation dringend zu

erwägen. Weitere Therapieoptionen sind die nicht-invasive Beatmung, Magnesium i.v.,

Terbutalin i.v., sowie die Intubation.

Asthma-Abklärung:

• Status & Anamnese

• Lungenfunktion mit Broncholyse (Diagnose „Asthma“ bei FEV1/FVC unter 70% sowie

Zunahme des FEV1 nach Broncholyse um 200ml absolut und 12% relativ); selten ist

eine Provokationstestung zur Diagnosestellung nötig

• Peak Flow -Tagebuch

• Allergie-Abklärung: RIST/RAST aus dem Blut (RIST = Radio-Immuno-Sorbens-Test =

Gesamt IgE, erhöht bei Atopie; RAST = Radio-Allergo-Sorbens-Test = spezifische IgEs

gegen Allergene wie z.B. Katze, Hausstaubmibe, Grässer etc.)

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Therapie des chronischen Asthma bronchiale

Die Therapie des Asthmas außerhalb von Anfällen, also im stabilen Zustand, orientiert sich

am Bedarf von „Rescue“-Sprays (kurzwirksamen Bronchodilatatoren), der Einschränkung in

der Leistungsfähigkeit des Patienten, den Symptome unter Tags und in der Nacht, dem

Ausmaß der Obstruktivität in der Lungenfunktion. Entsprechend wird das Asthma als

kontrolliert, teilweise kontrolliert oder unkontrolliert eingestuft und es erfolgt eine

entsprechende Anpassung der Therapieintensivität. Die Therapie beginnt bei einer

Aufklärung des Patienten über die Natur der Erkrankung, eine Allergen- bzw. Trigger-

Vermeidung, das Monitieren der Symptome sowie das Führen eines PEF-Tagebuchs.

Medikamentös reicht die Palette beginnend bei einem kurwirksamen Bronchodilatator bei

Bedarf, gefolgt von einer niedrigdosierten inhaltiven Cortison-Dauertherapie, einem oralen

Leukotrien-Modifier, einer höher dosierten inhalativen Cortison Therapie in Kombination mit

einem langwirksamen β-Mimentikum, bis hin zur oralen Cortisontherapie bzw. einer Anti-

IgE-Therapie. Das Stufenschema der GINA Asthma Initiative und andere Ressourcen wie z.B.

Pocket Guidelines über untenstehenden Link aufgerufen werden.

Siehe auch: http://www.ginasthma.org/

COPD

A Fazekas, 6/2013 Die COPD („Chronic Obstructive Pulmonal Disease“) ist eine chronische obstruktive

Verengung der Atemwege, die nahezu ausschließlich durch jahrelanges Rauchen

(„Raucherlunge“) bedingt ist. Symptome sind Atemnot, Husten und (morgendlicher)

Auswurf. Die Einteilung des Schweregrades erfolgt anhand der Spirometrie. Bei einer

FEV1/FVC Ratio von unter 70% absolut spricht man prinzipiell von einer Obstruktion. Bei der

FEV1/FVC Ratio handelt es sich um den Quotient der eigentlich gemessenen FEV1 in L/min

dividiert durch die eigentliche gemessene FVC in L - einfacher formuliert: ein COPD Patient

kann nicht über 70% seiner FVC in einer Sekunde ausblasen.

Die Stadieneinteilung erfolgt anhand des relativen FEV1-Wertes in Prozent bezogen auf den

Referenzwert:

COPD Grad FEV1% (relativ bezogen auf Referenzwert) I Über 80% II 50-80% III 30-50% IV Unter 30%

Weiters kann mit Hilfe des CAT (COPD Assessment Test) Scores eine zusätzliche

Stadieneinteilung von A-D getroffen werden. Hierbei geht es vorrangig um die Einschätzung

des Risikos in Bezug auf eine erneute Exazerbation. Patienten mit einer COPD I-II können

unter Stadium A (bei CAT<10) oder B (bei CAT>10) fallen. Patienten mit einer COPD III-IV

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können unter Stadium C (bei CAT<10) oder D (bei CAT>10) fallen. Bei mehr als einer

Exazerbationen/Hospitalisation pro Jahr fallen alle COPD Grade (I-IV) unter Stadium D.

In den Stadien 1 & 2 stehen die Bedarfstherapie mit kurzwirksamen β-Mimetika sowie die

Dauertherapie mit einem langwirksamen Anticholinergikum im Vordergrund.

Bei Stadien 3 & 4 kommt noch die Kombinationstherapie mit einem einem langwirksamen β-

Mimetikum hinzu, ggf. in Kombination mit einem inhalativen Cortison.

In allen Stadien ist eine Rauchentwöhnung zu empfehlen. Auch Ausdauertraining und die

pneumologische Rehabilitation haben einen festen Stellenwert.

Abb.: C/P seitlich, 78a wbl. Deutliche Überblähung, Fassthorax, Abflachung des Zwerchfells,

Erweiterung des retrosternalen Raumes bei COPD IV und Emphysem

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COPD Exazerbation

Eine Verschlimmerung der alltäglichen Symptome wird als Exazerbation bezeichnet. Die

Patienten präsentieren sich typischerweise mit verstärkter Atemnot, Husten und

vermehrten Auswurf sowie einem exspiratorischen Giemen / Spasmus. Bei Hypoxie erfolgt

die Gabe von Sauerstoff, um die SpO2 bei bzw. knapp über 90% zu halten. Eine deutliche

Über-Oxygenierung ist zu vermeiden.

Bei respiratorischer Azidose (pH unter 7,35; pCO2 über 45mmHG) erfolgt die Aufnahme auf

die RCU / ICU zur NIV (nicht invasiven Ventilation z.B. CPAP oder ASB).

Typische medikamentöse Therapie („forcierte Antiobstruktion“) bei akuter Exacerbation:

• Orale Cortisongabe z.B. Aprednislon Tbl 25mg 1-2 Tbl/d über maximal 5 Tage

• Kurzwirksame Bronchodilatatoren inhalativ mehrmals täglich, sowie bei Bedarf

• Ggf. parenterale Gabe eines Betamimetikums, z.B. Terbutalin 0,25 s.c. 3-4x/d (Cave:

Tachykardie)

Unter laufender O2-Therapie soll nach wenigen Stunden eine neuerliche art. BGA erfolgen,

um den Trend von CO2 und pH zu evaluieren. Steigende CO2 Werte und sinkender pH sind

ein Alarmsignal und die Verlegung auf eine Intensivstation mit Beatmungsmöglichkeit

dringend in Erwägung gezogen werden. Der pO2 sollte zwischen 60 und 90mmHg gehalten

werden. Weiters sollte eine atemphysiotherapeutische Schulung bzgl. der richtigen

Inhalationstechnik und des „Krisenmanagements“ erfolgen.

Siehe auch: http://www.goldcopd.org

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Pulmonalembolie

S Asadi, A Fazekas, 11/2014 Unter einer Pulmonalarterienembolie (PAE) bzw. Pulmonalembolie (PE) versteht man den

Verschluss einer Lungenarterie durch ein Blutgerinnsel, häufig als Embolus einer tiefen

Beinvenenthrombose (TVT) der Bein- oder Beckenvenen. Die PE stellt die dritthäufigste

kardiovaskuläre Todesursache dar.

Risikofaktoren:

• Vorangegangene PE / TVT in der Anamnese

• Immobilisation / Rezente OP

• Karzinom

• Thrombophilie

• Höheres Alter

• Einnahme von Östrogen/Gestagen

Klinik: • Dyspnoe/Tachypnoe

• Tachykardie

• Thoraxschmerzen

• Angst, Beklemmungsgefühl

• Husten, ggf. Hämoptysen

• Synkope, Schock Eine ausgedehnte PE führt zu einem Anstieg des pulmonalen Widerstandes und somit zu

einer erhöhten Nachlast für das rechte Herz mit Abfall des Herzzeitvolumens. Gemeinsam

mit einer vermehrten Totraumventilation und konsekutiver Hypoxämie kommt es zu einer

Myokardischämie, die zu einer akuten Dekompensation des rechten Herzen führen kann

(Rechtsherzinsuffizienz).

Diagnose:

Das Lungenröntgen ist bei der PE meist nicht richtungsweisend. In der BGA kann man ggf.

eine Hyperventilation bei relativer Hypoxämie sehen. Das EKG kann Zeichen einer

Rechtsherzbelastung mit neuem RSB bzw. ST-Änderungen über dem rechten Herz bzw. ein

klassisches SIQIII zeigen. Zeichen einer Rechtsherzbelastung im Herzecho sind ein dilatiertes

Rechtsherz sowie ein erhöhter geschätzter Pulmonalisdruck (sPAP), sowie ein erhöhtes

Troponin und ein erhöhtes BNP. Ein Wells-Score unter 2 sowie ein negatives D-Dimer

(Fibrinabbauprodukt) schließt eine PE zu >99% aus, diese Konstellation hat also einen hohen

negativ prädiktiven Wert. Die Höhe eines positiven D-Dimers ist nicht systematisch mit der

Wahrscheinlichkeit oder dem Ausmaß einer PE korreliert. Eine D-Dimer Erhöhung findet sich

auch in vielen anderen klinischen Situation z.B. Adipositas, Schwangerschaft, Infekt, Tumor.

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WELLS SCORE (Tabelle nach Wells PS et al, Ann Intern Med 2001;135:98-107) Risikofaktoren Punkte Klinische Zeichen und Symptome einer tiefen

Venenthrombose

3

Andere Diagnose unwahrscheinlicher als PE 3 Herzfrequenz >100/min 1,5 Immobilisierung oder Operation innerhalb von 4 Wochen 1,5 Frühere tiefe Venenthrombose oder PE 1,5 Karzinom (Therapie innerhalb 6 Wo, Palliativtherapie) 1 Hämoptysen 1

Klinische Wahrscheinlichkeit Niedrig < 2 Mittel 2 - 6 Hoch > 6

Falls eine PE wahrscheinlich oder nicht sicher auszuschließen ist, führt man eine CT-

Pulmonalis-Angiographie („CT PE“) durch. In der Bildgebung kommt der Thrombus als

Kontrastmittelaussparung in der Pulmonalarterie bzw. ihrer Äste zur Darstellung, bei diesem

Untersuchungsprotokoll können gleich auch die Beinvenen auf eine TVT mituntersucht

werden (alternativ zur Beinvenen-Duplexsonographie). Falls eine KM-Gabe nicht möglich ist

(bei z.B: KM-Allergie oder relevanter Niereninsuffizienz) kann ein Ventilation/Perfusion-

Szintigraphie („V/Q-Scan“) durchgeführt werden. Hier würde sich im Areal der PE

szintigraphisch zwar eine Ventilation finden, jedoch keine Perfusion (sog. „Mismatch“) – die

Wahrscheinlichkeit der PE wird vom Nuklearmediziner mit nierig/mittel/hoch angegeben.

Abb.: CT PE: Pulmonalarterienembolie beiseits mit KM-Aussparungen im linken

Pulmonalishauptstamm(langer Pfeil) sowie in den Ästen der rechten Pulmonalarterie (kurzer

Pfeil)

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Therapie: Bei hohem klinischen Verdacht auf eine PE sollte gleich mit einer Antikoagulation begonnen

werden, selbst wenn die Bildgebung noch ausständig ist. Eventuell vorliegende relative

Kontraindikationen gegen eine Antikoagulation müssen im Einzelfall gegen den Benefit der

Antikoagulation abgewogen werden. Die Wahl der Therapie orientiert sich an der

hämodynamischen Situation des Patienten, wie in der Folge dargestellt wird: Hämodynamisch stabile Patienten

Hämodynamisch stabile Patienten (RR>90/60mmHg, HF<100/min) ohne Zeichen einer

Rechtsherzbelastung werden auf der Normalstation behandelt. Als initiale parenterale

Antikoagulation kommt hierfür ein niedermolekulares Heparin (LMWH = Low Molecular

Weight Heparin, z.B. Enoxaparin 1mg pro Kilogramm Körpergewicht zwei mal pro Tag) in

Frage.

Eine orale Antikoagulation sollte möglichst noch am Tag der Diagnosestellung begonnen

werden, klassischerweise wird hierfür ein Vitamin-K-Antagonist verabreicht, wobei

zunehmend nun auch die direkte oralen Antikoagulantien („DOAKs“) zum Einsatz kommen.

Ein typischer Beginn mit einem Vitamin-K-Antagonist (VKA) wäre mit Phenprocoumon 3mg

Tabletten in sog. „Loading dose“: 3 Tbl am 1.Tag, 2 Tbl am 2.Tag, 1 Tbl am 3.Tag, INR-

Kontrolle am 4. Tag; ältere Patienten sollen vorsichtiger geloadet werden z.B. 2 am 1. Tag, 1

Tbl am 2.Tag, 1 Tbl am 3.Tag). Die weitere Dosierung orientiert sich an der INR, die nach

einer TVT/PE zwischen 2-3 liegen sollte. LMWH soll für zumindest 5 Tage gegeben werden

und kann abgesetzt werden, sobald der INR an zwei konsekutiven Tagen über 2 liegt. Sollte

die TVT/PE unter schon laufender oraler Antikoagulation (OAK) stattgefunden haben, wird

der Ziel-INR Wert auf 3-4.5 angehoben.

Die DOAKs wie z.B. Rivaroxaban oder Dabigatran als Therapiealternative bei der PE/TVT

bedürfen keines Gerinnungsmonitorings, allerdings ist auch kein direktes Antidot verfügbar.

Patienten mit einer malignen Grunderkrankung sollten aktuell lediglich mit LMWH

antikoaguliert werden. Eine Einstellung auf VKA wäre mit einem erhöhten Blutungsrisiko

verbunden, die Einstellung auf DOAKs befindet sich aktuell noch in Evaluation.

Die Dauer der oralen Antikoagulation liegt nach der ersten TVT/PE bei ca. 6-12 Monate. Bei

hohem Blutungsrisiko oder einer eindeutigen Ursache der TVT/PE (z.B. nach einem

orthopädischen Eingriff) kann auch eine verkürzte Dauer von 3 Monaten gewählt werden.

Nach einer Rezidiv-TVT/PE muss die OAK lebenslänglich eingenommen werden.

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Hämodynamisch instabile Patienten

Hämodynamisch instabile Patienten mit Rechtsherzbelastung/Schock durch eine massive PE

werden auf die ICU aufgenommen und einer systemischen Lysetherapie zugeführt (z.B. mit

dem Plasminogenaktivator Alteplase 10mg über 2min, dann 90mg über 2h; begleitet von

unfraktioniertem Heparin 5000 IE als Bolus i.v. gefolgt von 14-18 IE/kgKG/h um die aPTT

zwischen 1.5-2.5 zu halten). Alternativ kann auch eine chirurgische Embolektomie in

Erwägung gezogen werden.

Nach jeder TVT/PE ohne erkennbarer Ursache sollte bei klinischer Relevanz eine

Thrombophilie-Diagnostik (Faktor-V-Leiden, APC-Resistenz) und eine Tumorsuche

(Sonographie Abdomen & Halslymphknoten, gyn./uro. Vorstellung, Tumormarker)

angeschlossen werden.

Bei einer TVT sollte das betroffene Bein mit einem Kompressionsverband versorgt werden.

Referenzen:

• Antithrombotic Therapy and Prevention of Thrombosis, 9th ed: American College of

Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines

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Pneumothorax

A Fazekas, 1/2015

Eine Luftansammlung zwischen den Pleurablättern wird als Pneumothorax bezeichnet. Ein

spontaner, primärer Pneumothorax entsteht ohne erkennbare Ursache bei Patienten ohne

pulmonaler Vorerkrankung. Ein sekundärer Pneumothorax entsteht bei Patienten mit

pulmonaler Vorerkrankung (z.B. Emphysem, COPD, Tumor). Ein Pneumothorax kann auch

traumatisch bzw. iatrogen (z.B. nach BSK, Pleurapunktion, thoraxchirurgischem Eingriff, CT-

gezielter Punktion) bedingt sein.

Abb.: Pneumothorax rechts. Der Pfeil zeigt auf die Pleura visceralis, die sich als „White Line“

demarkiert. Lateral davon sind keine Lungenstrukturen mehr zu erkennen. Mediastinalshift

nach links als Zeichen eines Spannungspneumothorax. Emphysem bei Nikotinabusus,

Nebenbefundlich Granulomen in den Oberfeldern bei Z.n. TBC.

Typische Symptome sind ein inspiratorisch betonter, stechender Thoraxschmerz der

betroffenen Seite und Atemnot. Klinisch findet sich ein vermindertes Atemgeräusch sowie

ein hypersonorer Klopfschall über dem Pneumothorax (die relevanteste Lokation für die

Untersuchung liegt pektoral – Luft steigt auf). Radiologisch findet sich eine

Transparenzerhöhung sowie ein Fehlen von Lungengefäßen im Pneumothorax-Areal, die

Pleura visceralis stellt sich als weiße Linie dar, die sich von anderen anatomischen Strukturen

wie Rippen oder Schulterblättern abgrenzt. Ein Pneumothorax lässt sich auch sonographisch

darstellen: normalerweise gleiten die beiden aneinanderliegen Pleurablätter aneinander,

was sich sonographisch als „seashore“-Phänomen darstellen läßt – bei einem Pneumothorax

läßt sich dieses Phänomen nicht nachweisen.

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Klinisch kann eine Hypoxie vorliegen, es sollte gleich mit einer O2-Gabe begonnen werden,

um die Sättigung zumindest über 90% zu halten. Prinzipiell wird die Verabreichung von

„high-flow-oxygen“ empfohlen, um den Stickstoff aus den Lungenkapillaren auszuwaschen –

dies soll zu einer schnelleren Resorption der Luft aus dem Pneumothorax führen. Traditionell

wird zumindest 2L/min O2 selbst bei normalen Sättigungswerten verabreicht, wobei höhere

O2-Flussraten durchaus auch plausibel wären. Ein Pneumothorax unter 2-3cm Breite wird

gängig als „klein“ bezeichnet – hier kann ein konservatives Vorgehen mittels Observation

(Lungenröntgen alle 1-2d) und O2-Gabe beschritten werden.

Ein Pneumothorax über 3cm wird üblicherweise interventionell behandelt. Zur

Verdeutlichung: ein Mantelpneumothorax mit 3 cm führt zu einem rund 50%igem

Volumensverlust der betroffenen Lungenseite. Initial kann eine einfache Nadelaspiration

versucht werden (grüne Nadel/Venflon mit aufgesetzter Spritze und manuellem Sog),

üblicherweise wird aber gleich eine Drainage gesetzt – dies kann in Form einer „TruClose“

Systems (ca 10cm langes Kästchen mit Ventil und Drain, welcher mittels Mini-Trokar

intercostal meist im 3.ICR in der Medioclavikularlinie gelegt wird; das System wird dann an

der Haut angeklebt) oder einer Bülau-Drainage erfolgen (relativ dicker Drain, welcher unter

sterilen Bedingungen intercostal meist im 5.ICR der mittleren/vorderen Axillarlinie gelegt

wird). Punktionsort bei Drainage ist immer überhalb einer Rippe, nachdem unterhalb der

Rippe das Gefäß-Nerven-Bündel verläuft. Zur anatomischen Orientierung (insbesonders bei

Pleuraergussdrainage) kommt der Ultraschall zum Einsatz.

Ein Spannungspneumothorax zeigt sich radiologisch mit Verdrängung des Mediastinums zur

gesunden Seite hin („Mediastinalshift“). Nachdem die großen Gefässe und das Herz

hierdurch komprimiert werden und es dadurch zu einem Kreislaufversagen kommen kann,

muss der Spannungspneumothorax zügig drainiert werden. Im Notfall kann zur akuten

Entlastung auch ein großlumiger Venflon im 2.ICR in der Medioclavikularlinie platziert

werden. Beim „TruClose“-System merkt man die laufende Drainage am sich bewegenden Ventil. Eine

liegende Bülaudrainge wird an ein „Wasserschloss“ angeschlossen – dies ist ein Gefäß mit

Wasser, in dass der Bülau-Schlauch eintritt – so kann Luft aus dem Drain entweichen, aber es

kommt keine von außen hinein. Die Bülau-Drainage „spielt“ wenn sich analog zur

Atemexkursion Sekret im Schlauch hin- und her bewegt. Die Bülau „bläst“ wenn es spontan

oder beim Husten zum Luftaustritt in Form von Blasen im Wasserschloss kommt. Bei einem

Patienten mit liegendem Bülaudrain, der erneut Symptome eines Pneumothorax zeigt und

dessen Bülau weder bläst noch spielt ist ein Dislokation oder Verstopfung der Drainage zu

vermuten – umgehend sicherstellen, dass die Bülau offen ist und Hilfe holen!

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Abb.: Selber Patient. Liegende Bülau rechts mit nun wieder vollständig entfalteter Lunge.

Geringes Weichteilemphysem rechts.

Sobald ein Pneumothorax vollständig entfaltet ist, kann die Drainage entfernt werden (bei

komplizierten Verläufen wird sie manchmal noch wenige Tage belassen). Eine

Röntgenkontrolle sollte am Folgetag durchgeführt werden, um ein Rezidiv auszuschließen.

Patienten, die bereits einen Pneumothorax auf der selben Seite in der Voranamnese gehabt

haben, werden dem Thoraxchirurgen vorgestellt – eine VATS (Video-assistierte

Thorkoskopie) wird durchgeführt, um eine eventuelle Ursache des Rezidivpneumothorax

festzustellen und ggf. eine Pleurodese oder Bullektomie durchzuführen.

SIehe auch: British Thoracic Society Guidelines on Pleural Disease 2010

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Bronchitis & Pneumonie

A Hartmann, G Rainer, A Fazekas 6/2013 Eine Bronchitis ist eine Entzündung der Atemwege ohne Hinweis auf eine Beteiligung der

Lunge. Bei vorliegender bronchospastischer Komponente kann eine inhalative

bronchodilatative Therapie verabreicht werden, eine Antibiose ist aber nicht indiziert.

Pneumonien sind durch Mikroorganismen bedingte Entzündungen des Lungenparenchyms.

Zur Klinik zählen organspezifische Symptome wie akuter Husten, Auswurf, Dyspnoe und

atemabhängiger Schmerz und Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und

schweres Krankheitsgefühl.

Je nach Risikogruppe, kommen verschiedene Erregerspektren in Frage. So dominieren bei

jüngeren Erwachsenen ohne Vorerkrankung etwa Pneumokokken, Mycoplasma

pneumoniae, Chlamydophila pneumoniae, oder bei Patienten mit schweren, obstruktiven

Atemwegserkrankungen und häufigen Exazerbationen Haemophilus influenzae, E. coli,

Klebsiella pneumoniae oder Pseudomonas aeruginosa.

Abb: 56a, männlich, Liegendaufnahme auf Intensivstation. Pneumonisches Infiltrat im rechen

Unterlappen. Der rechte Herzrand lässt sich gegenüber dem Infiltrat abgrenzen, insofern

kann das Infiltat dem Unterlappen zugeordnet werden. Wäre das Infiltrat im Mittellappen

und somit direkt neben dem Herz gelegen, wäre der rechte Herzrand im Sinne eines

„Silhouetten-Phänomens“ nicht abgrenzbar.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen community acquired pneumonia (CAP) und

hospital acquired pneumonia (HAP). Eine HAP tritt auf, wenn die Symptomatik innerhalb

eines Krankenhausaufenthalts auftritt (auch am ersten Tag) oder innerhalb von vier Wochen

nach Entlassung.

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Außerdem gibt es die anatomische/radiologische Einteilung: Lobärpneumonie

(Intraalveoläre Ausbreitung bis zum Ausfüllen eines Lobus unter Berücksichtigung

anatomischer Grenzen), Lobär- oder Bronchopneumonie (Ausbreitung über die Atemwege

unter Einbeziehung weiter Areale), Interstitielle Pneumonie (v.a. bei Viren kann das Infiltrat

interstitiell betont sein oder kann Teile der Lungenperipherie homogen ausfüllen – sog.

„Milchglas“).

Mindestvoraussetzung für die Diagnose „Pneumonie“ sind der radiologische Nachweis eines

neuen oder progredienten Lungeninfiltrats und zusätzlich zwei der folgenden Kriterien:

Leukozytose (>= 12 G/l, Fieber (>38,3°C) oder Hypothermie (<36°C), sowie purulentes

Tracheobronchialsekret.

Zur Einschätzung, ob eine Behandlung im Krankenhaus notwendig ist, wird der CURB 65-

Score herangezogen. Weitere wichtige Faktoren sind chronische Komorbiditäten und eine

etwaige Antibiotika-Vortherapie.

CURB-65 Score

Je ein Punkt für:

• Confusion

• Urea >7 mmol/L (erhöhter Harnstoff)

• Respiratory Rate > 30/min

• Blood Pressure: systolic <90mmHg, diastolic<60mmHg

• Age > 65 years

Mortalitätsrisiko

• Score 0-1: gering (~1%)

• Score 2: intermediär (~10%)

• Score 3-5: hoch (~20%<)

Ab zwei Punkten ist eine Hospitalisierung, ab 3 Punkten die Aufnahme auf eine

Intensivstation indiziert.

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Wenn Patienten mit V.a. Pneumonie aufgenommen werden, werden Blutbild, Gerinnung,

Chemie inkl. CRP & PCT (=Procalcitonin, ein Sepsis-Marker) bestimmt, sowie eine arterielle

BGA und ein C/P durchgeführt. Bei Temperaturen über ~38°C werden Blutkulturen (aerob

und anaerob) abgenommen. Im Rahmen der Anamneseerhebung sind die Fragen nach oben

genannten Symptomen unerlässlich, wobei sich die Therapie an der Klinik, vorliegender

Comorbiditäten sowie dem Risiko einer Pseudomonas-Infektion orientiert. Ein Sputum-

Antibiogramm mit Resistenzen muss zwar immer angeordnet werden, jedoch wird die

antibiotische Therapie anhand des Risikoprofils empirisch verabreicht, noch bevor das

Antibiogramm vorliegt. Weiters sollen Legionellen- und Pneumokokken-Antigen aus dem

Harn, und Mycoplasmen-Antiköper aus dem Serum bestimmt werden. Liegt ein Pleuraerguss

vor, sollte dieser spätestens bei Nicht-Ansprechen auf die initiale Therapie punktiert und

ebenfalls mikrobiologisch, bzw. laborchemisch analysiert werden. Die Untersuchung sollte

die Bestimmung des pH-Wertes, des Eiweißgehaltes, eine Gramfärbung und eine

Bakterienkultur beinhalten.

Antibiotische Therapie

Die antibiotische Therapie soll nur bei gesicherter Indikation erfolgen. Liegen bei einem

Patienten keine der genannten Risikofaktoren (CURB65) vor, ist Amoxicillin das Mittel der

ersten Wahl. Alternativ dazu stehen Makrolide wie Clarithromycin, Roxithromycin oder

Azithromycin, bzw. Tetrazykline, wie Doxyzyklin zur Verfügung. Diese Patienten werden aber

üblicherweise aufgrund des fehlenden Risikoprofils nicht im Spital behandelt.

Patienten, die ins Spital aufgenommen werden müssen, sollten mit einem Penicillin

zusammen mit einem β-Lactamase-Inhibitor behandelt werden (z.B. Ampicillin und

Sulbactam). Die weitere Kombination mit einem Makrolid wie Clarithromycin soll erwogen

werden.

Schwere ambulant erworbene Pneumonien (sCAP – severe community aquired pneumonia)

werden entsprechend des Risikos für eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa behandelt.

Besteht kein Pseudomonas-Risiko, sollte ein breites β-Lactam-Antibiotikum (Cefotaxim,

Ceftriaxon, Piperazillin/Tazobactam) mit einem Makrolid kombiniert werden, liegt ein

Pseudomonas-Risiko vor (z.B. Bronchiektasien, FEV1<35%, COPD IV, Cystische Fibrose), sollte

eine Kombinationstherapie bestehend aus Piperacillin/Tazobactam, Cefepim, Imipenem oder

Meropenem und einem Makrolid erfolgen.

Eine Verzögerung der Therapieeinleitung über acht Stunden und länger nach stationärer

Aufnahme geht mit einer erhöhten Letalität einher!

Im Rahmen der Visite sollte eine tägliche klinische Untersuchung erfolgen (Auskultation, RR,

Herz- und Atemfrequenz, SpO2), sowie im Verlauf eine regelmäßige Kontrolle der

Laborparameter (BB, E-Lyte, Transaminasen, Kreatinin, CRP, PCT). Zeichen klinischer

Instabilität sind Tachypnoe, veränderter Bewusstseinszustand und Hypoxämie (pO2

<60mmHg oder SaO2 <90%). Eine klinische Verschlechterung am dritten Tag der Antibiose

bzw. ein Anstieg der Entzündungsparameter (BB, CRP und insbesonders PCT) deutet auf ein

Nichtansprechen der empirisch verabreichten Antibiose und sollte zu einer Umstellung der

Therapie führen.

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Die antibiotische Therapie sollte acht bis zehn Tage, zumindest aber drei weitere Tage nach

Besserung der Symptomatik erfolgen. Patienten mit niedrigem Risiko erreichen die klinische

Besserung durchschnittlich nach drei Tagen, mit mittlerem Risiko nach vier Tagen und mit

hohem Risiko nach sechs Tagen. Bei nachgewiesener Infektion durch Pseudomonas

aeruginosa wird eine Therapiedauer von rund zwei Wochen empfohlen!

Nach Entlassung wird eine kurzfristige Kontrolle im niedergelassenen Bereich innerhalb von

drei bis sieben Tagen, sowie eine Röntgenkontrolle nach etwa vier Wochen empfohlen.

Referenzen:

S3 Leitlinien Community Aquired Pneumonia 2009

S3 Leitlinien Nosokomiale Pneumonie 2012

Empyem

A Fazekas, 6/2013 Als Pleuraempyem wird eine Eiteransammlung im Pleuraraum bezeichnet, es stellt meist

eine Komplikation einer bakteriellen Pneumonie da. Häufige Erreger sind Pneumokokken

sowie andere Erreger von Lobärpneumonien, wie Staphylokokken und Klebsiellen.

Symptome umfassen Husten mit Auswurf, Thoraxschmerzen, Atemnot, Fieber. Bei der

körperlichen Untersuchung sind ein abgeschwächtes Atemgeräusch bei der Auskultation und

ein gedämpfter (hyposonorer) Klopfschall bei der Perkussion über dem Pleuraempyem

typisch, aber unspezifisch. Pleuraempyeme zeigen sich im Nativröntgen als deutliche

Transparenzabnahme, die Eiteransammlung führt zur Spiegelbildung. Zur Drainage-/OP-

Planung wird meist ergänzend eine CT angefertigt. Die Therapie besteht in einer

Thoraxdrainage sowie einer Antibiose. Bei gekämmerten Pleuraempyemen kann eine

Thorakoskopie mit Spülung und gezielter Drainage nötig werden. Ältere, chronische

Pleuraempyeme bilden sogenannte „Pleuraschwarten“, in diesem Fall kann auch eine

Thorakotomie mit partieller Pleurektomie und Thoraxdrainage nötig sein.

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Pleuraerguss

M Urban, 6/2013

Ein Pleuraerguss ist eine abnorm hohe Flüssigkeitsansammlung zwischen parietaler und

viszeraler Pleura. Physiologisch wird die Pleuraflüssigkeit apikal sezerniert (ca. 0,5ml/kg-

KG/d) und basal lymphatisch resorbiert. Es ist bedarfsorientiert eine Steigerung der

Resorption auf das 20-fache (700ml/d) möglich.

Ätiologisch kommen als häufigste Ursachen der kardial bedingte, der maligne sowie der

parapneumonische Erguss in Frage. Weitere Ursachen beinhalten Begleitergüsse bei

Lungenembolie und Leberzirrhose. Seitens der Symptomatik manifestiert sich ein

Pleuraerguss erst recht spät, in erster Linie durch Belastugnsdyspnoe, thorakales

Druckgefühl und Husten. Klinisch-physikalisch findet man in Abhängigkeit der Ergussmenge

einen gedämpften Klopfschall sowie abgeschwächte Atemgeräusche.

In der Abklärung des Ergusses bedarf es einer quantitativen (Bildgebung) und qualitativen

(Punktion + Laboranalyse) Diagnostik. Seitens der Bildgebung bietet das Thoraxröntgen (in 2

Ebenen!) klassischerweise den ersten Anhaltspunkt. Ergussmengen über 200ml sind als

abgeflachter Zwerchfellwinkel erkennbar. Nachfolgend stehen die Sonographie sowie die

Computertomographie im Vordergrund. Sonographisch können die Ergusslokalisation, -

menge, eine Septierung und mögliche differenzialdiagnostische Abgrenzungen (solide

Pleuraprozesse) erhoben werden, sowie eine Punktionsstelle definiert werden. Der

Stellenwert der Computertomographie ergibt sich aus der hohen Sensitivität schon bei

kleinsten Ergussmengen und der Abklärung bei klinischem Verdacht auf ein Pleuraempyem.

Wegweisend hierbei sind ein septierter/gekämmerter Erguss sowie die Kontrastmittel-

Aufnahme in den verdickten Pleurablättern.

Die laborparametrische Diagnostik des Ergusses erfolgt mittels Pleurapunktion. Nach i.d.R.

sonographischer Abklärung und Abschätzung des Blutungsrisikos (Grenzwerte:

Thrombos>50000/µL, PTZ>50%) wird am Oberrand einer Rippe (CAVE: Intercostalgefäße und

–nerven laufen direkt unterhalb einer Rippe) die Pleurahöhle punktiert und min. 20ml

Punktat zur weiterführenden Diagnostik entnommen. Bei ausgeprägten Ergüssen mit

kompromittierter Atemmechanik kann mittels Veres-Nadel nach lokaler Anästhesie (Xylocain

2%) eine Entlastungspunktion vorgenommen werden. Zwecks Vermeidung eines

Reexpansionsödems wird die Punktatmenge bei erstmaliger Punktion auf ≤1500ml

beschränkt, sowie zum Ausschluss von Komplikationen (Pneumothorax, Blutung, etc.) ein

C/P-Röntgen durchgeführt. Eine initiale optische Begutachtung kann bereits Hinweise auf die

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ursächliche Pathologie liefern (gelblich-serös ≙ Normalbefund, trüb ≙ Empyem, milchig ≙

Chylothorax, hämorrhagisch ≙ maligne/PE).

Die Labordiagnostik beinhaltet routinemässig chemische (Proteingehalt, LDH, pH, Glucose,

Amylase), zytologische, und mikrobiologische Analyten. Eine zentrale Rolle kommt der

Unterscheidung zwischen Transsudat (unter 3mg% Eiweisgehalt) und Exsudat (über 3mg%

Eiweisgehalt) zu. Ein Transsudat ist bedingt durch einen erhöhten

hydrostatischen/erniedrigten onkotischen Druck an der Pleura (z.B.: Linksherzinsuffizienz,

nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose), das Exsudat bildet sich durch Störung der

Kapillarpermeabilität (maligne Erkrankungen, Entzündung).

Differenziert wird standardmäßig anhand der sog. Light – Kriterien, welche das Vorliegen

eines Exsudates wie folgt charakterisieren:

• Pleuraerguss-Protein / Serum-Protein-Ratio: > 0,5

• Pleuraerguss-LDH / Serum-LDH: > 0,6

• Pleuraerguss-LDH grösser als 2/3 des oberen Referenzbereich für Serum-LDH

Weiters können folgende Charakteristika auf ein Exsudat hinweisen:

• Eiweissgehalt im Pleuraerguss: > 29 g/l

• Cholesterin im Pleuraerguss: > 450 mg/l

Beim Nachweis eines Exsudats kann mittels Zytologie ein Malignitätsnachweis erbracht

werden. Steht ein infektiöses Geschehen im Raum, hat sich aus Kombination der Bildgebung

sowie optischer und laborparametrischer Punktatdiagnostik die in nachstehender Tabelle1.

angeführte klinische Einteilung etabliert.

Bei entsprechenden Hinweisen auf ein Empyem (pH < 7.1, LDH > 1000, eitriges Punktat) ist

rasch eine Sanierung mittels Pleuradrainage oder chirurgischer Intervention anzustreben.

Ein rezidivierender Erguss nach wiederholter Entlastungspunktion stellt eine Indikation zur

Pleurodese dar. In der Praxis wird hierfür initial ein Lokalanästhatikum (z.B. 2 Amp. Lidocain

2% ad 100ml NaCl), danach 4g Talkum (ad 100ml NaCl) in die Pleurahöhle instilliert. Dadurch

wird ein Entzündungsreiz gesetzt (CAVE: NSAR vorher pausieren!), der nachfolgend zu einer

Verklebung der Pleura parietalis und visceralis mit Sistieren des Ergusses führt. Als

Alternative zur Pleurodese stellt sich das Anlegen eines getunnelten Pleuraverweilkatheters

dar, über den intermittierend Pleuraflüssigkeit abgelassen werden kann. Dies kann der

Patient bzw. dessen Betreuer auch nach entsprechender Schulung in der heimatlichen

Umgebung selbst durchführen.

Referenz: British Thoracic Society Guidelines on Pleural Disease 2010

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Interstitielle Lungenerkrankungen

A Fazekas, H Koller 11/2013

Als Interstitium wird der Halteapparat der Lunge bezeichnet. Erkrankungen, die sich primär

in diesen anatomischen Strukturen bewegen, werden als interstitielle Lungenerkrankungen

bzw. als diffuse Lungenparenchymerkrankungen bezeichnet. Die bekanntesten Vertreter aus

dieser Gruppe an größtenteils seltenen Erkrankungen sind die Sarkoidose und die

Idiopathische Pulmonale Fibrose. Eine Abhandlung der einzelnen Entitäten würde den

Rahmen dieses Skriptums übersteigen. Einen Einblick in diese Erkrankungen gewährt z.B. die

Homepage der European Lung Foundation. Sarkoidose

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Erkrankung unbekannter Ursache, die bevorzugt bei

Menschen zwischen 20-40 Jahren auftritt. Vermutlich führt ein exogener Reiz zu einer

fehlgeleiteten Immunantwort. Möglich Symptome können unspezifisch sein wie z.B. eine

Fatigue, bei mediastinaler Lymphadenopathie kann ein sternaler Druck sowie ein Hustenreiz

vorkommen, allerdings kann sich auch ein ausgedehnter Befund asymptomatisch

präsentieren. Oft führt der Zufallsbefund einer bihilären bzw. mediastinalen

Lymphadenopathie zur weiteren Abklärung. Wichtige klinische Differentialdiagnosen sind

maligne Lymphome und Tuberkulose sowie die Berylliose. Pulmonal können sich in

unterschiedlicher Ausprägung noduläre Läsionen, eine interstitielle Gerüstvermehrung bzw.

ein fibrotischer Umbau zeigen. Die Diagnose wird meist aus bronchoskopisch gewonnenen

Proben gestellt (BAL; Biopsien aus Lymphknoten, Schleimhaut und Lunge). Histologisch

finden sich nicht-verkäsende Granulome mit Lymphozyten, Epitheloid- und Langerhans-

Riesenzellen. Epitheloidzellen sind Makrophagen, die sich mit dem Bestreben, eine Noxe

lokal einzumauern, in Epithel-artige Zellen umgewandelt haben. Mehrere Epitheloidzellen

können zu Langerhans-Riesenzellen (ca 0,3mm DM) fusionieren. In der BAL zeigt sich eine

erhöhte CD-4/CD-8–Ratio (Verhältnis von Cluster of Differentiation 4 positiven Zellen zu

Cluster of Differentiation 8 positiven Zellen), diese beträgt normalerweise ca. 3 und liegt bei

akuter Sarkoidose über ~5. Im Blut findet sich bei ca. 60% der Patienten das ACE

(Angiotensin Converting Enzyme) erhöht. Die Granulome können autonom Vitamin D bilden, dies kann selten zu einer Hypercalciämie führen.

Die Sarkoidose wird in Stadien eingeteilt, wobei diese rein nominell zu verstehen sind und nicht etwa dem natürlich Verlauf oder dem Schweregrad der Erkrankung entsprechen:

• Stadium I: bihiläre (+/- paratracheale) Lymphadenopathie

• Stadium II: hiläre und pulmonale Läsionen (Granulome)

• Stadium III: rein pulmonale Manifestation

• Stadium IV: Lungenfibrose (Konglomeratfibrose, Honigwaben, Bullae/Zysten, Schrumpfung der OL) mit Funktionsminderung der Lunge

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Abb.: Bihiläre Lymphadenopathie und interstitielles reticuläres Muster bei einem 30-jährigen

Patienten mit Sarkoidose II

Andere Organe können auch betroffen sein und sollten daher mituntersucht werden:

• Augen: Konsil beim Augenarzt (Uveitis?)

• Herz: Echo (Läsionen?) 24h EKG (Arrhythmien?)

• Haut, Gelenke: Klinische Untersuchung. Eine cutane Mitbeteiligung im Sinne eines

Erythema nodosum findet sich regelhaft bei der akut verlaufenden Sarkoidose mit

Fieber und Polyrheumatismus im Sinne eines Löfgren-Syndroms und zeigt insgesamt eine gute Chance auf Spontanremission.

• Hirn, Leber, Milz, Knochenmark, Knochen, Nieren: gezielte Bildgebung lediglich bei entsprechender Symptomatik

• Sarkoidoseherde können auch mittels PET bzw. PET/CT dargestellt werden

• Kalzium im 24h-Harn

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In den meisten Fällen ist keine medikamentöse Therapie notwendig, es besteht eine hohe

Spontanremissionsrate. Bei ausgeprägter Symptomatik oder lungenfunktioneller

Einschränkung sowie relevanter Beteiligung von Organen wie Auge & Herz oder einer

Hypercalciämie erfolgt eine Cortisontherapie (z.B. Aprednislon 30-40mg/d, dann

Dosisreduktion, um bei einer Tablette Aprednislon 25mg anzukommen – weitere

Dosissteuerung nach Klinik, z.B 10mg für zumindest ein Jahr). Die Cortisontherapie muss von

einem Magen- und Knochenschutz begleitet werden. Das Immunsuppresivum Methotrexat

(Ebetrexat®) kommt zum Einsatz, wenn eine Cortison-Einsparung von Nöten ist (z.B. bei

Diabetes mellitus). Methotrexat wird in einer Dosis von 10-30mg einmal pro Woche

verabreicht (Dosen ab 15mg mindestens 1h vor oder 2h nach Essen). Therapieoptionen der

chron. Sarkoidose neben Methotrexat sind Hydroxychlorochin sowie TNF-Blocker wie z.B. Etanercept.

Verlaufkontrolle inklusive C/P und großer Lungenfunktion empfehlen sich bei der Sarkoidose

initial alle 3 Monate. Idiopathische Lungenfibrose

Die IPF ist eine Erkrankung v.a. des älteren Menschen, die mit Belastungsdyspnoe und –

hypoxämie, einem bibasalen Knisterrasseln in der Auskulation, Uhrglasnägeln und

Trommelschlegelfinger, sowie charakteristischen radiologischen Befunden einhergeht: sog.

„Honeycombing“ in den peripheren basalen Lungenabschnitten, Traktionsbronchiektasien

sowie einem von apikal nach basal einhergehendem fibrotischen Verteilungsmuster

(zusammengefasst als sogenanntes UIP-Muster = Usual Interstitial Pneumonia - Muster).

Bei eindeutiger Bildgebung muss keine histologische Probe zur Diagnosestellung gewonnen

werden. Bei diagnostischer Unsicherheit in der Bildgebung wird eine chirurgische

Lungenbiospie empfohlen. In der Lungenfunktion findet sich neben einer Diffusionsstörung

eine zunehmende Restriktion.

Die Hypoxämie muss mit einer entsprechenden LTOT behandelt werden.

Medikamentös steht Pirfenidon (wirkt antifibrotisch und antiproliferativ) zur Behandlung der

leichten bis mittelschwerden IPF zur Verfügung. Weiters steht Nintedanib, ein

Tyrosinkinaseninhibitor und Angiokinasehemmer, vor der Zulassung in Europa.

Das mittlere Überleben bei dieser Erkrankung beträgt lediglich rund 4 Jahre. Eine frühe

Listung zur Lungentransplantation ist bei geeigneten Patienten durchzuführen.

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Tuberkulose

A Fazekas, R Rumetshofer 7/2013

Ein Drittel der Menschheit ist asymptomatisch mit Mycobacterium tuberculosis infiziert. TB

ist nach HIV/AIDS die weltweit zweithäufigste infektiöse Todesursache. Mögliche klinische

Symptome sind eine B-Symptomatik (ungewollter Gewichtsverlust von 10% des

Körpergewichts in 6mon, Nachtschweiß, Fieber über 38°C), Hämoptysen. Im Lungenröntgen

führt meist ein kleinfleckiges, apikal betontes Infiltrat bzw. eine Kaverne zum TB-Verdacht.

Die Übertragung erfolgt nahezu ausschließlich aerogen. Ein Mensch mit „offener TB“ (M.

tuberculosis im Sputum nachweisbar) steckt im Durchschnitt ca. 10 Mitmenschen pro Jahr

an. Im Umgang mit Patientin mit möglicher/gesicherter TB empfiehlt es sich, dem Patienten

eine FFP1-Maske (ohne Filter) sowie sich selbst eine FFP3-Maske (mit Filter) aufzusetzen,

sowie die üblichen hygienischen Maßnahmen nach Patientenkontakt gewissenhaft

durchzuführen (Hände- und Gerätedesinfektion).

Abb.: Pulmonale Tuberkulose bei einer 47-jährigen weiblichen Patientin mit multiplen

Kavernen der rechten Lunge. Die größte Kaverne im Unterlappen rechts ist im CP und

korrespondierenden CT markiert. In der weiteren Abklärung fand sich eine Resistenz gegen

Isoniazid.

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TB-Abklärung:

• Status & Anamnese (TB-Exposition? Zurückliegende TB-Infektion? Risikofaktoren wie

HIV, Migration aus Endemiegebieten, Z.n. Transplantation, Therapie mit Biologika,

Silikose?)

• Lungenröntgen & CT-Thorax

• Labor (Leukozyten & CRP meist eher gering ausgelenkt)

• Sputum ad Auramin-Färbung (Screeningtest auf Bakterien mit fetthältiger Wand), bei

positivem Befund anschließend zur Bestätigung Ziel-Nielsen (ZN) Färbung: Fuchsin

dringt unter Hitze in die fetthältige Wand der Bakterien ein und kann anschließend

durch Säure nicht weggewaschen werden → „säurefeste Stäbchen“).

Nachweisgrenze: 5000 Bakterien/ml.

• Sputum ad TB-PCR: mittels PCR (Nachweisgrenze: 1 Bakterium/ml) kann innerhalb

von wenigen Stunden ein Resultat erhalten werden, sowie auch eine

Resistenztestung (Rifampicin-Resistenz mittels „GenXPert“ als erster Schritt)

durchgeführt werden.

• Sputum ad TB-Kultur: weiterhin Goldstandard, Resultat aber erst nach 1-8 Wochen.

Nachweisgrenze 50 Bakterien/ml

• Quantiferon-Test aus Vollblut (Interferon Gamma Release Assay = IGRA; hier werden

den Lymphozyten des Patienten TB-Antigene zugeführt und die resultierende

Interferon-Antwort quantifiziert)

• Mendel-Mantoux-Test MMT (0.1ml Tuberkulin wird intradermal am Unterarm

appliziert, das Resultat nach 48-72h abgelesen. Eine Induration über 5mm

(Immunsupprimierte, Kinder), 6mm (Gesunde) bzw. 15mm (BGC-Geimpfte) gilt als

hinweisend auf eine TB-Infektion

• Bronchoskopie mit BAL, Bronchialsekret ad Zyto, ZN, TB-PCR, TB-Kultur, Bürsten-

/Zangenbiopsie aus betroffenen Segmenten, ggf. transbronchiale

Lymphknotenpunktion

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TB-Therapie

Bei erfolgtem TB-Nachweis erfolgt die Einleitung einer Kombinationstherapie aus mehreren

Tuberkulostatika. Sobald im Sputum keine TB mehr nachweisbar ist, kann die Behandlung

ambulant weitergeführt werden. Laborkontrollen (insbes. Leberwerte) sollen zumindest

monatlich erfolgen. Das Standardschema umfasst: Medikament Empf. Dosis Max. Dosis Häufige Nebenweirkungen Isoniazid (INH) 5 mg/kgKG 300 mg/d Asympt. Hepatitis, Polyneuropathie Rifampicin (RFA) 10 mg/kgKG 600 mg/d Asympt. Hepatitis, gastrointestinale NW,

Juckreiz/Rash, Rotfärbung des Urin Pyrazinamid

(PZA)

25 mg/kgKG 2000 mg/d Asympt. Hepatitis, GI-NW

(Übelkeit), Arthralgie, Hyperurikämie Ethambutol

(EMB)

15 mg/kgKG 1600 mg/d Retrobulbärneuritis (Cave Visusverlust!),

ZNS-NW, Polyneuropathie, Arthralgie Initialphase

Über 2 Monate wird eine Kombinationstherapie bestehend aus Isoniazid (INH), Rifampicin

(RFA), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB) durchgeführt. Ist der Erreger für INH, RFA

und PZA sensibel, kann auf EMB verzichtet werden. Sputumkontrollen erfolgen mindestens

monatlich. Die radiologische Verlaufskontrolle am Ende der Initialphase ist obligat.

Kortikosteroide sind nur indiziert bei tuberkulöser Perikarditis oder Meningitis. In der

Schwangerschaft und bei Patienten mit Polyneuropathierisiko sollte INH mit Vitamin B6

(Pyridoxin 10-50mg/d) kombiniert werden.

Erhaltungsphase

Bei vollständiger Sensibilität des Erregers, gutem Therapieansprechen, unkompliziertem

Verlauf erhält der Patient nach der Initialphase nur noch INH und RFA für weitere 4 Monate.

Die Relapse-Rate liegt unter 5 %.

Die Erhaltungsphase wird auf 7 Monate verlängert (d. h. Gesamttherapiedauer von 9

Monaten) bei Patienten ohne PZA in der Initialtherapie (wegen Nebenwirkungen,

Schwangerschaft, Resistenz), Patienten mit Kavernen plus positiven Kulturen nach 2

Monaten Therapie, Patienten mit ausgedehnter Knochentuberkulose

Bei ZNS-TBC erstreckt sich die Erhaltungsphase über 10 Monate. Bei nachgewiesener TB

muss eine Anzeige (meldepflichtige Erkrankung) an das Magistrat erfolgen, welches eine

Umgebungsuntersuchung initiiert (Lungenröntgen und Mendel-Mantoux-Test bei Menschen,

die regelmäßigen Kontakt mit dem Infizierten hatten). Bei Patienten mit multiresistenter TB

(MDR – mult-drug-resistent) oder XDR-TB (extensive-drug-resistent) muss eine

Einzelisolation mit strengen Schutzmassnahmen durchgeführt werden. In der Therapie

kommen Reserve-Tuberkulostatika zum Einsatz, die Therapiedauer ist deutlich länger, die

Heilungsrate deutlich niedriger.

Referenz: Tuberkulose. H Flick, R Rumetshofer, G Wurzinger. WiKliWo 2/2012

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Lungenkarzinom

A Fazekas, B Buchner, M Hochmair 8/2014 Das Lungenkarzinom ist einer der häufigsten Tumore weltweit und zumeist durch das

Rauchen bedingt. Der Verdacht auf das Vorliegen eines Lungenkarzinoms entsteht entweder

als Zufallsbefund oder durch richtungsweisende Symptome wie z.B. Hämoptysen,

persistierendem Husten oder einer B-Symptomatik (ungewollter Gewichtsverlust von über

10% des Körpergewichts in 6 Monaten, Nachtschweiß, Fieber über 38°C ohne erkennbaren

Fokus).

Radiologische Merkmale eines Lungenkarzinoms sind eine unregelmäßige Begrenzung mit

strahlenförmigen Ausläufern, ein invasives Wachstum in umliegende Strukturen, sowie eine

Größenprogredienz im Vergleich zu Vorbildern.

Abb: Kleinzelliges Lungenkarzinom mit Rundherd im rechten Oberlappen (kurzer Pfeil) und

ausgeprägter mediastinaler Lymphadenopathie rechts paratracheal (langer Pfeil)

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Tumorstaging:

• Labor inkl. Blutbild, Nieren- & Leberfunktionsparameter, TSH, Tumormarker:

NSE= Neuronen Spezifische Enolase als Marker der kleinzelligen Lungenkarzinoms,

andere Marker wie CEA und CYFRA 21.1 haben in der Diagnostik und Therapie keinen

relevanten Stellenwert

• CT Thorax & Oberbauch mit KM (inkl. Leber & Nebennieren als typisches Ziel einer

Metastasierung)

• Sonographie Oberbauch und Hals-Lymphknoten (kann bei Vorhandensein eines PET

ggf. entfallen)

• Lungenfunktion (Spirometrie inkl. TLCO Messung bei vermutlicher Operabilität bzw.

vor einer etwaigen Strahlentherapie)

• Schädel MRT (cMRT) mit Kontrastmittel, alternativ: CCT mit KM (in den

internationalen Guidelines nur bei neurologischen Symptomen gefordert)

• Gewebegewinnung am Ort der einfachsten Zugänglichkeit, z.B. Punktion eines

Halslymphknotens bei cervikaler Lymphadenopathie). Meist ist jedoch eine

Bronchoskopie nötig (bei mediastinaler Lymphadenopathie vorzugsweise mit EBUS =

endobronchialem Ultraschall)

• Knochenszintigraphie (kleinzellige Bronchialkarzinome metastasieren häufig in den

Knochen, hier wird die Knochenszintigraphie routinemässig durchgeführt; beim nicht-

kleinzelligen Bronchuskarzinom wird sie nur beim klinischen Verdacht auf

Knochenmetastasen bzw. bei erhöhter Alkalischer Phosphatase durchgeführt)

• Die Positronen-Emissions-Tomographie PET bzw. PET-CT (entsprechend

Verfügbarkeit) erhöht die Verlässlichkeit des präoperativen Stagings

Abb: CT zum C/P auf der vorhergehenden Seite: Kleinzelliges Bronchialkarzinom mit

Rundherd im rechten Oberlappen (kurzer Pfeil) und ausgeprägter mediastinaler

Lymphadenopathie rechts paratracheal (langer Pfeil)

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In der feingeweblichen Aufarbeitung (Zytologie / Histologie) wird der grundlegende Typus

des Lungenkarzinoms festgelegt. Die häufigsten Typen sind Adenokarzinom bzw.

Plattenepithelkarzinom, zusammengefasst als nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (Non-

Small Cell Lung Cancer = NSCLC) sowie das kleinzellige Lungenkarzinom (Small Cell Lung

Cancer = SCLC). Aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den neuroendokrinen Tumoren wird das

kleinzellige Lungenkarzinom in der feingeweblichen Aufarbeitung auch als NEC III (Neuro-

endocrine Carcinoma Grade 3) bezeichnet. TNM-Klassifikation des Bronchuskarzinoms (7. Edition, Auszug)

Sobald der zytologische oder histologische Nachweis gestellt wurde und die

Staginguntersuchung abgeschlossen sind, kann das Tumorstadium festgelegt werden.

Sowohl für NSCLC als auch SCLC kommt das TNM-Schema zur Anwendung.

Traditionellerweise wird das SCLC noch in Limited oder Extensive Disease unterteilt, je

nachdem ob alle Tumorlokationen in ein einzelnes Strahlenfeld passen oder nicht.

T – Tumor = Primärherd:

Der Primärherd wird hinsichtlich Größe und Lage beschrieben. Orientierend kann man

sagen, dass T1 bis zu einer Größe von 3cm geht, T2 von 3-7cm, T3 größer als 7cm ist, bzw.

ein Einwachsen in die Thoraxwand oder aber mehrere Herde in einem Lappen bedeutet und

T4 für eine Invasion von umgebenden Organen bzw. der Trachea oder aber mehrere Herde

in verschiedenen Lappen einer Lunge bezeichnet.

Tx: Primärtumor nicht beurteilbar

T1a: 0-2cm T1b: 2-3cm

T2a: 3-5cm T2b: 5-7cm

T3: über 7cm oder mehrere Herde in einem Lappen oder Einwachsen in die Thoraxwand,

Zwerchfell, mediastinale Pleura oder parietales Perikard

T4: Einwachsen in andere Organe (z.B. Mediastinum, Herz, Wirbelkörper), Beteiligung der

Hauptcarina N – Nodes = Lymphknoten:

Die Lymphknotenstationen werden in der Pulmologie von 1-14 eingeteilt, beginnend cranial

in der supraclaviculären Zone über die mediastinalen bis hin zu den hilären und peripheren

pulmonalen Lymphknoten. Zur Seitenangabe wird noch ein „L“ für links bzw. ein „R“ für

rechts hinzugefügt. Regelmässig werden die Station 4 (tiefe paratrachealen LK am Abgang

der Hauptbronchien = sog. „Tracheobronchialwinkel“) sowie die Zone 7 (subcarinal) im

Rahmen einer BSK punktiert. Nx: Lympknotenbefall nicht beurteilbar

N0: kein Lymphknotenbefall

N1: lokoregionalen (z.B. peribronchialen) oder ipsilaterale hiläre Lymphknoten

N2: ipsilaterale mediastinale Lymphknoten

N3: kontralaterale medistinale/hiläre Lymphknoten, ipsi-/kontralat. supraclavikuläre LK

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M – Metastasen

Mx: Metastasierung nicht beurteilbar

M0: keine Metastasen

M1a: Metastasen in der kontralateralen Lunge bzw. maligner Pleura- oder Perikarderguss,

Pleurakarzinose

M1b: Fernmetastasen (typisch: cerebral, hepatisch, adrenal, ossär)

Abb.: Lebermetastasen bei kleinzelligem Bronchuskarzinom

Präfixe

Vor den jeweiligen Buchstaben T/N/M können noch kleingeschrieben Präfixe gestellt werden

(z.b. „pT2“ oder „cN2“):

c: „clinical“ – klinische Einschätzung / basierend auf radiologischem Bild

p: „pathological“ – feingewebliche Probe vorliegend aus Biopsat oder OP-Präperat

y: nach neoadjuvanter Therapie (Radiatio oder Chemotherapie)

r: Rezidiv

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Stadieneinteilung

Stadium I: Kleine Tumore bis 7cm ohne Lymphknotenbefall fallen unter Stadion I.

• T1-2 N0 M0

Stadium II: Ein Lymphknotenbefall bis max. zum ipsilat. Hilus bzw. ein T3N0M0 bedeuten

Stadion II

• T1-2 N1 M0

• T3 N0 M0

Stadium III: T3-4 bzw. der Befall von ipsilateralen mediastinalen Lymphknoten oder eine

darüber hinausgehende N3 Situation fallen unter Stadion III.

• T3 N1 M0

• T2-3 N2 M0

• Pancoast-Tumore

• T4 N0-2 M0

• Jede N3 Situation

Stadium IV: Jede Fernmetastasierung, eine Pleuracarcinose bzw. ein maligner Pleura-

/Perikarderguss bedeuten Stadion IV.

• Jedes M1

Therapie

Nach erfolgtem Staging ist im Zusammenblick der Tumorausdehnung und –lokationen sowie

des Patientenzustandes eine Entscheidung hinsichtlich eines kurativen oder palliativen

Ansatzes zu wählen.

Primär ist eine Operation anzustreben - unter Bedacht, daß nur 20 - 25% der

erstdiagnostizierten Lungenkarzinome operabel sind. Ob eine Operation erfolgen kann,

hängt zudem von den physiologischen bzw. lungenfunktionellen Reserven des Patienten ab

(siehe „Beurteilung der funktionellen Operabilität“ in den Referenzen).

Zu den primär operablen Stadien zählen Stadien bis T3 (T4 in Einzelfällen) sowie eine

maximal den ipsilateralen Hilus betreffende Lymphadenopathie (N1). Bei einer N2-Situation

erfolgt zumeist eine neoadjuvante Induktionschemotherapie (2-3 Zyklen), anschließend bei

regredientem LK-Befall eine Re-Evaluierung hinsichtlich OP bzw. Strahlentherapie. Ab einer

Tumorgröße von 4cm respektive bei Vorliegen eines Lymphknotenbefalls (N1) erfolgt nach

Operation in der Regel auch eine adjuvante Chemotherapie.

Sollte sich erst durch die Operation ein N2-Befall verifizieren, ist eine adjuvante

Chemotherapie gefolgt von einer postoperativen Radiotherapie („PORT“) empfohlen.

Bei inoperablen Tumoren ist, wenn der Patientenzustand es zulässt, prinzipiell eine

gleichzeitige („konkomitante“) Chemotherapie und Radiatio anzustreben, da diese mit

besseren Überlebensdaten einhergeht - wenn auch auf Kosten höherer Nebenwirkungen.

Alternative erfolgt die Radiatio nach Abschluss der Chemotherapie.

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Bei operablen Primum und singulärer Metastase ist auch ein kurativer Ansatz mit OP des

Primums und Metastasenresektion möglich.

Bei N3-Situation sowie Tumoren mit multiplen Metastasen erfolgt eine palliative

Chemotherapie. Prinzipiell wird in der Erstlinien-Chemotherapie eine Platin-hältige Substanz

mit einem zweiten Chemotherapeutikum kombiniert. Bei alten Patienten kann ein eine

Monotherapie verabreicht werden. Bei Patienten, die mehr als 50% des Tages bettlägrig sind

(ECOG Stadium 3-4), ist eine Chemotherapie nicht indiziert.

Beispiele für Chemotherapie-Schemata: 1st line 2nd line NSCLC Adenokarzinom

Platin & Pemetrexed

Monotherapie mit:

- Docetaxel (Taxotere)

- Vinorelbin NSCLC Plattenepithelkarzinom

Platin & Gemcitabine

SCLC Platin & Etoposid - Topotecan

- EPICO Platin = Cisplatin bzw. Carboplatin (bei Herz- oder Niereninsuffizienz, älterem Patient)

Beim Adenokarzinom haben sich in den letzten Jahren genetische Marker wie Mutationen in

EGF-R (Epithelial Growth Factor Receptor), ALK (Anaplastic Lymphoma Kinase) und ROS1

(Rezeptor Tyrosin Kinase in der Insulinrezeptorfamilie) durchgesetzt. Bei entsprechend

vorliegender Mutation können gezielte Therapien mit oral verabreichten Tyrosinkinase-

Inhibitoren (z.B. Erlotinib, Afatinib, Crizotinib) durchgeführt werden.

Bei lokalisiertem Primum aber funktioneller Inoperabilität aufgrund von Alter bzw.

Komorbiditäten kommt ggf. eine alleinige Radiatio in kurativer Intention zum Einsatz.

Kleinzellige Lungenkarzinome werden aufgrund des rasch progredienten Verlaufs meist in

einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und entsprechend fast ausschließlich

chemotherapiert. Bei Ansprechen auf die Chemotherapie wird beim SCLC eine

prophylaktische Ganzhirnradiatio durchgeführt. Diese mindert die Wahrscheinlichkeit von

cerebralen Metastasen. Das Gamma-Knife kommt bei wenigen (max. 3), kleinen (max. ~3cm)

supratentoriellen Metastasen eines NSCLC zum Einsatz. Bei Patienten in hohem Alter ist eine

cerebrale Radiotherapie nicht indiziert.

Das initiale Follow-up beim Lungenkarzinom erfolgt mittels klinischen Kontrollen sowie CT in

6 bis 12-wöchigen Abständen. Ein Beenden des Rauchens in jedem Fall zu empfehlen!

Siehe auch: Leitlinien der Österreichischen Gesellschaft für Onkologie und Hämatologie („Onkopedia“): http://www.oegho.at/onkopedia-leitlinien/ Beurteilung der Funktionellen Operabilität: http://www.archbronconeumol.org/en/guidelines-for-the-evaluation-of/articulo/13083042/

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Cystische Fibrose

A Fazekas, A Zacharasiewicz 1/2015

Die Mukoviszidose basiert auf Mutationen im Gen des Cystic Fibrosis Transmembrane

Conductance Regulator (CFTR) – Proteins, welche zu einer Fehlfunktion des

transmembranösen Chlorid-/Bikarbonatkanals führen. Die gängigste Mutation ist die

Deletion F508. Die resultierende Sekretionsstörung (abnorm erhöhte Viskosität) führt zu

einer Dysfunktion einer Vielzahl von Organen.

Die Diagnosestellung erfolgt mit wenigen Ausnahmen schon im frühkindlichen Alter. Bei

Neugeborenen mit CF besteht durch blockierte Pankreas-Gänge ein erhöhter

immunreaktives Trypsin im Blut, dies wird beim Screening-Test bestimmt. Die definitive

Diagnose wird mittels des Schweißtestes gestellt: Chloridgehalt > 60mmol/L ist diagnostisch

für CF, zwischen 40-60mmol/L besteht ein diagnostischer Graubereich. Der Schweißtest soll

nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Eine genaue Typisierung des

Gendefektes wird ebenso nach Diagnosestellung sowie in fraglichen Fällen durchgeführt.

Dies ist unter anderem deswegen wichtig, da es für manche wenige Mutationen ursächlich

wirkende Medikamente gibt, die direkt am Defekt ansetzen („Potentiatoren“).

Die Lebenserwartung hat sich in den letzten Dekaden deutlich verbessert und liegt

mittlerweile bei rund 50 Jahren. In der Lunge führt die CF durch rezidivierende

Entzündungen zu Destruktion des Lungengewebes mit Bronchiektasien. Bei CF-Patienten

findet sich eine erhöhte Inzidenz von Pneumothoraces sowie von Episoden mit Hämoptysen.

Fast alle Patienten entwickeln eine Pansinusitis.

Eine chronische bakterielle Besiedelung besteht initial mit Staphylococcus aureus und

Haemophilus influenzae, später findet sich Pseudomonas aeruginosa, dieser Keim bildet mit

der Zeit auch vermehrt eine Schleimkapsel („mucoide PA Stämme“), welche die Therapie

weiters erschwert. Infektionen mit Burkholderia cepacia sind potentiell lebensgefährlich.

Eine MRSA-Besiedelung findet sich bei ca. 20% der CF-Patienten. Eine Keimtransmission

zwischen CF-Patienten ist in jedem Fall zu vermeiden.

Die Eckpfeiler der lebenslangen pulmonalen Therapie bestehen aus einer aggressiven

Antibiose von pulmonalen Exazerbationen, der Atemphysiotherapie sowie einer

konsequenten Inhalationstherapie (DNase, hypertone NaCl-Lösung). Aufgrund der erhöhten

renalen Clearance und der Notwendigkeit der Penetration ins Sputum werden höhere

Antibiotikadosen verabreicht. Etablierte empirische Regime werden nicht zwingend dem

Antibiogramm angepasst. Die Inhalation von Antibiotika gehört zum Standard in der CF-

Therapie, hier sind Aminoglykoside und Colistin führend.

Als Multisystemerkrankung muss die CF in spezialisierten Zentren durch ein interdisziplinäres

Team gemanagt werden.

Referenz: Cystische Fibrose, L Kazemi-Shirazi, A Zacharasiewicz ea, Wiener Klinische Wochenschrift

Education X/2013

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THERAPIEFORMEN

Inhalationstherapie

M Urban, A Fazekas, B Weinhofer 8/2013

Die Inhalationstherapie nützt die Atemwege zur Medikamentenapplikation. Durch die

Deposition des Pharmakons direkt am Bestimmungsort reicht eine im Vergleich zur

systemischen Gabe geringere Dosis, der Wirkeintritt ist rascher und die Nebenwirkungen

sind geringer. Eine korrekte Inhalationstherapie bedarf einer guten Patientenschulung und

Patientenmitarbeit. Anwendungsgebiete der Inhalationstherapie sind obstruktive

Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma), Cystische Fibrose, PAH, Rauchgasexposition sowie

die Mobilisierung von zähem Sekret.

Inhalative Pharmaka:

• Raschwirksame ß2-Sympathomimetika (SABA)

• Langwirksame ß2-Sympathomimetika (LABA)

• Anticholinergika

• Kortikosteroide (ICS)

• Antibiotika

• Mucolytika

• Vasodilatatoren

Trockenpulverinhalator (Dry Powder Inhaler DPI)

Beispiele: Seretide Diskus, Symbicort Turbohaler, Novolizer, Handihaler , Breezhaler, Aerolizer

Trockenpulverinhalatoren bestehen aus einem Wirkstoffdepot bzw. und einem

Dispersionssystem. Durch die Inspiration des Patienten wird das Pharmakon zerstäubt und

in die Atemwege appliziert. Der Erfolg der Deposition ist hierbei nicht von der Koordination

(Druck-Atemzug) des Patienten abhängig, sondern von der raschen Inspiration. Nachteilig ist

jedoch, dass ein minimaler inspiratorischer Fluss (30l/min) vorausgesetzt und vorab

gemessen werden sollte („Incheck“). Eine ideale Deposition wird bei einer Flussrate von

~60l/min erreicht. CAVE: Patienten mit kompromittierter Atemmechanik (Asthmaanfall,

COPD Exazerbation) können oft den nötigen Inflow nicht mehr erbringen- eine

Deviceumstellung ist dann erforderlich.

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Inhalationstechnik mit DPI:

1. aufrechte oder atemerleichternde Position einnehmen

2. System laden

3. vollständig ausatmen( nicht in das Gerät ausatmen!!)

4. Mundstück mit Zähne umschließen und mit Lippen

5. abdichten

6. schnell und tief einatmen

7. Luft 5-10 sec. anhalten

8. ausatmen (nicht mitpressen)

Dosieraerosole (DA, Metered Dose Inhaler MDI)

Beispiele: Seretide DA, Foster DA, Berodual DA

Ein Dosieraerosol funktioniert über eine genau dosierte Wirkstoffabgabe als Aerosol

(Tröpfchengröße unter 5µm) mittels Treibgas. Vorteilhaft ist hierbei die vom inspiratorischen

Fluss unabhängige Handhabung – hier ist sogar eine langsame Einatmung unter 30 Liter/min

empfohlen. Vorauszusetzen ist jedoch eine zulängliche Koordination zwischen Absetzen des

Sprühstoßes und dem Inhalationsmanöver. Eine deutlich verbesserte Deposition kann durch

Verwendung einer Vorschaltkammer (Spacer) erreicht werden (Oropharyngeale Deposition

bei Dosieraerosol allein ~40-80%; bei Dosieraerosol mit Spacer unter optimaler Technik

lediglich ~10%).

Inhalationstechnik mit DA:

1. aufrechte oder atemerleichternde Position einnehmen

2. Dosieraerosol vor Gebrauch schütteln

3. Dosieraerosol in Vorschaltkammer einsetzen

4. entspannte und komplette Ausatmung

5. Mundstück mit Zähnen umschließen und mit Lippen abdichten

6. einen Sprühstoß auslösen

7. sofort langsam und tief einatmen

8. Luft 10 sec. anhalten

9. ausatmen (nicht mitpressen)

10. ev. Vorgang wiederholen

Vernebler

Bei der Inhalation über einen Vernebler (z.B. Pariboy) wird im Gegensatz zum Dosieraerosol

der Wirkstoff aus einem flüssigen Depot über Ultraschall, Membranen oder Druckluft

kontinuierlich vernebelt und über Intervalle von ca. 15 min inhaliert. An den Vernebler kann

auch eine O2-Zuleitung zur fortlaufenden O2-Insufflation angeschlossen werden. Die

Deposition liegt mit ca. 15% vergleichsweise niedrig. Weitere Nachteile dieses Systems

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beinhalten die vergleichsweise lange Applikationsdauer, die Abhängigkeit von

kontinuierlicher Stromversorgung und im Heimbedarf ein gewisses Hygienerisiko.

Inhalationstechnik mit Vernebler:

1. Aufrechte bzw. atemwegserleichternde Position einnehmen

2. Mundstück mit Zähnen und Lippen umschließen

3. Unterbrechertaste drücken

4. Langsam und tief über den Mund einatmen

5. Unterbrechertaste loslassen

6. Luft ca. 2-3 sec. Anhalten

7. Über das Mundstück wieder ausatmen (nicht mitpressen)

Atemphysiotherapeutisches „Notfallmanagement“ bei Exacerbationen von Asthma / COPD

Dyspnoe führt zu Panik, Stress und damit zusätzlich zu vermehrten Sauerstoffbedarf.

Versuchen Sie also, den Patienten zu beruhigen. 2 Hübe des Notfallsprays (zumeist Berodual)

inhalieren lassen, der Wirkeintritt erfolgt innerhalb von Minuten. Währenddessen lassen Sie

den Patienten langsam durch gespitzte Lippen ausatmen, diese Lippenbremse ermöglicht

eine suffiziente Exspiration und soll eine weitere Überblähung vermeiden. Zusätzlich soll der

Patient eine Position zur Atemerleichterung einnehmen (z.B. „Kutschersitz“ mit Aufstützen

der Arme zum leichtern Aktivieren der Atemhilfsmuskulatur).

Referenz: What the pulmonary specialist should know about the new inhalation therapies –

Eur Respir J 2011; 37: 1308–1331

Page 59: Grundlagen der Pneumologie 20150114 - ogp.at · Absente Atemgeräusche finden sich auch über einem Pneumothorax, hier wirkt die abnorme Luftansammlung im Pleuraspalt ein unüberwindbares

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Grundlagen der Beatmung

A Fazekas, 7/2013 Eine maschinelle Beatmung übernimmt die Atemarbeit teilweise oder zu Gänze, um die

Atempumpe zu entlasten. Eine Erleichterung der Atemarbeit erfolgt einerseits durch

Anlegen eines kontinuierlichen positiven Atemwegdruckes (CPAP – continuos positive

airway pressure), dieser stützt durch einen positiven end-exspiratorischen Druck die

kollapsiblen Atemwege und verhindert, dass diese bei der Ausatmung vom umliegenden

Lungengewebe zugedrückt werden. Darüber hinaus kann dem spontan-atmenden Patienten

bei jeder Inspiration noch ein maschineller Atemhub hinzugegeben werden - dies wird als

assistierte Spontanatmung (ASB = assisted spontaneuos breathing) bezeichnet.

Bei einer nicht-invasiven Beatmung (= non-invasive Ventilation „NIV“ als Überbegriff)

besteht die Verbindung zwischen Patient und Respirator aus einer Maske, die Mund & Nase

bzw. nur die Nase umschließt; auch ein Helm kann für die NIV verwendet werden. Wenn die

Maßnahmen der NIV nicht ausreichen, muss der Patient intubiert und „kontrolliert“

beatmet. Wenn diese Beatmung druckkontrolliert erfolgt, dann wird durch ein variables

Beatmungsvolumen ein konstanter Druck auf 2 wechselnden Niveaus erzeugt (BIPAP = Bi-

level Positive Airway Pressure) Eine volumenkonstante Beatmung appliziert ein festes

Atemhubvolumen bei variablem Druck (CMV = controlled mechanical ventilation; klassische

Notfallsbeatmung).

Der liegende Tubus stellt eine Infektionsquelle dar (Risiko für eine Ventilator-assozierte

Pneumonie VAP). Patienten mit Tubuspflicht über ca. 21 Tage hinaus werden meist mit

einem Tracheostoma versorgt (hierbei ist der Patientenkomfort höher als beim Tubus und

die Pflege gestaltet sich einfacher).

CPAP – continuous positive airway pressure

ASB = assisted spontaneous breathing

BIPAP = bi-level positive airway pressure

CMV = controlled mechanical ventilation

Allgemeines Ziel einer Beatmungstherapie ist es, physiologische Werte von pO2, pCO2 und

folglich pH im arteriellen Blut möglichst lungenschonend (Vermeidung von zu hohen

Drücken und zu hoher O2-Konzentration) zu erreichen. Das ideale Tidalvolume liegt bei ca. 6-

8ml/kgKG bezogen auf das ideale Körpergewicht, das entspricht meist ca. einem halben

Liter. Die normale Atemfrequenz beträgt rund 12-14/min. Das daraus resultierende

Minutenvolumen liegt bei ca. 5-6 Litern pro Minute.