Grundlagen des Functional Training - Sportlerei Akademie · Grundlagen des Functional Training -...

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Functional Training- Basic+ SPORTLEREI AKADEMIE Copyright © SPORTLEREI AKADEMIE 2015 Seite | 1 Grundlagen des Functional Training Lehrbrief 1 zum Studiengang Functional Training A-Lizenz Autoren: Matthias Papke Florian Münch Impressum: SPORTLEREI AKADEMIE Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160 81379 München Tel: 089 / 72 630 740 Fax: 089 / 72 634 068 Net: www.sportlerei-akademie.de E-Mail: [email protected] Copyright © SPORTLEREI AKADEMIE 2015 Alle Rechte vorbehalten Hinweis: Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr Verständnis.

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Grundlagen des Functional Training

Lehrbrief 1 zum Studiengang Functional Training A-Lizenz

Autoren:

Matthias Papke

Florian Münch

Impressum:

SPORTLEREI AKADEMIE

Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160

81379 München

Tel: 089 / 72 630 740

Fax: 089 / 72 634 068

Net: www.sportlerei-akademie.de

E-Mail: [email protected]

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Alle Rechte vorbehalten

Hinweis:

Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden

männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für

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Bearbeitung des Lehrbriefes

So gehen Sie vor:

Zunächst lesen Sie bitte das gesamte Kapitel durch!

Bearbeiten Sie dann die einzelnen Abschnitte des Kapitels!

Lesen Sie sie aufmerksam durch und versuchen Sie dabei, die Sachverhalte der einzelnen

Abschnitte zu erfassen und auf bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen aus der

Praxis zu beziehen (die wichtigsten Informationen werden am Ende des Kapitels

zusammengefasst)!

Nutzen Sie im Zweifel auch andere Nachschlagewerke (z.B. Bücher oder das Internet)!

Mit den Aufgaben am Ende des Kapitels können Sie überprüfen, ob Sie das Kapitel

verstanden haben und in der Lage sind, das erarbeitete Wissen wiederzugeben. Die

Lösungen finden Sie im Anhang.

Fachwörter und fremdartige Begriffe sind unterstrichen und im angehängten Glossar

erklärt.

Verweise auf bereits behandelte Themen und Inhalte sind mit Q (für Querverweis

gekennzeichnet)

Zu den Übungen sind keine Lösungen angegeben, da zumeist individuelle Antworten

gefordert sind und die Übungen zur Vertiefung des Lernstoffes in den Praxisseminaren

gemeinsam bearbeitet werden.

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Lernziele dieses Lehrbriefes

Mit Durcharbeiten des Lehrbriefes sollen sie…

Den Begriff funktionelles Training inhaltlich verstanden haben.

Funktionelles Training als „funktionell und verletzungspräventiv“ verstanden haben

und wissen, dass es die sportartenübergreifende Basis des körperlichen Trainings

darstellt.

Verstanden haben, dass es beim funktionellen Training um ein Training mit Kontakt

der Beine zum Boden („ground based“) und um ein Training in zumeist geschlossenen,

funktionellen Muskelketten geht.

Den Test zur Bestimmung der funktionellen Kraft kennengelernt und durchgeführt

haben.

Die Bewegungsanalyse inkl. der dementsprechenden Übungen nach Gray Cook

kennen und in diesem Zusammenhang die Begriffe Overpowerment und

Underpowerment erklären können.

Das körperfunktionale Analyse-Tool Functional Movement Screen und seine Übungen

kennengelernt haben.

Den Sinn und Zweck sog. bewegungsvorbereitender Übungen (Movement Preps)

verstanden und Übungen dazu kennengelernt haben.

Den groben Aufbau einer funktionellen Trainingseinheit kennen und verschiedene

Trainingsprogramme kennengelernt haben.

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Inhaltsverzeichnis

1 Der Begriff des Functional Training ................................................................................................7

1.1 Was genau heißt „funktional“? .................................................................................................. 7

1.2 Zweckmäßigkeit .......................................................................................................................... 9

1.3 Functional Training ist „ground based“! ................................................................................... 10

1.4 Die 3 Bewegungsebenen .......................................................................................................... 11

1.5 Geschlossene kinematische Kette ............................................................................................ 13

1.6 Was ist der Core? ...................................................................................................................... 13

1.7 Leistungsfähigkeit ..................................................................................................................... 15

1.8 Athletiktraining vs. Funktionelles Training ............................................................................... 15

1.9 Sportartspezifität ...................................................................................................................... 15

1.10 Zusammenfassung von Kapitel 1 .............................................................................................. 16

2 Funktionelle Anatomie ................................................................................................................ 17

2.1 Die Funktion des M. gastrocnemius ......................................................................................... 18

2.2 Die Funktion des M. rectus femoris .......................................................................................... 20

2.3 Die Funktion des M. peronaeus longus .................................................................................... 21

2.4 Lernkontrollfragen zu Kapitel 2 ................................................................................................ 22

3 Core, Stabiliser & Mobiliser ......................................................................................................... 23

3.1.1 Stabiliser ............................................................................................................................... 25

3.1.2 Mobiliser (Arm & Schulter) .................................................................................................. 26

3.2 Lernkontrollfragen zu Kapitel 3 ................................................................................................ 29

4 Funktionelle Körperdiagnostik ..................................................................................................... 30

4.1 Die Testreihe:............................................................................................................................ 31

4.2 Abweichende Bewegungspyramiden ....................................................................................... 38

4.3 Verbesserung der Beweglichkeit durch Faszienarbeit .............................................................. 40

4.4 Functional Movement Screen (FMS) ........................................................................................ 41

4.5 Zusammenfassung von Kapitel 5 .............................................................................................. 50

5 Movement Preps ......................................................................................................................... 51

5.1 Übungen als Movement Preparation ....................................................................................... 52

5.2 Zusammenfassung von Kapitel 6 .............................................................................................. 59

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6 Planung und Steuerung eines funktionellen Trainings ................................................................. 60

6.1 Der Trainingsbegriff in der Sportwissenschaft ......................................................................... 60

6.1.1 Die motorischen Fähigkeiten ............................................................................................... 60

6.2 Ganzheitliches Training ............................................................................................................ 61

6.3 Der Trainingsbegriff .................................................................................................................. 62

6.3.1 Training als zielorientierter Veränderungsprozess .............................................................. 63

6.3.2 Training als Anpassungsprozess ........................................................................................... 63

6.3.3 Trainings als Steuerungsprozess .......................................................................................... 63

6.3.4 Training als Spezialisierungsprozess ..................................................................................... 63

6.4 Trainingssteuerung ................................................................................................................... 63

6.4.1 Zielsetzung/Prognose ........................................................................................................... 65

6.4.2 Trainingsplanung .................................................................................................................. 66

6.4.3 Trainingsdurchführung ......................................................................................................... 71

6.4.4 Analyse/Evaluation ............................................................................................................... 71

6.5 Beispiele von Trainingseinheiten .............................................................................................. 72

6.5.1 Ausdauersportler ................................................................................................................. 73

6.5.2 Ballsportler ........................................................................................................................... 74

6.6 Zusammenfassung von Kapitel 7 .............................................................................................. 76

7 Anhang ........................................................................................................................................ 77

8 Lösungen zu den Lernkontrollfragen ............................................................................................ 79

8.1 Lösungen zu Kapitel 2 ............................................................................................................... 79

8.2 Lösungen zu Kapitel 3 ............................................................................................................... 79

9 Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................... 80

10 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................. 80

11 Glossar ......................................................................................................................................... 82

12 Literaturverzeichnis ..................................................................................................................... 83

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Abbildung 1 Functional Training (Quelle: SPORTLEREI AKADEMIE)

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1 Der Begriff des Functional Training

Functional Training gehört mittlerweile als feste Größe zu jedem Training dazu. Unser Anliegen ist es, das

Prinzip des funktionellen Trainings jedem Interessierten näherzubringen und verständlich zu machen. Alle

funktionellen Trainingsprogramme zielen darauf ab das Leistungsniveau des Sportlers oder Athleten zu

steigern und zwar in allen alltäglichen, beruflichen und freizeitsportlichen Aktivitäten.

Das Ziel funktioneller Trainingseinheiten ist nicht nur ein Kraftzuwachs des Trainierenden, sondern

vielmehr eine gleichzeitige Verbesserung der alltäglichen und sportlichen Leistungsfähigkeit und die

Erarbeitung der Möglichkeit, Verletzungen oder Schäden am Bewegungsapparat zu vermeiden.

Leider trainieren die meisten Menschen heutzutage monoton an Kraftmaschinen vor sich hin und machen

sich keine Gedanken mehr über die eigentliche Funktionsfähigkeit ihres Körpers. In vielen Fällen stehen

vor allem ästhetische Aspekte im Vordergrund und nicht etwa, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit

des Einzelnen. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass durch einseitiges unphysiologisches Training der

Körper leidet und sich in extremen Fällen sogar negativ verändern kann.

Dieses Skript gibt einen Überblick über die Ansätze des funktionellen Trainings, die Möglichkeit mittels

einfacher Tests die eigene körperliche Leistungsfähigkeit zu bestimmen und regt dazu an, im Training mit

Bewegungen und funktionellen Übungen zu experimentieren.

Functional Training ist ein allumfassendes Trainingskonzept und für jeden Trainierenden und als Basis für

alle Sportarten geeignet. Sportler finden Übungen für ihr Aufwärmprogramm, Kraft- und Beweglichkeit

und lernen dabei, ihren Körper ganzheitlich zu belasten und neu wahrzunehmen. Bei allen in diesem Skript

vorgestellten Übungen gilt es darauf zu achten den erforderlichen Bewegungsablauf zu beherrschen,

bevor man sich schwierigeren Variationen widmet.

1.1 Was genau heißt „funktional“?

Wenn man den Begriff „Functional Training“ näher betrachtet, sticht dabei das Wort Funktion direkt ins

Auge. Aber was genau meint dieser Begriff eigentlich auf die körperliche Leistungsfähigkeit bezogen?

Definition allgemein:

Die Funktionalität bezeichnet die Fähigkeit einer Komponente, eine bestimmte Funktion oder

Anzahl von Funktionen zu erfüllen. Dies bezieht sich vor allem auf die Gebrauchstauglichkeit.

Funktionalität

Unter Funktion verstehen wir daher im Grunde die Fähigkeit den Körper gem. den vorherrschenden,

allgemeinen Bewegungsmustern des Bewegungsapparates sicher und kontrolliert zu bewegen und

einzusetzen Der Körper muss also beschwerdefrei funktionieren. Und das gilt auch für unvorhergesehene

sowie für unsaubere Bewegungen, denn wir bewegen uns im Alltag selten gemäß der ordnungsgemäßen

Bewegungsqualität bzw. -ausführung, wie sie uns z.B. im Fitnessstudio beim Training an Geräten oder in

freien Übungen beigebracht wurde. Der Körper muss in der Lage sein ein gewisses Maß an Flexibilität und

Variabilität in Bewegungen erfüllen zu können. Es ist selbst im funktionellen Training nur schwer möglich

alle Bewegungen des Alltags in ihrer Varianz zu simulieren. Das ist aber auch nicht notwendig, denn auch

die Alltagsbelastungen sind funktionelles Training und haben ihren Trainingseffekt und es gilt denn Körper

funktionell genau darauf vorzubereiten.

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D.h. keine Bewegung im Alltag wird Zweck von etwas, sondern muss eine Funktion erfüllen. Diese kann

sein in die Knie gehen zu müssen, Treppen zu steigen, Lasten zu tragen oder auf Hobbysportebene die

Bewegungen der Sportart sicher und verletzungspräventiv ausführen zu können (Laufen, Abstoppen,

Rumpf stabilisieren etc.). Leider wird diese Funktionalität häufig als Zweckmäßigkeit oder als

sportartspezifisches Training fehlinterpretiert.

Für eine ausreichende Funktionalität müssen Übungsformen abgeleistet werden, die der Funktionalität

der gängigen Bewegungsmuster entsprechen. Demnach sind die Inhalte des funktionellen Trainings die

folgenden:

Training der funktionellen Beweglichkeit & Mobilität

Training der funktionellen Kraft & Stabilität

Zusammenfassung

Das Ziel des funktionellen Trainings ist demnach übergeordnet der funktionsfähige

Bewegungsapparat in Bezug auf Alltagstauglichkeit, Verletzungs- und Schadensprävention

sowie Leistungsfähigkeit im Hobby- und Freizeitsport. Erst auf dieser Funktionsfähigkeit

sollten sportartspezifische oder athletisch leistungsorientierte Trainingsinhalte aufgebaut

werden!

Abbildung 2 Alltagstauglichkeit, Prävention und Freizeitsport (Quelle: karriere.at/t-online.de/übernommen durch SPORTLEREI AKADEMIE)

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1.2 Zweckmäßigkeit

Die Zweckmäßigkeit wiederum ist ein sehr individueller Begriff. Was für den einen zweckmäßig ist kann

für den anderen nicht (mehr) effektiv oder nicht funktionell, also nicht zweckmäßig sein.

Beispiel:

Wenn ein Patient nach einer Kreuzband-OP erste Maßnahmen für den Widererhalt seiner alltäglichen

Leistungsfähigkeit erhält (meist schon im Krankenhaus), wird als erstes die Mobilität in der verletzten

Struktur bzw. im Gelenk angestrebt, d.h. es wird isoliert innerhalb des betroffenen Gelenks/Muskulatur

mobilisiert. Das ist noch kein funktionelles Training, sondern eher eine funktionelle Vorbereitung. Ist er

dann in der Lage schon aufzutreten und mit dem ehemals verletzten Bein sein Körpergewicht selbst zu

tragen ist das einfache Gehen ohne Krücken für ihn zweckmäßig und in der Tat funktionell im Sinne des

Kraftzuwachs. Freie Kniebeugen oder Ausfallschritte zum Kraftaufbau sind dann aber noch nicht möglich.

Nach der Krankengymnastik, in der es um die Erlangung der vollständigen Mobilität und das Erlernen eines

normalen Gangbildes geht, erfolgt nun der nächste Schritt des muskulären Wiederaufbaus. Hierzu soll

nachfolgend die Belastungsdidaktik für einen Muskelwiederaufbau nach Kreuzbandriss in Bezug auf

Zweckmäßigkeit und Funktionalität der einzelnen Übungen dargestellt werden:

1. isoliertes Beinstrecker oder Beinbeuger-Training frei oder an Geräten

zweckmäßig JA, funktionell NEIN, da nicht „ground based“

2. Beinpresse zum Kraftaufbau in der geschlossenen kinematischen Kette:

zweckmäßig JA, funktionell NEIN, da nicht „ground based“

3. Freie Kniebeuge ohne Gewicht:

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

4. Ausfallschritt nach unten (Split Squats) ohne Gewicht

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

5. Ausfallschritt nach vorne (lunge) ohne Gewicht

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

6. Einbeinkniebeuge

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

7. Beidbeinige Sprünge nach oben/vorne

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

8. Einbeinige Sprünge nach vorne/von Erhöhung sicherer Stand

zweckmäßig JA, funktionell JA, da „ground based“

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Nicht alle Übungen sind funktionell im Sinn der Definition funktioneller Übungen (frei, „ground based“

etc.), aber für den individuellen Fall momentan zweckmäßig (Übung 1. und 2.).

Das gleiche gilt für das isolierte Training, welches als nicht funktionell gelten kann, da der Körper dafür in

Muskelketten belastet und zudem „ground based“ sein muss um funktionell gegen die Schwerkraft zu

arbeiten. Wenn jedoch muskuläre Strukturen abgeschwächt sind, entweder aufgrund von

Bewegungsmangel oder Fehlhaltungen im Alltag oder Überlastung durch Sport, kann es durchaus

zunächst Sinn machen diese Strukturen isoliert wieder aufzubauen um sie dann wieder in freie Übungen

in der Muskelkette „zu integrieren“ „isolation before innervation“.

Somit erhält nicht funktionelles, isoliertes Training eine Zweckmäßigkeit.

Die Zweckmäßigkeit verfolgt also immer ein individuelles Ziel und muss nicht zwangsläufig

funktionell sein!

1.3 Functional Training ist „ground based“!

Die Grundlage des funktionellen Trainings bilden Übungen, bei denen der Athlet mit beiden Beinen auf

dem Boden steht und nicht von einem Gerät geführt wird. Seine Aufgabe besteht bei allen Übungen darin,

sich selbst zu stabilisieren und seine Bewegungen auszubalancieren. In den meisten Fällen genügt als

Widerstand innerhalb der Übung das eigene Körpergewicht des Sportlers.

Die Kraft, die dabei ständig auf unseren Körper einwirkt ist die Schwerkraft. Sobald wir einen Fuß auf den

Boden setzen, oder uns von einem Stuhl in die stehende Position aufrichten, wirkt die Schwerkraft und

der Körper muss stabilisierend arbeiten, damit wir unsere Position gegen die Schwerkraft halten können.

Hier greift also unser lokales System der stabilisierend arbeitenden Muskeln ein. Dieses stellt die gesamte

Rumpf und hüftumschließende Muskulatur dar. Setzen wir uns dann im gewählten Beispiel in Bewegung

setzen die Mobilisatoren (globales System – untere und obere Extremitäten) ein und müssen folgende

Arbeit in Bezug auf die Schwerkraft verrichten:

Die Schwerkraft überwinden

Der Schwerkraft entgegenhalten

Gegen die Schwerkraft beschleunigen

Gegen die Schwerkraft abbremsen

Muskuläre und fasziale Strukturen werden dabei „geladen“ und „entladen“.

Betrachten wir nun das so oft praktizierte Training an Kraftgeräten, so fällt sofort auf, dass die Maschine

die Stabilisierung des Sportlers übernimmt und dieser in einer geführten Bewegung trainiert. Das kann

wohl kaum als funktionell angesehen werden, da es bei der alltäglichen Ausführung von Bewegungen

immer eine Eigenstabilisation erforderlich ist. Sicherlich kann man damit argumentieren, dass beim

Training an Geräten die Verletzungsgefahr geringer ist, doch muss man sagen, dass derjenige, der die freie

Komponente und die Propriozeption (Eigenwahrnehmung des Körpers) vernachlässigt, sich im Alltag, im

Beruf oder beim Ausüben seiner Bewegungssportart einer höheren Verletzungsgefahr aussetzt, da der

Körper nicht auf diese Art der Belastung vorbereitet ist.

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Abbildung 3 Die Schwerkraft (Quelle: fotocommunity.de)

1.4 Die 3 Bewegungsebenen

Funktionelles Training ist dreidimensional. Sobald wir uns im Alltag oder innerhalb unserer Sportart

bewegen und belasten agieren wir auf allen drei Ebenen (sieh Abb. 2). Um nun den Körper funktionell

zu trainieren, zu kräftigen und zu stabilisieren muss er auch innerhalb dieser drei Ebene belastet

werden. An Kraftgeräten ist dieses dreidimensionale Training nicht möglich. Hier arbeiten wir zumeist

nur auf der Frontal- oder Sagittalebene.

In diesem Zusammenhang muss auch verstanden werden, dass der Körper in funktioneller Weise, also

stehend im Alltag oder in der Sportart, wenn der Körper „ground based“ ist, immer in

Körpersegmenten, also intermuskulär arbeitet. Es findet dabei also immer eine Interaktion zwischen

zusammenhängenden Körperstrukturen statt.

Im Endeffekt muss eine Verlagerung des Körperschwerpunktes stattfinden, damit der

Bewegungsapparat stabilisierend interagieren kann und somit ist das freie und dynamische Training

entscheidend für einen Stimulus der propriozeptiven Stabilisierung von Mobilisatoren und

Stabilisatoren.

Beispiel:

Beidbeinig stehend haben wir einen mittigen Schwerpunkt, der durch die Sagittalachse beschrieben

wird. Sobald wir aber ein Bein anheben, z.B. das rechte Bein, verlagert sich der Schwerpunkt auf der

Transversalebene nach links zur Stabilisierung des Gleichgewichts durch die linke Rumpfhälfte.

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1 2 3 4

Abbildung 4 die Bewegungsebenen anhand des pitches beim Baseball (Quelle: de.academic.ru)

In Abb. 3 sehen wir, insofern wir uns den Beginn der Wurfbewegung (beidbeiniger Stand) vorstellen,

zunächst den Pitcher stehend. Mit Beginn der Bewegung (1) hebt er ein Bein an und gerät so in die

transversale Stabilisierung der Hüfte und des Rumpfes (hier zur rechten Körperhälfte verlagernd). Mit der

Ausholbewegung (2) wird eine Rotation der BWS nach rechts und eine Außenrotation der Schulter nach

rechts hinten bewirkt. Gleichzeitig rotieren beide Hüfthälften ebenso nach außen. Mit Vollendung der

Wurfbewegung (3) bis zum Verlassen des Balles aus der Hand (4) findet wiederum eine Rotation auf die

Gegenseite statt, d.h. die BWS und abschließend die rechte Schulter rotiert nach innen, ebenso beide

Hüfthälften (von 3 zu 4). Das Standbein ist hierbei zu Beginn der gesamten Bewegung das rechte Bein (1)

und am Ende der Bewegung (beim Durchschwingen) das linke Bein (4). Hier wird die Interaktion von

„rechts hinten“ nach „links vorne“ auf der Transversalebene besonders deutlich.

Abbildung 5 Die Bewegungsebenen (Quelle: fh-münchen)

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1.5 Geschlossene kinematische Kette

Jeder Muskel hat bei jeder einzelnen Bewegung eine spezifische Aufgabe. Der Muskel kann diese Aufgabe

aber nur durch die Ausführung dieser Bewegungsabläufe erlernen und trainieren. Hat man das

verstanden, dann wird schnell klar, dass ein Sportler, der an der Beinstreckermaschine trainiert, eine

Bewegung und muskuläre Belastung trainiert, die so in keiner funktionellen Bewegung in Bezug zur

Schwerkraft im Alltag oder sportartpsezifisch vorkommt. Also gilt es, den Bewegungsapparat inklusive

aller Muskeln und Gelenke so realitätsnah wie möglich zu belasten, um das Optimum für den Alltag oder

die geforderte Sportart herauszuholen.

Funktionelles Training lässt sich nicht für jeden einheitlich definieren, da es von der Alltagsbelastung und

den sportlichen sowie physiologische individuellen Zielen und später im Athletiktraining von den

jeweiligen Anforderungsprofilen und Bewegungsmustern der Sportart abhängig ist.

Der Körper arbeitet immer in Muskelketten im Zusammenspiel von Stabilisatoren und Mobilisatoren, und

selbst vermeintlich isolierte Beanspruchungen im Alltag sind selten zu 100% isoliert. Deswegen ist ein

Training und allgemein eine freie Bewegung in Muskelketten notwendig. Denn nur wer es schafft, dabei

die Muskelgruppen zu trainieren, die für Stabilität und Funktionalität innerhalb unserer

Bewegungsmuster verantwortlich sind, wird es schaffen, seinen Körper leistungsfähig, robust und

funktionsfähig zu bekommen. Die Hauptmuskelgruppen, die mittels eines funktionellen und

stabilisierenden Trainings beansprucht werden müssen, sind dabei:

Die tiefe Bauchmuskulatur, auch Core (innerer Kern) genannt

Die Hüftabduktoren und -rotatoren, die für die Initiative der Bewegungen der Beine

verantwortlich sind

Die Schulterblattstabilisatoren, die alle Bewegungen der oberen Extremitäten

begleiten

Genau diese Muskeln und Muskelschlingen müssen nicht nur in der Verletzungsprophylaxe, sondern in

jedem Trainingskonzept Anwendung finden. Die Funktionsverbesserung in einem Körperteil und Bereich

wirkt sich nachhaltig positiv auch auf andere Gelenke und Körperregionen aus, was zu einer

allumfassenden Verbesserung der Mobilität und der Leistungsfähigkeit führt.

Die Basis des Functional Trainings stellen demnach Kniebeugen und Ausfallschritte im Bereich der

unteren Extremität dar, wobei mit Zug- oder Stoßbewegungen im Oberkörperbereich gearbeitet wird.

Am einfachsten beschreibt man funktionelles Training als ein Kontinuum von Übungen, welches den

Sportler dazu befähigt, seinen Körper unter jeglicher Belastung in allen Bewegungsebenen zu

kontrollieren und zu stabilisieren siehe Kap. 1.4 Q. Jede Bewegung kann als eine kinetische Kettenreaktion

betrachtet werden, bei der alle relevanten Gelenke und Muskeln so belastet werden, dass diese lernen,

harmonischer zusammenzuarbeiten (intermuskuläre Koordination).

Vor allem der Core gehört zu diesen Bereichen, da aus diesem Körperzentrum die gesamte Energie für die

Stabilisierung des Körpers in der Bewegung gewonnen wird.

1.6 Was ist der Core?

Der Körperkern (engl. core) setzt sich aus verschiedenen Muskelgruppen zusammen.

Er wird in einen inneren und einen äußeren Kern unterteilt und bildet eine Funktionseinheit, die den

Körper bei allen Bewegungen stabilisiert und schützt. Stellen Sie sich ein Korsett vor. Dieses Korsett kann

nur dann eine aufrechte und stabile Körperhaltung garantieren, wenn es gleichmäßig ist. Ist an einer Stelle