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Prof. Dr. Christoph Gusy Dr. Johannes Eichenhofer Repetitorium: Öffentliches Recht (Grundrechte, Staatsorganisation) Folie 1 Grundrechte des GG (s. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) Subjektive Rechte des Einzelnen im Staat mit Verfassungsrang. d.h.: o „Die Grundrechte“ (1. Abschnitt des GG – aber nur Vermutungs- wirkung, s. Art. 7, 18 GG) o sonstige Rechte des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG: „grundrechtsgleiche Rechte“, aber nur, soweit sie auch solche Rechte enthalten (s. Art. 33 Abs. 4 GG) o andere Verfassungsgarantien nicht (s. z.B. Art. 21 GG)

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Folie 1

Grundrechte des GG (s. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG)

• Subjektive Rechte des Einzelnen im Staat mit Verfassungsrang.

• d.h.:

o „Die Grundrechte“ (1. Abschnitt des GG – aber nur Vermutungs- wirkung, s. Art. 7, 18 GG)

o sonstige Rechte des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG: „grundrechtsgleiche

Rechte“, aber nur, soweit sie auch solche Rechte enthalten (s.

Art. 33 Abs. 4 GG)

o andere Verfassungsgarantien nicht (s. z.B. Art. 21 GG)

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Grundrechtsträger:

• Natürliche Personen (s. Art. 1 I, 3 I GG: „Mensch“) – alle Menschen sind

Grundrechtsträger, auch wo dies nicht explizit steht

• Juristische Personen (s. Art.19 III GG) – juristische Personen sind Grund-

rechtsträger, soweit das jeweilige Grundrecht „seinem Wesen nach“ auf

die juristische Person anwendbar (str.)

• Probleme:

o Minderjährige (Grundrechtsmündigkeit – Prozessfähigkeit bei Ver- fassungsbeschwerde)

o Ungeborene: Grundrechtsfähigkeit des nasciturus

o Verstorbene

• Differenzierung: Menschenrechte – Deutschenrechte (Art. 8, 9, 11, 12, 33,

38 GG):

o Vermutung für den menschenrechtlichen Charakter (Regel- Ausnahme-Verhältnis)

o Sonderregelungen bei EU-Bürgern

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Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen

(s. Art. 19 Abs. 3 GG)

• Grundrechtsträgerschaft von juristischen Personen im bürgerlich-

rechtlichen Sinne (Wdh.: Was ist eine jP ?) und darüber hinaus von

teilrechtsfähigen Personenzusammenschlüssen, soweit deren

Teilrechtsfähigkeit reichen kann – zudem: Parteien, Gewerkschaften

• „inländische jP“: Sitz im Inland; jP aus anderen EU-Staaten müssen

gleichgestellt werden

• soweit die Grundrechte „ihrem Wesen nach“ anwendbar sind (str.)

=> dabei kommt es auf den Schutzbereich an

• jP des öffentlichen Rechts: Grundsatz => keine Grundrechtsträgerschaft;

Ausnahme ist, wenn ein Grundrecht einer jPöR ausdrücklich Grundrechte

zuweist: Art. 5 Abs. 1 S. 2 (Rundfunk); Abs. 3 (Uni) (aber jeweils nur

diese, nicht sonstige Grundrechte!); wenn eine jPöR nur formell diese

Stellung trägt, aber nicht Teil der Staatsgewalt ist (Kirchen gem. Art. 137

Abs. 1 WRV); Art. 101, 103 GG (da allgemein anerkannte Grundlagen

des Rechtsstaats)

Rechtsprechung zur Nachbereitung

• BVerfGE 21, 263 (Grundrechtsfähigkeit jPöR)

• BVerfGE 15, 256 (zu Universitäten und Fakultäten); BVerfGE 31, 314 - Rundfunkanstalten);

BVerfGE 18, 385 (Grundrechtsberechtigung von Kirchen)

• BVerfGE 129, 78 – 107; NJW 2011, 3428 (zu juristischen Personen mit Sitz innerhalb der EU-

Mitgliedsstaaten)

• BVerfG, Beschl. vom 27. Juni 2018 - 2 BvR 1287/17 = NJW 2018, 2385 (zu ausländischen jP;

insbes. Abgrenzung inländische und ausländische jP)

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Grundrechtsadressaten: Art. 1 Abs. 3 GG

Alle (deutsche) Staatsgewalt, d.h.

- EU nicht (Bindung an eig. Grundrechte, keine „grundrechtsfreie Zone“).

- In D: alle Staatsgewalt

• unabhängig von Ebene (Bd., Land, SV)

• unabhängig von Zweig (Gesetzgebung, Vollz., Rechtspr.)

• unabhängig von Handlungsform: ÖR, ZivR („Fiskalgeltung“).

Auch: verselbständigte Verwaltungseinheiten in Zivilrechtsform, z.B.

öffentliche Unternehmen, die

• in öff.-rechtl. Trägerschaft sind und

• Aufgaben dieses Trägers wahrnehmen (BVerfGE 128, 226, 244 ff).

- Private? (s.a.a. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG.)

• Lehre von der mittelb. Drittwirkung (seit BVerfGE 7, 198, 204 f)

• Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten (BVerfGE 39, 1)

• Lehre von der Grundrechtsbindung on Sonderfällen, z.B. bei Monopol,

Inanspruchnahme staatlicher Finanzierung, Förderung, ungleicher

wirtschaftl. Macht (BVerfG, NJW 2018, 1667).

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Grundrechtsschutz der Freizügigkeit (Art. 11 GG)

• Freizügigkeit ist die Freiheit der Wahl des eigenen Lebensmittelpunktes/

Wohnortes (§ 7 BGB), auch wenn dieser nur vorübergehend ist.

• Hierzu zählt auch die Reisefreiheit (Indiz: eine Übernachtung), nicht

hingegen die

o Freiheit, den eigenen Aufenthaltsort zu verlassen (Art. 2 Abs. 2 GG),

o freie Benutzung der Verkehrswege (Art. 2 Abs. 1 GG), o freie Wahl des Verkehrsmittels (Grundrecht auf Mobilität,

allenfalls Art. 2 Abs. 1 GG)

o die Verlängerung eines Reisepasses, der notwendig ist, um das Ausland zu bereisen (Art.2 Abs.1 GG).

• In diesem Rahmen garantiert Art. 11 GG

o die Freiheit der Einreise, o die Freiheit des Aufenthalts im Inland, o nicht jedoch die Freiheit der Ausreise (Arg.: Wortlaut) o kein Recht auf Asyl.

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Rechtmäßigkeit des Grundrechtseingriffs:

• Zulassung durch Grundrechtsschranken (Art. 11 Abs. 2 GG)

• Anwendbarkeit einer ausreichenden Eingriffsermächtigung (qualifizierter

Gesetzesvorbehalt)

• formelle Rechtmäßigkeit der Ermächtigung (Zuständigkeit, Verfahren des

Gesetzgebers, Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG)

• Materielle Rechtmäßigkeit der Ermächtigung (Voraussetzungen der

Grundrechtsschranken - Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG; Übermaßverbot;

Wesensgehaltssperre - Art. 19 Abs. 2 GG).

• zutreffende Anwendung der Eingriffsermächtigung durch

Behörde/Gericht (formelle Anforderungen, Tatbestand, Rechtsfolge)

• Wahrung des Übermaßverbots im Einzelfall

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Folie 8

Das „System“ der Grundrechtsschranken:

• tatbestandsimmanente Grenzen (z.B. Art. 8 Abs. 1 GG - friedlich und

ohne Waffen)

• allgemeiner (einfacher) Gesetzesvorbehalt (z.B.: Art. 10 Abs. 2 GG)

• limitierter (qualifizierter) Gesetzesvorbehalt (z.B.: Art. 9 Abs. 2; 11

Abs. 2 GG)

• verfassungsunmittelbare Schranken (z.B.: Art. 18, 26 u.a. GG)

• verfassungssystematische Schranken bei der Kollision von mehreren

Grundrechten oder Grundrechten und öffentlichen Belangen mit

Verfassungsrang

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Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG

Überblick:

• weite und enge Auslegung

• Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit

• Auffanggrundrecht für alle Freiheiten, die nicht in anderen Grundrechten

genannt sind – umfassende subsidiäre Freiheitsverbürgung, die aber nicht

immer anwendbar ist, sondern nur dann, wenn kein Schutzbereich eines an-

deren Freiheitsgrundrechts eröffnet ist.

o sachliche Subsidiarität: Ausnahme => wenn eine Teilfreiheit in einem

anderen Grundrecht explizit ausgeschlossen ist (z.B.: Art. 8 Abs. 1

GG)

o persönliche Subsidiarität (h.M.)

• daraus folgt => abgeschlossenes System der Freiheitsrechte des GG

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Folie 9a

Art.2 Abs.1 GG

Persönlichkeitsrechte Handlungsfreiheiten

Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG

verbürgt das Allgemeine Persönlich-

keitsrecht (s.u.)

Handlungsfreiheiten im umfassenden

Sinne, ohne Rücksicht darauf, welches

Gewicht der Betätigung für die Per-

sönlichkeitsentfaltung zukommt

(BVerfGE 80, 137, 152)

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Folie 9b

Anwendungsfälle und Rechtsprechung zu Handlungsfreiheiten

Tauben füttern (BVerfG, NJW 1980, 2572) Reiten im Walde (BVerfGE 80, 137)

Verlängerung von Ausweispapieren, welche die Ausreise ermög-

lichen (Elfes-Fall, s. BVerfGE 6, 32) Privatautonomie und Vertragsfreiheit, sofern nicht andere Frei-

heiten (z.B. die Berufsfreiheit) vorgehen die Gestaltung des eigenen Aussehens nach individuellen Belie-

ben (auch in öffentlich-rechtlichen Anstellungskonstellationen, z.B. die Vorschrift für Polizeibeamte, das Haar in Hemdkragen- länge zu tragen, Tätowierungen, Brustimplantate)

„Recht auf Rausch“ (Umgang mit Cannabisprodukten, s.

BVerfG, NJW 1994, 1577) das Feiern an Karfreitag (BVerfG, NVwZ 2017, 461, 464))

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Folie 10

Grundrechtskonkurrenzen

• praktisch wenig relevant bei der juristischen Bewältigung der Konkur-

renzlage: Vorrang, Nachrang, Subsidiarität

• schwieriger bei Idealkonkurrenz: Anwendbarkeit beider Garantien neben-

einander => faktisch gilt dann das Grundrechte mit dem besseren Schutz,

bzw. den geringeren Schrankenbestimmungen (z.B. Art. 8 und Art. 5

GG)

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Grundrechtsverletzung:

• Anwendbarkeit des Schutzbereichs (+)

• Eingriff (+)

• Rechtswidrigkeit des Eingriffs

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Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)

Die Menschwürde zählt zum unabänderlichen Kern des GG (Art. 79 Abs. 3

GG); Auslegung der Grundrechte „im Lichte der Menschenwürde“:

• wenn die „Subjektqualität prinzipiell infrage gestellt wird“ (Mensch als

Schaden?)

• durch Erniedrigung, Brandmarkung oder Ächtung, (Quasar)

• grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafen (auch: überbelegte

Zelle, Sicherungsverwahrung?)

• Folter (Art. 3 EMRK)

• rassische Diskriminierung

• „unantastbarer Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung“

(BVerfGE 109, 313 f.)

• Gewährleistung des Existenzminimums (BVerfGE 1, 97, 104)

• Objektive Werteordnung („Zwergenweitwurf“, Lügendetektor im

Strafprozess, Laserdrome)

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Folie 13

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

(Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 GG)

Schützt die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer

Grundbedingungen (BVerfGE 54, 148, 153), d.h. das Personsein oder die

soziale Identität.

• Ehre (BVerfGE 114, 346) – Schutz vor falscher (Tatsachen-) Darstellung

durch Dritte

• Selbstdarstellung: Name (nicht diskriminierend) – Recht am eigenen Bild,

Recht am eigenen Wort

• Informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 43; 113, 46) => Schutz

vor Datenverarbeitung: Erhebung, Speicherung, Zusammenführung,

Übermittlung, Löschung personenbezogener (!) Daten – insb. bei

Beziehungen mit Vertraulichkeitsschutz (Arzt, RA usw.) – näher DSGe

• Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (BVerfGE

120, 274): Schutz vor Erhebung und Speicherung von „Massendaten“ (in

Abgr. zur informationellen Selbstbestimmung nach abgeschlossener

Kommunikation

• Privatsphäre als Rückzugsraum, sexuelle Selbstbestimmung,

Lebensgemeinschaften, familiärer Umgang, Jugendschutz

• Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (s.a.a. Art. 12 GG)

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Grundrechtseingriffe

Eingriff:

• traditionell: imperativ, Befehl (Polizeiverfügung u.a.) – heute immer

noch, aber allein zu eng

• sodann:

o final (gezielt) => Beispiel: Verbotsverfügung,

Genehmigungsversagung (passt mehr auf Einzelakte als auf

Gesetze) – Problem: gezielter Todesschuss und Fehlschuss

o unmittelbar => Beispiel: Verbotsverfügung, Todesschuss,

Manöverschaden – aber Problem: Unbestimmtheit (Rathauskneipe,

Mülldeponie lockt Krähen an)

• heute:

jede staatliche Maßnahme, welche die Ausübung einer garantierten

Freiheit erschwert oder unmöglicht macht (auch „gemischter“

Eingriffsbegriff genannt)

• Der Eingriff ist nicht die einzige Form der Grundrechtsbeeinträchtigung,

sondern eine solche, welche ein bestimmtes Prüfungsschema abruft.

Eingriff und Gesetzesvorbehalt gehören zusammen!!!

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Folie 15

Rechtmäßigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit durch

Warnungen

• kein Gesetzesvorbehalt erforderlich; statt dessen genügt Handeln

zuständiger Staatsorgane (z.B. Ressortprinzip, Art. 65 S. 2 GG; i.Ü.

„gubernative Staatsleitungskompetenz“, siehe z.B. „Glykol-

Entscheidung“ des BVerfG)

• Gebot inhaltlicher Richtigkeit, verfahrensfehlerfreier Informations-

sammlung und schlüssiger Informationsauswertung

• Gebot der Sachlichkeit

• Neutralitätspflicht

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Folie 17

Versammlung

• Def.: Zusammenkunft mehrerer Personen zur Verfolgung eines

gemeinsamen Zwecks. (str. Anzahl der Personen)

• enger Begriff: gemeinsamer Zweck als „politischer“ Zweck

notwendig, dieser wird aber weit ausgelegt

• mittlerer Begriff: gemeinsamer Zweck als Meinungsbildung/-

äußerung unabhängig vom Thema

• weiter Begriff: jeder gemeinsame Zweck (auch Unterhaltung,

Spaß u.a., „Konsumveranstaltungen“)

Versammlungsfreiheit, Art.8 GG

• Entscheidung über das „Ob“ der Versammlung; str., ob auch die

„negative“ Versammlungsfreiheit“ erfasst ist

• freie Wahl von Thema, Ort, Zeitpunkt, Zuschnitt der

Versammlung

• Organisation der Veranstaltung: Thema und Zuschnitt festlegen,

aufrufen, einladen, organisieren

• Freiheit der Teilnahme: Anreise, Beteiligung, Abreise

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Folie 18

Schutzbereichsimmanente Grenzen des Art. 8 Abs. 1 GG

• friedlich: kein „gewalttätiger Verlauf“ (§§ 5 Nr. 3; 13 Abs. 1 Nr. 2

VersG), wenn weder Zweck noch Verlauf die Begehung oder den

Versuch von Straftaten gegen Leib, Leben, Freiheit oder sonstige

erhebliche Rechtsgüter Dritter oder der Allgemeinheit mit sich

bringen

• ohne Waffen: wenn Teilnehmer keine Gegenstände mit sich

führen, welche ausschließlich oder überwiegend dem Zweck

dienen, zur Begehung von Straftaten gegen Dritte angewendet zu

werden

=> die Merkmale sind eng auslegen, darüber hinaus sind die

Schranken des Art. 8 Abs. 2 GG beachten

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Folie 19

Versammlungsarten

• Anmeldepflicht (§ 14 VersG) mit Auflösungsmöglichkeit (§ 15

Abs. 3 VersG) und Strafandrohung (§ 26 Nr. 2 VersG) =>

Modell der organisierten Versammlung; aber:

o Spontanversammlung: aus aktuellem Anlass ohne

Veranstalter, Bekanntmachung – keine Möglichkeit der

Anmeldung

o Eilversammlung: aus dringendem Anlass – keine Möglichkeit der Einhaltung der Anmeldefrist

o Beide sind vom GG geschützt („ohne Anmeldung“) und

dürfen vom VersG nicht einfach verboten werden.

Entweder entfällt die Anmeldepflicht oder die

Anmeldefrist.

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Folie 20

Meinungsfreiheit – Art. 5 GG

• Meinung: Äußerung von Werturteilen die keinem Beweis

zugänglich sind => Unterschied: Tatsachenmitteilung, die

Abgrenzung spielt aber keine große Rolle, außer bei erwiesen

falschen Tatsachenbehauptungen (Holocaust-Leugnung, s.

BVerfG, NJW 2018, 2858)

Keine Differenzierung nach:

o wertvoll – wertlos

o politisch – unpolitisch

o öffentlich – privat (wohl aber bei den Schranken)

• Freiheit der

o Wahl des Inhalts einer Äußerung

o Entscheidung über die Äußerung (str.: sog. negative Meinungsfreiheit)

o Wahl der Form der Äußerung [Wort, Schrift, Bild,

Medien, Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), individuell oder kollektiv

(Art. 8 GG)]

• es besteht nur die Freiheit zur Kommunikation, nicht zur

Ausübung wirtschaftlichen oder sonstigen Drucks (BVerfGE 25,

256 – Blinkfuer)

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Folie 21

Grenzen der Meinungsfreiheit:

• Jugendschutz

• persönliche Ehre Dritter

• „Allgemeine Gesetze“ (seit BVerfGE 7, 198, 205 f. - Lüth) =>

Kombinationslehre:

Gesetze, welche sich

o weder gegen bestimmte Meinungen als solche richten,

o noch Sonderrecht gegen den Prozess freier Meinungsbildung darstellen, sondern

o dem Schutz eines Gemeinschaftswertes, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit Vorrang hat, dienen.

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Folie 22

Übermaßverbot

Herleitung aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art.20 Abs.1, 3 GG:

• Legitimer Zweck: von der Rechtsordnung gedeckt,

allgemeinwohlgerichtet

• Geeignetheit: jeder staatliche Eingriff muss den eigenen Zweck

fördern

• Erforderlichkeit: Gebot des mildesten Mittels

• Verhältnismäßigkeit: (negative) Effekte dürfen zum positiven

Zweck nicht unangemessen sein; ggf. praktische

Konkordanz/Wechselwirkungslehre

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Folie 23

Drittwirkung von Grundrechten

Ausgangspunkte: Art. 1 Abs. 3; 1 Abs. 1 S. 2; 9 Abs. 3 S. 2 GG

• Grundrechte grds. als staatsgerichtete Rechte / Abwehrrechte

• inzwischen differenziert:

o früher: „mittelbare Drittwirkung der Grundrechte“ =>

Grundrechte als „wertentscheidende Grundsatznormen“

wirken auf die Auslegung der Generalklauseln des BGB ein

o später: Grundrechtskollisionen als ausgleichsbedürftiger Vorgang (zusammenfassend BVerfGE 81, 242), wenn

zwischen beiden Seiten ein Machtungleichgewicht

besteht und

im Einzelfall eine ungleichgewichtige Rechtslage

eingetreten ist und

letztere das Ergebnis des Machungleichgewichts ist.

Hier geht es nicht um Grundrechte contra öffentliche Gewalt (Art. 19

Abs. 4 GG), sondern um Grundrechte contra Grundrechte.

Siehe: BVerfG, NJW 2018, 1667(Stadionverbot)

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Folie 24

Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG)

Freiheit der Massenmedien auf Mitwirkung an der

Bildung/Artikulation der öffentlichen Meinung von der Gewinnung

der Information (Recherchefreiheit) bis zum Vertrieb des

Presseorgans; insb.:

• Freiheit der Informationsgewinnung – Schutz der Quellen,

Freiheit der Recherche, der Informationsspeicherung auch durch

Fotos; aber kein Recht auf Einbruch in geschützte fremde

Privatsphäre (Wohnung, Unternehmensgeheimnis usw.)

• Freiheit des Pressebetriebs (Tendenzschutz) – Grundentscheidung

für private Presse, aber kein Verbot staatlicher Öffentlichkeits- und

auch Pressearbeit

• Freiheit der Informationsherstellung (Redaktionsgeheimnis,

Aufmachung, Vertriebsform, Internet u.a.)

• Freiheit des Vertriebs, aber Bindung an allgemeine Gesetze

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Folie 25

Rundfunkfreiheit, Art.5 Abs.1 S.2 GG

• genauer: „Berichterstattung durch Rundfunk“

• Def.: Rundfunk => elektronische Nachrichtenübermittlung mit

unbestimmter Zahl von Teilnehmern (Empfängern) unabhängig

vom Übermittlungsweg (atmosphärisch, Kabel, Internet)

• „Duale Rundfunkordnung“ als dienendes Grundrecht (geht über

freie Berichterstattung hinaus). Sinn und Zweck => Besondere

Verantwortung für öffentliche Meinung, für neutrale

Nachrichtenübermittlung und kulturelle Verantwortung in

„binnenpluralistischer Verfassung“; anders private Medien:

außenpluralistische Verfassung.

Daraus folgt:

o besondere Anforderungen an Organisation und

Freiheitssicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

(Unabhängigkeit von Staat und Parteien, von kommerziellen

und anderen als kommunikativen Interessen)

o die Rechtsstellung privater Rundfunkbetreiber ist eher wie die

privater Presse (s.o.): Freiheit der Gründung, des Betriebs, der

Berichterstattung

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Folie 26

Freiheit der Kunst, Art.5 Abs.3 S.1 GG

• weite Definition: „freie schöpferische Gestaltung, in welcher

Künstler Eindrücke, Erlebnisse oder Empfindungen zum

Ausdruck bringen“; am Ende muss ein nicht notwendigerweise

materielles oder dauerhaftes „Werk“ stehen (Theater)

• offener Kunstbegriff: Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten (im

Unterschied dazu: Meinung)

• Kriterien: Auffassung des Künstlers, sachkundiger Dritter,

Zugehörigkeit zu anerkannten Werkformen => auf Niveau,

außerkünstlerische Tendenzen (Politkunst) oder sittliche

Bewertung kommt es nicht an

• Die Kunstfreiheit ist von der Herstellung bis zur Präsentation

bzw. zum Vertrieb („Werk-“ und „Wirkbereich“) geschützt.

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Folie 27

Abgrenzung: Pressefreiheit / APR

Konzepte:

• BGH: „In-die-Öffentlichkeit-zerren“ contra „absolute“ und

„relative Personen der Zeitgeschichte“

• BVerfG: Pressefreiheit als schlechthin konstituierender Wert der

Demokratie, als Höchstwert. Grenze eher: Verletzung von

Schutzrechten, Geheimnisbereiche, Formalbeleidigungen.

• EGMR: BVerfG berücksichtigt die Privatsphäre zu wenig –

Abgrenzung von Privat- und Öffentlichkeitssphäre nötig.

1. Zugehörigkeit der Information zur Privatsphäre feststellen

2. öffentliche Funktion der betreffenden Person feststellen:

Vermutung für die Zulässigkeit der Veröffentlichung, sofern ein

(auch weitläufiger) Zusammenhang besteht

3. bei fehlender öffentlicher Funktion: Vermutung gegen die

Zulässigkeit, sofern nicht ein Informationsinteresse der

Öffentlichkeit im Einzelfall überwiegt

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Folie 28

Pressefreiheit / Ehre

• Güterabwägung, Schutzauftrag für beide kollidierenden

Rechtsgüter

• bei Ehrverletzungen:

o Auslegungsgebot (auch versteckten Sinngehalt erfassen)

o Abwägungsgebot:

Tatsachenbehauptung weniger geschützt;

Sorgfaltspflichten beachten; Beweislast nicht einseitig

beim Äußernden oder beim Dritten, es kommt auf

Belegtatsachen, Auskunftsquellen an

Meinungen: wenig geschützt, am ehesten

Formalbeleidigung – Gegenschlagslehre

(Dummschwätzer)

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Folie 29

Vereine und Gesellschaften

Def.: „Jeder Zusammenschluss einer Mehrheit natürlicher oder

juristischer Personen für längere Zeit zur Verfolgung eines

gemeinsamen Zwecks auf freiwilliger Basis mit gemeinsamer

Willensbildung“ (BVerwGE 106, 177, 181).

Schutz:

• Gründungsfreiheit („bilden“) als individuelles Grundrecht –

nicht frei gegründete Zwangszusammenschlüsse unterfallen

nicht dem Art. 9 GG (BVerfGE 10, 89, 102)

• sog. negative Vereinigungsfreiheit (str.: bejahend BVerfGE 50,

290, 354; vgl. auch BVerfGE 146, 164 [IHK-

Pflichtmitgliedschaft])

• Schutz des Bestands, der inneren Vereinsaktivitäten, der

Mitgliederwerbung (BVerfGE 80, 244, 354)

• Schutz der Vereinigungsfreiheit „Dachverbände“ (BVerfGE 84,

372, 378)

• Schutz sonstiger Vereinsrechte nach Art. 19 Abs. 3 GG

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Folie 30

Koalitionsfreiheit

• Def.: Freiwillig gebildeter, gegnerfreier, privatrechtlich

organisierter Personenzusammenschluss – nicht maßgeblich sind

Rechtsform und politische Ausrichtung.

• Weitere Anforderungen an Tariffähigkeit (überbetrieblich,

durchsetzungsmächtig) können vom Gesetzgeber in willkürfreier

Weise formuliert werden. Tariffähigkeit ist keine Voraussetzung

der Koalition(sfreiheit), sondern eher deren Folge.

• Adressaten:

o Staat (Art. 1 Abs. 3 GG) o Dritte (Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG) – unmittelbare Drittwirkung

als Schranke der Privatautonomie gegeneinander und

gegenüber Dritten

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Folie 31

Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG

• Individuelle Koalitionsfreiheit: Gründungsfreiheit („bilden“);

Beitritts-, Auswahl-, Austrittsfreiheit (Problem: negative

Koalitionsfreiheit)

• Kollektive Koalitionsfreiheit: Recht auf Mitwirkung an der

Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch

„spezielle koalitionsmäßige Betätigung“ (BVerfGE 94, 268, 283) –

was darunter fällt ist nicht zuletzt Folge gesetzgeberischer

Ausgestaltung:

o in der Bundesrepublik faktisch: Tarifautonomie (TVG) als

zulässige, aber nicht einzig zulässige Ausgestaltung; d.h.:

Mitwirkung an der Aushandlung, Durchsetzung von

Tarifverträgen

o Instrumente dazu u.a.: Streik, Abwehraussperrung (s. Art. 9

Abs. 3 S. 3 GG); nicht => wilder Streik, politischer Streik.

Der zulässige Arbeitskampf lässt Rechte aus dem

Arbeitsverhältnis unberührt.

o gewerkschaftliche Betätigung in Betriebs-/Personalräten,

Wahlen dazu, Beratung der Mitglieder; str.:

Mitgliederwerbung (BVerfGE 57, 220, 246 ff.)

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Folie 32

Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit

Regelungen der Koalitionsfreiheit durch den Gesetzgeber sind

zulässig als Ausgestaltung:

• Entscheidung über und Regelung des Tarifvertragssystems (vgl.

BVerfGE 146, 71 [Verfassungsmäßigkeit Tarifeinheitsgesetz])

• Anerkennung der Tariffähigkeit und Wirkungen der Verträge

(willkürfrei)

• Herstellung der Tarifvertragsparität (BAG) bzw. der

Grundrechtsvoraussetzungen (BVerfGE 88, 103, 115) –

Ausgestaltung der Arbeitskämpfe:

o Übermaßverbot o Gesetze und Tarifverträge beachten o Streikbrecherarbeit ist zulässig o ausführliche Rspr. des BAG zu Verfahren, Form,

Wirkungen, Grenzen des Tarifvertrages, des Streiks, der Aussperrung

• Benachteiligungsverbot ggü. Nichtmitgliedern nur bei

faktischem Beitrittszwang (Problem: Offenbarungspflicht) –

keine schematische Gleichbehandlung erforderlich, auch nicht

im Tarifvertragssystem

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Koalitionsfreiheit:

• Allgemeinverbindlicherklärung

• Problem: Mindestlohn

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Folie 33

Grundrechtsschranken des Art. 9 Abs. 3 GG

• keine Einschränkungsermächtigung; nicht Art. 9 Abs. 2 GG

anwenden!

• kollidierendes Verfassungsrecht: h.M. für Tendenzbetriebe (Art. 4,

5 GG) => hier Tarifautonomie fast ausgeschlossen (Kirchen) oder

erheblich eingeschränkt (Presse); Notdienstpflichten im Streik

(Krankenhäuser u.a.)

• öffentlicher Dienst: die Koalitionsfreiheit gilt, kann aber im

Rahmen des Art. 33 GG beschränkt werden (so soll ein

Streikverbot für Beamte zulässig sein)

• gesetzlich zum Schutz kollidierender Belange mit Verfassungsrang

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Folie 34

Art. 9 Abs. 3 GG und Europarecht

• keine Einschränkung der Grundfreiheiten

• Mitbestimmung

• Tariftreue (nur eingeschränkt zulässig - EuGH, NJW 2008,

3485)

• Umgehung des Tarifvertragssystems durch Grundfreiheiten

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Folie 34

Grundrechtsschutz der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG)

• körperliche Bewegungsfreiheit: Recht, den Ort, an dem man sich befindet,

zu verlassen – Raum, Gebäude, Gebäudekomplex => Einschränkung etwa

durch Freiheitsstrafe, U-Haft, Gewahrsam, Unterbringung (auch durch

Betreuer), elektronische Fußfessel

• Grundrechtsschranken (Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG)

Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff ist zulässig zum Schutz

hochwertiger Belange Dritter, der Allgemeinheit, insb.:

o Sicherung des Strafverfahrens (U-Haft)

o Strafvollstreckung o Schutz Dritter vor schwerwiegenden Rechtsgutsbeeinträchtigungen

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Folie 35

Materiell-rechtliche Anforderungen an

grundrechtseinschränkende Gesetze:

• kein Einzelfallgesetz

• Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG): bei Gesetzen aufgrund

Einschränkungsvorbehalts; nicht bei

o vorkonstitutionellen Gesetzen o Wiederholung (nicht Verschärfung) vorkonstitutioneller Eingriffe o verfassungssystematischen Schranken

• Bestimmtheitsgebot

• Übermaßverbot – Geeignetheit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit

• Wesensgehaltssperre (Art. 19 Abs. 2 GG)

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Folie 36

Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG)

• als Voraussetzung der Würde, aber damit nicht identisch (str.); s.a. Recht

auf einen menschenwürdigen Tod

• Menschenwürde als Modalität des Lebens

• h.M.: von der Nidation (Ungeborene) bis zum Tod (angiographisch)

• Unterlassungsanspruch => Luftsicherheit, Todesschuss, Todesstrafe

(Art. 102 GG)

• Schutzpflicht

o gegen Tötung durch Dritte; Streitfall: Abtreibung (BVerfGE 39, 1; 88, 203)

o gegen Tötung durch andere Staaten (Auslieferungsschutz bei drohender Todesstrafe)

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Folie 37

Wesengehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG)

• Ausgangspunkt => drei Auffassungen:

o objektive Lehren: Grundrecht darf nicht vollständig (für alle)

aufgehoben sein

o subjektive Lehren: Grundrecht darf für den Einzelnen nicht

aufgehoben sein

o Abwägungslehre: Grundrechte müssen in gesetzgeberischen

Abwägungskontext eingehen; praktisch identisch mit Übermaßverbot.

• das BVerfG scheint der letztgenannten Auffassung nahe zu stehen

• je schwerwiegender der Eingriff, desto bestimmter und schwerwiegender die

Anforderungen

• Frage: Kann der Betroffene in zulässiger Weise den Eingriff vermeiden, ihm

ausweichen?

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Folie 38

Freiheitsentziehung

Bei Freiheitsentziehung zusätzlich zu prüfen:

• Grundrechtssicherung durch Verfahren/Richtervorbehalt (Art. 104 GG); s.a.

Art. 13 Abs. 2 ff. GG, §§ 100a ff. StPO; zur Kompensation von

Rechtsschutzlücken (Art. 19 Abs. IV GG) bei

o schwerwiegenden Grundrechtseingriffen, die

o überraschend oder heimlich stattfinden und daher

o rechtszeitigen Gerichtsschutz ausschließen (vollendete Tatsachen).

• Abgrenzung: Freiheitsbeschränkung/-entziehung

• Freiheitsentziehung in eng umgrenztem Raum – auch Lager

o mit technischen Mitteln (Einschließen) – Eingriffsmodalität

o für mehr als nur kurze Zeit (Mindestdauer: mehrstündig) –

Eingriffsintensität

o wenn die Verbleibenspflicht mehr als nur Nebenpflicht einer

Handlungspflicht (Zeugenaussage, Schulunterricht, Wahlvorstand),

sondern eine eigenständige Hauptpflicht ist – syst. Grundrechtseingriff

Siehe: BVerfG, NJW 2018, 2619 (Fixierungen in öffentlich-rechtlichen Unterbringungen)

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Folie 39

Richter i.S.v. Art. 97 GG

Der Richter muss:

• vorhanden sein und zumutbar tätig werden können; etwa bei großer Zahl

von Betroffenen

• zeitnah erreichbar sein: Dienstschluss, Wochenende – zumutbare

Wartefrist: 2-3 Stunden

• den Sachverhalt selbst feststellen bzw. prüfen

• dem Betroffenen rechtliches Gehör gewähren (s. auch Art.103 Abs.1 GG)

=> selbst vernehmen (oder Eindruck von Vernehmungsunfähigkeit

herstellen)

• die Gründe für die Freiheitsentziehung mitteilen und Gelegenheit zur

Stellungnahme geben

• eine eigene Entscheidung treffen und diese mit Gründen versehen

• die Heranziehung eines Rechtsbeistandes ermöglichen

• eine Person des Vertrauens informieren (Art. 104 Abs. 4 GG)

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Folie 40

Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG):

Def.: Eine Wohnung ist jeder Raum, welcher dem Einzelnen zur

Wahrung/Entfaltung seiner Privatsphäre zu dienen bestimmt ist und der

Zugänglichkeit/Einsicht der Öffentlichkeit entzogen ist (seit BVerfGE 32, 54).

Insb.:

• Wohnung i.e.S.: Wohnräume, Nebenräume, Treppenhäuser, Garagen,

soweit eine bauliche Verbindung mit der Wohnung i.e.S. besteht – nicht

bloß ein befriedetes Besitztum

• Wohnung i.w.S.: gewerbliche Räume, Hotelzimmer, Hinterzimmer von

Lokalen u.a., soweit sie für die Nutzer Aufenthalts-/Wohnzwecken

vergleichbar sind

• sonstige Gewerberäume: soweit sie eine bauliche Verbindung zur

Wohnung aufweisen und zwar auch dann, wenn sie der Öffentlichkeit

zugänglich sind (Läden, Werkstätten, Anwaltspraxen usw.)

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Folie 41

Schranken des Art. 13 GG

• Ziemlich systemlos: Drei limitierte Einschränkungsvorbehalte stehen

nebeneinander, zudem ist die Schrankenregelung (jedenfalls nach

herrschender Rechtsprechung) nicht abschließend.

• Ausgangspunkt => Art des Eingriffs:

o Abs. 2: „Durchsuchung“: jedes zielgerichtete Aufspüren von

Personen oder Sachen, die nicht unmittelbar erkennbar sind, durch

die öffentliche Gewalt, ohne Rücksicht auf die Rechtsgrundlage

(StPO, ZPO, PolG usw.) => Die Durchsuchung setzt das Betreten

voraus!

o Abs. 3-6: elektronische Überwachung der Wohnung von

innerhalb oder außerhalb; Betreten durch Personen allenfalls zum

Anbringen/Abmontieren der Geräte (nicht zum Suchen), also keine

Durchsuchung (h.M.). Es fehlt das Offenkundigkeits-/

Warnelement des Beamten in den Räumen.

o Abs. 7: Eingriffe und Beschränkungen „im Übrigen“: insb. „Betreten“, etwa zur Nachschau (Feststellung von Tatsachen oder

Durchsuchung), Mitnahme von Personen oder Sachen, die

erkennbar sind (Sicherstellung) usw.

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Folie 42

Art. 13 GG - Eingriffsvoraussetzungen

Die Voraussetzungen sind unterschiedlich:

• Durchsuchung: Richtervorbehalt als Regel, „Gefahr im Verzug“ als

Ausnahme; keine materiellen Beschränkungen (diese ergeben sich nur

aus Gesetzen), vgl. zum Richtervorbehalt bereits oben

• Elektronische Überwachung: repressiv (Abs. 3); präventiv (Abs. 4);

Selbstschutz (Abs. 5) kombiniert materielle Voraussetzungen und

Verfahrensvorrausetzungen (Richtervorbehalte) + Berichtspflichten

(Abs. 6)

zur Auslegung BVerfGE 109, 279 => materielle Grenzen beachten,

Verfahren einhalten

• Betreten: nur materielle Eingriffsgrenzen (Abs. 7), kein besonderes

Verfahren; für geöffnete Geschäftsräume sind die Schranken des Art. 2

Abs. 1 GG zu beachten (nur hier, nicht bei Durchsuchungen und nur zum

Schutz von Arbeitnehmern, Kunden, der Öffentlichkeit, soweit

zugelassen)

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Folie 43

Grundrechte in der EU

• explizit: (Art. 20 ff., 157 AEUV usw.)

• implizit: EMRK (s.a. Art. 6 EUV)

• Richterrecht, wo keine sonstigen Garantien bestehen (praktisch sehr

selten)

• Grundsatz:

o die EU ist an die eigenen Grundrechte gebunden o die Mitgliedstaaten sind an diejenigen aus Europa- (soweit sie

anwendbar sind) und an diejenigen aus nationalem Recht

gebunden, dabei geht der weitergehende Grundrechtsschutz vor

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Folie 44

Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG)

• Schutz der Post und Telekommunikation per Distanz

• Rechtlicher Ausgleich der fehlenden Selbstbestimmung über Vertraulich-

keit: Weil man die Vertraulichkeit des Mediums nicht selbst herstel-

len/kontrollieren kann, wird es als formell vertraulich definiert und ge-

schützt.

• erfasst werden:

o Kommunikationsinhalte (kein Abhören, Mitschneiden usw. jdf. während der laufenden Kommunikation)

o sonstige Kommunikationsumstände (sog. Verbindungsdaten): Zeit,

Ort, Häufigkeit usw. (s. Vorratsdatenspeicherung). Es ist aber eine

möglicherweise unterschiedliche Eingriffsschwere zu beachten.

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Folie 45

Definitionen zu Art. 10 GG

• Brief: Jede mit einem verkörperten Medium verbundene Kommunikation

an einen oder bestimmte Empfänger (auch Postkarten).

• Post: Schutz körperlich übermittelter Informationen (Informationsträger)

und Kleingüter – von der Einlieferung bis zur Ablieferung an den Emp-

fänger.

• Fernmeldegeheimnis: Unkörperliche Übermittlung von Informationen

durch Fernmeldetechnik (elektronisch, optisch, akustische u.a.) unabhän-

gig vom verwendeten Medium (Netz, Funk, Kabel usw.).

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Folie 46

Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis

Schutzrichtung:

• Abwehrrecht: Verbot der Kenntnisnahme durch staatliche Stellen; darun-

ter fallen auch bereits Vorbereitungshandlungen (Verbot der Verschlüsse-

lung)

• Verbot der Verwendung von Daten aus Eingriffen in die Telekommuni-

kation (insb.: Verbot der Zweckentfremdung, der Verwendung zu weniger

hochwertigen Zwecken)

• Schutzpflicht: Schaffung rechtlicher Gewährleistung technischer Mög-

lichkeiten zur Herstellung vertraulicher Informationsbeziehungen (bei

privaten Anbietern). Diese selbst sind keine Grundrechtsträger für die Te-

lekommunikation ihrer Kunden (str.)!

• kein Schutz gegen Teilnehmer: Ermittler ruft an

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Folie 47

Schutz der Privatsphäre in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG:

• Sphärentheorie (heute noch wichtig, aber zu schematisch)

• Informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 – Volkszählung):

o Schutz der Selbstbestimmung über Preisgabe und Verwendung der

Daten durch die öffentliche Hand und wohl auch durch private

Dritte (str.) – setzt Möglichkeit der Selbstbestimmung voraus.

o Schutz gegen erzwungene wie gegen heimliche Informationsge- winnung, -verarbeitung und –übermittlung des einzelnen Datums

• Integrität/Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme (BVerfGE

120, 274) – nicht nur, aber wesentlich des Internets; Schutz auch über lau-

fenden Kommunikationsvorgang hinaus; Massendaten

• namentlich, aber nicht nur bei fehlender Selbstbestimmung (insb.: Ange-

wiesenheit auf das Medium):

o Schutz der Kommunikationsinhalte bzw. -vorgänge (Art. 10 GG) o Schutz der Kommunikationsendgeräte (PCs usw.; s. schon o.: Han-

dy) – jedenfalls bei der Nutzung des Netzes zur Überwachung

(Art. 2 Abs. 1 GG)

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Folie 48

Einschränkungen aus Art. 10 Abs. 1; 2 Abs. 1 GG:

• Gesetzesvorbehalt (formelle Anforderungen beachten)

• ggf. limitierte Gesetzesvorbehalte beachten (Art. 13 Abs. 3-6 GG)

• keine verdachtsunabhängige Überwachung

• Bestimmtheitsgebot (nicht des GG oder des BVerfG, sondern des Geset-

zes!)

• Verhältnismäßigkeit (hängt eng mit der Bestimmtheit zusammen)

• Richtervorbehalt für Informationserhebung

• Begrenzung der Informationsverwendung (insb.: Kenzeichnungspflicht;

keine Übermittlung zu Zwecken, welche nicht den Erhebungszwecken

entsprechen)

• hinreichende technische Vorkehrungen zur Gewährleistung dieser Anfor-

derungen

• kein Eingriff in den „unantastbaren Kernbereich der Privatsphäre“

(dessen Umfang ist str.): Erhebungs- oder Verwendungsverbot?

• ggl. geschützte Vertrauensverhältnisse müssen abgewogen, aber nicht

schematisch geschützt oder gar gleichbehandelt, werden

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Folie 48a

Grundrechtsschutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG)

• Schutz der Ehe in weltlich bürgerlich-rechtlicher Form (rechtlich aner-

kannte, auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft unterschiedlichen oder

gleichen Geschlechts, § 1353 BGB) – sonstige Lebensgemeinschaften fal-

len unter Art. 2 Abs. 1 GG.

• Freiheit der Eheschließung, der Form des Zusammenlebens (Schutz der

Lebensgemeinschaft) und Ausgestaltungsfreiheit zur Ehescheidung (wohl

eher Art. 2 Abs. 1 GG).

• Schutz der Familie (der bürgerlich-rechtlichen Form der Lebensgemein-

schaft) von Eltern / Kindern; auf eine Ehe der Eltern kommt es nicht an,

vielmehr auf die soziale Funktion:

o Schutz der elterlichen Sorge (Vermögenssorge, Personensorge) o Betreuung betreuungsbedürftiger Angehöriger im rechtlichen Sinne

(Kinder, Adoptivangehörige, eingeschränkt auch der Pflegekinder)

• Gleichstellung nichtehelicher Kinder (und mittelbar auch ihrer Eltern):

Art. 6 Abs. 5 GG (durch Gesetzgebung und Rechtsprechung).

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Folie 48b

Rechtsfolgen des Art. 6 GG:

„besonderer Schutz“; d.h.:

• Eingriffsverbot => Schranken: Art. 6 Abs. 3 GG – staatliches Wächter-

amt; eigener Überwachungs- und Erziehungsauftrag (i.V.m. Art. 7 GG)

zum Schutz der Kinder

• Benachteiligungsverbot gegenüber Unverheirateten, sonstigen Lebens-

gemeinschaften

• Gleichbehandlungsgebot: namentlich Gleichstellungsanspruch Familien-

recht – Sozialrecht => Existenzminimum

• Gleichstellung der Ehegatten; unter Beachtung von Art. 6 Abs. 4 GG

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Folie 48c

Aktuelle Einzelfälle zu Art. 6 GG:

• Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung (+), aber nicht auf Benen-

nung des nicht-ehelichen Vaters, BVerfGE 96, 56.

• Recht auf Feststellung der (Nicht-)Vaterschaft, BVerfGE 117, 202 (+)

• Recht auf Entscheidung über die Schullaufbahn (+), jedoch nicht uneinge-

schränkt (s. Art. 7 GG)

• Recht auf die Bestimmung des Familiennamens / Doppelnamens usw.;

str. (BVerfGE 104, 373 ff.; verneinend für Kinder)

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Folie 49

Glaubens,-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit

Art. 4 GG

• Kommunikationsgrundrecht – nicht bloß forum internum

• Fallgruppen:

o Glauben, Weltanschauung, Bekenntnis, Religionsausübung – s.a. Art. 140 GG, Art. 136 ff. WRV

o Gewissen, Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 Abs. 3 GG)

• Siehe auch:

o Art. 3 Abs. 3 S. 1; 33 Abs. 3 GG: Diskriminierungsverbote o Art. 7 Abs. 2, 3 GG (Religionsunterricht) – Abs. 4 GG: Privatschu-

len

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Folie 50

Glauben (Oberbegriff: Religion, Weltanschauung)

• Überzeugungen von Herkunft, Ziel und Sinn des Ganzen bzw. des Lebens

• irrelevant: Größe, soziale Relevanz, Vorhandensein von Organisationsfor-

men, Vereinbarkeit mit anerkannten Religionen/Überzeugungen

• religiös, nicht-religiös, es muss aber eine Vergleichbarkeit bestehen

• keine Ein-Punkt-Überzeugungen, geistige Technik

• wichtige Abgrenzung: Religion – Kommerz: objektive Betrachtung, nicht

(nur) eigenes Selbstverständnis; Ausschlusskriterium: Verfolgung aus-

schließlich oder überwiegend geschäftlicher Zwecke, auch aus religiösen

Gründen – dabei ist abzustellen auf => äußeres Erscheinungsbild, übliches

Preisniveau, Angebotsstruktur, Vertriebswege => Scientology ist keine Reli-

gion

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Folie 51

Glaubensfreiheit - individuell

• Schutzbereich: Glauben

o bilden, haben o bekennen, verbreiten, werben, abwerben, Kindererziehung, Be-

gräbnis, glaubensspezifische Kleidung, Bart u.a.

o negative Glaubensfreiheit

• Bei religiös neutralen Handlungen:

o Lehre von den „spezifisch religiösen Handlungen“ – Abgrenzung nach der Handlung

o Lehre von der religiösen Motivation (BVerfGE 24, 236 – Rumpel- kammer)

o differenzierende Lehre: Abstellen auf Übereinstimmung der Ziele, institutionelle Verflechtungen

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Folie 52

Glauben – kollektiv (s.a. Art. 4 Abs. 2; 140 GG i.V.m. Art. 136 ff. WRV)

Schutzbereich:

• Bildung von Glaubensgemeinschaften: Freiheit der Organisations- und

Rechtsform (s.a. Art. 137 Abs. 2 ff. WRV) – rechtliche Unterschiede sind

vorgegeben (Art. 137 Abs. 5 WRV) – öffentlich-rechtliche Körperschaft

ist nur eine Rechtsform, keine Staatsgewalt (Art. 137 Abs. 1 WRV)

• Betätigung der Organisation: Veranstaltungen und Versammlungen ab-

halten, Gebäude errichten, Glockenläuten, Gebetsruf usw.

• Vereine/Organisationen gründen, z.B. Diakonie usw.

Schutzrichtung:

• Trennung von Staat und Kirche (Art. 137 Abs. 1 WRV): Kirche hat keine

staatlichen Aufgaben, kann solche aber erlangen – Staat hat keine inner-

kirchlichen Aufgaben, kann solche aber erlangen (Kirchensteuer) => Ko-

operationsverhältnisse

• staatliche Neutralitätspflicht: keine Laizität, sondern (abgestufte) „Neutra-

lität“ – Feiertage u.a. (s.a. Art. 141 WRV)

• Anerkennung des gesellschaftlichen Pluralismus => Abwehrrechte,

Schutzpflichten (für alle Seiten), Anerkennung von Vielfalt

• (P): Schule (Schulgebet u.a.); Kindergarten (dto.); Militär usw. – einheit-

liche Organisation(-spflicht) bei binnenpluralistischer Mitgliedschaft –

Ausweichen als mildere oder diskriminierende Alternative?

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Folie 53

Religiöses Selbstverwaltungsrecht

• Anerkennung des religiösen Selbstverwaltungsrechts (Art. 137 Abs. 2, 5

WRV) etwa bei:

o Einnahmehoheit: Beiträge, Abgaben u.a.

o Regelung der eigenen Angelegenheiten: Mitgliedschaftsrecht,

Dienstrecht, Beitragsrecht usw., im Rahmen der „für alle geltenden

Gesetze“ => die „für Religionsgemeinschaften dieselbe Bedeutung

haben wie für jedermann“

o Ausnahmen von der staatlichen Justizhoheit, soweit ein innerkirch-

liches Äquivalent besteht und staatliche Belange nicht überwiegen

(Dienstrecht, Besoldungsrecht der Mitglieder)

• Sonderfall: Arbeitsrecht der Religionsgemeinschaften => im Grundsatz

ist die kirchliche Regelungsbefugnis anerkannt; Ausnahme von Gesetzen,

Tarifautonomie, eingeschränkte Mitbestimmung im Tendenzbetrieb;

str. aber bei der Berufsbildung

• Bedeutung für das Arbeitsverhältnis => Arbeitnehmer tritt aus Religions-

gemeinschaft aus oder verhält sich nicht nach deren Regeln:

o EuGH: Kündigung wegen erneuter Heirat kann Diskriminierung darstellen (s. EuGH, NJW 2018, 3086)

o BVerfG: Grundsatz => Vorrang der innerkirchlichen Regelung, ei- ne Abwägung ist nahezu ausgeschlossen

o BAG: es ist die Lehre vom Tendenzbetrieb anzuwenden und die

Zumutbarkeit für beide Seiten zu beachten => Nähe des Arbeits-

verhältnisses zur Tendenzbildung/ -ausübung; Abwägung zwischen

den Rechten beider Seiten

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Folie 54

Gewissensfreiheit

Gewissen: jede individuelle, ernstliche, an den Kategorien von gut und böse ori-

entierte Entscheidung, die der Einzelne als für sich als verbindlich erlebt

(BVerfGE 12, 45, 55).

=> Individuelle Ausnahmen von allgemeinen gesetzlichen Pflichten:

Kriegsdienst-, Wehrpflicht (Art. 4 Abs. 3 GG) – nicht hingegen: Zivil-

dienst (Art. 12a GG)

militärische Befehlsverweigerung bei schwerwiegenden Rechtsverstößen

(rechtswidriger Krieg u.a.; BVerwGE 83, 358)

=> Aber:

Keine Ausnahmen von Steuer-/Beitragspflichten wegen deren gewissens-

widriger Verwendung (BVerfG, NJW 2003, 2600).

Keine Ausnahmen von der Schulbesuchspflicht aus Gewissensgründen

(BVerfG, B. v. 31.05.2006, 2 BvR 1693/04).

Kein Anspruch auf Unterlassung von Tierversuchen (auch im Studium;

BVerwGE 105, 73).

Keine Verweigerung der Beförderung bestimmter Postsendungen

(BVerwGE 113, 361).

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Folie 55

Grundrechte im „Sonderstatus“

früher „besonderes Gewaltverhältnis“: Grundrechte im Staat-Bürger-

Verhältnis – Lehrer im staatlichen Innenbereich; Grundrechtsverlust, des-

sen Reichweite unklar war

später (seit BVerfGE 33, 1) „Sonderstatus“: dieser muss gesetzlich be-

gründet werden; Grundrechtseinschränkung nach Sonderregeln, aber kei-

ne Geltungsbeschränkung s.a. Art. 33 Abs. 4 GG

Problembereich: Trennbarkeit/Überschneidungsbereiche im Sonderstatus:

o Polizeibeamter in Uniform sammelt Unterschriften für eine Ge- werkschaft

o Polizeibeamter im Einsatz wird fotografiert und ist als Person er- kennbar

o Lehrer trägt im Unterricht dieselbe Kleidung bzw. dieselben Anste- cker u.a. wie sonst auch

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Folie 56

Berufsfreiheit, Art. 12 GG

Beruf: jede erlaubte, auf Dauer angelegte Tätigkeit mit der Absicht der

Gewinnerzielung (Bezug zum Grundrechtszweck)

Tätigkeit: Tätigwerden gegenüber Dritten, welches berufsspezifische Ri-

siken schafft (nicht: Verwaltung eigenen Vermögens)

erlaubt: wenn die Tätigkeit ihrerseits grundrechtlich geschützt ist (jdf.:

Art. 2 Abs. 1 GG) – unterscheiden: Tätigkeit – Berufstätigkeit (Hobby-

fußball/Profifußball) – ist schon die Tätigkeit verboten, kann sie nicht

Gegenstand des Berufs sein (Hehler, Dealer usw.) – das allg. Kriterium

der Gemeinschaftsschädlichkeit schließt die Berufseigenschaft nicht aus

auf Dauer angelegt: subjektives Merkmal (nicht nur einmal, z.B. Haus-

verkauf) – aber => intentional (auch bei Scheitern beim ersten Versuch)

Absicht der Gewinnerzielung: Spezifikum des Berufs; es ist ein nen-

nenswerter Beitrag zum Einkommen notwendig; wem der Gewinn zu-

fließt, ist gleichgültig => Gewinnverwendung setzt Gewinnerzielung vo-

raus

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Folie 57

Geschützte Freiheiten aus Art. 12 GG

Freiheitsrecht als Abwehrrecht: Freiheit der Wahl/Betätigung in vorhan-

denen Berufen/Arbeitsplätzen => kein Recht auf Schaffung von Arbeits-

plätzen durch den Staat.

Freier Wettbewerb mit allen, die rechtmäßig eine Tätigkeit ausüben

(ggf. auch die öffentliche Hand; a.A.: Priorität für Träger des Grundrechts

aus Art. 12 GG => Privat vor Staat) – aber: Wettbewerbsbedingungen

müssen hergestellt/erhalten werden, dies ist kein Eingriff in Art. 12 GG.

Schutz der Berufstätigkeit, -geheimnisse, -erwerbsaussichten: Art. 12

GG schützt den Erwerb, Art. 14 GG das Erworbene – Schutz des guten

Rufs im Geschäft gegen unwahre staatliche Aussagen (s.o.: staatliche Öf-

fentlichkeitsarbeit, Glykol, s. BVerfGE 105, 252).

Kein Anspruch auf Vergabe öffentlicher Aufträge, berufliche Förderung

und Subventionen

Keine Freiheit von (auch berufsbezogenen) Abgaben, Steuern, Gewerbe-

steuern usw.

Schutz des Berufszugangs bzw. der Ausbildungsmöglichkeiten: An-

spruch auf Auslastung vorhandener Ausbildungskapazitäten

(BVerfGE 33, 303 – gleicher Zugang entweder in Art. 12 GG oder aber in

Art. 3 Abs. 1 GG geschützt, für Beamte Art. 33 Abs.2, 3 GG).

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Folie 58

Einschränkungen der Freiheiten aus Art. 12 GG

Eine gesetzliche Regelung/Einschränkung setzt (nach allen Auffassungen)

eine Unterscheidung voraus:

Leitsatz: Berufs-

o wahl => Entscheidung über das „Ob“ der Berufstätigkeit: Auf-

nahme, Fortführung, Beendigung; Kombination von Berufen, Be-

rufswechsel, Ausscheiden aus einem Beruf.

o (der Arbeitsplatz steht systematisch zwischen Berufswahl und -

ausübung): Entscheidung darüber, einen konkreten Arbeitsplatz

anzunehmen, beizubehalten oder aufzugeben; Niederlassungsfrei-

heit für Selbständige; geschützt ist auch die Wahl des Arbeitsplat-

zes im öffentlichen Dienst (s.a. auch Art. 33 GG: soweit dieser

reicht, ist er vorrangig).

o ausübung => Entscheidung über das „Wie“ der Berufstätigkeit:

Umfasst ist die gesamte berufliche Tätigkeit: Gründung von Unter-

nehmen, Beschäftigung von Arbeitnehmern, Führung von Bezeich-

nungen, Vertragsfreiheit, Arbeitszeit, Wettbewerb usw.

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Folie 59

Stufenlehre:

Objektive Berufswahlbeschränkung: Kriterien, die vom Einzelnen

Grundrechtsträger unabhängig sind, wie etwa Kapazität, Monopole usw.

=> Einschränkung nur zulässig bei „höchstwahrscheinlich schweren Ge-

fahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut“

Subjektive Berufswahlbeschränkung: Kriterien, die an den einzelnen

Grundrechtsträger anknüpfen, wie etwa Ausbildung, Altersgrenzen usw.

=> Einschränkung nur zulässig zum „Schutz überragender Gemein-

schaftsgüter; genauer: gesetzlich anerkannter und geschützter Güter bzw.

Interessen.“

(Problemfall: BVerfGE 13, 97: Meisterbrief zur Mittelstandsförderung)

Berufsausübungsregelung: Eingriffe, welche die Berufswahl nicht be-

rühren, sondern nur das „Wie“ der Betätigung regeln

=> Einschränkungen zulässig aufgrund jeder vernünftigen Erwägung des

Gemeinwohls (entspricht Art. 2 Abs. 1 GG).

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Folie 60

Alternative zur Stufenlehre:

Art. 12 Abs. 1 S. 1: verfassungssystematische Schranken

Art. 12 Abs. 1 S. 2: Einschränkungsermächtigung an den Gesetzgeber

Gesetzesvorbehalt: Wesentlichkeit (auch für Rechtsverordnungen usw.)

Wahrung der Schrankenschranken (allgemein; s. Anlage 2)

Übermaßverbot: Geeignetheit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit =>

kann auch die jeweils betroffene Grundrechtsdimensionen (Ob, Wie) be-

rücksichtigen

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Folie 61

Eigentum

Def.: jedes vermögenswerte subjektive Privatrecht

Privatrecht: gesetzlich begründetes/anerkanntes Recht – Begründung

durch Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG); aber nicht (bloß) Eigentum

i.S.d. § 903 BGB, sondern auch Nutzungs-, Anteils-, Forderungs- und

sonstige vermögenswerte Rechte.

subjektives Recht: einzelnen, konkretisierbaren Trägern zugeordnet =>

Bezug: Art. 19 Abs. 4 GG „seinen Rechten“ = subjektives Recht

vermögenswert: keine Persönlichkeitsrechte, z.B. Recht am eigenen Bild;

guter Ruf usw. – Abgrenzung zu Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeines Persön-

lichkeitsrecht)

(P) Vermögen: Umstritten ist, ob das Vermögen als solches dem Eigen-

tumsbegriff unterfällt; BVerfG lehnt dies ab => RF: Staatliche Abgabe-

pflichten greifen nicht in Art. 14 GG ein, sondern sind an Art.2 Abs.1 GG

zu messen (BVerfGE 95, 267, 300).

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Folie 62

Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Positionen

Vermögenswerte Rechte des öffentlichen Rechts, welche vom Einzelnen

durch (überwiegend) eigene Leistung erworben wurden und seiner Existenz-

sicherung zu dienen bestimmt sind (dieser Teil bleibt ohne Bedeutung) – Proto-

typ: Sozialversicherungsansprüche (Bsp.: Renten) im Unterschied zu Versor-

gungsleistungen (Sozialstaatsprinzip, Art. 1, Art. 6 u.a. GG).

Nicht: Sozialhilfe, BAföG, Kindergeld, öffentlich-rechtliche Genehmi-

gungen (anders: zivilrechtliche Aufwendungen im Hinblick auf rechtmä-

ßige öffentlich-rechtliche Genehmigungen), Beamtengehälter (s.a. Art. 33

Abs. 5 GG)

Diskussionsfall Baufreiheit: Genehmigung nach Maßgabe des öffentli-

chen Rechts und daher nicht unmittelbar aus Art. 14 GG – eventueller Un-

terschied: Bebauung (geschützt) – Bebaubarkeit (nicht geschützt).

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Folie 63

Systematik des Eigentumsschutzes

Schutzbereich: Eigentum mit Ausgestaltungsvorbehalt

(„Inhalt“, Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)

Einschränkungsmöglichkeit: Gesetzesvorbehalt

(„Schranken“, Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)

Es bestehen aber unterschiedliche Anforderungen:

o entweder Art. 14 Abs. 2 GG (ohne Entschädigung) o oder Art. 14 Abs. 3 GG (mit Entschädigung – Vermögensschutz) o (oder keines von beiden: Grundrechtsverletzung => Bestands-

schutz).

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Folie 64

Inhalts- und Schrankenbestimmungen

Ausgestaltung: Herausnahme eines Rechts aus dem Eigentumsbereich mit Wir-

kung für die Vergangenheit (Entziehung); bei Wirkung die für Zukunft ist das

Recht nicht mehr Teil des Grundrechtsschutzes.

Schrankenziehung:

Schrankenbestimmung: Gesetzesvorbehalt (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) -

kein Anwendungsfall des Zitiergebotes.

Rechtfertigung: Wohl der Allgemeinheit =>

o darin auch schutzwürdige Belange Dritter o das Eigentumsrecht bzw. die Eigentumsnutzung muss überhaupt

Rechte Dritter tangieren können

o Unterschied: persönliches Eigentum / wirtschaftliche genutztes Ei- gentum

Abwägung: Übermaßverbot => beide Belange sind zu berücksichtigen

(„zugleich“ - Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG)

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Folie 65

Enteignung / Entziehung

Enteignung (BVerfGE 70, 199 f.):

o vollständige oder teilweise Entziehung o einzelner subjektiver Eigentumspositionen o zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben

Entziehung: (rechtmäßige) hoheitliche Beschaffung von Gütern unter

Begründung von Nutzungsrechten Dritter (Enteignungsbegünstigter)

– Enteignung als Vorgang der Güterbeschaffung – ;

nicht bei

o Beschränkungen/Entziehungen, welche auch im Interesse des Ei- gentümers liegen (Flurbereinigung);

o Beschränkungen zur Abwehr von Gefahren (auch der Sicherstel- lung, z.B. Tötung des tollwütigen Hundes).

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Folie 66

Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben („Wohl der Allgemeinheit“)

Es handelt sich hierbei eher um eine Rechtmäßigkeitsbedingung als um eine

Begriffsbestimmung:

gesetzlich begründete Zweckbestimmungen des Staates, öffentlicher Ein-

richtungen, der Allgemeinheit, einzelner Dritter (hier aber nur, wenn der

im Allgemeininteresse liegende Zweck erreicht und dauerhaft gesichert ist

(BVerfGE 74, 285 ff.))

bei Beendigung des öffentlichen Zwecks => Rückübereignung

Verhältnismäßigkeit

Die Junktimklausel ist keine bloß salvatorische Klausel (i.S.v.: „sollte

eine Enteignungswirkungen eintreten, dann wäre eine Entschädigung die

Folge“); sie gilt aber nur bei Enteignungen, nicht bei „enteignenden Ein-

griffen“.

Die Bemessung der Entschädigung („angemessen“, nicht notwendig in

der Höhe des Verkehrswertes; Unterschied => Schadensersatz) muss be-

stimmt werden; meist durch Verweis auf Enteignungsgesetze.

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Folie 67

Besondere Gleichheitsrechte

Spezialregelungen gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG:

o Art. 3 Abs. 2, 3 GG o Art. 6 Abs. 5 GG o Art. 33 Abs. 1-3 GG o Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG

Die Dogmatik ist aber durchaus verschieden: Gleiches Recht der fakti-

schen Gleichheit.

Bei Art. 38 Abs.1 S.1 GG (s.u. Demokratie, Wahlen) gilt der Grundsatz

der faktischen Gleichheit => streng formalisierter Gleichheitssatz.

Bei Art. 3 Abs. 2, 3 GG: rechtliche und faktische Gleichheit nebeneinan-

der => Grundsatz: gleiches Recht (hier ist die Deutung als Begründungs-

verbot nahe liegend).

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Folie 68

Besondere Gleichheitsrechte

Bei erheblicher faktischer Ungleichheit bestehen Gleichstellungsansprüche

(Bsp.: Frauenquoten im öffentlichen Dienst; darüber hinaus besteht ein Auftrag

zum Abbau gesellschaftlich bedingter Diskriminierung (BVerfGE 109, 64, 89).

Objektiver Auftrag + subjektives Recht.

Voraussetzung: Einerseits feststellbare Benachteiligung des einen Ge-

schlechts und keine Verstöße gegen zwingende verfassungsrechtliche

Grenzen andererseits. => dann auch: faktische Gleichheit durch unglei-

ches Recht.

Grenzen: Verfassungsrechtliche Ungleichheitstatbestände, namentlich

Art. 6 Abs. 4; 12a Abs. 2 GG.

Sonderfall: Gleichstellungsauftrag aus Art. 6 Abs. 5 GG

Benachteiligungsverbot an alle Staatsorgane

Gleichstellungsgebot an den Gesetzgeber (in jüngerer Zeit wieder stärker

eingefordert) => Gleichstellung statt „Ersatzregelungen“.

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Folie 69

Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)

Es müssen mehrere Anwendungsfälle/Fallgruppen vorliegen,

auf diese müssen Rechtsnormen anwendbar bzw. sonstige staatliche Maß-

nahmen angewandt worden sein („behandelt“),

diese müssen (rechtlich) ungleich gewesen sein (nur dann entsteht Recht-

fertigungsbedürfnis!),

die ungleich behandelten Fälle müssen tatsächlich verschieden gewesen

sein und

die rechtliche Ungleichbehandlung muss ihren Grund in der tatsächlichen

Ungleichheit gefunden haben.

Andere Formulierung: Willkürverbot => keine (rechtliche) Ungleichbe-

handlung ohne zureichenden (tatsächlichen) Grund

Sonderfall: objektive Willkür bei völlig unvertretbarer Rechtsausle-

gung/-anwendung (auch ohne Vergleichsfall)

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Folie 70

Selbstbindung der Verwaltung Normative Grundlage: Art.3 Abs.1 GG

Die Verwaltung hat einen Sachverhalt gestaltet,

dabei System erkennen lassen (etwa durch Verwaltungsvorschriften),

dieses System hätte die Begünstigung eines Anderen geboten,

der Andere ist nicht begünstigt worden,

ein zureichender Grund für die Abweichung vom System ist nicht erkennbar

(etwa: neues System, Kasse leer).

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Folie 71

Prüfungsschema (Quelle: Pieroth/Schlink, Rn. 501)

Die Frage, ob ein Gleichheitsgrundrecht, sei es ein spezieller oder der allgemeine Gleichheits-

satz, durch ein Gesetz verletzt ist, ist in folgenden Einzelfragen abzuarbeiten

=> (Zwei-Schritt-Prüfung):

I) Behandelt das Gesetz wesentlich Gleiches (Vergleichbares) ungleich (verschieden)?

1) Sind verschiedene Personen, Personengruppen oder Situationen vergleichbar?

2) Werden sie durch dieselbe Rechtsetzungsgewalt ungleich (verschieden) behandelt?

II) Ist die Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt?

1) Ist das Gesetz kompetenz- und verfahrensmäßig korrekt zu Stande gekommen?

2) Anforderungen der Gleichheitssätze:

a) Bei speziellen Gleichheitssätzen: Sind deren besondere Anforderungen an die Be-

gründung der Ungleichbehandlung erfüllt, d.h.:

- verzichtet diese auf nicht zugelassene Diskriminierungskriterien

(z.B. gem. Art. 3 Abs. 3 GG),

- bzw. bedient sie sich der allein zugelassenen Rechtfertigungsgründe

(z.B. gem. Art. 33 Abs. 2),

- oder ist das Abstellen auf die nicht zugelassenen Diskriminierungskriterien bzw.

das Nichtabstellen auf die allein zugelassenen Rechtfertigungsgründe ausnahms-

weise verfassungsrechtlich gerechtfertigt (z.B. gem. Art. 12a Abs. 1)?

b) Beim allgemeinen Gleichheitssatz: Liegt eine Ungleichbehandlung geringerer oder

größerer Intensität vor?

- Bei geringerer Intensität: Gibt es für die Ungleichbehandlung einen sachlichen

Grund?

- Bei größerer Intensität: Dient die Ungleichbehandlung einem legitimen Zweck und

ist die Ungleichbehandlung zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und

angemessen?

3) Genügt das Gesetz den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts?

4) Ist das Gesetz in Tatbestand und Rechtsfolge klar und bestimmt gefasst?

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Folie 72

Anspruch auf Gleichbehandlung (nicht stets auf gleiche Leistung):

Unterlassung von Benachteiligungen

Aufhebung/Beseitigung von Folgen der Benachteiligung

Anspruch auf gleichen Zugang, gleiche Benutzung, Wettbewerbsgleichheit

(keine unzulässige Begünstigung Dritter)

Berücksichtigung der eigenen Gleichheitsrecht bei Verwaltungs- und Ge-

richtsentscheidungen

Leistungsrechte bestehen nur, wenn

o ein Dritter eine Leistung erhalten hat, o dadurch eine Ungleichheit begründet wurde, o diese nicht anderweitig kompensiert ist, o die Ungleichheit nur durch Begünstigung wettgemacht werden kann, o keine rechtfertigenden Gründe für die öffentliche Hand bestehen, von der

bisherigen Praxis abzuweichen.

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Folie 73

Rechtsschutz des Bürgers gegen Grundrechtsverletzungen

Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG: Rechtsschutzgarantie („Rechtsweg“) zu deut-

schen Gerichten (Art. 92 ff. GG)

Diese ist abzugrenzen von:

Petitionsrecht (Art. 17 GG) an „zuständige Instanzen“ (Behörden, Gerich-

te, Parlamente) der zuständigen Körperschaften

Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG): (s.u.)

Rechtsweg zu internationalen/supranationalen Gerichten (Art. 34 EMRK,

Art. 263, 265 AEUV).

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Folie 74

Subjektive Rechte

Subjektives Recht („in seinen Rechten“) => Schutznormkriterium:

Grundrechte

Unterscheidung: subjektives Recht - objektives Recht

Formel: Ein subjektives Recht gewährt

jede Rechtsnorm,

welche Interessen abgegrenzter Personenkreise schützt

und diese zu schützen bestimmt ist.

Dieses sind nicht nur Grundrechte, grundrechtsähnliche Rechte und internatio-

nale Menschenrechte, sondern auch subjektive Rechte aus Gesetzen, Rechtsver-

ordnungen und Satzungen.

Unterschied: Außenrecht / Innenrecht => Es bestehen aber Transformatoren,

wie etwa: Gleichheitsrechte, Selbstbindung und Willkürverbot.

Der Rechtsschutzsuchende muss Träger des Rechts (Bezug: Grundrechtsträger)

sein.

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Folie 75

Rechtsschutzgarantie Art. 19 Abs. 4 GG

Bezug: „alle Staatsgewalt“ i.S.d. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG; s.a. Art. 93 Abs.

1 Nr. 4a GG.

Nur öffentliche Gewalt i.S.d. GG, nur deutsche Gewalt

Nicht: supranationale / ausländische Maßnahmen (EU) (Arg.: Aus-

schlusswirkung von Art.23, 24 GG und Art.19 Abs.4 GG)

Aber => im Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG gilt der Begriff nur ein-

geschränkt (anders als in Art.1 Abs.3; 20 Abs.2, 3; 93 Abs.1 Nr.4a GG):

Nur vollziehende Gewalt, unabhängig von Instanz (Regierung, Vollzie-

hung) und Rechtsbereich (nicht begünstigend, begünstigend)

Nicht die förmliche Gesetzgebung (Art. 97 GG) => Merksatz: „Rechts-

schutz nach dem Gesetz, nicht gegen das Gesetz.“ – im Konfliktfall:

Vorlageverfahren (Art. 100 GG)

Nicht die Rechtsprechung => Merksatz: „Schutz durch Gerichte, nicht

gegen Gerichte.“ (P) Letzte Instanz

Nicht die öffentlich-rechtlichen Körperschaften u.a., welche keine öffent-

liche Gewalt ausüben (Kirchen)

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Folie 76

Rechtsweggarantie

Rechtsweg i.S.d. Art. 92 ff. GG => d.h. sachlich und persönlich unabhän-

gig.

Garantie des Zugangs zum Gericht

o Der Rechtsweg muss gesetzlich eröffnet sein (andernfalls greift Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG)

o Die Anrufung des Gerichts muss möglich/zumutbar sein => keine „unzumutbaren Beeinträchtigungen“, wie etwa Vorverfahren, Kos-

ten, Fristen, Präklusion.

o Annahmepflicht des Gerichts: Verbot der Rechtsverweigerung

Effektivität des Rechtsschutzes:

o vorbeugender Rechtsschutz jedenfalls bei Unzumutbarkeit o vorläufiger Rechtsschutz, wenn zur Rechtsverwirklichung notwen-

dig

o Rechtsschutz binnen angemessener Frist (s.a. Art. 6 EMRK) o Fortsetzungsfeststellungsrechtsschutz, soweit dieser zur Grund-

rechtsdurchsetzung geboten ist

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Folie 77

Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)

Das Gericht darf seine Entscheidung nicht auf Tatsachen stützen, zu welchen die

Beteiligten keine Gelegenheit zur Äußerung hatten.

Daraus folgt insb.:

Anspruch auf ordnungsgemäße Ladung zum Termin (Zeit, Ort, Gegen-

stand)

Anspruch auf Hinweise zur Gehörsmöglichkeit, zum erheblichen Streit-

stoff, zum maßgeblichen Recht (Verbot der Überraschungsentscheidung)

Anspruch auf Kenntnisnahme der Äußerung (Lektüre des Schriftsatzes!)

Anspruch auf Auseinandersetzung mit erheblichem Vorbringen

Bei Verletzung:

Gehörsrüge (etwa: § 321a ZPO)

Verfassungsbeschwerde (subsidiär; hier aber ungewöhnlich oft erfolg-

reich)

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Folie 78

Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1; Abs. 2 S. 1 GG; s.a. Art. 79 Abs. 3 GG)

Wahlen und Abstimmungen:

Abstimmungen: Entscheidung des Volkes über Sachfragen, zu unter-

scheiden sind:

o Bürgerbegehren => Antrag der Bürger auf Befassung o Volksbegehren => Gesetzesvorlage durch das Volk o Volksabstimmung => Inkraftsetzung einer Rechtsnorm durch das

Volk

Für den Bund angeblich nur durch Verfassungsänderung einführbar, hin-

gegen auf Länder-/Kommunalebene weit verbreitet (z.B. in NRW:

Art. 67a, 68 LV; §§ 25 f. NRWGO).

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Folie 79

Wahlrechtsgrundsätze I

Allgemeinheit: Verbot des Ausschlusses einzelner Bürger/Gruppen vom

Wahlrecht; dieses gilt auch für den Wahlvorschlag (BVerfGE 89, 251) –

Ausnahmemöglichkeit: Inkompatibilitäten (Art. 137), Art.38 Abs.2 GG

als Konkretisierung der Allgemeinheit (Wahlalter).

Unmittelbarkeit: Verbot des Einflusses (nachträglicher) fremder Wil-

lensentscheidungen auf das Wahlergebnis. Ein Parteiausschluss darf nicht

zu einem Mandatsverlust führen – (P) Ausschluss von Nachrückern, die

aus der Partei ausgeschlossen worden sind (BVerfGE 7, 72); „ruhendes

Mandat“ (HeStGH, E 27, 197 ff.).

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Folie 80

Wahlrechtsgrundsätze II

Freiheit:

o Recht auf Freiheit von Zwang/ Druck Dritter im Hinblick auf die

Wahlentscheidung, durch den Staat (BVerfGE 44, 139) oder Pri-

vate (BVerfGE 66, 380).

o Eine Wahlpflicht ist wohl unzulässig.

o Grenze für amtliche Öffentlichkeitsarbeit: Grundsatz der Neutralität

Verbot der Wahl-/ Parteiwerbung auf Staatskosten

Verbot der Verwendung zweckgebundener staatlicher Mittel

zu Wahlzwecken, auch für Fraktionen – zulässig ist dagegen

die amtliche Öffentlichkeitsarbeit aus Sachgründen ohne Be-

zug zur Wahl

Geheimheit:

o Unzulässigkeit der Öffentlichkeit/ Offenbarungspflicht der Stimm- abgabe, diese richtet sich wiederum gegen Staat und Private (s.o.)

o Erforderlichkeit von Schutzvorkehrungen, (P): Briefwahl

Personen, die nicht selbst zur Wahl gehen können (BVer-

fGE 59, 119, 127)

Unterschriftenlisten für Wahlvorschläge

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Folie 81

Wahlrechtsgrundsätze III

Gleichheit:

o Recht auf gleiche Berücksichtigung / Gewichtung der einzelnen Stimmen, insb.:

Zählwertgleichheit: alle haben die gleiche Zahl von Stimmen

Erfolgswertgleichheit: alle Stimmen sind in gleicher Weise

bei der Ermittlung des Wahlergebnisses zu berücksichtigen/

zu gewichten

Chancengleichheit der Bewerber: keine Differenzierung zwi-

schen parteiangehörigen und -losen Kandidaten

o Strikt formalisiertes besonderes Gleichheitsrecht (geht insoweit Art. 3 Abs. 1 GG vor).

Problemfälle:

o Ungleiche Wahlkreisgrößen: nur soweit zwingend erforderlich o 5% Klausel: zulässig (aber nicht geboten) zur Herstellung/ Er-

haltung der Funktionsfähigkeit des Parlaments, Stabilität der

Regierung; dies bedarf im Einzelfall der Begründung; kritisch

bei Kommunalwahlen (NRWVfGH, NVwZ 2000, 666); in die-

sem Zusammenhang: Grundmandatsklausel (BVerfGE 95, 408).

o Wahlkampfkostenzuschüsse / Parteienfinanzierung: darf abge-

stuft werden, aber Ausschluss allenfalls bei ganz marginalen

Parteien zulässig (BVerfG: 0,5%) => System der „abgestuften

Chancengleichheit“

o Wahlwerbung im Fernsehen / „TV-Duell“ (BVerfG, NJW 2002, 2939)

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Folie 82

Formen demokratischer Legitimation:

Parlamente:

aus unmittelbarer Wahl

Periodizität der Wahl (Art. 39 GG): Verbot der Verlängerung laufender

Legislaturperioden

Pluralistische Zusammensetzung: Recht auf Opposition; Chancengleich-

heit der Abgeordneten

Öffentlichkeit / Transparenz ihres Verfahrens und ihrer Abstimmung

(Art. 42 GG)

Revisibilität der Entscheidungen

weitere Folgerungen aus Demokratieprinzip:

Vorbehalt des Gesetzes für wesentliche Entscheidungen (BVerfGE 86, 90,

106)

Vorrang des Gesetzes (wegen unmittelbarer demokratischer Legitimation;

Art. 20 Abs. 3 GG)

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Folie 83

Formen demokratischer Legitimation:

Exekutive:

Differenzierung: unmittelbare demokratische Legitimation (durch Wah-

len) vs. mittelbare demokratische Legitimation (durch gewählte Volksver-

treter; Parlament als „Legitimationsspender“) => d.h.: Die Legitimation

durch das Volk muss auf den Wahlvorgang rückführbar sein.

Lehre vom notwendigen Legitimationsniveau / abgestufte demokratische

Legitimation:

o formell: durch Wahl, Abstimmung oder Einsetzung o materiell: durch gesetzliche sonstige Vorgaben und deren Durch-

setzung

Formen:

o Wahlen, soweit vorhanden (Gemeinde, Bürgermeister) o Personale Legitimationsketten (Einsetzung, Weisung, Aufsicht:

Hierarchieprinzip)

o ausreichende gesetzliche Aufgaben - Befugniszuweisung (z.B. für Beleihung, Rechtssetzung)

o Mitwirkung Betroffener, soweit die gesetzliche Determination of- fen ist und diese vorsieht

o wirksame Kontrollmechanismen im Hinblick auf Einhaltung ge- setzlicher Vorgaben (intern, extern – Bezug zur Gerichtskontrolle)

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Folie 84

Politische Parteien (Art. 21 GG) Politische Parteinen effektiveren Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG (Rückbindung des

Staatswillens an den Volkswillen) durch:

o Mitwirkung an der Bildung des Volkswillens o Transfer in den staatlichen Bereich hinein o Beschaffung von Akzeptanz für staatliche Entscheidungen

Unklar / str.: „Parteienstaat“ – Formel tritt heute an Bedeutung zurück. Art. 21 GG ist partielle Spezialregelung gegenüber Art. 9 GG, aber kein ei-

genes Grundrecht (Art. 93 GG); stattdessen gilt Art. 21 i.V.m. Art. 3 (u.a.)

GG.

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Folie 85

Parteien

Def.: Vereinigungen von Bürgern, die dauend oder für längere Zeit für den Be-

reich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss

nehmen und an der Vertretung des Volkes mitwirken wollen (§ 2 Abs. 1 PartG).

freie Bildung, Existenz, Rechts- und Grundrechtsfähigkeit

Eintritts-, Austrittsfreiheit – Parteiausschluss: §10 PartG

Parteienpluralität

Betätigung: Mitwirkung an der Bildung der öffentlichen Meinung durch

politische Meinungsäußerungen und Information, Parteipresse (BVer-

fGE 121, 1)

Mitwirkung an der Staatswillensbildung / Beteiligung an Wahlen: Auf-

stellung von Kandidaten, Wahlkampf, Vorbereitung / Ermöglichung/

Kontrolle des Wahlvorgangs

Organisation der Parlamentsarbeit: Mehrheits- und Oppositionsbildung;

Fraktionen => zur Mindestgröße der Fraktionen (5%) § 10 GOBT und

BVerfGE 96, 264; zum Fraktionsausschluss BerlVerfGH, NVwZ-RR

2006, 441

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Folie 86

Ansprüche der Parteien

Chancengleichheit: gleicher Zugang zu staatlichen Leistungen (aber keine

originären Zulassungsansprüche); System der abgestuften Chancengleich-

heit (§ 5 PartG).

Teilhabe an der staatlichen Parteienfinanzierung => heute nicht mehr Er-

stattung der Wahlkampfkosten, sondern Zuschuss zur allgemeinen Partei-

tätigkeit; Grenze: keine überwiegende Finanzierung durch die öffentliche

Hand, s. insb. Art.21 Abs.3 GG zur Finanzierung von Parteien, die frei-

heitlich-demokratische Grundordnung gefährden / beeinträchtigen

Effektiver Rechtsschutz: Verfassungsmäßigkeit periodischer Wahlen ist

auch prozessual zu verwirklichen

„Parteienprivileg“ (Art. 21 Abs. 2 GG): Solange eine Partei nicht verboten

ist, darf ihre Verfassungswidrigkeit von keinem Staatsorgan zur Grundla-

ge eigener Entscheidungen gemacht werden.

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Folie 87

Aufgaben des Parlaments nach dem Grundgesetz

Gesetzgebung (Art. 76 ff. GG)

Wahlen: z. B. Bundeskanzler (Art. 63 GG)

Kontrolle der Regierung

Öffentlichkeit (Art. 42 GG) für das Plenum; für Ausschüsse nur aus-

nahmsweise

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Folie 88

Rechtsstellung der Abgeordneten im Bundestag

Art. 38 Abs.1 GG: „freies Mandat“; Unabhängigkeit von Weisungen

Dritter, der Parteien und Fraktionen, aber => Fraktionsdisziplin (≠ Frak-

tionszwang)

Mitwirkungsrechte an der Parlamentsarbeit: Teilnahmerecht (auch im

Ausschuss), Rederecht, Abstimmungsrecht => BVerfG: Gleichberechti-

gung aller Abgeordneten; aber auch: Mediatisierung der Abgeordneten

durch Fraktionen. Mediatisierungsfest sind allein die Mitwirkungsrechte,

welche dem einzelnen Abgeordneten im GG ausdrücklich garantiert oder

welche zur Mandatsausübung unabweisbar sind, namentlich Antrags-,

Abstimmungs-, Rederecht.

Indemnität (Art. 46 Abs.1 GG): keine gerichtliche Nachprüfung von Äu-

ßerungen eines Abgeordneten im Parlament (auch nicht durch Unterlas-

sungsansprüche u.a.)

o Anders bei Parteiveranstaltungen, Talkshows usw.

Immunität (Art. 46 Abs.2 – 4 GG): Verbot der Strafverfolgung ohne

Einwilligung des BTages / auf frischer Tat betroffen

Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 47 GG)

Diäten u.a. (Art. 48 GG): Der Grundsatz der Gleichberechtigung der Ab-

geordneten erfordert gleiche Diäten => Vollalimentation, keine Differen-

zierung nach Funktionen. Es ist ein Parlamentsentwurf erforderlich

(Art. 48 Abs. 3 S. 3 GG), ein Gesetz muss die Grundzüge regeln („Ent-

scheidung in eigener Sache“); Verbot der Indexierung.

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Folie 89

Kontrollinstrumente des Bundestages

Informationserlangung durch Fragerechte, Antwortansprüche, Diskussion

(Art. 38, 42 GG); es bestehen Fragerechte der einzelnen Abgeordneten und des

Bundestages insgesamt (§§ 100 ff. GOBT).

Eigene Informationserhebung durch

Untersuchungsausschüsse (Art. 44 GG): für Fragen im Rahmen der Bun-

deskompetenz, im Rahmen der Kompetenzen des Bundestages.

Beweiserhebungsanspruch nach StPO / §§ 17 ff PUAG: nicht im Kernbe-

reich der Exekutive; d.h. allein bei (in der Exekutive) abgeschlossenen

Vorgängen; Anspruch auf Aktenvorlage und Aussagegenehmigungen;

Art. 10 GG und Richtervorbehalte (Art. 13 Abs. 2 GG) bleiben unberührt.

Rechtsschutz des Ausschusses => BVerfG; gegen den Ausschuss => nach

Art der Maßnahme bei den Verwaltungsgerichten (bei Verwaltungsmaß-

nahmen), den ordentlichen Gerichte (bei gerichtlichen Beschlüssen, Rich-

tervorbehalten usw.). Ultima ratio: BVerfG.

Reaktionsmöglichkeiten des Bundestages: öffentliche Debatte, informeller

Missbilligungsbeschluss, Ablehnung von Regierungsvorlagen, Haushaltsrecht

(Art. 110 Abs. 2 GG), Ablehnung der Vertrauensfrage (Art. 68 GG), Misstrau-

ensvotum (Art. 67 GG).

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Folie 90

Aufgaben des Bundespräsidenten

Vorschlag des Bundeskanzlers (Art. 63 Abs.1 GG)

Ernennung der Bundesregierung, von Bundesbeamten (Art. 60, 63 GG):

nur formelles Ernennungsrecht

Völkerrechtliche Vertretung des Bundes (Art. 59 GG; s.a. Art. 32 GG)

=> nach außen; anders => nach innen: Bindungswirkung nach innen

durch innerstaatliche Rechtsakte, namentlich Transformationsgesetz

(Art. 59 Abs. 2 GG) – Beispiel EMRK.

Auflösung des Bundestages (Art. 63, 68 GG)

Das Amt hat überwiegend symbolische Funktionen.

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Folie 91

Prüfungsrecht des Bundespräsidenten

Ausgangspunkt: anwendbare Norm beachten (fakultative / obligate Amts-

handlungen)

Prüfungsrecht bei obligaten Amtshandlungen (Beispiel: Ausfertigung

von Gesetzen):

o formelles Prüfungsrecht: Wortlaut Art. 82 GG (unstrittig)

o materielles Prüfungsrecht: Verfassungsbindung (Art. 20 Abs. 3 GG)

Amtseid (Art. 56 GG)

Art. 79 Abs. 2 GG

Historisch / verfassungsrechtliche Stellung des BPräs.

Sinn und Zweck der Ausfertigung

teils bejaht, teils verneint, teils eingeschränkt:

• Kompetenzkonkurrenz zum BVerfG

• Keine Verpflichtung zur Vornahme offenkundig ver-

fassungswidriger Akte

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Folie 92

Aufgaben der Bundesregierung

Rechtssetzung: Gesetzesvorbereitung, Erlass von Rechtsverordnungen

usw.

Exekutivspitze mit

o Organisationsgewalt: Bestimmungsrecht der Verwaltungsgsorgani- sation, -abläufe, -verfahren

o Sachleitungsgewalt: Weisungsrecht hinsichtlich der materiellen Er-

füllung der Verwaltungsaufgaben (nur im Rahmen der Bundesver-

waltung oder wenn das GG dieses ausdrücklich vorsieht (s. etwa

Art. 85 Abs. 3 GG)

o Ausprägung: Erlass von Verwaltungsvorschriften

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Folie 93

Die Auflösung des Bundestages

• In einem parlamentarischen Regierungssystem bedarf die Bundesregierung

des Vertrauens des Bundestages, nicht umgekehrt.

• Effektivität des Wählerwillens: dieser soll sich in der Zusammensetzung/

Willensbildung des Parlaments zeitnah und wirksam durchsetzen – aber auch

manipulationsfrei.

• Dagegen: Stabilität der Staatsorgane durch Periodizität, daraus folgt:

Beschränkung der Abwahl- / Auflösungsmöglichkeiten.

Abschaffung organloser Zeiten (Art. 39 Abs. 1 S. 2; 69 Abs. 3 GG).

• Anwendung dieser Ausgangspunkte auf den Bundestag: Ende der Legislatur

periodisch (Art. 39 Abs. 2 GG)

durch Auflösung durch den Bundespräsidenten (Art. 63 Abs. 4; 68

GG) => abschließend geregelt

kein Selbstauflösungsrecht

also nur bei Unfähigkeit des Bundestages, einen Bundeskanzler mit

Vertrauen zu wählen bzw. zu erhalten

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Folie 94

Der Bundesrat (Art. 50 ff. GG)

Vertretung der Länder durch die Landesregierungen => abgestufter de-

mokratischer Proporz bei insgesamt 69 Stimmen

Gebot einheitlicher Stimmabgabe (Art. 51 Abs. 3 GG)

Kein freies Mandat: Weisungen sind zulässig (s. Art. 77 Abs. 2 S. 3; 53a

Abs. 1 S. 3 GG) nach Landesrecht (Ministerpräsident, Regierung insge-

samt), aber => Verstöße gegen Weisungen sind allein landesrechtlich von

Bedeutung, nicht aber bundesrechtlich, sofern die Stimmen einheitlich

abgegeben werden

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Folie 95

Bundeskompetenzen nach dem Grundgesetz

Gesetzgebung (Art. 70 ff., 76 ff. GG)

Vollziehung (Art. 83 ff. GG)

Rechtsprechung (Art. 95 ff. GG)

Auswärtige Beziehungen (Art. 32 GG)

Finanzverfassung (Art. 104a GG).

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Folie 96

Gesetzgebungskompetenzen des Bundes

Zunächst sind Sonderregelungen zu beachten (z.B. Art. 21 Abs. 3; 38 Abs. 3; Art. 84 ff., 105 Abs. 1 GG usw.).

Sodann die allgemeinen Regelungen der Art. 71 ff. GG, namentlich der

Art. 73 f. GG.

Formen der Bundesgesetzgebungskompetenz:

o ausschließliche Gesetzgebung (Art. 71, 73 GG) o konkurrierende Gesetzgebung (Art. 72, 74 GG) o ungeschriebene Gesetzgebung (Annex, kraft Sachzusammenhangs,

Natur der Sache)

o Grundsatzgesetzgebung: Art. 106 Abs. 4 S. 3; 109 Abs. 3 GG

[Erinnerung: Die frühere Rahmengesetzgebung (Art.75 GG) ist weggefallen!]

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Folie 97

Arten der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz

voraussetzungslose / abweichungsfeste („Kernkompetenz“) nach Art. 72

Abs. 1 GG

„Erforderlichkeitskompetenz“: zur Herstellung gleichwertiger Lebens-

verhältnisse bzw. zur Wahrung des Rechts- oder Wirtschaftseinheit

(Art. 72 Abs. 2 GG)

Bundesgesetze mit Abweichungskompetenz (Art. 72 Abs. 3 GG)

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Repetitorium: Öffentliches Recht (Grundrechte, Staatsorganisation)

Folie 98

Die Erforderlichkeitskompetenz der Bundesgesetzgebung

(Art. 72 Abs. 2 GG)

Voraussetzung: Gesetzgebung in einer der aufgezählten Nummern (enu-

merativ begrenzt).

Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse: „wenn sich die Le-

bensverhältnisse in den Ländern in erheblicher, das bundesstaatliche So-

zialgefüge beeinträchtigender Art und Weise auseinander entwickelt ha-

ben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet“ (BVer-

fGE 112, 226, 244).

Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit: „wenn Ländergesetzge-

bung „eine Rechtszersplitterung (bzw. erheblich Nachteile für die Ge-

samtwirtschaft) mit problematischen Folgen darstellt, die im Interesse

sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden

kann“ (BVerfGE 106, 62, 145).

Erforderlichkeit: fehlt, wenn die genannten Ziele durch Län-

der(gesetzgebung) bereits verwirklicht sind oder aber werden können

(BVerfGE 106, 62, 159).

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Repetitorium: Öffentliches Recht (Grundrechte, Staatsorganisation)

Folie 99

Die Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG

Sinn und Zweck: Schutz der Eigenheit der Länder in Rechtssetzung und Ver-

waltung (früher: Zustimmungsrecht des Bundesrates (Landesregierung); jetzt

=> Rechtssetzungsrecht des Landes (Landtag; Stärkung der Landesparlamente).

Voraussetzung: Gesetzgebung in einer der aufgezählten Nummern (enumera-

tiv) =>

späteres Inkrafttreten soll Abweichung ermöglichen (Ausnahme bei Zu-

stimmung des Bundesrates. Art. 72 III 2 GG)

Abweichungsrecht der Ländergesetzgebung auf Gebieten, wo dies nicht

ausgeschlossen ist (etwa. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 „Grundsätze des Natur-

schutzes“)

dann wieder: späteres Änderungsrecht des Bundes, dann wieder der Län-

der usw.

kein Vorrang des Bundesrechts (Ausnahme: Art. 31 GG)

statt dessen: lex-posterior-Regel (neuartig => diese setzt eigentlich Rang-

gleichheit voraus)

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Folie 100

Abweichungsgesetzgebung zum Schutz von Organisations- und

Verfahrensrecht der Landesbehörden (Art. 84 Abs. 1 S. 2 GG)

Gegenstand: Einrichtung oder Verfahren der Landesbehörden (S. 1)

Die Bundesgesetzgebung berührt diese Materien

Hat das Land abweichende Regelungen getroffen => Bundesrecht tritt erst

6 Monate später in Kraft; hat das Land keine abweichende Regelung ge-

troffen => Bundesgesetzgebung kann sofort in Kraft treten (unterschiedli-

ches Inkrafttreten von Bundesrecht in den Ländern möglich), vgl. S. 3.

Ein Land kann abweichende Regelung treffen, dann kann der Bund wie-

der Neuregelung treffen usw. – kein Vorrang, keine Sperrwirkung, lex-

posterior-Regel (S. 2, 4)

Der Bund kann Abweichung ausschließen – aber nur für Verwaltungsver-

fahren, nicht für Behördeneinrichtung; nur mit Zustimmung des Bundes-

rates (S. 5, 6). Insoweit wieder: keine Inkrafttretenssperre; Vorrang des

Bundesrechts, kein Abweichungsrecht der Länder.

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Folie 101

Das Verfahren der Bundesgesetzgebung

(Art. 76 ff. GG)

1. Einbringung

2. parlamentarisches Beratungs- und Beschlussverfahren

3. Ausfertigung

4. Verkündung

Einbringung (Art. 76 GG)

Förmlicher Gesetzesvorschlag und Antrag auf Einleitung des Beratungs-/

Beschlussverfahrens

„Initiativrecht“: Bundesregierung, Bundesrat, Mitte des Bundestages

(§ 76 Abs. 1 GOBT: Fraktion oder Abgeordnete in Fraktionsstärke). Für

jeden Initiativberechtigten besteht ein unterschiedliches Verfahren (Abs.

1-3), daher ist eine gemeinsame Gesetzesinitiative unzulässig.

Zulässig:

Änderung der Initiative (Abgeordnete bringen einen Entwurf ein, der von

der Bundesregierung erarbeitet worden ist)

Teilung des Gesetzentwurfs (kann bedeutsam sein für Mitwirkung des

Bundesrates, BVerfGE 105, 338 ff.)

Fehlende Gesetzesinitiative wird durch Beschluss des BTages geheilt!

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Folie 102

Parlamentarisches Beratungs-/Beschlussverfahren

(Art. 77 GG; ausgeformt in §§ 75 ff. GOBT)

Offenheit, Öffentlichkeit, unmittelbare Legitimation des Parlaments durch

Wahlen bewirken besondere demokratische Legitimation des Gesetzes,

welches seine Stellung im Verfassungssystem begründet:

o Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) o Vorbehalt des Gesetzes für alle wesentlichen Entscheidungen

Abstimmungen:

o einfache Mehrheit (anders: Art. 121 GG; s.a.: Art. 79 Abs. 2 GG) o kein Mindestquorum für Beschlussfähigkeit; Abstimmung weniger

Abgeordneter wird als ausreichend angesehen; solange die Be-

schlussunfähigkeit nicht festgestellt (§ 45 GOBT) wird, wird diese

vermutet

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Folie 103

Mitwirkung des Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung

Formen:

Einspruchsgesetze: alle Gesetze, welche nicht ausdrücklich Zustim-

mungsgesetze sind; der Einspruch kann vom Bundesrat erhoben, vom

Bundestag aber zurückgewiesen werden (Art. 77 Abs. 4 GG); hierin liegt

ein eher formelles Verzögerungsrecht („suspensives Veto“); aber: Beteili-

gungsquorum beachten/ spiegelnde Mehrheitsquoren beachten – bei hoher

Ablehnungsmehrheit kann das Gesetz im Bundestag politisch „gestorben“

sein => 2/3 Mehrheit.

Zustimmungsgesetze: alle Bundesgesetze, hinsichtlich derer die Zu-

stimmung des Bundesrates notwendig ist – fehlende Zustimmung kann

nicht vom Bundestag ersetzt werden; der Bundesrat kann das Gesetz also

selbst endgültig verhindern („materielles Vetorecht“).

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Folie 104

Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen im Bundesrat

Wenn im GG ausdrücklich vorgesehen:

Sonderregeln (Art. 74 Abs. 2 GG)

Regelungen zum Schutz der Verwaltungshoheit der Länder, sofern kei-

ne Abweichungsgesetzgebung zulässig ist (etwa: Art. 84 Abs. 1 S. 5 GG)

Regelungen zum Schutz der Finanzhoheit der Länder (Art. 104a Abs. 4;

105 Abs. 3 GG).

Einheitstheorie: wenn eine Vorschrift des Gesetzes zustimmungsbedürf-

tig ist, soll es das ganze Gesetz sein; Auswirkung => Art. 80 Abs. 2 letzte

Alt. GG

Aber: nicht jedes Gesetz, welches ein zustimmungsbedürftiges Gesetz än-

dert, ist seinerseits zustimmungsbedürftig, diese ist nur dann der Fall,

wenn das Änderungsgesetz selbst neue zustimmungsbedürftige Klauseln

enthält.

Nicht bei Aufhebung zustimmungsbedürftiger Gesetze

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Folie 105

Der Vermittlungsausschuss (Art. 77 Abs. 2 GG)

Einziger gemeinsamer Ausschuss mehrerer Bundesorgane; daher bestehen zum

Teil rechtliche Sonderregeln:

Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Zusammensetzung der beiden

Bänke (BVerfGE 112, 142 f.)

Weisungsfreiheit auch für Bundesratsmitglieder (Art. 77 Abs. 2 S. 3

GG).

Das Anrufungsrecht ist nach Einspruchsgesetzen / Zustimmungsgesetzen detail-

liert geregelt.

Befassungsrechte:

mit Gesetzen, hinsichtlich derer die Anrufung beschlossen worden ist,

dabei besteht auch die Möglichkeit, mehrere entsprechende Gesetze

zusammenzufassen; Änderung im Rahmen des Anrufungsbegehrens

und des ihm zugrunde liegenden Gesetzesvorschlags

Abgrenzung: kein eigenes Initiativrecht des Vermittlungsausschusses

=> Vorschläge nur hinsichtlich von Vorlag en/Anträgen u.ä., die schon

im Gesetzgebungsverfahren (nicht später oder nachträglich) vorgele-

gen haben (von Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung) (BVer-

fGE 120, 56)

also nur Ausgleich schon vorhandener Meinungsverschiedenheiten

von Bundestag und Bundesrat

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Folie 106

Die Normenhierarchie

Europarecht

Grundgesetz

Bundesgesetz

Bundesrechtsverordnung (Art. 80 GG)

Landesverfassung

Landesgesetz

Landesrechtsverordnung (Art. 70 Landesverfassung NRW)

Satzung

Beachte dazu auch:

Allgemeine Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG)

Verwaltungsvorschriften (z.B. Art. 84 GG)

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Folie 107

Die Rechtsverordnung

(Art. 80 GG)

=> delegierte Rechtssetzung durch die staatliche Exekutive (phänotypische Ab-

grenzung vom Gesetz) mit den folgenden Grundsätzen:

Gesetzesvorbehalt (Art. 80 Abs. 1 GG) – keine nachträgliche Heilung bei

rechtswidriger Ermächtigungsgrundlage.

Art. 80 GG gilt nur für Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgeset-

zen; sonst: Art. 70 LV.

Die Begrenzung der Adressaten ist wörtlich zu nehmen; Möglichkeiten

der Weiterdelegation durch Rechtsverordnungen; anders: Art. 70 LV

=> keine Begrenzung.

besonderes Bestimmtheitsgebot: Inhalt (Anwendungsbereich, Tatbestän-

de) – Ausmaß (Rechtsfolgen) – Regelungsintention (Zweck)

Die Rechtsverordnung muss ihre Ermächtigungsgrundlage nennen.

Verfahren (Art. 80 Abs. 2, 3 GG): Zustimmungsbedürftigkeit des Bundes-

rates; BT/Ausschuss kann sich Zustimmung vorbehalten und Rechtsver-

ordnungen durch Gesetz ändern (str.)

Verkündung: BGBl. oder sonstiges Verkündungsblatt (VerkündungsG)

Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG)

Bei Außerkrafttreten des ermächtigenden Gesetzes tritt die Rechtsverord-

nung nicht automatisch mit außer Kraft (str.).

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Folie 108

Die Satzung

Def.: Delegierte Rechtssetzung durch Selbstverwaltungskörperschaften

Sie bedarf der eigenständigen Begründung durch Gesetz.

Namentlich für Grundrechtseingriffe: Je schwerwiegender der Grund-

rechtseingriff, desto weitreichender ist der Vorbehalt des förmlichen Ge-

setzes, sowie die Reichweite der Bestimmtheit der Übertragung.

Demokratisches Rechtssetzungsverfahren: Durch Mitglieder unmittelbar

oder durch ausreichend gewählte Vertreter; die Grundsätze der Art. 38

sowie 28 Abs. 1 GG sind zu beachten.

Die Rechtssetzungsgewalt besteht nur gegenüber Mitgliedern und Benut-

zern eigener Einrichtungen.

Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG)

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Folie 109

Die Verwaltungsvorschrift

Verwaltungsvorschriften (s. z.B. Art. 84 GG)

=> Def.: „Regelungen, die für eine abstrakte Vielheit von Sachverhalten des

Verwaltungsgeschehens verbindliche Aussagen treffen, ohne auf eine unmittel-

bare Rechtswirkung nach außen gerichtet zu sein“ (BVerfGE 100, 258).

Innenrecht: Die Frage nach dem Rechtscharakter hängt vom Rechtsbegriff ab.

Verbindlichkeit: nach innen (Adressatenfrage) im Rahmen des Hierar-

chieprinzips (nur für nachgeordnete Stellen, nicht für andere Träger, außer

bei Bestehen einer gesetzlichen Ermächtigung).

Erlassbehörden: partiell angegeben (Art. 84 Abs. 2 GG); im Übrigen im

Rahmen jedes Hierarchieverhältnisses.

Verfahren: intern geregelt; bei gesetzlichen Bestimmungen: Gesetzesbin-

dung (etwa: Art. 84 Abs. 2 GG).

Gesetzesbindung.

Grundsatz: keine unmittelbare Bindung von Gerichten und Bürgern.

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Folie 110

Mittelbare Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften

Grundsatz: keine unmittelbare Bindung von Gerichten und Bürgern.

Ausnahmen: „mittelbare Drittwirkung“

Voraussetzungen:

die Verwaltungsvorschrift ist ergangen

die Verwaltungsvorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar (kei-

ne Gleichbehandlung im Unrecht)

die Verwaltungsvorschrift ist mindestens einmal angewendet worden

(Bezug nach außen!)

der neue Sachverhalt unterfällt der Verwaltungsvorschrift und würde

nach ihrem Inhalt gleich behandelt werden müssen

kein Grund zur Abweichung von der Verwaltungsvorschrift

(etwa: Aufhebung, Änderung, sonstiger Rechtsgrund)

Sonderfall:

„Normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift“ (verbindliche Interpreta-

tion unbestimmter Rechtsbegriffe)

Folgefrage => Publikationspflicht: Diese wird für außenwirksame Ver-

waltungsvorschriften in jüngerer Zeit bejaht.

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Folie 111

Bundes- und Landeskompetenzen im Bereich der Exekutive

(Art. 30, 83 GG)

Grundsatz: Landeskompetenz (Art. 30 GG).

Siehe näher: Art. 83 ff. GG (aber nicht für Kompetenzen des Bundesprä-

sidenten und der Bundesregierung, diese folgen aus Art. 54 ff., 63 ff. GG.)

Grundlage:

Trennung der Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten; diese dürfen

aber nicht über jene hinausgehen (Überschrift IV. Abschnitt).

Dabei:

o gegenständliche Begrenzung durch das GG: Bundespolizei und Art. 87 Abs. 1 GG;

o Bundeskompetenz nur bei Annex- bzw. Sachzusammenhangsauf-

gaben: Schutz von Bundesgebäuden durch BKA/Bundespolizei;

Bahnpolizei.

Vollzug von Landesgesetzen => Länderzuständigkeit: Art. 30 GG

Keine Übertragung von Aufgaben / Befugnissen auf Bundesbehörden

durch Landesgesetze (mit Bagatellvorbehalt).

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Folie 112

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(Grundrechte, Staatsorganisation)

Die Ausführung der Gesetze

│ Landesgesetze │ Bundesgesetze Kompetenz Landesexekutive

(Art. 30 GG)

Landesexekutive

„als eigene Angelegenheit“

(Art. 84 GG)

Landesexekutive „im Auftrag des Bundes“

(Art. 85 GG)

Bundesexekutive („bundesei- gene Verwaltung“)

(Art. 86 GG)

Voraussetzung Bundesexekutive von Landes- recht unzul.

(Art. 30 GG)

Regelfall, soweit GG nichts anderes bestimmt

(Art. 83 GG)

nur, wenn im GG ausdrück- lich zugelassen (Art. 83 GG, s. etwa Art. 87 b II, c, d II, 89

II, 90 II)

nur, wenn im GG ausdrück- lich zugelassen, (Art. 83 GG, s. etwa Art. 87 I 2, II 87 b, 87

d, 89 II, 87 III GG)

Behördeneinrichtung Land

(Art. 30 GG)

Land (Art. 84 I GG)

(im Einzelfall:

Bund, Art. 84 I GG)

Land( Art. 85 I GG)

(im Einzelfall:

Bund, Art. 85 I GG)

Bund

(Art. 86 S. 2 GG)

Verwaltungsvorschriften Land

(Art. 30 GG)

Land (Art. 84 II GG)

(auf Ermächtigung:

Bund, Art. 84 II GG)

Land(Art. 85 II GG)

(auf Ermächtigung:

Bund, Art. 85 II GG)

Bund (Art. 86 GG)

(auf Ermächtigung:

Land, Art. 86 GG)

Weisungen Land

(Art. 30 GG)

Land (Art. 84 V GG)

(Bund, Art. 84 V GG)

Bund

(Art. 85 III GG)

Bund

Aufsicht Land

(Art. 30 GG)

Land: Fachaufsicht

Bund: Rechtsaufsicht

(Art. 84 III GG)

Bund

(Art. 85 IV GG)

Bund

Kosten Land (Art. 104 a I, V GG)

Land (Art. 104 a I, V GG) Land (Art. 104 a V GG) und

Bund (Art. 104 a II GG)

Bund (Art. 104 a I, V GG)

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Folie 113

Einzelheiten der Art. 83 ff. GG

Trennungsprinzip:

Prinzip der getrennten Aufgabenwahrnehmung von Bund und Ländern

(aus demokratischer Legitimation/ Kontrolle)

Trennung der Verwaltungshierarchien: Keine Vorordnung von Bundes-

über Landesbehörden, sofern nicht ausdrücklich grundgesetzlich zugelas-

sen.

Verbot der Mischverwaltung: gemeinsame bzw. über- / untergeordnete

Wahrnehmung von Verwaltungskompetenzen durch Bund und Länder.

(s.a.a. Gemeinschaftsaufgaben, Art. 91a GG).

Zusammenarbeits- / Unterstützungspflichten (Art. 35 GG)

Sonderfall: Bundeswehr (Art. 87a, b GG)

o Nur zur Verteidigung (Bundesgebiet; Nato-Gebiet; (P) Hindu- kusch)

o Des Weiteren: „Einsatz“ (BVerfG: militärische Ausrüstung, Mit- tel), nur soweit das GG es ausdrücklich zulässt.

o BVerfG: Gesetzesvorbehalt (aus Wesentlichkeitslehre)

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Folie 114

Kommunale Selbstverwaltung

(Art. 28 Abs. 2 GG; 78 NRWLV) Unterscheidung: Staatsverwaltung – Selbstverwaltung.

Selbstverwaltung der Gemeinden / Gemeindeverbände für Angelegenhei-

ten der örtlichen Gemeinschaft: „Bedürfnisse und Interessen, die in der

örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen speziellen Bezug ha-

ben“ (BVerfGE 110, 370, 400) => hierbei besteht Universali-

tät/Allzuständigkeit der Gemeinden, d.h.:

o Gebietshoheit o Organisationshoheit o Rechtssetzungshoheit / Satzungsautonomie (durch GG bzw. Geset-

ze verliehen), s.a. Satzungen)

o Personalhoheit o Planungshoheit o Finanzhoheit (s.a. Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG)

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Folie 115

Grenzen der kommunalen Selbstverwaltung „Rahmen der Gesetze“: dabei => Übermaßverbot beachten

insb.: Verflechtung örtlicher und überörtlicher Angelegenheiten

(Beispiel: Planung)

Keine Bestandsgarantie der einzelnen Gemeinde, sondern nur von Ge-

meinden überhaupt (vor Neugliederung ist eine Beteiligung/Anhörung der

betroffenen Körperschaften durchzuführen).

Aber: Keine Übertragung von Aufgaben an Gemeinden durch Bun-

desgesetze (Art. 84 Abs. 1 S. 7; 85 Abs. 1 S. 2 GG).

Einzelfälle:

o Warnung vor Sekten (BayVfGH, 50, 219, 225)

o Werbeverbot für Alkohol / Tabak (BWVGH, NVwZ 1993, 905) o wirtschaftliche Betätigung (str.; bejahend wohl BVerwG,

NVwZ 2000, 675 f.)

o Anbieten von Telekommunikationsleistungen (zulässig,

s. Art. 87 f. GG; § 68 Abs. 4 TKG).

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Folie 116

Der öffentliche Dienst

(Art. 33 GG)

Weiter Begriff: Alle Dienstposten bei Bund, Ländern und sonstigen Ho-

heitsträgern (auch: Angestellte, Arbeiter, Richter), sofern sie öffentlich-

rechtliche Aufgaben wahrnehmen (nicht privatrechtliche Trabanten der

öffentlichen Verwaltung, wie etwa öffentliche Unternehmen), seien sie

haupt-, neben- oder ehrenamtlich.

Gleicher Zugang (Art. 33 Abs. 2 GG): setzt sachgerechtes Auswahlver-

fahren voraus.

o Grenzen => Gleichstellung (Art. 3 Abs. 2 GG) o Förderung behinderter Menschen (Art. 3 Abs. 3 GG), aber: Abwä-

gung (sofern im Einzelfall kein gleichwertiger Belang überwiegt)

o (P) Verbeamtung von EU-Bürgern: siehe § 7 Abs.1 Nr.1 BeamtStG Funktionsvorbehalt für Beamte i.e.S. bei der „Ausübung hoheitsrechtli-

cher Befugnisse“ (Art. 33 Abs. 4 GG) => nur Polizei, Justiz, Finanzver-

waltung, Militär.

Berücksichtigung hergebrachter Grundsätze des Berufsbeamtentums

(Art. 33 Abs. 5 GG), wie etwa:

o Lebenszeitprinzip o Alimentationsprinzip o Versorgung o Fürsorgepflicht

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Folie 117

Rechtsstaat

(Art. 28 Abs. 1 GG; s.a. Art. 20 Abs. 3 GG) Vom BVerfG nicht als unantastbar i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG anerkannt

(„nur ... soweit in Art. 20 statuiert...“).

Es bestehen zwei, miteinander verschränkte, Dimensionen:

o Formeller Rechtsstaat: Rechtsbindung aller Staatsgewalt; organisa- torische Vorkehrungen zur Verwirklichung dieser Rechtsbindung.

o Materieller Rechtsstaat: „Gerechtigkeitsstaat“ – Bindung an obers-

te Rechtswerte und -grundsätze – aber nur im Rahmen der grundge-

setzlichen Vorgaben, nicht gegen das GG (Art. 20 Abs. 3 GG).

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Folie 118

Rechtsstaat – Einzelheiten Rechtsbindung aller Staatsgewalt: Vorrang des GG, des Gesetzes =>

Anwendungsgebot und Abweichungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG)

Gesetzesvorbehalt: früher => rechtsstaatlicher Eingriffsvorbehalt;

heute => Wesentlichkeitsvorbehalt (aus dem Demokratieprinzip). Es ist

jedoch die Summe der grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalt zu beachten

und systematisch auslegen. Wichtig insb.: Bundeswehr (BVerfGE 90,

286, 381).

Rechtsschutzgarantie: Soweit subjektive Rechte einschlägig sind

=> „Wo kein Recht ist, ist auch kein Rechtsschutz“. Dieses hat Folgen für

die Gestaltungsspielräume der Vollziehung. Der Gesetzgeber muss das

Wesentliche, aber auch nur das – und nicht alles – regeln. Die Delegation

ist zulässig (Art. 80 GG).

Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung ist grundsätzlich zulässig

(BVerfGE 34, 269) – aber nicht contra legem (Art. 20 Abs. 3 GG) und

nicht im Bereich der Wesentlichkeit.

Rechtssicherheit: Grenze des Gerichtsschutzes; res judicata.

Rechtsklarheit/Bestimmtheit (s.a. Art. 103 Abs. 2 GG):

„je-desto-Formel“ des BVerfG (z.B. BVerfGE 109, 279: Lauschangriff)

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Folie 119

Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit i.w.S.)

Geeignetheit: Jede staatliche Maßnahme muss ihren eigenen Zweck för-

dern.

Erforderlichkeit: Gebot des mildesten Mittels (Voraussetzung: Es müs-

sen mindestens zwei geeignete Mittel erkennbar sein.)

Verhältnismäßigkeit (i.e.S.): Zweck-Mittel-Relation => negative Effekte

staatlicher Maßnahmen dürfen zu ihrem positiven Zweck nicht völlig au-

ßer Verhältnis stehen.

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Folie 120

Vertrauensschutz / Rückwirkungsverbot

Unterscheidung: Rückwirkungsverbot: Betrifft Rechtsfolgen einer Norm für den Zeit-

punkt vor ihrer Verkündung (sog. abgeschlossene Sachverhalte =>

„echte Rückwirkung“; „retroaktive Regelung“, BVerfG: Rückbewir-

kung von Rechtsfolgen).

Bsp: 2010 wird ein Steuergesetz für 2009 geändert. Vertrauensschutz: Betrifft Rechtsfolgen einer Norm für den Zeitpunkt

nach ihrer Verkündung (sog. nicht abgeschlossene Sachverhalte =>

„unechte Rückwirkung“; „retrospektive Regelung“, BVerfG: tatbestand-

liche Rückanknüpfung).

Bsp: 2010 wird ein Steuergesetz für 2010 geändert.

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Folie 121

Rückwirkungsverbot und Vertrauensschutz

Rückwirkungsverbot

o Art. 103 Abs. 2 GG beachten (für Strafrecht) => nicht generalisier- bar, außerhalb des Strafrechts:

o „echte“ Rückwirkung“ ist grundsätzlich unzulässig, außer bei be- sonderen rechtfertigenden Gründen:

das alte Recht ist verfassungswidrig, unklar oder verworren

das alte Recht ist nur provisorisch (dann ist kein Vertrauens-

tatbestand erkennbar)

es drohen nur „unerhebliche Nachteil für die Betroffenen“

zwingend Gründe des Gemeinwohls“ (eng zu verstehen,

s. BVerfGE 30, 367) Vertrauensschutz

Änderungen für die Zukunft sind grds. zulässig, außer bei besonderen

Vertrauenstatbeständen (änderungsfeste Zusage, Vertrag, rechtskräftiges

Urteil u.a.) – BVerfG: „differenzierende Betrachtung“ (BVerfGE 72,

200).

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Folie 122

Finanzverfassung - Einnahmenseite

Regelt das Recht der staatliche Einnahmen-/Ausgabenverteilung bei

Steuern (hoheitliche Abgaben ohne Gegenleistung; siehe § 3 AO). Anders verhält es sich hingegen bei:

o Beiträgen (=Abgaben für Nutzungsmöglichkeit für öffentliche Ein- richtungen)

o Gebühren (=Abgaben für Veranlassung staatlichen Aufwandes; ein Leistungs-/Gegenleistungsverhältnis ist nicht erforderlich)

Das Grundgesetz regelt auf der Einnahmenseite:

o Steuergesetzgebungshoheit (Art. 105 GG), diese richtet sich we- sentlich nach

o Steuerertragshoheit (Art. 106 GG) und o Steuerverwaltungshoheit (Art. 108 GG).

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Folie 123

Finanzverfassung – Ausgabenseite Die Ausgabentragung richtet sich nach den jeweiligen Aufgaben

(Art. 104a GG; bislang nicht nach dem Verursacherprinzip).

Grundsätze (Art. 109 GG): Selbständigkeit, Unabhängigkeit, gesamt-

wirtschaftliches Gleichgewicht

Regelung durch Haushaltsgesetz (Art. 110 Abs. 2 GG), das Vollständig-

keit, Haushaltswahrheit/-klarheit, Jährlichkeitsprinzip und Vorherigkeits-

prinzip beachten muss.

Begrenzung der Kreditaufnahme (Art. 115 GG) auf die Höhe der Inves-

titionen; mit begründungsbedürftigen Ausnahmen (s.a. Art. 125 AEUV;

3,5 % des BIP).

Bewirtschaftung nach Grundsätzen:

o Wirtschaftlichkeit und o Sparsamkeit (Art. 114 GG)

Prüfung durch den Bundesrechnungshof (Art. 114 GG).

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Folie 124

Staatshaftung - Art. 34 GG

Voraussetzungen:

o Bestehen einer Amtspflicht, welche Dritte zu schützen bestimmt ist o Amtsträgereigenschaft des Handelnden (Beamter, Richter, Ange-

stellter, Arbeiter, nicht: Abgeordneter)

o Handeln „in Ausübung“ (weiter Begriff), nicht nur bei Gelegenheit o (Rechtswidrige) Verletzung der Amtspflicht

o Verschulden o Schaden o Kausalität von Verletzung und Schaden.

Rückgriffsvorbehalt (Art. 34 S. 2 GG) Rechtsweggarantie (Art. 34 S. 3 GG)

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Folie 125

EU-Recht

Primärrecht (Verträge): Abschluss, Änderung durch Mitgliedstaaten

Rechtssetzung: Sekundärrecht => Art. 288 AEUV: Verordnung, Richtli-

nie, Entscheidung, Stellungnahme.

Ausführung durch Mitgliedstaaten; nur ganz ausnahmsweise durch Ge-

meinschaftsbehörden (z.B. Kartellamt).

Rechtsschutz: die Gerichtszuständigkeit hängt von der handelnden Stelle

ab =>

o bei EU-Behörden: „europäischer Gerichtshof“ (Art. 251, 254, 256 AEUV)

o bei nationalen Stellen: Nationale Gerichte (Verwaltungsgerichte usw., welche dabei das Europarecht anwenden)

bei Zweifels-/Divergenzfragen

o Vorlagerecht/-pflicht (Art. 267 AEUV): Vorabentscheidung o in der Bundesrepublik: Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG =>

europäische Gerichte als gesetzlicher Richter.

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EU- und deutsches Recht

Bindung der EU an das Grundgesetz: EuGH: „nein“, statt dessen Bindung an das Europarecht, europäische

Grundrechte, EMRK.

BVerfG: grundsätzlich „nein“, jedenfalls soweit

o in Europa strukturell vergleichbare Rechtsstandards bestehen und o Art. 79 Abs. 3 GG nicht angetastet wird.

Verhältnis des EU-Rechts zum deutschen Recht:

EuGH: Anwendungsvorrang, jedoch kein Geltungsvorrang

BVerfG: nebeneinander, jedoch Bindung der deutschen Stellen an das

Europarecht.

Siehe dazu:

BVerfGE 37, 271 (Solange I)

BVerfGE 73, 339 (Solange II)

BVerfGE 85, 155 (Maastricht)

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Haftung der EU für Schäden (Art. 340 AEUV)

Haftung der Mitgliedstaaten für unterlassene Umsetzung gegenüber Dritten? (+) wenn die Voraussetzungen erfüllt sind:

Geltung einer Richtlinie,

die hinreichend bestimmt ist,

eine Umsetzungsfrist enthält,

welche abgelaufen ist,

bei fehlender Umsetzung der Richtlinie durch nationale Stellen

und daraus entstandenem Schaden,

der nicht durch Rechtsmittel abwendbar war. Die Rechtsgrundlage ist offen => allgemeiner Rechtsgrundsatz, der auch für den

Gesetzgeber gilt. Die Anwendung auf sonstige Verletzungen des Gemein-

schaftsrechts durch Mitgliedstaaten wird erwogen.