Gössler- Erste Hilfe in der Kinder- und ... · Organik (intrauterine Schädigung, perinatale...

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Erste Hilfe in der KJP- Linz 10.11.2018 + Erste Hilfe in der Kinder- und Jugendpsychiatrie + R. Gössler, Wien

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ErsteHilfeinderKJP- Linz10.11.2018

+ ErsteHilfeinderKinder- undJugendpsychiatrie +

R. Gössler, Wien

ErsteHilfebeiKJ=Krisenintervention

→ Wer kann intervenieren?

Jeder=„ErsteHilfe“

aber► eigeneGrenzenbeachten-

physische,emotionaleundfachlicheGrenzen!!!►ProfessionelleHilfe:

Telefonnotruf(Rettung,Polizei)Kriseninterventionsstellen(Ambulanzen,Spitäler)

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Kasuistik1• Achmed,15a,175cm,85kg,kommtmitPolizei,RettungüberAmtsarztinAmbulanz

• EskalationinWG,StreitmiteinemMitbewohner,wirftSessel,bedrohtPädagogin,istnichtberuhigbar;

• Ärztl.Gespräch,Konfliktnichtlösbar,Pat.weiterangespannt,willzurückinWG,bedrohtÄrztin

• Beurteilung:angespanntes,dysphorischesZustandsbildmitFremdgefährdung!

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Kasuistik2

• Sabine,16a,wirdleichtalkoholisiertvonFreundinnengebracht,ritztseitlängererZeit,willsichaufPartydiePulsadernaufschneiden,findetLebensinnlos;

• ÄrztlichesGespräch- nurwenigentspannbar,willunbedingtnachHause,nuroberflächl.Versprechungen;

• Beurteilung:DepressivesZustandsbildmitEinengungbeiVd.aufPersönlichkeitsstörung,EnthemmungdurchAlk-Konsum- nichtpaktfähig,akuteSelbstgefährdung!

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Kasuistik3• Michael,11a,zerstörtzuHause,nachGrenzsetzung- in

Raptuszustand- Zimmerpflanzen,AquariumundMobiliarundbedrohtdieKindesmutter.WirdmitRettungundPolizeigebracht…

• AnamnestischbereitswiederholteEskalationeninderSchulemitTätlichkeitgegenMitschülerundLehrer..

• schwierigessozialesUmfeld(„brokenhome“)• InärztlicherBehandlungwegenSchulverweigerung,

Impulshaftigkeit…• ImGespräch- ängstlich,nichtberuhigbar,willnicht

bleiben,drohtausdemFensterzuspringen• Beurteilung:angespanntesdysphorisch- ängstliches

Zustandsbild(Angststörung?)- akuteSelbst- undFremdgefährdung!

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Kasuistik4

• Paula,15a,fühltsich„erleuchtet“,seit3TagenzunehmendeSchlaflosigkeit,schmücktZimmermitKerzen,indischenHeiligenbildern,Selbstgespräche,Logorrhoe,verteiltwahllosGeldanPassantenundMitschüler,distanzlosesVerhalten- VorstellungdurchdieKlassenlehrerin..

• Elternnichterreichbar• Beurteilung:Manisch-psychotischesZustandsbild,keineKrankheitseinsichtigkeit- akuteSelbstgefährdung

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Kasuistik5• Aram,14a,ausSyrienstammend,wirdausWohnheimfür

minderjährigeunbegleiteteFlüchtlingevonPolizeiundRettunggebracht.

• ErseinacheinerBöller-Knallereivollkommen„ausgerastet“,habeMobiliarzerstörthabeundMitbewohnerundBetreuerattackiere,wolltedavonlaufen.

• Pat.zittertundimponiertangespannt,erscheintvölligabwesend.ErstaufmehrfacheAnsprachewendeterdenBlickzu,wirktbedrohlich;

• ErsprichtlautundschnellinseinerMuttersprache,obwohlerlt.BetreuerperfektDeutschkönne.ImmerwiederstarrteraufdieTür,beijedemlauterenGeräusch,dasvondraußennachinnendringt,zuckterzusammen.DieBetreuergebenan,dasserbishersehrfriedlichundangepasstgewesensei;DrogenundAlkohollehneerab.

• Beurteilung:ängstlich- angespanntesZustandsbild,Vdauf„flash-back“beiPTSD,Selbst-/(Fremd)gefährdung

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Kasuistik6• EineältereDameruftinAmbulanzan,dasssietelefonischvon

einemNachbarnverständigtwordensei,dasswiedereinmalmassiverStreitzwischenihrerTochter,eineralleinerziehendenMutter,undihrer12aEnkelin,Susi,bestehe.

• InderWohnunghabesiedanndasaufgebrachteMädchen,zerstörtesMobiliarunddieMutter, ihreTochter- erschöpfte,zerkratzteoffensichtlichalkoholisierte gefunden.DerKonfliktseiwegendesFernsehprogrammsentstanden.IhreEnkelinhabesichkaumberuhigt,habesiebeschimpfundsichimZimmerverbarrikadiert.Siehabeangegeben,ausdemFensterzuspringen,wennsiedasZimmerbetretenwürde.

• IhreTochterhabeangegeben,dieSituationimGriffzuhaben-„dasmachesieimmer,sieseinichternstzunehmen“undhatmichweggeschickt.

• Beurteilung: Krisensituationzwischenangespanntem12aMädchenundKindesmutter(eingeschränkterErziehungskompetenzundKindeswohlgefährdung)

• VerständigungvonPolizei,RettungundakuteVorstellung• Jugendhilfe

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Kasuistik7

• Robert,8awird,inBegleitungbeidergetrennterEltern,aufgrundvonakuterAggressionszustände(AggressiongegendiejüngereSchwester)akutvorgestellt;

• MassiveAnspannungderKindeseltermitoffensichtlichenKonfliktenhinsichtlichErziehung,BesuchsregelungundObsorge;

• psychomotorischeUnruhe,innereAnspannungvonRobert- imEinzelgesprächverzweifelt,weint,kaumberuhigbar,will„liebertotsein…“

• KonfliktzwischendenElternakutnichtklärbar…• Beurteilung:depressivesZustandsbild(reaktiv),Selbstgefährdung,massiveBelastungdurchUmfeld-stat.Aufnahme/Krisenzentrum(Jugendwohlfahrt)

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Kasuistik8

• 14aLarawirdvonKindesmutterakutinAmbulanzgebracht;siehabeihreTochterzurückgezogenimZimmergefundenundbeiihrRitzverletzungenandenUnterarmenentdeckt…siemachesichgroßeSorgen…

• Laraimponiertwortkarg,depressiv,dann- alsmitÄrztinalleine-zunehmendgesprächiger-erzählt,dasssiebereitsseiteinigenMonaten- beiSpannungszuständen-ritzenwürde,denkedabeiauchüberdasLebennach…;aktuellhabesieLiebeskummer…

• InderExplorationzunehmendbesserpos.affizierbar,erzähltvongeleibtenHaustier,keineSuizidgedanken,plantUnternehmungenmitFreundenfürkommendesWochenende(- willigtinweitereGesprächstermineein-wirdPhotosvonHaustiermitbringen…

• Beurteilung:depressiveVerstimmung,nichtsuizidaleSelbstverletzung– keineunmittelbare(schwere)Selbstgefährdung,Paktfähigkeitgegeben…

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Kasuistik9• NacheinemKonfliktineineWohngemeinschaftzwischenzwei14a

Bewohnern,werdendieseohneBegleitung,mitRettunginAmbulanzgebracht.

• TelefonischerklärtdereinzigedorttätigeBetreuer,erfühlesichüberfordert,ermüssesichnochum6andereJugendlichekümmern.

• Siesprechenmitdenbeiden-mittlerweile- ruhigenBurschenundkönnenEinsichterreichen.Sieversprechensich- glaubhaft-wiederzuvertragen.

• DerBetreuerbestehttelefonischdarauf,indemeraufeinebestehendepsychiatrischeBetreuungderbeidenverweist,dassbeideanderPsychiatriebleibensollen.

• Beurteilung:NachKrisengespräch,StabilisierungundBeruhigung,Paktfähigkeit- keineAufnahmeindikation(dieBurschenlehnenAufnahmeab);

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Selbstgefährdung

„ernsthafte“Ankündigungodertatsächlicherfolgte„Gewalt“gegendeneigenenKörpermitdemZieloderderGefahreinerSchädigungbzw.derSelbsttötung

• „ernsthaft“- Glaubwürdigkeit(psychiatr.zubeurteilen- z.B.:präsuizid.Syndrom)

• „Gewalt“- indirekt- z.B.:fallenlassen,liegenbleiben,Drogen,Med.einnehmendirekt- aktiveHandlungen(Stechen,Erschießen,Erhängen,etc.)

•akute/chron.Selbstgefährdung

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Fremdgefährdung

„ernsthafte“Ankündigungund/odertatsächlichegrenzüberschreitendepsychische/physischeBedrohung(undVerletzung/TötungvonMitmenschen)

•„ernsthaft“(Glaubwürdigkeit)• akut/chronisch• psychisch/physisch

• GefährdungvonMinderjährigen-fehlende/ungenügende/ungeeigneteObsorge

• GefährdendeSituation(GefahrvonMissbrauch,Misshandlung,fehlendeAufsicht,etc.)

• akut/chronisch

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DerkinderpsychiatrischePatient

Selbst-/Fremdgefährdungdurch:• Einengung(Depression,Trauma)• reaktiv(Leistungsdruck,Beziehungsstörungen)• StörungderImpulskontrolle(z.B.ADHS)• Neuropsycholog.Störungen(TLS,z.B.Serealitätsstörungen,

etc.)• StörungderPersönlichkeitsentwicklung(Beziehungsinkonstanz,

Deprivation,„Über-Ich- Störungen“,etc.)• pädag.Mängel(fehlendeGrenzen,Überfürsorglichkeit,etc.)Spezifität: Kindesalter: Begriffder„Endgültigkeit“,„magischesWeltbild“,starke„Systemabhängigkeit“

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DerjugendpsychiatrischePatient

Selbst- undFremdgefährdungauchdurch:•Psychiatr.Krankheitsbilder(Psychosen,bipolareStörungen,Depressio,Persönlichkeitsstörungen,Drogen,„Störungd.Sozialverhaltens“,etc.)

Spezifität: Jugendalter:Risikoverhalten, Imponiergehabe,Affekt-/Befindlichkeitslabilität,Identifikationsbestreben, Ablösungs-problematik,etc.

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Unterscheide1:Selbst-/FremdgefährdungaufGrundvon:

• prim.pädagogischen Gründen→Sonder-/Heilpädagogik,therapeut.-pädag.Einrichtungen

• prim.dissozialen Gründen(Delinquenz)→Polizei,Gerichte,Gefängnis(unmündigeMinderjährige?)

• prim.psychopathologischenGründen(Psychose,etc.)→Psychiatrie,Forensik

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Unterscheide2:Selbst-/Fremdgefährdung:

Kausalzusammenhangnur„relativ“vonBedeutungweil:

• AkuteKrisensituation(gefährdendePsychopathologie)

• Kausalitätoftprimärnichtbekanntbzw.nichtlösbar

• keine(anderen)entsprechendenRessourcen• Obsorgepflicht(Minderjährige(v.a.<14a)

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Häufigkeitvonpsychischen„Auffälligkeiten“beiKindernundJugendlichenI

• gesamt:Kindes- undJugendalter(bis18a):ca.20- 25%

(Wagner20017,Barkmann,Schulte-Markwort2004,Costelloetal.2003)

→ jedes5-6. Kind/Jugendlicherhatbiszum18.LjpsychischeProbleme

→ Kindesalter: Knabenhäufigerauffällig→ Jugendalter: Mädchenauffälliger

► mitLeidensdruckundEinschränkungen:ca.10%

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Österreich

• Österreich(gesamt):ca.1,7Mil<18a(StatistikAustria,2012)

→ 20% = 340 000 KJ mit psych. Auff.→ 10% = 170 000 KJ mit psych. Auff. + Einschränkungen, Leidensdruck!

(d.h.: Schulklasse mit 30 SchülerInnen → 3 Kinder/ Jugendliche)

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Häufigkeitvonpsychischen„Auffälligkeiten“beiKindernundJugendlichen

• Knaben:eher„externalisierende“Störungen(Hyperaktivität,Aggression,agitierteDepression,etc.)

► fallen auf! (scheinbar häufiger!)

• Mädchen:eher„internalisierende“Störungen(Depression,Essstörungen,Selbstverletzungen,etc.)

► fallen oft nicht auf! (Dunkelziffer!)

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Häufigkeitvonpsychischen„Auffälligkeiten“beiKindernundJugendlichen

• Angststörungen5-20% m:w=1:3• Dissoz.Störungen5-10% m:w=3:1• Depressionen:Kinder:1-5% m:w=4:1• Jugendliche: 5-15% m:w=1:3• Persönlichkeitsst. 1,5-11% wüberwiegt• ADHS:1-5% m:w=3-9:1• Sucht: 2-7% stoffl.(Jungen)• Essstörungen0,1-1%m:w=9:1• Psychosen 0,1% m:w=1:1

→ NureinkleinerTeilbrauchtakutepsychiatrischeBehandlung!

→ Jedoch bis zu 50% der stat. KJP-Pat. sind „AkutpatientInnen“ !

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Ambulanz-KJP-RoHü- Diagnosen/a

F9

F1

F4

F3 F7

F2

F6

1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

F8

AngststörungenZwangsstörungen,PTSD,etc.

Schizophrenie

K.Koschitz ErsteHilfeinderKJP- Linz10.11.2018

SSV,ADHS,etc.

Persönlichkeitsst.

Depressio;bipolareSt

Aufnahmen

Kinder-/Jugendpsychiatrie Rosenhügel- Aufnahmen, n = 332

0102030405060708090

1 2 3 4 5 6 7 8 9

ICD 10, F1-9

An

zah

l

weiblichmännlich

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Kinder-/Jugendpsychiatrie Rosenhügel, Aufnahmen UbG/2008, n=71

0

5

10

15

20

25

1 2 3 4 5 6 7 8 9

ICD 10, F1-9

n

weiblichmännlich

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HäufigkeitenaneinerKinder- undJugendpsychiatrie(KJP- Rosenhügel)

• Depressionen(F3)• PTSD(F4)*• Angststörungen(F4)*• „Anpassungsstörung“(F4)*• Psychosen(Schizophrenie,bipolareSt.)• Essstörungen• Persönlichkeitsstörungen(F6)*• St.desSozialverhaltens(F9)*• ADHS(F9)*• Tiefgreif.Entwicklungsstörungen• UmschriebeneEntwicklungsstörungen

• *ca.2/3desambulantenundstat.Klientels!• F2,F6,F9habenhohe„Unterbringungshäufigkeit“!

viele„umweltreaktive“Faktoren!(„umweltreaktive“Störungen?)

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Eckpunkte(auchderAkut-)Abklärung

Temperament, Vulnerabilität, Konstitution, Organik (intrauterine Schädigung, perinatale Schädigung)

Lebenslauf/ Life- events(Förderung, Reifung,Traumata, Krankheits-, Unfallfolgen, etc.)

Soziales Umfeld(Familie, Kultur/Religion, Schule, peer group, etc.)

Anlagen PatientPsychischeKonstitution

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BeeinflussendeFaktoren• Anlage(Ausstattung) → Genetik (Prädisposition)

→ Konstitution, (Temperament, Resilienz, etc.)

→ Somatik• Lebenslauf → life- events

(reaktiv/epigenetisch)

• PsychoSozialesUmfeld → Gesellschaft, Familie, SchuleKindergarten, peer-group, etc.

Fazit f. Entwicklung und Reifung: → regelrecht/Normvariante→ auffällig- retardiert/ akzeleriert, etc. → akzeptiert/ Beschwerde-/Leidensdruck

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System

• Familie,Freunde,Schule,Gesellschaft,etc.

• Funktional=Ressource• Dysfunktional=(zusätzliche)Gefährdung

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Risikofaktoren• PsychosozialeRisken:

• DisharmonieinderFamilie• Physische/psych.St.einesElternteils (Substanzmißbrauchder

Eltern,Depression,schweresomatischeErkrankung,etc.)• MangelanWärme,elterl.Aufsicht,Unterstützung• beengteWohnverhältnisse,finanz.Probleme• sozialeSchicht• Bildungsniveau• Delinquenz• Traumata• problemat.peer-Gruppe• Migration

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SEYLE(SavingandEmpoweringyoungLifesinEurope)- Studie(EU-Studie/10Länder/ca.10000Schüler)

…innerhalbderletzten14d• SuizidV: 0,5-2,7%• Suizid- Gedanken: 9,5-24,6%• Selbstverletzung(1x): 17-25%• Selbstverletzung(rep.): 1,9-10,4%• Subst.Mißbr.(2x/Wo): bis47%• Depression: bis20,6%→ZusammenhangSuizidalität- Sucht,Depression,Angst,

Delinquenz→Nur1/10derElternwissenBescheid!→HöchstenWerteinDeutschland,Österreich

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Epidemiologie/Depression-KJ

Vorschulalter: 0,7- 1,8% (Keenan2004,Gadow2001,Kashani1987)

Pflichtschulalter: 1,3- 4,4% (Costello2006,Angold 2000,Ihle2000,Kashani1987)

Jugendalter: 2,6- 10,9% (Afifi2005,Ihle2000,Wittchen1998,Kashani1987)

klinischeStichproben:8-25%(bis18.LJ)(Wittchen1998,Birmaher1996)

→ abdem12.LJstarkeZunahme(w:m=3:1)(Angold 2002)

→ einedepressiveEpisodeimKindes-/JugendaltererhöhtWahrscheinlichkeitaufspätereAchse1+2Störungen(Birmaher1996,Kasen2001)

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KlinischeSymptomatik:Depression• Vorschul-/Schulalter:

„psychosomatische“Beschwerden(KS,Bauchschmerz,etc.),Stimmungslabilität,Reizbarkeit,Introvertiertheit,Extrovertiertheit,zwanghafteRituale,Entschlusslosigkeit,Schlafstörungen,Appetitveränderungen,Konzentrationsstörungen(Leistungsabfall),Schuldgefühle,„depressive/aggressive“Spiele,Zeichnungen,Phantasieverlust,Todesvorstellungen,Todeswünsche;„Schlimme“KindersinddepressiveKinder!!

• Jugendalter:depressiveund/oderdysphorischeSTL,Antriebsstörungen,Befindlichkeitsstörungen,Konzentrationsstörungen(Leistungsstörungen),Schuldgefühle,fehlendePerspektiven,Interesselosigkeit,„Leere“,Schlafstörungen,Appetitstörungen,„psychosomatische“Beschwerden,sozialerRückzug,präsuizidalesSyndrom- Suizidalität

→ Cave:GesteigertesRisikoverhaltenundImponiergehabe(„Grenzgänger“),Impulsivität!!!

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Suizid/SuizidalitätbeiKindern/JugendlichenI

• EU:zweithäufigsteTodesursache(nachVerkehrsunfällen),Nord-Süd-Gefälle;

• Burschen:Mädchen=ca.2-4:1• Kinder:bisca.12asehrselten(Einzelfälle)• Jugendliche:ab15steilerAnstieg

• SuizidV(Jugendliche):m:w-2-3:1(1,3-3,8%:1,5-10,1%=häufigeralsbeiErwachsenen),Bridge2006

• Suizidideen:ca.8-19(m)- 30-44%(w)(Dervic2007)

→ „Geschlechterparadox“ –mehrmännl.Suizide,mehrweiblicheSMVs(männl.Jugendliche:härtereSuizidmethode, Verschlossenheit,Substanzmissbrauch, Sozialisationseinflüsse, Risikoverhalten, etc.)

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Suizid/SuizidalitätbeiKindern/Jugendlichen

Komorbidepsychiatr.Auffälligkeiten(70-90%): Depression (75%)Substanzmissbrauch (40-65%)bereitseinSMV

► bei2/3allerSuizidopfer (Shaffer1996)Angststörungen (25%),diss.Verhalten (50%)BelastungsreaktionenPersönlichkeitsentwicklungsstörungenExtern.Störung (Impulsivität/Aggressivität)Traumata(sex.Missbrauch,etc.)ungünstige psychosoz.Rahmenbedingungen

► aktuelleKonflikte(75%)NeueRisikofaktoren: Migrationshintergrund, sex.Desorientierung, e-medien:chatrooms- „Cybersuicide“

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Diagnostik„Selbstgefährdung“(Suizidalität)• SymptomevonDepression- Perspektivenlosigkeit,Sinnlosigkeitsgefühle,

Verzweiflung,Suizidgedanken,etc. müssenerkanntwerden(erfragtundgeäußertwerden)

• „PräsuizidaleEntwicklung“(erwähnen- erwägen- beschließen),Pöldinger1984

• PräsuizidalesSyndrom(E.Ringel1953):Einengung-Entwertung- Phantasien

• SuizidaleEntwicklungskette(Poustka1986):

ungünstigerpsychosoz.RahmenmitTraumata→Persönlichkeitsstörung/Krise→ Einengung→Aggressionsumkehr→Suizid-Phantasien→Suizidv.

- bereitsSuizidV/Selbstverletzungen?

• Risikogruppe:Umbruch-/Veränderungssituationen,isolierteMenschen,Menschenmitpsychiatr.Problemen(Sucht,etc.),etc.

• Cave:Impulsivität!

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BeurteilungderSuizidalitätIFragennachderSuizidalität- Ansprechenistwichtig!

• Suizidalitätvorhanden?

• FrüheresuizidaleKrisen?Suizidversuche?

• InwelcherForm?

− Todes- undRuhewünsche

− SuizidideenmitoderohnekonkretePlanung,sichaufdrängend

− Suizidabsichten

− KonkreterPlan?

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BeurteilungderSuizidalitätII

• Faktoren,diedasSuizidrisikoerhöhen

− Psychopathologie,Hoffnungslosigkeit,Wahn

• AkuterHandlungsdruckjetzt?

− verschiebbarindieZukunft?Impulshaft?

• Hoffnungslosigkeit

− FantasienundPerspektivenzummorgigenTag,nächstenMonat,nächstenJahr?

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BeurteilungderSuizidalitätIII

§ Faktoren,dieimLebenhalten,bindendsind?

ú externeBindungen(Familie,Partner,Kinder,Schande,…)

ú Bindungenfürsich(Glaube,HoffnungaufVeränderung,…)

§ Zukunftsperspektivenentwickelbar?

ú entlastetdurchGespräch?

ú WeiterePlanungmöglich?

ú ZusagenbeiVerschlechterungmöglich?

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Einschätzung„Selbst-/Fremdgefährdung“

• aktuellerpsych.Zustand(Beeinträchtigung- Drogen,etc.)?• Paktfähigkeit?emot.Erreichbarkeit?• AuslösendesEreignis(Konflikt,Verlust,etc.)?–lösbar?• psychiatr.Grunderkrankung• Compliance?• Umgebungsbedingungen?

→ambulant/stationär(freiwillig/UbG)?

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Krisenintervention

Bedingungsanalyse(Konflikt-/Ziel-/Situationsanalyse,Diagnose,Hilfebedarf)

+Beziehungsaufbau:• „Verstehen“• „Ernstnehmen“,„Akzeptanz“• „Zeitnehmen“(individ.Setting,etc.)• Halt,StrukturundSicherheitvermitteln• Klarheit• Vertrauen+Binden

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DiagnostikvorTherapie

Unterscheide:• Akutpsychiatrisches Krankheitsbild- akuteDiagnostik-akuteTherapie(z.B.Krisenintervention- intensivendeeskalierendenGesprächen(Pat./System),akuteMedikation(beruhigend/angstlösend,etc.),ev.außerfamil./stat.Aufenthalt)- nach„Entspannungd.Situation- weiterführendeDiagnostik/Therapie

• „Subakutes“psychiatrischesKrankheitsbild- geplante(umfassende)Diagnostik- geplantesVorgehen-geplanteTherapie

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Querschnitt

AufnahmenbeiSelbst-/Fremdgefährdung• Unfreiwillig:AufnahmegemäßUnterbringungsgesetzSpezifität: Kinder-/Jugendliche(<18a)UnmündigeMinderjährige(<14a)MündigeMinderjährige(>14a)

Aufsichtspflichtvs.einschränkendenMaßnahmen(UbG)→…alleswasüberaltersrelevantepädagogischeMaßnahmen(dieauchEltern

zuHausesetztenwürden)hinausgeht…fälltunterUbG- Bestimmungen!

Kindlicheundjugendliche(entwicklungsbedingte)Dynamikenwerdennichtbedacht:

→….nichtaufkindl.u.jugendl.Entwicklungsgefährdunganwendbar(D§1631bBGB)

→….nichtaufjugendl.Suchtpatientenanwendbar

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TherapieNichtmed.Maßnahmen:Krisenintervention(einzel/system;amb./stat.)ärztl.-therapeutischeBetreuungpsycholog.-therap.Betreuungpädag.MaßnahmenPsychotherapiesystem.Beratung/TherapiePsychosoz.Maßnahmen- Systeme(Eltern,Freunde,Jugendhilfe,etc.)Med.Maßnahmen: AD,SGA?TRQ?

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Kinder sind keine kleinen Erwachsenen!

und Jugendlichekeine großen Kinder!

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Psychopharmakatherapie

Psychiatr.Ind.- <18a- Zulassungfür…

• Antipsychotika:Haloperidol;Risperdal,Ziprasidon,Aripiprazol,(Amisulprid),Clozapin,Chlorprodixen

• Benzodiazepine=TRQ:Diazepam(alles),Oxazepam(ab6a:Schlafst.,Angst),Clobazam(Epi,ab15a:Angst,Erregung),Lorazepam(St.epilept.),Midazolam(Prämed.);

• Mood-Stabilizer:Lithium(VAZ,CZBnurbeiInd.Epilepsie)• Antidepressiva:Fluoxetin,Sertralin(Zwang),Johanniskraut;

Clomipramin• ADHS- Mediaktion:Methylphenitat,L- Amphetaminsaft,

Atomoxetin

• Cave:jedesMonatca.300ÄnderungenbeiZulassungsbestimmungen(AGES)

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„Kochrezepte“(mitAkutwirkung)inderKJP

Zielsymptom:• Unruhe:Truxal,Psychopax,(Nozinan)• Aggression/Autoaggression:Truxal,(Nozinan),Risperdal,(Abilify)

• Angst/Panik:Psychopax,(Xanor),Tresleen• Opposition:Risperdal,(Abilify)

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NehmenSelbst- undFremdgefährdungbeiKindernundJugendlichenzu?

• „Klass.“psychiatr.Krankheiten:nein• „reaktive- umweltassoziierte“psychiatr.Krankheiten(St.d.

Sozialverhaltens,reaktiveDepressio,etc.):jaUrsachen(vermutet):• pädag.Verunsicherung• pädag.Deprivation• Emot.Deprivation• Lifeevents(Umzug,Trennungen,etc.)• Gesellschaftl.Anforderungen

ErsteHilfeinderKJP- Linz10.11.2018

Fazit- ErsteHilfeinderKJP

• 1:BeurteilungPsychopathologischerQuerschnitt• 2:BeurteilungderGesamtsituation(Patient-System)BeiEskalation:• Kontakt-/Beziehungsaufbauversuchen- jede

GewaltanwendungsetztTrauma(undkannzueinerPTSDführen)

• Verständnis,KlarheitundKonsequenzvermitteln!• EigeneAffektekontrollieren!• Zeitnehmen!

• Cave:StörungenmitgeschwächtenHemm-,Brems- undKontrollmechanismen(Intoxikation,Psychose,Depression,Persönlichkeitsst.)

ErsteHilfeinderKJP- Linz10.11.2018

Fazit2

• Suizidalitätabklären• eigeneGrenzenerkennen• gelindestesMittelüberlegen(setting,Intervention)

• „bekanntes“Psychopharmakonverwenden• StrukturundHaltvermitteln• „Debriefing“nachIntervention(Systeme)

ErsteHilfeinderKJP- Linz10.11.2018

Erste Hilfe in der KJP- Linz 10.11.2018

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!