GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird....

24
AM PULS DER ZEIT – ZEIT AM PULS UHREN-KULT. 150 JAHRE ROTES KREUZ. IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer im Gespräch. GUT LEBEN Das Magazin für Junggebliebene DIE NUMMER 11

Transcript of GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird....

Page 1: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

AM PULS DER ZEIT –ZEIT AM PULS

UHREN-KULT.

150 JAHRE ROTES KREUZ. IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer im Gespräch.

GUT LEBENDas Magazin für Junggebliebene

DIE

NU

MM

ER

11

Page 2: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Hausnotruf.Lange gut leben.Infos bundesweit und kostenfrei:

08000 365 000

„Da sind wir uns einig!“Meine Mutter will ihre Unabhängigkeit,ich will ihre Sicherheit.

Page 3: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

AM PULS DER ZEIT –ZEIT AM PULS

UHREN-KULT.

150 JAHRE ROTES KREUZ. IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer im Gespräch.

Das Magazin für Junggebliebene

DIE N

UM

MER 11

GUT LEBEN

3

GUT LEBEN DIE NUMMER 11

Liebe Junggebliebene!

Hier ist sie nun: die erste gemeinsame GUT LEBEN-Ausgabe der DRK-Kreisverbände Stade und Har-burg-Land. Wen möchten wir mit diesem Magazinerreichen? Wir meinen, jung bleiben kann maneigentlich in jedem Alter. Deshalb möchten wirgrundsätzlich alle Leser dabei unterstützen – miteiner Mischung aus Information, Unterhaltungund so manchem Augenzwinkern.

Aber keine Angst: Bei uns wird nicht so getan, alsgäbe es das Altern nicht – übrigens ebenfalls injeder Lebensphase. Die Dinge sind so wie sie sind:Nichts macht uns älter als ein lange zurückliegen-des Geburtsdatum. Ein „gutes Leben“ ist weniger abhängig von Geldoder Erfolg als von einer offenen und neugierigenHaltung gegenüber der Welt. Bei uns kommenMenschen aller Altersgruppen zu Wort. Es gibtviel zu entdecken, „lebenslänglich“. Und es gibtviele Dinge, die dabei helfen. Wir meinen, hierhaben wir einiges anzubieten.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen, Stöbern und Ent-decken!

Ihre

33

INHALT

Liebe Junggebliebene!

In dieser GUT LEBEN-Ausgabe widmen wir uns einem

Alltagsgegenstand, der auch zu den „Kulturgütern“

zählt. Er ist nicht nur Markenprodukt, Statussymbol

und Sammlerobjekt, sondern für viele einfach „Kult“.

Aber zugleich bleibt er als Messinstrument und "zeit-

maßgeblicher Begleiter" schlicht eine Selbstverständ-

lichkeit unseres täglichen Lebens: die Armbanduhr.

Apropos Zeit-Messung: Das Deutsche Rote Kreuz begeht

in diesem Jahr – noch im gleichen Jahr wie die Interna-

tionale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung – sein

Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen. Ein solcher

Anlass hat immer einen interessanten Nebeneffekt. Er

spricht eine Einladung aus, sich selbst im Jubilar zu

spiegeln und sich wiederzufinden. Das gilt im Falle des

Roten Kreuzes 2013 weltweit für Millionen von Mitglie-

dern, Helferinnen und Helfern. GUT LEBEN hatte die

Ehre und das Vergnügen, den höchsten Repräsentanten

dieser weltumspannenden Bewegung, Dr. Peter Maurer,

einmal zu seinen „Jubiläumsgedanken“ zu befragen.

Der Kern der Rotkreuz idee besitzt eine Qualität, die

natürlich die Marke stärkt – die sich aber dem allgegen-

wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls

dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-

zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-

gruppen nicht einfach „auseinanderspezialisieren“.

Einer der höchsten Rotkreuz-Grundsätze besteht ja

darin, dass alle Menschen den gleichen Wert haben –

und nur nach dem Maß ihrer Not zu unterscheiden

sind. Dies sei in Zeiten, in denen viel von Krisen die

Rede ist – und davon, wem eigentlich das Helfen noch

zugemutet werden kann – hier einmal kurz erwähnt.

Ihr

Ralph Hoffert

TITELTHEMA

Am Puls der Zeit.Eine Sekunde passt in keinen Tresor.Was ist Zeit?

Zeit am Puls. Uhren-Gesichter.Mensch und Uhr – face to face.

Watchismo puro.Uhrenlegenden am Mann.

INTERVIEW150 Jahre Rotes Kreuz. Das GUT LEBEN Interview mit IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer.

DESIGN FÜR ALLE„Ergo Can“Gartenarbeit auf die leichte Art.Der „Grauwert“-Tipp für den Frühling.

UNTERWEGS StrasbourgEine französisch-deutsche und elsässisch-europäische Stadt.

AHA!Frau Beckmann erklärt die Dinge.Folge ELF: Twitter.

IMPRESSUM

REZEPT Frisch aus dem Ofen:Elsässer Flammkuchen.

RÄTSEL

Seite 4

Seite 6

Seite 8

Seite 12

Seite 18

Seite 20

Seite 22

Seite 23

EDITORIAL

Page 4: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

TITELTHEMAAM PULS DER ZEIT – ZEIT AM PULS.

4

„WAS ALSO IST ,ZEIT’? WENN MICH NIEMAND DANACH FRAGT, WEISS ICH ES;WILL ICH ES EINEM FRAGENDEN ERKLÄREN, WEISS ICH ES NICHT.“

© s

andr

a.sc

here

r / fli

ckr.c

om©

Stift

s- o

ch la

ndsb

iblio

teke

t i S

kara

/ flic

kr.co

m

Einleitung in ein endloses Thema.

Fragt er danach, was Zeit eigentlich genau ist, stößt der

Mensch an seine Grenzen. Schon in der Antike arbeitete

er sich an dem Rätsel ab, dass die Vergangenheit nicht

mehr und die Zukunft noch nicht „ist“, und die Gegen-

wart zwar dazwischen liegt – aber auch zugleich nicht

„ist“. In diesem Dazwischen ist ja streng genommen kein

eigener messbarer Zeitraum für sie reserviert.

Auch 300 Jahre nach Newton und gut 200 nach Kant

wirft das Phänomen Zeit heute immer noch dieselben

skurrilen Fragen auf, die über viele Generationen natur-

wissenschaftlichen und aufklärerischen Denkens hinweg

immer wieder Verwirrung stifteten. Wenn wir die Zeit

anhalten könnten: Für wie lange würde sie denn stillste-

hen? Oder: Wie kann die Zeit stillstehen, wir als Beobach-

ter aber nicht? Und: Stünden wir selbst mit still, wie

bemerkten wir dann den Stillstand der Zeit überhaupt?

Inzwischen rücken wir dem notorisch flüchtigen Phäno-

men mit Atomuhren, Relativitätstheorie und Quanten-

physik zu Leibe. Endgültige Ergebnisse sind jedoch kaum

zu erwarten. Je entschlossener die Grundlagenforschung

bei der Erkundung der Zeit voranschreitet, desto mehr

neue Fragen zeitigt sie dabei. Nicht nur als professionelle

Theoretiker, sondern bis in Familienfeiern, Kantinenge-

spräche und Fernseh-Talkrunden hinein stellen wir regel-

mäßig fest, nicht vom Fortschritt, sondern von Relativitä-

ten getragen zu sein.

Kommt Zeit, kommt Rat. Immer mehr Rat. Um den For-

schungsgegenstand Zeit bemühen sich zurzeit mehr

Experten und Disziplinen als je zuvor. Nicht nur Astrophy-

siker und Neurologen sind in die alte Domäne der Mysti-

ker, Philosophen und Theologen vorgedrungen. Noch

weiter spezialisierte Wissenszweige haben sich etabliert:

Chrono psychologie, Chronobiologie und Chronomedizin

werden die Zukunft mitbestimmen. Und seitdem wir alle

über Demografie reden und über das individuelle wie

gesellschaftliche Altern nachdenken – also Zeitphänome-

ne –, sind wir ja alle zu Gerontologen geworden.

Wenn sich GUT LEBEN in dieser Ausgabe mit dem „Kultur-

gut Uhr“ beschäftigt, folgen wir dabei dem Vater der speziel-

len Relativitätstheorie. Laut Albert Einstein ist Zeit schlicht

das, „was wir mit der Uhr messen“. Gerontologisch ausge-

drückt: Nichts macht uns älter als ein lange zurückliegen-

des Geburtsdatum.

Eine Sekunde passt in keinen Tresor.

Zumindest die Instrumente der Zeitmessung sind heute

genauer und technisch perfekter als je zuvor. Aus den

Messwerten von über 250 Atomuhren an 45 weltweit

verteilten Instituten legt das Bureau International des

Poids et Mesures (BIPM) in Sèvres bei Paris die Interna-

tionale Atomzeit (TAI) als weltweit verbindliche

Referenz zeit fest.

Die Sonderstellung und der stets flüchtige Charakter des

Phänomens Zeit wird an diesem speziellen Ort unweit

des Schlosses von Versailles augenscheinlich. Maßein-

heiten, die einmal durch ein körperliches Normal defi-

niert worden sind, werden hier tatsächlich als „Origina-

le“ aufbewahrt: zum Beispiel das Kilogrammnormal in

Form eines Platin-Iridium-Zylinders oder der bis 1960 als

Meternormal verwendete Platin-Iridium-Stab.

Eine Sekunde aber passt in keinen Tresor. Es geht bei der

Zeitmessung immer nur um Abstraktes und Relatives, in

diesem Fall um rechnerische Mittelwerte mehrerer

Uhren. Die Genauigkeit einer Atomuhr – zum Beispiel

der „genauesten Uhr der Schweiz“, des Primärfrequenz-

normals FOCS-1 beim Bundesamt für Metrologie und

Akkreditierung METAS in Bern – liegt zwar immerhin bei

nur etwa einer Sekunde in 30 Millionen Jahren. Aber es

bleibt das Wörtchen „etwa“.

Es gibt also noch viel zu tun in Sachen Genauigkeit.

Denn was im Alltag beim Eierkochen vielleicht etwas

übertrieben erscheinen könnte, macht als Grundlage für

die weltweite Synchronisation von Teleskopen zur Beob-

achtung anderer Sonnensysteme durchaus Sinn. Und

spätestens seit der Einführung satellitengestützter Navi-

gationssysteme (GPS) gehören die Ergebnisse von Zeit-

abgleichen auf Atomuhr-Präzisionsniveau für Millionen

von Menschen zum ganz normalen Alltag.

© h

mbo

o / f

lickr.

com

AUGUSTINUS, CONFESSIONES XI, 14

Page 5: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

© k

alleji

pp /

phot

ocas

e.co

m

5

Perpetuum mobile, letzter Versuch.„The Clock of the long Now“ (Die Uhr des langen Jetzt) in Texas.

Der Jahrtausendwechsel hat bekanntlich viele Köpfe zu ungewöhnlichen Visionen und Projekten inspiriert. Schon 1996 trieb

eine Gruppe von Millenium-Vordenkern um den amerikanischen Computeringenieur Danny Hillis und den britschen Ex-

Popstar und Musikinnovator Brian Eno ein beunruhigender Gedanke um: Die Menschen des Jahres 2000 würden eigentlich

keine kulturellen Produkte mehr hervorbringen, die Tausende von Jahren überdauern könnten. Um bauliche, schriftliche

oder andere Zeugnisse zu hinterlassen, wie wir sie etwa mit den Pyramiden der Ägypter vor Augen haben, erschienen die

modernen digitalen Informationsspeicherverfahren bei weitem nicht robust genug.

Ergebnis war die Gründung einer Stiftung, mit dem Ziel, dauerhafte Verfahren und

Medien zur Bewahrung menschlichen Wissens zu entwickeln. Als spektakulärstes

Projekt wird nun, dreizehn Jahre nach dem Millennium – mit finanzieller Unterstüt-

zung durch den Amazon-Gründer Jeff Bezos – eine mechanische Uhr in monumen-

talem Hochhausformat gebaut. Sie erhält ihren Standort in einem gegen Erschütte-

rungen schützenden unterirdischen Raum in der texanischen Sierra Diablo. Warum

die Initiatoren hierbei unbescheiden an „einen Wallfahrtsort für die nächsten 10.000

Jahre“ denken, lässt sich unschwer an den Anforderungen an die Uhr ablesen:

Die Uhr soll 10.000 Jahre lang „hinreichend genau“ gehen. Wertvolle Materialien

sollen nicht verwendet werden, um Plünderungen vorzubeugen. Zukünftige Gene-

rationen sollen die Uhr ohne anleitende Pläne reparieren können – mit Technologi-

en auf dem Stand der Bronzezeit. Man rechnet offenbar mit dem Schlimmsten. Um

die Funktionsweise der Uhr zu verstehen, soll man sie weder stoppen noch zerlegen

müssen. Zudem sollte die Uhr im Laufe der Zeit gemäß aktueller neuer Erkennt-

nisse verbessert werden können.

Wie wohl kein anderes Vorhaben steht „die Uhr des langen Jetzt“ für die Sehnsucht des Menschen nach einem direkten,

mechanischen Zugang zur Zeit-Messung – obwohl die technologische Entwicklung längst bereits in ganz anderen Sphären

schwebt. Wie wir sehen werden, wiederholt sich genau diese „Faszination des Unzeitgemäßen“ auch am zeitgenössischen

Uhrenmarkt.

© x

mac

ex /

flickr.

com

© g

willis

ter /

flick

r.com

Page 6: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

6

GESICHTER DER ZEIT.IM REICH DER ZIFFERBLÄTTER.

Astronomische Uhr in Prag

© tw

m13

40 /

flickr.

com

© g

ravit

at-O

FF /

flickr.

com

Erst mit dem bis heute gebräuchlichen Zifferblatt

bekam unsere Zeit ihr Gesicht. Wie sehr sich dieses

jeweils durchaus individuelle Antlitz des Zeitflusses in

unser kollektives Sichtfeld und Gedächtnis einbrannte,

wird an einem beeindruckenden Beispiel deutlich. Die

Geschwindigkeit, mit der heute immer mehr Demenz-

erkrankten ihre Zeit schrittweise verloren geht, lässt

sich durch den so genannten Uhren-Test messen: Man

lässt die Betroffenen in bestimmten Zeitabständen ein

Zifferblatt zeichnen. Nacheinander lösen sich von

Zeichnung zu Zeichnung die Stundenzahlen und ihre

Positionen im Stundenrund auf. Das Gesicht der Zeit

wird nach und nach beschädigt, verletzt, schließlich

vollends entstellt, bevor es am Ende hinter leeren

Zufallszeichen spurlos verschwindet.

Mit geregelten, klar strukturierten Tagesabläufen und

Ritualen versucht man in Einrichtungen der Altenpfle-

ge, diese Auflösungsprozesse zu verlangsamen. So wer-

den die vormals oft als Zwang und Fluch empfunde-

Uhren-Gesichter. Zeitmessung und Identität.

Auch unsere Zeit-Wahrnehmung hat ihre eigene Geschich-

te. Die Zeitgefühlswelten der für uns namenlosen Men-

schen der Vorzeit, deren Leben über viele Jahrtausende von

Jahreszeiten und anderen Naturzyklen bestimmt wurde,

bevor sie damit begannen, ihre Zeit mit Hilfe von Sonnen-

und Wasseruhren, rieselnden Sandkörnern und schließlich

abbrennenden Stundenkerzen zu messen, bleibt uns

zwangsläufig eher verschlossen. Mit den Kirchturm- und

Rathaus uhren über den städtischen Dächern des späten

Mittelalters und endgültig mit den tragbaren Zeit-Messern

des Nürnbergers Peter Henlein (1505) verbindet uns schon

mehr; wir sind sogar geradezu anfällig für solche Bilder

voller nostalgischer Uhren-Idylle.

Page 7: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

7

© s

torb

eck.

me.

/ flic

kr.co

m

© w

ilhei5

5 / f

lickr.

com

© ti

mlew

isnm

/ flic

kr.co

m

nen Zeitregeln der Industriegesellschaft, in der die Uhren

meistens immer schneller liefen, gewissermaßen in ent-

schleunigter Form gegen Ende so manchen Lebenslaufes

zum Halt und Segen.

Dieser Sondereffekt des allgegenwärtigen Kulturguts Uhr

hindert die Maschinen der Zeitmessung aber in keiner

Weise daran, weiterhin als normierende Kontrollinstrumen-

te unsere Lebenswelt zu bestimmen. In der ja mitnichten

beendeten Ära der Stechuhren und sekundengetakteten

Arbeitsprozesse ist der normierende Faktor Zeit in sämtli-

chen Lebens- und Arbeitsbereichen angekommen: in der

Pflege älterer Menschen genauso wie in der Arztpraxis, in

Politiker-Statements oder im Mobiltelefon-Tarif. Zeit ist

vor allem Geld. Ökonomische Zauberworte wie Qua-

litätsmanagement, Restrukturierung oder Outsourcing

setzen „maßgeblich“ auf mess bare Ergebnisse innerhalb

messbarer Prozesse innerhalb messbarer Zeiträume.

Die gnadenlosen Apparate sind längst nicht mehr damit

zufrieden, als unbestechliche Wächter streng gezogener

Grenzen zwischen Arbeitszeit und „freier Zeit“ aufzutre-

ten. Weit über die Hörweite der Fabriksirene und der

Schulklingel hinaus sind sie überall in die individuelle,

"intime" Welt des Einzelnen eingedrungen.

Dies bildet aber nur die eine, stressgeladene Seite einer

massenweise praktizierten, recht innigen Beziehung zwi-

schen Mensch und Technik. Zwischen Uhr und Träger(in)

spielt sich nämlich Unglaubliches ab. „Zeige mir Deine

Uhr, und ich sage Dir, wer Du bist.“ Für Marketing -

vorstände großer Uhrenmanufakturen wäre dies eine

durchaus plausible Variante einer bekannten Redensart.

Mensch und Uhr – face to face.

Bemerkenswerterweise hält sich auch weit diesseits der kosmi-

schen Exaktheit der Atomuhren hartnäckig ein lukrativer inter-

nationaler Kult um hochwertige, sportliche, mechanisch

betriebene Uhren. Die Welt des Uhrendesigns pendelt hier

offenbar erfolgreich zwischen zwei Herzen, die bei vielen von

uns in einer Brust schlagen. In der Uhr am Handgelenk verbin-

det sich anscheinend tatsächlich die Anhänglichkeit an den

Charme und die Akkuratesse handwerklicher Tradition und

Ingenieurskunst mit einem Perfektionsanspruch, den eigent-

lich nur sterile High-Tech-Produkte erfüllen können. Aber

deren genaue Funktionsweise bleibt uns sinnlich völlig unzu-

gänglich. Und wie ist dieser Spagat schmerzfrei möglich?

Technik muss heute vor allem eines haben: ein Gesicht. Eines,

das man versteht – und von dem man sich selbst verstanden

fühlt. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat den heutigen Zustand

dieser innigen Beziehung zwischen dem Menschen und sei-

nem Alltags-Instrumentarium einmal so beschrieben: „Die

Basismaschinen der gegenwärtigen Welt (Uhren, Autos, Com-

puter, Unterhaltungselektronik) sind fur̈ die absolute Mehrheit

der Benutzer nur glitzernde Oberflächen, deren Innenwelten

unmöglich zu betreten sind, es sei denn dilettantisch und zer-

störerisch.“ Design übernehme in dieser Beziehungskonstellati-

on nun die Aufgabe, „den dunklen Rätselkästen ein aufge-

schlossenes Äußeres“ zu geben: „Je unbegreiflicher das

Innenleben des Kastens, desto auffordernder das Kastenge-

sicht: Du und ich, wir können es miteinander.“

Wie aber schaffen es eigentlich die klassischen Uhrenmanufak-

turen – inzwischen zumeist unter den Dächern der Swatch-

Group bzw. der Luxusgüterkonzerne Richemont und der fran-

zösischen Gruppen LVMH und PPR – oder auch ambitionierte

Designer der Marken des mittleren Preissegments, den Rang

und die Würde des Kulturguts Uhr gegen günstige Apps und

Billiguhrenfluten zu verteidigen? Ganz einfach: indem sie wei-

terhin rational wie irrational faszinierende Produkte erfinden,

notfalls als Innovationsspielzeuge naiver Eliten, als ironisch-

nostalgische Zitate oder mit frappierenden Zusatzfunktionen.

TITELTHEMA

Page 8: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

8

„Unsere Zeit, welche wenigstens in der Männerkleidung das Nichtauffallen alshöchstes Gesetz respektiert, verzichtet damit auf Größeres, als sie selber weiß.“

Watchismopuro.

Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, 1860

© b

riann

a.leh

man

/ flic

kr.co

m

Die recht monotone Sachlichkeit der Männer mode verführt

fast zwangsläufig zum Ausweichen auf das Terrain der

Accessoires. Andererseits gilt aber auch das allzu selbstbewus-

ste Zurschaustellen von Schmuck nicht gerade als prestige-

steigernd. In diese Lücke stoßen daher mit anhaltendem

Erfolg die Objekte der Begierde aus den Manufakturen der oft

traditionsreichen Uhren hersteller. Hier geht es um bleibende

Werte, um stilsicheres Understatement, mindestens aber um

solide handwerkliche Qualität. Zudem hat die Armbanduhr

als Schmuck- und Kultgegenstand den unbestreitbaren

Vorteil, die sehr rationale Funktion der Zeitmessung mehr

oder weniger geschickt als Vorwand bemühen zu können.

Während die Mode und das

Design in den rebellischen

frühen Lebensjahrzehnten der

heutigen Großväter-Generation

recht einseitig dem rasanten

Tempo kettenrauchender Piloten

von Sportwagen, Motoryachten

und Überschall-Jets huldigten,

haben in den dicht besiedelteren

Lebens-Traumwelten von heute

eher entschleunigte Idole Vor-

fahrt. Vereinzelte Reminiszenzen

an das schöne, schnelle und gefährliche Leben wecken in

den westlichen Industrieländern, auf die persönlichen kon-

kreten Möglichkeiten heruntergerechnet, zumeist lediglich

amüsierte Erinnerungen an frisierte Mofas, taillierte Rollkra-

genpullover und nicht geschüttelte Martinis. Man tritt ja

auch nicht mehr auf Balkone, um Paraden oder Huldigun-

gen abzunehmen, sondern um zu rauchen.

Für Taucher und Gipfelstürmer:Uhrenlegenden am Mann.

Eines dieser Reservate scheint – dies sei im Folgenden die

These – nicht identisch, aber doch zumindest verknüpft zu

sein mit dem Markt für die hochwertige, sportliche oder

klassisch-elegante Herrenuhr. Es ist eben nie zu spät für die

eigene Helden-Zeit, am Handgelenk. Und mal ganz unter

uns: Es gibt auch wohl kaum einen ungefährlicheren, spiele-

rischeren und vielleicht tatsächlich sogar stilvolleren Zutritt

zum Heldenleben – für alle an solchen Spielen Beteiligten.

Keine Angst also! Sie wollen nur spielen…

© tw

m13

40 /

flickr.

com

„Eine Uhr sollte ästhetisch zum Körper und zum Typ desTrägers passen; das wird oft vergessen.“

Alte Uhrendesigner-Weisheit

Page 9: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Panerai Radiomir. 1936 entstanden in dem florenti-

nischen Familienunternehmen Officine Panerai die

ersten zehn Prototypen der Taucheruhr Radiomir.

Mit dieser exklusiven Entwicklung für die Königliche

Italienische Marine legte das bereits 1860 direkt an

der Arnobrücke Ponte delle Grazie gegründete Tradi-

tionshaus den Grundstein einer bis heute erfolgrei-

chen Kultmarke. Verschraubte Aufzugskronen und

Gehäuseböden machten die Uhr besonders wasser-

dicht. Zudem ließ sich das Zifferblatt auch bei

schwierigen und gefährlichen Unterwasser-Einsätzen

immer gut ablesen, da die Markierungen und Zeiger

eine im Dunkeln leuchtende Substanz aus Zinksulfat,

Mesothorium und Radiumbromid enthielten. Dieser

Mischung verdankt sich übrigens der russisch klin-

gende Name „Radiomir“, unter dem sich das Unter-

nehmen das leuchtende Pulver bereits 1916 in

Frankreich hatte patentieren lassen.

Rolex Oyster. Die „Auster“ ist auch in der Welt der

Uhren ein Sinnbild für hermetisch abgeschlossene

Gehäuse. Als erste wasser- und staubdichte Armband-

uhr wurde sie 1926 vorgestellt. Sie wurde zur Grundla-

ge für die bis heute hergestellten „Explorer“-Modelle

und trug so zum Kultstatus der Marke bei, die weltweit

als Synonym für Luxusuhren gilt. Die Oyster setzte sich

gern im Zusammenhang mit aufsehenerregenden

Höchstleistungen in Szene. Zuerst wurde sie 1927 von

der Schwimmerin Mercedes Gleitze bei ihrer – aller-

dings nach 15 Stunden abgebrochenen – Durchque-

rung des Ärmelkanals getragen. Ihren spektakulärsten

Einsatz hatte die Uhr, die seit 1931 auf Grund ihres

„Perpetual-Rotor“ Aufzugsmechanismus’ „Oyster Per-

petual“ hieß, jedoch 8848 m über dem Meeresspiegel,

bei der Erstbesteigung des Mount Everest 1953.

Edmund Hillary wusste so auf dem Gipfel die genaue

Uhrzeit – wurde aber von niemandem danach gefragt.

Sein Sherpa Tenzing Norgay trug selbst eine Rolex.

TITELTHEMA

Rolex Explorer

© d

evon

work

s.com

9

© lu

zer /

flick

r.com

Devon Works Tread 1. Für martialischere Auftritte gibt es

seit 2010 die kugelsichere Uhr für eine spezielle Zielgruppe

der US-amerikanischen Upper Class. Über ihr beängstigen-

des Format und düsteres Design hinaus empfiehlt sich die

Uhr mit ihrem mechanisch extrem komplexen, allerdings

gewöhnungsbedürftigen Konzept der Zeitanzeige auf sehr

direkte Art für den Einsatz in Action-Film-Szenen: Stunden,

Minuten und Sekunden werden auf drei Bändern aus fiber-

glasverstärktem Nylon angezeigt. Wie Filmrollen in Analog-

kameras laufen diese Bänder auf Walzen und zeigen die Zeit

in drei Fenstern an. Angetrieben wird die Uhr durch einen

Lithium- Polymer- Akku, der via Induktion aufgeladen wird.

Scott Devon, der Gründer von Devon Works in Los Angeles,

versteht seine Design-Schöpfungen, zu denen auch der

500.000-Dollar-Sportwagen Devon GTX zählt, als innovati-

ve Luxusprodukte, die den Geist Amerikas ver-

körpern. Das aktuelle Uhren-Sondermodell

„Steampunk“ mutet der angepeilten Zielgrup-

pe aus kaufkräftigen Patrioten den stolzen

Preis von 20.000 Dollar zu. Begeisterter Träger

der Uhr ist naheliegenderweise der Sänger der Steampunk-

Band „Abney Park“, Robert Brown, der das Produktimage

recht treffend definiert hat: „Sie ist ein Teil unserer Kindheit

und geht doch kraftstrotzend vorwärts.“

© char1iej / flickr.com

© S

lices

of L

ight /

flick

r.com

Page 10: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

10

© m

rjone

swat

ches

.com

Mr Jones Accurate SE. Dem allgegenwärtigen fröhlichen

Appell der Warenwelt – nutze den Tag, carpe diem, zum pro-

blemlosen Konsum – setzt der Uhren-Designer Crispin Jones

ein Uhrengesicht entgegen, das uns in jeder Sekunde zurück-

holt auf den Boden irritierender Tat sachen. „Remember: you

will die“ – denke daran, du wirst sterben! Diese ungewöhnli-

che Kundenansprache wird durch das Design-Konzept kon-

sequent unterstützt: Das abdeckende Glas über dem schlich-

ten Zifferblatt ist nicht entspiegelt, so dass der Betrachter

zusätzlich zur unfrohen, in den Zeigern ablesbaren Botschaft

in sein eigenes Gesicht blickt. Dieses Konzept ist das extrem-

ste Beispiel für Mr Jones’ Design-Philosophie: „Jeder trägt

heute ein Handy bei sich (mit digitaler Uhrzeit). So ist die

Armbanduhr befreit von ihrer rein funktionalen Rolle und

kann neue Botschaften und Verhaltensweisen vermitteln.“

Breguet. Wem die Liste prominenter Träger von Rolex-, oder

Cartier-Modellen zu hollywoodlastig und daher fast so neu-

reich wie ein Golfclub erscheint, wird sich vielleicht bei der

1775 gegründeten schweizer Traditionsmarke Breguet zu

Hause fühlen. Sie gehört inzwischen der Swatch-Gruppe an,

aber hier kann man in die Fußstapfen von Kunden wie

Ludwig XVI., Napoleon Bonaparte, Zar Alexander I. oder auch

Sir Winston Churchill treten. Sein Renommée verdankt das

Haus Breguet seinem Erfindungsreichtum. Einige der komple-

xesten Zusatzfunktionen, die sich im Fachjargon mit dem

Begriff der „Komplikationen“ schmücken

und bis heute gestandene Uhrenexperten

in kleine Kinder verwandeln, wurden hier

zuerst entwickelt. Die Minutenrepetition

und der Ewige Kalender werden der Marke

zugeschrieben, vor allem aber der Genie -

streich und i-Punkt uhrenmechanischer

Tüfteleien: das Tourbillon, eine mechanisch

aufwändige, spezielle Lagerung im

Uhrwerk, um Gang ungenauigkeiten zu

reduzieren. Warum stehen an dieser Stelle

nicht Vacheron Constantin, IWC oder

unabhängige Traditionsmarken wie

Audemars Piguet, Patek Philippe oder auch Nomos

Glashütte, sondern Breguet? Nun, Firmengründer Abraham

Louis Breguet war der leibhaftige Vater der Armbanduhr. Das

erste, von ihm persönlich hergestellte Exemplar trug ab 1812

eine Frau, die damalige Königin von Neapel, Caroline Murat.

© S

hiny

Thing

s / f

lickr.

com

„Ein Hauch von James Bond, aber für die ganze Familie.“ –Die Limmex Notruf-Uhr.

Sicherheit am Handgelenk.

Das junge schweizer Startup-Unternehmen Limmex

zeigt, wie existenzielle Effekte in ganz anderer, näm-

lich ausdrücklich beruhigender Weise mit dem Kult-

produkt Armbanduhr verknüpft werden können. Wir

alle kennen Uhren als monologische Medien, mit

einer exakten und dezidierten, aber einseitigen Kom-

munikation. Zugleich überlässt uns unser Zeitmesser

am Handgelenk mit seiner Botschaft uns selbst. Er

lässt uns damit allein. Wie sollte eine Uhr sich auch

anders verhalten? Nun, die Limmex-Modelle überra-

schen hier mit einer besonderen, extrem uhrenunty-

pischen Funktionalität – und dies gerade in Situatio-

nen, in denen es ernst wird, ganz nach dem Motto:

„Uhren kennen keine Angst, keine Ungeduld und kei-

nen Schmerz. Aber meine tut wenigstens etwas.“

Mit nur einem Druck auf die Krone der Uhr verwan-

delt sich die Limmex-Uhr in ein Notruf-Handy, das

automatisch mit zuvor programmierten Rufnummern

von Kontaktpersonen verbindet und so Hilfe organi-

sieren hilft. In Kooperation mit dem Deutschen Roten

Kreuz wird auch die Aufschaltung auf 365 Tage und

24 Stunden besetzte professionelle DRK-Notruf-

zentralen angeboten.

© lim

mex

.com

Page 11: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

11

Diskrete Notfallvorsorge für Alt & Jung.

Mit der Limmex-Uhr werden gleich mehrere Probleme

mobiler Notrufgeräte auf einmal gelöst: Eine Armbanduhr

gehört – wie die Brille oder der Ehering – zu den wenigen

Gegenständen, die ganz gewohnheitsmäßig täglich direkt

am Körper getragen werden. Sie ist also immer in Reich-

weite – und man lässt sie auch kaum versehentlich irgend-

wo liegen. Vor allem aber sieht man ihr ihre Notruffunktion

überhaupt nicht an. Kein Limmex-Kunde outet sich daher

als ängstlich, krank, schwach und hilfebedürftig – oder gar

als alt. Er kann sich an einer Uhr erfreuen, die sich gut

sehen lassen kann. Und gemeinsam mit den Menschen,

denen er wichtig ist, kann er das gute Gefühl auskosten, im

Notfall nicht allein zu sein. Darüber hinaus kann die

gesamte Familie mit dieser Lösung ausgestattet werden:

Die Limmex-Modellpalette umfasst verschiedene Damen-,

Herren- und Kindermodelle.

Internationale Auszeichnungen.

Das Beispiel Limmex zeigt, dass die gute, alte Armbanduhr

auch in Zeiten von Atomzeit-Apps und iWatch als innovatives

Produkt mit neuen Funktionen, die am Markt einen konkret

vorhandenen Bedarf abdecken, weiterhin Erfolgsgeschichten

schreiben kann. Zuletzt errang das Unternehmen aus Zürich

den international renommierten red dot award. Schon zuvor

hatten sich die Schweizer auf der weltgrößten Messe der

Mobilfunkindustrie, dem Mobile World Congress 2013 in Bar-

celona, gegen über 200 Innovationsunternehmen durchge-

setzt und den Hauptpreis des „M2M-Challenge“ gewonnen.

Ihr Produkt hat damit auf dem Weg zum Erfolg in einem der

stärksten Wachstumsmärkte, dem Maschine-to-Maschine

Bereich der Telekommunikation, einen wichtigen Schritt

getan – und das, wohlgemerkt, als Armbanduhr.

Weitere Infos: www.limmex.com

Page 12: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

12

Das Rote Kreuz steht – auch unter den Zeichen des Roten

Halbmonds und des Roten Kristalls – für eine zugleich

großartige wie prekäre Aufgabe: dem von Menschen an

Menschen verursachten Leid etwas entgegenzusetzen.

150 Jahre nach ihrer Gründung muss die Organisation

weltweit gewissermaßen permanent den handgreiflichen

Beweis der Unhintergehbarkeit und Unzerstörbarkeit

humaner Grundwerte liefern. Das einzige Kriterium für Pri-

oritäten bei der Hilfeleistung ist das Maß der individuellen

Not. So handelt das Rote Kreuz in seiner Arbeit in Kriegs-

und Krisensituationen streng nach dem Grundsatz, dass

jedes Menschenleben gleich viel Wert hat. Und es tut dies

in existentieller Konsequenz: wenn es auf dem Spiel steht.

An der Spitze des Internationalen Komitees vom Roten

Kreuz (IKRK) mit Sitz in Genf steht seit dem 1. Juli 2012

Peter Maurer. Der promovierte Schweizer Diplomat

und ehemalige Leiter der Politischen Abteilung für

Frieden, Menschenrechte, Humanitäre Politik und

Migration im Schweizer Außenministerium führte

bereits sechs Jahre lang die Schweizer Ständige Missi-

on bei den Vereinten Nationen in New York und

bekleidete zuletzt den Rang eines Staatssekretärs.

GUT LEBEN nutzte gern die Gelegenheit, vom 1956 in

Thun geborenen Vater zweier Töchter im Jubiläums-

jahr der internationalen „Rotkreuzfamilie“ einmal

seine persönliche Sicht vor allem auf die Gegenwart

und die Zukunft der größten humanitären Organisa-

tion und vielleicht bekanntesten Marke der Welt ken-

nenzulernen. Die Fragen stellten Klaus Vatter und

Ralph Hoffert.

INTERVIEW

© In

tern

ation

al Co

mm

ittee

of t

he R

ed C

ross

(ICR

C) /

flickr.

com

Das GUT LEBEN Interview mit IKRK-Präsident Dr. Peter Maurer.

150 JAHRE ROTES KREUZ.

Page 13: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

und diese Unbeirrbarkeit schlägt sich in konkreten Erfolgen nie-

der: Trotz aller Schwierigkeiten, überhaupt Zugang zu bestimm-

ten Regionen zu erlangen, konnten wir in Syrien im letzten Jahr

Chemikalien-Lieferungen an Wasserversorgungsanlagen durch-

führen, von denen das saubere Trinkwasser für 12,5 Millionen

Menschen abhängt. Weitere 3,8 Millionen Menschen haben wir

direkt mit sauberem Wasser versorgt und 1,5 Millionen Menschen

mit Lebensmitteln.

Die Gesamtsicht bestätigt diese Erfolge. Das IKRK übt seine huma-

nitäre Arbeit in über 90 Ländern aus, besonders in Ländern, die

von bewaffneten Konflikten oder anderer Gewalt heimgesucht

werden: von Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo,

dem Jemen, Mali, Somalia und dem Sudan bis hin zu Syrien.

Allein im letzten Jahr konnten wir Nahrungsmittel, Wasser und

medizinische Versorgung für Millionen von Menschen bereitstel-

len und haben mehr als eine halbe Million Gefangene aufgesucht.

Obwohl sich alles natürlich immer noch verbessern lässt, glaube

ich, dass wir diese Zahlen als Erfolg betrachten können.

GUT LEBEN: Spätestens seit den 1990er Jahren verzeichnen wir

eine von höchst unübersichtlichenen, nicht erklärten Kriegen bzw.

Bürgerkriegen geprägte globale Sicherheitslage. Wirtschaftliche,

religiöse, ethnische oder auch terroristische und kriminelle Motive

durchdringen wild wuchernde Konflikte, in denen das Spektrum

der „Akteure“ von barfüßigen Kindersoldaten über Selbstmordat-

tentäter bis zur „intelligenten“ High-Tech-Drohne reicht. Sehen

13

GUT LEBEN: Rotkreuz-Helfer in Kriegs- und Krisen-

gebieten sind oft mit den Folgen eines abgrundtie-

fen Scheiterns von Humanität konfrontiert. Im

schlimmsten Fall erfahren sie dies selbst als Bedrohte

oder als Opfer sogar am eigenen Leibe. Herr Dr.

Maurer, wie schaffen Sie es angesichts solch

schmerzlicher Erfahrungen persönlich dennoch,

Optimist zu bleiben – was Sie, wie man weiß, durch-

aus für sich reklamieren? Und wieviel Zweckoptimis-

mus ist dabei im Spiel?

Dr. Peter Maurer: Humanitäre Arbeit lässt sich

nicht durchführen, ohne auf Zwangslagen zu

stoßen. Die Sicherheit unseres Personals im

Außeneinsatz ist tatsächlich ein wichtiges Anliegen.

Dies muss immer gegen die Notwendigkeit abge-

wogen werden, nah an den Menschen zu bleiben,

denen wir vor Ort helfen. Leider gibt es Fälle, in

denen wir die schwierige Entscheidung treffen

müssen, unsere Arbeit auszusetzen – wenn alterna-

tiv die Gesundheit oder sogar das Leben unserer

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet würde.

Ich bin Optimist, weil ich denke, dass wir sogar in

den schwierigsten Situationen immer pragmati-

sche, innovative, aber dennoch prinzipientreue

Lösungen gefunden haben. Mein Optimismus wird

durch die Erfolge des IKRK bekräftigt.

Angesichts der Sicherheitslage in Syrien oder in

Mali, um zwei aktuelle Beispiele zu nennen, muss

unser Personal bei dem Versuch, jede Möglichkeit

zur Hilfeleistung zu nutzen, fortwährend die Risiken

im Auge behalten. Es ist eine tägliche Herausforde-

rung, die richtige Balance zu finden: zwischen dem

Schutz unserer IKRK-Kräfte und unserem Bestreben,

auch gerade die am stärksten von Gewalt betroffe-

nen Regionen zu erreichen. Als unabhängige Orga-

nisation verlassen wir uns auf unsere eigenen

Mechanismen zur Analyse der Situation vor Ort

und, wenn nötig, zur Anpassung unserer huma-

nitären Maßnahmen und personellen Präsenz.

Eine weitere Quelle meines Optimismus’ entspringt

der großen Motivation unserer Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter, ihrem Engagement, etwas zu

bewegen. Es sind Menschen, die fest entschlossen

agieren, trotz der schwierigen Aufgabe. Sie dehnen

die Grenzen des Machbaren jeden Tag etwas weiter,

© W

orld

Eco

nom

ic Fo

rum

/ flic

kr.co

m

Page 14: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Sie da überhaupt noch realistische Chancen auf eine umfas-

sende Befriedung unseres Planeten?

Dr. Peter Maurer: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich

das Gesicht bewaffneter Konflikte dramatisch gewandelt.

Diese Veränderungen betreffen jede Facette der Auseinander-

setzungen: die beteiligten Fraktionen, die Begrenzung der

Schlachtfelder, die Mittel und Methoden der Kriegsführung.

Darüber hinaus hat das Wesen der heutigen Krisen – beson-

ders ihre Vielschichtigkeit – die Debatte über humanitäres Han-

deln wiederaufleben lassen. Wir beobachten eine zunehmende

Fragmentierung bewaffneter Gruppierungen und den negati-

ven Einfluss solcher Entwicklungen auf die Sicherheit der

humanitären Helfer. Die Frontverläufe sind unscharf, verwan-

deln zivile Gegenden in Kriegsgebiete und bringen das „nor-

male“ Leben und seine Grundlagen zum Erliegen. Selbstmor-

danschläge und unkonventionelle Sprengsätze, aber auch die

Verwendung neuer Technologien wie die Kriegsführung im

Cyberspace oder unbemannte Drohnen, stellen das Internatio-

nale Völkerrecht auf die Probe, besonders seine Grundprinzipi-

en wie Unterscheidung – zwischen Kombattanten und Nicht-

Kombattanten –, Verhältnismäßigkeit und Vorsorge. Das alles

hat Einfluss auf die Bedingungen, unter denen das IKRK und

anderer humanitärer Organisationen vor Ort agieren.

Die Herausforderung ist nach wie vor, den Respekt vor dem

Internationalen Völkerrecht bei allen Beteiligten an bewaffne-

ten Konflikten zu stärken, seien dies Staaten oder nicht-

staatliche Gruppen. Aus meiner Sicht können wir nur

durch die Ausweitung des Respekts vor dem Gesetz und

den Prinzipien des Völkerrechts, durch das Bereitstellen

konkreter Hilfe und durch den generellen Ausbau huma-

nitärer Anstrengungen die Bedingungen dafür schaffen,

dass sich tragfähige friedliche Lösungen langfristig durch-

setzen. Humanitärer Einsatz, Gesetze und Prinzipien blei-

ben die Voraussetzungen für mehr Frieden.

GUT LEBEN: Gibt es auch seitens des IKRK "präventive"

Interventionen in Form von Projekten, die auf die Verhin-

derung von Opfern ausgerichtet sind?

Dr. Peter Maurer: Zusammen mit Schutz, Unterstützung

und Zusammenarbeit ist die Prävention eine zentrale

Komponente der Arbeit des IKRK. Sie bildet einen der vier

vom IKRK ausgearbeiteten Ansätze zum Erreichen seines

übergeordneten und grundsätzlichen Ziels: dem Sichern

der Achtung des Lebens, der Würde und der körperlichen

und geistigen Unversehrtheit von Menschen, die unter

den Folgen von bewaffneten Konflikten und anderer

Gewalt leiden.

Unser Ansatz ist mittel- bis langfristig ausgelegt und zielt

darauf ab, Leiden durch die Einwirkung auf diejenigen zu

verhindern, die direkten oder indirekten Einfluss auf das

© In

tern

ation

al Co

mm

ittee

of t

he R

ed C

ross

(ICR

C) /

flickr.

com

PeterMaurer beieinemBesuch inSyrien imSeptember2012

14

Page 15: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

INTERVIEW

15

Schicksal der Betroffenen haben und/oder Einfluss zugunsten

des IKRK ausüben können, damit dieses Zugang zu den Betrof-

fenen erhält und in ihrem Sinne handeln kann. Prävention

bedeutet insbesondere die Vermittlung, Entwicklung und Klar-

stellung des Internationalen Völkerrechts sowie die Förderung

der Umsetzung der mit ihm verbundenen Gesetzeswerke und

der Akzeptanz der IKRK-Arbeit. So unterstützt das IKRK die

Armeen verschiedener Staaten – zum Beispiel der Demokrati-

schen Republik Kongo – bei der Ausbildung ihrer Truppen in

Fragen des Internationalen Völkerrechts.

GUT LEBEN: In Deutschland ist das Rote Kreuz auch als Marke

für Sozial- und Wohlfahrtsarbeit etabliert, als Helfer und Anwalt

für sozial benachteiligte Menschen und als professioneller

sozialer Dienstleister, der mit seinen Angeboten nicht zuletzt

Lebensqualität sichert. Es geht dabei also nicht nur um reine

Nothilfe, sondern darüberhinaus um eine gestaltende und

sicher nicht immer gänzlich „unpolitische“ soziale Anwalts-

funktion. Eine große Rolle spielt dabei die Verteidigung und

Stärkung der Würde des Individuums, verstanden als sein

Recht, über das eigene Leben – etwa als alter Mensch – selbst

zu bestimmen. Würden Sie auch diese Aufgabenstellungen

aus Ihrer Sicht genauso auf die Rotkreuzgrundsätze beziehen

wie die weltweiten Aktivitäten der internationalen Rotkreuz-

und Rothalbmondbewegung? Ist das eher ein westlich

geprägtes und verortetes Luxusproblem? Oder andersherum:

Wie würden Sie das verbindende Element, also den Identitäts-

kern und somit die zentrale Antriebskraft des Rotkreuz-Engage-

ments von Syrien bis Sylt, von der deutschen Fußball-Bun-

desliga-Arena bis Guantánamo definieren? Gibt es dabei

wirklich ein alle Kulturen überschreitendes, verbindendes Ele-

ment?

Dr. Peter Maurer: Das IKRK, die Nationalen Gesellschaften

auf der ganzen Welt und die Internationale Föderation der

Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften sind Teil des

größten humanitären Netzwerks auf unserem Planeten. Jeder

Teil hat seine eigene rechtliche Form und Rolle, aber alle sind

durch sieben grundlegende Prinzipien vereint: Menschlich-

keit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwillig-

keit, Einheit und Universalität. Jeder Teil der Rotkreuz- und

Rothalbmond-Bewegung ist zur Aufrechterhaltung dieser

Prinzipien verpflichtet. Gleichzeitig ist es legitim, dass jede

Nationale Gesellschaft diese Grundsätze in ihrem eigenen

spezifischen Kontext definiert. Dieser Kontext kann von Land

zu Land sehr unterschiedlich sein. Es ist eine große Stärke des

IKRK und der Nationalen Gesellschaften, dass wir gleichzeitig

prinzipientreu und kontextorientiert arbeiten können.

In unseren Augen spiegeln alle Maßnahmen der westlichen

Nationalen Gesellschaften zum Schutz und zur Stärkung der

individuellen Würde – wie zum Beispiel Maßnahmen zur För-

derung des Rechts älterer Menschen auf ein selbstbestimm-

tes Leben – die Grundwerte und gemeinsamen Ziele der

Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung voll-

ständig wider. Der Hauptunterschied zwischen dem Mandat

des IKRK und dem der Nationalen Gesellschaften (wie dem

Deutschen Roten Kreuz) ist, dass letztere im humanitären

Bereich als zivilgesellschaftliche Kraft und Partner der jeweili-

gen nationalen Regierungen fungieren – in Deutschland in

der Rolle eines Spitzenverbandes der Wohlfahrtspflege. Sie

stellen eine Reihe von Diensten zur Verfügung, einschließlich

Katastrophenschutz sowie Gesundheits- und Sozialprogram-

me, in Kriegs- wie in Friedenszeiten.

Die ausschließlich humanitäre Mission des IKRK hingegen ist

der Schutz des Lebens und der Würde von Opfern bewaffne-

ter Konflikte oder anderer Gewalt, sowie deren Unterstüt-

zung. Das IKRK bemüht sich, wo immer dies möglich ist, um

die Entwicklung und Fortsetzung einer engen Beziehung mit

Nationalen Gesellschaften vor Ort. So arbeiten wir beispiels-

weise in Syrien eng mit dem Syrisch-Arabischen Roten Halb-

mond daran, den Zugang zu den hilfebedürftigen Menschen

in den am schlimmsten betroffenen Teilen des Landes zu ver-

bessern. Solche wechselseitigen Beziehungen sind heute aus-

schlaggebender als jemals zuvor. Sie zeigen, dass ein neutraler

Peter Maurer mit einem Flüchtling in Mali.

© In

tern

ation

al Co

mm

ittee

of t

he R

ed C

ross

(ICR

C) /

flickr.

com

Page 16: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

16

kann, dann erwägen wir auch eine öffentliche Stellun-

gnahme. Diese Vorgehensweise ist aber eher die Ausnah-

me als die Regel.

Als Präsident des IKRK kann ich es mir nicht länger her-

ausnehmen, nicht neutral zu sein und Partei zu ergreifen.

Als Privatperson mag ich klare Ansichten zu Konflikten,

Konfliktparteien, Friedensbemühungen oder zur Tages-

politik haben. Diese Meinungen müssen aber, mitsamt

dem Weg meiner persönlichen Meinungsbildung, aus

gutem Grund absolut privat bleiben.

GUT LEBEN:Wie "schweizerisch" ist das programmatisch

nicht-nationale IKRK?

Dr. Peter Maurer: Das IKRK wurde in der Schweiz

gegründet, ist aber sehr international ausgerichtet. Was

die Nationalitäten unseres Personals angeht, wird das

IKRK jeden Tag etwas weniger „schweizerisch“. 2012

wurden von 7.500 Bewerbern 367 eingestellt – über 80%

der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem

Genfer Hauptquartier sind keine Schweizer. Die Kultur

unserer Organisation bleibt allerdings sehr schweizerisch.

Wir haben feste Werte wie Neutralität und Unparteilich-

keit, und diese sind in der Schweiz auch in Staat und

Gesellschaft tief verwurzelt. Die Schweizer haben eine

starke Vorliebe für Maßnahmen, die kontextbasiert und

pragmatisch sind und vom Konsens einer breiten Öffent-

lichkeit getragen werden. Diese Neigung spiegelt sich

auch in der politischen Kultur wider. In diesem Sinne ist

das IKRK „der wahrscheinlich internationalste Ausdruck

des Schweizertums“. (lacht)

GUT LEBEN: Das Zeichen des roten Kreuzes auf weißem

Grund wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. Wie alt oder wie

jung, wie traditionsbewusst und wie innovativ und

zukunftsfähig ist das Rote Kreuz 2013 – als Idee, als Orga-

nisation und als Marke?

Dr. Peter Maurer: Das IKRK hat als kleine Organisation

angefangen, gegründet von fünf Schweizern. 150 Jahre

später führt es seine humanitären Einsätze in 92 Ländern

durch und beschäftigt fast 13.000 Männer und Frauen

mit 146 Nationalitäten. Es arbeitet eng mit den Nationa-

len Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften in 188

Ländern und deren Millionen Freiwilligen zusammen.

Heute ist die Welt ganz anders als vor 150 Jahren, aber

weil das IKRK stets pragmatische, flexible und zeitnahe

und unparteiischer humanitärer Ansatz auch unter extremen

Bedingungen Leben retten kann. Ich möchte die Gelegenheit

nutzen, den freiwilligen Helferinnen und Helfern des Syrisch-

Arabischen Roten Halbmonds meine Anerkennung auszuspre-

chen für den großen Mut, den sie seit dem Ausbruch der

Gewalt in ihrem Land gezeigt haben. Sie riskieren ihr Leben für

etwas, das lebenswichtig ist.

GUT LEBEN: Ist Neutralität für Sie ein Segen, ein Fluch – oder

einfach eine Methode, Mittel zum Zweck? Wann war Dr. Peter

Maurer, der heutige Präsident des IKRK, in seinem Leben

zuletzt einmal richtig aus vollem Herzen "parteilich"?

Dr. Peter Maurer: Einfach gesagt: Neutralität ist für unsere

Arbeit unerlässlich. Sie ist das, was unseren Gesandten oftmals

Gefängnistüren öffnet, was unseren Hilfskonvois unter den

Symbolen unserer Bewegung den Zugang zu Konfliktgebieten

erlaubt und Angriffe auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbei-

ter in Ländern verhindert, die sich im Krieg oder in kriegsähnli-

chen Situationen befinden.

Neutralität hat zwei Seiten. Die erste, militärische Neutralität,

besteht darin, sich in Kampfhandlungen auf keine Seite zu stel-

len und nichts zu tun, was die Durchführung von Kampfhand-

lungen einer der beteiligten Parteien erleichtern könnte. Eine

Verletzung dieser Neutralität, sagen wir etwa durch das Ver-

stecken von Waffen in einem Krankenhaus oder den Transport

von einsatzfähigen Soldaten in einem Ambulanzwagen, könn-

te die im Völkerrecht enthaltenen Schutzregelungen ernsthaft

schwächen. Die zweite Seite, ideologische Neutralität, besteht

darin, jederzeit außerhalb von poltischen, religiösen oder

anderen Kontroversen zu stehen, in denen das Rote Kreuz

oder der Rote Halbmond das Vertrauen eines Teils der Bevölke-

rung und damit seine Handlungsfähigkeit verlieren könnte.

Neutralität wird manchmal als Mangel an Engagement oder

Mut gesehen. Einige Leute sind über unsere Neutralität sogar

empört. Nichtsdestotrotz können wir nur durch beständige

Anwendung des Neutralitätsprinzips entgegen allen Schwie-

rigkeiten weiterhin umfassendes Vertrauen genießen und so

die Möglichkeit erhalten, unsere Hilfsmaßnahmen gerade in

solchen Konfliktsituationen durchzuführen, in denen auf allen

Seiten leicht Misstrauen aufkommen kann.

Wenn wir allerdings wiederholt schwere Brüche des Interna-

tionalen Völkerrechts beobachten und unsere vertraulichen

Einsprüche keine Wirkung erzielen, und wenn wir zu dem

Urteil kommen, dass man den Opfern nur durch eine Bitte

um Unterstützung der internationalen Gemeinschaft helfen

Der Sitz des IKRK in Genf.

© iz

ahor

sky

/ flic

kr.co

m

Page 17: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Antworten auf die Nöte der Zivilisten, der Kranken und Ver-

wundeten findet, konnte es auch die Entwicklungen der ver-

gangenen Jahrzehnte bewältigen. Die Idee des Roten Kreuzes

bleibt modern und passt gut mit den Realitäten der Gegen-

wart zusammen. Mit Blick auf die Zukunft stehen gleichwohl

eine Reihe von Herausforderungen bevor – sie sind ja bereits

angeklungen:

Eine erste große Herausforderung bleibt es, Zugang zu hilfebe-

dürftigen Menschen zu erlangen. Wir bemühen uns, so nah

wie möglich bei ihnen zu sein, um ihre Bedürfnisse zu verste-

hen und entsprechend zu handeln.

Die Achtung des Internationalen Völkerrechts voranzubringen

ist eine weitere Herausforderung. Der Hauptgrund für Leid in

bewaffneten Konflikten ist weiterhin das Versagen bei der Ein-

haltung der Regeln des Internationalen Völkerrechts, das ja

gerade zum Schutz der Menschen geschaffen wurde, die an

Kampfhandlungen nicht teilnehmen. Schon die ganz einfache

Unterscheidung zwischen Kämpfenden und Nicht-Kämpfen-

den wird viel zu oft nicht getroffen, mit katastrophalen Auswir-

kungen für die Zivilbevölkerung.

Eine dritte Aufgabe ist, den von Gewalt betroffenen Menschen

und Gemeinschaften die Fähigkeit zur Veränderung des eige-

nen Lebens zu geben. Dies können wir nur dadurch, dass wir

uns ihre Sorgen anhören, ihre Prioritäten verstehen und die

Situation vor Ort sorgfältig in Betracht ziehen. Wir müssen die

Leute und Gemeinschaften, denen wir helfen möchten, als

„Partner auf Augenhöhe“ einbeziehen und ihre Fähigkeit zur

Überwindung zukünftiger Krisen verbessern.

Die letzte Herausforderung – eine der größten – besteht darin,

unsere Bemühungen mit den Aktivitäten unserer Partner

© In

tern

ation

al Co

mm

ittee

of t

he R

ed C

ross

(ICR

C) /

flickr.

com

17

innerhalb der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-

bewegung, aber auch in anderen Organisationen, deren

Zahl stetig ansteigt – abzustimmen. Die Vielfalt der huma-

nitären Initiativen sollte es ermöglichen, im Ergebnis den hil-

febedürftigen Menschen besser zu helfen.

GUT LEBEN: Herr Dr. Maurer, können Sie sich an eine Situati-

on erinnern, in der Sie zum ersten Mal bewusst über Tod und

Endlichkeit, somit auch über das Altern, nachgedacht haben?

Und haben Sie für Ihr drittes und viertes Lebensalter heute

bereits Pläne, Ziele, Bilder – oder auch Vorbilder?

Dr. Peter Maurer: Ich erinnere mich nicht an bestimmte

konkrete Ereignisse, welche mir Grenzerfahrung und Endlich-

keit bewusst gemacht hätten. Ich denke, das war eher ein

langfristiger Prozess der kleinen Schritte. Ich bin heute ein

stark im Diesseits verankerter Mensch, der die Endlichkeit des

Seins als täglichen Ansporn nimmt, sich für ein besseres

Leben für möglichst viele einzusetzen. Ich erachte meine

Tätigkeit für das IKRK als eine grosse Chance und ein Privileg,

diese Überzeugung und dieses Engagement zu leben. Was

nachher kommt, ist offen, wie die Zukunft überhaupt. Aber

ich werde wohl, solange dies möglich ist, in meinem Leben

tun, was ich seit meinem Jugendalter tue und als Student,

Diplomat und jetzt als IKRK-Präsident mache und gemacht

habe: mich mit internationalen und globalen Fragen in ihren

vielschichtigen Dimensionen auseinandersetzen, Lösungen

für Probleme suchen und Einfluss nehmen, diese Lösungen

konkretisieren und umsetzen – so dass tatsächlich verbessert

wird, was verbessert werden kann und muss.

INTERVIEW

Page 18: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Produkte, die nicht nur gut aussehen, sondern das Leben erleichtern.

18

Ergo Gießkanne Gartenarbeit auf die leichte Art.

Für GUT LEBEN stellt Mathias Knigge vom Bürograuwert besonders intelligente Produkte vor, diedas Leben leichter machen und dabei noch gut aus-sehen. Schickes Design und hohe Bedienungsfreund-lichkeit schließen sich nicht aus und sind dadurchfür junge und ältere Menschen attraktiv.Das Hamburger Büro grauwert berät Unternehmenbei der Entwicklung solcher Lösungen. Es informiertüber die Wünsche und Bedürfnisse älterer Verbrau-cher, deckt Schwachstellen durch Nutzertests aufund gestaltet neue Konzepte für demografiefesteLösungen.

Die Ergo Can

Damit die Gartenarbeit in den warmen Jahreszeitenetwas weniger Mühe macht, wurde diese ergonomi-sche Gießkanne entwickelt. Ein zweiter beweglicherGriff ermöglicht das rückenschonende Gießen mitbeiden Händen. Zuerst etwas ungewohnt, aber späte-stens beim der zweiten Füllung will man diese Erleich-terung nicht missen. Auch beim Befüllen wird klar,dass hier mitgedacht wurde: die etwas versetzte Füll-Öffnung vermeidet das Verspritzen vom Wasser. Amspannendsten ist aber der fest montierte Gießkopf,der nicht abfallen kann. Mit einem einfachen Drehkann von "Brause" auf "Strahl" umgestellt werden. EinGartengerät, das in jedem Alter richtig überzeugt.Und regenfreie Tage machen so doppelt Spaß…

Hersteller/Vertrieb: fiskars® www.fiskars.de

Designer:fiskars®

DESIGN FÜR ALLE

Page 19: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Lange gut leben.Hausnotruf.Mobilruf.

Menü-Service.Ambulante Pflege.Pflegekurse fürAngehörige. Teilstationäre Pflege.Stationäre Pflege.Gesundheitsförderung.

Bewegungsprogramme.Ehrenamt.

Und vieles mehr!

Infos bundesweit und kostenfrei:

08000 365 000

Page 20: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Das Europäische Parlament

Die erste Uhr des Straßburger Münsters. Die Dreikönigsuhr

STRASBOURG.

20Théatre National Strasbourg

© geoterranaute / flickr.com

© J

oche

n La

ier /

flickr.

com

© p

andr

cutts

/flic

kr.co

m

Eine französisch-deutsche elsässisch-europäische Stadt.

Strasbourg/Straßburg. Beginnen wir mit demersten Merkmal dieser Stadt, ihrer Dreisprachig-keit. Neben den beiden Landessprachen, demFranzösischen und dem Elsässischen Dialekt, istdas Deutsche nicht nur aus bekanntermaßenverwickelten historischen Gründen, sondern ein-fach auch auf Grund der Lage als Grenzstadtnach wie vor präsent. Das spezielle Verhältniszwischen Frankreich und Deutschland kann hiernicht umfassend behandelt werden. Zwei Hin-weise – ein pathetischer und ein eher elsässisch-deftiger – mögen an dieser Stelle ausreichen:

Erstens: Das Monument aux morts, ein Mahnmalfür die Toten des 1. Weltkriegs, zeigt die MutterElsass in Trauer um ihre beiden Söhne, einenfranzösischen und einen deutschen Gefallenen.

Zweitens: Der Straßburger Künstler, Autor, Grafi-ker und Satiriker Tomi Ungerer sieht die Sacheironisch, aber unverblümt: „Das Elsass ist wie eineToilette in der Mitte Europas. Immer besetzt.“

Ihre gerade gut 270.000 Einwohner und ihre Randlage innerhalb Frankreichs

weisen diese Stadt nicht gerade als europäische Metropole aus. Als Reiseziel

steht Straßburg für sein Münster und die mittelalterliche, seit 1988 zum

UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Fachwerkidylle der von zwei Armen der Ill

umflossenen Altstadt, der Grande Île (Großen Insel). Die weithin gerühmte

Gastronomie („französische Qualität bei deutschen Portionen“) und die Elsässer

Weinkultur bilden weitere traditionelle Anziehungspunkte. Hinzu kommt aller-

dings das „Europaviertel“. Als Sitz des Europäischen Parlaments, des Europarats

und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte besitzt Straßburg gewis-

sermaßen automatisch einen „Metropolen-Sonderausweis“. Man kann natür-

lich schon allein aus diesen Gründen nach Straßburg fahren. Aber das Straß-

burg des Jahres 2013 zeigt eine Fülle weiterer Facetten, die im Zusammenspiel

einen Modellfall für lebendige europäische Urbanität bilden. Hier treten nicht

nur historische Architekturepochen aus gut tausend Jahren in Beziehung mit fri-

schen Gebäude- und Stadtkonzepten des 21. Jahrhunderts. Hier hat die Vision

eines nachhaltigen Stadtentwicklungsmodells Form angenommen. Ob in ihren

universitären Bildungsangeboten, ihrer Multikulturalität oder ihren smarten,

klimaschonenden Verkehrskonzepten: Diese Stadt strahlt Vielfalt und Zukunft

aus, ohne dabei ihre Gelassenheit zu verlieren.

© C

aroli

ne d

e Fr

ancq

uevil

le / f

lickr.

com

UNTERWEGS

Page 21: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

21

Das historische Gerberviertel: ein Fachwerkensemblewie aus dem Bilderbuch

Futuristische gläserne Straßenbahn in alten Gassen –Markenzeichen einer innovativen und klimafreundlichen Zukunft

© D

rum

aboy

/ flic

kr.co

m

© te

claso

rg /

flickr.

com

Gutenberg, ARTE und Islamische Finanzwirtschaft.

Ihre kosmopolitischen Qualitäten stellt die Stadt an Ill undRhein auch als Medien-, Kultur- und Bildungsstandort unterBeweis. Traditionsbewusstsein und Mut zur Innovation fal-len hierbei gemeinsam auf fruchtbaren Boden. Nachdemschon Gutenberg während seiner Straßburg-Aufenthaltezwischen 1434 und 1444 hier die erste deutschsprachigeBibel gedruckt hatte, entstand in Straßburg 1605 die ersteZeitung der Welt – in deutscher Sprache unter dem Titel„Relation“. Ihr Verleger, Johann Carolus, gilt als der ersteprofessionelle „Nachrichtenhändler“. Mit der Etablierungdes Hauptsitzes des deutsch-französischen KultursendersARTE hat das historische Erbe in der Gegenwart einen viel-beachteten neuen Ausdruck gefunden.

Zu den bekannten Highlights eines Straßburgbesuchsgehören das Museum für Archäologie, Kunstgewerbeund Schöne Künste im barocken Palais Rohan (u.a. mitWerken von Giotto, Raffael, Watteau und Delacroix); dasMusée de l’Œvre Notre-Dame (ehemals Dombauhütte);das Historische Museum (im restaurierten Schlachthausaus dem 16. Jh., der „Großen Metzig“); das ElsässischeMuseum (in einem fast monumentalen, aber gemütlichenFachwerkensemble) und das der Kunst von 1870 bis heutegewidmete Museum für moderne und zeitgenössischeKunst (in einem beeindruckenden Gebäude des Architek-ten Adrien Fainsilber, eröffnet 1998, u.a. mit Werken vonRodin, Monet, Gauguin, Picasso, Magritte, Kandinski undvor allem des Straßburgers Hans bzw. Jean Arp!).

Aber auch ein Blick auf die aktuelle Straßburger Kultur lohntsich: Hier locken die Künstlerateliers im Rheinhafen, diedockartige Malraux-Halbinsel („Prèsqu’île Malraux“) mitder neuen Mediathèque und der Cité de la Musique etDanse, neue Gruppen, die sich für das Prinzip „Kunst undKultur auf der Straße“ engagieren sowie eine Kneipen-,Club- und Multikulti-Szene, in der sich Studenten,Kostümträgerinnen und Krawattenträger in europäischenDiensten mit afrikanischen und arabischen Einwanderern,Touristen und Straßburger (Lebens-)künstlern mischen.

Ach ja, und zwei weitere Institutionen sollen nichtvergessen werden: das dem bereits zitiertenStraßburger Weltbürger bereits zu Lebzeitengewidmete Musée Tomi Ungerer – und natürlichdas Théatre National Strasbourg, das einzigefranzösische Staatstheater außerhalb von Paris!

Die Uni Straßburg („Unistra“= „Université uniquede Strasbourg“) stellt mit ihren 42.000 Studieren-den und 5.200 Beschäftigten sowie ihrem Arealim Osten des Stadtzentrums der „Europastadt“einen weiteren eigenständigen urbanen Akzentzur Seite. Auch in der Wissenschaft zeigt sich dieElsassmetropole weltoffen: Die „Unistra“ ist nichtnur die einzige staatliche französische Universität,an der es eine katholische und eine protestant-sche theologische Fakultät gibt – seit 2013 wer-den an einer privaten Islamischen Fakultät auchImame ausgebildet. Damit nicht genug: Bereitsseit 2009 wird an der „Unistra“ der Masterab-schluss Islamische Finanzen erworben, von jun-gen Bankerinnen und Bankern, die in Zukunftweltweit scharia-gerechte Finanzprodukte ent-wickeln: Zinsen sind dabei übrigens verboten,ebenso wie Investitionen in Waffen oder Alkohol.

Mit dem Vélo zur Winstub.

Die Stadt mit der zweitgrößten Gastronomiedich-te in Frankreich lädt mit ihren oft mächtigen Her-ausforderungen an die Gäste – wie mit dem„Choucroute“, der elsässischen Version des Sauer-krauts mit viel Fleisch, dem deftigen Eintopf„Baeckeoffe“, Leberknödeln oder Zwiebel- undFlammkuchen – nicht gerade zur figürlichen Opti-mierung ein. Einen Ausgleich oder ein Argumentzum Kleinreden dieses Sachverhalts bietet dieFahrradkultur Straßburgs. 450 km Radwege undder vorbildlich organisierte Fahrradverleih „Vélo-cation“ sorgen für Bewegungsanreize.

Page 22: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

AHA!

FrauBeckmannerklärt die Dinge.

?

22

Gertrud Beckmann, 87, Krankenschwester,seit 1943 im Roten Kreuz, unter anderemüber ihre Kinder und Enkel in ständigem

Kontakt mit der „Szene“, ist für „GUT LEBEN“als „Trend-Scout“ unentbehrlich. Was ist „amtlich“ und „hip“? Sie hilft unserenLeserinnen und Lesern weiter. Wenn Sie also einaktuelles Modewort, das neueste ComputerspielIhres Enkels oder das „Navi-System“ in der Mittelkonsole der Limousine Ihres Neffen ver-stehen wollen – schreiben Sie an die Redaktion.(Anschrift siehe unten!) Frau Beckmann erklärt es – auf ihre Weise.

Folge ELF„Twitter“

„Twitter“ ist das englische Wort für „Gezwit-scher“. Wenn wir uns früher mal „einengezwitschert haben“, ging das oft nach demSchneeballsystem vonstatten, nach der Paro-le: „Einen können wir noch. So jung kom-

men wir nicht mehr zusammen… Prost Mädels!“ Beim Twittern aber geht es nicht um die gemeinsameLeerung einer Flasche Eierlikör. Im Internet ist zwarschon einiges möglich – aber DAS? „Twitter ist nureine Kommunikationsplattform im Web“. So meineEnkel. Ich weiß schon ganz genau, was sie meinten.Ihre Oma Gertrud hat nämlich früher auch schon vielgetwittert. Das ging zum Beispiel modellhaft so: Ruth,meine Nachbarin, kommt vom Friseur, also einerunserer wichtigsten Kommunikationsplattformendamals und twittert mir bei einer Tasse Kaffee: DieTochter der jungen Witwe vom alten Richter Freuden-berg hat Zwillinge bekommen, der Tante Emma-Laden ist so gut wie pleite, und Gabi – die TanteEmma – ist mit einem zweifelhaften Gigolo, den sie inder Eisdiele kennengelernst hat, auf dem Weg an denGardasee. So weit, so gut. Zurück zum Schneeball-prinzip: Nun stand ich vor einer schwierigen Frage:Sollte ich die Sache für mich behalten, und höchstensmal mit der werdenden Zwillings-Mutter sprechen?Oder – nur ganz kurz mit Hermine („Minnie“)Schupp telefonieren. Klar war eines: Dann wüsste esschon morgen die ganze Stadt – und zwar noch vor

Elf. Und jetzt stellen Sie sich Minnie Schupp beim Fri-seur vor, eine ganze Dauerwellenanwendung langvom Smartphone SMSe verschickend. Haben Sie’s?

!Ralph Hoffert

Gartenstraße 56, 45699 Herten, Deutschland

www.magazin-gut-leben.de

[email protected]

Vatter + Vatter

Agentur für Werbung & Kommunikation

Gerichtsstr. 5, 46236 Bottrop, Deutschland

www.vatter-vatter.de

[email protected]

Klaus Vatter

Mathias Knigge

Arnd Vatter

Arnd Vatter, Carina Trapp

view7/Photocase.com

Benjamin Loick

+49 (0)2366 - 1815 - 130

[email protected]

Vatter + Vatter

Agentur für Werbung & Kommunikation

In diesem, wie in allen Texten dieser Ausgabe, ist bei alleiniger

grammatikalischer Verwendung der männlichen Form jeweils

auch die weibliche mit gleicher inhaltlicher Gewichtung gemeint.

Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste und Internet sowie

Vervielfältigung auf Datenträgern sämtlicher Beiträge nur nach

vorheriger schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

Herausgeber:

Redaktion:

Verantwortlich:

Weitere Mitarbeit:

Art-Director:

Grafik:

Titel:

Anzeigen:

Produktions-management:

IMPRESSUM

Page 23: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen

Frisch aus dem Ofen:

Zutaten:- 400 g Mehl - 20 g Hefe- 1/4 Liter Wasser- 3 EL Öl- 125 g Speck, geräuchert- 500 g Zwiebeln- 1 Becher saure Sahne- 1 Becher süße Sahne- Salz und Pfeffer

Material-splitter

Haupt-stadt vom Elsass

Stadtin denNieder-landen

fleißig,uner-müdlich

Staatin Süd-west-afrika

Abk. Deutsches Rotes Kreuz

Feld-ertrag

spa-nisch:Fluss

AufgeldAktion,Hand-lung

ein Lieb-lingsort im Frühling

Stadt imSauer-land(NRW)

IKRK- Präsi-dent

Stock;Hoch-sprung-gerät

den Auf-gabennicht ge-wachsen

weib-lichesMärchen-wesen

Haupt-stadtFinn-lands

ge-schlif-fenesGlaselektr.gelade-nesTeilchen

äußersteArmut

aufge-brühtesHeiß-getränk

Anredefür Kar-dinäle

einMarder

persönl.Fürwort(zweitePerson)

selbst-süchtigerMensch

Augen-blick

ZungeamSchuh

Wind-schatten-seite e.Schiffs

Sinnbild;Kenn-zeichen

ärzt-lichesInstru-ment

weib-licherFan(engl.)

FormdesSauer-stoffs

saloppeUmgangs-sprache;Jargon

Adels-titel

Gewürz-,Heil-pflanze

Zeit-messer

unent-schieden(Schach)

Kopfbe-deckung

Folge-richtig-keit

chem.ZeichenfürLithium

unge-braucht

Kfz-Z.Ostalb-kreis inAalen

Maße,Gewichteamtlichprüfen

ein Wa-cholder-brannt-wein

Liege-platz fürSchiffe

Haustier

Papst-krone

tragen-derBauteil

© d

iekat

rin/fl

ickr.c

om

!

23

RÄTSEL

Zubereitung:

Für den Teig die Hefe mit etwas Wasser verrühren. 10 Minuten stehen lassen. Das Mehl in eine Schüssel sieben, den Vorteig, das übrige Wasser und das Öl mitetwas Salz zugeben, alles verkneten und zugedeckt 30 Minuten an einem warmenOrt gehen lassen. In der Zwischenzeit Speck in feine Streifen schneiden. Die Zwiebelschälen, halbieren und in feine Scheiben hobeln. Saure und süße Sahne mit Salz undPfeffer verquirlen. Den aufgegangenen Teig vierteln. Jedes Teigstück am besten aufeinem großen Stück Backpapier zu einer hauchdünnen rechteckigen Platte auswellen.Je 1/4 der Sahnemischung darauf verstreichen und mit Zwiebel und Speckstreifenbestreuen. Die Flammkuchen einzeln im Umluftherd bei 220 Grad 10-15 min. gold-braun backen.Variationen: belegen mit Munsterkäse, Roquefort, Pilzen, gepresstem und gesalze-nem Knoblauch... usw.

Mit einem einfachen Glas Edelzwicker bringt ein Elsässer Flammkuchen schnell StraßburgerGastlichkeit in die eigenen vier Wände. Und allzu leicht werden Sie vielleicht mit der ganzenFamilie zu Ihren besten Gästen. Die Spezialität aus dem Elsass ist sowohl ein unkompliziertes

Abendessen als auch ein origineller Snack für einen gemütlichen Abend mit Freunden.

REZEPT

Elsässer Flammkuchen.

Page 24: GUT LEBEN 10 · wärtigen Diktat des Marketings verweigern muss, falls dieses zum Selbstzweck wird. Unter dieser Vorausset-zung lassen sich die Angebote des DRK und ihre Ziel-gruppen