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Inhaltsverzeichnis

1 Ausgangslage – Seveso-Relevanz.............................................................................3

2 Rechtliche Konsequenzen..........................................................................................5

2.1 Gewerberecht ......................................................................................................................... 5

2.2 Raumordnungsrecht................................................................................................................ 7

2.3 Rechtliche Konsequenzen –Raumordnung und Flächenwidmung .............................................. 7

3 Ermittlung des Auswirkungsbereichs .......................................................................8

3.1 Grundlagen zur Ermittlung des Auswirkungsbereichs............................................................... 9

3.1.1 Stoffinventar ................................................................................................................................................. 9

3.1.2 Vorgangsweise: ........................................................................................................................................... 10

3.2 Eigenschaften und Grenzwerte für SO2................................................................................... 12

3.3 Konkrete Einzelfallbetrachtungen .......................................................................................... 13

3.3.1 Flüssigkeitsaustritt in der Kocherei ............................................................................................................. 14

3.3.2 Flüssigkeitsaustritt am HD- Säurespeicher ................................................................................................. 16

3.3.3 Brand im Flüssigschwefellager.................................................................................................................... 18

3.3.4 Brand im Flüssigschwefellager mit Maßnahme zur Verringerung der Auswirkung.................................... 20

4 Festlegung des Auswirkungsbereichs (angemessenen Abstands) .....................21

4.1 Berechnete Auswirkungsbereiche gemäß Einzelfallbetrachtungen.......................................... 22

4.2 Berücksichtigung von Maßnahmen zur Verringerung des Auswirkungsbereiches..................... 22

4.3 Berücksichtigung weiterer Aspekte........................................................................................ 23

4.4 Örtliche Darstellung der Auswirkungsbereiche....................................................................... 23

5 Zusammenfassende Beurteilung.............................................................................24

6 Beilagen .....................................................................................................................25

7 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................25

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1 Ausgangslage – Seveso-Relevanz

Die AustroCel Hallein GmbH ist ein traditionsreicher und langjährig bestehender Zellstoff- und Pa-

pierhersteller am gegenwärtigen Standort. Seit 2013 wird an diesem Standort Chemiezellstoff er-

zeugt, die Produktion von Papier wurde eingestellt. Als Zellstofferzeuger unterliegt der Standort je-

denfalls den Regelungen der IED-Richtlinie.

Das Unternehmen setzt verschiedene Gefahrstoffe am Standort ein, wobei mittels der Quotienten-

regelung des Anhangs 5 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu prüfen ist, ob Mengen-

schwellen oder die Quotienten der Mengenschwellen überschritten werden und das Unternehmen

unter das Störfallrecht fällt. Vor dem Jahr 2003 wurde zur Herstellung der Kochsäure neben der

Schwefelverbrennung druckverflüssigtes SO2 verwendet, wodurch damals das Unternehmen unter

die Regelungen der Seveso-II-Richtlinie fiel. Daher wurde damals der Produktionsprozess auf die

ausschließliche vor Ort-Herstellung von SO2 durch Schwefelverbrennung umgestellt, um zu ver-

meiden, dass das Unternehmen ein Seveso-Betrieb wird. Durch die damit verbundene Mengenre-

duktion an vorhandenem SO2 konnte somit damals hinsichtlich des SO2 eine Ausstufung aus dem

Seveso-Recht erreicht werden, die auch bescheidmäßig durch die Behörde dokumentiert wurde.

Durch die Etablierung der SO2-Flüssigtechnologie (1988) und dem Inkrafttreten der ersten österrei-

chischen Störfallverordnung 1991 wurden die Anforderungen der Seveso-I-Richtlinie für den

Standort bereits damals relevant. Auf Basis des damals geltenden Salzburger Raumordnungsge-

setztes wurde erstmals ein Raumordnungsverfahren eingeleitet.

Da die AustroCel Hallein GmbH bis 2003 bereits ein Seveso-Betrieb durch die lagernden Flüssig-

SO2 Bestände war, wurde damals ein Sicherheitsbericht vorbereitet, der jedoch durch den Aus-

stieg aus der SO2-flüssig-Technologie obsolet wurde und heute auch nicht aktuell vorliegt.

Weiters war zu diesem Zeitpunkt bereits die Lagerung von Heizöl schwer (4000 m3 Tank seit 1970,

zusätzlicher 1000 m3 Tank ab 1996) am Gelände der AustroCel Hallein GmbH in einer Höhe von

insgesamt ca. 5000 m³ (entspricht ca. 4950 to) genehmigt. Die Stoff- und Gefahreneigenschaften

von Heizöl schwer beinhalten u.a. ein erhebliches Gefahrenpotential für die Umwelt hinsichtlich

Gewässergefährdung. Dieses Gefahrenpotential wurde im Rahmen der Transportsicherheit gemäß

ADR-Vorschriften bereits vor dem Inkrafttreten der Seveso-III-Richtlinie berücksichtigt. Dies wurde

durch ein Schreiben der Wirtschaftskammer im Jahr 2010 an die Mitglieder kommuniziert. Somit

war der Standort bereits zum damaligen Zeitpunkt als Seveso-Betrieb der oberen Klasse einzustu-

fen. Die Gefahrstoffeigenschaften des Heizöl schwer (und damit die Seveso-Relevanz der Heizöl-

lagerung) lagen somit bereits vor dem Inkrafttreten der Seveso-III-Richtlinie vor.

Im Jahr 2012 wurde die Seveso-III-Richtlinie (RL 2012/18/EU) als Anpassung des europäischen

Industrieunfallrechts an das geänderte europäische Chemikalienrecht (CLP-Verordnung) sowie an

zwischenzeitliche zusätzliche Erkenntnisse durch die EU-Kommission veröffentlich. Die Richtlinie

wurde für den Geltungsbereich gewerblicher Betriebsanlagen durch die GewO-Novelle BGBl. I Nr.

81/2015 (Abschnitt 8a) idF BGBl. I Nr. 155/2016 und eine Novelle der Industrieunfallverordnung

(IUV), BGBl. II Nr. 229/2015, umgesetzt.

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Folgende wesentliche betriebsrelevante Aspekte wurden in der Richtlinie geändert oder neu gere-

gelt:

• Anpassung des Anwendungsbereiches: beruht nunmehr auf den Einstufungskriterien der

CLP-Vo und ist im Anhang I in Form der Stoffliste (Anlage 5 der GewO 1994) dokumentiert.

Die Liste der namentlich genannten Stoffe wurde etwas erweitert. Die geänderte Einstufungs-

systematik der Gefahrstoffeigenschaften hat zu Veränderungen der Einstufung von Gefahr-

stoffen hinsichtlich der Seveso-Relevanz geführt (sowohl Ver- als auch Entschärfungen sind

gegeben).

• Information der Öffentlichkeit: der erforderliche Inhalt ist im Umweltinformationsgesetz (UIG)

§14 Abs. 3 dargelegt. Neu ist insbesondere, dass diese Informationen auch elektronisch zur

Verfügung gestellt werden müssen (z.B. im Internet auf der Homepage).

Andere Änderungen betreffen die Rechte von Bürgern oder die Aufgaben der Behörden zurÜberwachung:

• Beteiligung der Öffentlichkeit bei Anlagenänderungen: vergleichbar zu den Anforderungen

der UVP-Gesetzgebung und erhöhte Anforderungen an ein Genehmigungsverfahren.

• Ausweitung des Zugangs zu Gerichten

• Strengere Maßstäbe für Inspektionen der Behörde

• Anpassung von Definitionen

Durch die Novellierung der GewO 1994 im Zuge der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie sind nun-

mehr seit 2015 die GHS-Kriterien mit den in der Anlage 5 genannten Mengenschwellen für Gefahr-

stoffe anzuwenden. Die Umstellung auf das GHS-System im österreichischen Chemikalien- und

Gewerberecht führt u.a. zu einer Neueinstufung von Heizöl (und anderen Erdölprodukten) als um-

weltgefährdend, weshalb es nun eine explizite Eintragung in der Anlage 5 der GewO 1994 als se-

vesorelevanter Stoff mit den dort genannten Mengenschwellen (Nr.34, Mengenschwellen: 2.500 to

/ 25.000 to) gibt. Unter Berücksichtigung der Stoffeigenschaften und des Fristenlaufs der CLP Ver-

ordnung war Heizöl jedoch schon vor dem Inkrafttreten der Seveso-III-Richtlinie als umweltgefähr-

dender Stoff zu bewerten.

Die Lagerkapazität für Heizöl am Standort beträgt ca. 5.000 m3 und überschreitet daher die untere

Mengenschwelle. Aus diesem Grund unterliegt das Unternehmen durch Änderungen der

Chemikalieneinstufung unbeabsichtigt den Regelungen der Seveso-Richtlinie.

Durch die Lagerung des Heizöls wird die untere Mengeschwelle für Umweltgefahren gemäß Ge-

werbeordnung 1994 Abschnitt 8a bzw. der Anlage 5 überschritten. Da auch unter Heranziehung

der Quotientenregelung nur die untere Schwelle überschritten wird und nicht die obere Schwelle,

ist AustroCel Hallein GmbH als Betrieb der unteren Klasse einzustufen. Daher muss ein Sicher-

heitskonzept erstellt werden, jedoch kein Sicherheitsbericht.

Die Gewo 1994 i.d.g.F. enthält im § 84b –„Begriffe“ u.a. Definitionen verschiedener Seveso-Be-

triebe nach Ursache der Seveso-Relevanz.

Betriebe, die ausschließlich durch eine Änderung der Einstufung von Chemikalien mit bzw. ab dem

1. Juni 2015 sevesorelevant werden (oder von einem Betrieb der unteren Klasse zu einem Betrieb

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der oberen Klasse eingestuft werden), sind als „sonstige Betriebe“ (GewO 1994 §84b, Z 7 a) be-

zeichnet. Für diese Betriebe gilt, dass sie ohne eigene betriebliche Änderungen unter die neue

Rechtslage fallen, daher sind für derartige Betriebe gesonderte Übergangsbestimmungen genannt

und insbesondere auch hinsichtlich der Raumnutzung (Flächenwidmung) Sonderregelungen anzu-

wenden.

Da die AustroCel Hallein GmbH, ohne technische Änderungen durchzuführen, durch die ge-

nehmigte Lagerung von Heizöl schwer unter die Regelungen des Abschnitts 8A der Gewer-

beordnung fällt, ist hinsichtlich raumordnungsrechtlicher Belange daher die Übergangsbe-

stimmung in §84 (4) des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (ROG 2009) anzuwenden.

2 Rechtliche Konsequenzen

2.1 Gewerberecht

• Information der zuständigen Behörden

mit folgenden Inhalten: Name, Sitz und Anschrift des Unternehmens, Stoffverzeichnis, Tätigkeits-

verzeichnis, Betriebsbeschreibung mit Berücksichtigung von Gefahren. Die Frist zur Übermittlung

der Information beträgt ein Jahr gemäß GewO 1994 §84d (2) Z2.

Die Tatsache, dass das Unternehmen als Betrieb der unteren Klasse gemäß Abschnitt 8A der

GewO 1994 einzustufen ist, wurde zwischenzeitlich den zuständigen Behörden (Bezirkshaupt-

mannschaft Hallein sowie Amt der Salzburger Landesregierung Referat 5 Abfallwirtschaft und Um-

weltrecht) bereits mit den dafür vorgesehenen Angaben übermittelt.

• Auflistung der sevesorelevanten Stoffe

In der Tabelle 1 ist diese Aufstellung mit den daraus errechneten Quotientensummen für die einzel-

nen Stoffgruppen auf Basis des Gesamtstandortes enthalten.

• Erstellung/Aktualisierung des Sicherheitskonzeptes

Es ist ein Sicherheitskonzept mit Angaben gemäß Industrieunfallverordnung IUV zu erstellen. Die

Frist zur Erstellung des Sicherheitskonzepts beträgt ein Jahr gemäß §84d (2) Z2.

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Tabelle 1: Sicherheitsrelevante Mengen an Gefahrstoffen - Austrocel Hallein GmbH (Stand: 20.07.2018)

GewO 1994, Anh.5, Teil 1/2,

Sp.1Höchstmenge[1] der

Stoffe im Betrieb (kg)

Mengenschwelle (kg),

GewO, Al 5, Sp.2

Mengenschwelle (kg),

GewO Anl.5, Sp.3

Quotientensumme,

GewO, Al 5, Sp.2

Quotientensumme,

GewO Anl.5, Sp.3

Kategorie H1 5.000 20.000

Ozon 10 0,002 0,001

Kategorie H2 50.000 200.000

SO2- Kocherei gasförmig 1.540 0,031 0,008

SO2-HD und RS Speicher 33.150 0,663 0,166

Kategorie H3 50000 200000

0,000 0,000

Summe der Quotienten-toxische

Gefahren H1-H30,696 0,174

Kategorie P1b - Explosivstoffe,

1.450.000 200.000

0,000 0,000

Kategorie P2 - Entzündbare

Gase10.000 50.000

Wasserstoff (II/15) 50 5.000 50.000 0,010 0,001

Acetylen (II/19) 60 5.000 50.000 0,012 0,001

Propan (II/18) 100 50.000 200.000 0,010 0,001

Erdgas (II/18) 1.000 50.000 200.000 0,100 0,005

Biogas unaufb. (Speicher) 100 0,010 0,002

Biogas unaufb. (Prozessanlage) 1.150 0,115 0,023

Kategorie P3a - Entzündbare

Aerosole (Druckgaspackungen)150.000 500.000

Menge vernachlässigbar 0,000 0,000

Kategorie P4 - entzündend

(oxidierend) wirkende Gase50.000 200.000

Sauerstoff (II/25) 112.500 200.000 2.000.000 0,563 0,056

Ozon 10 0,000 0,000

Kategorie P5a - entzündbare

Flüssigkeiten10.000 50.000

0,000 0,000

Kategorie P5b - entzündbare

Flüssigkeiten50.000 200.000

0,000 0,000

Kategorie P5c - entzündbare

Flüssigkeiten5.000.000 50.000.000

Diesel (II/34) 20.000 2.500.000 25.000.000 0,008 0,001

Benzin (II/34) 400 2.500.000 25.000.000 0,000 0,000

Kategorie P6a -

selbstzersetzliche Stoffe; org.

Peroxide Typ A,B

10000 50000

0,000 0,000

Kategorie P6b -

selbstzersetzliche Stoffe; org.

Peroxide Typ C-F

50000 200000

0,000 0,000

Kategorie P7 selbstentzündliche

(pyrophore) Stoffe50.000 200.000

0,000 0,000

Kategorie P8 - entzündend

wirkende Flüssigkeiten und

Feststoffe

50000 200000

0,000 0,000

Summe der Quotienten

physikalische Gefahren P1-P80,828 0,090

Kategorie E1

Umweltgefährlich100.000 200.000

Heizöl schwer 4.950.000 2.500.000 25.000.000 1,980 0,198

Kategorie E2

Umweltgefährlich200.000 500.000

Diesel 20.000 2.500.000 25.000.000 0,008 0,001

Benzin 400 2.500.000 25.000.000 0,000 0,000

Summe der Quotienten

Umweltgefahren E1+E21,988 0,199

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2.2 Raumordnungsrecht

Da die AustroCel Hallein GmbH unter die Übergangsbestimmungen des §84 (4) des Salzburger

ROG 2009 einzustufen ist, ist eine Ausweisung als Kategorie Sonderfläche gemäß §30(8) nach

heutiger Rechtslage nicht erforderlich. Jedoch ist es für die Beurteilung zukünftiger Änderungspro-

jekte erforderlich, den Auswirkungsbereich (angemessenen Abstand) der Betriebsanlagen zu er-

mitteln und der Raumordnungsbehörde die dazu erforderlichen Unterlagen zu übermitteln. Der

Umfang der notwendigen Unterlagen orientiert sich an den Anforderungen an eine §16 – Raumver-

träglichkeitsprüfung. Auf Basis der zur Verfügung gestellten Unterlagen wird ein Feststellungsbe-

scheid durch die Raumordnungsbehörde betreffend die Raumverträglichkeit als Seveso-Betrieb

beantragt.

Zur Beurteilung der raumordnungsrechtlichen Auswirkungen und des angemessenen Abstandes

sind einerseits die Gefahrenpotentiale der technischen Anlagen heranzuziehen und andererseits

die unterschiedlichen Interessen der Betriebe sowie der Nachbarschaft zu wahren (siehe dazu die

Entscheidung des EuGH vom 15.09.2011, C-53/101,2).

2.3 Rechtliche Konsequenzen –Raumordnung und Flächenwidmung

Das Raumordnungsrecht ist in Österreich landesrechtlich geregelt, weshalb es diesbezüglich neun

unterschiedliche Rechtsgrundlagen gibt, die sich inhaltlich erheblich unterscheiden.

Im Salzburger ROG 2009 wird für Seveso-Betriebe die Notwendigkeit der Raumverträglichkeit ge-

fordert. Als eine der Voraussetzungen für eine Raumverträglichkeit ist ein ausreichender angemes-

sener Abstand zu Wohngebieten oder öffentlich genutzten Gebieten gefordert. Da gemäß Seveso-

Richtlinie für jeden Seveso-Betrieb ein angemessener Abstand (im Salzburger ROG 2009 „Auswir-

kungsbereich“) auszuweisen ist, muss auch für bestehende Betriebe („sonstige Betriebe“) nunmehr

ein solcher Abstand ermittelt werden.

Für bestehende Betriebe, die nachträglich durch Änderungen rechtlicher Natur in den Geltungsbe-

reich der Seveso-Richtlinie fallen, wurden im ROG 2009 Übergangsbestimmungen festgelegt (§84

(4)). Gemäß dieser Übergangsbestimmungen ist für bestehende Seveso-Betriebe die Festlegung

der Kategorie Sonderfläche gemäß §30(8) nicht erforderlich. In diesem Falle können Bewilligungen

und Genehmigungen aufgrund baurechtlicher Vorschriften erteilt werden, solange das Gefähr-

dungspotential nicht wesentlich erhöht wird oder Maßnahmen ergriffen werden sodass das Risiko

oder die Gefahr eines schweren Unfalls nicht vermehrt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass

das Gefährdungspotential vorher bereits bekannt ist.

Da die AustroCel Hallein GmbH unter die Übergangsbestimmungen des §84(4) des Salzburger ROG

2009 einzustufen ist, sind Unterlagen zur Beurteilung der Raumverträglichkeit des Standortes in

Anlehnung an §16 Salzburger ROG 2009 zu erstellen und an die Raumordnungsbehörde zu über-

mitteln.

1 Umweltschutz der Wirtschaft 3/11 EU-Judikatur, Seveso: Abstände Behördenermessen, Günther Grassl

2 EuGH 15.09.2011, C-53/10

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3 Ermittlung des Auswirkungsbereichs

Für die Festlegung des angemessenen Abstands ist im Wesentlichen die Empfehlung Nr.1 des Bun-

desländer-Arbeitskreis Seveso (BLAK 1) heranzuziehen, welche zwei unterschiedliche Modelle zur

Ermittlung des angemessenen Abstandes vorschlägt- das mengenschwellenbezogene Abstands-

modell sowie die standardisierte Einzelfallbetrachtung. Bei Anwendung einer standardisierten Ein-

zelfallbetrachtung können spezifische technische Maßnahmen und örtliche Gegebenheiten berück-

sichtigt werden. Dabei wird ein nur auf konkrete Stoffe und bestimmte Szenarien bezogener Auswir-

kungsbereich ermittelt.

Laut BLAK ist es bei ausgedehnteren Betriebsanlagen, insbesondere Industrieparks, bei denen oft

erhebliche Flächen frei von Anlagen im Sinne der Seveso-III-Richtlinie sind, in der Regel zweckmä-

ßig, den angemessenen Sicherheitsabstand von den einzelnen Anlagengrenzen aus zu bemessen.

Dabei soll jedoch berücksichtigt werden, dass es „im Sinne einer langfristigen Planung und zukünf-

tiger anlagentechnischer und stofflicher Dispositionsmöglichkeiten“ vorteilhaft sein kann, ergänzend

zu den Ergebnissen der Berechnung einen festgelegten Mindestabstand von der Betriebsgrenze

festzulegen.

Diese Vorgangsweise stellt einen Kompromiss hinsichtlich der unterschiedlichen Interessenslagen

von Betrieb, Nachbarschaft und Öffentlichkeit dar. Diese Betrachtungsweise soll eine Differenzie-

rung zwischen den Anforderungen für den Katastrophenschutz (Gefahrenpotential unabhängig von

der Eintrittswahrscheinlichkeit) und den Anforderungen der Raumordnung (Gefahrenpotential unter

Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeit, d.h. des Risikos) ermöglichen.

Der mit einem der beiden Möglichkeiten berechnete Auswirkungsbereich stellt somit eine der

Grundlagen für die Erwägungen zum angemessenen Abstand dar:

Der angemessene Sicherheitsabstand ist von der Raumordnungsbehörde unter Berücksichtigungder spezifischen Gegebenheiten und sonstiger Abwägungsaspekte im Rahmendes Konsultationsverfahrens jeweils im Einzelfall festzulegen. Der letztlich für die praktischeHandhabung festgelegte angemessene Sicherheitsabstand kann auch die spezifischenörtlichen Verhältnisse (z.B. Tallagen, Geländekanten etc.) berücksichtigen undkann sich beispielsweise an Straßenzügen, Grundstücksgrenzen oder Landmarken orientieren.Es wird auch sinnvoll sein, bei der Festlegung des angemessenen SicherheitsabstandesRundungen vorzunehmen. (BLAK1, S. 12)

Im Salzburger ROG 2009 wird jedoch bei der Beurteilung der Raumverträglichkeit von Seveso-Be-

trieben und auch bei bestehenden Seveso-Anlagen explizit auf einen „Auswirkungsbereich“ als Maß

für die Festlegung des angemessenen Abstands zurückgegriffen. Da sich konkrete Auswirkungen

nicht mit dem Mengenschwellenmodell beurteilen lassen, ist im Salzburger Raumordnungsrecht je-

denfalls die Ermittlung gemäß Einzelfallbetrachtungen erforderlich. Bei der Festlegung des Auswir-

kungsbereiches sind alle Maßnahmen zu berücksichtigen, die das Risiko oder die Gefahren eines

schweren Unfalls verringern und in absehbarer Zeit verwirklicht werden (§84(4).

Da auch hier eine Differenzierung zwischen den Aufgaben des Katastrophenschutzes und des mög-

lichen Auswirkungsbereichs im Sinne der Raumordnung vorzunehmen ist, kann in den Einzelsze-

narien zur Bestimmung des Auswirkungsbereiches ein vollständiges Behälterversagen oder eine

vergleichbare Katastrophensituation ausgeklammert werden.

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Die Einzelfallbetrachtung, die im Salzburger Raumordnungsrecht gefordert wird, hat sich an tech-

nisch möglichen oder nicht mit Sicherheit auszuschließenden Zwischenfällen zu orientieren, nicht

jedoch an betrieblich zu erwartende Störungen (diese sind durch geeignete Maßnahmen jedenfalls

zu vermeiden) und auch nicht an Katastrophenszenarien.

Diese Differenzierung konnte im Basisdokument „Referenzszenarien SEVESO-II-Richtlinie“ von Dr.

Heinz Koinig, 1999, auf dem viele der weiteren Überlegungen basieren, noch nicht berücksichtigt

werden, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Anforderungen hinsichtlich Raumordnung gab.

3.1 Grundlagen zur Ermittlung des Auswirkungsbereichs

3.1.1 Stoffinventar

Mögliche Gefahren im Sinne der Seveso-Richtlinie sind immer mit dem Vorhandensein gefährlicher

Stoffe verbunden.

Das am Standort der AustroCel Hallein GmbH vorhandene Stoffinventar kann gemäß GewO 1994

Anl. 5 in drei wesentliche Kategorien eingeteilt werden:

- Toxische Gefahren,

- Physikalische Gefahren (Brand und Explosion durch entzündbare Gase und Flüssigkeiten)

sowie

- Umweltgefahren (siehe Tabelle 1).

Nachfolgend sind die vorhandenen sicherheitsrelevanten Gefahrstoffe nach diesen Kategorien ge-

listet und bezüglich des Gefährdungspotentials für den Auswirkungsbereich beurteilt.

Toxische Gefahren:

• Kategorie H1: Ozon

• Kategorie H2: SO2

Hier ist darauf hinzuweisen, dass am Standort der AustroCel Hallein GmbH insbesondere SO2

als kritischer Stoff zu berücksichtigen ist. Ozon hingegen befindet sich nur in geringer Menge

am Gelände, weshalb toxische Gefahren durch Ozon vernachlässigbar sind.

Physikalische Gefahren:

• Kategorie P2: Wasserstoff, Acetylen, Propan, Erdgas, Biogas

Die Mengen an diesen Stoffen sind nicht ausreichend, um in der Umgebung außerhalb des

Betriebsgeländes eine Gefährdung zu verursachen.

• Kategorie P4: Sauerstoff, Ozon

Sauerstoff ist nur im Zusammenhang mit weiteren Ereignissen relevant und ist selbst nicht Aus-

löser für Gefährdungen außerhalb des Betriebsgeländes. Ozon ist aufgrund der geringen Menge

zu vernachlässigen.

• Kategorie P5c: Diesel, Benzin

Eine Schutzzone für die Erdgasübergabestation bzw. Erdgasreduzierstation ist laut ÖVGW G

K52 (2016) mit einem Mindestabstand zu bewohnten Gebäuden von 5 m (GDRE Baugruppe

E) und zu brand- oder explosionsgefährdeten Fremdanlagen mit 10 m angegeben. Brennbare

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Gase wie Acetylen, Propan und Wasserstoff befinden sich nur in Kleinstmengen von gesamt

0,21 to am Gelände.

Gefahren durch brennbare Flüssigkeiten und Gase sind daher unter Berücksichtigung der

Mengen und Örtlichkeiten im Vergleich zu den toxischen Gefahren durch SO2 in ihrer mögli-

chen Außenwirkung vernachlässigbar.

Umweltgefahren:

• Kategorie E1: Heizöl schwer

• Kategorie E2: Diesel, Benzin

Heizöl schwer ist als gewässergefährdender Stoff eingestuft, aber ohne toxikologische Aus-

wirkung auf den Menschen. Aufgrund der geringen Lagermengen von Diesel und Benzin kön-

nen die Auswirkungen dieser Gefahrstoffe vernachlässigt werden.

3.1.2 Vorgangsweise:

Bei Anwendung einer standardisierten Einzelfallbetrachtung gemäß BLAK 1 werden nur auf kon-

krete Stoffe und bestimmte Szenarien bezogener Auswirkungsbereiche ermittelt.

Gefährdungen setzen immer einen Austritt von gefährlichen Stoffen aus einer Umschließung voraus.

Die somit freigesetzten Stoffe entfalten anschließend ihre jeweils spezifischen Gefahrenwirkungen.

Sowohl für die Ermittlung der Freisetzungsmengen als auch die in der Folge auftretenden Gefähr-

dungskriterien werden die in Tabelle 2 genannten Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Be-

rechnungsmodalitäten in der BLAK-Empfehlung vorgeschlagen.

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Tabelle 2: Szenarien und Immissionsrichtwerte für die standardisierte Einzelfallbetrachtung gemäß BLAK1

Zur detaillierten Beurteilung sind jeweils die konkreten stofflichen, technischen und räumlichen Ver-

hältnisse heranzuziehen.

Aufgrund der o.g. Einschätzung der stoffbedingten Gefahrenmöglichkeiten orientieren sich

alle weiteren Überlegungen und Aussagen zu einem Auswirkungsbereich der AustroCel Hal-

lein GmbH an der Möglichkeit eines SO2-Austritts aus Anlagenteilen und der Beurteilung der

möglichen toxischen Auswirkungen von SO2.

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3.2 Eigenschaften und Grenzwerte für SO2

Die gängigen Grenzwerte und mögliche Auswirkungen von SO2 können Tabelle 3 und Tabelle 4

entnommen werden.

Tabelle 3: Auswirkungen und Grenzwerte für SO2

Auswirkungen mg/m³ ppm

Geruchsschwelle (stark unterschiedlich) ≥ 0,75 ≥ 0,3

Erste Reizerscheinungen (Husten..), insbesondere für Allergiker ≥ 10 ≥ 2,5

Starker Reizhusten, Schleimhautreizung, Tränen etc. ≥ 50 ≥ 20

Unmittelbare Lebensgefahr in wenigen min 1000 400

Grenzwerte

MAK- Wert 5 2

ERPG 1:

langfristig ohne bleibende gesundheitliche Gefährdung0,75 0,3

ERPG 2:

kurzfristig ohne bleibende gesundheitliche Gefährdung (1h)7,5 3

ERPG 3:

60 min ohne lebensbedrohliche Auswirkungen62,5 25

IDLH (USA) : (Immediately Dangerous for Life and Health): 30 min ohne Atem-

schutz ohne bleibende Schäden 250 100

Tabelle 4: AEGL-Werte (Acute exposure guideline levels) für SO2: Stand 201010 min 30 min 60 min 4 h 8 h

mg/m³ ppm mg/m³ ppm mg/m³ ppm mg/m³ ppm mg/m³ ppm

AEGL 1 1 0,2 1 0,2 1 0,2 1 0,2 1 0,2

AEGL 2 2 0,75 2 0,75 2 0,75 2 0,75 2 0,75

AEGL 3 112 42 85 32 72 27 51 19 43 16

Gasförmiges SO2 reizt und schädigt die feuchten Schleimhäute durch Bildung von schwefeliger

Säure. Dies kann zu Bronchialpneumonie, toxischen Lungenödemen mit Dyspnoe (Atemnot), Cya-

nose und Herz-Kreislauf-Versagen führen. Dabei können Lungenödeme mit einer Verzögerung von

bis zu 2 Tagen auftreten, weshalb nach dem Einatmen dieses Gases eine ärztliche Untersuchung

unbedingt erforderlich ist. Bei Einatmung von höheren Konzentrationen drohen Glottis-Krampf und

reflektorischer Atem bzw. Atemstillstand.

In der Empfehlung BLAK1 wird vorgeschlagen, die AEGL-2-Werte zur Beurteilung der toxikologi-

schen Auswirkungen heranzuziehen.

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Die tiefen AEGL-Grenzwerte für SO2 beruhen jedoch auf möglichen Wirkungen für anfällige Bevöl-

kerungsgruppen (wie z.B. Asthmatiker oder anderweitig vorerkrankte Personen), wobei zu berück-

sichtigen ist, dass die Empfindlichkeit von Menschen für SO2 ein sehr breites Spektrum aufweist3.

Für Personen ohne Vorerkrankungen sind Konzentrationen im Bereich des IDLH-Wertes als Krite-

rium für einmalige und kurzzeitige Störfallsituationen ohne nachhaltige Gesundheitsgefahren geeig-

net.

Das Salzburger ROG 2009 geht im Zusammenhang mit der Raumverträglichkeit eines Seveso-Be-

triebes für einen Auswirkungsbereich von „erheblichen Gefährdungen“ der Sicherheit und Gesund-

heit aus, im österreichischen Anlagenrecht werden die Schutzziele grundsätzlich auf „normal emp-

findlichen Personen“ ausgerichtet,

Aus diesem Grund wird für die Beurteilung des Auswirkungsbereiches, abweichend von der Emp-

fehlung im BLAK1, in diesem Fall der IDLH-Wert (100 ppm) herangezogen.

Für die Festlegung von Abständen für das Szenario „Ausbreitung toxischer Gase“ wird vom BLAK

das frei verfügbare Programmpaket Aloha als Rechenmodell empfohlen. Daher wird der Auswir-

kungsbereich in den folgenden Einzelfallbetrachtungen mit diesem Ausbreitungsmodell berechnet.

3.3 Konkrete Einzelfallbetrachtungen

Die folgenden Einzelfallbetrachtungen beruhen auf dem Zellstoffkochprozess und den damit verbun-

denen technischen Anlagen.

Die AustroCel Hallein GmbH erzeugt Zellstoff mit dem sauren Magnesiumbisulfitverfahren. Dieses

beruht auf der Behandlung von Holzchips mit einer SO2-hältigen Kochsäure unter Druck und Tem-

peratur. Die Kochsäure wird nach dem Kochvorgang als Ablauge entfernt, eingedampft und die Che-

mikalien, insbesondere das SO2 und das Mg in der Chemikalienrückgewinnung aus dem Rauchgas

in den Prozess zurückgeführt. Diese Rückführung erfolgt über die Rohsäure sowie die Hochdruck-

säure.

Für die Aufstärkung der Kochsäure wird gasförmiges SO2 aus der Verbrennung von Flüssigschwefel

zugeführt. Somit erfolgt die Kochung des Zellstoffes mit einer heißen Kochsäure, in der sich freisetz-

bares SO2 befindet.

Alle im Folgenden beschriebenen Einzelfallbetrachtungen beruhen auf Störungen und technischen

Versagensfällen innerhalb dieser Prozessschritte, wobei gemäß BLAK1 Empfehlungen jene Be-

triebsbedingungen berücksichtigt wurden, die die größtmöglichen Emissionen verursachen und da-

mit zu den größten Auswirkungen führen könnten.

3 National Research Council. 2010. Acute Exposure Guideline Levels for Selected Airborne Chemicals: Vol-

ume 8. Washington, DC: The National Academies Press.

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3.3.1 Flüssigkeitsaustritt in der Kocherei

Während des Kochprozesses, der mehrerer Stunden in Anspruch nimmt, wird die benötigte, SO2-

hältige Kochsäure im Kocher bei ca. 8 barü und >100°C zirkuliert und umgewälzt. Während des

Kochprozesses wird ein Teil des SO2 zu Lignosulfonaten umgesetzt, wodurch sich die Konzentration

des „freien SO2“ verringert.

Diese Kochsäuren sind grundsätzlich hoch korrosiv, weshalb hochwertige Materialien zum Einsatz

gelangen.

Ursachenannahmen:

Durch Aufplatzen einer Schweißnaht in der Kocher Umwälzleitung kommt es zum Flüssigkeitsaustritt

von Kochsäure am tiefsten Punkt der Leitung. Aufgrund des hohen Systemvordrucks (8 barü) sowie

dem Rohrleitungsdurchmesser von 300 mm und der damit verbundenen Schweißnahtlänge wird

eine Leckage mit einem Durchmesser von 50 mm angenommen (1/6 des Rohrleitungsdurchmes-

sers). Diese Annahme geht über die standardisierte Einzelfallbetrachtung im BLAK1 (Abriss DN 25-

Leitung) hinaus, da es sich um vergleichsweise große Leitungen mit hohen Lastwechselanforderun-

gen bei Einsatz eines hoch korrosiven Mediums handelt.

Austrittbedingungen und Berechnung der Leckrate:

Der Störfall tritt am Ende des Ankoch-Prozesses auf, wo die Prozesstemperatur bei 105°C und der

Systemdruck bei 8 barü liegen.

Die hydraulische Füllhöhe bis zur Leckage beträgt 15 m. Die Ausflussziffer für einen scharfkantig

abgerissenen Rohrstutzen, wie er beim Aufplatzen einer Schweißnaht entstehen kann, wird in der

Literatur4 mit 0,62 genannt.

Die Austrittsdauer, bis zur Behebung der Leckage, wird gemäß BLAK1 Empfehlung mit 10 Minuten

angenommen. In dieser Zeit erfolgt der Austritt von flüssiger, heißer Kochsäure, die bei diesem Vor-

gang von 8 barü auf Normaldruck entspannt wird. Diese Entspannung führt zu einer Flashverdamp-

fung von Wasser und einer Freisetzung des unter Druck gelösten freien SO2 in der Kochsäure.

Die Leckrate beim Auftreten dieses Störfalls wurde anhand der nachfolgenden Berechnung (siehe

Berechnung 1) mit 53,3 kg/s ermittelt.

Freigesetzte SO2-Menge:

Der Anteil an freisetzbarem SO2 wurde experimentell bestimmt und beträgt 6 %. Dieser Anteil wird

zur Gänze freigesetzt.

Bei diesem Anteil (6 % freisetzbares SO2) ergibt sich ein Wert von 191,8 kg freigesetztem SO2 pro

Minute. Als Zeitdauer werden 10 min herangezogen, da die Freisetzung des SO2 unmittelbar nach

Austritt der Kochsäure erfolgt.

4 Statuspapier Quelltermberechnung, DECHEMA – Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologiee.V., Frankfurt am Main, 2012

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Da die Rohrleitungsleckage an einer nicht präzise vorhersehbaren Stelle angenommen wird, wird

eine Ausbreitungshöhe von ca. 10 m als Mittelwert aus bodennahem Austritt und Niveau Oberer

Kocherboden herangezogen. Ausgehend von der Austrittmenge an SO2 und der Austrittshöhe lässt

sich somit mit dem Programm Aloha ein Auswirkungsbereich berechnen.

Berechnung 1: Ermittlung der Leckrate Szenario Kocherei

Auswirkungsbereich der freigesetzten SO2-Menge:

Bei Verwendung der vom BLAK empfohlenen Software Aloha (Version 5.4.7) wird für einen SO2

Austritt von 191,8 kg/min gemäß den Bedingungen dieses Szenarios bei einem Grenzwert von

100 ppm (entsprechend IDLH) ein Auswirkungsbereich von 344 m ermittelt (siehe Abbildung 1

und Beilage 1).

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Abbildung 1: Aloha Auswirkungsbereich Szenario Kocherei

3.3.2 Flüssigkeitsaustritt am HD- Säurespeicher

Der Hochdruckspeicher dient der Bereitstellung der Kochsäure für die Befüllung der Kocher vor dem

Kochprozess. Im Speicher befindet sich daher die aufgestärkte Kochsäure mit einer Temperatur von

ca. 45°C bei einem Druck von 2,8 barü.

Ursachenannahmen:

Durch Aufplatzen einer Schweißnaht am tiefsten Punkt des HD-Säurespeichers kommt es zum Flüs-

sigkeitsaustritt. Aufgrund des Rohrleitungsdurchmessers von 250 mm und der damit verbundenen

Schweißnahtlänge wird ein Leckagen Durchmesser von 40 mm angenommen (1/6 des Rohrlei-

tungsdurchmessers). Diese Annahme geht über die standardisierte Einzelfallbetrachtung im BLAK1

(Abriss DN 25-Leitung) hinaus, da es sich um vergleichsweise große Leitungen mit hohen Lastwech-

selanforderungen bei Einsatz eines hoch korrosiven Mediums handelt.

Austrittsbedingungen und Berechnung der Leckrate:

Der Störfall tritt bei einer Säuretemperatur von 45°C (voller Säuresplit, keine Durchmischung von

HD-Säure und Rücksäure) und einem Systemdruck von 2,8 barü auf.

Die hydraulische Füllhöhe bis zur Leckage beträgt 5 m. Die Ausflussziffer für einen scharfkantig

abgerissenen Rohrstutzen, wie er beim Aufplatzen einer Schweißnaht entstehen kann, wird in der

Literatur mit 0,62 genannt.

Die Austrittsdauer, bis zur Behebung der Leckage, wird gemäß BLAK1 Empfehlung mit 10 Minuten

angenommen. In dieser Zeit erfolgt der Austritt von flüssiger, warmer HD-Säure, die bei diesem

Vorgang von 2,8barü auf Normaldruck entspannt wird, wobei das unter Druck gelöste SO2 spontan

freigesetzt wird.

Die Leckrate beim Auftreten dieses Störfalls wurde anhand der nachfolgenden Berechnung (siehe

Berechnung 2) mit 20,3 kg/s ermittelt.

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Freigesetzte SO2-Menge:

Der Anteil an freisetzbarem SO2 wurde experimentell bestimmt und beträgt 8 %. Dieser Anteil wird

zur Gänze freigesetzt.

Bei diesem Anteil (8 % freisetzbares SO2) ergibt sich ein Wert von 97,6 kg freisetzbarem SO2 pro

Minute. Als Zeitdauer werden 10 min herangezogen, da die Freisetzung des SO2 unmittelbar nach

Austritt der HD-Säure erfolgt. Die Ausbreitungshöhe beträgt 0 m aufgrund bodennahen Austritts und

fehlender Flashbedingungen.

Ausgehend von der Austrittsmenge an SO2 und der Austrittshöhe lässt sich somit mit dem Programm

Aloha ein Auswirkungsbereich berechnen.

Berechnung 2: Ermittlung der Leckrate Szenario HD-Speicher

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Auswirkungsbereich der freigesetzten SO2-Menge:

Bei Verwendung der vom BLAK empfohlenen Software Aloha (Version 5.4.7) wird für einen SO2

Austritt von 97,6 kg/min gemäß den Bedingungen dieses Szenarios bei einem Grenzwert von

100 ppm (entsprechend IDLH) ein Auswirkungsbereich von 326 m ermittelt (siehe Abbildung 2

und Beilage 1).

Abbildung 2: Aloha Auswirkungsbereich Szenario HD-Speicher

3.3.3 Brand im Flüssigschwefellager

Die AustroCel Hallein GmbH setzt flüssigen Schwefel zur Erzeugung von SO2 ein, welches zum

Aufstärken der Kochsäure im HD-Speicher benötigt wird. Flüssig-Schwefel wird dazu in einem Vor-

ratstank heiß gelagert. Der Tank befindet sich in einem Auffangbereich.

Ursachenannahmen:

Durch einen Stutzenab- oder einriss am Tank kommt es zum unkontrollierten Austritt von Flüssig-

schwefel (bei 152°C) und anschließender Entzündung.

Austrittsbedingungen und Berechnung der Leckrate:

Die maximal mögliche Abbrandfläche entspricht der maximal volllaufenden Grundfläche des Lager-

bereichs und beträgt 490 m2. Das Szenario geht von einem 15 Minuten vollflächigen Brand bei aus-

reichender Sauerstoffversorgung aus.

Die Abbrandrate des Flüssigschwefels kann mit 0,30 kg S/m2/min veranschlagt werden5.

5 Laborbericht A 2015_001, Autor: Hubert Hanghofer (AustroCel)

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Freigesetzte Menge SO2:

Die Freisetzungsrate des gebildeten Brandgases SO2 errechnet sich somit aus der Abbrandrate mit

0,60 kg SO2/m2/min5. Die Austrittshöhe wird mit 10 m angenommen.

Für dieses Szenario errechnet sich somit gemäß Berechnung 3Berechnung 4 eine freisetzbare

Menge SO2 von 4410 kg bzw. 294 kg/min.

Ausgehend von der Austrittsmenge an SO2 und der Austrittshöhe lässt sich somit mit dem Programm

Aloha ein Auswirkungsbereich berechnen.

Berechnung 3: Ermittlung der Leckrate Szenario Flüssigschwefelbrand

Auswirkungsbereich der freigesetzten SO2-Menge:

Bei Verwendung der vom BLAK empfohlenen Software Aloha (Version 5.4.7) wird für einen SO2

Austritt von 294 kg/min gemäß den Bedingungen dieses Szenarios bei einem Grenzwert von

100 ppm (entsprechend IDLH) ein Auswirkungsbereich von 431 m ermittelt (siehe Abbildung 3

und Beilage 1).

Abbildung 3: Aloha Auswirkungsbereich Szenario Flüssigschwefelbrand

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3.3.4 Brand im Flüssigschwefellager mit Maßnahme zur Verringerung der Auswirkung

Ursachenannahmen:

Gleich wie bei dem vorher genannten Szenario wird von einem Stutzenab- oder einriss am Tank für

Flüssigschwefel ausgegangen, wodurch es zum unkontrollierten Austritt von Flüssigschwefel (bei

152°C) und anschließender Entzündung kommt.

Austrittsbedingungen und Berechnung der Leckrate:

Das Szenario geht wiederum von einem 15 Minuten vollflächigen Brand bei ausreichender Sauer-

stoffversorgung aus. Die Abbrandrate des Flüssigschwefels kann mit 0,30 kg SO2/m2/min veran-

schlagt werden.

Maßnahme zur Verringerung der Auswirkung

Der im Zuge dieses Gutachtens größte ermittelte Auswirkungsradius beim Szenario Brand im Flüs-

sigschwefellager (431 m) kann durch geeignete Maßnahmen verringert werden. Um die Auswirkun-

gen eines möglichen Flüssigschwefelbrandes zu verringern, wird vorgeschlagen die Abbrandfläche

mit Hilfe einer Rückhaltemauer auf 177 m2 zu begrenzen. Durch die Bildung einer kleineren Auffang-

wanne und damit einer geringeren Abbrandfläche kann gemäß untenstehender Berechnung der

Auswirkungsbereich eines Flüssigschwefelbrandes deutlich verringert werden.

Freigesetzte Menge SO2:

Die Freisetzungsrate des gebildeten Brandgases SO2 errechnet sich aus der Abbrandrate mit

0,60 kg/m2/min. Die Austrittshöhe wird mit 10 m angenommen.

Für dieses Szenario errechnet sich somit gemäß Berechnung 4 eine freisetzbare Menge SO2 von

1593 kg bzw. 106,2 kg/min.

Ausgehend von der Austrittsmenge an SO2 und der Austrittshöhe lässt sich somit mit dem Programm

Aloha ein Auswirkungsbereich berechnen.

Berechnung 4: Ermittlung der Leckrate Szenario Flüssigschwefelbrandmit Maßnahme zur Verringerungder Auswirkung

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Auswirkungsbereich der freigesetzten SO2-Menge:

Bei Verwendung der vom BLAK empfohlenen Software Aloha (Version 5.4.7) wird für einen SO2

Austritt von 106 kg/min gemäß den Bedingungen dieses Szenarios bei einem Grenzwert von

100 ppm (entsprechend IDLH) ein Auswirkungsbereich von 251 m ermittelt (siehe Abbildung 4

und Beilage 1).

Abbildung 4: Aloha Auswirkungsbereich Szenario Flüssigschwefelbrand mit Maßnahme zur Verringerung derAuswirkung

4 Festlegung des Auswirkungsbereichs (angemessenen Abstands)

Die AustroCel Hallein GmbH ist durch eine rechtliche Änderung zu einem Seveso-Betrieb gewor-

den, daher ist nunmehr ein angemessener Abstand festzulegen.

Unter Berücksichtigung der Forderungen der aktuellen Seveso-Richtlinie, Artikel 13 (2):

(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oderFlächennutzung oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführungdieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird,a) dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten,öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, Erholungsgebieten und — soweit möglich —Hauptverkehrswegen andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt bleibt;

und der Erläuterungen und Vorgangsweisen der Empfehlung 1 des BLAK, 2015

Der angemessene Sicherheitsabstand sollte letztendlich das Ergebnis der Abwägung vonraumordnungspolitischen Interessen, u.a. jener der wirtschaftlichen Entwicklung einerseits undinsbesondere dem Schutzbedürfnis der Nachbarn andererseits, sein.

sowie den Ergebnissen der Berechnungen der Einzelfallbetrachtungen wird daher ein „angemes-

sener Abstand“ um das Betriebsgelände festzulegen sein.

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Für die Festlegung des „angemessenen Abstands“ bzw. des Auswirkungsbereichs gemäß ROG

2009 sind somit folgende Überlegungen zugrunde zu legen:

4.1 Berechnete Auswirkungsbereiche gemäß Einzelfallbetrachtungen

Die mit Hilfe der Software Aloha ermittelten SO2- Ausbreitungsradien stellen eine der Grundlagen

zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstandes dar, welcher gemäß BLAK1 Empfehlung

von den einzelnen Anlagengrenzen aus zu bemessen ist.

Als Ergebnis dieser Berechnungen liegen folgende Auswirkungsradien vor:

- Szenario Brand im Schwefellager 431 m

- Szenario Kocherei 344 m

- Szenario Hochdruckspeicher 326 m

- Szenario Brand im Schwefellager mit Maßnahme 251 m

Da für die Beurteilung des Auswirkungsbereiches immer der jeweils größte errechnete Auswir-

kungsradius heranzuziehen ist, ergibt sich somit ohne weitere Maßnahmen ein Auswirkungsbe-

reich in der Größenordnung von 431 m um das Schwefellager.

4.2 Berücksichtigung von Maßnahmen zur Verringerung des Auswirkungsbereiches

Bei der Festlegung des Auswirkungsbereiches gemäß Salzburger ROG 2009 sind alle Maßnahmen

zu berücksichtigen, die das Risiko oder die Gefahren eines schweren Unfalls verringern können und

mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit verwirklicht werden.

Es stellt sich somit die Frage, ob und welche technischen Maßnahmen ergriffen werden können, um

den Auswirkungsbereich zu verringern.

Als vergleichsweise einfach zu realisierende Maßnahme wird seitens des Gutachters die Er-

richtung einer Aufkantung im Schwefel-flüssig-Lager vorgeschlagen. Die Verringerung der ma-

ximalen Abbrandfläche im Schwefellager stellt eine Maßnahme zur Verringerung des Auswirkungs-

bereichs dar, welche mit angemessenem Aufwand und zeitnah umsetzbar ist.

Durch die Errichtung einer ca. 0,2 m hohen Aufkantung kann verhindert werden, dass sich eine

Flüssigschwefellache über die gesamte Bodenfläche des Lagerraums ausbreiten kann. Da Flüssig-

schwefel beim Austritt aus dem Behälter abkühlt und nach einiger Zeit fest wird, wird die Austritts-

menge soweit begrenzt, dass nicht das gesamte Behältervolumen austreten kann. Die durch die

Aufkantung verminderte Bodenfläche ist somit als maximale Brandfläche zu berücksichtigen.

Die Verringerung der maximalen Brandfläche führt gemäß der Berechnung unter Pkt. 3.3.4. zu ei-

nem Auswirkungsbereich von 251 m anstelle der 431 m ohne Maßnahme.

Diese technische Maßnahme wird der Genehmigungsbehörde als Änderung der Betriebsanlage an-

gezeigt.

Durch die geplante Umsetzung dieser Maßnahme ist der Auswirkungsradius von 431 m nicht mehr

zu berücksichtigen.

Somit ist als verbleibendes größtes Auswirkungsszenario der Fall „Austritt Kochsäure“, Pkt 3.3.1.

mit einem Auswirkungsbereich von 344 m anzusehen.

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Darüber hinausgehende verwertbare Anlagenänderungen zur Reduktion des Gefahrenpotentials ge-

mäß BLAK1 sind nicht ersichtlich.

Der rechnerisch ermittelte größtmögliche Auswirkungsbereich des Standortes beruht somit auf an-

genommenen Störungen im Bereich der Zellstoffkocherei.

Im Plan 19-0036 (siehe Beilage 2) sind die drei resultierenden Auswirkungsbereiche um die Grenzen

der jeweiligen technischen Anlage (Objekt Zellstoffkocherei, Objekt HD-speicher bzw. Objekt

Schwefellagertank) aufgrund der möglichen SO2- Ausbreitung graphisch dargestellt.

4.3 Berücksichtigung weiterer Aspekte

Bei der Festlegung des angemessenen Abstandes kann ggf. auch die meteorologische Situation,

d.h. die Hauptwindrichtung am Standort, die im Wesentlichen parallel zur Salzach nach NW ver-

läuft, bei der Abwägung mitberücksichtigt werden. Insbesondere auch der Umstand, dass Wind in

Richtung SW nur sehr selten auftritt, kann ggf. zu einer Verringerung des Auswirkungsbereiches in

dieser Richtung herangezogen werden.

Im Sinne der Seveso-Richtlinie ist auch auf die Interessen des Betriebes, insbesondere auch auf

zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten und auch die anlagentechnische stoffliche Disposition inner-

halb der Betriebsgrenzen zu achten, diese Aspekte können daher bei der Abwägung und Beurtei-

lung eines angemessenen Abstandes ebenfalls mit einbezogen werden.

4.4 Örtliche Darstellung der Auswirkungsbereiche

Richtung Norden:

Die Landesstraße 159 wird von den berechneten Auswirkungsbereichen überstrichen. Da sich die

A10 als Hauptverkehrsweg hoher Frequenz in der Nähe, jedoch nicht im Auswirkungsbereich be-

findet, kann davon ausgegangen werden, dass die B 159 nicht mehr als Hochleistungs-Hauptver-

kehrsweg anzusehen ist. Des Weiteren wird das dort vorliegende Gewerbegebiet teilweise über-

strichen. Für den nördlichen Teil des Betriebsareals (Holzplatz, derzeit noch keine sevesorelevan-

ten Stoffe in nennenswerter Menge) wird vorgeschlagen, unter Berücksichtigung der EUGH-

Entscheidung EuGH, C-53/10 vom 15.09.2011 den angemessenen Abstand entlang der Betriebs-

grenze festzulegen, da sich dort Erweiterungsflächen für das Unternehmen anbieten. Im nordwest-

lichen Teil ist das Betriebsareal hier durch eine Lärmschutzwand (Höhe ca. 4 m) abgegrenzt.

Richtung Nordwesten:

Die berechneten Auswirkungsbereiche überstreichen nach NW ein als Wohngebiet gewidmetes

und bebautes Areal.

Richtung Westen/Südwesten/Süden:

Nach Westen und Süden überstreicht der Auswirkungsbereich Flächen der Salzach sowie Teile

der Flächen am anderen Ufer der Salzach. Hinsichtlich der Sportstätte, die sich gegenüber des Be-

triebsgeländes befindet, könnte durch die Berücksichtigung der Hauptwindrichtung bzw. die Abwe-

senheit von Windsituationen, die zu einer Schadstoffverfrachtung in diese Richtung führen können,

auch eine Verringerung des angemessenen Abstandes überlegt werden.

Richtung Osten:

Durch die vorliegende Hauptwindrichtung könnte der angemessene Abstand in Richtung Südosten

über die berechneten Auswirkungsbereiche hinaus festgelegt werden.

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Gutachten

Auswirkungsbereich

gemäß ROG 2009

Projekt: AsU-18-5011

Datei: Gutachten_Auswirkungsbereich(10) 14.03.2019 Seite 24 von 25

5 Zusammenfassende Beurteilung

Die AustroCel Hallein GmbH unterliegt nur durch die Änderungen der Chemikalieneinstufung von

Heizöl, also ohne eigene betriebliche Änderungen, nunmehr unbeabsichtigt den Regelungen der

Seveso-Richtlinie. Auf die Änderungen der Rechtslage hat die AustroCel Hallein GmbH keinen Ein-

fluss.

Auf Grund der aktuellen Rechtslage ist durch die Raumordnungsbehörde ein Auswirkungsbereich

um den Standort festzulegen. Die AustroCel Hallein GmbH kommt mit Vorlage dieses Gutachtens

ihrer Verpflichtung nach, ausreichende Informationen zur Beurteilung des Auswirkungsbereichs zur

Verfügung zu stellen.

Die Berechnungen gemäß dem Stand der Technik ergeben für drei ausgewählte Szenarien Auswir-

kungsbereiche zwischen 251 bis 344 m. Diese Auswirkungsbereiche sind in Beilage 2 dargestellt.

Da für Raumordnungszwecke nur die jeweils größtmöglichen Abstände heranzuziehen sind, ergibt

sich aus Sicht des Gutachters ein Auswirkungsbereich, der durch die Umhüllende gebildet wird. Der

daraus abgeleitete Vorschlag für den angemessenen Abstand ist in der Beilage 3 und 4 dargestellt.

Trotz der nunmehr notwendigen Ausweisung eines „Auswirkungsbereichs“ um den Betriebs-

standort kommt es weder im Betrieb selbst noch für die Nachbarschaft, zu einer Änderung

des tatsächlichen Gefahrenpotentials im Bereich der Kocherei. Der Herstellungsprozess für

Zellstoff nach dem sauren Magnesiumbisulfitverfahren wird am Standort bereits seit Jahr-

zehnten erfolgreich und ohne schwere Unfälle eingesetzt.

Von Seiten des Gutachters ist die Errichtung einer Rückhaltemauer im Bereich der Flüs-

sigschwefelanlage vorgeschlagen. Durch die Umsetzung dieser Maßnahme kommt es im Be-

reich des Flüssig-Schwefellagers durch die Verringerung der Abbrandfläche sogar zu einer

Erniedrigung des Gefahrenpotentials. Diese Maßnahme ist als Änderung der Betriebsanlage

bei der Behörde einzureichen.

Weitere technische Maßnahmen zur Verringerung des Auswirkungsbereichs bieten sich nicht an.

Bei der Ermittlung eines Auswirkungsbereiches bleiben organisatorische Maßnahmen grundsätzlich

unberücksichtigt. Tatsächlich werden die möglichen Auswirkungen bei einem technischen Gebre-

chen jedoch durch organisatorische Maßnahmen wie z.B. Vorhandensein einer Betriebsfeuerwehr

durch kurze Alarm- und Reaktionszeiten und geeignete Einsatzmaßnahmen, z.B. die Verwendung

von Hydroschilden (=Wasservorhang) wesentlich verringert. Der vorhandene Notfallplan wird regel-

mäßig beübt.

Durch laufende Instandhaltungsarbeiten im „life-cycle-change“ werden auch die technischen Aus-

führungsqualitäten laufend erhöht und das Risiko von größeren technischen Gebrechen somit weiter

verringert. Diese Maßnahmen haben jedoch auf den Auswirkungsbereich keinen unmittelbaren Ein-

fluss.

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Gutachten

Auswirkungsbereich

gemäß ROG 2009

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6 Beilagen

Beilage 1: Aloha Ausbreitungsberechnungen

Beilage 2: Standortplan 19-0036, 20.02.2019 mit Darstellung der drei Auswirkungsradien

Beilage 3: Orthophoto mit Darstellung des Auswirkungsbereichs

Beilage 4: Lageplan mit Darstellung des Auswirkungsbereichs

7 Abkürzungsverzeichnis

AEGL acute exposure guideline for life and health

BLAK Österreichischer Bundesländer-Arbeitskreis Seveso (Vorsitz beim Amt der Steier-

märkischen Landesregierung, Abt. 15, Landhausgasse 7, 8010 Graz)

ERPG emergency response planning guidelines

GewO 1994 Gewerbeordnung 1994

IDLH immediately dangerous for life and health

ppm parts per million

ROG 2009 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009