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Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst. Anmoderationen Günter J. Matthia

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Guten Morgen und herzlich willkommen

zu unserem Gottesdienst.  

Anmoderationen

 

 

 

 

Günter J. Matthia

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© Günter J. Matthia, Soester Str. 21‐23, 12207 Berlin // [email protected] 

Meine Anmoderationen

Irgendwann im Jahr 2012 wurde ich von unserem Pastor gefragt, ob ich Lust hätte, bei der soge-nannten Gottesdienstleitung mitzuwirken. Mir persönlich ist es lieber, diese Aufgabe Moderation zu nennen – jedenfalls hatte ich Lust und stehe seither im Wechsel mit ein paar anderen Menschen vor der versammelten Gemeinde, um durch den jeweiligen Gottesdienst zu moderieren (oder selbi-gen zu leiten, meinetwegen).

Da ich kein Freund von »Losungen« oder anderen vorgeschriebenen und vorgegebenen Texten bin, versuche ich jedes Mal bei der Vorbereitung, eine passende Anekdote, ein Zitat, eine Begebenheit oder sonst etwas zu finden, was die Zuhörer einstimmt und möglichst bereits auf das Thema der Predigt (das erfahre ich in der Regel rechtzeitig) vorbereitet. Meine Anmoderation zum Beginn des Gottesdienstes darf auch gerne eine Prise Humor enthalten, denn ein Lächeln oder Lachen ist aus meiner Sicht ein prima Start in die wöchentliche Versammlung der Gläubigen.

Ich beginne so gut wie immer mit den gleichen acht Worten: »Guten Morgen und herzlich will-kommen zu unserem Gottesdienst.« Rituale wie ein immer gleicher Beginn helfen, wenn man am Mikrofon steht und all die erwartungsvollen Gesichter vor sich hat. Das nur so am Rande als Tipp für die geschätzten Leser, die sich vielleicht noch davor fürchten, dass sie vor einer mehr oder we-niger großen Versammlung reden sollen.

Die ältesten dieser Einführungen habe ich leider nicht aufgehoben – die Idee, dass so etwas für meine Leser oder über den jeweiligen Sonntag hinaus interessant sein könnte, entstand erst nach einigen Monaten, weil mich immer wieder Gottesdienstbesucher bezüglich der Zitate oder Ge-schichten ansprachen.

Hier nun also das, was ich an Anmoderationen gesammelt habe. Wer möchte, darf gerne davon profitieren und abkupfern – ob nun im Rahmen einer Moderation oder sonst irgendwie und ir-gendwo. Wer Zeit hat, kann mich auch gerne wissen lassen, wo meine Moderationen verwendet werden. Ich erhebe kein Copyright auf diese Texte (es sei denn, jemand möchte sie zu kommerziel-len Zwecken verwenden!) - man beachte aber meine Endnoten mit Quellenangaben und gegebe-nenfalls Hinweisen zum Copyright, soweit ich in meinen Beiträgen auf fremde Quellen zurückge-griffen habe.

Ich ergänze regelmäßig dieses Dokument, wenn neue Anmoderationen hinzukommen. Schauen Sie ruhig ab und zu nach, ob Sie schon alles kennen.

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Inhalt

Meine Anmoderationen ............................................................................................................................ 2 

Inhalt ......................................................................................................................................................... 3 

1.7.2012 – Die angebundene Katze .......................................................................................................... 5 

26.8.2012 – Petrus stichelt über Paulus .................................................................................................... 6 

14.10.2012 – Der Alte Fritz im Gefängnis ................................................................................................. 7 

11.11.2012 – Ein tragfähiges Fundament ................................................................................................. 8 

9.12.2012 – Ein Licht nach dem anderen .................................................................................................. 9 

23.12.2012 – Das Weihnachtsgeschenk .................................................................................................. 10 

3.2.2013 – Kartoffeln ernten ................................................................................................................... 12 

4.3.2013 – Wrangel und Bismarck .......................................................................................................... 13 

31.3.2013 – Ostern: lass dir vergeben! ................................................................................................... 14 

21.4.2013 – Kraftquellen ......................................................................................................................... 15 

19.5.2013 – Pfingsten bringt Veränderung ............................................................................................. 16 

26.5.2013 – Buddha im Garten ............................................................................................................... 17 

1.12.2013 – Die hochschwangere Gattin ................................................................................................ 18 

19.1.2014 – Glück und Reichtum ............................................................................................................ 19 

23.2.2014 – Ein Wasserglas ..................................................................................................................... 20 

23.3.2014 – Pfarrer Braun ....................................................................................................................... 22 

14.4.2014 – Nietzsche zu Ostern............................................................................................................. 23 

8.6.2014 – Brif braf, braf brof ................................................................................................................. 25 

7.9.2014 – Die Affenhorde von Kerkowan .............................................................................................. 27 

21.9.2014 – Bis 30 zählen ........................................................................................................................ 29 

14.12.2014 – Die vier Kerzen .................................................................................................................. 30 

18.1.2015 – Neue Laufschuhe … wegen Paulus? .................................................................................... 31 

22.3.2015 – Der unverständliche Gott .................................................................................................... 32 

5.4.2015 – Ostereierfarben ..................................................................................................................... 34 

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12.7.2015 – Isaac Newton, Stephen King und ich ................................................................................... 35 

4.10.2015 – Von der Dankbarkeit ........................................................................................................... 36 

25.10.2015 – Das leere Blatt ................................................................................................................... 37 

29.11.2015 – Gott kommt zum Kaffeetrinken ........................................................................................ 38 

12.6.2016 – Kopfüber am Telefonmast ................................................................................................... 39 

3.10.2016 – Großzügigkeit ist aus der Mode gekommen ....................................................................... 40 

13.11.2016 – Ein Neuankömmling im Himmel ........................................................................................ 41 

20.11.2016 – Ewigkeit kann ich mir nicht vorstellen .............................................................................. 42 

8.1.2017 – Ein neues Herz, ein neuer Geist. ........................................................................................... 44 

22.1.2017 – Die Sache mit dem Licht und der Finsternis ........................................................................ 45 

26.2.2017 – Herr K. will keine Salbe ........................................................................................................ 46 

30.4.2017 – Der Weise und sein König ................................................................................................... 47 

4.6.2017 – Pfingsten ................................................................................................................................ 48 

25.6.2017 – Der Herr Pung und der Herr Barke ...................................................................................... 49 

15. 10. 2017 ‐ Luther ............................................................................................................................... 50 

19. 11. 2017 – Der Ochsenkarren des Herrn Spurgeon .......................................................................... 51 

17. 12. 2017 – Theodor Fontane zum Advent ......................................................................................... 52 

Die Endnoten ........................................................................................................................................... 53 

 

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1.7.2012 – Die angebundene Katze

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst. Wir wollen heute mal eine angebundene Katze von ihren Fesseln befreien.

Ich sehe schon an euren Gesichtern, dass ich das erklären muss.

Es begab sich zu einer Zeit, die heute niemand mehr so genau auf den Tag zu bestimmen sich die Mühe machen würde, dass eine Gruppe von Menschen sich regelmäßig versammelte, um unter der Anleitung eines weisen Mannes gemeinsam über Gott nachzudenken und, soweit verfügbar, heilige Schriften zu studieren.

Eines Tages fand sich eine Katze in dem Raum ein und strich neugierig umher. Als die Gruppe aufbrach, verschwand auch die Katze. Beim nächsten Zusammenkommen war auch die Katze wie-der zur Stelle. Ihr unaufhörliches Rumoren im Raum irritierte die Gottsuchenden und hielt sie davon ab, sich angemessen auf das Studium der Schriften zu konzentrieren. Daher ordnete der Weise nach einigen Tagen an, dass die Katze für die Dauer der täglichen Versammlung vor der Tür an einem Baum angebunden werden sollte.

So verfuhr man und konnte sich nun wieder ungestört der geistlichen Erbauung widmen.

Einige Jahre später starb der alte Weise und ein Nachfolger wurde bestimmt. Die Gruppe, die im-mer wieder neue Mitglieder gefunden hatte und fand, sogar gewachsen war, versammelte sich wei-ter regelmäßig. Treu der Tradition band man jedes Mal vor der Tür die Katze am Baum fest, nach der Versammlung wurde sie befreit.

Die Katze war jedoch auch nicht mehr die jüngste und starb ein Jahr nach dem ursprünglichen Leiter der Gruppe. Unverdrossen hielt die Gruppe an der Überlieferung fest: Man besorgte sich eine neue Katze, die während der Treffen angebunden wurde.

Etliche Jahrzehnte später wusste schon niemand mehr zu sagen, warum eigentlich während der Besinnung auf Göttliches eine Katze vor der Türe angebunden werden musste, aber da die Traditi-on nachweislich auf den verehrten Gründer der Gruppe zurückzuführen war, entstanden nach und nach viele theologische Abhandlungen, die stichhaltig erklärten, warum man Gott nur suchen und finden konnte, wenn vor dem Versammlungsraum eine Katze angebunden war.i

Ich glaube, viel mehr muss ich jetzt gar nicht sagen – unsere angebundenen Katzen erkennen wir bestimmt, wenn wir uns die Mühe machen hinzuschauen. Manchmal haben wir uns so an sie ge-wöhnt, dass sie uns gar nicht mehr auffallen – sie gehören ins übliche Bild.

Aber das Bild kann auf einmal ganz erfrischend anders aussehen, wenn wir die Katze losbinden. In diesem Sinne wünsche ich uns jetzt einen überraschenden Gottesdienst.

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26.8.2012 – Petrus stichelt über Paulus

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst. Die Musiker haben uns mit dem ersten Lied, vielleicht ohne es beabsichtigt zu haben, eine ziemlich hohe Hürde aufgestellt: Gott ist heilig – das heißt, dass an ihm nichts unrein, falsch, sündig oder unzuverlässig ist. Wir stellen mehr oder weniger häufig fest, dass wir da nicht so ganz mithalten können.

In der Predigt wird es heute um einen Text gehen, der dem Apostel Paulus zugeschrieben wird. Dennoch (und, wie ich zugeben muss, mit Bedacht und Augenzwinkern) möchte ich an dieser Stel-le seinen Amtskollegen Petrus zitieren.

Erkennt in der Treue unseres Herrn die Rettung, wie auch unser ge-liebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrie-ben hat, wie in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen re-det. In diesen Briefen ist einiges schwer zu verstehen, was die Unwis-senden und Ungefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften,

zu ihrem eigenen Verderben.ii 

Dass einiges von dem, was in den paulinischen Briefen steht, schwer zu verstehen ist, wird nicht nur in diesem Petrusbrief unmissverständlich festgestellt. Das ist mir jedenfalls auch schon aufge-fallen, vielleicht sogar einigen anderen, die hier anwesend sind. Im heutigen Text zur Predigt soll am tragischen Beispiel von Israel deutlich werden, dass manche Sünden Gottes Gericht hervorru-fen. Gott ist heilig. Wir sind es – mehr oder weniger häufig – nicht.

Ich kenne die Predigt genauso wenig wie ihr, möchte auch nicht vorgreifen. So viel allerdings soll-ten wir schon am Beginn des Gottesdienstes wissen und festhalten: Weil Gott auch treu ist, brau-chen wir trotz seiner Heiligkeit nicht verzagen, meint Petrus in den eben zitierten Sätzen. Mehr darüber, was der geliebte Bruder Paulus, wie Petrus sich auszudrücken beliebt, an schwer zu ver-stehenden Dingen geschrieben hat, hören wir nachher von unserem Pastor.

An dieser Stelle soll der Gedanke genügen und möglichst haften bleiben, dass Gott treu und gnädig ist. Mancher mag heute mit Sorgen, Krankheit, Unsicherheit oder anderen Lasten zu unserem Got-tesdienst gekommen sein, andere sind vielleicht rundum glücklich und zufrieden und bester Dinge. Wie es auch um uns bestellt sein mag, das ändert nichts daran, dass Gottes Treue zur Verfügung steht, sogar dann, wenn wir etwas falsch machen oder wenn wir uns so fühlen, als sei Gott unend-lich weit entfernt und überhaupt nicht an unserem Ergehen interessiert.

»Glauben heißt abhängig sein von der Treue Gottes«, hat Corrie ten Boom einmal gesagt. Solche Abhängigkeit wünsche ich uns allen für diesen Sonntagmorgen und natürlich weit darüber hinaus. Gottes Treue ist nicht nur in der Kirche beziehungsweise Gemeinde zu finden, und das ist auch gut so.

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14.10.2012 – Der Alte Fritz im Gefängnis

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Wisst ihr, was wirklich peinlich ist? Wenn mitten in der Predigt oder während der Gebetszeit oder auch beim andächtigen Gesang ein mehr oder weniger geschmackvoller Klingelton aus deiner Handtasche oder deinem Jackett laut wird.

Daher empfehle ich, falls ihr zu den Mobiltelefonbesitzern zählt, euch jetzt zu vergewissern, dass das Gerät aus oder zumindest stumm geschaltet ist. Es mindert nämlich nicht die Peinlichkeit, sich nach der Störung des Gottesdienstes durch das Klingeln Gründe zurechtzulegen, warum das Tele-fon unbedingt eingeschaltet sein musste oder welche Umstände daran Schuld sind, dass es mitten im Gottesdienst Lärm machen musste. Es ist ja niemals unsere eigene Schuld, wenn so etwas pas-siert.

Wir Menschen sind immer recht schnell dabei, Entschuldigungen und Ausflüchte zu suchen. Der Preußenkönig Friedrich II., in späteren Lebensjahren auch der Alte Fritz genannt, war beim Volk für seine Gerechtigkeit beliebt. Einmal, so wird erzählt, besuchte der Alte Fritz ein Gefängnis. Zu seinem Erstaunen musste er bei den Gesprächen mit den Gefangenen feststellen, dass alle unschul-dig waren. Jeder hatte eine Ausrede parat.

Schließlich traf er auf einen Mann, der den Kopf hängen ließ und sich selbst einen Schuft nannte. Ungeschminkt berichtete er, wie er auf die schiefe Bahn gekommen war.

Der Preußenkönig sagte zu dem Gefangenen: »Du bist hier der einzige Lump unter lauten anstän-digen Leuten. Scher dich fort, damit die anderen nicht durch dich verdorben werden!«iii Dieser Mann bekam die Freiheit geschenkt, weil er seine Schuld erkannte und bekannte.

Gott ist diesbezüglich wie der Alte Fritz. Wenn wir unsere Lebensschuld vor der höchsten Majestät zugeben, gewährt auch er uns Vergebung und Befreiung. Es heißt in der Bibel:

Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass

er uns die Sünde vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt.iv 

Ein Gottesdienst bietet Gelegenheit für vieles, für das Lob Gottes durch Lieder zum Beispiel. Wir werden auch eine Predigt hören und dabei mit- und nachdenken können, wie es wäre, unsere Stadt mit den Augen Jesu zu sehen.

Und es kann auch jeder im stillen Gebet dem himmlischen Vater eigene Schuld bekennen, statt Ausreden zu suchen – in der frohen Gewissheit, dass Vergebung und Befreiung von der Schuld in greifbarer Nähe sind.

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11.11.2012 – Ein tragfähiges Fundament

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Ich habe am Donnerstag, als ich das heutige Predigtthema erfahren habe, eine ganze Weile gesucht und das Gesuchte nicht gefunden, nämlich eine kleine Anekdote oder eine Fabel mit dem Thema »Fundament«. Meine öffentliche Nachfrage auf Facebook nach einem passenden kurzen Text brachte auch keinen Erfolg, sondern lediglich den folgenden Kalauer:

In der ehemaligen DDR ist mal ein Kulturpalast eingestürzt, weil das Fundament nicht die nötige Festigkeit hatte. Bei der Untersuchung der Ursachen meldete sich der Zement mit folgender Aus-sage zu Wort: »Ich kann nichts dafür, ich war gar nicht dabei!«

Ich gehe davon aus, dass wir in der Predigt nachher Gehaltvolleres zum Thema hören werden.

Im Matthäus-Evangelium finden wir in den Kapitel 5 bis 7 die sogenannte Bergpredigt, aus der auch der heutige Predigttext stammt. Für den Beginn unseres Gottesdienstes habe ich einen ande-ren Abschnitt gewählt, in dem der Glaube der Zuhörer gestärkt werden soll, was ja auch uns immer wieder ganz gut tun kann:

Wenn Gott sogar die Feldblumen, die heute blühen und morgen ins Feuer geworfen werden, so schön kleidet, wie viel mehr wird er sich dann um euch kümmern! Macht euch also keine Sorgen! Fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn da-mit plagen sich die Menschen dieser Welt herum. Euer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht! Euch soll es zuerst um Gottes Reich und um seine Gerechtigkeit gehen, dann wird er euch alles Übrige dazugeben. Sorgt euch also nicht um das, was morgen sein wird! Denn der Tag mor-gen wird für sich selbst sorgen. Die Plagen von heute sind für heute

genug!v 

Das ist doch, obwohl der Begriff gar nicht vorkommt, ein tragfähiges Fundament, dass unser Vater im Himmel weiß, was wir brauchen.

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9.12.2012 – Ein Licht nach dem anderen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am zweiten Advent.

Die Adventszeit hat ja vielerlei Gutes. Zum Beispiel: Auch wenn man kein heller Kopf ist – in der Adventszeit geht einem ein Licht nach dem anderen auf.

Manchmal bedarf es eines zweiten Anlaufs bis einem ein Licht aufgeht. Daher gibt es heute den zweiten Advent, und falls das noch nicht reicht … bis zum Weihnachtsfest ist noch etwas Zeit.

In den letzten Gottesdiensten ging es um die Frage, wie eine Gemeinde aussieht, die für Jesus etwas in dieser Welt verändert. Auch heute wird diese Überlegung fortgeführt. Nun mag man sich fragen, was ein solch generelles Thema mit dem Advent oder Weihnachten zu tun hat.

Zu Weihnachten steht für viele Menschen das Schenken und Einsammeln von Geschenken im Mittelpunkt. Verkaufsoffene Sonntage wie heute sollen helfen, die Umsätze kräftig anzukurbeln. Das ist ja an und für sich nicht verkehrt, denn ohne Konsum, und das nicht nur zur Weihnachts-zeit, ginge es unserer Wirtschaft bei weitem nicht so gut, wäre unser Land nicht in einem ver-gleichsweise hervorragenden Zustand. Mehr Konsum bedeutet sicherere oder mehr Arbeitsplätze, höheres Steueraufkommen … das ist wie gesagt an und für sich eine rundum gute Angelegenheit.

Aber wenn Weihnachten nur noch ein Geschenkefest ist, wenn die Geburt des Erlösers in Verges-senheit gerät, dann fehlt mehr und mehr Menschen eine solide Lebensgrundlage, die unabhängig von materiellen Belangen tragfähig ist. Dass Geld und Geschenke nicht wirklich und dauerhaft glücklich machen, ist kein Geheimnis. Aber wie können die Menschen Jesus kennen lernen und in ein Leben mit Gott hineinwachsen, wenn wir, die Christen, durch unser Leben als Gemeinde und als Einzelne mitten in dieser Welt nicht Veränderungen herbeiführen? Wer soll denn angesichts der Schwierigkeiten und der Zerrissenheit unserer Welt noch die Herrschaft Gottes erkennen und im Blick behalten, wenn nicht wir? Und wir können und wollen wiederum von einem festen Le-bensfundament nur dann berichten, wenn Weihnachten – das Menschwerden Gottes – unsere Grundlage ist.

Damit schließt sich der Kreis vom Verändern unserer Welt zur Ankunft des Erlösers und zurück. Ich freue mich auf diesen Gottesdienst und hoffe, dass es euch genauso geht.

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23.12.2012 – Das Weihnachtsgeschenk

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am vierten Advent.

Bitte mal recht freundlich … [an dieser Stelle fotografierte ich die Gemeinde mit meinem Mobilte-lefon] … Dankeschön.

So ein mobiles, womöglich auch noch schlaues Telefon ist ja weit mehr als ein Telefon. Man kann damit Bilder aufnehmen, durch fremde Städte navigieren, soziale Netzwerke heimsuchen, sich die Zeit damit vertreiben, auf dem Bildschirm virtuelle Ameisen zu zerquetschen, Musik hören, Pre-digten oder sonstige Ansprachen aufnehmen, Bücher einkaufen, Nachrichten lesen und sehen, und sogar – man ahnt es kaum – telefonieren!

Nun stell dir einmal vor, du bekommst ein solches Gerät zu Weihnachten geschenkt. Wenn das der Fall ist, dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie du darauf reagierst:

Du nimmst es zur Kenntnis – aha, Tante Erna oder Onkel Paul hat mir ein Mobiltelefon geschenkt. Feine Sache. Und dabei belässt du es dann.

Du packst das Gerät aus, nimmst es in Betrieb, freust dich daran, dass der Bildschirm so schön bunt aufleuchtet und legst es dann beiseite, um dich mit anderen Dingen zu beschäf-tigen.

Du machst dich mit dem Geschenk vertraut, beschäftigst dich mit der Anleitung, lernst es richtig kennen und verwendest es fortan als hilfreichen und Freude machenden Begleiter im Alltag.

Inzwischen mag sich mancher frage, ob das hier eine Werberede für ein Mobiltelefon werden soll … nein, keine Angst!

Zu Weihnachten feiern wir, dass Gott uns ein Geschenk gemacht hat – er hat seinen Sohn Mensch werden, unter uns Menschen leben und für uns Menschen sterben lassen.

Natürlich hinkt der Vergleich wie alle Vergleiche hinken, aber wir können auch auf dieses Ge-schenk Gottes verschieden reagieren:

Man nimmt es zur Kenntnis – aha, Gott hat seinen Sohn gesandt. Feine Sache. Hat aber nichts mit meinem Leben und mir zu tun.

Man nimmt das Geschenk an, freut sich daran, dass Jesus Mensch geworden ist und legt diese Erkenntnis dann gedanklich beiseite, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Oder man macht sich mit dem Geschenk vertraut, lernt Jesus richtig kennen, was seine Zeit dauert und auch nicht so ganz einfach gelingt. Aber dadurch wird Jesus zu unserer Hilfe, Freude und Hoffnung, zu unserem Begleiter im Alltag.

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Ich wünsche uns allen an diesem Morgen, dass Gottes Geschenk uns wieder ganz neu bewusst und wertvoll wird. Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch nach Jahren noch neue Facetten des Glaubens entdecken und erleben können. Dann wird es uns nämlich möglich, uns tatsächlich über Weih-nachten als Erinnerung an die Geburt Jesu zu freuen, völlig losgelöst von mehr oder weniger kit-schigen Liedern, pausbäckigen Engeln oder rot gekleideten weißbärtigen dicken Männern, die alle behaupten, der Weihnachtsmann zu sein, den es – die Kinder halten sich bitte mal kurz die Ohren zu – ja gar nicht gibt.

»Freuet euch« – das wird auf einmal ganz leicht, wenn wir Gottes Geschenk der Menschwerdung bedenken, und diese Freude ist dann unabhängig von irdischen Geschenken unter dem Tannen-baum.

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3.2.2013 – Kartoffeln ernten

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Wer von euch hat schon einmal Kartoffeln geerntet? Oder Weintrauben, Spargel, Melonen, Weizen …

Wir Berliner gehen ja eher in ein Geschäft und erwerben die benötigten Nahrungsmittel, als selbst zu säen und zu ernten. Wir haben oft noch nicht einmal eine klare Vorstellung, was eigentlich alles notwendig war, bevor die Nahrung in unserer Küche zubereitet oder im Restaurant bestellt werden kann.

Das Motto des heutigen Gottesdienstes und der Predigt ist »Bittet den Herrn der Ernte - für eine neue Ernte in Deutschland.« Jesus hat gerne Bilder aus dem Alltag der Menschen verwendet, um geistliche Dinge zu erklären. Eine Ernte, das wussten seine Zeitgenossen, erfordert Arbeit, Mühe und Einsatz, kostet Kraft.

Ich habe mal als junger Mensch, mit 17 Jahren etwa, Kartoffeln geerntet, einen Tag lang, und zwar per Hand, nicht mit einer Maschine. Die Rückenschmerzen haben ein Vielfaches der Zeit angehal-ten, die ich auf dem Acker verbracht habe. Eins habe ich damals verstanden: Die Kartoffeln wan-dern nicht von selbst in unseren Keller. Man muss sie aus der Erde holen, und das ist Arbeit.

Jesus sagt in unserem heutigen Predigttext unter anderem:

Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, mehr Arbeiter auf seine Felder zu schicken.

Geht!vi 

Das ist etwas unangenehm, dass er noch dieses »Geht!« hinzufügt. Eine Bitte an den Herrn der Ernte, Arbeiter auszusenden, das lässt sich ja noch ohne großen Aufwand machen. Da kann man sogar auf dem Sofa sitzen bleiben. Dumme Sache, dieses »Geht!« Oder doch nicht?

Ich bin gespannt auf die Predigt, auf den ganzen Gottesdienst und ich wünsche mir, dass es mir, dass es uns gelingt, nicht nur von der Ernte zu reden, sondern sie tatsächlich auch mit anderen zusammen einzubringen.

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4.3.2013 – Wrangel und Bismarck

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst in der Wrangelstraße.

Dass unsere Gemeinde an dieser Adresse beheimatet ist, dient mir als willkommener Aufhänger für eine kleine Anekdote aus der Geschichte.

Otto von Bismarck hat in seinem Buch »Gedanken und Erinnerungen« geschildert, wie ein lang-jähriges Zerwürfnis in der Beziehung zu seinem alten und väterlichen Freund, Feldmarschall Fried-rich von Wrangel, beendet wurde.

Während des Deutsch-Dänischen Krieges hatte Wrangel zunächst den Oberbefehl über die preu-ßisch-österreichischen Truppen. Er wurde im Kriegsverlauf aber auf Betreiben Bismarcks schnell abgelöst, da er eigenmächtig vorging. Wrangel verzögerte nämlich die militärischen Operationen und verbot die Verfolgung der geschlagenen dänischen Truppen.

Der noch immer darüber erboste Bismarck saß dann Jahre später an einer Tafel dem alt geworden Wrangel gegenüber. Die beiden redeten kein Wort miteinander, bis Wrangel zu Bismarck sagte: »Mein Sohn, kannst Du nicht vergessen?«

Bismarck antwortete abweisend: »Nein!«

Dann schwiegen beide wieder lange, bis Wrangel erneut anfing: »Mein Sohn, kannst Du nicht ver-geben?«

Da streckte Bismarck ihm die Hand über den Tisch entgegen und sagte: »Von Herzen gern!«vii

Manchmal fällt es uns sehr schwer, um Vergebung zu bitten. Es wäre uns viel lieber, wenn unsere Schuld einfach in Vergessenheit geraten würde … anstatt zugeben zu müssen, dass wir schuldig geworden sind. Das passiert im zwischenmenschlichen Bereich und es passiert auch in unserer Beziehung zu Gott.

Daniel, um den es heute in der Predigt gehen wird, hat nicht still vor sich hin gehofft, dass Gott die Schuld der Menschen irgendwann einfach vergessen würde. Er sagt stattdessen unter anderem in seinem Gebet, das nachher Teil der Schriftlesung sein wird: »Ja, wir haben gesündigt, wir sind gott-los gewesen!«

Dazu später mehr. Ich wünsche mir und uns, dass wir öfter wie Wrangel, nach dem die Straße, in der wir uns jeden Sonntag versammeln, benannt ist, darauf kommen, dass es möglich und sogar richtig ist, um Vergebung zu bitten – weil nur Vergebung die Schuld tatsächlich beseitigt. Bei Men-schen und bei Gott.

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31.3.2013 – Ostern: lass dir vergeben!

Guten Morgen und herzlich willkommen zum Ostergottesdienst.

Ostern ist ja auch ein Fest der Überraschungen – es passt also ganz gut, dass ich erst ganz kurzfris-tig erfahren habe, dass ich heute hier vor euch stehe. Daher habe ich – auch recht österlich – nach einem passenden Einstieg in den Gottesdienst gesucht, nämlich via Google, und die gefundenen Gedanken weitgehend übernommen.

Was fällt uns eigentlich zuerst ein, wenn wir Ostern hören? Ostereier suchen, Osterbraten, Osterfe-rien, Osterurlaub, Osterhase, Osterspaziergang … oder war doch noch was anderes? Ach ja, die Sache mit Jesus.

Zu sagen, dass er auferstanden ist, hat nur Sinn, wenn wir wissen, dass auch wir auferstehen wer-den. Auferstehung als rein historisches Ereignis, vor rund 2000 Jahren, das mit uns persönlich nichts zu tun hat, das wäre doch letztendlich ziemlich sinnlos. Ein weiteres Fest, ein paar willkom-mene Ferientage, sonst nichts. Aber an Ostern liegen Tod und Leben, Begräbnis und Auferstehen eng beieinander. Das gilt noch heute und jeder kann es erleben. Ostern darf ein Neuanfang sein - heraus aus der Trostlosigkeit, aus der Verzweiflung, aus der Schuld und Aufbruch zu einem neuen Leben.

Eberhard Jüngel gab einmal folgenden Spruch zu Ostern von sich:

Das unterscheidet Ostern von einem Osterspaziergang: Spaziergänge än-dern nichts. Sie enden in der Regel genau da, wo sie anfingen. Ostern

hingegen ist ein Aufbruch ohne Ende.viii 

Er meinte damit: beende deinen Spaziergang und fang was Neues an. Lass dich von Ostern inspirie-ren. Lass Ostern für dich nicht zu einem Fest der Auferstehung von vor 2000 Jahren werden, son-dern zu einer Auferstehung jetzt und heute – für dich ganz persönlich.

Begrabe deinen Neid, deinen Hass, deinen Streit mit Freunden, hänge deine Schuld ans Kreuz (denn dafür ist Jesus ja gestorben), lass dir vergeben und breche auf zu einem neuen Leben. Ver-such es zumindest und suche dir jemanden der dir auf diesem neuen Weg helfen kann.

Noch zwei Verse aus der Bibel möchte ich uns auf den Weg in diesen Gottesdienst hinein mitge-ben:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater

denn durch mich.ix 

Man muss von neuem geboren werden.x

Beide Verse haben sehr viel mit Ostern zu tun, Ostern ist sozusagen der Schlüssel, um diese Sätze verstehen zu können. Haben wir sie verstanden?xi

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21.4.2013 – Kraftquellen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Wenn der Wind weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen, sagt ein Sprichwort. Wie gehen wir mit Gegenwind, mit Widerständen und Schwierigkeiten in unserem Leben um?

Um diese Frage wird es heute unter anderem in der Predigt gehen. Wir haben eben gesungen »du bist der Herr über Tag und Nacht«, was an einem hellen, sonnigen Frühlingstag leicht über unsere Lippen geht. Aber wenn es dunkel wird, wenn uns Krankheit, Not oder Angst überfallen, dann ist es gar nicht mehr so leicht, an solchen Aussagen über Gott festzuhalten.

»Israel zog wohlgeordnet aus Ägyptenland« heißt es ein paar Absätze vor dem Text, den wir nach-her als Schriftlesung hören. Der Knechtschaft entronnen meinte das Volk, nun schnurstracks in die versprochene Heimat zu ziehen, voller Gottvertrauen und das Lob Gottes auf den Lippen. Wir wis-sen, dass die Euphorie von kurzer Dauer war. Nicht lange danach redeten sie schon ganz anders: »Haben wir's dir nicht schon in Ägypten gesagt: Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern die-nen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben.«

Wie nötig ist doch manchmal, eben vor allem in widrigen Umständen, eine Kraftquelle. Ich wün-sche mir und uns, dass dieser Gottesdienst heute dazu beiträgt, uns auf Kraftquellen aufmerksam zu machen, die wir dringend brauchen, wenn einmal nicht eitel Sonnenschein in unserem Leben herrscht. So angenehm der Zustand auch ist, wenn alles gut und schön und gesund und voller Se-gen und Sieg ist, aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schnell und unerwartet plötzlich alles anders aussehen kann.

Dann, wenn das ägyptische Heer am Horizont auftaucht, dann brauchen wir Kraftquellen in der Wüste. Wie man die finden kann, dazu wird uns unser Pastor nachher Hinweise geben.

Ich hoffe jedenfalls, dass wir lieber Windmühlen bauen als Schutzmauern.

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19.5.2013 – Pfingsten bringt Veränderung

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Pfingstgottesdienst.

Pfingsten passiert etwas Besonderes. Plötzlich ist allen klar: Doch, er lebt! Jesus ist nicht ein für alle Mal verschwunden und hat die Welt desorientiert zurückgelassen. Er lebt und hat seine Verhei-ßung erfüllt, einen Stellvertreter zu schicken. Und das hat etwas mit uns zu tun!

Plötzlich verstehen die Jünger den Zusammenhang. Karfreitag – Jesus wird am Kreuz zu Tode ge-foltert. Gott leidet mit seinem Sohn. Ostern: Der Tod hat nicht das letzte Wort, der Herr wird auf-erweckt. Allerdings nicht, um zu bleiben, sondern um nach einer kurzen Zeitspanne zu seinem Vater zu gehen.

Und jetzt, am Pfingsttag, spüren die Jünger: Gott ist mitten unter uns. Das Leben siegt. Er ist aufer-standen! Und unter diesen Fischern und Prostituierten und Zöllnern und Hausfrauen und Hand-werkern bricht Jubel auf: Gott ist da, Gott sagt unserem Leben Sinn zu. Genau wie Christus es ver-sprochen hat, begleitet uns Gott auf unserem Weg. Der Heilige Geist gibt uns Kraft zum Leben und Mut zum Sterben. Das haben die Jünger erkannt, gemeinsam in all ihrer Unterschiedlichkeit. Die Freude darüber muss so aus ihnen herausgesprudelt sein, dass mancher, wir werden es nachher in der Schriftlesung hören, sie für betrunken hielt.

Und das ist keine Geschichte nur von damals. Auch heute kann man Gottes Geist daran erkennen, dass er Menschen bewegt, von Gott, von der Erfahrung mit Jesus Christus, von einer tiefen Glau-benserkenntnis zu sprechen. Pfingsten ist dabei sehr vielschichtig, denn der Heilige Geist begegnet uns, dir genau wie mir, sehr individuell und persönlich, weil ja auch wir nicht alle gleich sind.

Als Trösterin, mütterlich und fürsorglich, wird der Geist von manchen wahrgenommen. Getröstet werden, sich fallen lassen, neue Kraft schöpfen, das tut wohl und ist oft notwendig.

Frei sein wie ein Vogel, unverzagt und offen für Neues, voller Mut auf einmal Dinge wagen, die vorher noch undenkbar waren – so erleben andere die Veränderung, die der Heilige Geist ihnen bringt. Eben noch niedergeschlagen, ängstlich, eingeschüchtert können sie nun plötzlich ein kraft-volles und glaubwürdiges Zeugnis von der Kraft Gottes nicht nur erzählen, sondern sein.

Auf welche Weise auch immer – wir dürfen und sollten damit rechnen, dass Pfingsten Verände-rung bedeutet. Das wünsche ich mir und uns allen nicht nur, aber auch und vielleicht ganz beson-ders in diesem Gottesdienst.xii

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26.5.2013 – Buddha im Garten

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

In unserer Straße gibt es ein Haus, das bunt geschmückt ist mit tibetanischen Fähnchen, Wimpeln und Ornamenten, auch ein etwas beleibter Buddha, aus Stein natürlich, nicht lebendig, ist im Vor-garten zu sehen.

Am Gartenzaun ist ein Metallschild mit einem QR-Code aufgestellt. Neulich hatte ich, als wir an dem Haus vorbei gingen, mein schlaues Mobiltelefon griffbereit. Da ich eine QR-Code-Anwendung installiert habe, konnte ich endlich mal herausfinden, was das Metallschildchen ei-gentlich sagen will, wenn man über die geeignete Ausrüstung zum Entschlüsseln verfügt. Also rich-tete ich das Kameraauge meines Telefons auf das Schild, drückte auf dem Bildschirm »Scannen« und konnte dann die Botschaft lesen:

For one minute please, stand here in silence and look at the sky, and

contemplate, how awesome life is. 

Eine Aufforderung also, wenigstens einen Augenblick zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen, sich darüber Gedanken zu machen, wie großartig und eindrucksvoll das Leben ist.

Man muss ja dazu keinen Buddha im Garten haben – es tut uns allen immer wieder gut, innezuhal-ten und uns zu erinnern, dass das Leben – trotz aller Widrigkeiten, die uns begegnen, trotz aller Durststrecken, die wir durchwandern, trotz Krankheit, Not, Armut oder anderen Qualen – doch mehr ist, als wir gerade mitten in den Schwierigkeiten zu erkennen in der Lage sind.

Manchmal hilft so ein Blechschild mit einem QR-Code, sich daran zu erinnern. Es kann aber auch ein Gottesdienst sein. Wie wäre es mit dem heutigen zum Beispiel für dich und mich? Es ist, davon bin ich überzeugt, kein Zufall, dass unser Leben großartig und beeindruckend ist, wenn wir nur genau hinschauen. Ich glaube, da steckt jemand dahinter!

In der Schriftlesung, die wir nachher hören, erinnert Mose das Volk: »Der Herr, euer Gott, geht doch vor euch her. Er wird für euch kämpfen, wie er es schon in Ägypten vor euren Augen getan hat. Ihr habt erlebt, wie der Herr, euer Gott, euch den ganzen langen Weg durch die Wüste bis hierher getragen hat, wie ein Vater sein Kind trägt.«

Ich wünsche mir und uns allen, dass uns das heute ganz neu bewusst wird, dass der Herr, unser Gott, nicht fern von uns ist, sondern bei uns, gerade und vor allem auch dann, wenn wir ihn vor lauter Sorge oder Not oder Angst einmal aus den Augen verlieren.

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1.12.2013 – Die hochschwangere Gattin

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am ersten Advent.

Ich gebe es zu. Ich war versucht, an dieser Stelle ein Adventsgedicht vorzutragen. Dann hätte der Gottesdienst so angefangen:

Es naut die Blacht – Verzeihung. Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken, Schneeflöcklein leis herniedersinken. Auf Edeltännleins grünem Wipfel häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.xiii

Einige von euch könnten jetzt auswendig fortfahren, ich weiß. Aber nein. Loriot soll heute und hier doch nicht zitiert werden, zumal ich nicht sicher bin, ob ein ermordeter Förster am ersten Advent theologisch unbedenklich wäre.

Anstelle eines Adventsgedichtes oder der ungefähr dreihundertsiebenundvierzigsten Aufklärung darüber, dass Advent etwas mit Ankunft zu tun hat, habe ich eine Denksportaufgabe für euch: Stellt euch einmal vor, ihr wäret ein junger Mann. Auch die anwesenden Damen, gleich welchen Alters. Sagen wir er wäre 25 Jahre alt.

Also du bist jetzt ein junger Mann, sitzt hier im Gottesdienst und bist mit den Gedanken nicht ganz dabei. Deine Frau ist nämlich hochschwanger, sie liegt zu Hause auf dem Sofa und es kann jeden Moment so weit sein, dass die Wehen einsetzen. Darum liegt das Telefon griffbereit neben deiner Frau auf dem Couchtisch. Du, der junge Mann hier im Gottesdienst, hast dein Mobiltelefon in der Tasche und rechnest jeden Augenblick mit dem Anruf deiner Frau: »Schatz, es ist so weit!«

Übrigens: das ist auch die einzige Konstellation, bei der es einen Grund gibt, ein Telefon während des Gottesdienstes eingeschaltet zu lassen. Alle anderen, deren Frau nicht hochschwanger zu Hause auf dem Sofa liegt, dürfen jetzt noch einmal nachsehen, ob ihr Gerät nicht versehentlich doch noch eingeschaltet ist. Dankeschön.

Unser imaginärer junger Mann hat so einiges vorbereitet. Ein Kinderzimmer hergerichtet mit Ba-bybett und Wickelkommode, mehrere Kartons mit Windeln bereitgestellt, Kleidung für das noch Ungeborene eingekauft. So eine Geburt kommt ja in der Regel nicht völlig überraschend und auf manche Dinge im Leben bereitet man sich sorgfältig vor.

Warum es in einem biblischen Text wichtig ist, sich nicht auf eine Geburt, auf den Advent eines Babys, sondern auf eine Hochzeit, den Advent eines Bräutigams, gebührend vorzubereiten, vor allem dann, wenn der Bräutigam irgendwo aufgehalten wird oder anderes zu tun hat, als pünktlich zu erscheinen, darüber hören wir in der Predigt nachher einiges.

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19.1.2014 – Glück und Reichtum

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Unsere Konsum- und Marktwirtschaft beruht auf der Idee, dass man Glück kaufen kann, wie man alles kaufen kann. Und wenn man kein Geld bezahlen muss für etwas, dann kann es einen auch nicht glücklich machen. Dass Glück aber etwas ganz anderes ist, was nur aus der eige-nen Anstrengung, aus dem Innern kommt und überhaupt kein Geld kos-tet, dass Glück das »Billigste« ist, was es auf der Welt gibt, das ist den Menschen noch nicht aufgegangen.xiv  

Das sagte Erich Fromm, der berühmte Psychoanalytiker, in seinem letzten Interview 1980. Nun darf man auch solch prominenten Menschen widersprechen, wo es geboten ist. Ich bin nicht davon überzeugt, dass Glück nur aus eigener Anstrengung zu erreichen ist, sondern ich glaube und weiß aus Erfahrung, dass auch Gott dabei eine Rolle spielt. Ansonsten aber hat Herr Fromm durchaus den Nagel auf den Kopf getroffen: Glücklich sein – dafür muss man kein Geld ausgeben.

Wir werden heute in der Predigt von jemandem hören, der sehr reich und noch dazu mit bedeu-tender Weisheit ausgestattet war. Ein Mann, der in seiner Gesellschaft einen Spitzenplatz einnahm, sich alles leisten und erlauben konnte, was er wollte, und der kurz vor dem Tod zurückschauend dann sein Leben eine »leidige Plage« nannte.

Der Autor George Bernard Shaw hat die Sache mit dem Glücklichsein einmal so auf den Punkt gebracht:

Es ist nicht schwer, Menschen zu finden, die mit 60 zehnmal so reich sind, als sie es mit 20 waren. Aber nicht einer von ihnen behauptet, er

sei zehnmal so glücklich.xv 

Ich wünsche uns allen, dass wir bei diesem Gottesdienst demjenigen begegnen, der unserem Leben eine Grundlage geben kann, auf der Glück wirklich unabhängig von äußeren Gegebenheiten mög-lich und erlebbar wird.

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23.2.2014 – Ein Wasserglas

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

[An dieser Stelle hielt ich ein zur Hälfte gefülltes Wasserglas in die Höhe.] Wenn ihr jetzt dieses Glas betrachtet, könnte der eine oder die andere auf die Idee kommen, dass es wieder mal um die Frage geht, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber nein, damit wollen wir uns heute nicht beschäftigen. Es ist übrigens halb voll.

Wenn ich ein solches Glas in die Hand nehme, weil ich meinen Durst stillen möchte, passiert mit mir nichts weiter. Das Anheben und Hochhalten des Trinkgefäßes hat keine Auswirkungen. Ich kann es auch etwas heben, etwas senken, weiter nach links oder rechts bewegen.

Sollte ich nun aber eine halbe Stunde lang dieses Glas hochhalten, dann wären gewisse Auswirkun-gen sicher un-vermeidbar. Meine Muskeln würden müde werden. Die Folgen wären sicher noch eine ganze Weile spürbar.

Hielte ich das Glas den ganzen Gottesdienst hindurch so in der Hand empor, dann bin ich ziemlich sicher, dass ich auch morgen noch die Auswirkungen spüren würde, womöglich sogar mehrere Tage. Dabei hätte das Glas sein Gewicht überhaupt nicht verändert, es wäre nach zwei oder vier oder acht Stunden immer noch so leicht wie jetzt.

So ähnlich verhält es sich mit unseren Sorgen und unserer Seele oder unserem Geist. Wenn uns ein sorgenvoller Gedanke bewegt, passiert erst einmal nichts von größerer Bedeutung. Das hat keine dauerhaften Auswirkungen.

Wenn wir aber stundenlang über die Sorgen und Probleme in unserem Leben brüten und grübeln, uns ausgiebig ausmalen, wie schlimm und wie böse es kommen könnte, wenn wir die Sorge festhal-ten und festhalten und festhalten, immer wieder betrachten, herumdrehen, erneut betrachten … dann wird das nicht ohne Auswirkungen auf unser Leben und unser Befinden bleiben. Dann wird das unserer Seele, unserem Geist, und letztendlich auch noch unserem Körper weh tun.

Der Apostel Petrus fordert im ersten uns unter seinem Namen überlieferten Brief seine Leser auf: »Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.«

Wenn man in einer schwierigen oder gar bedrohlichen Situation ist, dann möchte man antworten: Leicht gesagt, lieber Petrus. Wir können negative Gedanken, Furcht und Sorgen nicht einfach per Knopfdruck ausschalten, so wie ich einfach das Glas hier abstellen kann. [Erst jetzt stellte ich das Glas wieder auf das Pult.] Das geht oft nicht. Aber glaubt mir: Es kann gelingen, das Sorgenmachen einzugrenzen, abzugrenzen und auszugrenzen. Das ist etwas, was wir bewusst tun können.

Um es mal persönlich auszudrücken: Ich weiß um die Tatsache, dass jederzeit irgendwo in meinem Körper neue Metastasen entstehen können. Aber ich habe mich entschieden, nicht ständig darüber zu grübeln, mir dauernd Sorgen zu machen. Dass solche Gedanken auftauchen, kann ich nicht verhindern und sie sind ja angesichts meiner Krankheitsgeschichte durchaus berechtigt. Aber da

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ich nicht mehr für mein Gesundbleiben tun kann als ich tue, liegt der Rest in Gottes Händen. Und mit diesem positiven Gedanken kann ich dann meist den bedrohlichen loslassen und loswerden.

Ich wünsche uns allen, dass auch dieser Gottesdienst eine Gelegenheit wird, Sorgen und Nöte und Befürchtungen nicht zu leugnen, sondern abzugeben und Mut und Trost von demjenigen zu emp-fangen, der unser Heiland und Retter ist

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23.3.2014 – Pfarrer Braun

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

In der Schriftlesung werden wir nachher den Psalm 62 in der »neuen evangelistischen« Überset-zung hören. Liest man den Text nach Luther, dann findet man unter anderem diese Sätze:

Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott. Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht.

Mir fiel bei der Vorbereitung auf diesen Gottesdienst angesichts des Psalmtextes ein Dialog aus einem berührenden Spielfilm ein, den wir letzte Woche gesehen haben, nämlich Brauns Heimkehr mit Ottfried Fischer. Der Film spiegelt die Wirklichkeit insofern, dass Ottfried Fischer, der Schau-spieler, genau wie Pfarrer Braun, den er über viele Jahre verkörpert hat, nicht mehr allzu lange zu leben hat. Seit 2008 ist er an Parkinson erkrankt und es geht im zunehmend schlechter, so dass dieser letzte Film aus der Serie sein Abschied vom Bildschirm war.

Pfarrer Braun erfährt im Film, dass sein Leiden nicht mehr therapiert werden kann und fragt den Arzt, wie lange er noch zu leben hat.

Der Arzt: Rechnen Sie in Monaten.

Pfarrer Braun: Monate … – ich hab schon immer eher in Tagen gerech-net. Ich war immer dankbar für jeden Tag, den der Herr mir geschenkt hat.

Der Arzt: Mit diesem Geschenk wird Ihr Herrgott jetzt etwas knausern.

Pfarrer Braun: Mein Herrgott ist auch Ihr Herrgott, Herr Doktor. Ob Sie’s glauben oder nicht.

Der Arzt: Eher nicht, berufsbedingt. Schauen Sie: Ich habe schon so viele Patienten aufgeschnitten. Und noch bei keinem habe ich irgend-eine Spur von Seele entdeckt.

Pfarrer Braun: Und Schwerkraft? Ham‘s d‘ Schwerkraft g‘sehn? Oder‘s Hirn, ich mein den Geist? Und dass es a Schwerkraft gibt und an Geist – wenn’s do an Beweis ham wolln, dann bin ich des. Und genauso is‘s mit‘m Herrgott.

Soweit der Dialogxvi – genau das ist es doch, wozu der eingangs zitierte Psalm uns auffordert: »Hof-fet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht.«

Wir können Gott nicht als Person unseren Mitmenschen vorführen, kein Foto von ihm bei Face-book zeigen, keinen Mitschnitt eines Telefonates twittern. Aber wie die Schwerkraft, die wir genau-so wenig fotografieren können, oder wie der Geist, der nicht in ein Mikrophon spricht, ist Gott trotzdem da und real und möchte gerne unsere Zuversicht sein.

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14.4.2014 – Nietzsche zu Ostern

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Ostergottesdienst.

In der Predigt am vergangenen Sonntag haben wir unter anderem gehört, wie viel Aufruhr und Aufregung die Auferweckung des Lazarus in Jerusalem ausgelöst hat. Dass jemand von den Toten aufersteht - das ist ein für den menschlichen Verstand kaum fassbares Ereignis, das ist etwas Un-glaubliches. »Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala. Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten. Und als diese hörten, dass er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht« heißt es im Evangelium nach Markus.

Letztes Jahr habe ich zur Einführung in den Ostergottesdienst Margot Käßmann mit ihrer Ge-schichte vom Pfarrer, der sich auf der Kanzel rasierte, zitiert, um das Unglaubliche am Osterge-schehen zu illustrieren. Dieses Jahr habe ich mir ausgedacht, selbst etwas Unglaubliches zu tun. Genau wie der Maria, die vom leeren Grab Jesu kam und berichtete, niemand glauben wollte, wird euch auch kaum jemand glauben, dass heute hier im Gottesdienst zum Ostergeschehen ausgerech-net Friedrich Nitzsche zitiert wurde.

Gelegentlich lese ich klassische Literatur erneut, mit deren Lektüre ich mich in jungen Jahren schon einmal beschäftigt habe. Goethe, Schiller, Ernest Hemingway, Heinrich Böll, Karl May sogar. In den letzten Wochen habe ich mich durch den Wälzer »Also sprach Zarathustra« von Friedrich Nietzsche gearbeitet. Ich fand dieses Werk schon als Jugendlicher nicht sonderlich gut, jetzt beim erneuten Lesen fiel mein Urteil noch vernichtender aus: Manche Menschen schätzen es hoch, das Buch, und das will ich ihnen auch gar nicht ausreden, aber für mich persönlich gilt, dass es nichts taugt. Es ist immerhin gelegentlich literarisch interessant, aber der Inhalt ist durchgehend hanebü-chener Unfug. Dennoch stieß ich ab und zu in all der wirren Pseudophilosophie auf einen oder zwei Sätze, die als Anstoß zum Nachdenken ganz trefflich geeignet sind. Zum Beispiel legt Nietz-sche seinem Zarathustra folgendes in den Mund:

Also sprach der Teufel einst zu mir: »Auch Gott hat seine Hölle: das ist seine Liebe zu den Menschen.« Und jüngst hörte ich ihn dieses Wort sagen: »Gott ist tot. An seinem Mitleiden mit den Menschen ist Gott

gestorben.«xvii 

Das heißt im Grunde genommen nichts anderes, als der uns wohlbekannte Satz: »So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab.« Die Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen hat ihm wirklich eine Hölle verursacht. Sein Sohn musste sterben, weil die Liebe Gottes für den Menschen so übergroß und so überwältigend war. Gott ist in der Person Jesus Christus tatsächlich gestorben, und zwar, wie Nietzsche formuliert, an seinem Mitleiden mit den Menschen. Allerdings ist es nicht dabei geblieben. Heute feiern wir, weil wir uns an die Auferstehung erinnern. Dass Christus aufer-standen ist, gibt uns mehr als zweitausend Jahre später noch immer Grund zur Freude und zur

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Dankbarkeit. Das gibt uns Hoffnung und Kraft. Die Auferstehung von den Toten bleibt aber den-noch dem menschlichen Verstand schwer vorstellbar.

Vielleicht fällt es euren Bekannten, falls ihr von diesem Gottesdienst erzählt, wirklich leichter zu glauben, dass der Nihilist Nietzsche zitiert wurde als dass Jesus Christus tatsächlich an seinem Mit-leiden mit uns Menschen gestorben ist, aus Liebe zu den Menschen Höllenqualen auf sich genom-men hat und zu unserer Errettung auferstanden ist. Unglaublich oder nicht - der Wahrheit ent-spricht beides, Nietzsche im Gottesdienst und Auferstehung Christi. Und weil das letztere ein Grund zur Freude ist, feiern wir heute.

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8.6.2014 – Brif braf, braf brof

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am Pfingstsonntag.

In einem Hof spielten einmal zwei Kinder ein äußerst lustiges Spiel. Sie dachten sich eine ganz be-sondere Sprache aus, in der sie miteinander reden konnten, ohne dass die Leute eine Silbe davon verstanden.

»Brif braf«, sagte der Erste. »Braf, brof«, antwortete der Zweite. Und dann lachten alle beide ganz toll.

Im oberen Stockwerk des Hauses saß ein alter Herr auf dem Balkon und las seine Zeitung. Im Haus gegenüber lehnte sich eine alte Frau zum Fenster hinaus.

»Was sind das für dumme Kinder, die zwei da unten«, maulte die Frau.

Aber der Herr auf dem Balkon war nicht ihrer Meinung: »Das finde ich nicht.«

»Sagen Sie mir nur nicht, dass Sie verstanden hatten, was die eben gesagt haben.«

»Doch. Ich habe alles verstanden. Der Erste sagte: Was für ein herrlicher Tag heute. Und der Zwei-te antwortete: Morgen wird es noch viel schöner.«

Die alte Frau rümpfte die Nase, schwieg aber still, weil die Kinder unten im Hof wieder angefangen hatten, sich in ihrer Geheimsprache zu unterhalten.

»Maraschi, barabaschi, pfiffirimoschi«, sagte der Erste. »Bruf« antwortete der Zweite. Und wieder brach ihr tolles Gelächter los.

»Wollen Sie das auch wieder verstanden haben?« rief die alte Frau erbost ihrem Nachbarn zu.

»Sicher«, antwortete der alte Herr lächelnd. »Der Erste hat gesagt: Wie sind wir doch froh, dass wir auf der Welt sind! Und der Zweite hat ihm geantwortet: Die Welt ist ganz wunderbar!

»Aber ist sie denn wirklich wunderbar, die Welt?«, bohrte die Frau weiter.

»Brif, bruf, braf«, antwortete der gutgelaunte Nachbar.

Diese Geschichte stammt von Gianni Rodarixviii, er war ein italienischer Schriftsteller, der vor allem Kinderbücher schrieb. Wenn wir anlässlich des Pfingstfestes darüber nachdenken, wie das wohl gewesen sein könnte, als der Heilige Geist die Nachfolger Jesu erfüllte, als sie in Sprachen redeten, die sie nie gelernt hatten, dann werden wir wohl trotz der anschaulichen Auslegungskunst unseres Pastors das Geschehen nie so ganz begreifen.

Das verstanden ja noch nicht einmal diejenigen, die Augen- und Ohrenzeugen waren. Im Bibeltext zur Predigt heißt es heute: »Sie waren bestürzt. Was ist das nur?«, fragte einer den anderen ratlos und erstaunt.« Ratlosigkeit und Erstaunen … vielleicht auch bei uns angesichts dessen, was wir über Pfingsten lesen und hören?

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Das macht gar nichts, finde ich. Ich muss Gottes Handeln oder Nichthandeln, seine Wege und seine Gedanken nicht verstehen oder erklären können. Es reicht mir völlig, zu glauben, dass ich sein Kind sein darf, dass Jesus Christus auch für mich gestorben ist und dass er den Heilige Geist als Tröster angekündigt hat. Ich muss nicht am Pfingstwunder herummeckern wie die alte Dame in der Geschichte von Gianni Rodari an der Sprache der Kinder, die sie nicht versteht. Ich kann sogar aus mir unverständlichen freudigen Äußerungen heraushören, dass jemand froh und glücklich und dankbar ist, auf der Welt zu sein.

Ich bin jedenfalls lieber der alte Mann in der kleinen Geschichte als die griesgrämige Frau.

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7.9.2014 – Die Affenhorde von Kerkowan

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

In einem abgelegenen Waldstück südlich der Ortschaft Kerkowanxix lebt isoliert von Artgenossen eine Schimpansenpolulation. Die Tiere bauen sich Zweighütten unter großen Bäumen und leben überwiegend von Engerlingen und Fallobst. Ein junger Affe entdeckt eines Tages, dass er dazu ge-schaffen ist, in den Bäumen zu herumzuklettern und beschließt, einen Stamm zu erklimmen, weil dort oben viele besonders leckere Früchte hängen, die man von unten zwar sehen, aber nicht errei-chen kann.

»Ich klettere jetzt da hinauf!«, verkündet er fröhlich.

Die anderen Tiere raten ihm dringend davon ab: »Das ist viel zu gefährlich, da ist mal einer raufge-klettert und herunter gefallen, das könnte dir auch passieren... außerdem ernähren wir uns schon seit Generationen bequem vom Boden aus und niemand leidet irgend welchen Mangel!«

Aber die Argumente fruchten nicht. Der Jüngling schickt sich an, auf den Baum zu klettern. Er ist noch keine zwei Meter hinauf gekommen, da eilen die anderen Affen entsetzt herbei, schreien her-um und halten ihn an der Ferse fest. Erschrocken über den Tumult stürzt er ab und holt sich ein paar Prellungen.

Somit ist es gelungen, mit vereinten Kräften diesen Affen von seinem verwegenen Plan abzuhalten. Er vergisst seine Idee mit der Zeit, bringt sie mit den erlittenen Schmerzen in Verbindung und tut das Ganze später als eine Dummheit der Jugendzeit ab. Die Affenfamilie lebt in Ruhe und Frieden.

Nach einigen Jahren gibt es wieder einen jungen Affen, dem die Früchte oben in der Palme so ver-lockend erscheinen, dass er gegen alle Konventionen des Rudels hinauf klettern möchte. Er hat das sichere Empfinden, dass er genau dazu geschaffen ist, auf Bäume zu klettern. Sein Körperbau und seine Muskeln lassen gar keinen anderen Schluss zu.

»Ich hole jetzt die Früchte von da oben herunter«, erklärt er dem Rudel.

Ein erfahrener, alter Affe kommt zu ihm, legt freundschaftlich den Arm um seine Schultern und sagt: »Sei nicht dumm - früher hatte ich ja auch mal diese Idee, aber es ist viel zu gefährlich und bringt nichts außer Prellungen und wochenlang Schmerzen. Wir ernähren uns schon immer be-quem und ausreichend von den Früchten, die zu Boden fallen.«

Aber dieser Affe steigt hinauf.

Ja. So ist das. Weiter habe ich diese kleine Fabel nicht gesponnen. Nun kann sich jeder von euch ausmalen, wie es weiter geht.

Ob die Geschichte irgendetwas mit uns zu tun haben könnte, darf auch jeder mit sich selbst ausma-chen. In der Predigt werden wir etwas darüber hören, was es bedeutet, nicht zu erschrecken, son-

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dern zu vertrauen - denn wir leben mit einer großen Hoffnung: eine Wohnung im Haus des Vaters und wir leben mit und aus einer großen Kraft: dem Heiligen Geist.

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21.9.2014 – Bis 30 zählen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Ich hoffe, dass die Gemeindefreizeit für diejenigen, die dabei waren, ein fruchtbringender und er-holsamer Ausflug aus dem Alltag war.

Das Thema der Freizeit hatte ja mit dem Thema Heiligung zu tun, und darum geht es auch heute Morgen. Die Heiligung beschreibt den Prozess, wodurch ein Gegenstand oder Mensch in einen Zustand der Weihe oder des Heils versetzt wird. Es gibt in den verschiedenen christlichen Konfes-sionen unterschiedliche Auffassungen darüber, nachher in der Predigt wird uns Martin darstellen, ob und wie man Gottes Zukunft schon jetzt leben kann.

Zu diesem Thema wollte mir partout kein Aufhänger für den Beginn des Gottesdienstes einfallen. Aber zu der Unterschiedlichkeit der Konfessionen habe ich mal vor vielen Jahren bei einem soge-nannten Männertag einen Vortrag gehalten – und die kleine Geschichte, die damals den Beginn meines Vortrages würzte, soll jetzt meine Einleitung beenden:

Auf einem Konzil treffen sich ein evangelischer Pastor und sein Amtsbruder von der katholischen Gemeinde. Bei einem guten Glas Wein am Abend plauderte man vertraulich. Schließlich rafft sich der katholische Pfarrer zu der Frage auf, die ihm auf der Seele brennt: „Lieber Bruder, einmal ganz ehrlich, zählen sie eigentlich beim stillen Gebet vor der Predigt auch immer bis dreißig?“

„Also ganz im Vertrauen, wenn ich nichts Besonderes auf dem Herzen habe, dann zähle ich manchmal auch bis dreißig!“

„Interessant mein Lieber, so groß sind also die Übereinstimmungen bei unseren beiden Konfessio-nen. Aber ist ihnen auch schon aufgefallen: Der Freikirchler, dieser Angeber, der zählt beim stillen Gebet bis fünfzig!“

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14.12.2014 – Die vier Kerzen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am dritten Advent.

Eigentlich wollte ich in der Anmoderation vom freigebigen Baum erzählen, aber das verschiebe ich auf ein andermal. Die Fabel war mir dann doch nicht adventlich genug und auch etwas zu lang für diesen Gottesdienst. Stattdessen bilden wir uns, der folgenden kleinen Episodexx zuliebe, einmal alle ein, heute wäre bereits der vierte Advent.

Vier Kerzen brannten am Adventskranz. In der Stube war es so still, dass man hören konnte, wie die Kerzen zu reden begannen.

Die erste Kerze seufzte und sagte: »Ich heiße Frieden. Mein Licht leuchtet zwar, aber die Menschen halten keinen Frieden.« Ihr Schimmern wurde immer kleiner und verlosch schließlich ganz.

Die zweite Kerze flackerte und sagte: »Ich heiße Glaube. Aber ich bin wohl überflüssig. Die Men-schen wollen von Gott nichts wissen. Es hat keinen Sinn mehr, dass ich leuchte.« Ein Luftzug wehte durch den Raum, und auch die zweite Kerze war aus.

Leise meldete sich nun die dritte Kerze zu Wort. »Ich heiße Liebe. Ich habe keine Kraft mehr zu brennen. Die Menschen schieben mich beiseite. Sie sehen nur sich selbst und nicht die anderen, die sie doch lieb haben sollen.« Und mit einem letzten Aufflackern war auch dieses Licht ausgelöscht.

Da kam ein Kind in das Zimmer. Es schaute die Kerzen an und rief: »Aber, aber, Ihr solltet doch brennen und nicht aus sein!« Und beinahe fing es an zu weinen.

Da meldete sich nun die vierte Kerze zu Wort. Sie sagte: »Hab keine Angst! Solange ich brenne, können wir auch die anderen Kerzen wieder anzünden. Ich heiße Hoffnung.«

Mit einem Holzstab nahm das Kind Licht von der Hoffnung und brachte die anderen Kerzen wie-der zum leuchten.

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18.1.2015 – Neue Laufschuhe … wegen Paulus?

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Ich wusste vorletzte Woche noch nicht, welche Schriftlesung es heute zur Predigt geben würde, das habe ich erst vorgestern erfahren. Trotzdem habe ich mir vor 14 Tagen, vielleicht in prophetischer Voraussicht der heutigen Predigt, neue Laufschuhe gekauft und inzwischen natürlich auch mehr-fach beim Jogging getragen. Damit bin ich bestens auf die heutige Predigt beziehungsweise die An-wendung der Predigt im Alltag vorbereitet.

Nachher werdet ihr ausführlich hören, was Paulus an die Gemeinde in Philippi geschrieben hat. Zum Beispiel, dass er mit aller Kraft auf das Ziel zu läuft, um den Siegespreis zu gewinnen. Er sagt auch dass einige im Verderben enden werden, weil ihr Bauch ihr Gott ist.

Mit meinen neuen Laufschuhen bin ich fein heraus. Ich kann mit aller Kraft, wie Paulus, auf ein Ziel zulaufen, denn die speziell gedämpften Sohlen sorgen dafür, dass ich auch nach einer Stunde noch wie auf Wolken renne. So bin ich der Aufforderung des Paulus gewachsen. Und mit dem Training sorge ich dafür, dass meine Körpermitte nicht zu einer Wölbung heranwächst, die den Gedanken nahelegen könnte, ich würde der Rundung des Bauches auch nur annähernd gottglei-chen Stellenwert einräumen. So bin ich mit den scheltenden Worten des Paulus nicht gemeint.

Ob ich damit den heutigen Predigttext richtig interpretiert habe, sei einstweilen dahingestellt, das wird sich nachher ausführlich in der Predigt erweisen. Danach könnt ihr selbst beurteilen, ob mei-ne Schlüsse etwas taugen oder nicht.

Was gar nichts taugt, ist ein Mobiltelefon, das in die Stille der Andacht hineinläutet oder gar mit peinlicher Musik auf den Besitzer aufmerksam macht, der es wieder mal nicht ausgeschaltet hat. Unser Pastor hat neulich, als beim Beginn seiner Predigt ein Telefon zu klingeln anfing, gefragt: »Ist das wichtig? Ist das für mich?« Da das vermutlich nicht der Fall ist, wenn nachher dein Mobil-telefon Lärm macht, kann ich nur empfehlen, jetzt noch einmal nachzusehen, ob es stumm- oder ausgeschaltet ist.

Danke.

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22.3.2015 – Der unverständliche Gott

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Hand aufs Herz. Wer von uns versteht immer Gottes Handeln oder Nichthandeln?

Galileo Galilei hat einmal gesagt: »Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns verlangt, dieselben nicht zu benutzen.«

Dem Satz kann ich mich anschließen. Wir stoßen aber, wenn wir Vernunft und Verstand einset-zen, manchmal auf Probleme damit, dass Gottes Handeln sich nicht mit unserem Verstehen, unse-rer Vernunft in Übereinstimmung bringen lässt.

Ich habe mich in den letzten Wochen anlässlich der Neuauflage wieder intensiv mit einem Buch beschäftigt, dessen erste Fassung ich vor rund zwanzig Jahren geschrieben habe, nämlich meinem autobiographischen Roman »Es gibt kein Unmöglich«xxi. In dem Buch heißt es in einem Abschnitt über meinen Großvater, Pastor Erwin Matthia:

Dass sein Sohn so früh gestorben war und seine Schwiegertochter nun allein mit den beiden Kindern zurechtkommen musste, hatte er wohl o-der übel akzeptiert, ohne es jedoch in irgendeiner Weise auch nur mit dem Schein des Positiven zu umgeben. »Gott erklärt manche Geschehnis-se nicht«, sagte er manchmal, »aber trotzdem ist er gut und kann selbst inmitten von schlimmen Dingen etwas Gutes bewirken.«

Es fällt nicht leicht, Jesus zu vertrauen, obwohl wir ihn manchmal nicht verstehen. Vielleicht geht es euch anders, aber ich kann und möchte nicht behaupten, dass mir das so ganz nebenbei gelingt.

Manche Christen versuchen, auch schlimme Situationen schönzureden, weil ihr theologisches Ge-dankengebäude sonst wanken müsste. Sie würden an Gott zweifeln, wenn er nicht sogar mit Schmerz, Krankheit und Tod gute Ziele verfolgen würde.

Ich vermag mich solchen Gedankengängen nicht anzuschließen. Aber ich glaube, dass Gott trotz-dem und auch dann gut ist, wenn ich nicht verstehe, warum er nicht eingreift oder welche Wege er uns Menschen nicht erspart.

Ich muss Gott nicht verstehen, um ihm vertrauen zu können. Ich muss nicht alle theologischen Fragen lösen, um Jesus Christus als meinen Erlöser anzunehmen. Ich kann manche Fragezeichen einfach stehen lassen und trotzdem ein Kind meines Vaters im Himmel sein.

Wir werden im Predigttext nachher hören, wie sehr Jesus von manchen Zeitgenossen missverstan-den beziehungsweise seine Worte und Taten nicht begriffen wurden. Wir sind also nicht die ersten und einzigen, die ihn manchmal nicht verstehen.

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Ich wünsche uns allen, dass wir heute in diesem Gottesdienst Mut schöpfen, an unserem Vertrauen auf Gott auch dann festzuhalten, wenn die Umstände es nicht nahelegen oder wenn wir meinen, eine viel bessere Idee zu haben als Gott.

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5.4.2015 – Ostereierfarben

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am Ostersonntag.

Ein wenig Bildung, dachte ich mir bei der Vorbereitung, kann ja auch an einem Tag wie heute nicht schaden. Wusstet ihr, dass das Ei schon im Mittelalter als Zeichen der Auferstehung Christi verwendet wurde?

Das Färben selbst entstand wohl aus der Notwendigkeit heraus, die Eier zu kennzeichnen. Damals wurde das Fasten noch als Verzicht auf jegliche Nahrung verstanden, daher durften in der Fasten-zeit vor Ostern natürlich auch keine Eier gegessen werden. Den Hühnern war das unbekannt oder egal, jedenfalls legten sie weiter ihre Eier. Um nichts verderben zu lassen, mussten die Eier haltbar gemacht, also gekocht werden. Damit man dann nach der Fastenzeit die frischen rohen von den bereits gekochten Eiern unterscheiden konnte, fügte man dem Kochwasser Pflanzenteile zu, um die Eier zu färben.

Mit dem 12. Jahrhundert hat es sich dann eingebürgert, am Ostersamstag Eier zu färben, um sie mit anderen Lebensmitteln in bunten Körben in der Kirche zu weihen. Den Farben werden in eini-gen Regionen und Traditionen Bedeutungen zugeordnet:

Rot: Opfertod Christi

Gelb: Wunsch nach Erleuchtung und Weisheit

Grün: Jugend und Unschuld

Blau: Unglück und Kälte

Orange: Kraft, Ausdauer, Ehrgeiz

Weiß: Reinheit

Wenn das so stimmt, dann ist mir allerdings nicht nachvollziehbar, warum irgendjemand blaue Eier produzieren würde. Für mich symbolisiert Blau eher Ferne, Weite, Unendlichkeit.

So. Das war das Bildungsprogramm für diesen Vormittag.

In der Schriftlesung werden wir nachher hören, wie zuerst ein Engel und dann der auferstandene Jesus Maria und Maria anspricht: Habt keine Angst!

Die Auferstehung, an die wir uns an diesem Feiertag besonders erinnern, macht uns Mut, wenn wir uns auf das Abenteuer des Glaubens einlassen. Glauben heißt nicht, dass alle Zweifel, alle Fragen beseitigt und beantwortet sind. Der Glaube an den auferstandenen Jesus Christus ist etwas Leben-diges. Eine Einladung zu einem Leben, das nicht mit dem irdischen Grab beendet ist, weil Jesus mit seiner Auferstehungskraft versprochen hat, bis an das Ende der Zeiten bei den Seinen zu bleiben.

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12.7.2015 – Isaac Newton, Stephen King und ich

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Isaac Newton, der große Naturforscher, empfing einmal in seinem Studierzimmer einen sehr ge-lehrten Freund, der Gottesleugner war. Bewundernd betrachtete der Besucher einen Globus, der auf Newtons Schreibtisch stand. »Sagen Sie, wer hat dieses Prachtstück gemacht?«, fragte er.

»Oh, niemand«, antwortete Newton lakonisch. Der Gelehrte dachte, Newton mache sich einen Spaß, und wiederholte seine Frage. Doch wieder war die Antwort: »Niemand!«

Jetzt wurde der Fragesteller etwas ungehalten: »Sie haben es nicht mit einem Kind zu tun. Ich möchte schon wirklich wissen, wer diesen Globus hergestellt hat!« »Werter Kollege«, entgegnete nun Newton, »Sie finden es dumm und töricht, dass ich Ihnen weis-machen will, dieser Globus habe keinen Verfertiger. Ich finde es noch viel unverständlicher, dass Sie behaupten wollen, die große und schier unbegreiflich komplexe und perfekte Schöpfung habe keinen Schöpfer.«

Stephen King, einer der großartigen Erzähler unserer Zeit, hat es neulich in einem Interview so ausgedrückt: » Alles, was ich in und an der Schöpfung erlebe, ist aus meiner Sicht ein Beweis dafür, dass es einen intelligenten Schöpfer gibt.«

So geht es mir auch, da befinde ich mich mit Stephen King und Isaak Newton in guter Gesellschaft. Es ist nun allerdings nicht so, dass ich den Schöpfer und seine Schöpfung in allen Einzelheiten ver-stehen muss, um ihm Glauben zu schenken. Wir werden nachher in der Schriftlesung einige Bilder hören, die mich an Salvadore Dali erinnern. Da wird die Rede sein von einem Lamm mit sieben Hörnern und sieben Augen, auch von Tausenden und zehntausend mal Zehntausenden Engeln, die im Kreis um vier lebendige Wesen, die nicht näher beschrieben werden, stehen … aufmalen könnte ich das nicht. Vorstellen kann ich mir diese surrealen Szenen auch nicht. Das muss ich auch nicht, um meinem Gott Danke zu sagen für all das, was ich verstehe und sehe und empfange – und da finde ich Tag für Tag eine Menge von Gründen, Gott zu loben und ihm zu danken.

Dazu soll auch dieser Gottesdienst Anlass sein – dass wir uns auf verschiedene Weise und jeder ganz individuell auf Gott ausrichten, ihn in den Mittelpunkt stellen und unser Leben mit ihm und für ihn gestalten.

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4.10.2015 – Von der Dankbarkeit

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am Erntedankfest.

Viele Menschen murren, weil keine Rose ohne Dornen wächst. Warum freuen sie sich eigentlich nicht lieber darüber, dass Gott auf dornigen Stängeln solch schöne und duftende Blüten wachsen lässt?xxii

Durch Dankbarkeit kann man ein innerlich sehr reicher Mensch zu werden, ganz unabhängig von den äußeren Umständen. Dankbarkeit erkennt die Gabe und sucht über der Gabe den Geber. Dankbarkeit ist demütig genug, sich etwas schenken zu lassen. Stolze Menschen nehmen, was ihnen zusteht oder was sie meinen, beanspruchen zu dürfen, als sei das selbstverständlich.

Wenn ich im Geschäft einen Liter Milch kaufe und dafür einen Euro und neunzehn Cent bezahle, dann gehört es zwar zum guten Ton, an der Kasse höflich danke zu sagen, genauso wie die Kassie-rerin oder der Kassierer sich bedankt. Aber ich habe bezahlt für die Ware. Dankbar sein kann ich aber trotzdem auch beim Kauf der Milch. Dass die Kühe auf der Weide grünes Gras hatten. Dass ich das Geld habe, zum Beispiel, um BIO-Milch zu kaufen, bei der die Bauern einen fairen Preis erhalten. Nun mag man einwenden, dass ich ja dafür arbeite. Stimmt. Aber dass ich einen Arbeits-platz habe, überhaupt arbeitsfähig bin … ist das mein Verdienst?

Dem Dankbaren wird alles zum Geschenk, weil er weiß, dass es für ihn überhaupt kein verdientes Gut gibt. Am 4. Oktober vor zwei Jahren wurde ich fünfeinhalb Stunden operiert – Eva und ich können heute auf zwei Jahre ohne neue Metastasen, zwei frohe, zwei erfüllte Jahre zurückblicken. Dankbar.

Im Alltag wird einem oft gar nicht bewusst, dass der Mensch unendlich mehr viel mehr empfängt, als er gibt, und wie sehr Dankbarkeit das Leben bereichert.

Wir feiern heute Erntedank. Auch wenn wir Berliner normalerweise selbst nicht direkt mit der Landwirtschaft zu tun haben, dürfen wir ruhig Gott dafür danken, dass Saat und Ernte gedeihen und dass wir reichlich versorgt sind.

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25.10.2015 – Das leere Blatt

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

[An dieser Stelle halte ich ein weißes Blatt hoch, das bis auf einen kleinen schwarzen Punkt leer ist.]

Ich weiß nicht, ob man von den hinteren Reihen aus etwas erkennen kann, aber zumindest weiter vorne sollte sichtbar sein, was ich hier in den Hand halte. Was seht ihr?

[Hier erwarte ich Antworten wie »einen schwarzen Punkt, ein schwarzer Fleck …«]

Ist es nicht merkwürdig, dass die meisten Menschen anstelle der großen, strahlend weißen Fläche den einen, verhältnismäßig kleinen schwarzen Punkt wahrnehmen und nennen? Das ist durchaus symptomatisch für das zwischenmenschliche Verhalten. Uns fällt schnell und unweigerlich auf, was am anderen Menschen nicht in Ordnung scheint. Wir deuten mit dem Finger auf das, was wir für Fehler und Unzulänglichkeiten halten. Dass wir dabei oft den sprichwörtlichen Balken im eige-nen Auge übersehen, wenn wir den Splitter im Auge des Mitmenschen hinausposaunen, ist nichts Neues.

In den Evangelien illustrieren etliche Berichte, dass Jesus da ganz anders war. Er sah und betonte das Gute, das Potential im Menschen, selbst wenn es noch irgendwo unter allerlei unschönen Din-gen verschüttet war. Er nannte den ungehobelten und wankelmütigen Simon einen Fels, er lud sich selbst beim bekanntermaßen korrupten Steuereintreiber Matthäus zum Essen ein.

Wie würden wir wohl auf unsere Mitmenschen wirken, wenn wir versuchen würden, es Jesus gleichzutun? Das heißt ja nicht, dass man die Augen vor Tatsachen verschließt und sie leugnet. Die Frage ist vielmehr, worauf man das Gewicht und die Betonung legt.

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29.11.2015 – Gott kommt zum Kaffeetrinken

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am ersten Advent.

Als ich das Thema der heutigen Predigt las, nämlich Siehe, dein König kommt zu dir, habe ich überlegt, inwiefern eine solche Aussage heute und hier eigentlich verständlich ist. Einen König haben wir nicht. Wo es in Europa noch Königshäuser gibt, da haben die Monarchenfamilien kaum etwas zu sagen, sie dürfen meist lediglich repräsentative Aufgaben erfüllen und Material für allerlei Klatschzeitschriften liefern. Wenn wir in der Bibel lesen Siehe, dein König kommt zu dir, ein Ge-rechter und ein Helfer – was stellen wir uns da vor?

Der liebe Gott hatte einer alten Dame beim Morgengebet versprochen, sie noch am gleichen Tag zu besuchen. Darauf war sie natürlich nicht wenig stolz und ziemlich aufgeregt. Sie scheuerte und putzte, buk einen Kuchen, bereitete ein Mittagsmahl vor und deckte festlich den Tisch mit ihrem besten Porzellan. Als alles blitzblank war, fing sie an, auf den lieben Gott zu warten.

Gegen halb zwölf am Mittag klopfte es an die Tür. Geschwind öffnete die Frau. Draußen stand eine Nachbarin und bat: »Können Sie mir bitte auf dem Spielplatz suchen helfen? Ich habe meinen Schlüssel verloren und mein kleiner Paul hat …«

»Nein, Um Himmels willen«, unterbrach die Frau ihre Nachbarin. »Ich habe heute überhaupt keine Zeit! Ich warte eben gerade auf den lieben Gott, ich kann jetzt nicht weg!« Damit warf die Tür zu.

Nach einer Weile klopfte es von neuem. Sie öffnete diesmal noch geschwinder als beim ersten Mal. Aber wen sah sie draußen stehen? Nur einen Bettler, der sie um ein Stück Brot und einen Schluck Wasser bat. »Ich warte heute auf den lieben Gott. Wahrhaftig, ich kann mich nicht um dich küm-mern!«, rief sie und machte dem Mann die Tür vor der Nase zu.

Am Nachmittag, als es schon dämmerte, klopfte es von neuem an die Tür. Als die Frau öffnete, stand da ein Schulkind mit einer Dose, um für ein Spendenprojekt der Schule Geld zu sammeln. »Ach, lass mich in Ruhe! Ich warte auf den lieben Gott! Ich kann mich jetzt nicht um so etwas kümmern!« Damit flog die Türe ziemlich unsanft zu.

Die alte Dame wartete und wartete, sie wurde immer bekümmerter. Wo mochte der liebe Gott geblieben sein? Zu guter Letzt ging sie betrübt zu Bett und schlief ein. Im Traum erschien ihr der liebe Gott. »Dreimal habe ich dich aufgesucht und dreimal hast du mich abgewiesen. Schade, ich wäre so gerne dein Gast gewesen.«xxiii

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12.6.2016 – Kopfüber am Telefonmast

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Mit der heutigen Predigt wird die Reihe über das »Vater unser« zu Ende gehen, in der wir vieles darüber gehört haben, welche Gebetsinhalte Jesus den Jüngern vorgestellt hat.

Was wir beten können, ist das eine. Aber wie tun wir das am besten? Vielleicht hilft uns die folgen-de Episode aus dem Leben, zu einer Antwort zu kommen:

Drei Pastoren saßen zusammen und diskutierten die beste Haltung beim Gebet. Zufällig befand sich auch der Mitarbeiter einer Telefongesellschaft im Raum, der gerade die Leitung überprüfte.

»Knien ist die beste Haltung«, erklärte einer der Pastoren, »dadurch wird die Ernsthaftigkeit des Anliegens deutlich.«

»Nein«, entgegnete der zweite. »Ich erlebe die meisten Gebetserhörungen, wenn ich stehe und die Hände zum Himmel strecke.«

»Das ist beides völlig falsch«, widersprach der dritte, »die beste Haltung beim Gebet ist, flach auf dem Boden zu liegen mit dem Gesicht nach unten, so wie David, als er zum Herrn flehte.«

Jetzt konnte sich der Telefontechniker nicht länger zurückhalten. »Meine Herren«, sagte er, »das ernsthafteste Gebet, das ich je gesprochen habe, war, als ich abgerutscht war und kopfüber an ei-nem Telegrafenmast hing.«xxiv

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3.10.2016 – Großzügigkeit ist aus der Mode gekommen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst zum Erntedankfest 2016.

Für viele Großstadtmenschen gehört das Ernten von Obst, Gemüse oder Korn ja nicht unbedingt zu den persönlichen Lebenserfahrungen, obwohl es immer mehr Projekte und Angebote gibt, unter anderem auch in Berlin den Wert und die Qualität von nicht instustriell erzeugten Nahrungsmit-teln wieder ins Bewusstsein zu rücken.

Wer reichlich erntet, kann etwas abgeben – kann großzügig sein und anderen helfen. Großzügig-keit macht Freude, viel mehr als Geiz und Knauserigkeit. Aber Großzügigkeit ist aus der Mode gekommen.

Harald Martenstein schrieb vor einer Weile in der Zeit:

Ich frage mich, wo die Großzügigkeit geblieben ist. Großzügigkeit im Alltag ist heute ähnlich gefährdet wie die Regenwälder. Großzügigkeit bedeutet, über kleinere Fehler hinwegzusehen. Großzügigkeit bedeutet, nicht immer auf seinem Recht zu bestehen. Großzügigkeit bedeutet, dass man auf der Straße anderen Leuten ausweicht, auch wenn man es laut aktueller Rechtslage nicht müsste. Großzügige Menschen geben etwas, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Der Großzügigkeit begeg-net man heute oft mit Misstrauen. Im Jahr 2010 haben zum Beispiel 40 Milliardäre die Hälfte ihres Vermögens gespendet. In der ZEIT er-schien daraufhin ein Artikel, in dem vor Großzügigkeit gewarnt wur-de. Schlüsselsatz: Sozialer Ausgleich muss staatlich organisiert und garantiert werden. Dabei hatten die Milliardäre mit keinem Wort die Abschaffung der Sozialhilfe gefordert.xxv

Wir brauchen nicht misstrauisch werden, wenn von Großzügigkeit die Rede ist. Wir haben einen großzügigen Gott. Sollte da »Geiz ist geil« unser Motto sein? Doch wohl kaum.

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13.11.2016 – Ein Neuankömmling im Himmel

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Einheit, Einigkeit, Gemeinsamkeit – ein wichtiges Thema, wie immer man es auch benennt. Wa-rum es für unsere Welt so entscheidend ist, dass wir als Christen nicht gegeneinander, sondern miteinander wirken, darum wird es nachher in der Predigt gehen.

Ich habe im Jahr 2007 bei einem Gemeindekongress ein Referat über die Einheit gehalten. Meine damalige Einleitung fand ich für unseren Gottesdienst heute sehr passend:

Ein Neuankömmling wird von einem Engel durch das himmlische Jerusalem geführt. Es gibt viel zu sehen, jedes Stadtviertel ist eine kleine Welt für sich. Sie wandern eine Straße entlang, deren Häuser mit einer solchen Menge an Gold und Ornamenten verziert sind, dass der Neuankömmling murmelt: „So was Kitschiges…“ Der Engel erklärt lächelnd: „Hier wohnen Katholiken, die mögen so was.“

Sie kommen in einen Bezirk, der ausgesprochen nüchtern gestaltet ist, strenge Formen und Grau-töne statt Farben. Die Menschen auf den Straßen machen einen ernsthaften Eindruck, selbst ein gelegentliches Lächeln wirkt verhalten. „Das ist ein Bezirk für die Evangelikalen“, erklärt der Engel.

Anschließend geht es in ein Viertel, in dem die Fassaden voller Street-Art und die Passanten phan-tasievoll bunt sind, Hip-Hop dröhnt aus der einen Tür, etwas, was den Neuankömmling an die Toten Hosen erinnert, aus der anderen. „Vermutlich wohnen hier Jesus-Freaks?“ fragt er. „Rich-tig“, bestätigt der Engel. Dann ermahnt er seinen Begleiter: „Ab der nächsten Kurve bitte nicht mehr sprechen, sondern absolute Ruhe einhalten. Bitte auch möglichst leise laufen.“

Sie kommen um die Ecke. Man sieht eine hohe Mauer, was dahinter sein mag, verbirgt sich dem Blick. Gehorsam schweigend huscht er mit dem Engel die Straße hinunter, bis nach einer weiteren Biegung wieder fröhliches Treiben herrscht.

Die Gebäude hier sind schlicht, aber es dringen laute Gesänge und wilder Jubel aus ihnen auf die Straße. „Hier sind Charismatiker zu Hause“, bestätigt der Engel, was der Neuankömmling schon vermutet hat.

„Schön“, sagt er, „sehr schön. Aber darf ich fragen, was das eben war, als wir so leise sein mussten?“

Der Engel erklärt: „Hinter der Mauer wohnen Baptisten. Sie glauben, sie wären die einzigen im Himmel und wir wollen sie nicht beunruhigen…“

Diese kleine Geschichte, das sei zu meiner Ehrenrettung gesagt, habe ich in ähnlicher Form das erste Mal von einem Baptisten gehört, den ich sehr schätze.

Mehr und sicher Ernsthafteres zum Thema hören wir dann in der Predigt.

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20.11.2016 – Ewigkeit kann ich mir nicht vorstellen

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Wir kleben als evangelische Freikirche bekanntlich nicht am liturgischen Kalender, deshalb werden wir heute morgen den »Gebetsgottesdienst für verfolgte Christen« nachholen, der weltweit am 13. November veranstaltet wird. Ich glaube, dass unser Vater im Himmel weniger auf das Datum und mehr auf unsere Herzen achtet, wenn wir beten.

Auf dem Kalender steht heute der letzte Sonntag des Kirchenjahres, der Ewigkeitssonntag. Ich habe in der vergangenen Woche für eine Internetaktion einen Text über die Ewigkeit geschrieben, aus dem ich kurz etwas zitieren möchte:

Ewigkeit … kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe es redlich versucht. Immer wieder. Aber es will mir nicht gelingen.

»Ich warte schon eine Ewigkeit«, mag jemand am Nachbartisch im Restaurant sagen, mit vorwurfs-vollem Ton natürlich, wenn endlich die Person erscheint, mit der eine Verabredung getroffen war. Die Antwort könnte lauten: »Ich musste ewig auf ein Taxi warten.«

Aber das hat mit Ewigkeit, wenn man darunter Zeitlosigkeit oder Grenzenlosigkeit der Zeit ver-steht, ja nichts zu tun. Eine Zeit, die einfach kein Ende haben wird – das ist mir unvorstellbar. Womit soll man diese Zeit ausfüllen? Gibt es immer wieder Neues zu entdecken? Oder wird Ge-wohntes uns auf wundersame Weise immer wieder neu werden?

Das Leben ist Ewiges und Zeitliches zugleich; das Ewige ist sein Wesen, das Zeitliche seine Form oder Bildung.

Mit diesem Satz hat der Philosoph Friedrich Ast versucht, eine gedankliche Brücke zu bauen.xxvi

Wie gesagt, ich vermag es nicht, eine grenzenlose Ausdehnung der Zeit mit meinem Verstand zu erfassen. Ich kann mir Ewigkeit nicht vorstellen.

Ich werde aber niemals sagen, dass es keine Ewigkeit gibt. Dass ich mir etwas nicht vorstellen kann heißt ja nicht, dass es nicht existiert. Ich kann mir so manches nicht vorstellen oder erklären. Den-noch rechne ich damit, hoffen oder baue sogar darauf.

Hand auf’s Herz: Könnt Ihr alle genau erklären und euch vorstellen, wie Zigtausende Seiten von Text, mehr als die meisten von uns im Bücherregal stehen haben, auf eine kleine Chipkarte passen? Das Ding ist ein paar Millimeter dick und nicht größer als eine hundsgemeine Briefmarke. Mir ist die Physik, die dahinter steckt, die Logik der Nullen und Einsen, unbegreiflich. Dennoch glaube ich an die Fähigkeit eines solchen Chips, sonst würde ich meine Texte nicht am PC, sondern auf Papier schreiben.

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So geht es mir mit der Ewigkeit. Ich kann sie nicht begreifen, aber das ändert nichts daran, dass ich darauf baue, eines Tages dort anzukommen und dann vermutlich auch zu verstehen. Falls das dann noch eine Rolle spielt.

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8.1.2017 – Ein neues Herz, ein neuer Geist.

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Eine Losung hat meistens nichts mit einer Verlosung zu tun. Es gibt Ausnahmen, aber meist ver-steht man unter einer Losung einen Wahlspruch, ein Motto, nach dem man sich richten will, einen einprägsamen Spruch, beispielsweise in der Werbung oder auch ein Kennwort, ein Authentifizie-rungszeichen.

Die Jahreslosung der christlichen Kirchen wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) ausgewählt. Die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation spielt dabei keine Rolle, weil die Auswahl stets vier Jahre im Voraus stattfindet. Wichtige Gesichtspunkte sind immer, dass eine zentrale Aussage der Bibel in den Blick kommt, und zwar in einprägsamer und möglichst knapper Formulierung, ein Bibelwort, das in besonderer Weise ermutigen, trösten, Hoffnung wecken oder auch aufrütteln und provozieren kann.xxvii

Die Jahreslosung für 2017 haben die meisten von uns sicher schon zur Kenntnis genommen:

Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.xxviii

Der Prophet Hesekiel hatte im Auftrag Gottes klare Aussagen zu machen. Keine leichte Aufgabe! Erst recht nicht, da er sie an ein nicht gerade frommes Volk richten sollte, an Leute mit trot-zigem Gesicht und hartem Herzen, wie es in Hesekiel 2, 4 heißt.

Hesekiel stammte aus einer Priesterfamilie und gehört zu den ersten, die von Israel nach Babylon weggeführt wurden. Führende Persönlichkeiten suchen seinen Rat. Mit immer wieder neuen Bil-dern verkündigte er die ihm von Gott aufgetragene Botschaft. Das Volk Israel wollte solche Worte jedoch nicht hören und lehnte sich gegen den Propheten auf. In dieser Situation machte Gott das Angebot, das zur Jahreslosung 2017 erkoren wurde: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Von sich aus schaffte Gottes Volk es nicht, ihn als seinen Gott zu erkennen und auch entsprechend der Erkenntnis zu leben. Auch uns ist das ja meist nicht in die Wiege gelegt. Es bedeutet weit mehr, als seine Existenz nicht zu leugnen. Es geht um eine lebendige Beziehung, um ein Leben, das sich ganz auf sein Gegenüber einlässt und sich nach ihm ausrichtet. Das schaffen die meisten von uns nicht ohne weiteres. Aber Gottes Angebot gilt auch heute und hier. Er schenkt seinem Volk alles, was es für eine lebendige Beziehung braucht. In Hesekiel 11, 19 wird es so ausgedrückt: Ich neh-me das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch.xxix

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22.1.2017 – Die Sache mit dem Licht und der Finsternis

Guten Morgen, und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Wenn der Wind weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Wind-

mühlen, sagt ein Sprichwort. Wie gehen wir mit Gegenwind, mit Widerständen und Schwierigkei-ten in unserem Leben um?

Wir haben eben gesungen vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang, also ein Lied über Zei-ten, in denen es relativ hell ist, selbst bei bewölktem Himmel. Doch was, wenn das Licht schwindet und verschwindet, wenn uns Krankheit, Not oder Angst überfallen – dann fällt es uns oft nicht mehr so leicht, am Lob Gottes festzuhalten.

Im biblischen Buch Daniel im zweiten Kapitel heißt es gemäß der Lutherbibel über Gott: Er än-dert Zeit und Stunde; er setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand, er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiß, was in der Finsternis liegt, und nur bei ihm ist das Licht.

Wenn also tatsächlich bei Gott das Licht ist, dann wäre es doch nur logisch, dass wir uns bei zu-nehmender Dunkelheit auf ihn zu bewegen. Und dass wir nahe bei ihm bleiben, solange das Licht hell erstrahlt, ist dann auch eine gute Idee.

Wie jede Woche lädt auch dieser Gottesdienst uns ein, dass wir uns auf unseren Gott besinnen, dass wir uns an seine Zusage erinnern, durch den Heiligen Geist in uns zu leben. Das hat Jesus versprochen, als er aus dem Leben als Menschensohn wieder in die göttliche Wirklichkeit zurück-kehrte. Zu dem Vater, bei dem das Licht ist. Und wenn Gott in uns wohnt, dann können wir selbst bei Finsternis ringsum auf sein Licht zurückgreifen. Schade, dass uns das oft so schwer fällt.

Möge dieses reine und wohltuende Licht heute morgen jedem einzelnen hier begegnen und spür-bar werden.

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26.2.2017 – Herr K. will keine Salbe

Guten Morgen, und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Im Februar 2009 habe ich einen Artikel für ein christliches Magazin geschrieben, der dann später auch im Internet zahlreiche weitere Leser fand. Die Überschrift lautete Herr K. besucht einen Got-tesdienst. Herr K. ist ein interessierter Mensch, der allerdings von christlichen Gebräuchen und Glaubensausprägungen keine Ahnung hat. Wie er einen freikirchlichen Gottesdienst erlebt und empfindet, schildert der Artikel.xxx Angesichts des Predigtthemas »Anbetung« hatte Eva gestern die Idee, ich könne daraus ein paar Sätze vorlesen. Was ich hiermit gerne tun möchte:

Die Musiker kommen wieder auf die Bühne. Es sei Zeit für die An-betung, erfährt Herr K., und dass jeder eingeladen sei, nach vorne vor die Bühne zu kommen, um dort zu singen. Näher an den Musikern. Oder näher woran? Die Sängerin erklärt, dass vorne die Salbung stärker sei. Herr K. bleibt in seiner Reihe, an seinem Platz. Er weiß nicht, was für eine Salbung das sein wird und will auch überhaupt nicht mit Salbe behandelt werden.

Einige Menschen stellen sich vor die Bühne und bewegen sich im Rhythmus. Heben die Arme hoch. Vielleicht wird die Salbe, die offenbar unsichtbar ist, auf diese Weise sozusagen aus der Luft ergriffen? Herr K. ist ratlos.

Die Musik, die bisher eher poppig-beschwingt war, wird besinnlicher. Es ändert sich allerdings nichts an der Herrn K. außerordentlich verblüffenden Tatsache, dass ein Lied mit dürftigen acht oder zehn Textzeilen durch Wiederholungen sowie Wiederholungen der Wie-derholungen ohne weiteres sechs bis sieben Minuten dauern kann. Ob vielleicht nur wenige Lieder zur Verfügung stehen?, fragt er sich. Aber dann könnte man doch die Zeit des Musizierens auch kürzer ge-stalten? Oder eine klassische Melodie zu Gehör bringen?

Während dann endlich die letzten Töne verklingen, hat der Pastor den Weg zum Rednerpult gefunden. Alle, die immer noch stehen, setzen sich wieder. Herr K. sitzt schon eine Weile.

Soweit der Auszug aus Herrn K.s Erlebnissen. Wir wissen ja heute morgen hier vermutlich alle besser Bescheid als Herr K., was es mit einer Anbetungszeit auf sich hat. Dass es dennoch Hinder-nisse geben kann, darüber wird unser Pastor nachher in der Predigt sprechen.

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30.4.2017 – Der Weise und sein König

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Ein König rief einen weisen Mann, der durch sein Land wanderte, zu sich und fragte ihn, welches die wichtigste Eigenschaft Gottes sei. »Gott ist Vergebung, und wir sollten versuchen, es ihm gleichzutun«, antwortete der Mann.

Begeistert über diese verständliche und doch tiefsinnige Antwort und in der besten Absicht, sein Verständnis der spirituellen Welt zu verbessern, bat der König den Weisen, künftig in seinem Schloss zu leben und ihm zu helfen, Gott ähnlicher zu werden.

»Ich danke Euch für diese Einladung«, antwortete der Mann, »aber was würdet Ihr tun, Majestät, wenn Ihr eines Tages seht, wie ich ungefragt aus Eurer Schatztruhe etwas für die Armen entwen-de?«

»Untersteh dich! Das wäre ja … ich werde meine Wachen rufen, damit sie dich umgehend fest-nehmen«, rief der König wütend.

Der Weise lächelte und erklärte: »Dann werde ich lieber weiter durch das Land wandern. Gott sieht mich Tag für Tag, und wenn ich eine Sünde begehe, dann vergibt er mir und schenkt mir weiterhin seine Liebe. Warum sollte ich diesen König, der mir verzeiht, gegen einen eintauschen, der mich für etwas einsperren will, was ich noch gar nicht getan habe? Ihr habt mich um eine Erkenntnis über Gott gebeten, Majestät, habt sie mit den Ohren gehört, sie aber nicht in Eure Seele gelassen. Geht Ihr Euren Weg weiter, ich werde meinen fortsetzen.«xxxi

In der Predigt werden wir nachher von einem König hören, der selbst zum Sünder wurde und Ver-gebung bitter nötig hatte. Es dauerte allerdings eine Weile, bis er sich dazu durchringen konnte, seine Sünde zu bekennen. Es ging ihm schließlich so schlecht, dass »seine Gebeine durch sein tägliches Klagen verschmachteten«, wie es Luther übersetzt hat, dass »sein Saft ver-trocknete, wie es im Sommer dürre wird«.xxxii

So weit muss es nicht kommen, wenn wir gesündigt haben. Welche Erleichterung wir stattdessen erleben können, wird uns unser Pastor nachher in der Predigt sagen.

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4.6.2017 – Pfingsten

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am Pfingstsonntag.

Vielen Menschen ist der Ursprung des Pfingstfestes unbekannt. Pfingsten heißt »Karneval der Kul-turen« oder »Rock am Ring«, Pfingsten bedeutet Frühlingsfeier oder Turnfest. Selbst unter Chris-ten herrscht manchmal eine gewisse Verunsicherung. Ein Kind meinte mal im Kindergottesdienst etwas ernüchtert: »An Weihnachten bringt das Christkind Geschenke, an Ostern der Hase seine bunten Eier – an Pfingsten kommt der Heilige Geist und der bringt nichts.«

Das stimmt zwar, wie wir wissen, so nicht, aber der Heilige Geist ist tatsächlich nicht in Warenwer-ten abzuwiegen und Pfingstgeschenke haben sich – Gott sei Dank! – noch nicht etabliert.

Pfingsten – was können wir damit heute und hier anfangen? Für mich ist es ein Festtag, an dem ich Gott danke: für das Überströmen der Gnade, die Ausgießung des Heiligen Geistes, des Trösters und Lehrers. Dafür, dass Jesus seine Gemeinde nach seiner Heimkehr zum Vater nicht alleine ge-lassen hat. Dafür, dass der Heilige Geist auch mein und unser Tröster ist, der sogar die Kraft hat, mich und uns zu verwandeln.

Dazu hören wir nachher in der Predigt noch Mutmachendes und Frohmachendes von unserem Pastor Martin.

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25.6.2017 – Der Herr Pung und der Herr Barke

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst. Ich freue mich, euch zu sehen – so viele vertraute und freundliche Gesichter! Wir haben aber auch heute wieder Gäste unter uns. Wir hoffen, ihr fühlt euch ganz zu Hause bei uns!

Der Herr Pung und der Herr Barke sind zwei alte Männer. Immer wenn die Sonne scheint, sitzen sie nebeneinander auf einer Parkbank und erzählen sich was. Gärtner Ros freut sich, sooft er sie sieht. Wenn er vorübergeht, grüßt er sie.

Einmal aber, als er wieder daherkommt, streiten die beiden miteinan-der

»Das war 1930, als ich den grünen Hut trug!«, brüllt der eine, »du Esel!«

»Nein!« schreit der andere. »Du bist ein vergesslicher Trottel! 1928 war das!

Schließlich trennen sie sich.

Von da an sitzen sie auf zwei verschiedenen Bänken, die ein Stück auseinander stehen. Ganz unglücklich sehen sie aus, denkt Gärtner Ros. Ich muss ihnen helfen. In einer mondhellen Nacht rückt er die beiden Bänke zusammen.

Als der Herr Pung und der Herr Barke sich am anderen Morgen tref-fen, müssen sie lachen und alles ist wieder gut.xxxiii

Je älter wir werden, desto mehr kann uns leider auch unsere Individualität im Wege stehen, wenn es um das Miteinander mit anderen Menschen geht. Dabei müssten wir ja gar nicht alle gleich den-ken, gleich reden, gleich aussehen … im Gegenteil! Das wäre ja langweilig.

Wir brauchen uns doch eigentlich nur daran erinnern, dass uns Gott als Individuen erschaffen hat, dass es keine Kopien gibt, sondern nur Originale. Und wenn der andere etwas anders verstanden hat als ich, wenn er sich an ein Ereignis anders erinnert, wenn er andere Musik mag oder eine Er-zählung aus der Bibel anders auslegt als ich – soll uns das wirklich trennen? Ich meine, nein.

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15. 10. 2017 - Luther

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst, dem fünften bei unserer Expe-dition zur Freiheit.

Anlässlich des Reformationsjubiläums beschäftigen wir uns in den Gottesdiensten und Kleingrup-pen in diesen Wochen mit Martin Luther und seinem Wirken.

Er hielt es für wichtig »dem Volk aufs Maul zu schauen«. Er war auch, so würde man heute sagen, thematisch breit auf-gestellt. Was der Reformator vor 500 Jahren zu allerlei Themen formulierte war manchmal derb, mitunter humorvoll, oft alltagsnah, manchmal aber auch irritierend despek-tierlich. Aber Luthers Reden und Schreiben war wohl auch immer ein Spiegel der Zeit und Gesell-schaft. Zum Beispiel sein Ausspruch: »Unkraut wächst schnell, daher wachsen die Mädchen schnel-ler als die Knaben.«

In dem Buch »Expedition zur Freiheit«, das uns in diesen Wochen begleitet, wird auf Seite 277 rhetorisch gefragt, ob »Luther sein Anliegen, die Kirche zu reformieren, nicht eher erreicht hätte, wenn er nicht ganz so stur und beleidigend auf-getreten wäre«. Wir wissen nicht, was geschehen wäre, wenn Luther sich umgänglicher und geduldiger gezeigt hätte. Er war nun einmal wie er war – und Gott hat mit ihm, so wie er war, manches in Bewegung bringen können.

Darin ist Gott unschlagbar: Mit fehlerbehafteten Menschen großartige und gewaltige Dinge, genau-so wie augenscheinlich kleine Dinge, bewirken. Die unscheinbaren Dinge sind ja oft nicht weniger wertvoll und wunderbar.

Ich will niemandem zu nahe treten, aber wir sind hier heute Morgen vermutlich alle nicht ohne Fehl und Tadel. Dennoch ist Jesus durch seinen Geist in unserer Mitte. Dennoch stellt er keine Vorbedingungen, sondern er will uns heute und hier ganz persönlich begegnen. Ich finde das groß-artig.

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19. 11. 2017 – Der Ochsenkarren des Herrn Spurgeon

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst.

Charles H. Spurgeon hat einmal von einem schweren Wagen erzählt, der von einem Paar Ochsen über eine Landstraße gezogen wird. Die Achsen des Wagens stöhnen und ächzen ganz erbärmlich, bis sich einer der Ochsen umdreht und zu den Rädern spricht: »Warum müsst Ihr so viel Lärm machen? Erledigen nicht wir die ganze Arbeit? Wir, nicht ihr, hätten Grund, uns zu beschweren.«

Spurgeon meinte, dass sich in der Regel diejenigen am meisten beschweren, die am wenigsten zu tun haben. Er erklärte: »Die Gabe des Murrens ist weit verbreitet unter solchen, die sonst keine Gaben haben oder die das, was sie haben, ängstlich für sich behalten wollen.«

Auch uns Christen fällt es meist leichter zu murren, als zu danken. Wir murren über die Anderen, über die Arbeit, den Ehepartner, die Kinder, die Eltern, die Gemeinde, den Verkehr, die hohen Preise und gerne auch über die Politik. Und all das Murren erstickt das Erkennen von tausend Gründen, für die wir dankbar sein können, die unsere Herzen froh, unseren Ausblick hell, unsere Stimmung positiv und unsere Zukunft segensreich machen können.

In der Schriftlesung und Predigt wird es heute um eine Erzählung gehen, in der jemand trotz wid-rigster Umstände unbeirrbar seinem Entschluss treu bleibt, Gott zu loben. »Gelobt sei der Name des Herrn!« lautet sogar dann noch sein Kommentar, als seine gesamte Familie ausgerottet wurde und er sämtlichen Besitz verloren hat.

Bibelkenner wissen spätestens jetzt, dass es um die Geschichte von Hiob aus dem jüdischen Tanach, dem Alten Testament, geht. Ich bin gespannt, was unser Pastor uns in der Predigt dazu sagen wird.

Gott Dank opfern und ihm vertrauen, auch im Angesicht von Leid und Bösem … nicht für das Leid, nicht für die schlimmen Umstände, sondern trotz des Leides. Das fällt uns, das fällt mir nicht leicht; aber: »Wer Dank opfert, der preiset mich, und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes«, heißt es im Psalm 50.

Lasst uns beten.

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17. 12. 2017 – Theodor Fontane zum Advent

Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst am dritten Advent.

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn, aber als Knecht Ruprecht schon kommt der Winter hergeschritten, und alsbald aus Schnees Mitten klingt des Schlittenglöckleins Ton. Und was jüngst noch fern und nah, bunt auf uns herniedersah, weiß sind Türme, Dächer, Zweige, und das Jahr geht auf die Neige, und das schönste Fest ist da. Tag du der Geburt des Herrn, heute bist du uns noch fern, aber Tannen, Engel, Fahnen lassen uns den Tag schon ahnen, und wir sehen schon den Stern.xxxiv

Auch wenn das mit den weiß bedeckten Türmen und Dächern und Zweigen noch nicht so ganz klappt, soll uns dieses Adventsgedicht von Theodor Fontane daran erinnern, dass ein gelungenes Weihnachtsfest nicht von der Menge oder dem Wert der Geschenke unter dem Baum oder der Beschaffenheit der Festtagsmahlzeit abhängt. Wir lesen zwar beispielsweise im Lukasevangelium, dass die Geburt Jesu von einer himmlischen Jubelfeier mit erstklassiger Musik begleitet wurde, die einige Hirten auf einem Feld in der Nähe miterlebten; und aus dem Matthäusevangelium erfahren wir, dass Magier oder Weise aus dem Orient die allerersten Weihnachtsgeschenke der Mensch-heitsgeschichte überbrachten, allerdings einige Tage verspätetet. Aber Geschenke und schöne Mu-sik sind dennoch nicht das Zentrum der Weihnachtsgeschichte. Was Theodor Fontane in dem zitierten Gedicht als »das schönste Fest« bezeichnet, ist und bleibt, so wiederum Fontane, »der Tag der Geburt des Herrn«. Über die Ankunft des Messias der Juden, der zur Überraschung vieler sei-ner Zeitgenossen auch unser Erretter war und ist, kann man sich auch ohne Festtagsschmaus und Geschenke freuen. Natürlich aber auch mit Geschenken, mit festlicher Musik, mit einem frohen Beisammensein mit Freunden oder der Familie. Das ganze Jahr über sogar, nicht nur zu unserer traditionellen Weihnachtszeit, die ohnehin um einige Monate vom wahrscheinlich tatsächlichen Geburtstermin Jesu abweicht.

Advent und Weihnachten erinnern uns Jahr für Jahr daran, dass Gott Mensch wurde, und zwar um unseretwillen. Das ist ein Geschenk, das niemand jemals wird übertreffen können.

Advent – und worauf kommt es jetzt an? – so hat unser Pastor das Thema des heutigen Gottes-dienstes umschrieben. Dazu hören wir dann nachher mehr in der Predigt.

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Die Endnoten

Zum Copyright: Falls jemand meine Anmoderationen für Druckerzeugnisse oder kommerzielle Zwecke verwenden möchte, bitte ich um vorherige Kontaktaufnahme. Die Verwendung für eigene Moderationen (egal in welchem Umfeld) und ähnliches ist ausdrücklich ohne Nachfrage erlaubt.

Quellen, die ich verwendet habe:

                                                              

i Die Parabel hatte mir so ähnlich mein Cousin in Hamburg erzählt. Eine Google-Suche brachte etliche Versio-nen zum Vorschein, mal mit indischen Gurus, mal mit Philosophen, mal mit Buddhisten … der Volksmund siedelt die Geschichte je nach Kontext und Zeit an. Und das ist auch gut so. Meine Version ist nun meine Versi-on. Wer mag, darf sie gerne kopieren, verändern, weiter erzählen … dazu sind Parabeln ja da

ii Aus 1. Petrus 3

iii Ob die Geschichte historisch verbrieft ist, weiß ich nicht zu sagen. Meine Fundstelle: http://www.bibelstudium.de/index.php?articles/2500/Nur+anst%E4ndige+Leute

iv Aus 1. Johannes 1

v Aus dem Matthäus-Evangelium Kapitel 6

vi Aus dem Lukas-Evangelium Kapitel 10

vii Aus »Gedanken und Erinnerungen«, Otto von Bismarck

viii Ob das Zitat wirklich von Jüngel stammt, weiß ich nicht. Meine Quelle: http://www.evangelisch-im-sauerland.de/default.aspx/G/111327/L/1031/R/-1/T/116876/A/1/ID/124679

ix Aus dem Johannes-Evangelium Kapitel 14

x Aus dem Johannes-Evangelium Kapitel 3

xi Diese Anmoderation habe ich aus reinem Zeitmangel zum großen Teil anhand einer »Jugendandacht« zusam-mengestellt. Quelle: http://www.praxis-jugendarbeit.de/andachten-themen/ostern-oster-andacht.html

xii Für diese Moderation habe ich Teile einer »Feiertagsansprache« verwendet. Quelle: http://static.evangelisch.de/get/?daid=-LEHPXswxaFQxRg7aOZXlVy900044160

xiii Zitat aus dem Gedicht »Advent« von Loriot; aus »Loriots heile Welt«, © 1983 Verlag Diogenes

xiv Zitat von Erich Fromm, Fundstelle: http://gutezitate.com/zitat/114740

xv Zitat von George Bernhard Shaw, Fundstelle: http://zitate.net/george%20bernard%20shaw.html

xvi Den Dialog habe ich mitgeschrieben – der im Text genannte Film war via Mediathek verfügbar, so dass ich das Gespräch mittels der Pausetaste prima notieren konnte. Zum Copyright müsste man wohl die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt befragen, aber ich gehe davon aus, dass ein solches Zitat unbedenklich ist.

xvii Aus dem genannten Werk – es ist aufgrund des Alters längst gemeinfrei.

xviii Die Geschichte ist im Internet verschiedentlich zu finden, meine Textquelle: http://www.das-eselskind.com/2012/07/brif-bruf-braf-streng-geheim-und-doch.html - Textliche Überarbeitung von mir

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xix Die Ortschaft Kerkowan … habe ich erfunden. Die Affengeschichte habe ich vor etwa 15 Jahren mal ir-gendwo so ähnlich gehört oder gelesen, kann mich aber an die Quelle oder gar daran, ob sie wirklich so verlief, nicht erinnern. Falls jemand etwas kennt, was das Original sein könnte, bin ich gerne Empfänger der Informati-on.

xx Die kleine Kerzenfabel findet man verschiedentlich im Internet, zum Beispiel hier: http://www.weihnachtsstadt.de/geschichten/sagen/vier-kerzen-im-advent.html

xxi Den Roman kann man kaufen: http://tinyurl.com/p2r37re

xxii Das Gleichnis mit der Rose habe ich so ähnlich bei Herrn Lüllemann gefunden, aber deutlich überarbeitet. Das Original: http://www.luellemann.de/alphabet.htm

xxiii Die Geschichte von der alten Dame, die auf Gott wartet, habe ich aus einer Vorlage entwickelt, die hier zu finden ist: http://www.k-l-j.de/KGeschichte_Advent.htm

xxiv Die Anekdote mit den drei Pastoren und dem Techniker ist an vielen Stellen im Internet zu finden, zum Beispiel hier: http://andy55.blogspot.de/2011/01/die-beste-haltung-beim-beten.html

xxv http://www.zeit.de/zeit-magazin/2014/25/harald-martenstein-grosszuegigkeit

xxvi https://de.wikiquote.org/wiki/Georg_Anton_Friedrich_Ast

xxvii Quelle: http://jahreslosung.net/

xxviii Hesekiel 36,26

xxix Einige Gedanken stammen aus dieser Quelle: http://www.jahreslosung.eu/details-vab-jahreslosung-2017.php

xxx Der komplette Artikel ist hier zu finden: http://gjmatthia.blogspot.de/2009/02/herr-k-besucht-einen-gottesdienst.html

xxxi Die Anekdote mit dem König und dem Weisen habe ich in ähnlicher Version bei http://www.predigt-eichendorf.de/Kanzelsplitterarchiv.html gefunden und dem Thema der Predigt sowie sprachlich auf meine Wei-se angepasst.

xxxii Aus Psalm 32

xxxiii Die Geschichte der beiden Herren stammt von Gina Ruck-Pauquet aus: Gärtner Ros und seine Freunde, Loewes Verlag Bayreuth

xxxiv Das Adventsgedicht hat Theodor Fontane, (1819-1898) gedichtet.