HA Nr 2 Landeskunde

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1.0 Silvester, Neujahr – Ursprung, Geschichte und Bedeutung 1.1 Grundlagen der Zeitrechnung Unsere Zeitrechnung, die sich von der Jahreszahl auf die mutmaßliche Geburt Christi bezieht und den 1. Januar als ersten Tag und den 31. Dezember, also Silvester, als letzten Tag des Jahres hat, mag für uns eine Selbstverständlichkeit sein. Sie galt und gilt jedoch keineswegs bei allen Völkern und in allen Kulturen der Erde, ob germanisch, amerikanisch, afrikanisch, chinesisch, japanisch, christlich, jüdisch oder islamisch. Auch die Anzahl der Tage im Jahr, die nach unserem Kalender 365 und in einem Schaltjahr 366 beträgt und damit einem Sonnenjahr entspricht, ist nicht überall gültig. Die jüdische Zeitrechnung beispielsweise beginnt mit dem Jahr 3761 v. Chr. Grundlage dieser jüdischen Berechnung ist der vermutete Anfang der Welt aus der Sicht des Schöpfungsberichts der Heiligen Schrift. Demnach soll die Heilige Schrift im Schöpfungsbericht den 7. Oktober des erwähnten 1

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1.0 Silvester, Neujahr – Ursprung, Geschichte und Bedeutung

1.1 Grundlagen der Zeitrechnung

Unsere Zeitrechnung, die sich von der Jahreszahl auf die mutmaßliche

Geburt Christi bezieht und den 1. Januar als ersten Tag und den 31.

Dezember, also Silvester, als letzten Tag des Jahres hat, mag für uns eine

Selbstverständlichkeit sein. Sie galt und gilt jedoch keineswegs bei allen

Völkern und in allen Kulturen der Erde, ob germanisch, amerikanisch,

afrikanisch, chinesisch, japanisch, christlich, jüdisch oder islamisch. Auch

die Anzahl der Tage im Jahr, die nach unserem Kalender 365 und in einem

Schaltjahr 366 beträgt und damit einem Sonnenjahr entspricht, ist nicht

überall gültig.

Die jüdische Zeitrechnung beispielsweise beginnt mit dem Jahr 3761 v. Chr.

Grundlage dieser jüdischen Berechnung ist der vermutete Anfang der Welt

aus der Sicht des Schöpfungsberichts der Heiligen Schrift. Demnach soll die

Heilige Schrift im Schöpfungsbericht den 7. Oktober des erwähnten Jahres

als ersten Tag der Erschaffung der Welt sehen. Folgerichtig begeht das

Judentum den 7. Oktober als Neujahrstag. Für strenggläubige Juden ist er

jedoch kein fröhlicher Festtag, sondern ein jüdischer Bußtag und Fasttag.

In moslemisch geprägten Ländern ist das Jahr 622 n. Chr. Ausgangspunkt

der Zeitrechnung. Dieses Datum hat etwas mit dem Propheten Mohammed

zu tun. Am 15. Juli dieses Jahres siedelte nämlich der Prophet Mohamed von

Mekka nach Medina um. Das moslemische Kalenderjahr ist allerdings 10 bis

12 Tage kürzer als unseres und kennt keine Schaltjahre. Kalenderjahr und

Neujahr richten sich nach dem Mondzyklus.

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Auch viele andere Völker, etwa in Afrika oder im fernasiatischen Raum

haben ihre eigene Zeitrechnung und feiern Jahreswechsel und Neujahr nicht

am 31. Dezember bzw. 1. Januar. Ofiiziell ist heute jedoch in China und in

vielen anderen asiatischen Ländern der auch in Deutschland und Europa

gültige Gregorianische Kalender eingeführt, der in China westlicher oder

bürgerlicher Kalender heißt. Den traditionellen chinesischen Kalender

nennen die Chinesen auch Bauernkalender. Nach ihm dauert ein

gewöhnliches chinesisches Jahr 353 bis 355 Tage, ein chinesisches

Schaltjahr, das alle drei Jahre eingefügt wird, 383 bis 385 Tage. Das

chinesische Neujahr fällt nach chinesischer Zeitrechnung auf die Zeit

zwischen Ende Januar und Ende Februar.

Zyklus von Sonne und Mond, Mondwechsel, Sommersonnenwende,

Wintersonnenwende und andere Naturereignisse, die einem gewissen

Rhythmus unterworfen sind, waren vor allem bei Naturvölkern

ausschlaggebend für die Zeitrechnung. Die Germanen, bei denen die

Götterverehrung und die besonderen Feste im engen Zusammenhang mit

dem Wechsel der Jahreszeiten stand, feierten mit ihrem Julfest den Tod des

alten und die Geburt des neuen Jahres. Jul ist das germanische Fest der

Wintersonnenwende.

Die Dauer des Jahres berechnete der Germane nach den 12 Vollmonden.

Weil die Zeit zwischen den Vollmonden jedoch nur 29,5 Tage umfasst,

betrug die Anzahl der Tage eines Jahres nach germanischer Zeitrechnung

nur 354 Tage. Da sich nach diesem Kalender Winteranfang und

Sommeranfang ständig verschoben, mussten elf Tage und zwölf Nächte

eingeschoben werden. Diese waren die zwölf Rauhnächte oder die zwölf

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geweihten Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. Nach

germanisch-heidnischer Auffassung stand in dieser Zeit die Sonne still.

Der 1. Januar, der bekanntlich der Wintersonnenwende und damit dem

germanischen Julfest zeitlich sehr nahe ist, hat als Datum für den

Jahresbeginn seinen Ursprung im Kalender der Römer. Amtlich als Tag des

Jahreswechsels festgelegt wurde er unter der Regentschaft von Gajus Julius

Caesar im Jahre 46 v. Chr. An diesem Tag wurden seit etwa 153 v. Chr. die

hohen römischen Beamten in ihr Amt eingeführt. Zuvor erfolgte der

Ämterwechsel in Rom jeweils am 1. März und mit ihm der Jahreswechsel.

Darauf deuten noch heute die Monatsnamen September, Oktober, November

und Dezember hin, denn die lateinischen Zahlwörter septem, octo, novem

und decem bedeuten sieben, acht, neun und zehn. Der Dezember war also

erst der zehnte Monat im Jahreskalender und nicht der zwölfte. Der neue

Julianische Kalender mit dem 1. Januar als Jahresanfang sah ein Sonnenjahr

mit 365 Tagen, zwölf Monaten und siebentägigen Wochen und alle vier

Jahre ein Schaltjahr mit 366 Tagen vor. Dieser setzte sich immer mehr auch

in Mitteleuropa durch. Der Termin für den Jahresbeginn wechselte im Laufe

der Geschichte jedoch mehrmals. Im Mittelalter wurde er zunächst an

Weihnachten und später am Dreikönigstag (6. Januar) begangen. Erst unter

Papst Innozenz XII. (* 1615, Papst ab 12. Juli 1691, † 27. September 1700)

wurde wieder der 1. Januar als erster Tag des Jahres begangen.

Dadurch, dass im Julianischen Kalender alle vier Jahre ein Schaltjahr

vorgesehen war, betrug das durchschnittliche Kalenderjahr 365,25 Tage und

war damit etwas mehr als 11 Minuten länger als das astronomische Jahr.

Diese Differenz erscheint belanglos, führte aber bis ins 16. Jahrhundert zu

einem Anwachsen auf inzwischen 12 Tagen. Daher erfuhr der Julianische

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Kalender im Jahre 1582 unter Papst Gregor XIII. (*1502, Papst ab 13. Mai

1572, † 10. April 1585) eine Korrektur, indem dieser dem 4. Oktober direkt

den 15. Oktober folgen ließ und damit die entstandene Differenz aufhob. Um

künftig weitere Abweichungen vom Sonnenlauf zu vermeiden, wurden die

vollen Jahrhunderte wie 1700, 1800 und 1900 als Schaltjahre abgeschafft.

Lediglich die Säkularjahre, die ohne Rest durch 400 teilbar sind wie 1600

oder 2000, blieben als Schaltjahre mit 366 Tagen erhalten. Ab etwa 1700

übernahmen auch die protestantischen Länder den Gregorianischen

Kalender. In Russland wurde er erst 1918 nach der Oktoberrevolution in

Rußland und in der Türkei 1927 eingeführt. Heute ist er in den meisten

Ländern verbreitet.

Über lange Zeit wurde auch bei den Christen die Jahreszahl im Verhältnis zu

den Regierungsjahren römischer Kaiser berechnet. Erst im 6. Jahrhundert

verbreitete sich das Bewusstsein, den Beginn der Zeitrechnung mit der

Geburt von Jesus Christus in Zusammenhang zu bringen. Es war der

christliche Mönch Dionysius Exiguus (470 bis 550), der das Geburtsjahr

Jesu zu berechnen versuchte. Dabei unterlief ihm jedoch ein Fehler. Es gilt

als historisch gesichert, dass die Geburt Christi etwa 4 bis 7 Jahre früher als

berechnet stattgefunden hat. Dennoch hat die dionysische Chronologie, die

sich seit dem 8. Jahrhundert etablierte, noch heute ihre Gültigkeit.

Bemerkenswert ist auch, dass diese Zeitrechnung mit dem Jahre 1 und nicht

mit dem Jahre 0 beginnt. Der Grund hierfür liegt darin, dass man im

Altertum keine Vorstellung von einer Null hatte. So gab es auch keine

römische Ziffer für die Zahl 0.

Römischer, Julianischer und Gregorianischer Kalender sowie die

dionysische Zeitrechnung sind also die Grundlage für den heutigen,

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zumindest in der westlichen Welt gültigen Kalender mit dem 1. Januar als

Neujahr, dem 31. Dezember als Jahresabschluss und der Angabe der

Jahreszahl.

1.2 Silvester – Name und Bedeutung

Silvester – hin und wieder findet man auch die Schreibweise Sylvester – ist

ein weithin bekannter Name, obwohl er sich zumindest im

deutschsprachigen Raum keiner großen Verbreitung erfreuen kann, und zwar

in keiner Genration. Man findet ihn als Kindername genauso selten wie als

Namen bei Erwachsenen. Nur äußerst selten geben Eltern ihrem Kind oder

ihrem Baby den Vornamen Silvester. Und doch ist er, wenn sich das Jahr

dem Ende zuneigt in aller Munde. Er ist bekannt als letzter Tag des Jahres.

Dabei ist vielen gar nicht bewusst, dass der Silvestertag ein Gedenktag ist.

Der Name Silvester ist von lateinischer Herkunft und geht auf den

lateinischen Wortstamm silva (= Wald) zurück. Der lateinische Vorname

heißt daher ins Deutsche übersetzt soviel wie "Waldbewohner" oder "der

zum Wald Gehörende". Dieser Vorname ist auch der Namen eines Papstes,

der für die Geschichte und Entwicklung der Kirche von großer Bedeutung

war, indem er sie im 4. Jahrhundert neu organisierte. Dadurch wurde er einer

der bekanntesten Päspte der noch jungen Kirche. Seit dem 5. Jahrhundert

wurde er als Heiliger verehrt. Jener Silvester wurde am 31. Januar 314 als

34. Oberhirte zum Papst gekrönt und starb in Rom am 31. Dezember 335.

Somit ist der heilige Silvester I. Tagesheiliger des letzten Tages im Jahr.

Nach ihm ist der 31. Dezember benannt. Dieser Festtag wird im Brauchtum

der Kirche seit dem Jahre 354 gefeiert.

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Dieser Papst namens Silvester I. übte sein Amt als Oberhaupt der Kirche

während der Regierungszeit von Kaiser Konstantin dem Großen (306 bis

337) aus. Sein maßgeblicher Einfluss auf die Taufe von Kaiser Konstantin (*

nach 280, † 337) und dessen Heilung vom Aussatz wurde erst im 5.

Jahrhundert mit der Silvester-Legende erfunden. Die Silvester-Legende ging

in dieser Tendenz in die Constantinische Schenkung (eine vermutlich im

Mittelalter zwischen 752 und 806 gefälschte Urkunde, die um 1400 als

Fälschung erkannt wurde) ein.

Von maßgeblicher Bedeutung für die Kirche und ihr Selbstverständnis war

das Jahr 313. In diesem Jahr, also noch zur Zeit des Papstes Militades (2.

Juli 310/311, † 11. Januar 314) und kurz vor Beginn des Pontifikats

Silvesters, erfolgte während der Regierung und auf Initiative Kaiser

Konstantins im Mailänder Toleranz-Edikt die nach ihm benannte

konstantinische Wende. Sie bedeutete den grundlegenden Friedensschluss

zwischen dem Römischen Reich und dem Christentum. Unter Kaiser

Konstantin wandelte sich also die Zeit der Christenverfolgung in die der

Gleichschaltung mit dem Staat. Das Christentum wurde Staatsreligion. 

Der große Papst Silvester I. konnte als römischer Bischof durch die

veränderte Situation die römische Kirche neu organisieren und weiter

verbreiten. Unter seiner Federführung wurde auf dem Konzil von Nikäa 325

das Dogma von der Göttlichkeit Christi und seine Wesensgleichheit mit

Gottvater verkündet. In seine Zeit fiel auch die Errichtung der großen

römischen Kirchen, der Basilika St. Peter im Vatikan, der Basilika St. Paul

vor den Mauern und der Lateranbasilika. Diese Basiliken wurden mächtige

Symbole der neuen Stellung der Kirche in der Gesellschaft. Papst Silvester I.

hat die Kirche auch den Grundstein für die Enstehung des späteren

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Kirchenstaats zu verdanken, als dessen Nachfolgerin noch heute die

Vatikanstadt als eigenständiger Staat existiert. Während die Vatikanstadt

jedoch nur noch einen Zwergstaat innerhalb des Stadtgebiets von Rom

darstellt, umfasste der sich im Mittelalter ausbreitende Kirchenstaat nicht

nur römisches Gebiet. Zu ihm gehörten vor allem weite Teile Mittelitaliens.

1.2.1 Symbole, Fresken, Gebäude, germanischer Volksglauben

Auf Abbildungen ist Papst Silvester I., der von der katholischen Kirche als

Heiliger verehrt wird, häufig mit einem Olivenzweig dargestellt, einem

Symbol des Friedens nach der Zeit der Christenverfolgung. Dieses

Friedenssymbol erinnert an den Olivenzweig, den die von Noah ausgesandte

Taube nach dem Ende der Sintflut zurückbrachte. Ein weiteres Symbol, das

als Attribut auf bildlichen Darstellungen von Papst Silvester auftaucht, ist

der gefesselte Drache, der den Sieg des Christentums über das Heidentum

versinnbildlichen soll. Während seines Pontifikats wurde das Christentum

Staatsreligion.

In Roms Gotteshäusern findet man bemerkenswerte Fresken vom Heiligen

Silvester, auf denen seine Vita und Legenden dargestellt sind:

in der im Jahre 1246 eingeweihten Silvesterkapelle der Basilika Santi

Quattro Coronati mit der Darstellung der Silvester-Legende und der

Bekehrung von Kaiser Konstantin durch Silvester (13. Jahrhundert),

in San Crisogno mit Fresken über das Leben von St. Silvester und

in der Basilica San Silvestro in Capite, Piazza San Silvestro 1, Roma.

Wer in Italien auf den Spuren des heiligen Silvester wandeln will, bucht

einen Urlaub oder speziell eine Silvesterreise in den Winterferien nach Rom

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im Herzen Italiens ins Hotel San Silvestro oder in eines der Hotels in der

Nähe der Ruinen der Burg und der Gebaude der Geisterstadt San Silvestro

nahe Campiglia Marittima (zwischen Pisa, Florenz, Siena, Grosseto und der

italienischen Westküste am Mittelmeer) in der Provinz Livorno.

Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche begehen den

Silvestertag mit einem Gottesdienst zum Jahresabschluss, in dem

Rückbesinnung und Rückblick auf Ereignisse des vergangen Jahres gehalten

werden. Besonders gedenkt man auch der Gemeindemitglieder, die im

vergangenen Jahr verstorben sind. Um Mitternacht wird das neue Jahr mit

dem Geläute der Kirchenglocken eingeleitet.

Sylvester ist die Mitte der so genannten Rauhnächte. Der germanische

Volksglaube ging davon aus, dass in der dunklen Jahreszeit der

Wintersonnenwende und der Raunächte die jenseitigen Mächte besonders

lebendig sind und dass Wotan mit seinem wilden Heer mit Sturmesheulen

und brausendem Lärm durch die Wälder und Lüfte saust. Mit Peitschenknall

und großem Lärm versuchte man daher das Böse zu vertreiben und mit

brennenden Holzrädern die Dunkelheit der Rauhnächte zu besiegen. Wenn

sich auch die ursprüngliche Intention der Vorfahren gewandelt hat, so ist das

freudige und lautstarke Begrüßen des neuen Jahres in Form von

Gewehrschüssen, Böllerschüssen und Silvesterknallerei geblieben.

Manche verbringen den Silvesterabend im Kreise der Familie. Andere

unternhmen Reisen oder besuchen eine Silvesterparty, eine Silvesterfete,

eine Silvesterfeier, einen Silvesterball, eine Silvestergala oder eine andere

Silvesterveranstaltung. Wieder andere lassen sich in einem Hotel oder einem

Restaurant bei einem Silvestermenue, einem Silvesterdinner oder einem

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Silvester-Gala-Dinner verwöhnen. Wer, aus welchen Gründen auch immer,

an Silvester alleine zu Hause ist, muss auch nicht gänzlich auf den

Silvesterspaß verzichten. Er sieht sich im Fernsehen mit seinem vielfältigen

Angebot eine Silvestershow oder ein anderes Silvesterprogramm an.

1.3 Geschichte des Neujahrsfestes

Neujahr, das erste der Feste im Kalenderjahr, war in der Geschichte und ist

auch heute noch weniger ein kirchliches als ein weltliches Fest. Wie antike

Geschichten römischer Autoren berichten, war es in Rom Neujahrsbrauch,

dass zu diesem Anlass ausschweifende Feierlichkeiten mit Essgelagen,

Trinkgelagen und Opfergaben stattfanden. Von den Christen wurde dieses

heidnische Treiben der Bürger Roms zum Neujahrsfest zunächst gänzlich

abgelehnt. In der Bevölkerung blieben die römischen Neujahrsbräuche aber

auch erhalten, als das Christentum im 4. Jahrhundert römische Staatsreligion

und damit zu einer Massenbewegung geworden war. Die Kirche in Rom

versuchte gegen diese Bräuche und Riten mit Tanz, Eßgelage und

Trinkgelage anzugehen, indem sie den Neujahrstag zum Bußtag und Fasttag

erklärte und die Christen zur Teilnahme am Gottesdienst bewegen wollte.

Doch weder Mahnungen noch Drohungen fruchteten.

Gegen Ende des ersten Jahrtausends entwickelte sich sogar ein Narrenfest,

das an Neujahr und in den ersten Tagen im Jahr mit Maskeraden, dekadenten

Liedern und unzüchtigen Tanzveranstaltungen begangen wurde. Noch lange

hielt sich dieses Narrenfest, bei dem auch Gottesdienste parodiert wurden

und niedere Kleriker sich als Narrenbischöfe verkleideten. In Paris hielt

dieses Narrenfest bis ins 15. Jahrhundert an, obwohl jeder, der bei dieser,

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von der Kirche als heidnisches Treiben verurteilte Maskerade mitmachte,

mit der Exkommunikation rechnen musste.

Als die römisch-katholische Kirche einsehen musste, dass das Volk nicht

vom fröhlichen und ausgelassenen Feiern an Neujahr abzubringen war,

versuchte sie andere Wege zu gehen. Indem sie im 13. Jahrhundert das Fest

der Beschneidung des Herrn auf den 1. Januar verlegte, wollte sie diesem

Tag ein christliches Gepräge geben. Die biblische Grundlage für die Wahl

dieses Tages findet sich im Neuen Testament bei Lukas 2,21, wonach der

kleine Jesus acht Tage nach der Geburt beschnitten wurde. Mit dem 1.

Januar endet ja die Weihnachtsoktav. Zunehmend wurde das Neujahrsfest

auch mit dem Marienkult verbrämt und als Hochfest der Gottesmutter

begangen.

Dennoch können alle kirchlichen Bemühungen gegen das altrömisch-

heidnische Neujahrsfest im Laufe der Geschichte als gescheitert betrachtet

werden. Die heutigen Bräuche und Riten zum Jahreswechsel, Silvester und

Neujahr, basieren zu einem Großteil auf den altrömischen und zum Teil

auch auf germanischen Riten, wenn sie sich auch eher in die Abend- und

Nachtstunden des Silvestertags verlagert haben. Ausgelassenes Feiern, Essen

und Trinken, Tanzen usw. gehören ebenso zu einer Silvesterparty, einem

Silvesterball oder einer Silvestergala wie das Silvesterfeuerwerk,

Silvesterschießen oder das Neujahrsschießen zur Begrüßung des neuen

Jahres. Auch abergläubische Ängste und Hoffnungen sind mit dem

Jahreswechsel verbunden

2.1 Silvesterfeuerwerk – Silvesterfeuer

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Schrecken verbreiten, Lärm schlagen und Krach machen gehört zum ältesten

Brauchtum in der Silvesternacht und an Neujahr. In alten Zeiten begingen

die Germanen nach der Wintersonnenwende die Rauhnächte. Das von

Aberglauben bestimmte Lärmen und Treiben in diesen Nächten hatte die

Bedeutung der Vertreibung böser Geister. Die Germanen benutzten Rasseln,

Peitschen und Dreschflegel als Lärminstrumente. Im Mittelalter und auch

noch später waren es Kirchengeläut, Pauken und Trompeten. Das Schießen

mit Böllern und Gewehren oder aus der Kanone kam mit der Verbreitung

des Schwarzpulvers im Zeitalter der Renaissance auf. Besonders der

französische Sonnenkönig Ludwig XIV. war für seine gigantischen

Feuerwerksspektakel bekannt. Heute benutzt man keine Gewehre mehr in

der Silvesternacht, und es sind nicht nur Böller, sondern auch

Silvesterraketen, die mit ihrem Lärm das Jahresende anzeigen und das neue

Jahr einleiten. Feuerwerkskörper und Silvesterböller dienen in unserer Zeit

weniger der Vertreibung von Dämonen und bösen Mächten, sie sind wohl

eher ein Ausdruck der Freude.

Fast allerorts in Deutschland und in vielen anderen Ländern ist der

Jahreswechsel unüberhörbar. Überall ertönen Knallkörper, erhellen

Leuchtraketen die Nacht und malen teilweise schöne Bilder an den

nächtlichen Himmel. Teilweise werden große Summen ausgegeben, um sich

diesen Silvesterspaß zu leisten, auch wenn kirchliche Aktionen immer

wieder diesen Milliardenaufwand beklagen und mahnen, keine derartigen

Konsumgüter zu kaufen und das Geld doch lieber, anstatt für ein Feuerwerk,

für soziale Zwecke zu spenden.

Von der Silvesterknallerei lebt ein ganzer Industriezweig. Das Angebot der

Boller und Feuerwerkskörper reicht vom einfachen Knallfrosch über

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Feuersäule, Luftheuler und Silvesterrakete mit verschiedenen Effekten bis

zum sogenannten Blockbuster, einer Art Leucht-Munition, die 100 Schuss

abfeuert. Viele Böller und Raketen haben ihre Vorbilder in

Feuerwerkskörpern aus China, einem Land mit langer Feuerwerkstradition.

Die verschiedenen Silvesterknaller tragen Namen wie "Chinaböller", "Dicke

Berta", "Geisterschreck", "Pina-Colada-Vulkan", "Tornado-Rakete",

"Rubinsternregen", "Blinkerzauber", "Leuchtkäferschwarm" usw. Darüber

hinaus gibt es auch Profi-Munition, die nur von einem Firemaster

abgeschossen werden darf, der in der Pyrotechnik bewandert ist.

Pyrotechniker veranstalten vor allem in Großstädten wie Berlin zu Silvester

regelrechte Feuerwerk-Shows. Das weltweit größte Silvesterspektakel findet

jährlich auf dem Times Square in New York statt. Dabei kommt auch das

eine oder andere Batteriefeuerwerk zum Einsatz, bei dem mehrere

Feuerwerkskörper synchron bzw. in einer bestimmten Abfolge aus einer

Batterie abgeschossen werden. Manche Veranstaltung gehört sogar in den

Bereich der Kunst, wenn das Feuerwerk zum Beispiel passend zu einer

Musik mit entsprechendem Sound als Pyro-Musical aufgeführt wird.

Bei allem Vergnügen, die ein Feuerwerk als Höhepunkt der Silvesterparty

bereiten kann, sollten aber auch die Gefahren bedacht und gewisse

Vorsichtsmaßregeln beachtet werden. Vor dem Zünden sollten

Feuerwerkskörper auf ihre Ordnungsgemäßheit wie zum Beispiel die Länge

der Zündschnur überprüft werden. Die Silvesterrakete sollte niemals aus der

Hand, sondern beispielsweise aus einer leeren Flasche gezündet werden.

Grundsätzlich gilt, Feuerwerkskörper nicht in der Nähe von Personen oder

leicht entzündbarem Material zu zünden. Dazu zählen zum Beispiel

Silvesterdekoration und Schmuck, Strohballen oder auch Ölreste unter

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parkenden Autos. Nach dem Zünden sollte man sich rasch und ausreichend

vom Zündungsort entfernen. Grundsätzlich gilt ein Sicherheitsabstand von

mindestens 5 m. Zuschauer sollten einen Abstand von mindestens 50 m

einhalten, um sich nicht in Gefahr zu begeben.

Jedes Jahr müssen immer wieder Verletzte in die Notaufnahmen von

Krankenhäusern gebracht werden und oft hat die Feuerwehr alle Hände voll

zu tun. Neben Verletzungen, die Knallkörper durch eine Explosion an

Gliedmaßen oder im Gesicht verursachen können, kann durch den Knall

auch das Ohr in Mitleidenschaft gezogen werden. Dann heißt es, sich

möglichst nicht weiter der Silvesterknallerei auszusetzen und bei

anhaltendem Ohrsausen oder Ohrenschmerzen den Arzt aufzusuchen.

Wegen der Lärmbelästigung ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in

unmittelbarer Nähe von Kirchen, Kinderheimen, Seniorenheimen und

Krankenhäusern nicht gestattet. Beim Feuerwerksspektakel an Sylvester

sollte man auch an die Tiere denken. Ein Tier besitzt in der Regel wesentlich

sensiblere Gehörorgane als der Mensch und nimmt die Silvsterknallerei um

ein Vielfaches stärker wahr. Durch die Explosionen und Knallgeräusche

können sie in panische Angst versetzt werden. Daher sollten Feuerwerke

möglichst auch in der Nähe von Zoos, Tierparks, Tierheimen sowie

landwirtschaftlichen und privaten Tierhaltungen vermieden werden.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen dürfen Feuerwerkskörper der Klasse

2 ohne besondere Genehmigung der Gewerbeaufsichtsämter nur in der

Silvesternacht von 18 Uhr bis 1 Uhr abgefeuert werden, und zwar nur von

Personen ab 18 Jahren. Für Kinder und Jugendliche ist das Abbrennen von

Feuerwerkskörpern der Klasse 2 verboten.

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Raketen und Böller der Klasse 2 dürfen höchstens 10 g Schwarzpulver

oder 10 mg Chlorat- oder Perchloratsätze enthalten. Bei der Explosion

der Knaller darf die Lautstärke von 120 Dezibel nicht überschritten

werden. Außerdem dürfen Raketen nicht höher als 100 m in den

Himmel steigen.

Pyrotechnik der Klasse 1 für Kleinstfeuerwerke sind auch für

Minderjährige ab 12 Jahren erlaubt und dürfen das ganze Jahr über

verkauft werden, egal welcher Termin ansteht, ob Geburtstag,

Hochzeit usw.

Für das Silvesterfeuerwerk sind ausschließlich Knallkörper zugelassen, die

mit einem BAM-Prüfsiegel (BAM = Bundesantalt für Materialforschug)

versehen sind. Vor nicht zugelassenen pyrotechnischen Materialien und

Gegenständen mit gefälschten BAM-Nummern, die aus Nachbarländern in

den Handel gelangen könnten, wird immer wieder gewarnt, auch wenn es

sich um günstige Angebote handelt. Das gleiche gilt für selbstgebaute

Silvesterknaller. Deren Gebrauch ist nicht nur gefährlich, sondern auch

strafbar. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße geahndet werden.

Vor Silvester werden Feuerwerkskörper im Großhandel ebnso zum Verkauf

angeboten wie im Laden nebenan. Und in Zeiten des Internets kann man sie

natürlich auch im Onlineshop bestellen und per Versand zuschicken lassen.

Im Laufe der Geschichte haben sich mancherorts neben dem

Silvesterfeuerwerk weitere Silvesterbräuche und Neujahrsbräuche

entwickelt, bei denen nicht das Lärmen, sondern das Erhellen der Nacht im

Vordergrund steht. Statt Silvesterknaller und Silvesterfeuerwerk gibt es ein

Silvesterfeuer wie z. B. in einigen Orten im Kanton Aargau in der Schweiz.

In der Gemeinde Hallwil ist das Silvesterfeuer verbunden mit dem Brauch

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des Silvesterdreschen. Dabei lassen junge Burschen unter dem Funkenregen

des Feuers ihre Dreschflegel niedersausen.

Während die erwähnten Silvesterfeuer im Kanton Aargau auf heidnische

Bräuche zurückgehen, steht das traditionelle Lichterfest an Silvester in einer

Gemeinde im Wiesenttal in Franken ganz im Zeichen katholischer

Frömmigkeit. In Waischenfeld-Nankendorf (zwischen Forchheim und

Bayreuth) feiern die Gläubigen an Silvester das Fest der Ewigen Anbetung,

das bei Einbruch der Dunkelheit mit der Illumination der umliegenden

Felsen und des Flüsschens Wiesent seinen Abschluss findet. Der

Lichterzauber setzt sich zusammen aus brennenden Holzstößen,

bengalischen Leuchtfeuern und elektrischem Licht in Form von Kreuzen auf

den Berghängen. Eine Steigerung erfährt das pyrotechnische Schauspiel

noch durch die Lichterprozession, bei der die Teilnehmer den Ort in Rot und

Grün eintauchen lassen. Das Lichterfest in Nankendorf kann wahrscheinlich

auf eine rund 100jährige Tradition zurückblicken und zieht jedes Jahr eine

große Besucherzahl an.

2.2 Orakelbräuche

Der Jahresausklang ist eine besondere Zeit, in die Zukunft zu schauen. Dies

gilt auch für Menschen, die sich selber nicht unbedingt als abergläubig

betrachten. Man möchte gerne wissen, was einen im nächsten Jahr erwartet.

Im Laufe der Geschichte haben sich daher zu Sylvester einige

Orakelbräuche herausgebildet. Aberglaube sowie der Glaube an die Magie

und Zauberkraft mancher Dinge mag für die Entstehung solcher Bräuche

und Orakel-Spiele ausschlaggebend gewesen sein.

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Man kannte beispielsweise das Bibelstechen. Bei diesem Prophezeiungsspiel

wurde in der Silvesternacht die Bibel seitlich mit dem Daumen geöffnet und

dann blind auf eine Textstelle gezeigt. Sie sollte Aufschluss über das nächste

Jahr geben.

Ein anderer Orakelbrauch war das sogenannte "Glücksgreifen". Dabei

wurden aus Brotteig kleine Figuren hergestellt, die man unter Bechern

verbarg und bestimmte Symbole darstellten. Nach dem Verschieben der

Becher musste der Kandidat aufdecken und seine Zukunft lesen. Wurde z. B.

zuerst ein Ring als Symbol für die Ehe und dann ein Geldstück als Symbol

für Nachwuchs aufgedeckt, so bedeutete dies zuerst Heirat und dann ein

Baby. Die Reihenfolge hätte natürlich auch anders kommen können.

Der wohl bekannteste und am weitesten verbreitete Orakelbrauch zu

Silvester ist das Bleigießen.

Originell ist auch das Gummibärchen-Orakel, das vor allem Kindern großen

Spaß bereitet. Aus einer Tüte darf jeder mit geschlossenen Augen fünf

Gummibären ziehen. Die einzelnen Farben der Bärchen haben dann ihre

jeweilige Bedeutung. Die Farbe Rot steht zum Beispiel für Liebe, Gelb für

Ehrgeiz und Reichtum, Grün für Vertrauen und Hoffnung usw. Letztendlich

bleibt es jedoch jedem selbst überlassen, welche Deutung er in welche Farbe

hineinlegt.

Genaueres über die Zukunft kann man auch beim Pendeln erfahren. Je nach

Bewegungsrichtung werden darin unterschiedliche Bedeutungen gesehen.

Dreht sich das Pendel auf eine gestellte Frage hin im Uhrzeigersinn, so lautet

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die Antwort "Ja", dreht es sich in entgegengesetzter Richtung, so lautet die

Antwort "Nein", schwingt es nur hin und her, so ist die Antwort ungewiss.

Wer Auskunft über das Wetter im neuen Jahr haben will, untzerwirft sich

der Prüfung durch das Zwiebelorakel. In zwölf Zwiebelschalen, die für die

zwölf Monate stehen, wird Salz gestreut. Die Wetterlage eines Monats wird

danach interpretiert, ob das Salz in der jeweiligen Schale trocken oder nass

wird. Äpfel hingegen gelten als ungeeignet, da sie an die Vertreibung aus

dem Paradies erinnern. Wie es mit der Liebe im neuen Jahr bestellt ist, kann

man herausfinden, indem man einen Schuh rückwärts über die Schulter

wirft. Zeigt die Schuhspitze zur Tür, so steht eine glückliche Beziehung ins

Haus.

Mit abergläubischen Vorstellungen sind auch manche kulinarischen Bräuche

verbunden. So wurden früher bewusst Reste von Silvesterspeisen bis zum

Neujahrsmorgen auf dem Tisch stehengelassen. Sie waren ein Zeichen für

Überfluss und Reichtum, die einem das neue Jahr bringen sollte. Speziell

Linsensppe und Erbsensuppe galten als Symbol für Reichtum und Segen.

Wem das Silvester-Orakel nichts Gutes verheißt, hat die Möglichkeit, an

seinem Schicksal noch ein wenig zu drehen. Eine einzige Drehung um die

eigene Achse kann bewirken, dass sich ein böses Vorzeichen in ein gutes

verwandelt.

Der Grund, warum das Finden eines Pfennigs Glück bringen soll, liegt in der

Deutung, dass in allem Kleinen der Ursprung für etwas Großes liegt.

Glückspfennig und Glücksgroschen bzw. seit 2002 auch Glückscent könnten

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ihre Wurzel aber auch in dem Brauch der Römer haben, an Silvester den

Göttern Münzen zu opfern.

Als glücksverheißend gilt auch ein vierblättriges Kleeblatt, allerdings nur,

wenn es gefunden wurde, ohne danach zu suchen. Selbst ein vierblättriges

Kleeblatt basteln, zählt nicht, auch wenn es dafür schöne Bastelideen geben

mag. Allein sein seltenes Vorkommen dürfte schon ein Grund sein, dass

man dem vierblättrigen Kleeblatt glücksbringende Kraft zuschreibt. Darüber

hinaus kann in ihm das heilbringende Kreuz gesehen werden. Aber nicht nur

das Kreuz in der christlichen Symbolik, sondern auch das gleichschenklige,

keltische Kreuz, das als starkes Schutzsymbol verwendet wurde, kann in ein

vierblättriges Kleeblatt hineininterpretiert werden. Allgemein gilt das

vierblättrige Kleeblatt als Weltensymbol, das die vier Himmelsrichtungen

und die vier Elemente miteinander verbindet. Es soll als Glücksklee

insbesondere Vorteile beim Spiel bringen und Schicksalsschläge verhindern.

Ein vierblättriges Kleeblatt, das vor Antritt einer Reise in die Kleider

eingenäht wird, soll unterwegs das Unglück abwenden. Schüler sollen

bessere Leistungen bringen, wenn sie den Vierklee im Ranzen tragen. Auch

das dreiblättrige Kleeblatt kann in einem speziellen Sinn Glück verheißen,

wenn es von einer Frau verschenkt wird. Es deutet auf zu erwartenden

Nachwuchs hin.

Während die symbolhafte Bedeutung des vierblättrigen Kleeblatts leicht

nachzuvollziehen ist, fällt eine Erklärung für das Deuten des Fliegenpilzes

als glücksbringend schwerer. Er kommt weder selten vor, noch gilt er als

kostbar. Vor allem aber ist er giftig und hat eine tödliche Wirkung. Bei den

Germanen galt der Fliegenpilz jedoch als heilig. Möglicherweise hat seine

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Page 19: HA Nr 2 Landeskunde

Funktion als Glücksbringer ihren Ursprung in der Tatsache, dass er als

Rauschmittel verwendet werden kann.

Hufeisen werden ebenfalls als Glückszeichen interpretiert. Der Grund

hierfür liegt möglicherweise darin, dass Pferde als Arbeitskraft und

Fortbewegungsmittel in früherer Zeit sehr wertvoll und Hufeisen teuer

waren. Wer ein Hufeisen fand, galt daher als Glückspilz. Hufeisen hängen

vor allem über Türschwellen und dienen als Talisman, der Haus und Hof

schützt. Bei Seeleuten war es früher auch Brauchtum, ein Hufeisen an die

Schiffsmasten zu nageln. In der Regel zeigt die offene Seite nach oben und

der Bogen nach unten. Die geschlossene Seite nach unten soll verhindern,

dass das Gluck herausrinnen kann. Gemäß einer älteren Tradition kann das

Hufeisen auch genau umgekehrt aufgehängt werden. In dieser Form stellt

das Hufeisen das griechische Omega dar und versinnbildlicht damit den

Übergang von der diesseitigen in die jenseitige Welt. An Silvester oder

Neujahr verschenkt man in erster Linie Schokoladen-Hufeisen.

Als weitere Glücksbringer gelten Schornsteinfeger oder Kaminkehrer. Zum

Silvesterbrauch gehört das Verschenken solcher Figuren aus Marzipan,

Schokolade und verschiedenen anderen Materialien. Der nach oben ragende

Schornstein bzw. Kamin verbindet zwei Welten, Erde und Himmel. Der

Schornsteinfeger bzw. der Kaminfeger befreit den Weg nach oben, den Weg

ins Ungewisse, von Ruß und Schmutz und sorgt für frischen Wind. Durch

die Reinigung des Kamins bannte der Schornsteinfeger über Jahrhunderte

aber auch die Gefahr von Bränden und galt schon allein deswegen als

Glücksbote.

19

Page 20: HA Nr 2 Landeskunde

Schon sprichwörtlich ist das Glücksschwein als Glückssymbol in vielen

Redewendungen. Glücksschweine gibt es aus Holz oder Porzellan, als

Marzipanschweine oder in anderen Formen. Das Schwein hatte schon in

einigen antiken Kulturen wie z. B. im alten Ägypten oder Syrien eine

besondere Bedeutung. Das ägyptische Schwein sahen die Ägypter als heilig

an, und es wurde, wie es ägyptischer Brauch vorsah, den Göttern geopfert.

Die Kelten verbanden mit dem Schwein das Jenseits. Daher dienten

Schweine bei keltisch-religiösen Feierlichkeiten als Speise. Nicht nur in

keltischer Zeit galten in Europa Schweine als wichtige Fleisch- und

Fettlieferanten. Ein Schwein zu haben bedeutete in früherer Zeit, in der ein

üppiges Essen nicht zum Alltag gehörte, gut versorgt zu sein. Wohl auf

diesem Hintergrund entstand die Redewendung "Schwein haben" im Sinne

von "Glück haben". Die Wurzeln von Glücksschwein oder Neujahrsschwein

könnten aber auch in einem alten Kartenspiel zu finden sein, bei dem das As

ein Schwein war.

Ein anderer tierischer Glücksbringer ist der kleine rote Marienkäfer mit den

schwarzen Punkten. Als solcher gilt er, seit er im Mittelalter der

Gottesmutter Maria geweiht worden ist, von der er auch seinen Namen hat.

Unglück soll es hingegen bringen, wenn man dem Marienkäfer etwas antut

oder ihn sogar tötet.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Verhaltensweisen, die speziell zum

Jahreswechsel zu vermeiden sind, weil sie Unsegen bringen sollen. Dazu

gehört zum Beispiel das Essen von Geflügel an Silvester. Am Neujahrstag

sollte man nicht zu spät aufstehen, weil einen sonst das ganze Jahr über

schlechter Schlaf und schlechte Träume plagen. Wem es gar passiert, dass er

sich am Neujahrstag verkehrt herum anzieht, bei dem soll es das ganze Jahr

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Page 21: HA Nr 2 Landeskunde

verkehrt zugehen. Zwischen Heiligabend und Neujahr sollen keine langen

Wäschestücke wie Bettbezüge, Laken oder Tischdecken gewaschen bzw.

zum Trocknen rausgehängt werden, damit sich niemand daran aufhängt.

Im Braunschweiger Land durfte noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts an

Silvester und den Tagen davor nicht gesponnen werden, da sonst der Flachs

im neuen Jahr nicht wachsen würde. Solche und ähnliche abergläubischen

Vorstellungen haben ihren Ursprung wohl in dem heidnisch-germanischen

Glauben, dass in den Rauhnächten die Sonne stillstand und damit auch alles

auf der Erde stillstehen musste, wollte man nicht den Zorn der Götter auf

sich herabrufen. Wer diesem Aberglauben auch in späterer Zeit noch

nachhing, durfte vor allem keine Tätigkeiten ausüben, bei denen es rundum

lief. So galten neben der Betätigung des Spinnrads unter anderem auch das

Fahren mit Pferdewagen oder Schubkarren, das Dreschen und das Nähen als

gefährlich. Selbst Müller scheuten sich, ihre Mühlräder mahlen zu lassen.

Zu Silvester gehört nun einmal das feucht-fröhliche Feiern. Mit dem

Anstoßen auf das neue Jahr sollten ursprünglich böse Geister und trübe

Gedanken vertrieben werden. Manche sahen es als gutes Vorzeichen für das

kommende Jahr an, wenn alle Hausbewohner aus dem gleichen Glas tranken

und der Hausherr anschließend das leere Glas rückwärts über die Schulter

vor die Haustür warf, wo es dann zersprang. Hat man dem Alkohol bei der

Silvesterfeier zu sehr zusgesprochen, so soll ein Amethyst gegen den

darauffolgenden Kater am Neujahrstag helfen. Ihm wird Schutz vor

Trunkenheit und den Folgen zugeschrieben.

2.2.1 Bleigießen

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Page 22: HA Nr 2 Landeskunde

Ein immer noch beliebter, wenn auch allmählich einschlafender

Silvesterbrauch bzw. Orakelbrauch auf der Silvesterfeier bzw. Silvesterparty

ist in manchen Regionen bei Mann und Frau das Bleigießen. Im

übertragenen Sinne kann das Blei als Schwermetall für alles Schwere und

Belastende angesehen werden, das man im alten Jahr zurücklassen möchte.

Wann der Brauch, Blei zu gießen, entstanden ist, wieso und in welchem

Zusammenhang, ist schwer zu sagen. Schon im Altertum war das Gießen

von Blei eine oft angewandte Methode. Im Mittelalter wurden mit dieser

Gußmethode Siegel, Abzeichen, Schaumünzen usw. hergestellt.

Möglicherweise aber hat die mittelalterliche Erfindung der Buchdruckkunst

durch den Erfinder Johannes Gutenberg mit dem Silvesterbrauch zu tun.

Zum Drucken wurde flüssiges Blei in die Matrizen gegossen. Schriftsetzer,

die im Besitz von Blei waren, konnten Feiertagsgäste und Freunde zu

Silvester mit dem Schwermetall versorgen, das dann in erhitztem Zustand in

Wasser gelassen wurde und Figuren bildete, in denen man unterschiedliche

Symbole sah. 

Noch heute machen manche auf Silvesterpartys sich den Spaß, Blei in einem

Löffel über einer brennenden Kerze zu schmelzen. Wegen der niedrigen

Schmelztemperatur von Blei dauert der Vorgang nicht lange. Das

geschmolzene Blei wird dann in ein Gefäß mit kaltem Wasser gegossen, in

dem es sich sehr schnell wieder verhärtet. Die sich bildenden Figuren

werden als Orakel angesehen, aus denen sich zukünftige Ereignisse im

neuen Jahr ablesen lassen. Oft wird die Bleifigur in das Kerzenlicht

gehalten. Die Form des Schattens, den das Bild im Licht der brennenden

Kerzen wirft, dient dabei als Hilfe für die Deutung der Figur und des

Orakels. Nicht alle Figuren bedeuten Positives für das neue Jahr und

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verheißen Gutes für die Zukunft. Beispiele für solche Figuren und ihre

Deutungen sind unter anderem:

Anker - Hilfe in der Not,

Ball - Glück rollt heran,

Beil - Enttäuschung in der Liebe,

Blume, Blumen - neue Freundschaft,

Bock - Erwartung einer Erbschaft,

Brille - Weisheit, hohes Alter,

Dreieck - finanzielle Verbesserung,

Fisch - Glück,

Flasche - fröhliche Zeit,

Glocke, Glocken oder Ei - frohe Nachricht, Ankündigung einer

Geburt,

Herz - sich verlieben,

Hut - gute Nachichten,

Kreuz, Kreuze - Tod,

Kuchen - ein Fest steht bevor,

Kuh - Heilung,

Leiter - Beförderung,

Maus - heimliche Liebe, sparsam sein,

Ringe und Kränze - Hochzeit,

Schere - eine wichtige Entscheidung steht an,

Schiff, Schiffe, Flugzeug, Flugzeuge oder Rakete, Raketen -

Urlaubsreise, Reise ins Ungewisse,

Schlange - andere sind nedisch auf dich,

Spinne - das Glück hängt am seidenen Faden

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Page 24: HA Nr 2 Landeskunde

Stern, Sterne - Glück,

zerbrochene Ringe - Trennung

Letztendlich bleibt die Deutung jedes einzelnen Symbols jedoch immer

jedem selbst überlassen. 

Blei ist nicht ungefährlich. Beim Bleigiessen sollte man daher darauf achten,

dass Kinder das Schwermetall nicht in den Mund stecken, sich

möglicherweise eine Bleivergiftung zuziehen und damit ihre Gesundheit

gefährden. Geraten Pulverpartikel und Spritzer ins Auge, so sollte man es

sofort gut ausspülen. Beim Schmelzen entstehende giftige Bleidämpfe sollte

man nicht einatmen. Wegen des Giftgehalts gehören die ausgegossenen

Figuren nicht in den Hausmüll, sondern zum Sondermüll. Wer den Umgang

mit dem giftigen Stoff vermeiden will, braucht dennoch nicht auf die

Vorhersage für das neue Jahr zu verzichten. Alternativ kann statt Blei auch

heißes, flüssiges Wachs verwendet werden, das ebenfalls im Wasser zu

bizarren Formen erstarrt.

2.3 Silvestergruß, Neujahrsgruß, Neujahrskarte

"Ein gutes und gesegnetes neues Jahr!" So oder so ähnlich lautet überall der

offizielle Neujahrsgruß, oder besser gesagt Silvestergruß, denn dieser

Neujahrswunsch wird ja schon vor Eintritt des neuen Jahres ausgesprochen.

Im privaten Umgang wünscht man sich eher "einen guten Rutsch". Das Wort

"Rutsch" leitet sich wahrscheinlich vom hebräischen Namen des jüdischen

Neujahrsfestes "Rosch Hashana" ab. Der Ausdruck bedeutet soviel wie Kopf

oder Anfang des Jahres. Mit der heutigen Bedeutung des Wortes "Rutsch"

hat es also ursprünglich nichts zu tun. Andere Quellen sehen in dem

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Page 25: HA Nr 2 Landeskunde

Ausdruck "Rosch" kein hebräisches Wort, sondern ordnen es dem

Rotwelschen, einer Studentensprache, zu.

Sind die ersten Sekunden des neuen Jahres angebrochen, so stößt man auf

Silvesterfeiern, Silvesterpartys und Feten mit einem Glas Sekt oder

Champagner an und sagt "Prosit Neujahr" oder kurz "Prost Neujahr". Wer

Latein in der Schule gelernt hat, weiß, dass das Wort "Prosit" lateinisch ist

und übersetzt "Es möge gelingen" bedeutet. Alle diese Neujahrswünsche, ob

frei formuliert oder in Reime gefasst, drücken die Hoffnung aus, dass das

neue Jahr dem Mitmenschen Glück bringen werde.

Das Wort Glück kann zweierlei bedeuten. Es gibt das Glück im Sinne von

günstigem Schicksal und das Glück im Sinne von Glücklich-Sein. So ist

beispielsweise ein Lottogewinn ein glückliches Ereignis, ob man mit dem

vielen Geld dann aber auch wirklich glücklich wird, ist eine andere Frage.

Der Glückwunsch für das neue Jahr kann beides beinhalten, dass das

Schicksal dem Mitmenschen hold sein möge bzw. dass er in jeder Lage

glücklich und zufrieden bleiben möge. Neujahrswünsche beziehen sich in

der Regel auf Gesundheit, Glück und Erfolg im Beruf, Glück in der Familie,

Frieden in der Nachbarschaft und in der Welt usw.

Im Raum Bitburg-Prüm in der Eifel ist es im familiären Bereich teilweise

noch Brauch, dem Neujahrsgruß "Prost Neujahr" oder "ein glückliches

Neujahr" den Wunsch "und mir ein Neujährchen" anzufügen. Damit

verbunden ist die Hoffnung auf ein kleines Geldgeschenk oder ein anderes

Geschenk. Vor allem Kinder sagen gerne diesen Spruch auf, um

Geldgeschenke oder andere Geschenke zu erhalten.

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Page 26: HA Nr 2 Landeskunde

Freunden, Verwandten und Bekannten, mit denen man Silvester nicht

zusammen auf einer Silvesterfeier oder Silvesterparty verbringen konnte,

übermittelt man den Neujahrswunsch über Neujahrskarten oder telefonisch.

Dabei ist es der Fantasie und dem Talent des einzelnen überlassen, ob er das

Grußwort in Prosa, als kurzen Vers oder als Gedicht verfasst. Auch wenn die

Grußkarte mit einem Zitat versehen ist, muss der Gruß nicht unpersönlich

sein. Wer lustig veranlagt ist und seinen Humor unter Beweis stellen

möchte, vermittelt seine Silvestergrüße vielleicht auch als Witze.

Im Zeitalter von Internet und schnurlosem Telefonieren ändern sich manche

Bräuche und man schickt Spruche auch als E-Mails, E-Postkarten, E-Card-

Grüße, Handysprüche oder SMS-Sprüche. Warum gerne auch SMSsprüche

per Handy verschickt werden, liegt unter anderem daran, dass verschiedene

Anbieter zu bestimmten Anlässen einen kostenlosen Service anbieten, so

dass zum Beispiel an Sylvester Silvestergrüße als kostenlose

Silvestersmssprüche versendet werden können und man keine Karte kaufen

oder bestellen muss. Letzteres gilt auch, wenn man seinen Silvestergruß per

E-Mail oder Ecard verschickt. E-Cards, die man per EMail versenden

möchte, findet man im Internet bei verschiedenen Online-Anbietern.

Trotz aller modernen Kommunikationsmittel wird aber immer noch der

Neujahrsgruß per Postkarte praktiziert. Diese Form der schriftlichen

Übermittlung von Grüßen entstand durch den Ausbau des postalischen

Netzwerkes und der Kommerzialisierung von Glückwunschkarten und

Grußkarten. Nach Erfindung der Bildpostkarten entstanden in den 70-er

Jahren des 19. Jahrhunderts die heute noch beliebten Bildkarten, die vor

allem in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ihren großen Boom erlebten. Als

Erfinder solcher Karten gilt der Maler J. C. Horsley. Auf den

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Neujahrsgrußkarten und Silvestergrußkarten abgedruckt waren

Silvestermotive wie die Symbole Kleeblatt oder Schornsteinfeger –

Kleeblätter und Schornsteinfeger gelten als Glücksbringer – aber auch

lustige Motive wie Silvesterpunsch oder Silvestersekt trinkende Kinder auf

Kleeblättern sitzend, musizierende Schweinchen oder ein alter Mann als

Symbol für das vergangene Jahr usw. Das eine oder andere Motiv findet sich

noch heute auf mancher Glückwunschkarte in ähnlicher Weise wieder.

2.4 Weitere Silvesterbräuche und Neujahrsbräuche

In der Neujahrsnacht vertreibt man das alte und begrüßt das neue Jahr durch

Geräusche, lauten Lärm und Schießerei. Dies ist heute so und war schon zu

germanischer Zeit so. Früher geschah dies mit Hilfe von Trommeln,

Schellen und Peitschenknallen. Heute sind es vor allem Böller und andere

Feuerwerkskörper, die lautstark das neue Jahr ankündigen. Neben dem

Abfeuern von Böllern und Raketen kennt man in manchen Regionen auch

das Neujahrsschießen mit Gewehren. In der Altmark benutzt man die

Gewehre, um beim Morgengrauen am Neujahrstag in die Gärten zu

schießen, damit die Bäume reichlich Früchte tragen mögen. Bei diesem

Neujahrs-Schießen sollte jedoch nach Möglichkeit kein Baum getroffen

werden. Vor allem in der Alpenregion wird das neue Jahr mit

Peitschengeknall angekündigt. Dieser Brauch erinnert an den germanischen

Ritus zur Vertreibung böser Geister in den Rauhnächten. In Westfalen

kannte man früher den Brauch des Neujahrs-Hämmerns, bei dem der

Schmied sich mit seinen Gesellen um den Amboss versammelte, um das alte

Jahr mit rhythmischen Schlägen auszuhämmern.

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Page 28: HA Nr 2 Landeskunde

In Norddeutschland gehen die Kinder am Neujahrstag mit dem so genannten

"Rummelpott" herum und singen Lieder. Der Rummelpott ist ein tönerner

Topf, über den eine Schweinsblase mit einer Öffnung gespannt ist. Aus der

Öffnung schaut ein Stück Schilfrohr heraus, das beim Reiben mit der

Handinnenfläche ein brummendes Geräusch verursacht. Auch in anderen

Regionen in Deutschland gibt es das Neujahrssingen von Kindern, wenn

auch ohne "musikalische Begleitung". So klingeln beispielsweise in Baden

Kinder an den Türen der Nachbarn und tragen kurze, überlieferte Reime als

Lied vor, die einen Neujahrswunsch ausdrücken, deren Sinn oftmals aber

auch Rätsel aufgeben.

Das Singen zum Jahreswechsel spielt auch eine besondere Rolle in

Rheinfelden in der Schweiz. Dort versammeln sich am Silvesterabend um 21

Uhr die Sebastiani-Brüder zum Brunnen-Singen. Dieser spezielle Brauch

geht auf ein Versprechen von zwölf Männern zurück, die sich 1541

zusammenschlossen, als die Pest in der Stadt sehr viele Menschenleben

kostete. Auf diese Weise hoffte man, die Stadt zukünftig vor der Krankheit

zu bewahren. Der Grund, warum man am Brunnen sang, lag in der

Annahme, dass die Pest von verseuchtem Wasser herrührte.

In einer anderen Schweizer Stadt, in Winterthur, wird das neue Jahr nach

alten Traditionen ebenfalls auf musikalische Weise begrüßt. Ab 23.45 Uhr

erklingt in der Silvesternacht vom hohen Nordturm der Stadtkirche

besinnliche Bläsermusik, bevor um 0 Uhr dann die Glocken läuten.

Glockenläuten als Silvesterbrauch entstand bereits im 16. Jahrhundert mit

dem Ein- und Ausläuten des Tages durch die Turmwächter.

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Page 29: HA Nr 2 Landeskunde

Ein alter Silvesterbrauch aus dem niederländisch-rheinischen Raum ist das

sogenannte "Beiern", ein Glockenspiel der besonderen Art. Beim Beiern

wird nur eine Kirchenglocke automatisch in Bewegung gesetzt. Sie

bestimmt den Takt und das Tempo. Die übrigen Glocken werden durch die

"Beiermänner" von Hand angeschlagen, wodurch verschiedene einfache

Melodien zum Klingen gebracht werden. Leider wird dieses

Silvesterbrauchtum nicht mehr gepflegt, vielleicht auch deshalb, weil es

eines gewissen Grades an Fertigkeit und eines intensiven Übens bedarf. 

Ein ebenfalls ausgestorbener, aber interessanter Silvesterbrauch stammt aus

der Uckermark im Nordosten Brandenburgs zwischen den Städten

Angermünde, Templin und Prenzlau. Dort ging bis etwa 1930 in den

Dörfern der so genannte "Pelzbock" um, ein in Strohseide eingewickelter

junger Mann. Mit dem Wort Pelz ist in diesem Fall jedoch kein Tierfell

gemeint, es ist vielmehr eine Bezeichnung für Pfannkuchen. Der Pelzbock

wurde bei seinem Rundgang von Haus zu Haus von vier Treibern in Ketten

und zwei als Stutenfrauen verkleideten Burschen begleitet. Mit Handorgel

und Geige wurde Musik dazu gemacht. In großen Körben sammelte man

Pelze (also Pfannkuchen), aber auch Wurst, Speck, Kuchen, Schnaps und

Wein. Mit diesen Gaben feierten die Burschen dann anschließend Silvester. 

Eng mit dem "Pelzbock" verwandt ist der Strohbär, der in Hessen

beheimatet ist. Er ist wie der "Pelzbock" ebenfalls fast gänzlich eingehüllt,

jedoch in Stroh. Zusammen mit dem Strohbär sammeln Jugendliche am

Silvesterabend Speck, Eier, Wurst und Schnaps, um damit den

Jahreswechsel zu feiern.

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Page 30: HA Nr 2 Landeskunde

Kaum noch gepflegt wird auch der Brauch der so genannten

Neujahrsumgänge, die es in früherer Zeit in unterschiedlichen Formen gab.

So besuchten in manchen Gegenden Deutschlands an Neujahr Kinder ihre

Paten, um das neue Jahr anzuwünschen. In vielen ländlichen Gegenden

besuchten junge Männer die Häuser der Nachbarschaft und nutzten dabei die

Gelegenheit, sich nach einer möglichen Braut umzusehen. Dabei sprach man

nicht selten bei einer herzhaften Brotzeit reichlich dem Schnaps und anderen

hochprozentigen Flüssigkeiten zu. Solche Besuchsgänge konnten aber auch

einfach der Kontaktpflege zur Nachbarschaft dienen.

Einem nur noch äußerst selten anzutreffenden Brauch zum Jahreswechsel

mit wohltätiger Wirkung konnte man in früheren Zeiten in Franken

begegnen, dem so genannten "Fitzeln". Vor allem Kinder praktizierten das

Fitzeln. Dabei ergriffen sie die Hand des Gegenübers, schlugen ihm mit

einem kleinen Tannenzweig oder einem Myrtensträußchen auf den

Handrücken, sagten einen von zahlreichen Fitzelsprüchen auf und erhielten

als Lohn dafür Obst, Frucht, Süßigkeiten oder kleine Geldbeträge.

Ein Brauch, bei dem es unter anderem auch um Geselligkeit geht, ist das

Würfeln an Sylvester. Im weitesten Sinne könnte man es auch als

Orakelbrauch deuten, denn beim Würfeln bleibt alles dem Zufall überlassen

und das Ergebnis ist genauso ungewiss wie die Zukunft. Jung und Alt treffen

sich in verschiedenen Lokalen, um das Jahr beim gemeinsamen Glücksspiel

ausklingen zu lassen. Mancherorts wird um Würstchen gewürfelt wie etwa

in vielen Gemeinden des Vogelsbergs, einem Mittelgebirge in Hessen. Der

Sieger erhält jeweils ein Würstchen. Andernorts kennt man auch das

Würfeln um Brötchen oder Brezeln. Auch hier erhält der Sieger eine

Belohnung, die in diesem Fall nicht aus einem Würstchen, sondern eben aus

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Page 31: HA Nr 2 Landeskunde

einem Brötchen oder einer Brezel besteht. Die Regeln, nach denen gewürfelt

wird, sind regional unterschiedlich.

Gespielt wird an Silvester auch im Rheinland. In einem Stadtteil von

Dormagen versammeln sich jedes Jahr Einheimische zum so genannten

"Lottern". Jeder Mitspieler erhält Karten mit einer Zahlenreihe und Plättchen

zum Abdecken der gezogenen Nummern. Sieger ist, wer eine

zusammenhängende Zahlenreihe auf seiner Karte abgedeckt hat. Die

Belohnung für ihn besteht aus einer Brezel.

Im Norden von Westfalen dürften sich die Vertreter des männlichen

Geschlechts darüber freuen, daß ein Silvesterbrauch ausgestorben ist, der

noch im 19. Jahrhundert gepflegt wurde. An Silvester übernahmen nämlich

die Frauen für kurze Zeit das Regiment. Die Männer mussten sich um den

Haushalt und die Kinder kümmern und den Frauen gehorchen. 

Neben den angeführten Bräuchen gibt es noch eine Reihe regional oder auch

örtlich gewachsener Silvesterbräuche und Neujahrsbräuche, die noch heute

zum Jahreswechsel mal mehr, mal weniger gepflegt werden.

3.0 Silvesteressen – Silvestergetränke

3.1 Silvesteressen Silvestermenü Silvestermenue Silvesterbuffet Buffet

Die vielfältigen kulinarischen Bräuche zum Jahreswechsel sind häufig mit

abergläubischen Vorstellungen verbunden. Als Symbol für Überfluß und

Fruchtbarkeit, die einem das neue Jahr bescheren soll, war es früher

Brauchtum, Reste der Silvesterspeisen und Silvestermenüs bis zum

Neujahrsmorgen auf dem Tisch stehen zu lassen. Im Erzgebirge bewahrte

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Page 32: HA Nr 2 Landeskunde

man zusätzlich noch Salz und Brot in einem Tischtuch über Nacht auf, damit

Hungerzeiten im bevorstehenden Jahr ausbleiben mögen. Dieser Gedanke

und diese Symbolik sind jedoch bei den heutigen Silvesterspeisen und

Silvestermenues verloren gegangen.

Ganz oben auf dem Silvesterspeisezettel stehen traditionell Linsensuppe,

Erbsensuppe, Bohnensuppe oder auch Möhrensuppe. Diese Suppen sollen

nach dem Volksglauben Segen und Reichtum bescheren, vorausgesetzt, man

hat bei Tische an Sylvester kräftig zugelangt. Für Segen und Reichtum steht

auch das Sauerkraut, meist zu Rippchen serviert. Vor dem Essen wünschen

sich die Tischgäste für das zukünftige Jahr soviel Gut und Geld wie Fäden

Kraut im Topf sind.

Als Glücksbringer gilt gemeinhin das Schwein. Das Glücksschwein ist sogar

sprichwörtlich. Daher serviert man vielerorts in der Silvesternacht nach

altem Brauch auch ein Stück Schweinskopf. Als Süßigkeit verzehrt man

Marzipanschweine oder Schoko-Schweine aus Schokolade. Während in den

meisten Regionen in Deutschland Geflügel zum Jahreswechsel vom

Speiseplan gestrichen ist, weil mit dem Federvieh auch das Glück im neuen

Jahr davonfliegen könnte, ist für viele Fisch, und speziell der

Silvesterkarpfen, längst Tradition an Silvester.

In Tschechien ist der Kartoffelsalat eine traditionelle Silvesterspeise. Er wird

zu dem besonders bei den Tschechen in Böhmen und Mähren beliebten

Karpfen, zum Schnitzel, zum Würstchen oder einfach auch als eigene

Mahlzeit serviert. Die Art der Zubereitung kann je nach Rezept sehr

unterschiedlich sein. Eine symbolische Bedeutung, wie die meisten

traditionellen Silvesterspeisen, besitzt der Kartoffelsalat jedoch nicht.

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Page 33: HA Nr 2 Landeskunde

Neben den traditionellen Silvesterspeisen haben sich längst auch andere

etabliert. Bei der häuslichen Silvesterfeier oder Silvesterparty, bei der die

entsprechende Dekoration auch nicht fehlen darf, versammeln sich

Familienmitglieder und Gäste zum Beispiel um den Fondue-Topf, lassen es

sich beim gemeinsamen Raclette-Essen schmecken oder genießen ein Büffet

als warmes oder kaltes Silvesterbüffet. Im Restaurant lässt man es sich bei

einem ausgiebigen Silvesterdinner oder einem mehrgängigen Silvestermenü

wohl ergehen. Je nach Portemonnaie leistet man sich das Menü als 3-Gang-

Menue, 4-Gang-Menue, 5-Gang-Menue, 6-Gang-Menue oder 7-Gang-

Menue.

Zum Jahreswechsel sind auch verschiedene Backwaren sehr beliebt. Nicht

nur in Deutschland kennt man die Tradition, Neujahrsbrote oder

Neujahrskuchen zu bereiten. Sie gelten wie so vieles in diesen Tagen als

Glücksbringer. Mit dem gegenseitigen Verschenken der Neujahrsbrote

wollte man bekräftigen, dass das Brot im neuen Jahr nicht ausgehen möge

und der Beschenkte vor Krankheit und Unglück beschützt werde. Aus dem

gleichen Grund wurden auch Neujahrsbrote an die Hühner im Stall

verfüttert.

Zu den besonderen Spezialitäten unter den Gebäcksorten gehören z. B. so

genannte Neujährchen (Hörnchen aus dünnen Waffeln), Neujahrsringe oder

Neujahrskränze (Hefekränze mit Rosinen), Neujahrsbrezel,

Neujahrsmännlein, Hefezöpfe aber auch Glückstorten und Glückskuchen mit

eingebackenen Geldmünzen sowie Früchtekuchen und Lebkuchen.

Neujahrskranz, Brezel, Hefezopf und Neujahrsmännlein sind so genannte

Gebildbrote. Damit sind Backprodukte gemeint, die die Form von Gebilden,

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Page 34: HA Nr 2 Landeskunde

Menschen- oder Tierfiguren oder symbolhaften Gestalten haben oder

Grundmotive aufweisen. Brezeln und Kranz stellen beispielsweise eine

runde und geschlossene Form dar. Daher gelten sie als Symbole der

Verbundenheit und Unendlichkeit, als glücksbringendes Symbol oder als

Segenswunsch. Das Herstellen solcher Formen ist in fast allen Kulturen zu

finden. Das Flechten von Hefezöpfen hat neben der erwähnten Symbolik

wahrscheinlich auch noch eine tiefere kultische Beziehung. Es erinnert an

frühe Opfergaben, bei denen Frauen ihre geflochtenen Haarzöpfe

darbrachten.

3.1.1 Silvesterkarpfen Karpfen Rezept Rezepte

Während in den meisten Regionen in Deutschland Geflügel zum

Jahreswechsel vom Speiseplan gestrichen ist, weil mit dem Federvieh auch

das Glück im neuen Jahr davonfliegen könnte, ist für viele Fisch, und

speziell der Karpfen, längst eine kulinarische Tradition, ob als Ein-Gang-

Menü oder Mehr-Gang-Menue serviert. Hierfür gibt es spezielle

Rezeptideen. Auch Meeresfrüchte finden in diesen Tagen besonderen

Absatz. Der Grund, warum man Forelle, Lachs, Stör, Zander, Aal, Hummer,

Flußkrebse, Austern oder eben Silvesterkarpfen auf der Silvesterparty isst,

könnte sein, dass man nach den kalorienhaltigen Festtagsbraten zur

Weihnachtszeit nun eher auf eine leichtere, kalorienärmere Kost

zurückgreifen möchte. Für Fischliebhaber liegt er vielleicht einfach im

Geschmack. Manche Kunden halten Fisch nicht nur für eine leichte und

kalorienarme Speise, sondern auch für gesünder und risikofreier als Fleisch,

besonders seit den Meldungen über Maul- und Klauenseuche sowie BSE. In

Norddeutschland sind auch Kieler Sprotten sehr beliebt. Beim Verspeisen

wird der kleine Fisch am Schwanz angepackt. Der traditionelle

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Page 35: HA Nr 2 Landeskunde

Silvesterfisch ist jedoch weiterhin der Karpfen, auch wenn der Absatz

anderer Fischsorten wie Forellen, Lachse, Zandern oder auch Krebse steigt.

Für den Karpfenfischer, den Karpfenzüchter, die Teichwirtschaft und den

Fischhändler bedeutet die Zeit vor dem Neujahrstag Hochbetrieb. Nahezu 20

% des Jahresumsatzes bei Frischfisch wird vor Weihnachten und Silvester

gemacht. Dabei zeigt sich, dass der Silvesterkarpfen inzwischen zunehmend

auch zum Weihnachtskarpfen geworden ist. Karpfen sind Süßwasserfische.

Ihr natürlicher Lebensraum ist der Fluß, der See oder der Teich. Als Speise

dienen verschiedene Karpfenarten, jedoch nicht alle. Zu den verschiedenen

Arten zählen unter anderem Graskarpfen, Silberkarpfen, japanische

Farbkarpfen (Zierfische), Riesenkarpfen, Wimpelkarpfen, Marmorkarpfen

und Spiegelkarpfen.

Ein paar Tage, bevor die Karpfenfische auf dem Teller landen, werden sie

aus dem Karpfenteich in ein Becken mit klarem Wasser umgesiedelt. In der

Fachsprache heißt dies "ausnüchtern". Der Kunde, der nicht im Fachhandel

oder Großhandel einkaufen möchte, kann sich bei einer Karpfenzucht vor

Ort den Silvesterkarpfen aussuchen. Die Nachfrage liegt hauptsächlich bei

Exemplaren mit einem Gewicht zwischen 2 und 4 Kilogramm, je nach

Größe der Familie bzw. der Tischgemeinschaft. Viele Kunden wollen den

Karpfen erst am Silvestertag einkaufen und ausnehmen, weil sie ihn ganz

frisch genießen wollen. Andere schwören darauf, den Fisch bereits ein paar

Tage vor dem Genießen zu zerteilen und einzulegen, damit er richtig

"durchziehen" kann.

Der Trend zu gesunder Ernährung hat dazu geführt, dass einige

Karpfenzüchter in ihrer Teichwirtschaft Biokarpfen züchten. Das Bio beim

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Karpfen bedeutet, dass die Zucht der Karpfen strikten Regeln unterworfen

ist. So ist zum Beispiel eine bestimmte Teichfläche pro Karpfen

vorgeschrieben. Der Einsatz von Antibiotika, Wachstumshormonn usw. ist

verboten. Außerdem müssen die Fische mindestens 50% des Futterbedarfs

selbst im Teich suchen, damit sie nict zu fett werden.

Die Tötung von Karpfen nennt man Schlachtung. Das Schlachten der

Karpfen erfolgt durch einen Hieb mit dem sogenannten "Fischtöter", einer

hölzernen Keule, und einem anschließenden Stich ins Herz. Die Zeiten, in

denen man den Karpfen selber aus der heimischen Badewanne fischt,

nachdem er dort seine letzten Stunden verbracht hat, sind jedoch vorbei. Ihn

lebend mit nach Hause zu nehmen ist laut Tierschutzgesetz verboten, es sei

denn, der Transport findet in einem mit Wasser gefüllten Becken mit einem

Volumen von mindestens einem Kubikmeter statt. Ein Wassereimer reicht

also bei weitem nicht aus. Wer Angeln und speziell Karpfenangeln als

Hobby hat, wird seinen Karpfen jedoch nicht einkaufen, sondern selbst

fangen.

Karpfen Rezept Rezepte

Die Karpfenrezepte sind mannigfaltig, denn der Karpfen kann auf

verschiedene Weise zubereitet werden. Er kann gebacken, gebraten, gekocht

oder auch geräuchert werden.

Das am meisten gesuchte Rezept ist:

Karpfen blau (ausgenommenen Karpfen nicht schuppen, ca. 10 min in

Essig stehen lassen, wodurch der Karpfen die blaue Farbe bekommt,

dann ca. 20 bis 25 min im köchelnden Fischsud aus Wasser,

Gewürzen und weiteren Zugaben garen lassen)

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Weitere Karpfenrezepte sind:

Karpfen gebacken (ausgenommenen Karpfen in zwei Hälften

schneiden oder tranchieren, salzen und mit Zitronensaft beträufeln,

dann die Teile in Mehl einlegen bzw. mit Mehl und Grieß panieren

und in heißem Fett backen, bis sie goldbraun und knusprig sind)

Karpfen polnisch (ausgenommenen Karpfen schuppen, tranchieren

und mit Essig beträufeln, in Mehlschwitze mit Bier, geriebenem

Pfefferkuchen, Gewürzen und Suppengrün unter häufigem Schütteln

gar kochen lassen, vor dem Servieren mit Salz, Pfeffer, Zucker und

Zitronnsaft abschmecken)

Karpfen fränkisch (ausgenommenen Karpfen in zwei Hälften teilen

und mit Salz, Zitronensaft und eventuell Pfeffer würzen, in Mehl

wenden und ca. 60 min in Fett oder Butterschmalz backen)

Karpfen indisch (Karpfen in zwei Hälften teilen, die Filets salzen und

mit der Grätenseite auf einem Backblech garen, anschließend mit

einer Tandoorisauce aus Fischfond, Tandooripaste und Gewürzen

sowie einer Joghurt-Sauce aus Joghurt, Olivenöl, Kümmel und Milch

beträufeln und mit Salatherzen garnieren)

Karpfen in Gelee (Karpfen in zwei Hälften schneiden, die eine Hälfte

entgräten, kleinhacken und mit Gewürzen und anderen Zutaten zu

einer Farce mischen und umrühren, die zweite Hälfte in eine Form mit

Gelee legen, die Farce darüberstreichen und mit Gelee völlig

zugießen, das Ganze auf Eis stellen)

Karpfensuppe (Karpfen in einer Sud zum Kochenbringen,

anschließend den entgräteten Karpfen in kleine Würfel schneiden, zur

Fischbrühe neben Karpfenwürfel je nach Geschmack zum Beispiel

Kartoffelwürfel, Tomatenstückchen, Paprikastreifen, Knoblauch usw.

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sowie Gewürze hinzugeben, die Brühe ca. 40 min köcheln lassen und

in der Terrine servieren)

Als Beilagen der Karpfengerichte, ob Karpfe blau, gebackener Karpfen,

fränkischer oder indischer Karpfen, werden meist Kartoffeln und Kräuter

empfohlen. Mit der passenden Soße wird das Karpfengericht ein richtiger

Festtagsschmaus. Ein guter Wein dazu darf natürlich nicht fehlen.

In früheren Zeiten galt der Karpfen eher als Mangelware. Daraus erklärt sich

möglicherweise der Brauch, eine Schuppe vom Karpfen ins Portemonnaie zu

stecken. Dies soll im neuen Jahr reichen Geldsegen für das eigene

Portmonee bringen. Für alle Hausbewohner sollen die Schuppen zum

Glücksbringer werden, wenn sie zum Jahreswechsel im ganzen Haus

verstreut werden. Allerdings dürfen die Schuppen nach dem Brauchtum das

Jahr hindurch nicht entfernt werden. 

Während andernorts an Sylvester traditionell um Würstchen gewürfelt oder

um Neujahrsbrötchen Karten gespielt wird, gibt es beim jährlichen

Skatturnier des Skatvereins Güstrow neben Geld- und Sachpreisen auch

Silvesterkarpfen zu gewinnen. In der Kreis- und Hansestadt Demmin in

Mecklenburg-Vorpommern wetteifern Schützenbrüder und

Schützenschwestern jedes Jahr zum Jahresausklang am Schießstand der

Demminer Schützengilde um bis zu 60 Silvesterkarpfen.

3.1.2 Raclette

Ein beliebtes und einfaches Gericht zum Jahreswechsel und an Silvester –

besonders bei häuslichen Silvesterpartys – ist, neben anderen

Silvesterspeisen, Raclette, vielleicht auch deshalb, weil man relativ wenig

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Page 39: HA Nr 2 Landeskunde

Vorbereitungszeit für das beliebte Schweizer Nationalgericht braucht und es

auch relativ günstig im Preis ist. Raclette essen als Silvesteressen bedeutet

vor allem aber ein gemeinsames Erlebnis mit Freunden. Der Name für das

Käsegericht leitet sich vermutlich von dem französischen Wort "racler" ab,

was soviel wie abschaben oder abkratzen heißt. Er bezeichnet somit die Art

und Weise, in welcher der Käse genossen wird. Schon im Mittelalter

stärkten sich die Hirten in gemütlicher Runde, indem sie den halben Laib

eines Käsekranzes erhitzten und den geschmolzenen Käse zu einem

bekömmlichen Mahl abkratzten. Während in früheren Zeiten die Käsehälfte

flach auf ein Holzbrett, einen Stein oder eine Steinplatte gelegt wurde, mit

der Schnittfläche gegen das Feuer gerichtet, stehen heute verschiedene

Elektrogeräte für die Zubereitung von Raclett zur Verfügung, zum Beispiel

ein Tischgrill oder Steingrill, wobei ein Preisvergleich lohnt, wenn man sich

ein elektrisch funktionierendes Gerät oder ein komplettes Set zulegen will.

Der original Raclette-Käse aus der Schweiz ist ein traditioneller,

höhlengereifter Käse. Er zeichnet sich durch ein würziges Aroma aus.

Hergestellt wird er nach altem Rezept mit viel handwerklichem Geschick.

Alternativ kann für das Raclette auch Emmentaler oder Gouda genommen

werden. Aber es ist nicht egal, welchen Käse man nimmt. Wichtig ist, dass

der Käse leicht schmilzt. Zu dem geschmolzenen Käse isst man

üblicherweise Pellkartoffeln, Bauernbrot oder Baguette. Auf dem Tisch

sollten Salz und Pfeffer, eventuell auch andere Gewürze stehen, damit jeder

selbst seine Kartoffeln und seinen Käse würzen kann. Als klassische

Beilagen auf dem Teller zum Raklett gelten Gurken, Cornichons, Zwiebeln,

Tomaten, Mixed Pickles sowie verschiedene Gemüsesorten. Wenn man

bereit ist, etwas mehr Zeit für die Vobereitung zu investieren, kann man das

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Page 40: HA Nr 2 Landeskunde

Raclette-Gericht auch durch verschiedene Saucen verfeinern. Mit einer

zusätzlich servierten Vorspeise und Nachspeise ist Raclette auch zu einem

richtigen Silvestermenü erweiterbar.

Rezept Rezepte Kochrezept Kochrezepte Ideen

Klassisch zubereitetes Raclette

Das Zubereiten von Raclette als Sylvesteressen ist recht einfach. Der

Raclette-Käse wird in die für die eckig geformten Raclette-Pfännchen

passende Größe geschnitten und auf einer Platte – bei größeren Gruppen auf

mehreren Platten – angerichtet. Die Kartoffeln werden mit der Schale leicht

gegart und in einer Schüssel serviert. Zusätzlich werden zusammen mit Salz

und Pfeffer verschiedene Zutaten (Gurke, Cornichon, Zwiebel, Tomate

usw.) in Schälchen auf den Tisch gestellt. Für 4 Personen rechnet man etwa

1 kg Kartoffeln und ca. 800 g Raclette-Käse.

Birnen- oder Apfel-Raclette

Für das Birnen- oder Apfel-Raclette benötigt man neben dem Raclettekäse

Toastbrotscheiben und in Scheibchen geschnittene Birnen oder Äpfel. Um

den Geschmack zu intensivieren, kann zum Beispiel die Birne auch mit

Birnenschnaps beträufelt werden. Das Toastbrot wird zunächst mit Butter

bestrichen und auf der Grillplatte geröstet. Dann wird es mit den

Birnenscheiben bzw. Apfelscheiben und Käse belegt und im Pfännchen

überbacken. Anstelle der Toastbrotscheiben können auch Baguettescheiben

verwandt werden, die im Backofen vorgeheizt werden.

Trauben-Nuss-Raclette

Für das Trauben-Nuss-Raclette eignen sich geschmacklich Nussbrotscheiben

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Page 41: HA Nr 2 Landeskunde

besser als Toastbrot oder Baguette. Nach Wunsch kann das Nussbrot mit

Weißwein beträufelt werden. Das auf dem Grill geröstete Nussbrot wird mit

Trauben, Baumnüssen und Käse belegt und im Pfännchen überbacken.

Gemüse-Raclette

Für das Gemüse-Raclette benötigt man klein gehacktes Gemüse das mit

geschmacklich passendem Speiseöl gemischt und entsprechend gewürzt

wird. Als Gemüse eignet sich zum Beispiel frischer Rucola. Wenn er wie

beschrieben zubereitet ist, belegt man damit vorgeheizte Baguettescheiben

zusammen mit Haselnüssen und Raclette-Käse und lässt sie im Raclette-

Pfännchen überbacken. Der geschmolzene Käse kann schließlich noch mit

frischem Rucola garniert werden.

Dies sind nur einige Vorschläge und Beispiele für Raclette-Rezepte, die man

in dem einen oder anderen Buch unter vielen anderen Rezeptideen findet.

Beim Ausprobieren von Rezepten sind der eigenen Fantasie jedoch keine

Grenzen gesetzt – und das nicht nur an Sylvester.

3.1.3 Käse-Fondue Fleisch-Fondue Chinesisches Fondue Gemüse-

Fondue

Ähnlich wie Raclette ist auch – vor allem bei häuslichen Silvesterpartys im

Kreis von Freunden, aber auch im Hotel oder Restaurant – Fondue ein heißer

Tipp und ein beliebtes Silvesteressen zum Jahreswechsel und an Neujahr.

Auch hier stehen die Geselligkeit und das Gemeinschaftserlebnis auf der

Silvesterparty, bei der die entsprechende Dekoration auch nicht fehlen sollte,

im Vordergrund. Die Fonduegeräte werden meist in einem Fondue-Set

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Page 42: HA Nr 2 Landeskunde

gekauft, wobei ein Preisvergleich lohnt, wenn man sich ein elektrisch

funktionierendes Gerät zulegen will.

Man unterscheidet grundsätzlich vier verschiedene Arten von Fondue mit

unterschiedlichen Rezepten: Käse-Fondue, Fleisch-Fondue, Chinesisches

Fondue mit Fleisch und/oder Fisch sowie Gemüse-Fondue. Darüber hinaus

gibt es aber durchaus noch weitere Beispiele für Fondue-Arten. Der Name

"Fondue" leitet sich von dem französischen Verb "fondre" ab, was ins

Deutsche übersetzt "schmelzen" heißt. Dies weist darauf hin, dass das

Käsefondue die älteste Fondue-Art ist.

Käse-Fondue

Wie Raclette ist auch das Käsefondü ein Schweizer Nationalgericht.

Ursprünglich stammt es jedoch aus den Savoyer Alpen in Frankreich. Von

dort kam es aber schon bald in die französischsprachige Westschweiz. Beim

Käse-Fondue werden verschiedene Käsesorten geschmolzen und mit

Gewürzen und Wein verfeinert. Gedippt wird mit Weißbrotwürfeln.

Fleisch-Fondue

In Deutschland ist vor allem das Fleisch-Fondue populär. Dabei werden

kleine Fleischhäppchen, in der Regel vom Rindfleisch, auf eine Fonduegabel

gesteckt und in einem Fonduegerät in heißem Fett oder Öl gegart. Beim

Verzehr werden die Fleischhäppchen in würzige Saucen, wie Chilisauce,

Currysauce oder ein Dip, getaucht.

Chinesisches Fondue

Eine asiatische Variante des Fleisch-Fondues ist das Chinesische Fondue

oder das Fondue Chinoise. Die Fleischwürfel oder auch Fischhäppchen

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Page 43: HA Nr 2 Landeskunde

werden dabei jedoch nicht in Öl oder Fett, sondern in einer heißen Brühe

gegart. Zum Dippen werden häufig scharf gewürzte Soßen verwandt.

Vegetarisches Gemüse-Fondue

Wer es vegetarisch mag, bevorzugt Gemüse-Fondue. Dabei wird das

Gemüse in mundgerechte Häppchen geschnitten. Die Gemüsehäppchen

werden in einen Teig eingetaucht und dann, wie beim Fleischfondue, auf

Fonduegabeln gesteckt und im Fonduetopf gegart.

Fondue Rezept Rezepte Kochrezept Kochrezepte

Käse-Fondue

Für die Zubereitung von Käse-Fondue oder Cheese-Fondue eignen sich

leicht schmelzbare Käsesorten wie zum Beispiel Raclette-Käse, Emmentaler,

Edamer, Tilsiter oder Appenzeller Kase. Auf jede Person rechnet man etwa

200 bis 250 g Käse. Vorbereitend sollte eine Knoblauchzehe

durchgeschnitten und der Fondue-Topf damit inseitig eingerieben werden.

Anschließend wird der geriebene Käse zusammen mit trockenem Weißwein

in den Fonduetopf gefüllt. Unter leichtem Umrühren wird der Käse dann

durch Erhitzen zum Schmelzen gebracht. Das Fondü sollte leicht kochend

gehalten werden, so dass der Käse weich bleibt. Zum Verzehr werden Brote

zu kleinen Brotwürfeln geschnitten, auf die Fondue-Gabel gesteckt und in

den Käse eingetaucht. Beim Herausziehen wird die Gabel leicht gedreht, bis

der Käse abgekühlt und hart geworden ist. Auf Wunsch können die

Weißbrotwürfel vorher etwas geröstet werden. Als Alternative zu den

Brothäppchen können auch kleine Pellkartoffeln, frische Champignons,

Broccoli- oder Blumenkohlröschen sowie Apfel- oder Birnenstückchen zum

Eintauchen verwendet werden.

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Page 44: HA Nr 2 Landeskunde

Fleisch-Fondue

Man kann sich fertig zusammengestelltes Fondue-Fleisch aus der Metzgerei

besorgen oder aus verschiedenen Angeboten selbst etwas

aussuchen.Geeignet ist sowohl Schweinefleisch wie auch Rindfleisch oder

Putenfleisch. Die Fleischhäppchen sollten etwa 1,5 bis 2 cm lang sein.

Vorbereitend können sie in Öl eingelegt werden, das mit etwas Thymian,

Knoblauch oder Rosmarin gewürzt ist. Das Fett oder Öl wird im Fondue-

Topf erhitzt, aber nicht zum Kochen gebracht. Die richtige Temperatur ist

dann erreicht, wenn man mit einem Holzstäbchen im Fett rührt und sich am

Stiel kleine Bläschen bilden. Welche Saucen und Dips zubereitet werden,

bleibt jedem Geschmack selbst überlassen. Ob Tomatensauce,

Champignonsoße, Zwiebelsauce, Currysoße, Chili-Sauce, Kräutercreme,

Joghurtsoße oder Aioli – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Fondue chinesisch

Für Fondue Chinoise können neben Fleischhäppchen auch Fischhäppchen,

Crevetten, Scampi usw. zum Einsatz kommen. Anstelle von Öl oder Fett

wird eine Bouillon oder Kraftbrühe im Feuertopf bis zum Kochen erhitzt. Je

nach Wunsch kann dann etwas Reiswein hinzugegeben werden. Im

Gegensatz zum eigentlichen Fondu werden bei diesem asiatischen Gericht

die Zutaten nicht auf eine Gabel gespießt, sondern in einem kleinen Sieb in

die kochende Brühe gehalten. Als Beilagen werden Reis, fein geschnittenes

Gemüse und und feurige Saucen serviert.

Vegetarisches Gemüse-Fondue

Für das vegetarische Fondue werden anstatt Fleischäppchen

Gemüsestückchen verwendet. Besonders geeignet sind Möhren, Broccoli,

Blumnkohl oder auch Champignons. Gemüsesorten, die länger zum Garen

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Page 45: HA Nr 2 Landeskunde

brauchen, sollten vorher kurz angekocht werden. Aus Mehl, Eigelb und

Wasser wird ein Teig zubereitet, in den die Gemüsehäppchen eingetaucht

werden. Das Garen erfolgt wie beim Fleischfondue.

Schokoladen-Fondue für Kinder

Eine besondere Fondue-Leckerei für Kinder und alle, die es süß mögen, ist

das süße Schokoladen-Fondue oder Fondue au Chocolat. Als Grundzutaten

benötigt man Schokolade, Wasser, Sahne und frisches, in mundgerechte

Stücke geschnittenes Obst. Für das Zubereiten muss man die Schokolade

zunächst zerstückeln und zusammen mit Wasser in einem Topf erhitzen, bis

sie geschmolzen ist. Dann wird die Sahne, eventuell auch etwas Kakao

dazugegeben und die Schokoladensoße umgerührt. Wer möchte, kann noch

gehackte Mandeln hineinrühren. Als Obst können Äpfel, Birnen, Bananen,

Orangen, Weintrauben usw. verwendet werden. Die klein geschnittenen

Teile werden auf eine Fonduegabel gesteckt und in die Schokoladensauce

eingetaucht. Alternativ können statt Obststücke auch kleine Kekse

verwendet werden. Auf Kindergeburtstagen wird das Schoko-Fondue-Essen

oft mit einem Spiel verbunden. Wer sein Obststück beim Eintauchen

verliert, muss zum Beispiel ein Pfand abgeben.

3.2 Silvestergetränke

An erster Stelle der Silvestergetränke stehen traditionell Sekt und

Champagner. Überall auf der Welt knallen um Mitternacht die Korken von

Sektflaschen und Champagnerflaschen. Aber auch heiße Getränke sind in

der kalten Jahreszeit beliebt, vor allem Feuerzangenbowle, andere Bowlen,

Glühwein und Silvesterpunsch, für deren Zubereitung es zahlreiche Rezepte

gibt.

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Page 46: HA Nr 2 Landeskunde

Als Alternative zur klassischen Feuerzangen-Bowle bietet sich zum Beispiel

Weißweinbowle mit Orangen und Himbeeren an. Hierfür benötigt man als

Zutaten Himbeeren, Orangen, Himbeergeist, Orangensirup, Weißwein und

Mineralwasser.

Welche Frucht man verwendet, um eine Bowle für die Feier oder Party

herzustellen, bleibt letztendlich jedem selbst überlassen. Ob Himbeer,

Kirsche, Kiwi, ob Annanas, Kürbis oder Waldfrüchte – Hauptsache die

Bowlen schmecken lecker. So kann jeder sein eigenes Partyrezept erstellen

und seine Rezeptideen weitergeben.

Für eine Erdbeerbowle werden frische Erdbeeren und eine Zitronenspirale

bnötigt, die zusammen in ein Bowlegefäß gegeben und mit Zucker

überstreut werden. Man gießt etwa eine halbe Flasche Weißwein dazu und

lässt den Ansatz im Kühlschrank ziehen. Schließlich werden der restliche

Wein und Sekt dazugegeben.

Auf gleiche Weise erfolgt die Zubereitung einer Pfirsichbowle. Man

benötigt lediglich anstelle der Erdbeeren weiße Pfirsiche und etwas

Pfirsichlikör. Bananen-Beeren-Bowle, Kiwibowle, Gurkenbowle,

Waldmeisterbowle oder Schlammbowle stellen nur eine weitere Auswahl

der Fülle an Rezepten dar. Ein der Weinbowle ähnliches und aus einem

anderen Lanf kommendes Getränk ist Sangria, ein spanisches Mixgetränk,

dessen Grundzutaten aus Wein, Fruchtsaft und Spirituosen bestehen.

Damit auch die Kleinen an Silvester nicht auf ihre Bowle verzichten müssen,

gibt es die alkoholfreie Bowle für das Kind. Als Zutaten für die Kinderbowle

nimmt man kleingeschnittenes Obst, Apfelsaft, Orangensaft oder auch

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Page 47: HA Nr 2 Landeskunde

andere Säfte, Zucker und Mineralwasser. Für Kinder besonders reizvoll sind

Gummibärchen im Glas als Zugaben. Kinderbowlen sind natürlich auch für

Erwachsene geeignet, die es nicht alkoholisch mögen.

Neben heißen Mixgetränken sind auch prickelnde Cocktails der Hit auf einer

Silvesterparty. Bloody-Mary, Lady-Killer, Sex on the beach, Zombie usw.

sind nur einige Namen, hinter denen sich phantasievolle Cocktailrezepte

verbergen. Die wichtigsten Bestandtteile für einen Cocktail sind in der Regel

Sekt, Fruchtsäfte, Likör und Spirituosen, wie zum Beispiel Campari. Als

Alternativen lassen sich aber auch Coktails zubereiten, die alkoholfrei sind.

3.2.1 Feuerzangenbowle

Neben Sekt und Champagner, Cocktails, Wein und Bier führen auch heiße

Mixgetränke die Hitliste der Silvestergetränke an. Auf der Silvesterparty ist

der Klassiker unter den Bowlen die Feuerzangenbowle. Eine Feuerzangen-

Bowle war es auch, und zwar die größte der Welt, die der hessischen Stadt

Weilburg im Landkreis Limburg-Weilburg zu einem Eintrag ins Guiness-

Buch der Rekorde verhalf. Seinen Namen hat übrigens das Guinessbuch,

weil das erste Guinnessbuch der Rekorde von der Guiness-Brauerei in

Auftrag gegeben wurde.

Die Beliebtheit der Feuerzangenbowle fand auch darin ihren Ausdruck, dass

sie dem Autor Alexander Spoerl als Titel für den gleichnamigen Roman

diente, in dem der Schriftsteller Dr. Pfeiffer in geselliger Runde bei einer

Feuerzangenbowle beschließt, als Oberprimaner nochmal auf die Schulbank

zurückzukehren. Berühmt wurde der Roman durch die Verfilmung von

1944, in der der unvergessene Heinz Rühmann in seiner unvergleichlichen

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Page 48: HA Nr 2 Landeskunde

Weise die Hauptrolle spielte und als Schüler Pfeiffer "mit drei f" mit seinen

Streichen die ganze Schule auf den Kopf stellte und die Lehrerschaft zur

Verzweiflung brachte. 1970 gab es im Fernsehen eine Neuverfilmung des

Klassikers unter der Regie Helmut Käutners zu sehen, jedoch mit

begrenztem Erfolg. Die Hauptrollen spielten die bekannten Schauspieler

Walter Giller, Uschi Glas und Theo Lingen.

Zur Zubereitung einer Feuerzangenbowle benötigt man als Zutaten Rotwein

(ca. 1 Liter für ca. 6 Portionen), eine Flasche Rum (ca. 1/4 Liter), Orangen

oder Orangensaft, Zitronen oder Zitronensaft, Zimt und Gewürznelken. Man

sollte sich jedoch beim Zubereiten der Feuerzangenbowle nicht sklavisch an

die Mengenangaben der Rezepte halten. Kleine Variationen der Getränke,

des Obstes und der Gewürze sind natürlich je nach Rezept ebenfalls

möglich. Orangen und Zitronen werden ausgepresst und als Fruchtsaft zum

Rotwein in einen Feuerzangenbowle-Kessel oder einen Punschtopf

gegossen. Zimt und Nelken werden ebenfalls dem Rotwein beigefügt. Das

Ganze wird erhitzt, jedoch nicht zum Kochen gebracht. Alternativ können

statt Orangensaft und Zitronensaft die Orangenschalen und Zitronenschalen

dünn geschält und dem Rotwein beigegeben werden. Nach dem Erhitzen

werden sie wieder aus der Bowle herausgefischt.

Nun kommt der spannende Augenblick. Über dem Bowlengefäß oder dem

Topf wird auf eine Feuerzange ein Zuckerhut gelegt. Dieser wird mit

hochprozentigem Rum übergossen. Um eine wirkungsvolle Atmosphäre zu

schaffen, sollte man alle Lichter auslöschen. Dann wird der mit Rum

durchtränkte Zuckerhut angezündet. Das Feuer leuchtet auf und der Zucker

ergießt sich tröpfchenweise in den gewürzten Rotwein. Dabei muss immer

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Page 49: HA Nr 2 Landeskunde

wieder etwas heißer Rum nachgegossen werden, bis der Zuckerhut

vollkommen geschmolzen ist.

Alles Geschirr und Zubehör, das man für eine Feuerzangenbowle braucht,

gibt es als komplettes Feurzangenbowleset zu kaufen. Zum Set gehören das

Bowlegefäß, ob aus Glas, Kupfer oder einem anderen Metall, ein Stövchen,

eine Zange und Tassen.

3.2.2 Schlammbowle

An Sylvester sehr beliebt ist die Schlammbowle, eine besondere Variante

der Bowlen. Als Zutaten für die Schlammbowle benötigt man nach

folgendem Rezept

1 Dose Mandarinen oder Pfirsiche oder Sauerkirschen oder Ananas

oder Schattenmorellen oder Aprikosen

1 Liter Orangensaft oder Multivitaminsaft oder Maracujasaft

1 Flasche roter oder weißer Sekt oder Rotwein

1000 g Vanille-Eis

0,25 Liter Bacardi oder Wodka oder Gin

Wer will kann auch noch Kirschsaft, Glühwein und Blue Curacao

hinzugeben.

Für die Zubereitung der Schlammbowle als besondere Form der

Früchtebowlen schneidet man die Mandarine, den Pfirsich, die Aprikose

oder das Obst nach Wahl in kleine Stücke und gibt es in ein Bowlengefäß.

Über das Obst gießt man 1 Liter Orangensaft, Multivitaminsaft oder

Maracujasaft und gibt Alkohol enthaltenden Bacardi oder Vodka oder Gin

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Page 50: HA Nr 2 Landeskunde

dazu. Manche bereiten Schlammbowle auch mit Kirsche zu, indem die

Kirschen am Vorabend von Sylvester in Wodka eingelegt werden.

Der Ansatz dieser Schlammbowle muss für ca. 3 bis 5 Stunden in den

Kühlschrank gestellt werden. Für große Portionen werden möglicherweise

auch mehrere Kühlschränke benötigt.

Danach fügt man das in ca. 1 cm kleine Würfel geschnittene Vanilleeis

hinzu. Die Würfel sollten nicht zu klein sein, da sonst das Eis sehr schnell

schmilzt. Das geschmolzene Vanilleeis verleiht der Bowle das Aussehen wie

Schlamm, wovon die Schlammbowle auch ihren Namen hat.

Zum guten Schluss füllt man die Bowle, je nachdem welches Obst man

verwendet, mit weißem oder rotem Sekt auf, und fertig ist die

Schlammbowle für Silvester.

Natürlich können die Rezepte für Schlammbowlen variieren. Alternativ kann

man zum Beispiel das Vanille-Eis auch in einem Stück dazu geben und mit

dem Sekt begießen. Dabei kommt es zu einem Aufschäumen der Bowle, was

auch schön anzusehen ist.

3.2.3 Waldmeisterbowle

Die Alkohol enthaltende Waldmeisterbowle ist eine Bowle, die ganzjährig,

in erster Linie aber gerne im Frühjahr oder im Sommer als Erfrischung

getrunken wird, da sie kalt, häufig auch mit Eiswürfeln serviert wird. Sie ist

würzig, herb und erfrischend. Daher gilt dieser Drink eher als

Frühlingsbowle oder Sommerbowle. Aber auch in der kalten Jahreszeit, im

Winter, an Weihnachten und an Silvester erfreut sich dieses alkoholische

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Page 51: HA Nr 2 Landeskunde

Getränk großer Beliebtheit. Auch andere Anlässe wie zum Beispiel

Halloween werden für die Zubereitung von Waldmeisterbowle genutzt. Als

Zutaten für die Waldmeisterbowle benötigt man

1 oder 2 Bündel Waldmeister frisch oder getrocknet

einige Blätter der Walderdbeere

150g Zucker oder 0,2 Liter Pfirsichlikör, andere Liköre oder 150 g

Honig zum Süßen

1 Flasche Weißwein oder Roséwein

1 Flasche weißer oder roter Sekt

Mineralwasser, Apfelsaft

Waldmeistersirup

Die Menge der einzelnen Zugaben richtet sich natürlich nach der Anzahl der

Personen, die davon trinken möchten. Eine ganz besondere Würze erhält die

Waldmeisterbowle durch Zugabe von verschiedenen Kräutern. Als

besonderer Tipp gelten Salbei, Thymian, Pimpinelle, Estragon,

Pfefferminze, Melissenblätter, schwarze Johannisbeerblätter oder

Gundelreben.

Waldmeister und Kräuter gut abwaschen, abtropfen lassen und zu einem

Strauß zusammenbinden oder in ein großes Teeei geben. Die Sträuße oder

das Teeei in ein Bowlegefäß hängen, mit Wein auffüllen, zum Beispiel mit

einem trockenen Riesling, mit Zucker, Pfirsichlikör oder Honig süßen und

den Ansatz für einige Stunden im Kühlschrank kaltstellen. Je länger der

Waldmeister und die Kräuter ziehen, desto intensiver werden der Geruch

und Geschmack. Er kann also auch über Nacht gekühlt werden. Die Kräuter

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Page 52: HA Nr 2 Landeskunde

werden entfernt und die Bowle mit Sekt verfeinert. Bei Bedarf kann man die

Bowle noch nachsüßen.

Wer die Bowle gerne sehr kühl mag, sollte Eiswürfel ins Glas dazugeben.

Wem die Bowle zu stark ist kann sie mit Mineralwasser verdünnen.

Wie bei anderen Bowlen gibt es auch bei der Waldmeisterbowle

deutschlandweit kein einheitliches Rezept, sondern verschiedene

Bowlerezepte. Die Rezepte variieren von Waldmeisterbowle mit Orange, bei

der frische Orangen in kleine Scheiben geschnitten und in das Bowlegefäß

gegeben werden, über Waldmeister-Ananas-Bowle, bei der Ananas-

Scheiben hinzugegeben werden, Waldmeister-Apfelbowle bis zur

Waldmeisterbowle mit Rhabarber. Anstatt Likör können auch Edelbrände

und andere Spirituosen verwendet werden.

Alkoholfreie Waldmeisterbowle

An Stelle des Weins setzt man für eine Waldmeisterbowle alkoholfrei die

Waldmeister- und Kräuter-Sträußchen mit Apfelsaft an und verwendet

anstatt Sekt Nichtalkoholika wie Mineralwasser. Wer keinen Waldmeister

oder keine Kräuter bekommt, kann auch alkoholfreien Waldmeister-Sirup

für die Bowle nehmen, sollte dann aber weniger süßen. Die

Waldmeisterbowle wird kalt serviert.

3.2.4 Glühwein

Ein beliebtes und klassisches Heißgetränk für kalte Wintertage ist der

Glühwein. Obwohl er hauptsächlich an Weihnachten Tradition ist und

speziell beim Besuch der Weihnachtsmärkte gerne ein Glas, eine Tasse oder

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Page 53: HA Nr 2 Landeskunde

ein Becher getrunken wird, ist er auch an Silvester wie während der ganzen

Winterzeit sehr schmackhaft. Warum also nicht auch an Sylvester oder

Neujahr ein Gläschen trinken? Gerade wenn man in der kalten Jahreszeit

fröstelt, gibt der Gluhwein nicht nur das Gefühl von Wärme im ganzen

Körper, er wärmt tatsächlich von der Nasenspitze bis in die Zehenspitzen.

Zutaten

Als Zutaten für Glühwein benötigt man Rotwein, Zitronensaft,

Gewürznelken sowie ein Stück Zimtstange. Als Variante kann anstatt

Gewürznelken auch ein Lorbeerblatt beim Zubereiten im Topf verwandt

werden. Als ergänzendes Gewürz eignet sich auch geriebener Muskat für die

Zubereitung von Glühwein. Versüßen lässt er sich mit Zucker oder Honig.

Wer den Rotwein etwas verdünnen möchte, sollte entsprechend Wasser

dazugießen.

Wenn größere Mengen Glühwein zubereitet werden sollen, kann man dazu

auch ein größeres Gerät als einen Topf verwenden, zum Beispiel

Einkochautomat oder Durchlauferhitzer. Für solche Zwecke kann man

fertigen Glühwein im Kanister beim Großhändler oder Lieferanten bestellen.

Glühwein im Fass lässt sich sogar an eine Zapfanlage anschließen. Dies

bietet sich beispielsweise an, wenn Glühwein an einem Stand auf dem

Weihnachtsmarkt im Plastikbecher serviert werden soll.

Glühwein Rezepte Zubereitung

Roter Glühwein

Die Zubereitung von Glühwein ist ganz einfach. Traditionell benutzt man für

klassische Rezepte Rotwein. Er wird im Topf oder Kessel zusammen mit

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Page 54: HA Nr 2 Landeskunde

den Gewürzen (Gewürznelken, Zimt), dem Zitronensaft und – falls der

Glühwein verdünnt werden soll – mit Wasser bis kurz vor den Siedepunkt

erhitzt, woher er auch seinen Namen hat. Zum Kochen darf er nicht gebracht

werden. Zimtstange und Gewürznelken werden vor dem Servieren entfernt.

Damit der Glühwein möglichst wenig von seiner Wärme verliert, ist es

ratsam, ihn in vorgewärmte Gläser zu füllen. Garniert werden kann er mit

einer dünnen Zitronenscheibe, die auf den Glasrand gesteckt wird. Zum

Süßen sollte eine Dose Zucker oder Instantpulver bereit stehen, so dass sich

jeder nach seinem Geschmack bedienen kann.

Weißer Glühwein

Den mit Weißwein hergestellten Glühwein findet man zwar seltener, aber

auch er schmeckt an kalten Tagen ausgzeichnet. Das Würzen und die

Zubereitung erfolgen wie beim roten Glühwein. Je nachdem, welchen

Säuregehalt der Wein hat, kann man mit dem Zitronensaft etwa sparsamer

sein.

Jagertee

Eine besondere Variante des Glühweins ist der so genannte Jagertee. Er

erfreut sich vor allem in der Alpenregion großer Beliebtheit und wird häufig

nach alten Traditionen zum Après-Ski getrunken. Er setzt sich zu je etwa

einem Viertel aus Rotwein, Obstler, schwarzem Tee und Orangensaft

zusammen. Die übrigen Zutaten wie Zimt, Gewürznelken, Zitronensaft und

Zucker sind die gleichen wie bei den Rezepten für gewöhnlichen Glühwein.

Alkoholfreier Glühwein

Für Kinder, Autofahrer und alle diejenigen, die alkoholische Getränke nicht

mögen, alkoholfreie Getränke bevorzugen oder dem Alkohol ganz entsagen,

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Page 55: HA Nr 2 Landeskunde

aber dennoch nicht auf den Glühweingeschmack verzichten wollen, gibt es

ein eigenes Rezept für Glühwein alkoholfrei. Die Zutaten sind auch hier im

Prinzip die gleichen wie beim Grundrezept. Lediglich der Rotwein wird

durch etwas Alkoholfreies, zum Beispiel durch Traubensaft, Apelsaft oder

Orangensaft ersetzt, wobei der Saft auch aus frisch gepresstem Obst sein

darf. Ergänzend kann alkoholfreier Glühwein mit Früchtetee und

Trockenfrüchten (Mango, Rosinen, Apfel, Mandarinen usw.) zubereitet

werden.

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