Handbuch Elektrische Kleinantriebe -...

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Leseprobe Handbuch Elektrische Kleinantriebe Herausgegeben von Hans-Dieter Stölting, Eberhard Kallenbach ISBN: 978-3-446-42392-3 Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-42392-3 sowie im Buchhandel. © Carl Hanser Verlag, München

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Leseprobe

Handbuch Elektrische Kleinantriebe

Herausgegeben von Hans-Dieter Stölting, Eberhard Kallenbach

ISBN: 978-3-446-42392-3

Weitere Informationen oder Bestellungen unter

http://www.hanser.de/978-3-446-42392-3

sowie im Buchhandel.

© Carl Hanser Verlag, München

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2.1.1 Übersicht

Kommutatormotoren (commutator motor) werdenals Gleichstrom- und als Wechselstrommotorenausgeführt (Bild 2.1.1). Die prinzipielle Gestaltungder Hauptelemente, Ständer und Läufer, ist ge-kennzeichnet durch ausgeprägte Pole im Ständer(eine Ausnahme stellt der Repulsionsmotor dar)und einen rotationsymmetrischen Läufer. Die Stän-derpole tragen konzentrierte Wicklungen oder wer-den von Dauermagneten gebildet. Die Läuferwick-lung (rotor winding) ist am Ankerumfanggleichmäßig verteilt. Außer bei Reihenschluss-motoren (commutator series motor) ist ein genera-torischer Betrieb möglich.

Die Erregerwicklungen werden zur Ankerwick-lung parallel (Nebenschlussmotor) oder in Reihe(Reihenschlussmotor) geschaltet (vgl. Abschnitt1.3.1.2) oder von einer separaten Gleichstrom-quelle (Fremderregung) gespeist. In der Regelrotiert der Anker und das Polsystem ruht. In Son-derausführungen steht der Anker und das Pol-system führt die Bewegung aus. In diesem Fall sindSchleifringe für den Anschluss an die Energie-quelle erforderlich, weil die Bürstenbrücke kon-struktiv mit dem Polsystem verbunden ist. Miteinem Spezialgetriebe sind Motorkonstruktionenmöglich, bei denen sich beide Hauptelementedrehen.

2 Antriebe mit kontinuierlicherBewegung

2.1 Kommutatormotoren

Heinz Weißmantel, Dieter Oesingmann, Andreas Möckel

Bild 2.1.1 Prinzipielle Ausführungsformen und Einsatzfälle der Kommutatormotoren kleiner Leistung

Einsatzgebiete: Messtechnik, Automatisierungstechnik, Haushaltsgeräte, Handwerkzeuge, Gartengeräte,Fahrzeugantriebe, Nebenantriebe in Fahrzeugen, Medizintechnik, Modelltechnik, Bürogeräte, Foto- undVideotechnik u.a.

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Die Lebensdauer der Kommutatormotoren kleinerLeistung wird vom Verschleiß der Bürsten undKommutatoren bestimmt. Einen wesentlichen An-teil daran hat die Kommutierung (commutation)der Ströme. Zu ihrer Beeinflussung wird nur dieBürstenbrückenverdrehung genutzt, weil Wende-pol- und Kompensationswicklungen wegen desgeringen Bauraums nicht vorgesehen werden kön-nen. Mit den Kommutatormotoren lassen sich dieim Bild 2.1.2 dargestellten prinzipiellen Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien realisieren.

Hauptanwendungsgebiet der elektrisch erregtenKommutatormotoren sind Geräte mit hochtourigenAntrieben, für die sich die Wechselstromkommuta-tormotoren gut eignen. Gleichstromnebenschluss-motoren werden wegen ihres schlechten Wirkungs-grades und der großen Ankerrückwirkung nur nochdann eingesetzt, wenn für die Drehzahlregelungauch die Schwächung des Erregerfeldes erforder-lich ist. Einsatzfälle, in denen Gleichstromreihen-schlussmotoren mit ihrem großen Anlaufdreh-moment gut geeignet sind, treten immer seltenerauf. Aktuelle Beispiele sind Anlasser in Fahrzeu-gen, die eine Reihenschluss- oder eine Kompound-wicklung (Kombination aus Reihen- und Neben-schlusswicklung) besitzen.

Die Repulsionsmotoren (repulsion motor) sind nurmit der Ständerwicklung an einer Wechselspan-nungsquelle angeschlossen. Ihre Ankerwicklung istan den Bürsten, die auf einer drehbaren Brückemontiert sind, kurzgeschlossen. Durch die Drehungder Bürstenbrücke verändert sich die magnetischeKopplung der Ständer- und Läuferwicklungen,wodurch die Drehzahl in beiden Richtungen ge-stellt werden kann. Diese einfache Drehzahlstel-

lung wurde durch elektronisch geregelte Antriebenahezu vollständig verdrängt, so dass Repulsions-motoren nur äußerst selten zum Einsatz kom-men.

In der überwiegenden Zahl der Antriebe, in denenGleichstromkommutatormotoren eingesetzt wer-den, wird das Erregerfeld durch Dauermagneterealisiert. Grundsätzliche Vorteile dauermagneter-regter Motoren sind hohe Wirkungsgrade, kosten-günstige Technologien und Konstruktionen, lineareDrehzahl-Drehmoment-Kennlinien und einfacheDrehzahlstellungen.

Die Motoren mit Dauermagneterregung überstrei-chen den Leistungsbereich von 10 mW bis 150 kW,wobei der Einsatz über 10 kW im Vergleich zurelektrischen Erregung selten ist. Durchgesetzt hatsich die Dauermagneterregung für Stellmotoren imDrehmomentbereich bis über 100 Nm und fürKommutatormotoren bis 500 W. Insbesondere beiseparaten Gleichstromnetzen, wie z.B. in Straßen-fahrzeugen, in batteriebetriebenen Einzelantriebenund in Modellen, spielen die dauermagneterregtenMotoren eine dominierende Rolle. In Handwerk-zeugen wird der dauermagneterregte Motor inVerbindung mit einem ansteckbaren Akku wegendes hohen Wirkungsgrades immer öfter einge-setzt.

2.1.2 Dauermagneterregte Motoren

2.1.2.1 Aufbau

Ständer

Ständer (stator) von dauermagneterregten Motorengibt es wegen der vielfältigen Anwendungsmög-lichkeiten in zahlreichen Ausführungen. Das Bild2.1.3 zeigt Beispiele prinzipieller Ausführungenvon kostengünstigen Motoren. Diese haben häu-fig ein Gehäuse aus gerolltem oder tiefgezogenemBlech und Schalen-, Zylinder- oder Blockmagneteaus Hartferritmaterial. Eine radiale Magnetisie-rung (Bild 2.1.3a) ergibt bei konstantem Luftspaltein konstantes bzw. trapezförmiges Luftspaltfeld,eine diametrale Magnetisierung (b) ein sinusför-miges Luftspaltfeld. Für schmale Einbauräume gibtes Motoren in Flachbauweise (Bilder 2.1.3c, d).Blech-Lagerbügel oder Kunststoff-Lagerschildenehmen die Bürstenhalter und Kalottenlager auf.Die Bauteile werden durch Klemmen, Verstem-men, Schweißen und Kleben zusammengefügt.

2 Antriebe mit kontinuierlicher Bewegung34

ussmotorreihenschl-omWechselstr

MotorterregterDauermagne

motor-ssNebenschlu

orschlussmot-mreihenGleichstro

LM iM

n

Bild 2.1.2 Prinzipielle Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien der Kommutatormotoren kleiner Leistung

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Motoren in aufwendiger Ausführung besitzenSeltenerde- oder, wenn auch immer seltener, AlNi-Co-Magnete. Im Bild 2.1.4a ist ein Beispiel füreinen Motor mit AlNiCO-Magneten dargestellt,im Bild b ein Beispiel für einen Motor mit Selten-erde-Magneten. Zur Flusskonzentration, d. h., zurErhöhung der Ausnutzung dienen manchmal Pol-schuhe. Sie beeinträchtigen allerdings die Dyna-mik, weil dadurch die Ankerzeitkonstante erhöhtwird. Sind kleine Zeitkonstanten gefordert, dienicht nur eine höhere Dynamik, sondern auch einebessere Kommutierung, d. h. eine längere Lebens-

dauer ermöglichen, müssen die Magnete als Scha-len oder Platten direkt am Luftspalt angeordnetsein. Gehäuse und Lagerschilde sind massiv undwerden mit spanabhebenden Verfahren gefertigt.Bei diesen Motoren verwendet man Schraubver-bindungen und Wälzlager.

Läufer

Der Läufer (rotor) oder Anker ist geblecht (Bild2.1.5 links). Um Kosten zu sparen, wird oft ein-faches, bis zu einem Millimeter starkes Weiß-blech verwendet. Für Drehzahlen oberhalb vonn = 3000 min–1 muss, um hohe Eisenwärmever-luste zu vermeiden, geglühtes oder siliziertes Blecheingesetzt werden. Damit ein Motor zuverlässig

2.1 Kommutatormotoren 35

a) b)

c)

d)

Magnete

Magnete

Feder

Bild 2.1.3 Konstruktionsprinzipien kostengünstigerMotoren

Magnete Polschuhe

Bild 2.1.4 Konstruktionsprinzipien aufwendigerMotoren

Bild 2.1.5 Bauformen von genuteten Läuferblechpaketen (slotted rotor)a) Trommelanker mit 12 Nutens b) 3-Nut-Anker mit zweipoligem Ringmagnet im Ständer

Blechpaket Eisenrückschluss

Kommutator

Welle

Hartferrit

Bürsten

3T-Anker

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anläuft, muss der Läufer mindestens drei Nutenbzw. Spulen besitzen (Bild 2.1.5 rechts). Typischsind fünf Nuten für Motoren mit einer Leistung bisetwa 10 Watt. Motoren höherer Leistung besitzengrößere Nutenzahlen und damit eine geringereMomentenwelligkeit bzw. kleinere Rast-(Nutungs-,Hak-)Momente (cogging torque).

Die Ankerwicklung (armature winding) ist ent-weder eine Schleifen- oder eine Wellenwicklung(lap resp. wave winding). Das Bild 2.1.6 zeigt dieWickelschemen mit einer Spule je Lage. DieAnzahl der Spulen und der Lamellen ist stetsgleich, d. h., bei zwei Spulen je Lage ist die Anzahlder Kommutatorlamellen doppelt so groß wie dieNutenzahl. Da das Wickeln der zeitaufwendigsteFertigungsschritt ist, sollte die Spulenzahl mög-lichst gering sein. Bei einer Schleifenwicklung istdie Anzahl der Bürsten gleich der Polzahl, bei einerWellenwicklung genügen zwei Bürsten. WelcheAusführung jeweils in Frage kommt, wird u. a. vonfertigungstechnischen und konstruktiven Gründenbestimmt. Eine Schleifenwicklung, bei der dieAnzahl parallel geschalteter Zweige gleich der Pol-zahl ist, wird vorzugsweise bei kleinen Spannun-gen und größeren Strömen verwendet. Eine Wel-lenwicklung, bei der unabhängig von der Polzahlstets zwei Zweige parallel geschaltet sind, kommt

bei höheren Spannungen und kleineren Strömen,insbesondere wenn nur eine geringe Windungszahlje Spule ausführbar ist, in Frage. Die Anzahl derSpulen kann geradzahlig oder ungeradzahlig sein.Bei geradzahligen Spulen kann die sogenannteH-Wicklung, aufgebaut aus zwei um 180° versetzteund gleichzeitig gewickelte Spulen, eingesetztwerden. Sie führt zu geringerer Unwucht desLäufers. Eine ungerade Anzahl von Spulen undLamellen verbessert die Kommutierung, weil nichtgleichzeitig beide Bürsten kommutieren. Die Rast-momente, erzeugt durch den sich änderndenmagnetischen Widerstand im Luftspalt, sindkleiner. Oft findet man auch Läufer, deren Nutengeschrägt sind, und zwar etwa um eine Nutteilung.Auch eine Nutschrägung (slot skewing) vermindertGeräusche, weil die Nut nicht in ihrer ganzenLänge gleichzeitig unter den Pol läuft. Die Rast-momente fallen deshalb geringer aus /2.1.1/.

Die Flexibilität der Wickelmaschinen ermöglichtbei Schleifenwicklungen mit mehr als einemPolpaar die Einsparung von Bürsten durch auto-matisches Einlegen von Schaltverbindungen (Aus-gleichsverbindungen) zwischen den Kommutator-lamellen gleichen Potentials. Um die axiale Aus-dehnung der Wicklungsköpfe zu reduzieren, wer-den in zunehmenden Maße auch bei höher poligen

2 Antriebe mit kontinuierlicher Bewegung36

Bild 2.1.6 Wickelschemen, a) Schleifenwicklung,b) Wellenwicklung

a)

b)

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Motoren Zahnbewicklungen eingesetzt, wie sieprinzipiell bei dreinutigen Ankern ausgeführt wer-den (z.B. sechs Zähne und vier Pole im Bild 2.1.7).

Kommutierungssystem

Das Kommutierungssystem ermöglicht die Ein-speisung der Wicklung auf dem rotierenden Ankervon einer festen Energiequelle. Dazu befindetsich auf der Welle ein Kommutator, dessen Kupfer-lamellen zylindrisch (Zylinderkommutator) oderkreisförmig (Flachkommutator) angeordnet undmit der Ankerwicklung leitend verbunden sind.Auf ihnen schleifen so genannte Bürsten, die vonBürstenhaltern geführt und mit Federn auf dieKommutatoroberfläche gedrückt werden (Bild2.1.8). Bürsten, Bürstenhalter, Federn, Funkent-störelemente, Leiterbahnen und Anschlusskon-takte, denen der Strom zugeführt wird, sind viel-

fach zu einer am Gehäuse befestigten Bürsten-brücke vereinigt (siehe auch Abschnitt 2.1.4).

Lager

Lager (bearing) aus speziellen Kunststoffen undaus Sintermetallen verwendet man für kosten-günstige Motoren. Zylindrische Lager und Sinter-bronze-Kalottenlager (porous-bronze bearing),letztere mit Fett- oder Öldepot und mit Ölrück-führung, sind Stand der Technik. Ihre Lebensdauerkann 10 000 Stunden und mehr erreichen. Öle fürEinsatztemperaturen von – 60 °C bis + 150 °Cpassen die Lager optimal an die Betriebsbedingun-gen an. Die hydrodynamische Schmierung desLagers wird schon in Bruchteilen von Sekundenauch bei niedriger Drehzahl erreicht. Sinterlagersind kostengünstig und geräuscharm, nehmen aberkeine axialen Kräfte auf. Bei sehr hohen An-sprüchen bezüglich der Lebensdauer und bei ein-seitiger, eventuell auch bei umlaufender Belastungder Welle durch Riemen oder Reibradgetriebe sindKugellager (ball bearing) von Vorteil. Kugellagernehmen evtl. auch axiale Kräfte auf. Lager bestim-men in PM-DC-Motoren bei richtiger Auslegungnicht die Lebensdauer des Motors. Die Kommutie-rungseinrichtung begrenzt sie (siehe Abschnitt 8.4).

Motoren mit eisenlosem Läufer

Glockenläufer-Motoren mit eisenlosem Läufer(coreless rotor) und selbsttragender Wicklung(moving coil) werden mit Leistungen von wenigenWatt bis 250 W gebaut. Der Läufer (bell rotor)dreht sich im Luftspalt zwischen Gehäuse undinnen liegendem zweipoligen AlNiCo- oder Selten-erd-Magneten (Bild 2.1.9). Die Wicklung besteht

2.1 Kommutatormotoren 37

Bild 2.1.7 Sechsnutiger Anker im vierpoligen Ständer

Bild 2.1.8 Bürstenarten und Kommutatoren

a) Hakenkommutator b) Bürstenbrücke mit c) Bürstenbrücke mitKöcherbürstenhalter Hammerbürsten

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aus fünf bis neun Spulen. Sie wird meistens alsRhomben- (Bild 2.1.9, maxon) oder als Schräg-wicklung (Bild 2.1.10a, Faulhaber) ausgeführt,d. h., die Leiter liegen nicht axial, sondern schrägund überkreuzen sich. Dadurch wird eine größeremechanische Festigkeit erzielt. Außerdem ver-meidet man einen ausladenden Wickelkopf, so dassdiese Motoren sehr kompakt sind. Motoren mitkleinerer Leistung besitzen Bürsten und Kommuta-toren aus Edelmetall, um einen möglichst niedri-gen Bürstenübergangswiderstand zu erreichen.Der Kommutator besteht aus „frei fliegenden“ Pro-fil-Lamellen, die beim Spritzen des Spulenträgersin der richtigen Lage eingebettet werden. GrößereMotoren erhalten normale Kupfer-Kommutatorenund Kohlebürsten. Glockenläufer-Motoren besit-zen die geringste mechanische Zeitkonstante allerMotoren und sind daher besonders für den Einsatzin der Steuerungs- und Regelungstechnik geeignet.Sie haben eine geringere elektrische Zeitkonstanteals Motoren mit Nutenläufer. Daher ist ihr Kom-mutierungsverhalten günstiger.

Scheibenmotoren (disk motor, pancake motor) miteisenlosem Läufer gibt es für sehr kleine Leistun-gen, aber auch mit höheren Leistungen, dieGlockenläufermotoren aus mechanischen Gründennicht mehr erreichen. Der Läufer liegt ebenfalls

zwischen zwei Ständerteilen, einem Teil, auf demdie Permanentmagnete angebracht sind, und einemTeil, der als magnetischer Rückschluss dient (Bild2.1.11). Entweder wird ein mehrpoliger Magnet-ring verwendet, oder es werden der Polzahl (8 bis12) entsprechend mehrere Knopfmagnete im Kreisangeordnet. Kleinstmotoren mit Durchmessern von20 Millimeter und darunter sind vierpolig, habennur drei Flachspulen und einen Flachkommutator.Im Allgemeinen verwendet man Ferritmagnete.Die Läuferwicklung ist bei kleinen Leistungenhäufig gestanzt oder geätzt (Evolventenwicklung,Bild 2.1.10 rechts). Sie besteht aus zwei Teilen, dieauf die beiden Seiten einer Kunststoffscheibe auf-geklebt wird. Die Leiter werden innen und außen

2 Antriebe mit kontinuierlicher Bewegung38

a) Glockenanker b) gestanzte Wicklung einesScheibenläufers

Bild 2.1.10 Eisenlose Läuferbauformen desPM-DC-Motors

Bild 2.1.9 Glockenläufer-Motor

Bild 2.1.11 Schnitt durch einen Scheibenläufermotormit normalem Kommutator

Scheibenläufer

FerromagnetischerRückschluss

Dauermagnet

Bürstenhalter

Kommutator

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miteinander verlötet. Die Bürsten sind axial an-geordnet und schleifen auf dem inneren Wick-lungsteil. Bei größeren Leistungen besteht dieWicklung aus Flachspulen, die in Kunststoff ein-gegossen werden. In diesem Fall verwendet mannormale Kupferkommutatoren und Kohlebürsten(Bild 2.1.11). Die elektrische Zeitkonstante dieserMotoren ist gering und das Kommutierungsverhal-ten dementsprechend günstiger als das der Motorenmit genutetem Läufer. Große Scheibenläufermoto-ren haben außerdem eine vergleichsweise geringemechanische Zeitkonstante.

2.1.2.2 Stationäres Betriebsverhalten

Betriebskennlinien

Unter Vernachlässigung der Bürstenübergangs-spannung ist die Klemmenspannung U gleich derSumme aus der rotatorisch induzierten SpannungUi und den ohmschen Spannungsabfällen derAnkerwicklung IRA und der Bürsten IRB, die zumSpannungsabfall IR zusammengefasst werden. Ausder Spannungsgleichung

U = Ui + URA + UB = Ui + (RA + RB) I= Ui + RI

(2.1.1)

ist das Ersatzschaltbild im Bild 2.1.12 abgeleitet.

Der Dauermagnet und die Ankerdurchflutung ver-ursachen den magnetischen Fluss durch den Luft-spalt Fd, der mit der Ankerwicklung verkettet ist.Maßgebend für die rotatorisch induzierte Span-nung Ui sind der Fluss FB durch die Bürstenebene,das ist die Fläche, die von den kommutierendenSpulen aufgespannt wird, und die Winkelge-schwindigkeit des LäufersW. Es gilt die Beziehung

Ui = cFBW , (2.1.2)

worin der Faktor c aus der Polpaarzahl p und der

Windungszahl wA eines Ankerzweiges ermitteltwird.

4c = ___ wA p (2.1.3)

2p

Die innere mechanische Leistung errechnet sichsowohl aus den mechanischen Größen, dem inne-ren Drehmoment Mi und der Winkelgeschwindig-keit des Läufers W, als auch aus den elektrischenGrößen, der rotatorisch induzierten Spannung Ui

und dem Strom I.

Pimech = MiW = 2pMin = UiI (2.1.4)

Mit Gl. (2.1.2) ergibt sich hieraus der Ausdruck fürdas innere Drehmoment

Mi = cFBI . (2.1.5)

Eine charakteristische Größe der Gleichstrom-motoren ist das Stillstands- oder Haltedrehmo-ment MH

cFBUMi = MH = cFBIH = –––––– , (2.1.6)

R

bei dem der Haltestrom IH wegen Ui = 0 in Gl.(2.1.1) nur durch den ohmschen Widerstand be-stimmt wird.

UIH = –– (2.1.7)

R

In den Datenblättern der Firmen, die dauermagnet-erregte Stellmotoren kleiner Leistung anbieten,werden ausgehend von den Gleichungen 2.1.1 und2.1.5 folgende Faktoren eingeführt:

Generatorspannungskonstante Ui = kEnDrehzahlkonstante n = knUi

Drehmomentkonstante Mi = kMIStromkonstante I = kIMi

Für sie werden dimensionslose Werte von bezoge-nen Größengleichungen abgeleitet.

Die zweite Betriebskennlinie, Drehzahl als Funk-tion vom Drehmoment, ergibt sich durch Umfor-mung der Spannungsgleichung (2.1.1) unter Be-rücksichtigung der Gleichungen (2.1.2) und (2.1.5)zu

W U – IRn = ––– = ––––––– und

2p 2pcFB

U Rn = ––––––– – ––––––––– Mi , (2.1.8a)

2pcFB 2p(cFB)2

2.1 Kommutatormotoren 39

RAU BUiU

E"&"U

I

AR BR

Bild 2.1.12 Ersatzschaltbild dauermagneterregterMotoren

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worin der erste Summand die Leerlaufdrehzahl n0

darstellt.

Un0 = –––––– (2.1.8b)

2pcFB

Zur Drehzahlstellung oder -regelung können dieKlemmenspannung und der Ankerkreiswiderstandgenutzt werden (Bild 2.1.13). Ausgehend von dern-M-Kennlinie des Motors bei der Bemessungs-spannung (z.B. U2 im Bild 2.1.13a) wird sie durchVeränderung der Klemmenspannung zu höherenoder niedrigeren Drehzahlen parallel verschoben.Durch Vergrößerung des Ankerkreiswiderstandsbleibt die Leerlaufdrehzahl konstant und der An-stieg wird steiler, so dass sich beim gegebenenDrehmoment die Drehzahl absenkt (Bild 2.1.13b).

Die Leerlaufdrehzahl lässt sich, U = konst. voraus-gesetzt, durch eine Verdrehung der Bürstenbrücke(Bild 2.1.19c) oder durch Aufsetzen einer drittenBürste, wie z.B. bei Scheibenwischermotoren, ver-größern, wobei gleichzeitig die n-M-Kennliniensteiler werden. Bei gleichem Drehmoment fließtdann ein größerer Strom.

Ersetzt man in der Gl. (2.1.4) die Drehzahl durchden Ausdruck in der Gl. (2.1.8), erhält man dieinnere mechanische Leistung als eine quadratischeFunktion des inneren Drehmoments (Bild 2.1.14)

U RPi mech = –––– Mi – –––––– M2

i . (2.1.9)cFB (cFB)2

Aus der Ableitung

dPi mech U R–––––– = 0 = –––– – 2 –––––– Mi

dMi cFB (cFB)2

ergibt sich das innere Drehmoment

1 cFBU 1Mi = –– ––––– = –– MH , (2.1.10)

2 R 2

bei dem die innere mechanische Leistung ihr Maxi-mum besitzt.

MH U2

Pi max = W0 ––– = ––– (2.1.11)4 4R

Im Bild 2.1.14 sind die Drehzahl, der Strom unddie innere mechanische Leistung als Funktion desinneren Drehmoments dargestellt.

Wirkungsgrad

Die innere mechanische Leistung Pi mech ist dasBindeglied zwischen der mechanischen und derelektrischen Seite des elektromechanischen Energie-

2 Antriebe mit kontinuierlicher Bewegung40

iM

03n

02n01nn

)U(n 11

)U(n 22

)U(n 33

321 UUU !!

0)a

n

0n

.konstU #

R

1RR %

1RR %21 RR $

0iM)b

Bild 2.1.13 Drehzahlstellung durch Veränderung der Klemmenspannung (a) und durch Ankervorwiderstände b)

HM,50 HM iM

)M(P imechi

maxiP

mechiP

n

)M(n i

)M(I i

I

HI

0n

Bild 2.1.14 Drehzahl n, Strom I und innere mechani-sche Leistung Pi mech als Funktion des inneren Drehmo-ments Mi

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wandlers (Bild 2.1.15). Die von der Spannungs-quelle zugeführte elektrische Leistung ist dieSumme aus den ohmschen Verlusten PVW imAnkerkreis und der inneren mechanischen Leis-tung

Pel = Pi mech + PVW .

Den Zusammenhang zwischen der elektrischenund der inneren mechanischen Leistung drücktman durch den elektrischen Wirkungsgrad hel aus(Bild 2.1.16a).

Pi mech UiI U – IRhel = –––––– = ––– = –––––– (2.1.12)

Pel UI UIR Mi= 1 – –– = 1 – –––U MH

Das innere Drehmoment ist die Summe aus demDrehmoment an der Welle MW und dem Leerlauf-drehmoment ML

Mi = MW + ML . (2.1.13a)

In der inneren mechanischen Leistung sind diemechanische Leistung an der Welle

Pmech = WMW = W (Mi – ML) , (2.1.13b)

die Luft- und Lagerreibungsverluste PVR und dieHysterese- und Wirbelstromverluste PVHW enthal-ten.

Pi mech = Pmech + PVR + PVHW

Für das Verhältnis der mechanischen Leistung ander Welle zur inneren mechanischen Leistung wirdder mechanische Wirkungsgrad hmech eingeführt(Bild 2.1.16b).

WMW Mi – ML MLhmech = –––––– = ––––––– = 1– ––– (2.1.14)WMi Mi Mi

Der Gesamtwirkungsgrad h als Quotient aus dermechanischen Leistung an der Welle und der elek-trischen Leistung ist das Produkt beider Wirkungs-grade

Pmechh = –––––– = helhmech (2.1.15)Pel

Mi ML= (1– –––)(1– –––) ,MH Mi

der beim inneren Drehmoment von

Mi = MLMH (2.1.16)

seinen Maximalwert

ML2

hmax = (1 ) (2.1.17)MH

2.1 Kommutatormotoren 41

tDauermagne

VHWP

VRP

mechPWM,"

mechiP

elP

VWP

Bild 2.1.15 Positive Zählrichtungen der Leistungen desdauermagneterregten Motors

2,0

4,0

0,1

6,0

2,0 4,0 0,10

4,0

2,03,0

1,005,0

el!

H

L

MM

Hi M/M)a

2,0

4,0

0,1

6,0

2,0 4,0 0,10

H

el

PPH

el

PP

H

mechi

PP

el!

H

mechi

PP

el!HPRI2

Hi M/M )b

Bild 2.1.16 a) Elektrischer und b) mechanischer Wirkungsgrad

S 033_072 07.03.2011 13:29 Uhr Seite 41

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besitzt. Werden die Lager-, Luft- und Ummagneti-sierungsverluste bei der Berechnung des mechani-schen Wirkungsgrades (Bild 2.1.16b) als linearabhängig von der Drehzahl angenommen, dannerhält man die im Bild 2.1.17a dargestellte Kurven-schar des Gesamtwirkungsgrades mit dem Leer-laufdrehmoment als Parameter.

Maximale Wirkungsgrade und maximale mechani-sche Leistungen stellen sich nicht bei gleichenDrehmomenten ein. Während der maximale Wir-kungsgrad weitgehend in der ersten Hälfte desDrehmomentbereichs auftritt, liegt die maximalemechanische Leistung Pmech in der zweiten Hälfte(Bild 2.1.17b).

In der Laborpraxis können die Betriebskennlinienals Funktion des inneren Drehmoments nicht un-mittelbar aufgenommen werden, da das innereDrehmoment messtechnisch nicht zugänglich istund nur das Drehmoment MW am freien Wellen-ende gemessen wird. Im unbelasteten Fall fließt zurEntwicklung des Leerlaufdrehmoments ML derLeerlaufstrom IL (Bild 2.1.18). Im Stillstand wirddas Drehmoment MH – ML gemessen. Die Ver-längerung der linearen Abhängigkeit I = f (MW)schneidet die Drehmomentachse im PunktMW = – ML. Der Schnittpunkt der Parallelen zurDrehzahlachse bei – ML mit der verlängerten n-M-Kennlinie ergibt die ideelle Leerlaufdrehzahl n0,aus der das Produkt cFB berechnet werden kann.

2 Antriebe mit kontinuierlicher Bewegung42

Bild 2.1.17 Gesamtwirkungsgrad a) und auf die maximale innere Leistung bezogene mechanische Leistung b)

Bild 2.1.18 Prinzipielle Betriebskennlinien eines dauermagneterregten Motors

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