Handbuch: Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich ...

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Sabine Schmölzer-Eibinger Magdalena Dorner Elisabeth Langer Maria-Rita Helten-Pacher Handbuch Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich heterogenen Klassen

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Sabine Schmölzer-EibingerMagdalena Dorner Elisabeth LangerMaria-Rita Helten-Pacher

Handbuch Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich heterogenen Klassen

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Magdalena Dorner Maria-Rita Helten-Pacher Elisabeth Langer Sabine Schmölzer-Eibinger

Handbuch Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich heterogenen Klassen

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Vorwort

Das vorliegende Handbuch wurde im Rahmen des Forschungsprojektes Didaktisches Coaching für den Unterricht in mehrsprachigen Klassen (2010-2012) im Auftrag des BMUKK erstellt. Ziel dieses Projekts war die Entwicklung theoretischer und didaktischer Grundlagen sowie ein Ausbildungs-curriculum für Sprachcoaches für den Fachunterricht in sprachlich hetero-genen Klassen. Damit soll eine Sensibilisierung und Kompetenzer-weiterung von Fachlehrkräften im Sinne eines „sprachaufmerksamen Unterrichts“ mit dem Ziel erfolgen, Sprache als Basis des Lernens im Fach für alle SchülerInnen zugänglich und verfügbar zu machen. Das besondere Augenmerk gilt dabei SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache, die an den sprachlichen Anforderungen im Fachunterricht vielfach scheitern.

Im Rahmen dieses Projekts wurden 80 Unterrichtseinheiten der Fächer Mathematik, Chemie, Biologie und Umweltkunde, Geschichte und politi-sche Bildung, Rechnungswesen und Betriebswirtschaftlehre in allgemein- und berufsbildenden Schulen in Österreich videographiert. Die Analyse dieser Unterrichtssequenzen ergab ein differenziertes Bild über den Status quo der gegenwärtigen sprachlichen und didaktischen Praxis im Fachun-terricht, die sowohl Schwachstellen als auch Potentiale aufgezeigt hat. Im Handbuch werden Ausschnitte aus diesen Unterrichtssequenzen als Bei-spiele „guter“ Praxis im Sinne eines sprachaufmerksamen Fachunterrichts präsentiert. Die Unterrichtsanalysen dienten darüber hinaus als Grundlage für die Entwicklung von Analyseinstrumenten, die Fachlehrkräften eine Reflexion des eigenen sprachlichen und didaktischen Handelns und Sprachcoaches eine differenzierte Analyse von Fachunterricht in sprachlich heterogenen Klassen ermöglichen. Im Projekt wurden darüber hinaus Interviews mit DirektorInnen, LehrerInnen und SchülerInnen geführt und eine Fragebogenerhebung unter ca. 300 Lehrkräften und 3500 SchülerInnen an österreichischen Schulen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen einen großen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine nachhaltige Qualifizierung von Lehrkräften im Umgang mit Sprache im Fachunterricht auf.

Das vorliegende Handbuch ist für zukünftige Sprachcoaches und für Lehrkräfte aller Fächer gedacht, die an einer Professionalisierung des sprachlichen und sprachdidaktischen Handelns im Fachunterricht interessiert sind. In einem Glossar werden die wichtigsten sprachwissen-schaftlichen Grundbegriffe erläutert, um die Lektüre auch für linguistische Laien zu ermöglichen. Das Handbuch ermöglicht einen wissenschaftlich fundierten Zugang zum Thema Sprache im Fach und gibt zahlreiche praktische Empfehlungen, um einen „sprachaufmerksamen“ Fachunter-richt zu realisieren und damit die Lernerfolgschancen von Schülerinnen und Schülern in sprachlich heterogenen Klassen zu erhöhen.

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Dieses Handbuch wurde im Rahmen des Projekts „Didaktisches Coaching für den Unterricht in mehrsprachigen Klassen“ am Fachdidaktikzentrum der Geisteswissenschaftlichen Fakultät Graz (www.unifdz.at) im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur erarbeitet.

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Dank

Dieses Handbuch wäre nicht zustande gekommen ohne die Unterstützung zahlreicher Personen, bei denen wir uns an dieser Stelle bedanken möch-ten: Eike Thürmann für seine wertvollen Kommentare und Denkanstöße, Johannes Schaflechner für seine kritischen Rückmeldungen zu unseren didaktischen Überlegungen und die stets offene „Tür“ für alle schulischen Anliegen, Johannes Dorfinger und Georg Krammer für die technische Un-terstützung und methodische Beratung, Lena Zimmermann für die Mit-hilfe an der Entwicklung unserer Analyseinstrumente, Dominique Stocker für das Verfassen der Transkripte, Daniel Hadler für das Schreiben von Literaturkommentaren, Gerlinde Stock für das Editieren und Formatieren des Textes, Regina Brunnhofer für ihr umsichtiges Projektmanagement und Ingrid Weger vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) für ihre unbürokratische und wohlwollende Unterstüt-zung in allen Phasen des Projekts. Nicht zuletzt danken wir allen Schullei-terInnen, Lehrkräften und SchülerInnen, die uns für Gespräche zur Verfü-gung standen und uns Einblick in ihren Unterrichtsalltag gewährten – ihnen sei dieses Handbuch gewidmet. Magdalena Dorner Maria-Rita Helten-Pacher Elisabeth Langer Sabine Schmölzer-Eibinger

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Inhaltsverzeichnis

1 Sprache und Lernen im Fachunterricht .................... 11

1.1 Einleitung ....................................................................... 11 1.2 Die Sprache der Schule ................................................. 11 1.3 Sprachliche Kompetenzen in der Schule .................... 15

2 Didaktische Konzepte und Modelle für einen sprachbewussten Fachunterricht ............................... 20

2.1 Leitlinien für einen „sprachaufmerksamen Fachunterricht“ .............................................................. 20 2.1.1 Integriertes Sprach- und Fachlernen ........................... 21 2.1.2 Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion ............ 23 2.1.3 Aktives, authentisches Sprachhandeln ....................... 28 2.1.4 Sprachliche Explizitheit und Transparenz ................. 32 2.1.5 Systematische Sprachunterstützung ........................... 35 2.1.6 Schriftsprachlichkeit und Sprachkomplexität ........... 38 2.1.7 Schreib- und Textarbeit ................................................. 42 2.2 Didaktische Konzepte zur Sprachförderung im Fachunterricht ................................................................ 44 2.2.1 Literale Didaktik ............................................................ 44 2.2.2 Prozeduren-orientierte Didaktik ................................. 51 2.2.3 Dialogisches Lernen ...................................................... 58 2.2.4 Narrative Didaktik ........................................................ 64

3 Sprachcoaching im Fachunterricht ............................ 71

3.1 Analyseinstrumente und Werkzeuge ......................... 71 3.1.1 Analysebogen ................................................................. 71 3.1.2 Fragebogen ..................................................................... 92 3.1.3 Selbstreflexionsbogen ................................................... 98

4 Kommentierte Literaturliste ....................................... 112

5 Literaturverzeichnis ..................................................... 124

6 Glossar ............................................................................ 129

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1 Sprache und Lernen im Fachunterricht

1.1 Einleitung

Sprache ist in der Schule das wichtigste Medium des Lehrens und Lernens – das gilt für den Mathematikunterricht ebenso wie für den Geschichts- oder den Physikunterricht. Inhalte werden in jedem Fach anhand von Sprache vermittelt und mittels Sprache erworben. Sprache ist eine zentrale Basis des Lernens in jedem Fach. Fachlichkeit und Sprachlich-keit sind daher nicht voneinander zu trennen, Kompetenzerwerb ist im Fachunterricht immer sprachlich verankert. Nicht alle SchülerInnen sind jedoch ausreichend in der Lage, Sprache als Medium des Lernens zu gebrauchen; das gilt vor allem für SchülerInnen aus bildungsfernen Familien und für jene mit Migrationshintergrund.

Wie gut sind Fachlehrkräfte auf die sprachlichen Herausforderungen in mehrsprachigen Klassen vorbereitet? Diese Frage zählt zu den wichtigsten Fragen in unserem gegenwärtigen Schul- und Bildungssystem. Von ihrer Lösung hängt es ab, inwieweit es unseren SchülerInnen in Zukunft ermög-licht werden kann, die Lern- und Bildungsangebote der Schule zu nutzen.

Was bedeutet das für den Fachunterricht? FachlehrerInnen werden auf die sprachlichen Herausforderungen in mehrsprachigen Klassen kaum vorbereitet. Die dafür nötigen Kenntnisse und Kompetenzen werden bis-lang in der Aus- und Weiterbildung kaum vermittelt. Dies gilt ebenso für Verfahren und Modelle der Sprachförderung, die einen reflektierten Um-gang mit Sprache im Fachunterricht ermöglichen. Im Mittelpunkt der Aus-bildung steht das Fach, Sprache spielt eine untergeordnete Rolle. Die gängige Unterrichtspraxis spiegelt dies wider: Lehrkräfte verwenden zwar Sprache, thematisieren sie aber kaum. Auch Sprachförderung findet im Fachunterricht nur selten statt.

1.2 Die Sprache der Schule

1. L: WARum ist dieser Text so schwer; (.) 2. Dass man so eine hohe Bildung braucht; 3. Dass man ihn können kann. 4. Sm: Ja weil es kompliziert ist wahrscheinlich. 5. L: Was is dran kompliziert? 6. Sw: Es sind viele Fremdwörter. 7. L: Es sind viele Fremdwörter drinnen. 8. Ja,

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9. Sm: Zu lang geschrieben. 10. L: Is ein sehr langer Satz ja.

Dieser kurze Ausschnitt1 aus einem LehrerInnen-SchülerInnen-Dialog spiegelt eine subjektive Einschätzung der Sprache im Unterricht aus Sicht eines Schülers wider. Welcher Art ist aber die Sprache der Schule? Und: Was macht sie vor allem im Fachunterricht für die SchülerInnen so schwie-rig? Zur Illustration ein Beispiel eines Textes2 aus einem Chemiebuch der 9. Schulstufe:

Mit Ausnahme der Edelgase kommen alle Elemente in der Natur nicht als freie Atome, sondern nur in Form von Verbindungen vor. Die meisten Atome haben offenbar das Bestreben, sich zu verbinden. Weil die Edelgase äußerst reaktions-träge sind, nur einatomig vorkommen und keine Tendenz zeigen, Elektronen aufzunehmen, lag der Schluss nahe, dass sich ihre Elektronen in einem beson-ders günstigen Zustand befinden. Man nahm an, dass die Atome der anderen Elemente ebenfalls eine edelgasähnliche Elektronenhülle (Achterschale, Elekt-ronenoktett) anstreben und in einer Verbindung, durch Umgruppierung der Elektronen, auch erreichen. Atome verbinden sich so miteinander, dass ihre Elektronenanordnung der eines Edelgases entspricht. (Edelgasregel oder Oktettregel). Je nachdem wie sich die Elektronenhüllen der Atome verändern, werden ver-schiedene Bindungsarten unterschieden: die Ionenbindung, die Atombindung, die metallische Bindung (siehe Seite 76). Zwischen diesen Bindungsarten gibt es fließende Übergangsarten.

Schwierig sind für SchülerInnen nicht nur die vielen Fremdwörter, die in den Texten verwendet werden, schwierig ist für sie auch die häufige Ver-wendung von Fachbegriffen (Atome, Edelgase, Elektronenhülle etc.), die zahl-reichen Nominalisierungen (z.B. das Bestreben, die Umgruppierung etc.) und Komposita (z.B. Ionenbindung, Elektronenanordnung etc.), der häufige Ge-brauch von Abstrakta (z.B. Edelgase, Atome etc.), die komplexen Attribute (z.B. edelgasähnliche Elektronenhülle) und die schwierigen syntaktischen Strukturen (lange Sätze, viele Nebensätze, Passivkonstruktionen) (vgl. Schmölzer-Eibinger 2008, 32; Grießhaber 2010, 39; Ahrenholz 2010, 16).

Texte dieser Art bereiten nicht nur SchülerInnen mit Deutsch als Zweit-sprache, sondern auch muttersprachigen SchülerInnen vielfach Probleme. Eine Arbeit am inhaltlichen Verständnis solcher Texte setzt eine gezielte Spracharbeit voraus. Diese wiederum erfordert erst, dass sich Lehrkräfte

1 Die im Handbuch angeführten Unterrichtsbeispiele stammen aus dem Datenmaterial

des Forschungsprojektes „Didaktisches Coaching für den Unterricht in mehrsprachi-gen Klassen“. Die Äußerungen der Lehrperson werden mit Fettdruck hervorgeho-ben.

2 Im Glossar werden Sach- und Fachtexte näher behandelt.

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darüber bewusst sind, mit welcher Sprache sie es in der Schule zu tun ha-ben.

Im Folgenden sollen zunächst jene Begriffe geklärt werden, die in der aktuellen Debatte um Sprache im Fach, Sprachbarrieren, Schulerfolg und Bildungschancen von SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache im Mit-telpunkt stehen. Die Rede ist von „Bildungssprache“, „Schulsprache“ und „Fachsprache“ – Begriffe, die auf unterschiedliche Weise mit Schrift-sprachlichkeit verknüpft sind.

Der Begriff Bildungssprache (Gogolin et al. 2011) signalisiert, dass es sich hier um eine Sprache handelt, die nicht nur in der Schule, sondern in jedem Bildungskontext von Bedeutung ist. Bildungssprache bestimmt die Vermittlung und den Erwerb von Wissen in einer von Schriftsprachlichkeit geprägten Gesellschaft. Bildungserfolg ist somit abhängig davon, inwieweit Bildungssprache beherrscht wird. Auch in der Schule erfolgt das Lehren und Lernen im Medium von Bildungssprache. Ihre Kenntnis ist „kulturelles Kapital“ (Bourdieu zitiert nach Feilke 2012) und zentrale Voraussetzung für den Schulerfolg. „Bildungssprache“ bestimmt somit die in einer Gesellschaft mit Bildung verbundenen Chancen. Für die Schule bedeutet das, Bildungssprache in allen Fächern systematisch zu vermitteln (vgl. Schmölzer-Eibinger i.V.).

Der Begriff Schulsprache zeigt an, dass es hier um eine Sprache geht, die exklusiv in der Schule verortet ist. Nach Feilke (i.V.) ist Schulsprache aber nicht nur die in der Schule verwendete Sprache, sondern auch die durch Schule hervorgebrachte und für schulische Zwecke eingesetzte Sprache. Das schließt Sprachgebrauchsformen ein, die ausschließlich für den Unterricht und zu didaktischen Zwecken gemacht sind. Ein Beispiel dafür ist die Erörterung: Die Erörterung soll das Erörtern schulen. Außerhalb der Schule schreibt niemand Erörterungen. Das Erörtern hat jedoch eine bildungssprachliche Funktion, spielt es doch auch außerhalb der Schule in vielen Zusammenhängen von Bildung eine Rolle (vgl. Feilke 2012, 5).3 Schulsprache ist also nicht gleich Bildungssprache – Schulsprache dient jedoch der Erziehung zur Bildungssprache (vgl. Feilke i.V.). Die Schule ist somit ein ganz eigener sprachlicher Handlungsraum – sie setzt fest, welche Sprache verwendet und akzeptiert wird und bestimmt damit auch, in welcher Sprache Wissen vermittelt und erworben wird. Die Schule hat damit nicht nur eine Qualifikations- und Sozialisationsfunktion (vgl. Feilke i.V.), sondern auch eine Selektionsfunktion: Über die Festsetzung von sprachlichen Normen und Standards wird der Zugang zu schulischem Wissen und die Verteilung von Chancen auf Schulerfolg bestimmt (vgl. Schmölzer-Eibinger i.V.).

3 Weitere Beispiele wären die Erzählung einer Bildergeschichte oder das

Versuchsprotokoll im naturwissenschaftlichen Unterricht – auch für diese Textfor-men gilt, dass sie außerhalb der Schule kaum von Bedeutung sind (vgl. Feilke i.V.).

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Sprache im Fach ist aber auch Fachsprache, da jede Disziplin ihre ei-genen Begriffe und Textformen geschaffen hat (vgl. Feilke i.V.). Zur Fach-sprache zählen jene spezifischen Ausdrucksmittel, die innerhalb einer fachlichen Disziplin bzw. eines fachlichen Diskurses verwendet werden,4 darunter fallen auch non-verbale Zeichen wie etwa Symbole, Formeln oder Graphiken. Sie sind eng mit Sprache verknüpft, sei es durch einen Bezug auf Texte („diskontinuierliche Texte“) oder auch nur in Form von Beschriftun-gen (Schemata etc.). Ein Verständnis fachlicher Inhalte ist meist erst möglich, wenn sprachliche und nicht-sprachliche Ausdrucksformen auf-einander bezogen werden. Fachsprache weist stets einen konkreten Fach-bezug auf und ist ebenso wie Bildungssprache schriftsprachlich geprägt.

Sowohl die Bildungs- als auch die Schul- und Fachsprache sind der Schriftsprachlichkeit (konzeptionelle Schriftlichkeit) verpflichtet.5 Das bedeu-tet im Sinne von Koch/Oesterreicher (1994), dass Sprache, unabhängig davon wie sie medial realisiert ist (gesprochen oder schriftlich) bestimmte Kommunikationsbedingungen (u.a. Monologizität, raum-zeitliche Tren-nung, Themenfixierung) und Versprachlichungsstrategien aufweist (u.a. verstärkte Planung, Komplexität, Elaboriertheit) (vgl. Pohl/Steinhoff 2010, 7). So handelt es sich etwa bei einem Vortrag um eine medial mündliche, aber konzeptuell schriftliche Äußerung. Wenn im Folgenden von Schrift-sprachlichkeit die Rede ist, so kann dies sowohl mündliche wie auch schrift-liche sprachliche Äußerungen betreffen.

4 In den verschiedenen Fachsprachen werden Begriffe häufig aus der Alltagssprache

entnommen, haben aber meist eine anders definierte Bedeutung. So haben etwa die Begriffe „Kraft“, „Energie“ und „Arbeit“ im fachlichen Kontext eine andere Bedeu-tung als im Alltag.

5 In diesem Handbuch wird der Begriff Schriftsprachlichkeit im Sinne der konzeptionellen Schriftlichkeit verwendet; siehe dazu auch die Ausführungen in Kapitel 1.3.

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Abb. 1: Sprachverwendung im Fachunterricht

Die Sprache der Schule ist für die SchülerInnen mit hohen Anforderungen verbunden. Sie müssen über entsprechende sprachliche Kompetenzen ver-fügen, die es ihnen ermöglichen, Sprache im Fachunterricht als Basis des Lernens nutzen zu können. Auf diese sprachlichen Kompetenzen wird im Folgenden näher eingegangen.

1.3 Sprachliche Kompetenzen in der Schule

Im Zusammenhang mit Schul-, Fach- und Bildungssprache ist der Begriff der kognitiv-akademischen Sprachkompetenz (CALP – Cognitive Academic Language Proficiency) von Cummins relevant (Cummins 1979, 1991), der von alltagssprachlich dialogischer Sprachkompetenz (BICS – Basic Interpersonal Communication Skills) unterschieden wird. Alltagssprachliche Fähigkeiten werden gebraucht, wenn sich SchülerInnen z.B. auf dem Schulweg oder im Schulhof unterhalten, ihre sozialen Kontakte pflegen („Wie geht es dir?“, „Was hast du gestern am Abend gemacht?“ etc.) oder ihre Freizeit organisieren („Treffen wir uns nach der Schule?“, „Gehen wir morgen zusammen ins Kino?“ etc.). Es handelt sich dabei meist um

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Gespräche oder Dialoge, also um mündliche Kommunikation.6 Die Bedeut-ung des Gesagten ist dabei auch aus nonverbalen (Gestik, Mimik) und paraverbalen Signalen der GesprächspartnerInnen erschließbar (Satz-melodie, Betonung etc.). Auch wenn dieser Bereich vorwiegend mündlich geprägt ist, zeigen z.B. Chats oder SMS, dass Alltagssprache auch schrift-lich verwendet werden kann:

Hey Anna, wie geht‘s dir so? Hier in Italien ist es total super, echt cool :) Wir gehen jeden Tag an den Strand und am Abend gibt’s Party ;) Und du? Was treibst du so? Bis bald, Maria.

Alltagssprache dient also primär dazu, persönliche Beziehungen zu pfle-gen und den Alltag zu organisieren (Sprache der Nähe). Auch im Unterricht wird Alltagssprache auf diese Weise gebraucht: „Guten Morgen!“, „Holt bitte eure Bücher raus!“, „Welche Gruppe möchte zuerst beginnen?“ – solche Äußerungen zählen zu den schultypischen Kommunikations- und Organisationsformen im Unterricht („classroom language“) (vgl. Feilke 2012, 7).

Fachunterricht erfordert jedoch vor allem kognitiv-akademische Sprachfähigkeiten (vgl. Cummins 1979). Erst diese Fähigkeiten machen es möglich, abstrakte, nicht aus der Situation erschließbare Inhalte zu ver-stehen und nachvollziehbar darzustellen (vgl. Cummins 1991, 77 f.). Sie werden v.a. im Umgang mit Sach- und Fachtexten und zur Teilhabe an fachlichen Diskursen gebraucht, in denen es darum geht, die „Welt“ in Sprache zu fassen und nachvollziehbar auszudrücken, wie etwa Phäno-mene zustande kommen und welche Wirkungszusammenhänge ihnen zugrunde liegen (vgl. Portmann-Tselikas/Schmölzer-Eibinger 2008, 6):

Es geht also um Antworten auf Fragen wie beispielsweise die nach den Bedin-gungen für die Bildung von Regenfronten, den Motiven für die letzten außen-politischen Entscheidungen der amerikanischen Regierung, den Aufbau und die Funktion von Kapillargefäßen in Pflanzen oder die Regularitäten des Verhaltens der deutschen Wechselpräpositionen. (ebda., 7 f.)

Je mehr man sich an den Wissensbeständen eines Fachs orientieren muss, desto schwieriger wird in der Regel das Verstehen und Sich-Verständlich-Machen. Mit zunehmender Informationsmenge steigt der Anspruch an inhaltlicher Verdichtung, Kohärenz und Strukturiertheit. Inhaltliche Be-züge müssen sprachlich so dargestellt werden, dass sie auch unabhängig von der Situation erschließbar sind (vgl. ebda., 8). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Sprache der Distanz.

Das folgende Beispiel zeigt, wie aus der Darstellung einer alltäglichen, persönlichen Beobachtung ein objektiv nachvollziehbarer, allgemeingülti-ger und wiederholbarer Vorgang wird (vgl. Gogolin et al. 2011, 200 f.):

6 In diesem Fall handelt es sich im Sinne von Koch/Oesterreicher (1994) sowohl um

medial als auch um konzeptuell mündliche Kommunikation.

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1. Als ich die Flüssigkeit abgoß, sah ich einen braunen Bodensatz.

2. Wenn man die Flüssigkeit abgießt, sieht man einen braunen Bodensatz.

3. Wird die Flüssigkeit abgegossen, zeigt sich ein brauner Bodensatz.

4. Nach Abgießen der Flüssigkeit ist ein brauner Bodensatz sichtbar.

Während im ersten Satz noch eine subjektive Perspektive vorherrscht und ein aktiv Handelnder sichtbar ist, wird das „ich“ im zweiten Satz durch das unpersönliche „man“ ersetzt und der Erlebnisbezug durch ein konditi-onales Gefüge und den Tempuswechsel ins Präsens zur allgemeingültigen Aussage transformiert. Im dritten Satz erfolgt eine weitere Entpersonalisie-rung und Distanzierung durch die Verwendung des Passivs; eine zuneh-mende inhaltliche Verdichtung zeigt sich darin, dass der Bedingungszu-sammenhang nun nur noch syntaktisch konstituiert ist. Im vierten Satz wird das Verb „abgießen“ nominalisiert und der temporale Zusammen-hang durch eine Präpositionalkonstruktion „nach Abgießen …“ ausge-drückt; dadurch erfolgt eine weitere Verdichtung des Sachverhalts, wie sie für die Sprache im Fachunterricht typisch ist (vgl. ebda.).

Auch wenn kognitiv-akademische Sprachfähigkeiten vor allem im Schriftlichen gefordert sind, ist gerade Fachunterricht ein Beispiel dafür, dass diese auch im Mündlichen gefordert sind. Das folgende Beispiel (Aus-schnitt aus einer Chemiestunde der 11. Schulstufe, AHS) soll dies zeigen: 1. Die: Energie steigt an; 2. Von eins S. (.) 3. Das ist das nie:drigste Energieniveau; (-) 4. Bis zum (.) sie:ben P; 5. Das ist das höchste, 6. Man kann für jedes (.) Elektron 7. Einma:l ein so genanntes (3 sec) (schreibt) 8. Energie: (4 sec) haupt (4 sec) nive: (3 sec) 9. Ein so genanntes Energiehauptniveau: (.) definieren. 10. Elektro:nen in der Ato:mhülle, (-) 11. Nehmen gru:ndsätzlich; (-) nach Möglichkeit IMMer 12. Das NIEdrigste Energieniveau ein. 13. Jetzt hat aber der Kohlenstoff (-) 14. gleich SEchs Elektronen, 15. Ja? (- -) 16. Das heißt; (3 sec) 17. Jetzt bleiben noch wie:viele Elektro:nen über? (3 sec) 18. S: Vier. 19. L: Vie:r. (-) 20. Richtig. (- -) 21. So, 22. Die müssen jetzt in das nächst hÖhere EnergIEniveau;

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23. Und das (.) ist charakterisierT 24. Durch das Hauptniveau: zWEI: 25. Und durch das Unterniveau S.

Während alltagssprachliche Fähigkeiten von SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache meist relativ rasch erworben werden, ist die Aneignung kognitiv-akademischer Sprachfähigkeiten ein langwieriger, mehrjähriger Prozess. Zweitsprachenlernende, aber auch SchülerInnen aus bildungsfer-nen Familien, verfügen über diese Kompetenzen oft nicht im geforderten Maß. Im Fachunterricht zeigt sich dies meist in ihren Problemen, Sachtexte bzw. komplexere mündliche Äußerungen zu verstehen und selbst längere, zusammenhängende Äußerungen bzw. Texte zu produzieren.

Die Unterscheidung zwischen alltagssprachlichen und kognitiv-aka-demischen Sprachfähigkeiten stand bei Cummins von Beginn an im Zu-sammenhang mit der Frage nach einem erfolgreichen Zweitspracherwerb und Bildungschancen von SchülerInnen mit Migrationshintergrund. Dies gilt auch für den von Portmann-Tselikas geprägten Begriff der Textkompe-tenz (Portmann-Tselikas 2001), verstanden als Fähigkeit, eine textgeprägte Sprache sowohl mündlich als auch schriftlich im Rahmen der jeweiligen literalen Praxis adäquat zu gebrauchen (Schmölzer-Eibinger 2008, 15). Es geht hier nicht nur um die Fähigkeit lesen und schreiben zu können, sondern auch darum, mit verschiedenen Optionen einer Schriftkultur im jeweiligen sozialen und kulturellen Handlungsfeld umgehen und über sie als ein „kulturelles Werkzeug“ (Brockmeier 1998, 201) verfügen zu können. Dies gilt ebenso für literale Handlungskompetenz als eine auf routinisier-ten Sprachgebrauch ausgerichtete Fähigkeit, wie sie im Fachunterricht z.B. beim Beschreiben, Erklären oder Argumentieren gefordert ist.7 In jedem Fall handelt es sich um sprachliche Kompetenzen, die vor allem im Umgang mit Texten, jedoch auch im mündlichen Unterrichtsdiskurs gefordert sind.8

Sprachkompetenz ist für die einen ein Kapital, für andere eine Hürde. Es sind vor allem SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache und Schüle-rInnen aus bildungsfernen Familien, die oft nicht über die im Fachunter-richt geforderten sprachlichen Kompetenzen verfügen. Es ist daher eine zentrale Aufgabe der Lehrkräfte aller Fächer, die für das Fachlernen erfor-derlichen sprachlichen Fähigkeiten zu fördern. Die SchülerInnen brauchen diese Fähigkeiten zunächst für die Schule selbst, schließlich aber auch au-

7 Diese Fähigkeiten sind einerseits fachspezifisch, andererseits aber fachübergreifend,

zum Teil aber auch sprachenübergreifend. 8 In einer im Rahmen des Europaratsprojekts „Languages of Schooling“ durchgeführ-

ten Lehrplananalyse konnte festgestellt werden, dass ein gemeinsamer Kern an sprachlich-kommunikativen Anforderungen besteht (benennen, evaluieren, be-schreiben, argumentieren, erklären), der über die Fächergrenzen hinweg auszu-machen ist. Die Studie wurde in fünf deutschen Bundesländern für die Fächer Biolo-gie, Geschichte und Mathematik durchgeführt (Thürmann/Vollmer 2010, 110 f.).

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ßerhalb der Schule für die Teilhabe in verschiedenen Bereichen ihres sozialen, politischen und gesellschaftlichen Lebens. Von diesen Kompeten-zen hängt letztlich nicht nur der Schul- und Bildungserfolg, sondern auch die Verteilung von Lebenschancen zu einem erheblichen Teil ab (vgl. Eh-lich 2010, 52).

Neben der Frage, wie die Sprache der Schule beschaffen ist, stellt sich daher die Frage, wie Schule dazu beitragen kann, jene sprachlichen Fähig-keiten bei den SchülerInnen zu fördern, die sie brauchen, um in der Schule und in anderen Bildungskontexten erfolgreich zu sein. Die im folgenden Kapitel vorgestellten Leitlinien für einen „sprachaufmerksamen Fachunter-richt“ werden auf diese Frage näher eingehen.

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2 Didaktische Konzepte und Modelle für einen sprachbewussten Fachunterricht

Ziel eines sprachaufmerksamen Fachunterrichts9 ist es, Sprache zur Vermitt-lung von Inhalten bewusst zu verwenden und die schriftsprachlichen Kompetenzen10 der Lernenden gezielt zu fördern. Dies umfasst sowohl den Sprachgebrauch von Lehrkräften als auch ihr didaktisches Vorgehen.

Die folgenden Leitlinien sollen dazu beitragen, die Gestaltung eines sprachaufmerksamen Fachunterrichts anzuleiten. Sie sollen Lehrkräfte bei der Planung und Umsetzung eines sprachbewussten Unterrichts unterstüt-zen und gewährleisten, dass Sprache als ein Medium des Lernens bewusst verwendet und genutzt wird. Diese Leitlinien können unabhängig vom Fach und der jeweiligen Schulstufe als Grundlage für die Konzeption von Unterricht eingesetzt werden.

2.1 Leitlinien für einen „sprachaufmerksamen Fachunter-richt“

1. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht findet integriertes Sprach- und Fach-lernen statt.

2. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht ist die Sprachverwendung durch Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion geprägt.

3. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht findet aktives, authentisches Sprach-handeln statt.

4. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht werden sprachliche Anforderungen explizit und transparent gemacht.

5. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht erfolgt eine systematische sprachliche Unterstützung.

6. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht spielt Schriftsprachlichkeit eine zent-rale Rolle.

7. Im sprachaufmerksamen Fachunterricht spielt Schreib- und Textarbeit eine zentrale Rolle.

9 Unter Aufmerksamkeit versteht man einen „Zustand erhöhter Wahrnehmung“ (Roth

2011, 129). Dieser gewährleistet, dass Wissen deutlicher und effizienter wahrgenom-men, behalten und verstanden wird (vgl. ebd., 129).

10 Mit „schriftsprachlichen Fähigkeiten“ sind im Folgenden all jene Kompetenzen gemeint, die es ermöglichen, Schriftsprachlichkeit im Fachunterricht zu verwenden (kognitiv-akademische Sprachfähigkeiten, Textkompetenz, literale Handlungskompetenz, siehe Kap. 1.3).

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Diese sieben Leitlinien werden im Folgenden durch konkret beobachtbare Merkmale erläutert und definiert (sog. Indikatoren) sowie anhand von Un-terrichtsbeispielen aus verschiedenen Fächern und Schultypen (BHS und AHS) veranschaulicht. Zur Umsetzung der Leitlinien wird exemplarisch auf geeignete didaktische Modelle, Verfahren und Aufgabenkonzeptionen hingewiesen.11

Die Leitlinien weisen mitunter Überschneidungen auf; diese werden je-doch bewusst nicht vermieden, sondern sollen vielmehr dazu beitragen, die sprachlichen Dimensionen des Fachlernens aus unterschiedlichen Per-spektiven zu verdeutlichen.

Die Leitlinien verstehen sich als komplementäre Ergänzung zum Analysebogen (siehe Kap. 3.1.1), mit dessen Hilfe es Sprachcoaches ermög-licht werden soll, durch strukturierte Beobachtung und Analyse von Unterricht zu erkennen, inwieweit dieser den Anforderungen eines sprachbewussten Fachunterrichts Rechnung trägt.

2.1.1 Integriertes Sprach- und Fachlernen

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht findet integriertes Sprach- und

Fachlernen statt. Sprache ist im Fachunterricht stets an Inhalte gebunden, die Fähigkeit zur Durchdringung von Sachverhalten kann nur ausgebildet werden, wenn Sprach- und Fachlernen aufeinander bezogen werden (vgl. Gogolin et al. 2011, 57). Sprache und Fach sind daher eng miteinander verbunden:

Sprache im Unterricht ist wie ein Werkzeug, das man gebraucht, während man es noch schmiedet. (Leisen 2012).12

Sprachliches und fachliches Lernen im Unterricht zu integrieren bedeutet zunächst, dass Fachlehrkräfte aufmerksam auf ihren eigenen Sprachge-brauch im Unterricht achten. Dieser sollte durch Sprachaufmerksamkeit, Sprachreflexion und eine bewusst gewählte, präzise Sprachverwendung gekennzeichnet sein (siehe Leitlinie 2). Darüber hinaus sollten sie den Sprachgebrauch ihrer SchülerInnen aufmerksam beobachten und Unter-stützung bei sprachlichen Problemen geben. Es sollten didaktische Ver-fahren und Aufgabenstellungen eingesetzt werden, die inhaltliche Ver-stehens- und Lernprozesse durch gezielte Spracharbeit unterstützen. Sprache muss dabei nicht im Vordergrund stehen, jedoch in ihrer Funktion als Medium des Wissenserwerbs bewusst wahrgenommen und verwendet werden.

11 Diese werden größtenteils im didaktischen Teil dieses Handbuchs vorgestellt (siehe

Kap. 2.2). 12 http://www.sprachsensiblerfachunterricht.de/; zuletzt eingesehen am 24.8.2012.

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Das folgende Beispiel stammt aus einer Chemiestunde der 11. Schul-stufe (AHS). In dieser Klasse bestand der überwiegende Anteil der Schüle-rInnen aus Zweitsprachenlernenden. Die Lehrperson regt in dieser Stunde die SchülerInnen dazu an, über sprachliche Komplexität nachzudenken und diese zu analysieren (siehe Leitlinien 2, 6): 1. Lest euch diese Sätze jetzt einmal durch. 2. Ham die noch besonders viel Zusammenhang? 3. Sw: Nein. 4. L: Wenn diese Sätze da jetzt nebeneinander stehen; 5. Merkt man eigentlich wie VIEL (.) da dazwischen nicht erklärt ist. 6. (- -) 7. Wir ham einfach nur den Originalsatz auseinander genommen (.) 8. Ein paar Wörter ersetzt; (-) 9. Und wenn man ihn jetzt liest; (- -) 10. Ist mir vieles nicht klar. (-) 11. Hm:? (-) 12. Was fehlt mir jetzt noch? 13. Mir fehlen genau die Erklärungen von den Fachbegriffen; 14. Die ihr vorher angesprochen habt. 15. Die brauchen wir. (-) 16. Und mit diesen Erklärungen; (.) 17. Können wir jetzt einen Zusammenhang herstellen; Die Vermittlung von Inhalten erfordert im Fachunterricht vielfach eine be-grifflich und strukturell komplexe Sprache. Diese sollte den SchülerInnen schrittweise zugänglich und verständlich gemacht werden. Dabei ist es hilfreich, didaktisch kleinschrittig vorzugehen und die SchülerInnen dazu anzuregen, zunächst ihr Vorwissen zu einem neuen Thema zu aktivieren und neue Begriffe und Inhalte individuell und interaktiv auf Basis ihres vorhandenen Wissens zu erarbeiten.13

Das Dialogische Lernen (siehe Kap. 2.2.3) bietet dafür eine gute Grundlage, da es persönliche Konzepte bzw. Vorstellungen der SchülerIn-nen sowie die kooperative Weiterarbeit am Vorwissen und ihren subjektiven Theorien in den Vordergrund stellt. Auch die Literale Didaktik (Schmölzer-Eibinger 2008, siehe Kap. 2.2.1) sieht vor, das das Vorwissen der Lernenden aktiviert und Wissen nicht bloß reproduziert, sondern im Rahmen selbstgesteuerter Lernprozesse aufgebaut wird. Das Schreiben spielt dabei eine besondere Rolle, da beim Schreiben Problemlösefähig-keiten entwickelt werden können, die es erlauben, Wissen auch in kom-

13 Aus der Kognitionspsychologie ist bekannt, dass jede Form des Wissenserwerbs auf

Prozessen der aktiven, individuellen Konstruktion von Wissen beruht, bei der das vorhandene Wissen der Lernenden mit neuem Wissen verknüpft wird.

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plexen Domänen des Fachunterrichts zu erwerben (vgl. Tynjälä/Mason/ Lonka 2001, 20).

Integriertes Sprach- und Fachlernen lässt sich vor allem in einem fächer-übergreifenden Unterricht realisieren. Ein und dasselbe Thema kann dabei für die SchülerInnen aus verschiedenen Perspektiven erfahrbar werden, zentrale Inhalte und sprachliche Mittel werden mehrfach und in unter-schiedlichen Kontexten verwendet und dadurch meist besser verstanden und gelernt (vgl. Schmölzer-Eibinger 2011, 183). Gogolin et al. (2011) fordert in diesem Zusammenhang eine „durchgängige Sprachbildung“ über die Grenzen der Fächer und Schulstufen hinweg (vgl. Gogolin et al. 2011, 60).

2.1.2 Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht ist die Sprachverwendung

durch Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion geprägt.

Sprache ist aufs engste mit dem Denken verbunden – erst durch Sprache können Gedanken zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Vygotsky 1986). Sprachaufmerksamkeit treibt nicht nur den Spracherwerb, sondern auch den Wissenserwerb voran (vgl. Kern 2000, 320).

Sprachaufmerksamkeit wird im Fachunterricht einerseits durch ein präzises und bewusst gestaltetes sprachliches Handeln der Lehrkräfte an-geregt, andererseits durch ein Bewusstmachen und Reflektieren von sprachlichen Phänomenen, Begriffen oder Strukturen (siehe Unterrichtsbei-spiel Leitlinie 1). In mehrsprachigen Klassen kann Sprachaufmerksamkeit auch durch Sprachvergleiche erzeugt werden, indem auf die in der Klasse vertretenen Sprachen der SchülerInnen Bezug genommen wird.

Das folgende Unterrichtsbeispiel stammt aus einer Biologiestunde einer 11. Schulstufe (AHS); Unterrichtsthema ist die Erkältung. Die Lehrperson führt den Begriff der Erkältung zunächst ein und diskutiert ihn aus ver-schiedenen Perspektiven, dabei bezieht sie sowohl die Erstsprachen der SchülerInnen (in diesem Fall Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) als auch die Fremdsprache Englisch ein. 1. L: Wir gehen weg von diesen ganz fürchterlich gefährlichen

Krankheiten 2. S: [o::] 3. L: Und gehen zu den Krankheiten, 4. die (.) uns am häufigsten betreffen. 5. Wer hat‘n an Schnupfen von euch? 6. ((Mehrere SchülerInnen zeigen auf)) 7. S: An wos? 8. S: ( )

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9. L: An SchnUPFEN. 10. S: haha 11. L: So viele schon? ((L zählt ab)) 12. S: ( ) 13. L: ok (.) ja (.) geniest ähm 14. Geniest, (.) Schnupfen 15. S: ( (hustet) ) 16. L: Welche Ausdrücke kennts‘n ihr noch für SchnUPFEN, für nIESEN? [...] 17. Sw: Verkühlt. 18. L: Verkühlt (.) genau. 19. Haben wir noch einen Ausdruck dafür. 20. Sw: Erkältet. 21. L: Erkältet, genAU. 22. Ich weiß nicht was hat es ( ) 23. Es hat irgendwas zu tun mit KÄLTE. 24. Wie schaut‘s‘n aus in den anderen Sprachen? 25. Wir haben ja kroatisch Sprechende herinnen oder? 26. BKS Sprechende (.), Bosnisch (.), Kroatisch (.), Serbisch (.). 27. S: Die sind alle net do. 28. L: Niemand? 29. De sind olle net do. ok. 30. S: ((lachen, husten)) 31. L: Am: Wie schaut‘s‘n aus im Englischen? 32. Wie sagt man da dazu? 33. S: Have a cold. 34. L: Catch a cold. 35. Ja. Ok. (.) 36. Das heißt cold, ( ) 37. Das heißt auch irgendwas mit Kälte zu tun? 38. Was hat jetzt der Schnupfen mit der Kälte zu tun? [...] 39. L: Also das bitte kommt jetzt dann ins Heft hinein 40. Überschrift ist ähm: Erkältung 41. ( ) der medizinische Fachausdruck im Deutschen (-) ERKÄLTUNG. Auch die Herkunft von einzelnen Wörtern und Phrasen kann im Unter-richt zum Gegenstand der Sprachreflexion gemacht werden; dies geschieht im weiteren Stundenverlauf der oben bereits dokumentierten Biologiestunde: 42. L: Jetzt hamma noch einen Ausdruck dafü:r (-) 43. Im Deutschen, ((geht zur Tafel, schreibt)) (.) 44. Den ihr vielleicht schon einmal gehört habts. 45. Diesen so genannten KATARRH (.)

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46. Kann man auch mit h schreiben 47. Und was (.) was versteht man darunter? (-) 48. So umgangssprachlich KatARRH? (-) 49. Sagst das laut bitte ((zeigt auf Schüler). 50. S: Des is a bissl Ver‘ Verschleimung von (undeutlich). 51. L: Genau. 52. Also ( ) ((Schüler husten)) eine Schleimproduktion der Atemwege 53. S: also wenn ma 54. also wenn i an Nebenhöhlenkatarrh hab, 55. san meine Nebnhöhlen verschleimt? 56. L: So is es. 57. Genau. 58. Vollkommen richtig. 59. Ja. 60. Also KatAR RH(.) 61. ((diktiert)) 62. Schleimproduktion (-) von Atemwegen (---) 63. Schleimproduktion von Atemwegen (---) 64. ((geht zur Tafel und schreibt)) 65. Und umgangssprachlich hat man eben noch Schnupfen (---) 66. Was übrigens vom (.) mittelhochdeutschen (.) snupen kommt 67. S: snu:pen ((lachen)) 68. L: ((schreibt)) snupen 69. Was so viel wie (.) schnauFen (.) heißt 70. Also eigentlich aus dem (.) harmlosen Schnaufen 71. ist dann später einmal (.) dieser böse Schnupfen geworden. Sprachaufmerksamkeit kann im Unterricht auch gefördert werden, indem die Sprachverwendung der SchülerInnen zum Gegenstand gemacht wird. So kann etwa darüber diskutiert werden, ob die verwendeten Ausdrücke, Gesprächsbeiträge oder Texte den jeweiligen Ausdrucksbedürfnissen und Handlungszielen auch tatsächlich entsprechen bzw. diese anders zu wählen bzw. zu verbessern wären (siehe Leitlinie 5).

Beim folgenden Unterrichtsausschnitt handelt es sich wiederum um eine Biologiestunde (11. Schulstufe, AHS) aus einer Klasse mit vorwiegend Zweitsprachenlernenden. Im Mittelpunkt steht die Frage: „Wer ist intelli-genter: Menschenkind oder Schimpanse?“. Die SchülerInnen bekommen die Versuchsanleitung eines Verhaltensexperimentes (Untersuchung zur Mengenabschätzung durch Schimpansen und Kinder), sollen Fragen zum Bezugstext beantworten und nach passenden Formulierungen für einen Antwortsatz suchen. Die Lehrkraft lässt ihnen dafür ausreichend Zeit, sie selbst reagiert auf die Äußerungen der SchülerInnen nur, indem sie nicht-korrekte Aussagen reformuliert bzw. Fragen dazu stellt. Ansonsten regt sie die SchülerInnen vor allem dazu an, ihre Gesprächsbeiträge gegenseitig zu

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kommentieren und einander zu korrigieren. Sie ermuntert sie auch dazu, den Bezugstext mehrfach zu lesen, um adäquate sprachliche Mittel für das Lösen der Aufgabe zu finden: 1. Sw1: Die Kinder sind in der Lage zu erkennen (- -) 2. Ich brauch irgendein Verb (leise) (lachen) 3. L: Ja. 4. Verben sind wichtig. 5. Sw2: Ja sind in der Lage 6. Zu unterscheiden (Gemurmel) 7. Sw1: Sind in der Lage die Mengenangabe herauszufinden 8. Sw3: ZU unterscheiden 9. Sw1: ZU 10. ZU unterscheiden. . 11. L: Noch mal. 12. Sw1: Ok. 13. Schimpansen sind in der Lage; (- -) 14. Die (- -) Mengenangabe zu unterscheiden, 15. Das ist ge‘ 16. L: Kann man eine Mengenangabe unterscheiden? 17. Sw1: Nei:n; 18. Zu erkennen 19. Sw3: Die Anzahl zu unterscheiden 20. Sm: Die Menge zu unterscheiden 21. Sw1: Die Anzahl der Menge zu:: erkennen. 22. Sm: Schätzen 23. Sm: Nei:n is gut zu erkennen 24. Sw3: Zu erschätzen, 25. L: Die Anzahl der Menge? 26. S: (durcheinander) Die Menge 27. Die Anzahl 28. L: Ich bin noch nicht ganz so glücklich. 29. Sw1: Sind in der Lage zu erkennen; 30. Wie groß die Menge iST. 31. Sw4: Nein. 32. Sw3: Wie groß und wenig die Menge ist, 33. L: Lest euch noch einmal diesen Text durch. 34. Vielleicht könnt ihr Wörter aus‘m Text nehmen als Hilfe. Beim gemeinsamen Formulieren handeln die SchülerInnen in dieser Stunde die Bedeutung der einzelnen Begriffe aus und sind dabei sichtlich darum bemüht, zu präzisen Formulierungen zu gelangen. So reflektieren sie etwa darüber, ob im konkreten Fall zwischen „Mengenangaben“, „Men-gen“ oder der „Anzahl der Menge“ unterschieden wird.

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Diese Art der Sprachreflexion ist ein Beispiel dafür, dass das Schreiben mehr Explizitheit und Präzision erfordert als die mündliche Sprachpro-duktion (siehe Leitlinie 7). Das Schreiben ist daher laut Vygotsky (1986) eine bewusstere und gleichzeitig stärker bewusst machende Aktivität als das Sprechen. Das besondere Potential des Schreibens entsteht durch die „zerdehnte“ Kommunikationssituation (Ehlich 1983), die eine Verlangsa-mung und Bewusstmachung von Lernprozessen bewirkt. Damit wird, so Thürmann (2012, 11), den SchülerInnen Zeit für das Produzieren komplex-erer Äußerungen gegeben. Dies kommt seiner Auffassung nach v.a. sog. „RisikoschülerInnen“ entgegen, zu denen SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache vielfach zählen. Gerade sie versucht man jedoch oft vor an-spruchsvolleren Schreibaufgaben im Unterricht zu verschonen – und dies, obwohl das Schreiben meist gerade für sprachlich leistungsschwächere SchülerInnen besonders effektiv ist (vgl. Schmölzer-Eibinger 2011; Glaser 2004; Bachmann et al. 2007).

Auch die rezeptive Textarbeit kann die Sprachaufmerksamkeit der SchülerInnen im Fachunterricht fördern.14 Das folgende Unterrichtsbeispiel stammt aus der bereits vorhin zitierten Biologiestunde (11. Schulstufe, AHS). Die SchülerInnen diskutieren in der Gruppe (6-7 SchülerInnen) über das mögliche Forschungsinteresse der Untersuchung. Mit der Lehrperson sprechen sie über fehlende Informationen im Text und über Bedeutungs-unterschiede der verwendeten Begriffe (häufiger, meist): 1. L: Es steht dort, (.) 2. Die Schimpansen haben sehr häufig die Schale genommen. (-) 3. Die Kinder haben meist die Schale gewählt. (- -) 4. Sw: Was is meist, 5. Sm: Des stimmt. 6. L: Hm? 7. Was is mehr? 8. Sm: Steht nicht da 9. Sw: Steht nicht 10. L: Genau 11. Sm: Schimpansen haben mehr oder? 12. Häufiger, 13. Sw: Die Anzahl 14. L: Da steht nicht 15. Da steht nicht 16. Häufiger. 17. Genau lesen. 18. Sw: Häufiger is mehr als meist

14 Leisen (2010) verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des Einsatzes

von Lesestrategien.

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19. Sw: Die Aussage ist wichtiger 20. Man kann nichts daraus nehmen. 21. L: Ja. (- -) 22. Genau:; 23. Also mit der Antwort; (-) 24. War ich auch nicht glücklich. 25. WIe können die Forscher die Ergebnisse deuten? 26. Da habt ihr keine Lösung bitteschön. 27. Schaut euch mal diese Frage an; (.) Als didaktische Modelle zur Förderung von Sprachaufmerksamkeit und -reflexion bieten sich v.a. das 3-Phasen-Modell der Literalen Didaktik (siehe Kap. 2.2.1) und das Modell zur Förderung literaler Handlungskompetenz (siehe Kap. 2.2.2) an; beide Modelle regen eine intensive Auseinandersetzung mit Texten im Rahmen kooperativer Schreibaufgaben an (siehe Leitlinie 7).

2.1.3 Aktives, authentisches Sprachhandeln

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht findet aktives, authentisches

Sprachhandeln statt. Fachunterricht ist nach wie vor hauptsächlich lehrergesteuert. In einem leh-rergesteuerten Unterricht ist der Sprechanteil der Lehrkräfte hoch und die SchülerInnen haben meist wenig Gelegenheit, selbst sprachlich aktiv zu werden (vgl. Helmke 2006; Dalton-Puffer 2007).15 Die Äußerungen der SchülerInnen beschränken sich meist nur auf ein knappes Beantworten von Fragen oder auf kurze Redebeiträge in Dialogen. Diese bestehen oft nur aus einzelnen Wörtern oder Satzfetzen, längere, kohärente Äußerungen sind selten (vgl. Schmölzer-Eibinger i.V.). Sprachlernfördernde Aktivitäten wie etwa verständnissichernde und klärende Rückfragen oder die Diskus-sion und Reflexion von Äußerungen haben in einem lehrergesteuerten Unterricht kaum Platz (vgl. Doughty/Pica 1986). Dazu ein Beispiel aus einer Chemiestunde der 9. Schulstufe (BHS), in der es um das Thema Atommodelle geht: 1. L: Welche Atommodelle kennt der Sergio? (- -) 2. Sm: Bitten? (3 sec) 3. A: Alex bitte eines?

15 Diese Beobachtungen stehen im Widerspruch zu vielen Selbstauskünften, die in

diesem Projekt im Rahmen der Fragebogenerhebung erhoben wurden: Die meisten Fachlehrkräfte haben angegeben, dass sie ihre SchülerInnen durchaus häufig zu sprachlichen Aktivitäten anregen. Die Wahrnehmung der SchülerInnen stehen dazu jedoch in einem Gegensatz – sie gaben in der Fragebogenuntersuchung mehrheitlich an, dass sie im Fachunterricht kaum sprachlich aktiv sind.

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4. Sw: Das Bohrsche Atommodell. 5. L: Das BOhrsche Atommodell, 6. Do sam‘ma jetzt grod. Das Bohrsche Atommodell. (-) 7. Sag‘ma z‘erst die Namen und dann die Zuordnung; 8. Samra bitte? 9. Sm: Rutherfordsche Modell. 10. L: Rutherfordsches Atommodell. 11. L: Richtig. Und noch das NEUeste, 12. Des kennt da Mario; 13. Sm: Kugelwolken. 14. L: Das Kugelwolkenmodell is eine verei:nfachte FORm; 15. Also einfachere Form; (.) Welchen Modells? (-) 16. Wie heißen diese Räume, 17. Diese wahrscheinlichen AufenthaltsrÄUme von Elektronen? 18. Sm: A des 19. L: Bitte? 20. Sm: Die Schalen, 21. L: Na, des: 22. Die Schalen g‘hörn wo hin, 23. Sw: Zum a Bohr‘ Die Chemielehrerin gibt sich in dieser Stunde mit den knappen Antworten der SchülerInnen zufrieden. Sie scheint nicht daran Anstoß zu nehmen, dass die SchülerInnen kaum sprachlich produktiv sind. Es tritt in dieser Stunde darüber hinaus ein weiteres Problem zutage, das im Transkript nur bedingt transparent wird: Die Zeit zwischen dem Lehrerinnen-Impuls und den Reaktionen der SchülerInnen ist bei weitem zu kurz. In empirischen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass dieses Phänomen im Fachunterricht durchaus häufig zu beobachten ist und die von den Lehrkräften zur Verfü-gung gestellte Zeit überwiegend unter jenem Schwellenwert liegt, der für die Konstruktion von vollständigen, inhaltlich anspruchsvollen Aussagen erforderlich ist. (Met 1994, 174)

Um im Fachunterricht neben dem Fachlernen auch das Sprachlernen zu fördern, bedarf es daher eines Unterrichts, der die SchülerInnen dazu an-regt, aktiv sprachlich zu handeln und auch längere, zusammenhängende Äußerungen zu produzieren. Dazu muss den SchülerInnen ausreichend Zeit eingeräumt werden. Gibbons empfiehlt, Dialoge im Unterricht zu ver-langsamen („Slow down the dialogue“), um so eine komplexere Sprach-produktion anzuregen (vgl. Gibbons 2002, 37). Auch das Schreiben dient der „Entschleunigung des Unterrichtsgeschehens“: Durch die „zerdehnte Sprachsituation“ haben die SchülerInnen Zeit für das Formulieren von längeren, kohärenteren Äußerungen. Es ist v.a. das kooperative Schreiben, das das aktive Sprachhandeln auf besondere Weise fördert - wenn die SchülerInnen gemeinsam an einem Text arbeiten, kommen sie gar nicht

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umhin, sich darüber zu verständigen – es müssen Formulierungsideen vor-geschlagen, begründet, überprüft und kommentiert bzw. das schon zu Papier Gebrachte immer wieder von neuem überdacht und überarbeitet werden. Die damit verbundenen metakognitiven und metasprachlichen Aktivitäten tragen dazu bei, sowohl das sprachliche als auch das fachliche Lernen zu intensivieren.

Beim aktiven Sprachhandeln wird den SchülerInnen oft ganz von selbst bewusst, was sie bereits wissen und können, gleichzeitig wird ihnen da-durch aber auch klar, was sie noch lernen müssen. Die Wahrnehmung dieser Kluft ist, so Swain in ihrer „Output-Hypothese“, eine starke Trieb-feder des Spracherwerbs (vgl. Swain 1998, 66 ff.). Durch aktives Sprach-handeln können aber auch Wissenslücken erkannt und Wissen weiter-entwickelt werden. Bedeutungen können von den Lernenden durch aktives Sprachhandeln selbstständig erschlossen und genauer ergründet werden.

Das sprachliche Handeln der SchülerInnen sollte darüber hinaus „au-thentisch“ sein; d.h. sie sollen Sprache im Unterricht möglichst auf die jeweilige Situation, das Thema und die Aufgabe bezogen verwenden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die SchülerInnen bereit und in der Lage sind, sich für die Lösung einer Aufgabe zu engagieren. Dies ist im Unterricht vor allem dann der Fall, wenn die SchülerInnen mit relevanten Problemstel-lungen bzw. mit Fragen konfrontiert werden, deren Antworten nicht schon vorformuliert, sondern tatsächlich erst zu finden sind (vgl. Schmölzer-Eibinger 2011, 185). Auch das Nachvollziehen eines Forschungsprozesses (wie z.B. in der bereits erwähnten Biologiestunde über Schimpansen und Säuglinge) kann dabei motivierend sein.

Darüber hinaus wird aktives, authentisches Sprachhandeln auch im Mündlichen durch kooperative Lernsituationen auf besondere Weise ange-regt – auch dabei gilt es für die SchülerInnen, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und dabei miteinander zu interagieren.

Der folgende Unterrichtsausschnitt stellt eine Gruppenarbeit im Rah-men einer Chemiestunde der 8. Schulstufe (AHS) dar. Die SchülerInnen werden dazu aufgefordert, Hypothesen zur Frage zu entwickeln, was pas-siert, wenn Eisen rostet. Im diesem Ausschnitt wird deutlich, dass neben fachlichen Aushandlungsprozessen vielfach auch erst das Aufgabenver-ständnis in der Gruppe diskutiert werden muss, um ein zielgerichtetes Arbeiten an der Problemstellung zu gewährleisten: 1. Sw1: Was glaubst du warum‘s rostet? (zu Sw3) 2. Ich glaub es hat irgendwie mit der Feuchtigkeit zu tun. 3. Sw3: Na e:s es kommt nicht darauf an; 4. Wieso es rostet; 5. Sondern was passiert WEnn es rostet.

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Im weiteren Verlauf der Stunde müssen die SchülerInnen selbst eine Ver-suchsanordnung verfassen, und ihre Hypothesen mithilfe des geplanten Experiments überprüfen. Dabei sollen sie auf Hilfsmittel wie das Schul-buch oder das Internet zurückgreifen. Im Vordergrund steht auch hier wiederum das selbstständige Problemlösen: 1. Sm3: Hast du das Ge‘Chemiebuch da? 2. Wir könnten auch mal da nachschauen. 3. Sm1: Ok. 4. Was schreiben wir jetzt auf? 5. Schau da da (greift zum Buch) (3 sec) 6. Sm3: Nein. 7. Wenn zur Eisenmasse ä: wwwww (liest) 8. Sm1: Eisen rostet (liest leise) (3 sec) 9. Sm2: Rost ist da 10. Sm1: Da. 11. Luftfeuchtigkeit; 12. Ich wusste es. (2 sec) Das folgende Beispiel zeigt eine Gruppenarbeit aus der bereits erwähnten Biologiestunde der 11. Schulstufe (AHS), bei der offene Fragen in der Gruppe ausgehandelt und selbstständig gelöst werden: 1. Sm3: Ob die Schimpansen a (.) schneller (-) 2. Gr‘ denken und greifen können 3. Sm1: [Wie wie] 4. Sw1: Wieso sind dann auf ä 5. Auf der einen Seite mehr als auf der anderen 6. Sw1: Ja eh. 7. Sw3: Aso 8. Sw1: Ob sie greifen 9. Ob sie danach greifen können 10. Sw2: Jetzt schau::; 11. Des heißt; 12. Ergreifen die Schimpansen die Schalen SCHNELLer als die Kinder. 13. Wieso 14. Wieso ist dann hier eine größere Menge an Rosinen als hier? 15. Das ist doch egal. 16. Verstehst du? 17. Sw1: Is ok. (2 sec) 18. Sm2: Es ergibt ja keinen Sinn; 19. Schneller greifen. 20. Sw1: Ja eh. 21. Das ergibt keinen Sinn. 22. Sw3: Oja dass sie die Schalen greifen.

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23. Sw1: Ja:; 24. Aber warum sollten dann mehr Rosinen als hier sein? (.) 25. Dann ist es doch egal! 26. Sw2: Das kommt nur dem Decker an. 27. Sm2: Ja eh. 28. Sw2: Was hat des damit zu tun? 29. Sw3: [Ok is egal is egal.] 30. Sw1: Was hat des damit zu tun; 31. Ob er schneller greift oder nicht? 32. Wenn (.) hier mehr Rosinen sind als hier? 33. Verstehst du‘s? 34. Sm2: Ok passt. Dieser Unterrichtsausschnitt ist ein Beispiel für einen sehr angeregten Aushandlungsprozess, bei dem die SchülerInnen über Wortbedeutungen und Texte diskutieren und sich dabei immer wieder auch gegenseitig kor-rigieren. Neben der Beschäftigung mit dem Thema werden sie dabei auch sprachlich sehr produktiv. Aktives, authentisches Sprachhandeln fördert daher sowohl den Sprach- als auch den Wissenserwerb.

Didaktische Anregungen zum authentischen, aktiven Sprachhandeln finden sich z.B. in den Aufgabenstellungen der Literalen Didaktik (Schmöl-zer-Eibinger 2008) und der Prozeduren-orientierten Didaktik (Dorner/ Schmölzer-Eibinger 2012) (siehe Kapitel 2.2.1 und 2.2.2); weiters auch etwa in den „Methoden-Werkzeugen“ von Leisen (2010), die von einfacheren, elementaren didaktischen Hilfestellungen bis hin zu komplexeren Ver-fahren (Thesentopf, Lehrerkarussell, Expertenkongress etc.) reichen, die die SchülerInnen in kooperative, interaktive Lernsituationen bringen. Darüber hinaus bieten auch die Ansätze des Dialogischen Lernens (siehe Kap. 2.2.3) und der Narrativen Didaktik (siehe Kap. 2.2.4) Anlässe für ein aktives und authentisches Sprachhandeln im Fachunterricht.

2.1.4 Sprachliche Explizitheit und Transparenz

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht werden sprachliche Anforde-rungen explizit und transparent gemacht.

Die sprachlichen Anforderungen sind im Fachunterricht oft nicht explizit und für die SchülerInnen nicht ausreichend transparent; dies gilt ebenso für Schulbücher und für die Lehrpläne. Das folgende Beispiel aus einem Lehrplan für Geographie und Wirtschaftskunde soll dies zeigen (siehe BMUKK 2006):

•••• die Bedeutung der Wahrnehmung und Bewertung von Umwelt im weites-ten Sinn für das menschliche Handeln erkennen

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•••• Landschaften als Lebensräume ökonomisch und ökologisch einschätzen (…)

•••• Einsicht in das Wirkungsgefüge und die Dynamik des Raumes, der Gesell-schaft und der Wirtschaft sowie in die zugrunde liegenden Machtstrukturen vermitteln

Hier wird nicht explizit gesagt, was von den SchülerInnen sprachlich ver-langt wird, obwohl mit den geforderten Verstehens- und Erkenntnisleis-tungen hohe sprachliche Anforderungen verbunden sind. Was heißt es etwa, die Bedeutung der Wahrnehmung und Bewertung von Umwelt im weites-ten Sinn für das menschliche Handeln zu erkennen? Wie drückt sich dieses Erkennen aus? Und: Welche sprachlichen Mittel brauchen die SchülerInnen, um dies zu verbalisieren?

Auch in vielen Schulbüchern sind die mit den Aufgabenstellungen ver-bundenen sprachlichen Anforderungen nicht transparent. Dies führt nicht selten dazu, dass Unklarheit im Hinblick auf die erwarteten fachlichen Leistungen entsteht. Das folgende Beispiel aus einem Mathematik-Schul-buch für die 9. Schulstufe ist dafür ein Beispiel (vgl. Egger/ Schmölzer-Eibinger 2012, 25):

Treffen die vorliegenden Aussagen für eine homogene lineare Funktion f zu?

Diese Fragestellung regt zu einer einfachen ja/nein-Antwort an. Es wird nicht explizit gesagt, ob die SchülerInnen tatsächlich nur etwas feststellen, oder auch ihre Entscheidung begründen sollen. Dies könnte klar gemacht werden, indem die geforderte sprachliche Handlung explizit benannt wird:

Treffen die vorliegenden Aussagen für eine homogene lineare Funktion f zu? Begründe, warum dies (nicht) der Fall ist!

Diese Aufgabenformulierung würde klar machen, dass nicht bloß eine ja-nein-Antwort, sondern eine Begründung gefordert ist: Die SchülerInnen sollen nicht nur sagen, ob die vorliegenden Aussagen für eine homogene lineare Funktion f zutreffen, sondern auch, warum dies so ist. Für die SchülerInnen wäre damit klar, welche sprachliche Handlung von ihnen gefordert ist. Gleichzeitig könnte damit ein Sprachlernpotential geschaffen werden, das ansonsten brach läge: das Begründen erfordert komplexere sprachliche Mittel, Strukturen und Handlungsroutinen als eine einfache ja-nein-Antwort.

Im folgenden Beispiel handelt es sich um eine Betriebswirtschafts-Stunde der 11. Schulstufe (BHS). Die Lehrperson benennt sprachliche Handlungen in dieser Stunde explizit („erklären“),16 um die SchülerInnen

16 In der gegenwärtigen Bildungsdiskussion ist in diesem Zusammenhang von sog.

„Operatoren“ (= Handlungsverben, z.B. „Erkläre“, „Beschreibe“) die Rede (vgl. Baumann 2008, 54); sie spielen im Zusammenhang mit einem kompentenzorientier-ten Unterricht derzeit eine bedeutende Rolle. Operatoren konkretisieren Handlungs-aufforderungen auf sprachlicher Ebene; werden diese in Aufgabenstellungen nicht

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möglichst gründlich auf die Anforderungen einer bevorstehenden Prüfung vorzubereiten: 1. L: ZENTRALE Begriffe; 2. Die ihr kennen und auch ERKLÄREN müsst‘s in diesen Zusammen-

hang. 3. Ja, 4. ZENTRAle Begriffe (4 sec) 5. In diesem Zusammenhang; (11 sec) (schreibt an Tafel) 6. EIN zentraler Begriff; 7. IS zum Beispiel; 8. Das erste is eh schon das SorTIMENT. (3 sec) (schreibt an Tafel) 9. Ja wir listen die Begriffe nur einmal AUF. 10. Ja damit ma des erklären können. 11. So. 12. Sortiment. 13. Dann gibt‘s einen weiteren ZENTRA:len Begriff; 14. Der heißt ProduktINNOVATIon. (6 sec) (schreibt an Tafel) 15. Wird‘ma des dazu notieren. 16. DAS Sortiment. 17. DIE Produktinnovation. (-) 18. Dann a: (-) wer kann mir ganz kurz erklären; 19. Die Innovation is was? 20. Sm: Neuerung. 21. Sw: Ja so entweder ein neues Produkt entwickeln 22. L: [Wenn etwas NEUES] 23. Sw: Oder was verbessern. Ein explizites Benennen einer sprachlichen Handlung allein ist vielfach jedoch noch nicht ausreichend; denn selbst wenn die SchülerInnen z.B. wissen, dass sie etwas erklären sollen, wissen sie deswegen oft noch nicht, wie sie dies tun sollen. Didaktisch ergibt sich daraus die Aufgabe, den SchülerInnen zu vermitteln, wie z.B. das Erklären als sprachliche Hand-lung funktioniert, welche sprachlichen Mittel man dafür braucht bzw. wie sie im jeweiligen fachlichen Kontext angemessen einzusetzen sind. Ein di-daktischer Ansatz, der einen schrittweisen Aufbau der dafür nötigen sprachlichen Kompetenzen vorsieht, liegt mit dem Modell zur Förderung literaler Handlungskompetenz vor (Dorner/Schmölzer-Eibinger 2012). An-hand dieses Modells kann die Fähigkeit der SchülerInnen, etwas im Fach-unterricht z.B. zu erklären, zu beschreiben, zu vergleichen etc. systematisch vermittelt werden (siehe Kap. 2.2.2).

explizit und korrekt verwendet, können SchülerInnen möglicherweise nicht erken-nen, was von ihnen verlangt ist.

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Transparenz und Explizitheit im Hinblick auf sprachliche Anforderun-gen im Fachunterricht erfordern es darüber hinaus auch, dass die Lehrkraft zu Beginn einer Unterrichtsstunde oder -sequenz nicht nur die fachlichen, sondern auch die sprachlichen Lernziele explizit benennt. Am Ende einer Stunde oder Aufgabensequenz sollten die SchülerInnen dann auch Rück-meldung erhalten, ob sie die sprachlichen Lernziele erreicht haben. Wur-den sie nicht erreicht, sollten Strategien und Kenntnisse vermittelt werden, wie dies beim nächsten Mal zu bewerkstelligen ist (vgl. Thürmann/ Vollmer i.V., 6).

2.1.5 Systematische Sprachunterstützung

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht erfolgt eine systematische

sprachliche Unterstützung. Nachdem Inhalte im Fachunterricht primär sprachlich vermittelt werden, sollten SchülerInnen durchgängig sprachlich unterstützt werden. Dafür bietet sich vor allem das Scaffolding (scaffold [engl.] = Gerüst) als Lehrme-thode an. Es geht auf Vygotsky (1978) zurück und wurde von Gibbons (2002) speziell für Zweitsprachenlernende weiterentwickelt. Scaffolding zielt darauf ab, die Kluft zwischen dem aktuellen und dem potenziellen Ent-wicklungsstand der Lernenden durch die Unterstützung kompetenterer LernpartnerInnen (Erwachsene, ältere Peers etc.) zu überwinden. Auf diese Weise sollen die Lernenden über das, was sie alleine zu leisten imstande sind, hinausgeführt und in die Zone der nächsten Entwicklung geleitet werden (Vygotsky 1978). Den Lernenden sollen dabei sogenannte „Lernge-rüste“ in Form von Denkanstößen, Anleitungen oder anderen Hilfestel-lungen zur Verfügung gestellt werden. Die Lernenden erhalten dabei so wenig sprachliche Unterstützung wie möglich, aber so viel, wie sie zum erfolgreichen Bewältigen der Sprachsituation brauchen (vgl. Leisen 2012, 10). Die „Scaffolds“ werden nach und nach abgebaut, sobald die Lernen-den in der Lage sind, den Lernprozess selbstständig zu steuern und zu gestalten (fading).

Scaffolding-Verfahren wurden v.a. entwickelt, um den Spracherwerb zu fördern. Scaffolding ermöglicht es jedoch auch, schwer verständliche Fachkonzepte zu erschließen. Fachliche und sprachliche Anforderungen können mit Hilfe von „Scaffolds“ für die Lernenden nach und nach bewäl-tigbar werden. Scaffolding sollte jedoch nicht nur anlassbezogen – als spon-tane Reaktion auf auftretende Probleme –, sondern vor allem systemisch, d.h. längerfristig curricular geplant erfolgen (Thürmann 2012, 17).

Das folgende Beispiel stammt aus der bereits bekannten Biologiestunde der 11. Schulstufe (AHS) zur Verhaltenskunde von Schimpansen und Säuglingen. Die SchülerInnen wurden in dieser Stunde dazu aufgefordert,

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nach der Textlektüre (Versuchsanleitung eines Verhaltensexperimentes) und einem Gruppengespräch das Forschungsergebnis der vorliegenden Untersuchung in einem Satz zu formulieren. Im folgenden Ausschnitt un-terstützt die Lehrperson eine Schülerin beim Formulieren dieses Satzes, in dem sie ihre Äußerungen reformuliert und Hinweise bzw. Denkanstöße dazu gibt, wie dieser Satz sukzessive ausdifferenziert, richtig gestellt und präzisiert werden kann: 1. Sw: Können die Menge mehr abschätzen. (2 sec) 2. L: Es geht ja nicht um mehr. 3. Wir haben ja rausgefunden; 4. Sie sind gleich gut. 5. Sw1: Sind in der Lage. 6. Ha:: 7. Schimpansen und Kinder sind in der Lage; (-) 8. Ä:: ei‘ (.) eine: (.) größere Menge zu schätzen. (-) 9. Sm: Nein 10. Sw2: Die Menge abzuschätzen. 11. Sw1: Ja: die Menge abzuschätzen. 12. Ok? 13. L: Ok. 14. Sagst es noch einmal langsam; 15. Und die anderen schreiben sich‘s zum Versuch dazu, 16. Sw1: Ok. 17. Schimpansen und Kinder sind in der Lage; (-) 18. L: Sind gleich gut in der Lage 19. Sw1: Sind gleich gut in der Lage; (.) 20. Ä:m eine Menge abzuschätzen. 21. L: Genau. 22. Sw1: Woa: endlich. (30 sec) (S schreiben) Zu einer systematischen sprachlichen Unterstützung zählen auch explizite Hinweise auf wichtige Inhalte oder Begriffe, etwa durch ankündigende, rückverweisende oder redebegleitende Kommentare (z.B. „erinnert euch daran“, „denkt zurück an“, „darauf müsst ihr jetzt besonders achten“, „das ist jetzt besonders wichtig“, „jetzt kommt das, was ihr euch unbedingt merken müsst“ u.a.m.) (vgl. Thürmann/Vollmer i.V., 7). Auch dazu ein Beispiel; es stammt aus einer Geschichte-Stunde einer 9. Schulstufe (AHS): 1. L: Des Forum; 2. War bei den Römern; der Marktplatz. (.) 3. Wo ne:t nur, 4. Gemü:se und Olivenöl und Wein und Oliven verkauft wird; 5. Sondern wo: auch das politische Leben stattfindet. 6. Des is glaub i ganz wichtig.

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7. Wo: das politische Leben stattfindet. (-) 8. Wo: (.) Reden ans Volk gehalten werden. (- -) 9. Wo:. (.) Verteidingungs ; 10. Wo Gerichtsprozesse stattfinden. (2 sec) 11. Wo Volksversammlungen san. 12. Wo diskutiert wird; 13. Abgeschrieben wird. Eine systematische sprachliche Unterstützung erfordert es weiters, Rück-meldephasen im Unterricht einzuplanen, um mögliche sprachliche Prob-leme der SchülerInnen zu reflektieren. Die Lehrperson sollte dabei den Reflexionsprozess anstoßen und moderieren. Sie sollte die SchülerInnen durch gezieltes Fragen auf sprachliche Probleme aufmerksam machen und Anstöße geben bzw. sprachliche Mittel zur Verfügung stellen, die ihnen dabei helfen, ihre eigenen Probleme zu verbalisieren. Die SchülerInnen sollen auf diese Weise lernen, ihre eigenen Lernwege zu reflektieren, Lern-probleme zu erkennen und selbständig zu lösen. Dieser Prozess kann durch den Einsatz von Lerntagebüchen oder Portfolios unterstützt werden. Auch der didaktische Ansatz des Dialogischen Lernens (siehe Kap. 2.2.3) stellt eine gute Grundlage für ein sprachbezogenes Feedback im Fachunterricht dar.

Gibbons (2002) hat ein Scaffolding-Modell entwickelt, bei dem sprachli-che Fähigkeiten in einem gestuften Lernprozess zyklisch aufgebaut werden. Ausgangspunkt ist alltagssprachliches Sprechen, Ziel ist sachtext-bezogenes Schreiben (vgl. Gogolin et al. 2011, 193): •••• Phase I: Fachliches Wissen wird anhand aller denkbaren, auch alltags-

sprachlichen, Kommunikations- und Informationsmittel präsentiert („building the field“).

•••• Phase II: Der Zweck und die Struktur der zu schreibenden Textsorte wird thematisiert („modeling the genre“).

•••• Phase III: Inhaltliche und sprachliche Aspekte werden beim gemeinsa-men Schreiben des Textes zusammengeführt und diskutiert („joint construction“).

•••• Phase IV: Die SchülerInnen schreiben selbst einen Text der betreffen-den Textsorte.

Scaffolding erfordert die selbständige Auseinandersetzung der SchülerIn-nen mit fachlichen Inhalten und bedingt daher auch, dass ausreichend Materialien (Wörterbücher, Nachschlagewerke, Internet etc.) zur Verfü-gung stehen. Es erfordert weiters, dass Lernprodukte immer konkret und präzise benannt und Aufgabenstellungen eindeutig und explizit formuliert werden; sie sollten nach Möglichkeit nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich dargeboten werden („message redundancy“, Gibbons 2002, 17).

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Scaffolding ist nur dann zielführend, wenn der aktuelle Kompetenzstand der SchülerInnen richtig eingeschätzt und Unterstützungshandlungen so gewählt werden, dass die SchülerInnen herausgefordert, aber nicht über-fordert werden.

Eine systematische Sprachunterstützung erfordert von den Lehrenden eine hohe Flexibilität und die Fähigkeit, mithilfe geeigneter didaktischer Instrumentarien17 an den Lernvoraussetzungen und -problemen der SchülerInnen gezielt anzusetzen.

2.1.6 Schriftsprachlichkeit und Sprachkomplexität

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht spielen Schriftsprachlichkeit

und sprachliche Komplexität eine zentrale Rolle. Sprache ist die Basis des Lernens in jedem Fach. Die Förderung schrift-sprachlicher Kompetenzen zählt in jedem Unterricht zu einer zentralen Aufgabe (siehe Kapitel 1.2 und 1.3). Dies bedeutet vor allem, dass Sprache im Fachunterricht korrekt und präzise verwendet und komplexe sprach-liche Strukturen und Begriffe bewusst und gezielt eingesetzt werden. Sowohl im Mündlichen als auch im Schriftlichen soll Wert auf die Produktion längerer, kohärenter Äußerungen bzw. Texte gelegt werden.

Die Sprachverwendung der Fachlehrkräfte sollte immer etwas über dem angenommenen Sprachstand der Lernenden liegen. Dies erfordert eine Einschätzung der schriftsprachlichen Kompetenzen der Lernenden.18 Diese zeigen sich insbesondere in ihren Texten, vielfach aber auch in ihrem mündlichen Sprachgebrauch.

In der folgenden Unterrichtssequenz referiert eine Schülerin mit arabi-scher Muttersprache der 9. Schulstufe (AHS) über die ägyptische Hoch-kultur – hier ein Auszug über die Bedeutung des Nils: 1. Jedes Jahr stieg der Nil bis zu zehn Meter 2. Und das gesamte Niltal wurde dann für zwei bis drei Monate zu einem

riesigen 3. See; 4. Dort lagerte sich fruchtbarer Schlamm ab; (.) 5. Nach der Nilschwemme wurde wurdeN die Länder neu vermessen. (4

sec) 6. Ahm: Die ÄGYpter hatten schon damals ein sehr gutes Bewässerungs-

system

17 Siehe z.B. die „Methoden-Werkzeuge“ von Leisen (2010), eine Beschreibung dazu

findet sich in der kommentierten Literaturliste. 18 Es sei hier auf Arbeiten von Gogolin/Lange (2010) und Gogolin et al. (2011) (siehe

kommentierte Literaturliste) verwiesen.

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7. Und es gab auch noch die Schaduftechnik. 8. Ein Schaduf ist ein Wasserhebegerät zu Bewässerung 9. Das aus einem langen Holzstab besteht 10. An dessen einen Ende ein Schöpfgerät befestigt ist 11. Und dessen anderes En:de (.) ein (.) Gewicht trägt 12. Mit dessen Hilfe konnte man Waser 13. aus einem Fluss oder Kanal geholt werden (.) äh: holen. (.) 14. Die Ägypter hatten schon damals eine Art Kalender. 15. Sie ä teilten das Jahr in drei Abschnitte; 16. Nilschwemme, 17. Wachs‘ Wachstumsperiode 18. Und Erntezeit; Die Präsentation dieser Schülerin ist gut strukturiert und kohärent. Sie baut einen visuellen Vorstellungsraum auf und bringt Ursachen und Fol-gen von Ereignissen in einen nachvollziehbaren Zusammenhang. Fach-sprachliche Begriffe werden von ihr schlüssig hergeleitet („Nilschwem-me“) und genau („an dessen einen Ende – dessen anderes Ende“) – auch im Hinblick auf ihre Funktion und kulturgeschichtliche Bedeutung – er-klärt („Schaduftechnik“ → „mit dessen Hilfe konnte man Waser … holen“; „Nilschwemme“ → Kalender). Die Sprachverwendung der Schülerin ist in dieser Sequenz explizit, präzise und kohärent.

Eine Förderung schriftsprachlicher Fähigkeiten erfordert v.a. eine sys-tematische Textarbeit. Sie soll Lernende dabei unterstützen, schwierige Texte zu erschließen und als Lerngrundlage nutzbar zu machen. Die Arbeit mit Texten soll nicht nur rezeptiv, sondern auch produktiv erfolgen und mit Schreib- und Sprachaktivitäten verknüpft sein. Didaktisch bietet sich dafür z.B. das Prozeduren-orientierte Modell zur Förderung literaler Hand-lungskompetenz (Dorner/Schmölzer-Eibinger 2012) oder das 3-Phasen-Modell zur Förderung von Textkompetenz an (Schmölzer-Eibinger 2008), beide Modelle zielen darauf ab, die schriftsprachlichen Fähigkeiten der Schüle-rInnen nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Sprechen zu fördern (siehe Kap. 2.2.1 und 2.2.2).

Auch die Auseinandersetzung mit komplexen Fachbegriffen ist Teil der Auseinandersetzung mit Schriftsprache. Fachbegriffe sollten immer in Bezug auf den jeweiligen Verwendungskontext und zur Alltagssprache thematisiert werden. Zu empfehlen sind z.B. Vergleiche bzw. Kontrastie-rungen zu anderen Wörtern, Definitionen, Visualisierungen etc. (vgl. Thürmann/Vollmer i.V., 10).

Das folgende Beispiel stammt aus einer Biologiestunde der 11. Schul-stufe (AHS). Fachbegriffe werden hier nachvollziehbar hergeleitet und es findet eine explizite Unterscheidung zwischen alltags- und fachbezogenen Bedeutungen statt: 1. L: Die Zuckerkrankheit.

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2. Diabetes Mellitus ein 3. Sw: Fachausdruck 4. L: FACHausdurck. 5. Ein Fachbegriff. 6. So wird er in der Medizin verwendet. 7. Und Zuckerkrankheit ist 8. Sw: Der Umgangssprachliche 9. L: Der Umgangssprachliche Ausdruck. 10. Ok. 11. Passt. 12. Gut. 13. Sw: Also dann gibt‘s auch noch die Hyperglykämie 14. L: [Mhm.] 15. Sm: Und die Hypoglykämie. 16. L. Ja. 17. Sw: Die Hyperglykämie es eben des; 18. Wenn man zu (.) viel (-) Zucker im Blut hat; 19. L: Sehr gut. 20. Sw: Und des andere wenn man zu wenig hat. 21. L. Ok:. 22. Sw: Die Hypo. 23. L: Nur eine Frage jetzt auch an die anderen; 24. Ä: (.) 25. Einen anderen Begriff außer Hypo und Hyper 26. haben wir auch schon besprochen heuer; (- -) 27. Johannes? 28. Sm: Hypertonie. 29. L: Genau Hypertonie. 30. Und? 31. Sm: Hypo 32. Sw: Hypotonie. 33. L: Genau. 34. Und was is jetzt was? (-) 35. Sw: Hypertonie is Bluthochdruck. (.) 36. Ok:. 37. Das andere ist dann der 38. S: (murmeln) 39. L: Ja. 40. Das heißt ä:m (.) 41. Also immer wieder wenn ihr die beiden Paare gebraucht‘s; 42. In den Naturwissenschaften (Teil unverständlich wegen Husten) 43. Das Hyper und Hypo; 44. Das sollte einfach (.) wirklich sitzen.

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Das folgende Beispiel stammt aus einer Geschichtestunde der 9. Schulstufe, es geht um das Thema politische Herrschaftsformen. Die Lehrperson stellt bei der Erarbeitung der verwendeten Fremdwörter und Fachbegriffe Bezüge zu unterschiedlichen Fachdisziplinen her. Sie erreicht damit eine schritt-weise Erschließung und Klärung der komplexen Begriffe: 1. Die Monarchie. (4 sec) (Sw notiert den Begriff an die Tafel) 2. Gut. (- -) 3. Die Vorsilbe MONO: is 4. Vielleicht bekannt au:s de:r; (-) 5. Aus der Musik 6. Sm: [Aus der Musik ja] 7. L: Monoton. (-) 8. O:der 9. Sw: Monotheismus. 10. L: Monotheismus aus der Religion. 11. Aus der Geographie kennt ihr vielleicht den Begriff Monolith. 12. Sm: Oder Monopoly. (SchülerInnen lachen) 13. L: Ein Monolith ist ein freistehender Stein. 14. Sm: Monokultur. 15. L: Monokultur. 16. Also mono heißt einzig, allein (-) 17. Und des Zeitwort archei bedeutet herrschen. (-) 18. Mit dem Begriff Monarchie ist also was gemeint? 19. Sm: Alleinherrschaft. 20. L: Alleinherrschaft. (Schülerin notiert neben den Begriff Monarchie

den der Alleinherrschaft) 21. Ei:ner herrscht allein. (3 sec) 22. Sm: Allein? 23. L: Ja. 24. Ein Alleinherrscher wäre zum Beispiel a Kö:nig. (2 sec) 25. Der hot um sich ei:nen (-) 26. Kleinen Kreis (-) von Beratern. (-) 27. Von adeligen Beratern. (9 sec) 28. Was ist eigentlich der Nachteil dieser Herrschaftsform? 29. Sw: Des Volk hat nichts zum 30. L: Hm? 31. Sw: Des Volk (.) hat nix zum Mitreden. 32. L: Nix zum Mitredn (2 sec) 33. Man sagt richtig: Das Volk hat kein Mitbestimmungsrecht. (.) Die Lehrperson konfrontiert ihre SchülerInnen hier mit teilweise sehr schwierigen fachsprachlichen Begriffen; sie führt sie jedoch langsam und systematisch an das Verständnis dieser Begriffe heran, indem sie ihre Äußerungen aufgreift, Bedeutungen nach und nach spezifiziert und diese

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anhand von Synonymen, Erklärungen oder Beispielen erläutert. Sie gibt den SchülerInnen auch metasprachliche Hinweise und macht damit sprachliche Strukturen bewusst („die Vorsilbe ‚mono‘“); darüber hinaus baut sie „Brücken“ zu anderen Fächern („vielleicht bekannt aus der Musik“), die das Begriffsverständnis für die SchülerInnen zusätzlich erleichtern und ihnen Schriftsprachlichkeit sowie sprachliche Komplexität schrittweise näherbringen sollen.

2.1.7 Schreib- und Textarbeit

Im sprachaufmerksamen Fachunterricht spielen Schreib- und Textar-

beit eine zentrale Rolle.

Texte sind im Fachunterricht zwar ständig präsent, eine intensive Textar-beit findet aber nur selten statt. Das betrifft schon das Lesen, vor allem aber das Schreiben. SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache fehlt es oft an den entsprechenden Erfahrungen und Kompetenzen, um Texte verstehen, schreiben und anhand von Texten lernen zu können. Sprachlich anspruchsvollere Texte sind deshalb im Fachunterricht jedoch nicht zu vermeiden, sondern vielmehr intensiv – mündlich wie auch schriftlich - zu bearbeiten. Das Schreiben spielt dabei eine wichtige Rolle.19 Es kommt gerade im Fachunterricht aber vielfach zu kurz. Dazu ein Schüler:

Es fällt mir auf, wie selten ich einen zusammenhängenden Text zu einem be-stimmten Thema verfassen muss. „Stichworte“ sind die eigentliche Unterrichts-Technik. Wie chaotisch diese Notizen sind, zeigt sich erst, wenn man damit ler-nen sollte. (Hanser 1999)

Das Schreiben dient dem fachlichen Lernen vor allem dann, wenn es in seiner epistemischen, d.h. Wissen gewinnenden Funktion eingesetzt wird:

Erst, wenn ich über ein Thema schreibe, mache ich es mir wirklich zu eigen, nur dann habe ich eigene Gedanken dazu, nur dann kann ich auch meine Gedanken wirklich auf Stichhaltigkeit prüfen, weil ich sie dann, auf einem Blatt Papier, vor mir habe. Zugleich verschaffe ich mir, wenn ich über ein neues Thema schreibe, mit den Gedanken und mit dem Wissen auch die Sprache, die ich dafür brauche. So kann ich dann, wenn ich mich schreibend damit beschäftigt habe, auch viel besser darüber sprechen. (Hermanns 1988, 71)

Epistemisches Schreiben fordert dazu heraus, vorhandenes Wissen zu aktua-lisieren und im Prozess des Schreibens zu transformieren (vgl. Priemer/ Schön 2003; Gunel et al. 2009). Es kann zu einer effektiven Aneignung von Wissen und zu einem vertieften Verständnis von fachlichen Frage- und

19 Das Schreiben spielt nicht zuletzt deshalb im Fachunterricht eine wichtige Rolle, weil

die Texte der Lernenden oft Aufschluss darüber geben, inwieweit sie fachliche Frage-stellungen oder Konzepte verstanden haben.

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Problemstellungen führen. Didaktisch ergibt sich daraus der Bedarf an Aufgabenstellungen, die das Verfassen längerer, strukturierter und kohärenter Texte schulen. Das bereits erwähnte „3-Phasen-Modell zur Förde-rung der Textkompetenz“ gibt dazu zahlreiche Anregungen, es führt vom assoziativen zum epistemischen Schreiben hin und stellt eine intensive Arbeit an Texten in den Mittelpunkt aller Lernaktivitäten (Schmölzer-Eibinger 2008) (siehe Kap. 2.2.1). Auch das Dialogische Lernen (Gallin/Ruf 2005) stützt sich auf eine schriftliche Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten und auf das epistemische Schreiben (siehe Kap. 2.2.3).

Neben dem epistemischen Schreiben kommt auch das prozessorientierte Schreiben im Fachunterricht vielfach zu kurz. Es geht dabei v.a. um eine Zerlegung des Schreibens in seine einzelnen Phasen (Planen – Formulieren – Überarbeiten), um damit die komplexen Anforderungen des Schreibens für die SchülerInnen überschaubar und damit besser bewältigbar zu machen.

Das folgende Beispiel aus einer Chemiestunde der 11. Schulstufe (AHS) dokumentiert ein Gespräch über Textplanung: 1. Heute beschäftigen wir uns mit den Vorarbeiten zum eigentlichen

Schreiben. 2. Wir denken darüber nach; 3. Wie bauen wir den Text auf; 4. Was soll unser Text eigentlich können. (- -) 5. [...] 6. L: Ich hätt ganz gern; 7. Von euch; 8. Dass ihr euch über euer Thema (.) und über euern Artikel GEDAN-

ken macht. (-) 9. Es geht jetzt darum; (-) 10. WAs will ich in meinem Artikel stehen haben. 11. Welche Information soll da drinnen sein. 12. Und (.) die Information a:m bekommt ihr am leichtesten; (.) 13. Indem ihr euch selber FRAgen stellt. (- -) 14. Sm: Wer was wo wann 15. L: Das heißt, 16. Wir werden uns diese Stunde (.) Fragen stellen; (.) 17. Die wir im Text beantwortet haben wollen Das kooperative Schreiben (Lehnen 2000) bietet sich dafür an, sowohl das epistemische als auch das prozessorientierte Schreiben zu fördern. Beim gemeinsamen Schreiben muss ein Text mehrfach gelesen, kommentiert und überarbeitet werden, Formulierungen müssen begründet und in der Gruppe durchgesetzt werden. Dabei wird Sprache sowohl mündlich als auch schriftlich reflektiert und meist zunehmend präzise verwendet; auch Inhalte werden dabei oft nach und nach besser verstanden. Schreib- und

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Textkompetenz wird beim kooperativen Schreiben sowohl im Mündlichen als auch im Schriftlichen geschult.

Schreib- und Textarbeit im Fachunterricht sollte auch einen reflektierten Umgang mit fachspezifischen Textsorten einschließen. Die Auseinander-setzung mit nicht-linearen Texten (z.B. das Verbalisieren und Interpretieren von Skizzen und Diagrammen) spielt dabei vor allem in naturwissen-schaftlichen Fächern und in der Mathematik eine besondere Rolle (vgl. Leisen 2010). Die Fähigkeit, Informationen aus grafischen Darstellungen zu entnehmen und mit Textinformationen zu verknüpfen bzw. nicht-sprach-liche Zeichensysteme wie etwa Diagramme, Statistiken oder Schemata zu verbalisieren, darf nicht einfach vorausgesetzt, sondern muss bei vielen SchülerInnen erst aufgebaut werden (vgl. Langer 2009). Es bietet sich dafür z.B. an, dass die SchülerInnen fachspezifische Textsortenmuster de-konstruieren, analysieren und für das Verfassen eigener Texte nutzen (vgl. Langer 2009).

Die in diesem Kapitel vorgestellten Leitlinien bilden die Basis für einen sprachaufmerksamen Fachunterricht. Im Folgenden werden didaktische Ansätze und Modelle vorgestellt, die deren Umsetzung unterstützen.

2.2 Didaktische Konzepte zur Sprachförderung im Fachunterricht

Die im Folgenden vorgestellten didaktischen Ansätze und Modelle sind für die Umsetzung eines sprachbewussten Fachunterrichts in sprachlich heterogenen Klassen gedacht. Sie sind in allen Fächern und Schulstufen einsetzbar. Im Folgenden werden die Konzepte der Literalen Didaktik (Schmölzer-Eibinger 2008), der Prozeduren-orientierten Didaktik (Dorner/ Schmölzer-Eibinger 2012), des Dialogischen Lernens (Gallin/Ruf 2005) und der Narrativen Didaktik (Kubli 2005) näher erläutert.

2.2.1 Literale Didaktik

Die Literale Didaktik (Schmölzer-Eibinger 2008) ist ein didaktischer An-satz, der grundlegende Methoden und Verfahren zur Förderung von Text-kompetenz bereitstellt.20 Er ist primär zur Förderung der Textkompetenz von Zweitsprachenlernenden gedacht,21 kann jedoch auch zur Förderung

20 Die Ausführungen in diesem Kapitel orientieren sich an Schmölzer-Eibinger (2008). 21 Aufgrund der steigenden schriftsprachlichen Anforderungen im Fachunterricht

haben Zweitsprachenlernende auch bei guten alltagssprachlichen Fähigkeiten oft zu-nehmend Probleme im Umgang mit komplexer Sprachverwendung und mit Texten im Fachunterricht. Dies betrifft sowohl die mündliche Auseinandersetzung mit Tex-ten als auch das verstehende Lesen und Schreiben.

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der Textkompetenz von SchülerInnen mit Deutsch als Erstsprache einge-setzt werden.

Mit den Aufgabenstellungen und methodischen Verfahren der Literalen Didaktik sollen SchülerInnen dabei unterstützt werden, Texte im Fachunterricht besser zu verstehen und als ein Instrument des Lernens nutzen zu können. Sie sollen dazu angeregt werden, sich intensiv mit dem Lesen und Schreiben von Texten auseinanderzusetzen, darüber zu sprechen und zu reflektieren. Es geht dabei nicht darum, Texte zu verein-fachen, sondern die Lernenden vielmehr dazu zu befähigen, auch sprach-lich und inhaltlich anspruchsvollere Texte zu verstehen und für das Lernen im Fachunterricht nutzen zu können.

Die Literale Didaktik beruht auf 3 „Säulen“: a) den didaktischen Prinzi-pien, b) dem 3-Phasen-Modell zur Förderung von Textkompetenz und einer c) Aufgabentypologie. Diese drei Säulen sind systematisch aufeinander bezo-gen und miteinander verbunden. Sie sollen die Textkompetenz der Ler-nenden schrittweise aufbauen und auf differenzierte Weise fördern.

Die im Konzept der Literalen Didaktik vorgesehenen Prinzipien decken sich weitgehend mit den in diesem Handbuch vorgeschlagenen Leitlinien (siehe Kapitel 2.1) und werden an dieser Stelle daher nicht näher vorge-stellt.

Näher vorgestellt soll jedoch das 3-Phasen-Modell zur Förderung von Textkompetenz werden. Die einzelnen Phasen werden im Folgenden be-schrieben und anhand von Beispielen illustriert. Das Modell umfasst die Phase der Wissensaktivierung, der Arbeit an Texten und der Texttransforma-tion.

In der Phase der Wissensaktivierung sollen die Lernenden zu einem Themenimpuls Assoziationen, Ideen und Gedanken spontan entwickeln und verbalisieren. Zwei Typen von Aufgaben sind dafür gedacht: a) Auf-gaben zum assoziativen Schreiben und b) Aufgaben zum assoziativen Spre-chen.

Mit den Aufgaben zum assoziativen Sprechen werden Impulse gegeben, die die Lernenden im Rahmen einer zeitlich begrenzten mündlichen Akti-vität aufgreifen müssen. Dies geschieht zumeist in Partner- oder Gruppen-arbeit und im (halb)öffentlichen Raum.

Dazu ein Beispiel zum Thema „Erfindungen“, das fächerübergreifend (Geschichte – Deutsch) behandelt werden könnte (7. Schulstufe):

Paararbeit: Stellt euch vor, ihr führt durch eine Ausstellung zum Thema „Erfindungen“. Redet zwei Minuten lang über dieses Bild.

Partnerarbeit/Gruppenarbeit: Schreibt einen Text zu diesem Bild für einen Ausstellungskatalog zu dieser Ausstellung. Sucht in der Gruppe den besten Text aus. Begründet eure Wahl.

Durch diese Aufgabenstellung wird eine Art Sprachnotsituation für die SchülerInnen erzeugt, d.h. sie müssen sprachlich aktiv werden. Sprachnot-

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situationen sind oft auf besondere Weise sprachlernwirksam, allerdings nur dann, wenn sie die SchülerInnen zwar herausfordern, aber nicht über-fordern (vgl. Tselikas 1999).

Bei den Aufgaben zum assoziativen Schreiben sollen die SchülerInnen ihre Assoziationen und Gedanken zu einem Impuls in schriftlicher Form äußern. Die Texte der SchülerInnen sollen von der Lehrperson weder kor-rigiert noch beurteilt werden. Auf diese Weise sollen gerade bei SchülerIn-nen mit Deutsch als Zweitsprache Ängste vor Fehlern minimiert, Schreib-blockaden aufgelöst und ihr Selbstbewusstsein bzw. ihre Motivation ge-stärkt werden, eigene Gedanken auszudrücken und darüber zu schreiben. Gleichzeitig soll damit ihr Vorwissen zu einem Thema aufgerufen und für die weitere inhaltliche Auseinandersetzung im Unterricht genutzt werden können.

Den SchülerInnen steht es frei, in welcher Sprache sie ihre Assoziatio-nen zu Papier bringen – verwenden sie ihre Erstsprache, so ist dies vielfach mit der Erfahrung von Wertschätzung für diese Sprache verbunden. Aus-gehend von einem Stimulus zu einem Thema sollen sie alles aufschreiben, was ihnen spontan einfällt. Sie sollen möglichst ohne Gedankenpausen schreiben, um den Schreibfluss nicht zu unterbrechen (vgl. Hornung 1999). Auch dazu ein Beispiel:

Einzelarbeit: Schreibt fünf Minuten lang alles auf, was euch zum Thema „Erfindungen“ einfällt. Lasst den Schreibfluss nicht abreißen und schreibt auch dann weiter, wenn euch gerade nichts einfällt (z.B. llllll...). Schreibt in ganzen Sätzen.

Partnerarbeit: Lest einander die Texte vor, die ihr geschrieben habt. Verwendet eure Gedanken und Ideen zum Thema für einen Text, mit dem ihr euch an einem Text-Wettbewerb in der Gruppe beteiligt.

In der zweiten Phase dieses Modells steht eine intensive Arbeit an Texten im Zentrum. Texte sollen gelesen, geschrieben, diskutiert, rekonstruiert, über-arbeitet, zusammengefasst und erweitert werden. In drei Stufen der Text-arbeit (= Textkonstruktion, Textrekonstruktion, Textfokussierung & Textexpan-sion) werden jeweils andere Strategien im Umgang mit Texten in den Vor-dergrund gerückt.

In den Aufgaben zur Textkonstruktion erhalten die Lernenden Frag-mente eines Textes, die sie erweitern bzw. vervollständigen müssen. Dabei sollen kohärente, nachvollziehbare, sachadäquate und sprachlich homo-gene Texte entstehen. Die „Nahtstellen“ im Text zwischen Original und SchülerInnenbeitrag sollen möglichst unsichtbar sein.

Das folgende Aufgabenbeispiel bezieht sich auf einen Auszug aus ei-nem literarischen Text, der Kurzgeschichte „Der Erfinder“ von Peter Bich-sel (1997):

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Paararbeit: Ergänzt einen Textausschnitt aus der Kurzgeschichte „Der Erfinder“ (Textausschnitt A oder B): Findet einen Beginn und/oder ein Ende zu der Ge-schichte!

Der Erfinder (A)

Erfinder ist ein Beruf, den man nicht lernen kann; deshalb ist er selten; heute gibt es ihn überhaupt nicht mehr. Heute werden die Dinge nicht mehr von Er-findern erfunden, sondern von Ingenieuren und Technikern, von Mechanikern, von Schreinern auch, von Architekten und von Maurern; aber die meisten erfin-den nichts.

Früher gab es aber noch Erfinder. Einer von ihnen hieß Edison. Er erfand die Glühbirne und das Grammophon, das damals Phonograph hieß, er erfand das Mikrophon und baute das erste Elektrizitätswerk der Welt, er baute einen Film-aufnahmeapparat und einen Apparat, mit dem man die Filme spielen konnte.

1931 starb er.

Ohne ihn wären wir ohne Glühbirnen.

So wichtig sind Erfinder.

Der letzte starb im Jahre 1931.

1890 wurde zwar noch einer geboren, und der lebt noch. Niemand kennt ihn, weil er jetzt in einer Zeit lebt, in der es keine Erfinder mehr gibt.

Der Erfinder (B)

Seit dem Jahre 1931 ist er allein.

Das weiß er nicht, weil er schon damals nicht mehr in der Stadt wohnte und nie unter die Leute ging: denn Erfinder brauchen Ruhe.

Er wohnte weit weg von der Stadt, verließ sein Haus nie und hatte selten Be-such.

Er berechnete und zeichnete den ganzen Tag. Er saß stundenlang da, legte seine Stirn in Falten, fuhr sich mit der Hand immer wieder übers Gesicht und dachte nach.

Dann nahm er seine Berechnungen, zerriss sie und warf sie weg und begann wieder von neuem, und abends war er mürrisch und schlecht gelaunt, weil die Sache wieder nicht gelang.

Er fand niemanden, der seine Zeichnungen begriff, und es hatte für ihn keinen Sinn, mit den Leuten zu sprechen. Seit über vierzig Jahren saß er hinter seiner Arbeit, und wenn ihn einmal jemand besuchte, versteckte er sein Pläne, weil er fürchtete, man könnte von ihm abschreiben, und weil er fürchtete, man könnte ihn auslachen.

Er ging früh zu Bett, stand früh auf und arbeitete den ganzen Tag. Er bekam keine Post, las keine Zeitungen und wusste nichts davon, dass es Radios gab.

Und nach all den Jahren kam der Abend, an dem er nicht schlecht gelaunt war, denn er hatte seine Erfindung erfunden.

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Gruppenarbeit: Vergleicht euren Text mit dem eines anderen Paares und gebt einander Rückmeldungen. Verfasst nun einen neuen, verbesserten Text.

Gruppenarbeit: Vergleicht euren Text mit dem Originaltext. Was fällt euch auf? Benennt die Unterschiede und überarbeitet euren Text nochmals.

Bei der Bearbeitung dieser Aufgabenstellung müssen die vorhandenen, zum Teil von den SchülerInnen, zum Teil vom Autor stammenden Text-teile, immer wieder aufs Neue gelesen, überprüft, überarbeitet und ausge-baut werden. Die Textergänzungen erfordern es, dass die SchülerInnen immer gleichzeitig auf Sprache und Inhalt achten. Inhalt und Sprache sind somit stets eng miteinander verknüpft – sie bedingen und befördern ei-nander.

Je reduzierter die Textfragmente sind, desto eher sind sie für die Ler-nenden ein Anstoß, ihre Kreativität und Phantasie in der Textproduktion zu entfalten und eigene Assoziationen und Gedanken einfließen zu lassen. Sind die Vorgaben bzw. Bezugstexte umfangreicher, so ist der Spielraum für Eigenes eingeschränkter, gleichzeitig geben größere Textfragmente vielfach auch eine Stütze und Orientierung.

Aufgaben zur Textkonstruktion sind für die SchülerInnen sprachlich und inhaltlich herausfordernd, gleichzeitig aber immer an ihr aktuelles Kompetenzniveau angepasst – die Lernenden können nur das schreiben, wozu sie gerade in der Lage sind. Das schließt sowohl inhaltliches als auch sprachliches Vorwissen ein. Die Orientierung an der Sprache kann dabei das Finden inhaltlich richtiger Lösungen unterstützen und umgekehrt kann die Kenntnis der Inhalte sprachlich richtige Formulierungen erleichtern. Aufgaben zur Textkonstruktion sind daher für die Schüler-Innen zugleich Herausforderung und Chance, ihr vorhandenes Sach- und Sprachwissen zu aktivieren, zu entfalten und auszubauen.

Mit den Aufgaben der Textrekonstruktion sind die Lernenden gefordert, vorgegebene Texte möglichst genau zu rekonstruieren. Da die Oberfläche eines längeren Textes nie ganz genau memoriert werden kann, entstehen zwangsläufig Lücken. Diese Lücken werden in dieser Phase bewusst er-zeugt, damit die Lernenden diese schließen und einen kohärenten Text produzieren müssen. Dabei müssen die Texte von den Lernenden immer wieder aufs Neue gelesen, überprüft und überarbeitet werden. Durch die-sen Prozess der mehrfachen Verarbeitung aus unterschiedlichen Perspekti-ven werden nicht nur sprachliche Phänomene, sondern auch Inhalte genauer durchdacht, tiefer verarbeitet und dadurch besser verstanden.

Bei den folgenden Aufgabenstellungen wird mit einem Text aus einem Schulbuch für den Geschichtsunterricht (7. Schulstufe) zum Thema „Gutenberg als Erfinder“ gearbeitet (Lemberger 2001, 9):

Gutenbergs Schicksal

Mit seiner Erfindung gab sich Gutenberg aber noch lange nicht zufrieden. Du erinnerst dich sicher an die kunstvollen Bibeln der Mönche. Ihre Kunst wollte

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Gutenberg übertreffen – seine Bibel sollte die schönste werden, die Menschen jemals gesehen hatten. Für diese Idee opferte er viel Zeit und nahm auch hohe Schulden in Kauf. Die Arbeit war aber viel langwieriger, als sich Gutenberg ge-dacht hatte. Dazu kamen Pannen … die Zeit begann ihm davonzulaufen. Die Schulden mussten zurückgezahlt werden – es fehlten nur noch einige wenige Seiten zur Fertigstellung der Bibel. Der Gläubiger aber forderte unerbittlich sein Geld zurück, Gutenberg musste seinen gesamten Besitz abtreten, er war ein ge-brochener Mann. Sein Gläubiger aber ließ die Bibel fertig stellen und wurde in kurzer Zeit sehr reich (vgl. Vajda 1980, Felix Austria, zitiert nach Lemberger 2001).

Gutenbergs Verdienst

Die Erfindung des Buchdrucks in Europa (um 1445) durch Johannes Gutenberg verkürzte die Herstellung von Druckwerken enorm. Das Abschreiben der Bibel dauerte rund drei Jahre – in derselben Zeit konnte Gutenberg 180 Stück dru-cken. Binnen weniger Jahrzehnte verbreitete sich die Buchdruckerkunst über ganz Europa. Vielerorts entstanden Bibliotheken, in denen Studenten in Bü-chern nachschlagen konnten. Um 1500 gab es in Europa bereits 1200 Drucke-reien und es wurden ständig mehr. Flugzettel wurden zur wichtigsten Informa-tions- und Bildungsquelle des Menschen. Ende des 16 Jahrhunderts erschienen die ersten regelmäßig herausgegebenen Nachrichtensammlungen („Zeitungen“ – in Österreich ab 1703, zitiert nach Lemberger 2001).

Gruppenarbeit: Eine/r in der Gruppe liest den Text vor, die anderen hören zu. Rekonstruiert den Text möglichst genau. Ergänzt die „Lücken“ mithilfe eures vorhandenen Wissens. (Eine/r in der Gruppe beobachtet den Schreibprozess und schildert euch nachher seine Eindrücke.)

Gruppenarbeit: Vergleicht euren Text mit dem einer anderen Gruppe und mit dem Original.

Bei der ersten Aufgabe handelt es sich um ein sogenanntes „Dictogloss“, d.h. um eine Aufgabenstellung, bei der ein vorgelesener Text möglichst originalgetreu rekonstruiert werden soll. Dies führt meist dazu, dass die Lernenden beim Zuhören sehr konzentriert sind und sich dann auch beim Schreiben intensiv darum bemühen, den vorgegebenen Text möglichst genau zu rekonstruieren. Im Verlauf des gemeinsamen schriftlichen Erin-nerns und Schreibens kommt es meist zu angeregten Diskussionen, bei denen sowohl über Inhalte als auch über Sprache debattiert wird. Dabei gehen rezeptive und produktive Lernaktivitäten meist fließend ineinander über. Die Textkompetenz der Lernenden wird durch Aufgaben dieser Art sowohl im Mündlichen als auch im Schriftlichen gefördert; ihre Aufmerk-samkeit liegt auch hier wiederum sowohl auf der Sprache als auch auf den Inhalten.

In den Aufgaben zur Textfokussierung & Textexpansion sollen die Ler-nenden in ihrer Fähigkeit geschult werden, relevante Informationen in einem Text zu erkennen, zu gewichten, inhaltlich verdichtet darzustellen und schließlich selbst mit neuen Informationen zu verknüpfen bzw. zu

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erweitern. Das Erkennen und Fokussieren von relevanten Informationen in einem Text bereitet vor allem SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache vielfach Probleme. Dies führt im Unterricht oftmals dazu, dass sie die Arbeit mit Texten gänzlich ablehnen oder nur mit geringer Motivation erledigen.

Im Folgenden ein Beispiel dazu:

Paararbeit: Fasst die wichtigsten Informationen des Gutenberg-Textes in einem Satz zusammen.

Gruppenarbeit: Vergleicht eure Sätze und überarbeitet sie anhand der Rückmel-dungen.

Paararbeit: Schreibt auf dieser Grundlage einen Text über die Erfindung des Buchdruckes. Baut alles ein, was ihr wisst. Recherchiert dazu auch in Büchern oder im Internet.

Alternativ dazu könnte auch mit dem literarischen Text von Peter Bichsel gearbeitet werden:

Paararbeit: Formuliert, was die Kernaussage dieses Textes ist.

Gruppenarbeit: Vergleicht eure Lösungen und diskutiert die Unterschiede.

Paararbeit: Schreibt auf dieser Grundlage einen Text über einen Erfinder. Baut alles ein, was euch einfällt. Recherchiert dazu auch in Büchern oder im Internet.

Beim Zusammenfassen eines Textes werden Textinhalte meist aktiver rezi-piert und genauer durchgearbeitet als dies beim bloßen Durchlesen der Fall ist (vgl. Tynjälä/Mason/Lonka 2001, 46 f.). Der Text wird mehrfach und mit einem jeweils anderen Wissensstand durchgearbeitet; dabei kann ein tiefer gehendes Textverständnis aufgebaut werden.

In der Phase der Texttransformation sind die Lernenden gefordert, mit mehreren Texten zu arbeiten und die bereits erworbenen Fähigkeiten im Umgang mit Texten der vorangegangenen Phasen auszubauen. Im Mittel-punkt stehen das Fokussieren, das Selektieren sowie das Verknüpfen von Informationen, um eine Auseinandersetzung mit größeren Informations-mengen zu bewerkstelligen. Die damit verbundenen Lernprozesse regen ein effizientes Sprach- und Sachlernen an. Die SchülerInnen sollen in dieser Phase stärker als in den vorangegangenen Phasen dazu angehalten wer-den, eine eigenständige Perspektive auf Texte zu entwickeln, Texte sollen dafür nicht bloß vorgegeben, sondern auch von den SchülerInnen selbst recherchiert werden; sie sollen aus subjektiver Sicht interpretiert und für eigene thematische Zielsetzungen verwendet werden. Auch dazu ein Beispiel einer Aufgabenstellung zum Thema „Erfindungen“:

Paararbeit: Schreibt einen Text zum Thema „Erfindungen“, in dem ihr die Infor-mationen aus dem Text von Peter Bichsel und aus dem Schulbuch-Text einbaut. Recherchiert auch im Internet zu diesem Thema. Baut alles ein, was ihr wisst und was euch interessant erscheint.

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Gruppenarbeit: Lest einander die Texte vor und überarbeitet sie anhand der Rückmeldungen.

Gruppenarbeit: Gestaltet eine Ausstellung zum Thema „Erfindungen“.

Die Aufgaben in diesem Modell können auf vielfältige Weise miteinander kombiniert und an die individuellen Voraussetzungen der Lernenden angepasst werden. Sie sollten jedoch nicht einfach isoliert herausgegriffen und beliebig aneinandergereiht werden, denn ihr Lerneffekt ergibt sich aus der spezifischen Abfolge und Kombination der Aufgaben und den dafür vorgesehenen Sozialformen. Die sprachlichen und kognitiven Anforderun-gen in der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben können durch die Komple-xität der Texte gesteuert werden: Je einfacher der Text, desto einfacher die Aufgabe (vgl. Schmölzer-Eibinger 2008, 2011).22

Für ein genaueres Kennenlernen der Literalen Didaktik sei das folgende Buch empfohlen: - Schmölzer-Eibinger, Sabine (22011), Lernen in der Zweitsprache. Grundla-

gen und Verfahren der Förderung von Textkompetenz in mehrsprachigen Klassen, Tübingen: Narr (= Europäische Studien zur Textlinguistik 5).

2.2.2 Prozeduren-orientierte Didaktik

Sprachliche Handlungen wie das Beschreiben, Erklären, Begründen oder Ar-gumentieren sind in allen schulischen Fächern elementar. Sprachliche Handlungen dieser Art kommen sowohl in Texten als auch in mündlichen Äußerungen vor. Aufgrund ihrer schriftsprachlichen Prägung werden sie auch als „literale Handlungen“ bezeichnet (Dorner/Schmölzer-Eibinger 2012 a, b). Die dafür nötigen Kompetenzen werden bei den SchülerInnen meist selbstverständlich vorausgesetzt und daher im Unterricht nicht näher thematisiert bzw. vermittelt. In den Handlungsaufforderungen der Lehrkräfte werden sie oft nur implizit benannt (z.B. „Was versteht man unter dem Begriff Massentierhaltung?“ anstelle von „Definiere und erkläre den Begriff Massentierhaltung!“), sodass den SchülerInnen konkrete Hin-weise auf sprachliche Handlungen vielfach fehlen.

Die Fähigkeit, etwas zu beschreiben, zu erklären oder zu begründen ist jedoch nicht bei allen SchülerInnen selbstverständlich vorhanden und sollte im Unterricht daher systematisch aufgebaut werden. Dies ist nicht nur Aufgabe des Sprachunterrichts, sondern auch des Fachunterrichts. Davon ausgehend wurde ein didaktisches Modell entwickelt, das auf die Förderung literaler Handlungskompetenz im Fachunterricht fokussiert (Dorner/Schmölzer-Eibinger 2012 a, b). Es stellt Grundverfahren für eine

22 Anwendungen der Literalen Didaktik und des 3-Phasen-Modells im Chemieunter-

richt werden u.a. bei Langer/Schmölzer-Eibinger (2010) vorgestellt (siehe kommen-tierte Literaturliste, Kap. 4).

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schrittweise Aneignung und Reflexion literaler Handlungen zur Verfü-gung, die in allen Fächern eingesetzt werden können.

Ausgangspunkt in diesem Modell sind Unterrichtssituationen, wie sie im gängigen Fachunterricht häufig vorkommen, d.h. vorwiegend lehrerge-steuerte Wissensvermittlung mit geringen dialogischen Anteilen und im-pliziten Handlungsaufforderungen; davon ausgehend erfolgt eine schritt-weise Annäherung an ein explizites, schriftsprachlich geprägtes Handeln und das Schreiben von Texten.

Im Folgenden wird dieses Modell anhand eines Unterrichtsbeispiels vorgestellt. Zunächst sollen aber einige Grundbegriffe für das Verständnis dieses Modells geklärt werden.

Literale Prozeduren und Routineausdrücke – Grundbegriffe des Modells

Literale Handlungen wie das Begründen, Erklären oder Argumentieren werden durch bestimmte Handlungskomponenten, sprachliche Mittel und Strukturen gebildet. So wird etwa die literale Handlung des Argumentie-rens durch Handlungskomponenten wie ein Argument anführen, ein Gegen-argument anführen, Argumente gegeneinander abwägen etc. gebildet („literale Prozeduren“); diese wiederum werden durch bestimmte sprachliche Mittel realisiert wie z.B. „dafür spricht – dagegen spricht“, „einerseits – andererseits“, „auf der einen Seite – auf der anderen Seite“ etc. Diese für das Argumentieren typischen sprachlichen Mittel werden als „Routineausdrücke“ (Feilke 2010) bezeichnet. Unsere Sprachsozialisation ermöglicht es uns, anhand von Wörtern wie diesen zu erkennen, dass es sich um das Abwägen von Argumenten (= literale Prozedur) bzw. um das Argumentieren (= literale Handlung) handelt.

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Abb. 2: Literale Handlung

Lernende können anhand von sprachlichen Konstruktionen wie „sowohl – als auch“ meist schon erkennen, um welche literale Prozedur bzw. Hand-lung es geht. Werden sie im Unterricht dazu angehalten, bestimmte Routi-neausdrücke zu verwenden, so können sie die entsprechende (Teil)Hand-lung oft von sich aus realisieren. Die Vorgabe von Routineausdrücken kann daher als Stütze für die SchülerInnen bei der Realisierung von komplexen literalen Handlungen dienen; diese werden für sie dadurch überschaubarer und können zielgerichteter realisiert werden.

Nicht immer reicht aber eine bloße Vorgabe von typischen sprachlichen Ausdrücken und Konstruktionen schon aus; die SchülerInnen müssen vielmehr oft erst langsam mit dem Gebrauch von Routineausdrücken und literalen Prozeduren vertraut gemacht werden. Das folgende Modell liefert dafür eine Grundlage.

Modell zur Förderung literaler Handlungskompetenz

Das Modell ist orientiert an den didaktischen Prinzipien Sprachreflexion, Scaffolding, Kooperation und Schreiben (siehe Leitlinien). Es ist in verschiede-nen Fächern, in Bezug auf unterschiedliche Themen, Lehr- und Lernziele einsetzbar. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte in diesem Modell anhand einer Unterrichtsumsetzung aus dem Biologieunterricht der 9. Schulstufe (AHS) zum Thema „Massentierhaltung“ vorgestellt.

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Schritt 1 Ausgangspunkt ist die mündliche Aufforderung der Lehrperson, den Be-griff der „Massentierhaltung“ zu diskutieren. Ausgehend von den sponta-nen Hypothesen und Formulierungen der SchülerInnen soll die literale Handlung des „Erklärens“ nach und nach bewusst gemacht und schließ-lich auch schriftlich realisiert werden.

Die Aufgabenstellung in der ersten Arbeitsphase lautet: •••• Bildet 4er-Gruppen, wählt eine/n SchriftführerIn und eine/n Spreche-

rIn. •••• Diskutiert in der Gruppe: Was ist Massentierhaltung? •••• Der/die SchriftführerIn soll Notizen von den Arbeitsergebnissen ma-

chen, der/die SprecherIn soll die Arbeitsergebnisse der Gruppe anhand der Notizen vor der Klasse präsentieren.

•••• Fasst eure Diskussionsergebnisse zur Frage „Was ist Massentierhal-tung“ in 1-2 Sätzen zusammen. Schreibt vollständige Sätze.

•••• Schreibt eure Sätze gut leserlich auf ein Plakat. Die SchülerInnen sollen zunächst gemeinsam Lösungsvorschläge erarbei-ten (in 4-er Gruppen) und diese dann im Plenum präsentieren. Durch die Präsentation erfolgt ein erster Schritt in Richtung Schriftsprachlichkeit -eine Präsentation erfordert eine präzisere, explizitere und strukturell kom-plexere Sprachverwendung als ein Gespräch oder Dialog. Das folgende Beispiel zeigt die Notizen einer SchülerInnengruppe (alle Zweitsprachen-lernende) bei der Präsentation vor der Klasse:

viele Tiere → engster Raum, tierunwürdig, Profit Aggressionen, Verletzungen, Infektionen & rasche Verbreitung der Krankheiten ← Antibiotikum wachstumsförderndes Futter

Die Lösungsvorschläge werden von jeder Gruppe kurz zusammengefasst und auf ein Plakat geschrieben (maximal 2-3 Sätze). Es sollte sich dabei nicht nur um stichwortartige Notizen, sondern um vollständige Sätze han-deln. Dadurch müssen sich die SchülerInnen noch etwas stärker als zuvor an schriftsprachlichen Anforderungen orientieren (z.B. im Hinblick auf Vollständigkeit der Äußerungen, Kohärenz und anderes). Es bleibt dabei offen, welche literale Handlung die SchülerInnen beim Verfassen der Sätze realisieren. Die Plakate werden in der Klasse für alle sichtbar aufgehängt.

Eine Gruppe in dieser Klasse formuliert dies so:

Unter Massentierhaltung versteht man die unwürdige Aufzucht von zu vielen Tieren auf engstem Raum. Der Profit steht im Vordergrund; Aggression, Verletzungen und Infektionen werden in Kauf genommen und das Fleisch durch Antibiotikum und andere Futterzusätze geschädigt.

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Schritt 2 Die von den SchülerInnen durch ihre Texte ins Spiel gebrachten literalen Handlungen (z.B. Erklären, Definieren, Vermutungen anstellen) werden nun in einem Lehrer-Schüler-Gespräch diskutiert; die Plakate dienen dazu als Arbeitsgrundlage. Anhand von Äußerungen wie zum Beispiel „Massen-tierhaltung bedeutet, dass …“ oder „Mit Massentierhaltung ist gemeint, dass …“ wird den SchülerInnen von selbst klar, dass sie hier Definitionen gegeben oder Vermutungen angestellt haben. Die Lehrperson markiert die Routineausdrücke auf den Plakaten (durch Unterstreichen, Einkreisen o.Ä.) und gibt Impulse für eine Sprachreflexion (z.B. „Was habt ihr da ge-macht, als ihr geschrieben habt, unter ... versteht man ...?“) Die SchülerInnen sollen metasprachlich agieren und über die möglichen Teilhandlungen diskutieren bzw. diese benennen. Die von den SchülerInnen genannten literalen Prozeduren werden von der Lehrperson neben die farblich mar-kierten Routineausdrücke auf das Plakat geschrieben. Dadurch werden die Handlungsschemata der Aufgabenlösungen transparent gemacht. Die folgende Aussage: „Unter Massentierhaltung versteht man, dass Nutztiere wie zum Beispiel Schweine, Kühe, Hühner auf engstem Raum gehalten werden. Das ist tierunwürdig, weil die Tiere dadurch oft Qualen erleiden müssen“ lässt sich in seiner Handlungsstruktur folgendermaßen dekonstruieren: 1. etwas benennen, 2. ein Beispiel geben, 3. etwas behaupten 4. etwas begründen.

Ausgehend von der metasprachlichen Diskussion über die Routineaus-drücke auf den Plakaten wird ein Nachdenken über das eigene Sprach-handeln der Lernenden angestoßen; es bildet die Basis für die nachfol-gende Diskussion. Die Bedeutung der literalen Handlung wird dabei zu-nächst thematisiert (z.B. „Was macht man eigentlich, wenn man etwas erklärt?“) und die Handlungsstruktur wird dekonstruiert (z.B. „Reicht es zu sagen: Massentierhaltung ist eine Art der Tierhaltung? Oder soll ich noch weitere Ausführungen bringen?“, „Was muss man eigentlich machen, um etwas besonders gut zu erklären?“).

Im Rahmen der Diskussion werden Listen mit Teilhandlungen und den dazugehörigen „Routineausdrücken“ im Plenum erarbeitet. Es muss dabei nicht mit dem Begriff „Routineausdruck“ gearbeitet werden, es kann statt-dessen auch von „typischen sprachlichen Ausdrücken“ gesprochen wer-den. Die von den SchülerInnen zusammengestellten Listen könnten von der Lehrperson noch erweitert werden. Durch einen reflektierenden, ana-lytischen Umgang mit den verwendeten literalen Prozeduren und Routi-neausdrücken wird den SchülerInnen bewusst (gemacht), dass eine literale Handlung aus verschiedenen Teilhandlungen sowie aus musterhaften sprachlichen Mitteln und Strukturen besteht.

Vervollständigt die Liste, indem ihr die Ergebnisse anderer Gruppen hinzufügt.

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•••• etwas benennen: … ist/sind …; es ist …; … es gibt …; es handelt sich um …; darunter versteht man …

•••• etwas beschreiben: … ist/sind … ; hat/haben …

•••• ein Beispiel geben: … zum Beispiel …; ein Beispiel dafür wäre …

•••• etwas begründen: …, weil …; …, daher …; aus diesem Grund …; … infolge dessen …; … wegen … ; … deshalb …

•••• etwas definieren: … ist …; unter … versteht man …; bei … handelt es sich um …

•••• etwas kontrastieren: …, jedoch …; …, aber …; … im Gegenteil dazu …, … im Kontrast dazu …; … im Unterschied dazu …; … ist zu unterscheiden von …

•••• eine Hypothese aufstellen: es könnte sich um …; … es könnte bedeuten …

•••• …

Schritt 3 Im dritten Schritt wird nun in der Aufgabenstellung eine literale Handlung in den Mittelpunkt gestellt; beim folgenden Beispiel handelt es sich um das Erklären:

•••• Schreibt zu zweit einen kurzen Text (2-3 Sätze), in dem ihr ERKLÄRT, was Massentierhaltung ist. Überlegt, welche Begriffe/Phrasen ihr aus der Liste (s.o.) nützen wollt und verwendet sie beim Schreiben eures Textes. (Dauer 10 Minuten)

•••• Tauscht euren Text mit dem einer anderen Gruppe aus und kommentiert ihn. Verwendet dazu einen farbigen Stift, damit man eure Anmerkungen besser lesen kann. (Dauer 10 Minuten)

•••• Überarbeitet eure Erklärung anhand der Rückmeldungen der anderen (paarweise).

•••• Nun schreibt einen ausführlichen Text zum Thema „Massentierhaltung“, in dem ihr alles einbaut, was ihr darüber wisst. Ihr könnt auch das Schulbuch oder das Internet verwenden. Orientiert euch dabei an den folgenden Schritten:

Text planen

•••• Überlegt, WIE ihr euren Text aufbaut. Denkt daran, den Begriff „Massentierhaltung“ möglichst gut und genau zu erklären.

•••• Überlegt, welche Begriffe/Phrasen ihr aus der Liste nützen wollt, um euren Text zu schreiben.

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Text schreiben

•••• Verwendet die Begriffe/Phrasen aus der Liste. Nutzt euer persönliches Wissen zum Thema und verwendet das Schulbuch oder das Internet für weitere Informationen.

•••• Schreibt einen zusammenhängenden, gut verständlichen Text.

Text überarbeiten

•••• Tauscht euren Text mit dem einer anderen Gruppe aus. Kommentiert den Text der anderen Gruppe und gebt einander Rückmeldung.

•••• Überarbeitet euren Text anhand der Rückmeldung der anderen.

Die SchülerInnen erklären nun schriftlich, was Massentierhaltung ist. Sie wählen dafür aus der Liste Teilhandlungen und Routineausdrücke aus, die sie für sinnvoll erachten. Die zuvor in 2-3 Sätzen knapp formulierte Erklä-rung dient als Basis für einen ausführlichen Erklär-Text zum Thema (ca. 150 Wörter), in dem die SchülerInnen nicht nur das bisher aktivierte Vor-wissen einsetzen, sondern auch weitere Informationen zum Thema ein-bauen (aus Büchern, dem Internet etc.).

Der folgende Lernertext entstand zu dieser Aufgabe. Die Erklärung des Begriffs „Massentierhaltung“ wird hier anhand unterschiedlicher Teil-handlungen (definieren, Beispiel anführen, Ursache-Wirkung nennen, kontras-tieren etc.) vorgenommen:

MASSENTIERHALTUNG (INTENSIVHALTUNG):

Dabei handelt es sich um die Aufzucht von Tieren, zum Beispiel Schweinen, Rindern, Hühnern etc. auf sehr engem Raum.

Die Tiere haben durch die ungerechte Haltung nur sehr wenig Raum für sich, daher sind die Folgen oft Infektionen, Aggressionen und gegenseitige Verletzung. Im Gegenteil dazu gibt es die Haltung der Nutztiere auf der Weide. Diese ist wesentlich artgerechter, da sie ihr artspezifisches Sozialverhalten ausleben können.

Um die Tiere zu beruhigen und vor möglichen Krankheiten zu schützen, werden Medikamente und Tranquilizer in deren Nahrung gemischt. Genauso werden die Tiere auch mit Mastfutter ernährt, um ihre Größe und die Gewichtszunahmen zu steigern.

Das Fleisch von Tieren aus Massentierhaltung ist aus diesen Gründen auch viel billiger, und die einzigen die von diesem grausamen Geschäft profitieren, sind die Hersteller und Anbieter der Fleischwirtschaft.

Die Texte werden in weiterer Folge zwischen den Gruppen ausgetauscht und kommentiert. Anhand des Feedbacks, das die SchülerInnen einander geben, sollen sie ihre Texte schließlich überarbeiten.

Die fertigen Texte werden schließlich in der Klasse aufgehängt bzw. für alle SchülerInnen kopiert, sodass in weiterer Folge darauf Bezug genom-

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men werden kann. Ausgehend davon kann eine weiterführende, fachlich vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinden.

Dieses Modell führt somit von einer impliziten Aufforderung zur Reali-sierung literaler Handlungen in mündlichen Diskursen hin zur expliziten Aufforderung, eine literale Handlung in einem schriftlichen Text zu reali-sieren. Durch das wiederholte Durchlaufen dieses Modells (möglichst in verschiedenen Fächern und in Bezug auf unterschiedliche Themen) sollen die SchülerInnen nach und nach jene literale Handlungskompetenz auf-bauen, die sie für den Wissensdiskurs im Fachunterricht brauchen.

Für ein genaueres Kennenlernen der Prozeduren-orientierten Didaktik seien die folgenden Arbeiten empfohlen: - Schmölzer-Eibinger, Sabine (2012), „Literale Handlungskompetenz als

Basis des Lernens in jedem Fach“, in: Paechter, Manuela/Schmölzer-Eibinger, Sabine/Stock, Michaela/Slepcevic, Peter/Weirer, Wolfgang, Hrsg. (2012), Kompetenzorientiertes Unterrichten in der Schule, Weinheim: Beltz, 60-71.

- Dorner, Magdalena/Schmölzer-Eibinger, Sabine (2012), „Bilder be-schreiben. Ein Beitrag zur Förderung literaler Handlungskompetenz“, in: Praxis Deutsch, Nr. 233: Bildungssprache, 48-53.

2.2.3 Dialogisches Lernen

Das Dialogische Lernen (Gallin/Ruf 2005; Keller/Ruf/Winter 2008) ist ein vom Germanisten Urs Ruf und dem Mathematiker Peter Gallin stammendes Konzept, dessen Zielsetzung die Förderung von Verständnis und Kompetenz der SchülerInnen im Deutsch- und Mathematikunterricht, aber auch in anderen Fächern ist. Auf Mathematik bezogen bedeutet das, dass die „Probleme selbst studiert werden, die mit mathematischen Instrumenten und Vorgehensweisen angegangen werden können“, statt „zu schnell gewisse Rezepte (Algorithmen) zur Lösung bestimmter Aufgaben“ ins Zentrum zu stel-len (Gallin 2006). Dadurch soll eine individuelle und autonome Wissens-aneignung der SchülerInnen angeregt werden. Der Begriff „dialogisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass mündliche Dialoge Gegen-stand dieses Konzepts sind. Das Dialogische bezieht sich vielmehr auf Rückmeldungen bzw. Feedbacks sowie auf eine systematische sprachliche Unterstützung der Lehrperson und den Austausch sowohl zwischen Ler-nenden und Lehrenden als auch zwischen den SchülerInnen im Unterricht. Dieser dialogische Prozess erfolgt vornehmlich schriftlich.

Ausgangspunkt in diesem didaktischen Konzept ist eine Fragestellung, die sich meist aus einer sogenannten „Kernidee“ entwickelt. Die Kernidee ist ein Leitgedanke, ein Bild oder eine Geschichte, die dazu dient, den SchülerInnen die „Komplexität und Attraktivität eines neuen Stoffgebiets“ (vgl. Gallin/Ruf 2005, Band 1, 59) näher zu bringen:

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Mit diesem Kunstwort, das eine Brücke von biologischen Vorstellungen des Wachstums zu abstrakten Modellen der inneren Anschauung zu schlagen ver-sucht, bezeichnen wir vorerst einmal eine pädagogisch-fachliche Leistung, wel-che die Lehrperson zu erbringen hat. Der biologische Aspekt der Kernidee zielt auf die Faszination, die von einer Sache ausgeht und die Forscher inspiriert und vorantreibt. Der geistige Aspekt der Kernidee zielt auf die inneren Bilder, die sich auch Fachleute von ihren Gegenständen machen und in denen Gebilde von kaum durchschaubarer Komplexität als Ganzes erfasst und auf wenige wesent-liche Merkmale reduziert werden. Beide Aspekte eines Stoffes sollen in der Kernidee der Lehrperson erfasst und für die Lernenden verständlich dargeboten werden.

So wäre z.B. eine Kernidee im Mathematikunterricht zu Rechnungen mit Klammerausdrücken etwa „Für mich ist jede Rechnung eine Geschichte“ und zum Thema der Orthographie im Deutschunterricht: „Rechtschreibung ver-langt man nicht als Schreiber, sondern als Leser“ (vgl. Gallin/Ruf 2005, Band 1, 60). Die Kernidee wird stets mit einer Fragestellung und/oder einem an der Lebenswelt der SchülerInnen orientierten Auftrag verbun-den, der/die den Lernprozess initiieren soll.

Das dialogische Lernen ist ein sehr grundlegender didaktischer Ansatz, der eine Abkehr von den traditionellen Rollen der SchülerInnen und Leh-rerInnen und einem lehrerzentrierten Unterricht mit sich bringt. Ruf und Gallin sehen daher den Prozess des Lernens als eine „Reise“ von den indi-viduellen Vorstellungen der SchülerInnen zu den allgemeingültigen Re-geln und Konzepten. Diese Reise wird in einem „Reisetagebuch“ doku-mentiert.

Während im Regelunterricht Fragestellungen und deren (bereits existie-rende) Lösungen präsentiert werden (horizontale Achse von Abbildung 1), ermöglicht das Konzept von Ruf und Gallin, dass die Lernenden eigene Lösungswege erkunden und optimieren. Der Lernprozess erfolgt demge-mäß in drei Phasen: der „Singulären Standortbestimmung“ der einzelnen SchülerInnen, dem „Divergierenden Austausch“ und dem „Regularisie-renden Problemlösen“.

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Abb. 3: Vom Singulären zum Regulären23 Die Achsen im Modell des dialogischen Lernens bedeuten Folgendes:

Sollen reguläre Aktionen in den horizontalen Hauptdimensionen des Fachs als Teil eines gemeinsamen Wir erlebt und verstanden werden, müssen sie einge-bettet sein in einen divergierenden Austausch unter Menschen, die sich beim gemeinsamen Forschen und Lernen im vertikalen Spielraum der Interaktionen bewegen. (Gallin/Ruf 2005, Band 1, 26)

Die vertikale Achse der Abbildung repräsentiert also den dialogischen Austausch unter Lehrpersonen und Schülerinnen. Die Anordnung der beiden Achsen im rechten Winkel soll so die Divergenz zwischen indivi-duellem (singulärem) und fachlichem (regulärem) Standpunkt verdeutli-chen. Wird über den divergierenden Austausch zwischen dem ICH und dem DU (damit sind sowohl die Lehrkraft als auch die MitschülerInnen gemeint) eine gemeinsame Sichtweise (das WIR) erreicht, kann es zu einer Problemlösung in Form des relevanten allgemein gültigen Fachkonzepts kommen.

Im Prozess des dialogischen Lernens spielt das epistemische Schreiben eine grundlegende Rolle: In ihrem persönlichen „Reisetagebuch“ entwi-ckeln die SchülerInnen ihre Gedanken und Ideen zur jeweiligen Fragestel-

23 Gallin/Ruf (2005), Band 1, 26. Der Hinweis auf Wagenschein wird weiter unten

kommentiert.

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lung in schriftlicher Form (singuläre Standortbestimmung). Die Autoren unterstreichen die Bedeutung des Schreibens dabei folgendermaßen:

Beim Schreiben verlangsamen und klären sich die Gefühle und Gedanken, nehmen Gestalt an und fordern zur Stellungnahme heraus. Wer schreibt über-nimmt in besonderer Weise Verantwortung für seine Position, öffnet sich der Kritik. (Gallin/Ruf 2005, Band 1, 39)

Im Folgenden ein Beispiel eines Reisebucheintrags zum Stoffkapitel Ach-sensymmetrie und Spiegelung (Geometrie in der 7. Schulstufe). Die Kernidee dieses Beispiels basiert auf einer Erzählung der Lehrkraft über das Her-stellen symmetrischer Muster mit einem Spiegel und der Vermutung, dass Spiegelung etwas mit Spiegeln zu tun hat. Die zugrunde liegende Frage-stellung lautet: Wie lang muss ein Badezimmerspiegel sein, damit man sich darin von Kopf bis Fuß sehen kann? Die SchülerInnen erhalten dazu fol-genden Arbeitsauftrag:

Dusche heiss! So heiss und so lange, dass sich der Spiegel in deinem Badezim-mer mit Wasser beschlägt und matt wird. Stell dich dann vor den Spiegel und fahre mit dem Finger den noch schwach erkennbaren Konturen deines Kopfes nach. Beschreibe, welche Gestalt die mit dem Finger gezeichnete Kurve hat und versuche sie zu erklären.

Abb. 4: Nadjas Autograph (aus www.gallin.ch/ArtikelGallinKernideen.pdf) Die Arbeit der Schülerin enthält nicht nur die Lösung der gestellten Auf-gabe, sondern auch ihre persönliche Vorgangsweise und eine Reflexion über die Fragestellung.

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Im Reisetagebuch werden alle Eintragungen der SchülerInnen zwar knapp, aber in einer weiterführenden Art und Weise von der Lehrkraft kommentiert. Dieser Prozess wiederholt sich so oft als notwendig und die Rückmeldungen werden auch auf die MitschülerInnen ausgedehnt (diver-gierender Austausch). Für das SchülerInnen-Feedback dient der „Sesseltanz“ (vgl. Gallin/Ruf 2005, Band 1, 2), eine Form des kooperativen Über-arbeitens: Die SchülerInnen legen ihren Entwurf und einen leeren Zettel mit der Überschrift „Rückmeldungen“ auf ihren Sessel, wechseln zum Sessel eines Mitschülers/einer Mitschülerin und kommentieren die Arbeit des Mitschülers/der Mitschülerin. Sie erhalten Hinweise zur Gestaltung von Rückmeldungen, denn „wer schreiben lernen will, braucht wohlwollende Testleserinnen und Testleser“. (Gallin/Ruf 2005, Band 1, 2) Durch den Perspektivenwechsel von ProduzentIn (Schreibende/r) zu RezipientIn (Lesende/r) sollen bei den SchülerInnen Schreib- und Leseprozesse nachhaltig angestoßen werden. Sprache als Medium des Lernens steht dabei im Mittelpunkt, denn „Sprache hat in all diesen Fällen die Aufgabe, den Prozeß des Verstehens zu aktivieren und die gewonnenen Einsichten zu festigen. Auf diese Weise nimmt mit der Sachkompetenz auch die Sprachkompetenz zu.“ (Gallin/Ruf/Sitta 1985)

In diesem Zusammenhang unterscheiden die Autoren nach Wagen-schein (1970) zwischen der „Sprache des Verstehens“ und der „Sprache des Verstandenen“ (siehe auch komm. Literaturliste). In ihren „Reisetagebü-chern“, die eine individuelle Auseinandersetzung mit einem Thema und einer Fragestellung fokussieren und dokumentieren, verwenden die Schü-lerInnen die „Sprache des Verstehens“ (vertikale Achse des Diagramms in Abbildung 1). In diesem Prozess tragen Fehler zur Klärung bei und sind durchaus auch erwünscht. Der Übergang zur „Sprache des Ver-standenen“24 (horizontale Achse des Diagramms) erfolgt dann, wenn individuelle, persönliche Konzepte der SchülerInnen von der Lehrkraft zum allgemein gültigen Fachkonzept („Lösung“) übergeleitet werden.

24 In dieser Phase sowie bei der Vorstellung der Kernidee zeigt das Konzept auch

Elemente der Narrativen Didaktik siehe Kap. 2.2.4), da persönliche und historische Er-fahrungen in erzählender Form einbezogen werden.

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Abb. 5: Dialogischer Lernprozess (aus Gallin/Ruf 2005, Band 2, 12)

In der regularisierenden Arbeitsphase, d.h. beim Übergang zu den Regeln und Konzepten des jeweiligen Fachs erstellen die SchülerInnen Produkte, die dann auch der Leistungsbeurteilung unterworfen sind. Sie richten sich an definierte AdressatInnen und müssen sich an sprachlichen und fachli-chen Normen orientieren. Als Produkte sind zum Beispiel mündliche Textsorten (z.B. Referat), mimische Darstellungen (z.B. Pantomime), Ori-entierungs- oder Merkhilfen (z.B. Tabelle oder Grafik), Zeitungstexte (z.B. Leserbrief), Buchbesprechungen etc. vorgesehen (vgl. Gallin/Ruf 2005, Band 1, 46).

Das dialogische Lernen ist ein anspruchsvolles Lehr- und Lernkonzept, das von LehrerInnen und SchülerInnen die Bereitschaft zu intensiver Aus-einandersetzung verlangt. Der Einsatz des Modells ermöglicht im Gegen-zug dafür, dass Schulbildung nachhaltig positiv erlebt und auf den weite-ren Lebensweg mitgenommen wird. Integriertes Fach- und Sprachlernen ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Für ein genaueres Kennenlernen all seiner Aspekte seien die zitierten Arbeiten der Autoren empfohlen: - Gallin, Peter/Ruf, Urs (2010), „Von der Schüler- zur Fachsprache“, in:

Fenkart, Gabriele/Lembens, Anja/Erlacher-Zeitlinger, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Innsbruck: Studienverlag, 21-25 (= ide-extra 16).

- Gallin, Peter (2006), Kernideen als Brücke zwischen Erfahrung und Fachwissen, in: http://www.gallin.ch/ArtikelGallinKernideen.pdf [Stand: 10.08.2012].

- Gallin, Peter/Ruf, Urs (32005), Dialogisches Lernen in Sprache und Mathematik. Band 1 und 2, Seelze-Velber: Kallmeyersche Verlagsbuch-handlung.

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- Gallin, Peter/Ruf, Urs/Sitta, Horst (1985), „Verbindung von Deutsch und Mathematik – ein Angebot für entdeckendes Lernen“, in: Mathematik lehren, Nr. 9: Deutsch und Mathematik, 17–27.

- Keller, Stephan/Ruf, Urs/Winter, Felix, Hrsg. (2008), Besser lernen im Dialog. Dialogisches Lernen in der Unterrichtspraxis, Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer.

2.2.4 Narrative Didaktik

Die Narrative Didaktik geht auf den Schweizer Physik-Didaktiker und Philosophen Fritz Kubli zurück (Kubli 1996, 1998, 2005, 2011) und stellt ein ganzheitliches didaktisches Konzept dar. Die Bezeichnung „narrativ“ bedeutet nicht, dass es sich ausschließlich um eine Auseinandersetzung mit genuin narrativen Texten handelt. Narration erfolgt vor allem durch die Lehrperson, diese schlüpft in die Rolle des Erzählers/der Erzählerin. Erzählt werden können persönliche Erlebnisse ebenso wie historische Ereignisse oder Geschichten, die mit dem Lehrstoff in Beziehung stehen. Dabei können auch Fachtexte den Anlass eines narrativen Zugangs bilden. Berichte und Beschreibungen seitens der Lehrperson oder aus Büchern entsprechen ebenfalls den Zielsetzungen des Konzepts.

Kubli zählt u.a. folgende Möglichkeiten für „Narration“ im Fachunter-richt auf (vgl. Kubli 2005, 23): •••• Erzählungen über historische Experimente, die nicht in der Klasse

durchgeführt werden können, aber den Lauf der Forschungsgeschichte beeinflusst haben

•••• Reminiszenzen aus dem Leben der Lehrenden •••• Schilderung von Erlebnissen durch Lernende •••• Schilderungen von historischen Persönlichkeiten und ihren Aktivitäten

auf verschiedenen Gebieten •••• kurze Originaltexte aus den Werken bedeutender Wissenschaftler, die

im Klassenverband gelesen und diskutiert werden können Die Narrative Didaktik versteht sich als ein Rahmenkonzept, das das Po-tenzial narrativer Elemente im Fachunterricht auszuschöpfen versucht. Aus diesem Grund ist dem Anwender der Narrativen Didaktik ein weiter Spielraum gegeben, sie mit anderen didaktischen Ansätzen zu verknüpfen. Für den sprachaufmerksamen Sachfachunterricht liefert die Narrative Di-daktik insofern eine gute Basis, als sie – wie schon die obige Aufzählung deutlich macht – per se sprach- und textlastig ist. Die Texte, auf die sie zurückgreift, können historisch-chronologisch und/oder literarisch sein. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer Konfrontation von Fachtexten mit literarischen Texten wie Erzählungen und anderen fiktionalen Texten. Diese Gegenüberstellung kann zu einer tiefgehenden Sprachreflexion füh-

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ren und fach- bzw. schriftsprachliche Strukturen den SchülerInnen dadurch bewusst machen. Denn ein Arbeitsauftrag im Sinne der Narrati-ven Didaktik verbindet historisch-chronologische und fiktionale Texte mit der Vermittlung von Fachinhalten. Dabei spielt das mündliche Erzählen, Vortragen oder Vorlesen durch die Lehrkraft eine wichtige Rolle. Die Texte können als Impuls, als Basis für die Weiterarbeit oder als Vergleich mit Fachtexten dienen. Die Ausgangstexte können von den SchülerInnen er-gänzt, erweitert oder rekonstruiert werden und sie können als Basis für eine Texttransformation dienen. Somit zeigt sich, dass eine Kombination der Narrativen Didaktik mit der Literalen Didaktik und dem 3-Phasen-Modell möglich und sinnvoll ist (siehe Kap. 2.2.1).

Als Physiklehrer widmet sich Kubli primär dem Naturwissenschafts-unterricht, seine Theorie lässt sich aber auch auf andere Sachfächer an-wenden. Die Erzähltheorie verlangt, so Kubli, „dass man einen Text zusam-men mit dem Sprecher und dem Adressaten betrachtet und sich seine sinnstiftende Funktion vor Augen hält.“ (2005, 58)

Um das Erzählen als valides didaktisches Instrument zu untermauern, setzt sich Kubli mit den Vor- und Nachteilen der konstruktivistischen Lerntheorie auseinander. (Kubli 1996) Er zeigt auf, dass alle eigenständig entwickelten Vorstellungen bzw. Hypothesen von SchülerInnen zu natürli-chen Phänomenen aus streng konstruktivistischer Sicht untereinander gleichberechtigt sind, unabhängig von ihrer (natur)wissenschaftlichen Relevanz und Richtigkeit. Er weist darauf hin, dass Lernende nur äußerst selten von sich aus zu den gültigen Konzepten gelangen, die oft mehrere Generationen von WissenschaftlerInnen durch Forschung und Überlegung entwickelt haben. Ohne die Bedeutung des Konstruktivismus zu schmä-lern, gibt Kubli Lehrerinnen und Lehrern ihre Rolle als Vorbilder zurück, indem er die sozialen Aspekte des Lernens deutlich macht: Lehrkräfte müssen auch durch ihr persönliches Ansehen den Lernprozess der Schüle-rInnen steuern, um ihnen dabei zu helfen, Fehlvorstellungen zu vermei-den. Die Lehrkraft soll anstelle eines anonymen Moderators wieder eine menschliche Persönlichkeit darstellen und Elemente der eigenen Biografie in den Unterricht einbeziehen. Denn es gilt, dass „eine nur auf die Sache gerichtete Sprache … wesentliche Aspekte ausblenden [kann]: Intuition, Gefühle, Empfindungen oder den Eindruck, dass etwas gut, ins sich stimmig und sinnvoll ist.“ (Kubli 2005, 59)

Jerome Bruner (1996) – auf den sich Kubli beruft – definiert zwei Modi des Denkens: den paradigmatischen, logisch wissenschaftlichen Modus auf der einen und den narrativen Modus auf der anderen Seite. Der Unterricht vieler Sachfächer – insbesondere jener der Naturwissenschaften – stützt sich fast ausschließlich auf den paradigmatischen Modus. Fakten und Kon-zepte werden „horizontal“ dargelegt, d.h. aktuell gültige Regeln und Ge-setze werden präsentiert und nebeneinander gestellt. Dabei kommt die jeweilige Fachsprache zum Einsatz. Die chronologische Entwicklungsge-

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schichte moderner Fachkonzepte mit all den beschrittenen Wegen und Irrwegen wird normalerweise nicht thematisiert. Damit wird den Lernen-den die Möglichkeit genommen, in die Chronologie wissenschaftlichen Fortschritts Einblick zu gewinnen und die Denkwege von ForscherInnen nachzuvollziehen. Wird das Faktenwissen dagegen in dessen geschichtli-che Entwicklung integriert und mit Geschichten von Erfolg und Misserfolg verknüpft, öffnet sich eine menschliche Dimension, die eine emotionale Beteiligung der Lernenden ermöglicht; denn die bloße Beschäftigung mit Fakten ist nicht inspirierend und oft sogar abschreckend. Narration hinge-gen eröffnet einen Dialog, in dem die Lernenden angesprochen werden und Lehrkräfte bereit sind, deren Fragen zu beantworten. Die Sprache, die dabei verwendet wird, ist leicht verständlich und persönlich ansprechend, denn sie entspricht der „inneren Sprache“ der LernerInnen.

Die Narrative Didaktik erzeugt so einen sozialen Rahmen für das Ler-nen.25 Dadurch wird mit dem Erfassen wissenschaftlicher Phänomene auch Einblick in die Natur des Menschen gewährleistet. Der Naturwissen-schaftsunterricht macht für die Lernenden Sinn, wenn er ihnen hilft, die Welt – so wie sie ihnen begegnet – zu verstehen (vgl. Muckenfuß 1995).

Vor allem aber hilft der narrative Zugang zu verdeutlichen, dass wis-senschaftliche Erkenntnis im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen ist. Ihre Regeln und Gesetze sind das Ergebnis menschlichen Strebens und ihre Konzepte sind daher weder zeitlich noch örtlich invariant.

Zudem müssen neben der Entwicklungsgeschichte wissenschaftlicher Erkenntnisse auch ethisch-moralische Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden. Während Wissen selbst wertfrei ist, bringt der Einsatz wissen-schaftlichen Fortschritts im Alltag weitreichende ethische Entscheidungen mit sich. Jugendliche sollten im Rahmen der Narrativen Didaktik daher auch an Diskussionen über Probleme bei der Anwendung wissenschaftli-cher Konzepte teilhaben. Dadurch können die Folgen des Fortschritts für die Gesellschaft erkannt, persönliche Standpunkte bezogen und Verant-wortung übernommen werden.

All diese Argumente der Narrativen Didaktik stehen im Einklang mit einem Einsatz historischer und literarischer Texte, da diese – wenn passend gewählt – die Konsequenzen wissenschaftlicher Forschung für den Alltag behandeln, historische Entwicklung mit fesselnden Geschichten verbinden und die Einstellung der Menschen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen im Laufe der Zeit widerspiegeln.26

25 Gleichzeitig ist evident, dass das Konzept als solches gendergerecht ist: Mädchen

sind eher geneigt Physik in einem sozialen Kontext mit menschlicher Komponente zu lernen.

26 Für diesen Zweck können diverse Romane, Geschichten, Biographien usw. in den Unterricht von Sachfächern eingebaut werden.

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Im Folgenden soll anhand eines Beispiels gezeigt werden, wie sich die Narrative Didaktik in einen sprachaufmerksamen Fachunterricht mit Fokus auf rezeptive und produktive Textarbeit einbauen lässt. Die Aufgabe demonstriert zudem, dass sich der Einsatz der Narrativen Didaktik vor allem dort anbietet, wo heute gültige wissenschaftliche Konzepte (hier: die Evolutionstheorie) im Laufe ihrer Entwicklung kontrovers diskutiert wurden oder noch werden. Die verwendeten Texte sind teilweise Originalausschnitte aus Charles Darwins „Die Abstammung der Arten“; im Sinne der Narrativen Didaktik sollten diese Textausschnitte zunächst von der Lehrkraft vorgelesen und mit dem Gesamtwerk und dem Rest des Kapitels in Beziehung gesetzt werden.

Arbeitsauftrag 1

Wie du weißt, bestehen alle Lebewesen aus Zellen, die DNA-Moleküle enthal-ten. Diese speichern die genetische Information, die sich durch Mutationen ver-ändern kann. Auf dieser Basis lässt sich die Darwin‘sche Evolutionstheorie mo-lekularbiologisch begründen. Dennoch bestreiten die Kreationisten die Evolution und behaupten, dass die Schöpfung des Menschen durch Gott in einem einzigen Akt unabhängig von allen Tieren erfolgt sei. Die folgenden zwei Texte zeigen den Standpunkt von Darwin und jenen einer kreationistischen Vereinigung.

- Lies die Texte sorgfältig und markiere oder unterstreiche die wichtigsten Behauptungen. Kläre Begriffe und/oder Passagen, die dir unverständlich sind. Bedenke, dass der Text Darwins 1871 geschrieben wurde, jener der Website „Zeit und Zeichen“ ca. 2000.

Arbeite ab jetzt mit einem Partner/einer Partnerin:

- Erstellt eine Tabelle, in der ihr die Aussagen von Darwin bzw. jene der Kreationisten-Website in zwei verschiedene Spalten eintragt.

- Überprüft die Texte: Sind sie argumentativ, enthalten sie Hypothesen, Behauptungen, Begründungen? Sind die Aussagen logisch miteinander verknüpft? Welche Schlüsse zieht ihr aus der Gegenüberstellung der Texte? Fasst eure Überlegungen schriftlich zusammen.

Arbeitsauftrag 2

Als Galileo Galilei erklärte, dass die Erde um die Sonne kreist (und nicht umge-kehrt die Sonne um die Erde), wurde er von der Kirche als Ketzer gebrand-markt, aber später mussten die Vertreter der Kirche ihre Lehren mit den erwie-senen physikalischen Fakten in Einklang bringen.

- Bildet Dreier-Gruppen und diskutiert, ob bzw. wie sich die Evolutions-theorie mit den Glaubenssätzen der monotheistischen Religionen vereinbaren lässt.

- Sammelt weitere Information über die Entwicklung der Arten und macht euch mit den Hauptargumenten der Kreationisten vertraut. Inszeniert einen Prozess gegen Darwin in Analogie zum historischen Prozess gegen Galilei:

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Recherchiert, wie der Prozess gegen Galilei geführt wurde und sucht nach szenischen Darstellungen dieses Prozesses, die euch als Vorlage dienen könnten.

Erstellt eine Liste der Personen, die in eurem Prozess auftreten sollen

und schreibt einen Entwurf für ein „Drehbuch“, das Darwins Plädoyer in den Mittelpunkt stellt.

Text 1 Charles Darwin „Die Abstammung des Menschen“ (Fourier, 1. Auflage 1986) Auszüge aus Kapitel 3

Es ist notorisch*, dass der Mensch nach demselben allgemeinen Typus oder Modell wie die anderen Säugetiere gebildet ist. Alle Knochen seines Skelets können mit entsprechenden Knochen eines Affen oder einer Fledermaus oder Robbe verglichen werden; dasselbe gilt für seine Muskeln, Nerven, Blutgefäße und Eingeweide. Das Gehirn, dieses bedeutungsvollste aller Organe, folgt den-selben Bildungsgesetzen, wie Huxley und andere Anatomen gezeigt haben. Bi-schoff [Fußnote] ... gibt zu, daß jede wesentliche Spalte und Falte in dem Gehirn des Menschen ihr Analogon* in dem Gehirn des Orang findet; er fügt aber hinzu, daß auf keiner Entwicklungsperiode die Gehirne beider vollständig unter einander übereinstimmen. Eine völlige Übereinstimmung konnte man auch nicht erwarten, denn sonst würden ihre geistigen Fähigkeiten dieselben gewe-sen sein. ... Es wäre aber überflüssig, hier noch weitere Einzelnheiten in Betreff der Übereinstimmung zwischen dem Menschen und den höheren Säugethieren in der Bildung des Gehirns und aller anderen Teile des Körpers anzuführen. Es dürfte indessen der Mühe wert sein, einige wenige Punkte, welche nicht direkt oder augenfällig in Verbindung mit dem Körperbau stehen, speziell anzufüh-ren, aus denen diese Übereinstimmung oder Verwandtschaft deutlich hervor-geht.

… (Es folgen ausführliche Vergleiche von Krankheiten, der Embryonalent-wicklung und sogenannten Rudimenten* bei Menschen und anderen Wirbeltie-ren.)

Wir können hiernach verstehen, woher es gekommen ist, daß der Mensch und alle übrigen Wirbeltiere nach demselben allgemeinen Plane gebaut sind, warum sie die gleichen Stufen früherer Entwicklung durchlaufen und warum sie ge-wisse Rudimente gemeinsam beibehalten haben. Folgerecht sollten wir offen die Gemeinsamkeit ihrer Abstammung zugeben. … Die Richtigkeit dieser Folge-rung wird noch bedeutend verstärkt, wenn wir die Glieder der ganzen Tierreihe und die Tatsachen ihrer Verwandtschaft oder Klassifikation, ihrer geographi-schen Verbreitung und geologischen Aufeinanderfolge betrachten. Es ist nur unser natürliches Vorurteil und jene Anmaßung, die unsere Vorfahren erklären hieß, daß sie von Halbgöttern abstammten, welche uns gegen diese Schlussfol-gerung einnehmen. Es wird aber nicht lange dauern, und die Zeit wird da sein, wo man sich darüber wundern wird, daß Naturforscher, welche mit dem Bau und der Entwicklung des Menschen und anderer Säugethiere … bekannt waren, haben glauben können, daß jedes derselben die Folge eines besonderen Schöp-fungsaktes gewesen sei.

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*notorisch … bekannt *Analogon … Entsprechung, Ähnliches *folgerecht … folglich *Rudiment … Überbleibsel

Text 2 „Zeit und Zeichen“ http://home.arcor.de/hrg/evoframe.htm (Im Impressum ist nur eine E-Mail-Adresse, jedoch kein Name angegeben.)

„Wir müssen den Gegenstand unserer Forschungs- und Lehrinitiative vor An-griffen aus dem christlich-konservativen Lager rechtfertigen und die Tatsache der Evolution immer wieder betonen.“ So ist im Vorwort einer der vielen „Evolutionsseiten“ zu lesen. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, was vielen Evolutionsanhängern eigen ist. Es geht nicht mehr um unabhängiges Forschen nach Tatsachen, sondern um das Behaupten einer zum Dogma erhobenen, liebgewonnenen Hypothese und letzt-endlich um das Durchsetzen eines (gottlosen) Weltbildes. Als ob diese Art der Gehirnwäsche in Schulen und an Universitäten nicht schon zur Genüge betrieben würde. Wissenschaftlich nennen sie sich und verhalten sich aber komplett konträr. Sie schotten ihre Hypothese ab und betonen sie – wider besseres Wissen – als erwiesene Tatsache.

Häufig enthalten Beschreibungen der evolutionären Mechanismen eine Mischung von objektiven Daten, theoriegeleiteten Interpretationen und welt-anschaulichen Faktoren, ohne daß zwischen ihnen klar unterschieden wird, so daß man die vorkommenden Grenzüberschreitungen wahrnehmen könnte. Das Endergebnis ist dann sehr oft, daß die Öffentlichkeit den Eindruck bekommt, die ihr angebotene Weltanschauung sei eine logische Folge der objektiven Daten, und nicht merkt, daß man dabei von der Naturwissenschaft zur Metaphysik übergegangen ist und somit einen logischen Fehler begangen hat.

Die Hypothese von der „biochemischen Evolution“ ist unrealistisch und hängt völlig in der Luft. Sie bietet zwar viele interessante Ideen, die helfen mögen, sich an die zu lösenden Probleme heranzutasten, bietet aber keinerlei wissenschaftliche Erklärung für die Entstehung des Lebens.

Die gleichen molekularen, experimentell erschlossenen Mechanismen, die die Nichtvererbbarkeit erworbener Eigenschaften und das Schema von Mutation – Selektion als artstabilisierenden Vorgang beweisen, widerlegen zugleich auch die Vorstellung von der Entstehung neuer Arten auf dem Wege von Mutation und Selektion.

Eine beliebige Veränderlichkeit der Arten und eine Abstammung aller Arten von gemeinsamen Vorfahren ist aufgrund von Beobachtungen aus der Züchtungs- und Mutationsforschung wenig glaubhaft. Trotz jahrzehntelanger Versuche, Lebewesen mittels Bestrahlung oder Chemikalien durch Mutation zu verändern, konnte nie, auch nur andeutungsweise, eine neue Struktur (Höherentwicklung) sondern nur Variabilität (meist Mißbildung) erzeugt werden.

Jede Zelle ist durch einen „genetischen Code“ programmiert. Die in diesem

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Code enthaltenen Informationen erfordern immer einen „Informationsgeber“. Information ist wesensmäßig keine materielle, sondern eine geistige Größe. Materielle Prozesse scheiden daher als Informationsquelle aus.

Selbstorganisationstheoretiker erklären mit Erfolg, was keiner Erklärung bedarf. Was einer Erklärung bedarf, ist nicht der Ursprung der Ordnung, sondern der Ursprung der Information.

Da die Zelle keine Chemikalie, sondern ein Kommunikationssystem ist, sind zentrale Annahmen Darwins unhaltbar: - eine Veränderung der Lebewesen über lange Zeiträume in kleinen Schritten - Evolution als ein ausschließlich zufallsgesteuerter Prozess - keine kommunikative Verbindung des Genoms mit der Umwelt.

H.R. Dez. 2000 (Name des Autors nicht ausgeschrieben)

Anmerkung: Der Text Darwins ist Bestandteil eines umfangreichen Buchs. Beide Texte sind gekürzt, die Literaturangaben sind weggelassen.

Für ein genaueres Kennenlernen der Narrativen Didaktik seien die zitierten Arbeiten des Autors empfohlen: - Kubli, Fritz (1996), „Erzählen in konstruktivistischer Sicht“, in: Zeit-

schrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 2, Heft 2, 39-50. - Kubli, Fritz (1998), Plädoyer für Erzählungen im Physikunterricht – Ge-

schichte und Geschichten als Verstehenshilfe, Köln: Aulis. - Kubli, Fritz (2005), Mit Geschichten und Erzählungen motivieren. Beispiele

für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht, Köln: Aulis Verlag Deubner.

- Kubli, Fritz (2011), Denken als soziale Errungenschaft. Eine genetische Erkennnistheorie im Dialog, Wien: Lit Verlag.

Alle hier im Handbuch vorgestellten didaktischen Modelle und Ansätze wurden in der Unterrichtspraxis erprobt und können für LehrerInnen ver-schiedener Sachfächer als geeignete Anregung zur Planung und Durchfüh-rung eines sprachaufmerksamen Fachunterrichts empfohlen werden.

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3 Sprachcoaching im Fachunterricht

3.1 Analyseinstrumente und Werkzeuge

Sprachaufmerksamer Fachunterricht zeigt sich im sprachlichen und di-daktischen Handeln der Lehrkräfte. Ob und auf welche Weise dieser reali-siert wird und wie dahingehendes Verbesserungspotenzial erkannt und ausgeschöpft werden kann, ist eine schwierige und herausfordernde Auf-gabe. Diese Aufgabe könnte vor allem von Sprachcoaches wahrgenommen werden, die als Hauptzielgruppe bei der Entwicklung von Analyseinstru-menten im Rahmen des Projekts „Didaktisches Coaching für den Unter-richt in mehrsprachigen Klassen“ (DiC) ins Auge gefasst waren. Das im Folgenden vorgestellte Set an Analyseinstrumenten umfasst einen •••• Analysebogen zur differenzierten Beurteilung eines sprachaufmerksa-

men Fachunterrichts anhand von videographierten Unterrichtsstunden •••• Fragebogen für FachlehrerInnen zur Bedeutung von Sprache im

Fachunterricht •••• Selbstreflexionsbogen für FachlehrerInnen zur prozessbegleitenden

Professionalisierung hinsichtlich eines sprachaufmerksamen Fachunter-richts

Die Analyseinstrumente dienen primär dazu, von Sprachcoaches im Rah-men eines Coaching-Prozesses eingesetzt zu werden; sie sollen zu einer langfristigen Veränderung und Verbesserung des Unterrichts führen. Der Selbstreflexionsbogen, der den Prozess der Weiterqualifizierung – auch über ein Coaching hinaus – nachhaltig unterstützen soll, kann jedoch, ebenso wie der Fragebogen, auch von Fachlehrkräften verwendet werden. In jedem Fall erfordert der Einsatz dieser Analyseinstrumente eine Schu-lung im Rahmen von Fort- bzw. Weiterbildungsangeboten, die die Lektüre dieses Handbuchs ergänzt.27

3.1.1 Analysebogen

Der Analysebogen umfasst Analysekriterien, die eine differenzierte Beur-teilung von Fachunterricht hinsichtlich des sprachlichen und didaktischen Handelns von Lehrkräften erlaubt. Die Entwicklung und Operationalisie-rung dieser Kriterien basiert auf empirischen Befunden aus einschlägiger Forschungsliteratur sowie auf Analysen von ca. 80 videographierten Un-terrichtsstunden in den Fächern Mathematik, Chemie, Geschichte, Be-

27 Anfragen dazu bitte an: [email protected].

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triebswirtschaftslehre, Rechnungswesen und Biologie in BHS und AHS in Wien und Graz (DiC-Projekt). Die für diesen Analysebogen erarbeiteten Kriterien wurden von geschulten Ratern mehrfach erprobt und optimiert. Sie beziehen sich unmittelbar auf die didaktischen Ausführungen in Kap. 2 dieses Handbuchs.

Allgemeine Informationen

Zur effizienten Arbeit mit den Analysekriterien sind im Analysebogen Indikatoren angeführt, die im Unterricht konkret beobachtbar sind. Jedes Analysekriterium (= latente Variable) wird also durch beobachtbare Indi-katoren (= manifeste Variablen) beschrieben. So wird z.B. das Analysekrite-rium „Die Aussprache der Lehrperson ist verständlich und unterstützt Verstehensprozesse“ durch Indikatoren wie die Lehrperson wählt eine ange-messene Lautstärke, sie artikuliert klar und deutlich, sie wählt ein angemessenes Sprachtempo etc. verdeutlicht.

Die Beurteilung von Unterricht soll in diesem Analyseverfahren auf-grund der Qualität bzw. Intensität einer Merkmalsausprägung und nicht aufgrund der quantitativ festzustellenden Häufigkeit der jeweils ange-führten Indikatoren erfolgen. Es geht also nicht primär darum, wie viele Indikatoren im Unterricht jeweils realisiert werden, sondern in welcher Qualität bzw. Intensität sie zu beobachten sind. Die jeweiligen Analysekrite-rien sollen anhand folgender Antwortmöglichkeiten bewertet werden: Im LehrerInnen-Analyseteil besitzen die numerischen Werte folgende Aus-sagekraft: 0 NEIN: trifft nicht zu → hoher Coachingbedarf

1 JA: trifft wenig zu → mittlerer Coachingbedarf

2 JA: trifft eher zu → geringer Coachingbedarf

3 JA: trifft völlig zu → kein Coachingbedarf

IRRELEVANT → Bewertung kann aufgrund der Daten-grundlagen nicht erfolgen, d.h. kein Analysekriterium

Im SchülerInnen-Analyseteil besitzen die numerischen Werte folgende Aus-sagekraft: 0 NEIN: so gut wie nicht fest- → hoher Rückmeldebedarf

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

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stellbar

1 JA: bei wenigen SchülerInnen feststellbar

→ mittlerer Rückmeldebedarf

2 JA: beim überwiegenden An-teil der SchülerInnen fest-stellbar

→ geringer Rückmeldebedarf

3 JA: bei nahezu allen Schüle-rInnen feststellbar

→ kein Rückmeldebedarf

IRRELEVANT → keine Bewertung möglich, d.h. kein Analysekriterium

Die Beurteilung irrelevant wird dann vergeben, wenn das zu beobachtende Analysekriterium in der jeweiligen Unterrichtssequenz nicht aufzufinden ist bzw. im konkreten Fall nicht erforderlich ist.

Alle im Analysebogen vorfindlichen Analysekriterien beziehen sich auf Unterrichtssequenzen, die primär sachbezogen sind und nicht z.B. der Organisation des Unterrichtsgeschehens oder Disziplinierungsmaßnahmen gegenüber den SchülerInnen dienen.

Hinweise zur Analyse der SchülerInnen-Sprache

Die Analyse der SchülerInnen-Äußerungen dient zur Rückmeldung an die Lehrperson hinsichtlich der sprachlichen Aktivität, der Sprachkompetenz und der Sprachaufmerksamkeit der Lernenden. Ein besonderes Augen-merk sollte dabei auf den Äußerungen von SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache liegen; etwaige Auffälligkeiten sollten auf möglichst diffe-renzierte Weise im Kommentarfeld beschrieben werden, um sie einer wei-teren Analyse zugänglich zu machen.

Angaben zu Unterrichtsanalyse

1. Coach: _________________________________________________________ 2. Schule: _________________________________________________________ 3. Schulstufe: _____________________________________________________ 4. Lehrperson: _____________________________________________________ 5. Unterrichtsfach: _________________________________________________ 6. Anteil der Daz-SchülerInnen: _____________________________________

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7. Stundenthema: __________________________________________________ 8. Analyse-Sequenzen: _____________________________________________ 9. Unterrichtsmaterialien: ___________________________________________ 10. Sozialformen: __________________________________________________ 11. Sprachaktivität der SchülerInnen: _________________________________

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I. Lehrperson

A Sprachverhalten/-gebrauch 1. Die Aussprache der Lehrperson ist verständlich und unter-

stützt Verstehensprozesse.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

eine angemessene Lautstärke wählt; klar und deutlich artikuliert; ein angemessenes Sprechtempo wählt; inhaltlich wichtige Wörter/Informationen betont/akzentuiert; in-haltsbezogene Pausen setzt; die Satzmelodie inhaltsbezogen einsetzt (Fragen/ Aufforderungen/Aussagen); das Sprechtempo an die Komplexität der Äußerungen anpasst; die Stimmlage verständnisfördernd variiert etc.

Kommentar:

2. Die Körpersprache der Lehrperson unterstützt das sprachliche

Verstehen.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Mimik/Gestik verständnisunterstützend einsetzt; Vorgänge/Sachverhalte/Begriffe kör-perlich darstellt/vorführt/demonstriert etc.

Kommentar:

3. Die Ausführungen der Lehrperson sind klar strukturiert,

kohärent und nachvollziehbar.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

ein Thema schrittweise entfaltet; Inhalte nachvollziehbar vermittelt; Gedankengänge in ihrem Zusammenhang darstellt; zentrale Inhalte/Informationen/Begriffe hervorhebt;

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Kohäsionsmittel verwendet, um Sachzusammenhänge zu verdeutlichen; schwierige fachliche Inhalte wiederholt/reformuliert/paraphrasiert/konkretisiert/exemplifiziert/zu-sammenfasst; redekommentierende Sprachmittel zur inhaltlichen Verdeutlichung/ Strukturierung einsetzt (z.B. „das ist jetzt besonders wichtig“, „das haben wir bereits letzte Woche besprochen“); Denkvorgänge verbalisiert etc.

Kommentar:

4. Die Lehrperson wechselt angemessen zwischen Alltags- und

Schriftsprache.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Alltagssprache zur Herstellung/Festigung/Aufrechterhaltung sozialer Kontakte mit den SchülerInnen einsetzt; Alltagssprache zur Lernorganisation einsetzt; Schriftsprachlich-keit zur Vermittlung fachunterrichtlichen Wissens und Könnens verwendet; Schrift-sprachlichkeit zur Bedeutungs-/Begriffserklärung einsetzt; im fachlichen Wissensdiskurs mit den SchülerInnen situativ und funktional angemessen zwischen Alltags- und Schriftsprachlichkeit wechselt; systematisch von der Alltags- zur Schriftsprachlichkeit hinführt etc.

Kommentar:

5. Schriftsprachlichkeit wird durch die Sprachverwendung der

Lehrperson modellhaft vorgeführt.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

sich in korrekten Sätzen äußert; Sachverhalte nachvollziehbar entfaltet (z.B. durch Ver-wendung von Konjunktionen wie z.B. weil, während etc.); explizit zwischen alltags- und fachsprachlichen Begriffen/Strukturen unterscheidet; Fachbegriffe präzise verwen-det; komplexe/abstrakte Sachverhalte nachvollziehbar darstellt; Partizipialattribute ein-setzt (z.B. das siedende Wasser); Inhalte/Sachverhalte durch Nominalisierungen (z.B. die Armut, der Abbau)/Komposita (z.B. das Bruttonationalprodukt) oder Funktions-verbgefüge (z.B. zum Sieden bringen) verdichtet; situative Bezüge durch Verwendung von unpersönlichen Ausdrücken (z.B. man) oder Passivkonstruktionen oder Konstrukti-onen mit „lassen“; ausblendet/verallgemeinert/entpersonalisiert; etwas durch Verwen-dung von Konjunktiv oder Modalverben als Hypothese formuliert (z.B. das kann die Ur-sache sein); sich objektiv und distanziert mit einem Gegenstand/Sachverhalt auseinan-

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dersetzt; unterschiedliche Positionen referiert/einander gegenüberstellt/abwägt; sprach-liche Handlungen (erklären, beschreiben, begründen, vergleichen etc.) angemessen reali-siert etc.

Kommentar:

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78

B Sprachdidaktisches Handeln 1. Die Lehrperson vermittelt fachspezifische Inhalte sprachbezogen.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

das sprachliche Verständnis der SchülerInnen sicherstellt; Fachbegriffe/fachsprachliche Strukturen systematisch vermittelt; Aufgaben zu einer rezeptiven und produktiven Auseinandersetzung mit Texten einsetzt; Lese- und Schreibstrategien einsetzt; fachspe-zifische Textsortenkenntnisse vermittelt; Schreibaufgaben einsetzt; sprachliche Hand-lungen transparent macht (erklären, beschreiben, vergleichen etc.) etc.

Kommentar:

2. Die Lehrperson regt die SchülerInnen zur Sprachreflexion an.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson die Schüle-rInnen anregt

die Aufmerksamkeit nicht nur auf Inhalte, sondern auch auf Sprache zu lenken; Funkti-onen von Sprache zu thematisieren/zu analysieren (informieren, appellieren usw.); sich mit sprachlichen Handlungen (z.B. erklären, beschreiben etc.) auseinanderzusetzen; über Regeln/Strukturen von Sprache zu reflektieren; über die Bedeutung/Herkunft von Begriffen nachzudenken; die Herkunfts-/Fremdsprachen der SchülerInnen bei der Be-griffsarbeit einzubeziehen; über die Bedeutung von Sätzen/Texten nachzudenken; über den Aufbau/die Struktur von Texten zu reflektieren; sich mit wichtigen Merkmalen von Textsorten auseinanderzusetzen; über Unterschiede zwischen Alltags- und Schrift-sprachlichkeit nachzudenken; sich mit den Anforderungen der Schriftsprachlichkeit aus-einanderzusetzen; über die Anforderungen von Fachdiskursen nachzudenken; sprachli-che Äußerungen von MitschülerInnen im Hinblick auf sprachliche Angemessen-heit/Korrektheit zu diskutieren etc.

Kommentar:

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3. Die Lehrperson regt die SchülerInnen zum aktiven Sprachgebrauch an.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson den SchülerIn-nen ausreichend Redezeit überlässt und sie motiviert,

längere, zusammenhängende mündliche Äußerungen zu produzieren; sich über inhalt-lich komplexere Themen zu äußern; fachliche Inhalte/Phänomene in der Klasse zu disku-tieren; Bedeutungen von Fachbegriffen/fachlichen Zusammenhängen interaktiv auszu-handeln; sich mit Texten rezeptiv und produktiv auseinanderzusetzen (Verknüpfung von Lese- und Schreibaktivitäten); Lernergebnisse mündlich oder schriftlich zu präsen-tieren; in Gruppenarbeiten zu interagieren und zu diskutieren; gemeinsam längere, ko-härente Texte zu verfassen (kooperatives Schreiben) etc.

Kommentar:

4. Die Lehrperson regt die SchülerInnen zu einem aufmerksamen Sprachgebrauch an.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson die SchülerInnen dazu anregt,

Sprache in ihrer Funktion als Werkzeug des Wissenserwerbs bewusst einzusetzen; Spra-che präzise zu verwenden; Fachbegriffe/fachsprachliche Konstruktionen genau zu wäh-len/korrekt zu verwenden; längere, ausführlichere Antworten/Erklärungen etc. zu for-mulieren; Lernergebnisse schriftlich zu fixieren; Sprache entsprechend ihrer Funktion einzusetzen (informieren, appellieren, beschreiben usw.); sprachliche Handlungen (in-formieren, erklären, beschreiben usw.) angemessen zu realisieren; Fachbegriffe/fach-sprachliche Strukturen angemessen einzusetzen; den (fachspezifischen) Aufbau von Textsorten zu beachten; sprachliche Hilfsmittel (Wörterbücher) zu verwenden etc.

Kommentar:

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80

5. Die Lehrperson regt die SchülerInnen zur individuellen Erarbeitung und Darstellung von Wissen an.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson für die Schüle-rInnen Lerngelegenheiten herstellt,

ihr Vorwissen zu aktivieren und zu verbalisieren; neues Wissen im Austausch mit an-deren zu erschließen und darzustellen; fachliche Zusammenhänge selbständig herzu-stellen und zu verbalisieren; Informationen aus Texten/dem Internet etc. zu recherchie-ren/zu bewerten/zu kommentieren etc.

Kommentar:

6. Die Lernanforderungen im Unterricht sind sprachlich explizit

und transparent.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Operatoren präzise verwendet (beschreibe, erkläre, vergleiche etc.); sprachliche Hand-lungen (argumentieren, erklären etc.) bewusst macht/mit den SchülerInnen analysiert; sprachliche Mittel zur Realisierung sprachlicher Handlungen zur Verfügung stellt (z.B. „einerseits – andererseits“ für das Argumentieren); Aufgabenstellungen sprachlich prä-zise/eindeutig/vollständig formuliert; die Art/den Modus der sprachlichen Präsentation der Lernergebnisse festlegt (z.B. „Stellt das Ergebnis eurer Überlegungen in fünf Sät-zen/einer kurzen Zusammenfassung schriftlich dar) etc.

Kommentar:

7. Die Lehrperson stellt das sprachliche Verständnis der SchülerInnen sicher.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Aufgabenstellungen mündlich und schriftlich präsentiert; nachfragt, ob die SchülerIn-nen die Aufgabenstellung verstanden haben; Aufgabenstellungen paraphrasiert/erklärt etc.; die SchülerInnen Aufgabenstellungen paraphrasieren/erklären lässt; nachfragt bzw.

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81

durch Aufgabenstellungen erkundet, ob die SchülerInnen mündlich vermittelte Inhalte/ einen Text verstanden haben; die Nutzung von Nachschlagewerken, Wörterbüchern etc. anregt etc.

Kommentar:

8. Die Lehrperson unterstützt die SchülerInnen beim sprachlichen Verstehen und bei der Sprachproduktion.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

die SchülerInnen auffordert, ihr Vorwissen zu aktivieren und zu verbalisieren; den SchülerInnen ausreichend Zeit zum Formulieren von Fragen/Finden von Antworten bzw. Formulieren komplexerer sprachlicher Äußerungen gibt; sprachbezogene Fragen der SchülerInnen aufgreift und klärt; SchülerInnenäußerungen modelliert/reformu-liert/erweitert; die SchülerInnen ermutigt, sprachliche Probleme bzw. Verständnis-schwierigkeiten zu verbalisieren; die SchülerInnen beim eigenständigen Lösen sprachli-cher Probleme bzw. Verständnisschwierigkeiten unterstützt; Zeitfenster zur eigenstän-digen Sprachreflexion schafft etc.

9. Die Lehrperson gibt den SchülerInnen sprachbezogenes Feedback.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

sprachliche Probleme bzw. Verständnis-/Produktionsschwierigkeiten mit den Schüle-rInnen diskutiert; Rückmeldung zur sprachlichen Form von SchülerInnenäußerungen gibt; sprachliche Äußerungen/Texte der SchülerInnen im Unterricht zum Thema macht; Feedback gibt, das sich v.a. auf das Verstehen und zusammenhängende Darstellen von fachlichen Inhalten konzentriert; sowohl mündliches als auch schriftliches Feedback auf SchülerInnenäußerungen/-texte gibt; SchülerInnenäußerungen/-texte zum Ausgangs-punkt einer weiterführenden Auseinandersetzung mit einem Thema macht etc.

Kommentar:

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82

10. Die Lehrperson stellt Aufgaben, die rezeptive und produktive Sprachfertigkeiten integrieren.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Aufgaben zur Verknüpfung von Lese- und Schreibaktivitäten einsetzt; Lese- und Schreibstrategien bewusst macht/vermittelt; über Texte sprechen wie auch schreiben lässt; Texte exzerpieren bzw. zusammenfassen lässt; Präsentationsaufgaben einsetzt, die sich auf Texte beziehen etc.

Kommentar:

11. Fachsprachliche Begriffe und Kollokationen werden systematisch vermittelt.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

Aufgaben zum selbstständigen Erschließen von fachsprachlichen Begriffen/Kollokatio-nen einsetzt; fachsprachliche Begriffe/Kollokationen erklärt/definiert/paraphrasiert etc.; fachsprachliche Begriffe/Kollokationen anhand von Beispielen/Analogien verdeutlicht; Bilder/Grafiken zur Veranschaulichung von fachsprachlichen Begriffen/Kollokationen einsetzt; zur Begriffsarbeit mit Nachschlagewerken (Lexika, Internet, Fachliteratur etc.) anleitet; wichtige Fachbegriffe/fachsprachliche Kollokationen durch Tafelanschrieb oder Ähnliches festhält; die SchülerInnen Vokabellisten/-kärtchen etc. mit wichtigen fach-sprachlichen Begriffen/Kollokationen führen lässt; die Erst-/Fremdsprachen der Schüle-rInnen bei der Bedeutungsvermittlung heranzieht etc.

Kommentar:

12. Die Lehrperson verlangt von den SchülerInnen Genauigkeit

in der fachsprachlichen Kommunikation.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson

von den SchülerInnen eine korrekte Begriffsverwendung einfordert; die SchülerInnen auffordert zwischen Alltags- und Fachbegriffen zu unterscheiden; den SchülerInnen ein

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83

differenziertes Feedback zur Begriffsverwendung im mündlichen/schriftlichen Bereich gibt; mit den SchülerInnen Merkmale der fachsprachlichen Kommunikation erarbeitet; sprachliche Mittel (wissenschaftliche Phrasen/Ausdrücke) für Fachdiskurse zur Verfü-gung stellt; Hilfsmittel (z.B. Wörterbücher, Lexika) bereitstellt etc.

Kommentar:

13. Die Lehrperson regt die SchülerInnen zum Einsatz von Schriftsprachlichkeit an.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson die SchülerInnen auffordert, im Fachdiskurs

auch komplexere Sätze zu verwenden; sich grammatisch korrekt zu äußern; längere, ko-härente Texte zu schreiben; Sachverhalte nachvollziehbar zu entfalten (z.B. durch Ver-wendung von Konjunktionen wie z.B. weil, während etc.); Fachbegriffe präzise zu ver-wenden; Inhalte/Sachverhalte durch Nominalisierungen (z.B. die Armut, der Abbau), Komposita (z.B. das Bruttonationalprodukt), Partizipialattribute (z.B. das siedende Wasser) oder Funktionsverbgefüge (z.B. zum Sieden bringen) zu verdichten; durch Verwendung von unpersönlichen Ausdrücken (z.B. man), Passivkonstruktionen oder Konstruktionen mit „lassen“ situative Bezüge auszublenden/zu verallgemeinern; durch Verwendung von Konjunktiv oder Modalverben etwas hypothetisch darzustellen (z.B. das kann die Ursache sein); durch Vergleichen/Argumentieren unterschiedliche Positio-nen zu referieren/einander gegenüberzustellen/gegeneinander abzuwägen etc.; sprachli-che Handlungen (erklären, beschreiben, begründen, vergleichen usw.) angemessen zu realisieren und klar voneinander abzugrenzen; fachtextsortenspezifische Merkmale zu berücksichtigen etc.

Kommentar:

14. Im Unterricht erfolgt eine intensive Schreib- und Textarbeit.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → das zeigt sich z.B. darin, dass die Lehrperson den SchülerIn-nen aufträgt

ihr Vorwissen zum Thema eines Textes zu aktivieren; einen Text auf verschiedene Arten zu lesen (selektives, detailliertes etc. Lesen); relevante Informationen in einem Text her-vorzuheben (markieren, unterstreichen, Stichwörter herausschreiben etc.); Hilfsmittel

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zur Bedeutungserschließung einzusetzen (z.B. Wörterbücher, Lexika); Fragen zu Text-inhalten zu beantworten; Texte zusammenzufassen etc.; über Texte zu reflektieren/Texte zu analysieren; sich zu Texten zu äußern (mündlich und schriftlich); Informationen aus verschiedenen Texten zu entnehmen und zusammenzuführen; inhaltliche Bezüge zwischen verschiedenen Texten herzustellen; Texte zu planen; längere, kohärente Texte zu schreiben; Texte zu überprüfen und zu überarbeiten; fachspezifische Textsorten zu dekonstruieren; textsortenspezifische Merkmale in eigenen Texten zu berücksichtigen etc.

Kommentar:

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85

C Zwischenresümee des Lehrverhaltens

Stärken der Lehrperson Schwächen der Lehrperson

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II. SCHÜLERINNEN

A Sprachverhalten/-gebrauch 1. Die SchülerInnen gehen mit Sprache aufmerksam und reflektiert um.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen

sich gegenseitig bei sprachlichen Fehlern/Ausdrucksfehlern korrigieren; angemessene/ korrekte fachsprachliche Begriffe/Phrasen erproben; über fachsprachliche Begriffe/Kon-struktionen diskutieren; Bedeutungen aushandeln; Sprachvergleiche (mit der L1 oder L2) anstellen; sich über die Herkunft von Begriffen/Phrasen austauschen; sich über Formulierungen in Gesprächen/Dialogen/Texten äußern; Assoziationen zu Begriffen/ Themen anstellen und verbalisieren etc.

Kommentar:

2. Die SchülerInnen sind im Unterricht sprachlich aktiv.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die Schülerinnen

kurze/vollständige Sätze produzieren; längere/zusammenhängende Äußerungen produ-zieren; Fachinhalte präsentieren; über Fachthemen/-texte/-fragen diskutieren; Noti-zen/Mitschriften verfassen; längere/kohärente Texte schreiben; auf das Fach bezogene Phänomene/Gegenstände/Fragestellungen mündlich oder schriftlich erklären/beschrei-ben/analysieren etc.; eine vorwissenschaftliche Arbeit schreiben etc.

Kommentar:

3. Die SchülerInnen zeigen ein Verständnis für die sprachlichen

Anforderungen von Aufgabenstellungen.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

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Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen verständnissichernde Fragen zu Aufgaben stellen; Probleme im Umgang mit Aufgaben-stellungen verbalisieren; Aufgabenstellungen angemessen paraphrasieren; sich gegensei-tig Aufgabenstellungen erklären; auf verständnisfördernde Hilfsmittel/Wörterbücher/ das Internet etc. zurückgreifen; einzelne Arbeitsschritte der Aufgabenstellung erkennen und verbalisieren; Notizen/Skizzen zur Aufgabenstellung machen; die Aufgabe unverzüglich/ohne zu zögern zu bearbeiten beginnen; die Aufgabe korrekt lösen etc.

Kommentar:

4. Die SchülerInnen realisieren Schriftsprachlichkeit im

Mündlichen.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen

sich in vollständigen Sätzen äußern; Sachverhalte nachvollziehbar/in zusammenhän-genden Äußerungen z.B. durch Verwendung von Konjunktionen (weil, während etc.) darstellen; Fachbegriffe präzise verwenden; komplexe/abstrakte Sachverhalte darstellen, indem sie komplexe Sätze/Phrasen (z.B. Wasserstoff, Moleküle) oder Partizipialattribute (das siedende Wasser etc.) verwenden; Inhalte/Sachverhalte verdichten durch Nominali-sierungen (z.B. die Armut, der Abbau), Komposita (z.B. das Bruttonationalprodukt), Partizipialattribute (z.B. das siedende Wasser) oder Funktionsverbgefüge (z.B. zum Ko-chen bringen); situative Bezüge durch Verwendung von unpersönlichen Ausdrücken (z.B. man), Passivkonstruktionen oder Konstruktionen mit „lassen“ ausblen-den/verallgemeinern; durch Verwendung von Konjunktiv oder Modalverben (z.B. das kann die Ursache sein) etwas unpersönlich darstellen/verallgemeinern; sich objektiv und distanziert mit einem Gegenstand/Sachverhalt auseinandersetzen; durch Verglei-chen/Argumentieren unterschiedliche Positionen referieren/einander gegenüberstel-len/gegeneinander abwägen; sprachliche Handlungen (erklären, beschreiben, begründen, vergleichen usw.) angemessen realisieren etc.

Kommentar:

5. Die SchülerInnen realisieren Schriftsprachlichkeit in Texten.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen

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88

vollständige Sätze verfassen; längere/kohärente Texte schreiben; Konjunktionen ange-messen verwenden; ein Thema/einen Sachverhalt nachvollziehbar entfalten; einen Text klar strukturieren/in Absätze gliedern; komplexe Satzstrukturen/Phrasen verwenden; Nominalisierungen verwenden; angemessene Fachbegriffe/fachsprachliche Phrasen ver-wenden; fachspezifische Textsortenmerkmale berücksichtigen; zwischen Texten und Bil-dern/Grafiken etc. Bezüge herstellen, Informationen aus verschiedenen Texten einander gegenüberstellen/abwägen etc.; sprachliche Handlungen (erklären, beschreiben, argu-mentieren, vergleichen etc.) angemessen realisieren etc.

Kommentar:

6. Die SchülerInnen realisieren eine intensive Schreib- und

Textarbeit.

Nein Ja Irrelevant 0 □ 1 □ 2□ 3□ □

Wenn JA → dies zeigt sich z.B. darin, dass die SchülerInnen

Texte mehrmals und mithilfe unterschiedlicher Strategien lesen (globales, detailliertes, selektives Lesen); unterschiedliche Texterschließungsstrategien einsetzen (Markieren wichtiger Informationen im Text; Notieren inhaltlich relevanter Stichwörter; Zusam-menfassen wichtiger Informationen etc.); einen Text gemeinsam zu erschließen versu-chen (kooperatives Lernen); über Textinhalte diskutieren; Querverweise zu anderen Tex-ten herstellen; sich kritisch über einen Text äußern; Informationen aus anderen Texten zur Texterschließung nutzen; fachspezifische Texte analysieren/Textsortenmerkmale dekonstruieren; fachspezifische Texte planen/formulieren/überarbeiten; Texte gemeinsam verfassen (kooperatives Schreiben) etc.

Kommentar:

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89

B Zwischenresümee

Stärken der SchülerInnen Schwächen der SchülerInnen

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90

III. ZUSAMMENFASSUNG DER ANALYSE

Stärken des Unterrichts Schwächen des Unterrichts

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91

IV. VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE

Wie könnte das Sprachverhalten der Lehrperson optimiert werden? Wie könnte das sprachdidaktische Handeln der Lehrperson optimiert werden?

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92

3.1.2 Fragebogen

Der Fragebogen für FachlehrerInnen dient primär dazu, Einstellungen von Lehrpersonen zu ermitteln, um für das Coaching besonders relevante Analysebereiche herausarbeiten und fokussieren zu können. Der Fragebo-gen kann darüber hinaus aber auch zur Erhebung von subjektiven Ein-stellungen und Theorien in Bezug auf die Rolle und Bedeutung der Spra-che im Fach verwendet werden.

Wird der Fragebogen im Rahmen eines Coachings eingesetzt, so sollte dieser vor Beginn der ersten Unterrichtshospitation bzw. Beratung ver-wendet werden. Die Fragen beziehen sich unmittelbar auf Leitlinien für einen sprachbewussten Fachunterricht (siehe Kap. 2.1) im ersten Teil dieses Handbuchs.

Dieser Fragebogen wurde in Schulen in ganz Österreich auf der Sekun-darstufe I erprobt (BHS, AHS); die Ergebnisse des ersten Rücklaufs (n = 286) wurden in Zusammenarbeit mit Psychologen vom Institut für Psychologie der Universität Graz ausgewertet und einer Optimierung zu-grunde gelegt.

Informationen

Für die Beantwortung der Fragen stehen folgende Antwortmöglichkeiten zur Verfügung: 0 = trifft nicht zu 1 = trifft wenig zu 2 = trifft eher zu 3 = trifft völlig zu Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen persönlichen Kommentar hinzuzufügen.

„Sprache im Fach“ - Fragebogen für FachlehrerInnen

1. Mein Fach ist mit besonderen sprachlichen Anforderungen verbunden (z.B. viele Fachbegriffe, komplexe Fachsprache etc.). □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 2. Meine SchülerInnen haben oft sprachliche Schwierigkeiten, wenn es darum geht, fachliche Inhalte zu verstehen. □ 0 □1 □2 □3

Page 89: Handbuch: Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich ...

93

Kommentar: ______________________________________________________ 3. Die sprachlichen Voraussetzungen meiner SchülerInnen sind sehr hete-rogen, viele können nicht ausreichend Deutsch, andere wiederum weisen hohe sprachliche Fähigkeiten auf. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 4. In meinem Unterricht wird nur Deutsch gesprochen, damit die Schüle-rInnen mit anderen Erstsprachen die Gelegenheit haben, besser Deutsch zu lernen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 5. Ich drücke mich in meinem Unterricht möglichst einfach aus, um fachli-che Inhalte verständlich zu vermitteln. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 6. Ich vermeide, wenn möglich, Fachbegriffe und greife oft auf alltags-sprachliche Begriffe zurück. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 7. Ich gestalte meinen Unterricht vorwiegend mündlich, weil dadurch mehr fachlicher Inhalt vermittelt werden kann. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 8. Ich versuche meinen SchülerInnen ein sprachliches Vorbild zu sein, indem ich auf sprachliche Korrektheit und Genauigkeit bei meinen Äußerungen achte. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 9. Ich achte auch bei der Sprachverwendung meiner SchülerInnen auf sprachliche Korrektheit und Genauigkeit.

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□ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 10. Wichtiger als sprachliche Korrektheit ist mir, dass die SchülerInnen genau erklären, beschreiben, begründen etc. können. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 11. Mir ist bewusst, welche sprachliche Handlungen (Beschreiben, Definie-ren, Erklären etc.) die SchülerInnen in meinem Unterricht realisieren müs-sen und ich vermittle diese gezielt. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 12. Ich mache meine SchülerInnen mit den Unterschieden zwischen Alltags- und Fachsprache vertraut. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 13. Ich versuche durch eine gezielte Sprachförderung den fachlichen Lern-fortschritt in meinem Unterricht voranzutreiben. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 14. Ich gebe meinen SchülerInnen nicht nur fach-, sondern auch sprachbe-zogenes Feedback. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 15. Ich vermeide kooperatives Arbeiten, weil der Lernfortschritt dadurch nicht ausreichend feststellbar ist. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 16. Ich schaffe gezielt Gelegenheiten für meine SchülerInnen, sprachlich aktiv zu werden. □ 0 □1 □2 □3

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Kommentar: ______________________________________________________ 17. Ich schaffe gezielt Gelegenheiten für meine SchülerInnen, sich Sprach- und Fachwissen individuell anzueignen und darzustellen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 18. Ich arbeite mit meinen SchülerInnen intensiv am Verständnis von Fachbegriffen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 19. Ich führe in meinem Unterricht gezielt Wortschatzarbeit (z.B. Syno-nyme – Antonyme finden) durch. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 20. Ich arbeite im Unterricht gezielt an komplexen sprachlichen Strukturen (z.B. Nebensatzkonstruktionen, Passivkonstruktionen etc.). □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 21. Ich arbeite mit meinen SchülerInnen auch am Verständnis und dem Gebrauch von Funktionswörtern (z.B. Präpositionen, Konjunktionen wie z.B. aber, weil, jedoch, daher etc.). □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 22. Ich verlange von meinen SchülerInnen, dass sie auch längere Texte zu Sachthemen lesen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 23. Ich arbeite mit meinen SchülerInnen intensiv am Verständnis von Fach- bzw. Sachtexten. □ 0 □1 □2 □3

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96

Kommentar: ______________________________________________________ 24. Der überwiegende Teil meiner Lernergruppe hat Schwierigkeiten Fach- bzw. Sachtexte zu verstehen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 25. Ich arbeite mit meinen SchülerInnen auch am Verständnis von diskontinuierlichen bzw. nicht linearen Texten (z.B. Diagramme, Modelle etc.). □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 26. Ich schaffe in meinem Unterricht Gelegenheiten, um Lesestrategien bewusst zu machen und zu erproben. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 27. Im Unterricht lasse ich erst dann schreiben, wenn ich davon ausgehen kann, dass meine SchülerInnen nicht mehr allzu viele Fehler machen. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 28. Ich setze häufig Partner- oder Gruppenarbeiten zum Verstehen und Schreiben von Texten ein. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 29. Ich arbeite in meinem Unterricht vorwiegend mit Schulbüchern, weil sie sprachlich und inhaltlich gut für meine SchülerInnen geeignet sind. □ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ 30. In meinem Unterricht besprechen wir die Aufgabenstellungen im Schulbuch meist auch mündlich, weil die Formulierungen für meine SchülerInnen in der Regel zu schwierig sind.

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□ 0 □1 □2 □3 Kommentar: ______________________________________________________ Angaben zu Ihrer Person 1. Geschlecht: □ weiblich □ männlich 2. Welche Fächer unterrichten Sie? ___________________________________ 3. Wie lange sind Sie schon im Lehrberuf tätig? ________________________ 4. An welchem Schultyp unterrichten Sie? □ BHS □ AHS □ Neue Mittelschule □ Hauptschule 5. Welche Sprachen sprechen Sie?

□ Arabisch □ Bosnisch □ Deutsch □ Englisch

□ Französisch □ Italienisch □ Kroatisch □ Kurdisch

□ Polnisch □ Russisch □ Serbisch □ Slowakisch

□ Slowenisch □ Spanisch □ Tschechisch □ Tschetschenisch

□ Türkisch □ Ungarisch

□ andere: _________________________________________________________ 6. Wie hoch ist der Prozentsatz an SchülerInnen nicht-deutscher Muttersprache in den Klassen, die Sie üblicherweise unterrichten? □ 0% □1-25% □ 25-50% □ 50-75% □ 75-100% Kommentar: ______________________________________________________

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98

3.1.3 Selbstreflexionsbogen

Der Selbstreflexionsbogen soll Lehrkräften die Möglichkeit geben, das eigene sprachliche und didaktische Handeln im Unterricht über einen längeren Zeitraum hinweg zu reflektieren. Auf diese Weise soll ein Profes-sionalisierungsprozess angeregt werden, der dazu beiträgt, Sprache im Fachunterricht bewusst zu verwenden und den SchülerInnen als eine Grundlage des fachlichen Lernens zugänglich zu machen. Idealerweise wird der Selbstreflexionsbogen während des Coachings bzw. im Anschluss daran eingesetzt.

In diesem Selbstreflexionsbogen sind zu verschiedenen Bereichen des Unterrichts (Sprachgebrauch, sprachdidaktisches Handeln, Aufgabenstellungen, Textarbeit) Kriterien angeführt, nach denen sich FachlehrerInnen auf einer Skala von 0-100% selbst einschätzen sollen. Diese Selbstreflexion sollte kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt werden, um Einsicht in die persönliche Entwicklung hinsichtlich der Fähigkeit ei-nen sprachaufmerksamen Unterricht zu gestalten zu gewinnen. Der jeweils zutreffende Wert soll auf einer Skala markiert werden, auf der auch das zugehörige Datum vermerkt wird: 1. Ich rege meine SchülerInnen zu aktivem Sprachgebrauch im Unterricht an.

0 10% 50% 100%

Datum: 08.02.2012 30.06.2012

Es gibt auch die Möglichkeit ein Kommentarfeld auszufüllen, in das die verwendeten Aufgabenstellungen, Methoden oder Gedanken zur Selbst-einschätzung eingetragen werden können:

Kommentar (Beispiel): Arbeitsergebnisse mündlich präsentieren (08.02.2012), Einsatz von kooperativen Aufgaben, interaktive Sozialformen (Gruppenarbeit, Partnerarbeit), Präsentationstechniken, mündliches Referat (30.06.2012)

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99

Selbstreflexionsbogen Sprachaufmerksamer Fachunterricht

1 Sprachverhalten & Sprachgebrauch 1. Ich spreche im Unterricht ausreichend laut und verständlich.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2. Ich wähle ein für meine SchülerInnen angemessenes Sprechtempo.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

3. Ich moduliere meine Stimme so, dass den SchülerInnen das Verständnis des Gesagten erleichtert wird.

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100

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

4. Ich spreche im Unterricht klar strukturiert und gut nachvollziehbar.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

5. Ich unterstütze das sprachliche Verständnis durch den gezielten Einsatz von Körpersprache.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

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101

6. Ich achte in meinen Ausführungen auf eine genaue Unterscheidung von alltags- und fachsprachlichen Begriffen.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

7. In Handlungsaufforderungen an die SchülerInnen verwende ich Opera-toren (erklären, beschreiben, definieren etc.) explizit und präzise.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2 Sprachdidaktisches Handeln

2.1 Allgemein 1. Ich schaffe möglichst viele Gelegenheiten für die SchülerInnen, Sprache aktiv zu gebrauchen.

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0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2. Ich rege meine SchülerInnen zu einer präzisen Sprachverwendung an.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

3. Ich rege meine SchülerInnen dazu an, ihren eigenen Sprachgebrauch im Unterricht zu reflektieren.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

4. Ich rege meine SchülerInnen dazu an, komplexe fachliche Zusammen-hänge auch mündlich verständlich und zusammenhängend darzulegen.

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0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

5. Ich räume meinen SchülerInnen ausreichend Zeit zum Formulieren von Fragen und/oder Antworten ein.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2.2 Schriftsprachlichkeit, Fachsprache 1. Ich mache die SchülerInnen mit den Merkmalen von Schriftsprachlich-keit vertraut.

0 10% 50% 100%

Datum:

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Kommentar:

2. Ich erkläre neue Fachbegriffe explizit und genau.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

3. Ich baue den Fachwortschatz meiner SchülerInnen systematisch auf.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

4. Ich achte bei meinen SchülerInnen auf Genauigkeit in der Verwendung von Fachbegriffen.

0 10% 50% 100%

Datum:

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Kommentar:

2.3 Aufgabenstellungen 1. Ich erarbeite mit meinen SchülerInnen die Unterschiede zwischen ver-schiedenen Handlungsaufforderungen (z.B. zwischen beschreiben und defi-nieren)

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2. Ich achte bei der Formulierung der Aufgabenstellungen darauf, dass meine SchülerInnen sprachlich nicht über- oder unterfordert sind.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

3. Ich formuliere Aufgabenstellungen so, dass ich an den Lösungen auch die sprachlichen Kompetenzen der SchülerInnen erkennen kann.

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0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

4. Ich achte darauf, dass meine SchülerInnen die Aufgabenstellungen ver-standen haben.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

2.4 Schreib- und Textarbeit 1. In meinem Unterricht lasse ich häufig Fachtexte lesen.

0 10% 50% 100%

Datum:

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Kommentar:

2. Ich arbeite mit meinen SchülerInnen auch am Verständnis von diskonti-nuierlichen bzw. nicht linearen Texten (d.h. Texte in Kombination mit Dia-grammen, Statistiken, Tabellen etc.).

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

3. Ich achte bei der Auswahl der Texte darauf, dass sie nicht nur fachlich angemessen, sondern auch gut strukturiert und kohärent sind.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

4. Ich wähle die Texte entsprechend dem sprachlichen Niveau meiner SchülerInnen aus (keine Über- oder Unterforderung).

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0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

5. Ich vermittle gezielt Aufgaben und Strategien zur Texterschließung (z.B. Vorwissen aktivieren, Unterstreichen, Markieren, mehrmaliges Lesen …).

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

6. In meinem Unterricht haben Schreibaufgaben einen hohen Stellenwert.

0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

7. Ich lasse die SchülerInnen in meinem Unterricht auch gemeinsam Texte verfassen (kooperatives Schreiben).

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0 10% 50% 100%

Datum:

Kommentar:

8. Ich lasse meine SchülerInnen fachspezifische Textsorten schreiben (z.B. Zusammenfassung, Exzerpt, Protokoll …).

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9. Ich thematisiere und erkläre den Umgang mit fachspezifischenTextsor-ten ausführlich.

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3 Zweitsprachenlernende 1. Ich berücksichtige bei meiner Sprachverwendung im Besonderen die sprachlichen Voraussetzungen von DaZ-SchülerInnen.

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2. In meinem Unterricht achte ich auf eine gezielte Sprachförderung von DaZ-SchülerInnen.

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4 Resümee 1. Ich setze Sprache in meinem Unterricht insgesamt bewusst und reflek-tiert ein.

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2. Ich setze Aufgabenstellungen und didaktische Verfahren ein, mit denen ich meine SchülerInnen dabei unterstütze, Sprache als ein Medium des Lernens nutzen zu können.

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4 Kommentierte Literaturliste

ABRAHAM, Ulf/BAURMANN, Jürgen, Hrsg. (2010), Praxis Deutsch, Nr. 223: Kriterien entwickeln – Schreiben fördern. Dieses Praxis-Deutsch-Heft widmet sich der Frage, wie Kriterienkataloge im Rahmen eines kompetenzfördernden Unterrichts eingesetzt werden können. Im Basisartikel regen die Autoren einen kriteriengeleiteten Schreibunterricht an, dessen Fokus auf förderndem Beurteilen statt auf prüfendem Bewerten liegen soll, um Schreibmotivation abseits des Notendrucks zu schaffen. Ausgehend von einem prozess- und produktorientierten Schreibkompetenz-Modell werden die einzelnen Kategorien eines gelungenen Textes abgeleitet. Die weiteren Beiträge dieser Ausgabe befassen sich allgemein mit der Frage, was unter Textqualität zu verstehen ist und wie diese im Unterricht durch Überarbeitungen verbessert werden kann. AHRENHOLZ, Bernt, Hrsg. (2010), Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübin-gen: Narr. Dieser Sammelband entstand als Ergebnis eines Workshops, der im Jahr 2007 an der Technischen Universität Dresden stattfand. Die Beiträge bieten einen Überblick über aktuelle Konzepte, Zugänge und Diskussionen, die sich den spezifischen sprachli-chen Anforderungen des Fachunterrichts für SchülerInnen mit Deutsch als Zweit-sprache widmen. Es werden fächerspezifische und fächerübergreifende sprachdi-daktische Anforderungen aufgegriffen und Möglichkeiten gezeigt, wie mit diesen methodisch umgegangen werden kann. Ein zentrales Thema ist dabei der richtige Umgang mit komplexen, fachsprachlichen Texten, da diese insbesondere für Schü-lerInnen mit Deutsch als Zweitsprache eine Herausforderung darstellen. BARZEL, Bärbel/EHRET, Carola, Hrsg. (2009), Mathematik lehren, Nr. 156: Mathemati-sche Sprache entwickeln. Die AutorInnen reflektieren in dieser Ausgabe von Mathematik lehren über die Be-deutung von Umgangssprache, Fachsprache und Symbolsprache für den Mathe-matikunterricht. In ihren Beiträgen stellen sie unterschiedliche Möglichkeiten vor, wie durch gezielte Schreibübungen das Erlernen der Fachsprache und damit auch das Verständnis für mathematische Inhalte erleichtert werden kann. Durch ver-schiedene Anwendungsbeispiele, etwa in Form eines Lerntagebuchs oder eines virtuellen Gesprächs, wird gezeigt, wie SchülerInnen neue Zugänge und einen selbstbewussten Umgang mit komplexen Sachverhalten entwickeln. Den Lehrper-sonen erleichtert dieses verstärkte Augenmerk auf eine schriftsprachliche Praxis im Mathematikunterricht die Diagnose, ob das Gelernte auch tatsächlich verstanden wurde. BAURMANN, Jürgen (2011), „Anleitungen schreiben“, in: Praxis Deutsch, Nr. 229: Anleitungen schreiben, 4-11. In diesem Basisartikel des Praxis-Deutsch-Heftes zum Thema „Anleitungen schrei-ben“ präsentiert Jürgen Baurmann die Anleitung als eine zentrale, im Alltag unum-gängliche Interaktionsform, die jedoch im Unterricht unterrepräsentiert ist. Baur-mann weist dabei auch auf die Bedeutung instruierender Texte für den Sachunter-

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richt hin. Anhand von Beispielen zeigt er, wie sich die schriftsprachlichen Fähig-keiten im Bezug auf das Verfassen von Anleitungen verändern und stellt in diesem Zusammenhang verschiedene Schreibentwicklungsstudien vor. Er geht dabei vor allem auf Arbeiten von Bachmann und Becker-Mrotzek ein, die zeigen, wie Schreib-aufgaben idealerweise konzipiert sein sollten. BAURMANN, Jürgen/MÜLLER, Astrid (2011), „Experten und Anfänger lernen ge-meinsam. Lesen und Verstehen von Sachtexten durch wechselseitiges Lehren und Lernen“, in: Praxis Deutsch Sonderheft: Methoden und Arbeitstechniken. Klassenstufen 8-10, 60-63. Jürgen Baurmann und Astrid Müller stellen in diesem Beitrag ein Konzept vor, welches das Lesen und Verstehen von Sachtexten speziell für schwächere Schüle-rInnen erleichtern soll. Durch wechselseitiges Lehren und Lernen in authentischen Lernsituationen, die die SchülerInnen aktiv mitgestalten können, werden Lesestra-tegien gezielt vermittelt. Die vier für den Verständnisprozess zentralen Handlungen Fragen, Zusammenfassen, Klären und Vorhersagen werden stufenweise geübt, wobei den Lernenden stetig mehr Verantwortung zugemutet wird. Das Konzept soll dazu beitragen, dass der Umgang mit Sachtexten ritualisiert und dadurch das Leseselbst-bewusstsein gestärkt wird. BONNET, Andreas/BREIDBACH, Stephan, Hrsg. (2004), Didaktiken im Dialog. Konzepte des Lehrens und Wege des Lernens im bilingualen Sachfachunterricht, Frankfurt/M.: Lang (= Mehrsprachigkeit in Schule und Unterricht 2). In diesem Band werden die Ergebnisse einer Fachtagung zum Thema Bilingualer Sachfachunterricht an der Universität Bremen im Jahr 2003 vorgestellt. Ziel der Ta-gung war es, die Integration sprachlicher und sachfachlicher Bildung und die Ent-wicklung hin zu einer eigenständigen Didaktik des bilingualen Unterrichts voran-zutreiben. Die einzelnen Beiträge geben einerseits einen Überblick über den aktuel-len Forschungsstand und zeigen andererseits die individuellen Perspektiven und das Potential auf, welche der bilinguale Sachfachunterricht für die Didaktiken der einzelnen Sachfächer bietet. Im Mittelpunkt steht dabei stets die Frage, unter wel-chen Voraussetzungen bilingualer Sachfachunterricht bestmöglich funktionieren kann. ENGIN, Havva (2007), „Jeder Unterricht ist auch Sprachunterricht. Fachtexte lesen in der Sekundarstufe I“, in: Fachtexte verstehen, Nr. 59: Lernchancen, 4-9. Ausgangspunkt dieses Artikels ist die Feststellung, dass Sprache die Grundlage des schulischen Wissenserwerbs bildet und es demnach Aufgabe der Lehrkräfte aller Fächer sei, die erforderlichen Lese- und Arbeitstechniken systematisch zu vermit-teln. Spätestens in der Sekundarstufe I sind diese Kompetenzen notwendig, um den SchülerInnen den Umgang mit komplexen Fachtexten zu erleichtern. Anhand eines Beispieltextes zeigt die Autorin, wie diese Techniken in zwei Schritten geübt wer-den können: Zuerst erfolgt die Aktivierung des sprachlichen und inhaltlichen Vor-wissens und in einem zweiten Schritt gehen die SchülerInnen daran, den Aus-gangstext zu überarbeiten, umzuformulieren und in eine neue Form zu bringen. FEILKE, Helmuth (i.V.), „Bildungssprache und Schulsprache – am Beispiel literal-argumentativer Kompetenzen“, in: Becker-Mrotzek, Michael/Schramm, Karen/

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Thürmann, Eike/Vollmer, Helmut Johannes (Hrsg.), Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster: Waxmann. Ausgehend von einer Bildergeschichte erläutert Feilke das Verhältnis zwischen Bildungs- und Schulsprache. Am Beispiel argumentativer Textkompetenz zeigt er die unterschiedlichen Charakteristika, Erwartungen, Kontexte und Ziele, die im Rahmen dieser Thematik aufeinandertreffen. Schulsprache beschreibt er als eine spezifisch schulische Sprache und Spracherwartung, die nur innerhalb der Institu-tion Schule zur Anwendung kommt und als Instrument der Entwicklung bildungs-sprachlicher Kompetenzen dienen soll. Ob dieses Ziel durch die Verwendung schulsprachlicher Muster tatsächlich erreicht wird, gilt es, so der Autor, vermehrt zu berücksichtigen und zu überprüfen. FEILKE, Helmuth/LEHNEN, Katrin (2011), „Wissenschaftlich Referieren – Positionen wiedergeben und konstruieren“, in: Der Deutschunterricht, Nr. 5/2011: Wissen-schaftliches Schreiben, 34-44. Feilke und Lehnen widmen sich in diesem Beitrag dem frühen wissenschaftlichen, schriftlichen Referieren und den damit verbundenen Implikationen für den schuli-schen und universitären Bereich. In Abgrenzung zum Exzerpt und der Rezension wird am Beispiel wissenschaftlicher Einleitungen gezeigt, welche Schwierigkeiten bei der Verarbeitung unterschiedlicher Bezugstexte entstehen und wie diese durch die Verwendung von Textroutinen vermieden werden können. Feilke und Lehnen stellen hierzu zwei Arrangements aus der Praxis vor, die der Entwicklung von Schreibsettings dienen und eine kritische Reflexion des eigenen Schreibprozesses anregen sollen. FEILKE, Helmuth (2003), „Lesen durch Schreiben. Fachlich argumentierende Texte verstehen und verwerten“, in: Praxis Deutsch Sonderheft: Texte lesen – Texte verstehen, 136-144. Helmuth Feilke erörtert in diesem Beitrag den Nutzen von Schreibprozeduren für den Lese- und Verständnisprozess in Bezug auf argumentative Sachtexte. Er geht dabei detailliert auf die Wechselwirkungen von Lesen und Schreiben ein und sieht in einer verstärkten Integration dieser beiden Handlungen eine Möglichkeit, die mit komplexen Fachtexten verbundenen Schwierigkeiten zu überwinden und die In-halte freizulegen. Feilkes Modell ist in vier Phasen gegliedert und reicht von der Reflexion von Lesekonzepten über die Paraphrasierung bis zur Formulierung ei-genständiger argumentativer Texte. Dieses Konzept integrierten Lesens und Schrei-bens zielt darauf ab, SchülerInnen die Aneignung und Verwertung von Informatio-nen in Sachtexten zu erleichtern. FENKART, Gabriele/LEMBENS, Anja/ERLACHER-ZEITLINGER, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Innsbruck: Studienverlag (= ide-extra 16). In diesem Sammelband wird die Sprache als Schnittstelle zwischen den einzelnen Sachfächern thematisiert, wobei die Herausgeberinnen für mehr fächerübergrei-fende Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der Schreib- und Lesedidaktik plädieren. Die Beiträge des Bandes befassen sich mit aktuellen fachdidaktischen Forschungsfragen zum Thema Sprache in den Naturwissenschaften und bieten dazu Beispiele und Anregungen aus der Unterrichtspraxis. In vier Kapiteln werden

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die Themen Sprachebenen und Sprachentwicklung, Spracherwerb im DaZ-Fachun-terricht sowie fächerübergreifendes und fächerverbindendes Unterrichten erörtert. GALLIN, Peter/RUF, Urs (2010), „Von der Schüler- zur Fachsprache“, in: Fenkart, Gabriele/Lembens, Anja/Erlacher-Zeitlinger, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathema-tik und Naturwissenschaften, Innsbruck: Studienverlag, 21-25 (= ide-extra 16). Die beiden Autoren stellen in ihrem Beitrag ein Lernkonzept vor, welches sprachli-ches und fachliches Lernen auf spielerische Weise miteinander verknüpft. Der Lernprozess verläuft dabei idealerweise von einer „Sprache des Verstehens“ zu einer „Sprache des Verstandenen“. Ersteres geschieht auf einer persönlichen, all-tagssprachlichen Ebene und in erzählendem Austausch, etwa mittels Reisetagebuch oder durch Rollenspiele. Auf diese Weise können Lernende zu einer „Sprache des Verstandenen“ gelangen, welche von fachlicher Präzision und einem hohen Ab-straktionsgrad geprägt ist. An einem Beispiel aus dem Mathematikunterricht wird gezeigt, wie dieser Vorgang gefördert werden kann und welche Aufgaben dabei den Lehrenden zukommen. GOGOLIN, Ingrid/DIRIM, İnci/KLINGER, Thorsten/LANGE, Imke/LENGYEL, Drorit/ MICHEL, Ute/NEUMANN, Ursula/REICH, Hans H./ROTH, Hans-Joachim/ SCHWIPPERT, Knut (2011), Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshin-tergrund FörMig. Bilanz und Perspektiven eines Modellprogramms, Münster: Waxmann (= FörMig Edition 7). Dieses Buch stellt eine umfassende Dokumentation des Modellprogramms „FÖR-MIG“ dar, ein Projekt, in dem eine weiträumige Vernetzung von Bildungsinstituti-onen in Deutschland mit gemeinsamem Fokus auf „durchgängige Sprachbildung“ über einen Zeitraum von 5 Jahren (2004-2009) erfolgt ist. Der Band enthält eine Sammlung verschiedener Instrumente zur Sprachstandserhebung von SchülerInnen mit Migrationshintergrund und bietet einen reichen Fundus an didaktischen Anregungen für eine diagnosegestützte Förderung von bildungssprachlichen Kompetenzen. GOGOLIN, Ingrid/LANGE, Imke (2010), Durchgängige Sprachbildung. Eine Handrei-chung, Münster: Waxmann (= FörMig Material 2). Im Mittelpunkt dieses Buches stehen der Begriff der Bildungssprache und seine Be-deutung in sprachlich und kulturell heterogenen Klassen. Es wird dabei v.a. auf die negativen Konsequenzen fehlender bildungssprachlicher Kompetenzen für den Schulerfolg von Kindern mit Migrationshintergrund und ihre weitere Bildungs- und Berufslaufbahn verwiesen. Gogolin plädiert für eine „durchgängige Sprachbil-dung“ über die Grenzen der Bildungsinstitutionen und Schulfächer hinweg und gibt zahlreiche Beispiele für eine gelungene Vernetzung und Sprachförderung. GRIESSHABER, Wilhelm (2010), „(Fach-)Sprachen im zweitsprachlichen Fachunter-richt“, in: Ahrenholz, Bernt, Hrsg. (2010), Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübingen: Narr, 37-53. Anhand mehrerer Beispiele aus der Physik und der Mathematik zeigt Grießhaber die sprachlichen Schwierigkeiten im schulischen Fachunterricht auf. Er erörtert den Zusammenhang zwischen Alltagssprache und Fachsprachkompetenz im Unterricht und stellt in diesem Zusammenhang Sprach- und Fachvermittlungskonzepte von

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Wagenschein und Gibbons vor. Dabei geht er insbesondere auf die unterschiedli-chen Herausforderungen für Zweitsprachenlernende ein. Grießhaber fordert einen sprachsensibleren Fachunterricht, der stärker auf den individuellen, alltagssprachli-chen Hintergrund der Lernenden eingeht. GROTTENTHALER, Kai/VOGEL, Markus (2010), „Fermi-Aufgaben: Anlass zum ‚Ma-the-Schreiben‘ – Lösungen finden, diskutieren und revidieren“, in: Praxis der Ma-thematik in der Schule, Heft 36: Ich mach das so – und du? Umgehen mit Vielfalt, 9-13. Bei Fermi-Aufgaben werden SchülerInnen dazu angeregt, mathematische Fragen trotz fehlender genauer Informationen abzuschätzen. Eine solche Frage wäre etwa: „Wie viele Kilometer hast du in deinem Leben schon geschrieben?“ Diese Fragen eröffnen ein breites Feld an möglichen Vorgehensweisen und Lösungen, welche jeweils in schriftlicher Form erklärt und begründet werden müssen. Das Schreiben dient hier als eine Möglichkeit, Gedankengänge zu strukturieren und gleichzeitig das mathematische Selbstbewusstsein zu fördern. JUNK-DEPPENMEIER, Alexandra/SCHÄFER, Joachim (2010), „Lesekompetenz als Voraussetzung für das Lernen im Fachunterricht“, in: Ahrenholz, Bernt, Hrsg., (2010), Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübingen: Narr, 69-85. In diesem Aufsatz wird eine grundlegende Lesekompetenz als Voraussetzung für erfolgreiches Fachlernen beschrieben. Es wird gezeigt, welche Einflussbedingungen gegeben sein müssen, damit der Leseprozess gelingen kann und welche Lese-schwierigkeiten im Unterrichtsalltag auftreten. Dabei wird insbesondere auf Lese- und Verständnisprobleme von Kindern aus Familien mit niedrigem sozioökonomi-schem Status eingegangen. In einem anschaulichen Fallbeispiel werden die unter-schiedlichen Lesestrategien und die damit verbundenen individuellen Schwierig-keiten von vier Schülern beschrieben. KNAPP, Werner/PFAFF, Harald/WERNER, Sybille (2010), „Verstehen durch Schrei-ben. Anlage einer empirischen Studie zum produktiven Umgang mit mathemati-schen Textaufgaben“, in: Ahrenholz, Bernt, Hrsg. (2010), Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübingen: Narr, 239-255. Dieser Beitrag befasst sich mit der Bedeutung und den Möglichkeiten des Schrei-bens für den Mathematikunterricht. Ausgehend von der Feststellung, dass Schrei-ben in der Schule sowohl Gegenstand als auch Medium des Lernens ist, wird ge-zeigt, dass durch den Schreibprozess das Verständnis mathematischer Sachverhalte erleichtert und das Reflexionsvermögen erhöht werden können. Des Weiteren wird ein Forschungsprojekt der PH Weingarten vorgestellt, in welchem SchülerInnen selbst mathematische Textaufgaben produzieren. Dabei ist ein rekursiver Formulie-rungsprozess zu beobachten, der zu einer vertieften Auseinandersetzung mit ma-thematischen Inhalten führt. KNIFFKA, Gabriele (2012), „Scaffolding – Möglichkeiten, im Fachunterricht sprachli-che Kompetenz zu vermitteln“, in: Michalak, Magdalena/Kuchenreuther, Michaela, Hrsg. (2012), Grundlagen der Sprachdidaktik Deutsch als Zweitsprache, Baltmannswei-ler: Schneider Verlag Hohengehren, 208-225.

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Gabriele Kniffka tritt in diesem Beitrag für einen die Sprachkompetenz fördernden Fachunterricht ein und sieht darin insbesondere Chancen für SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache. Diesen fehlen häufig ausreichende Erfahrungen mit konzeptionell-schriftsprachlichen Varietäten in ihrer Erstsprache, was den Umgang mit Fachsprachen deutlich erschwert. Kniffka stellt in diesem Beitrag weiters das Prinzip Scaffolding vor und bezieht sich dabei insbesondere auf Pauline Gibbons. Detailliert und praxisnah werden die einzelnen Bausteine und Strategien dieses Konzeptes vorgestellt und mit Beispielen unterlegt. Kniffka zeigt, wie durch Scaf-folding die (fach-)sprachliche Kompetenz der SchülerInnen gesteigert werden kann, stellt aber gleichzeitig fest, dass dies ein hohes Maß an Sprachbewusstsein von den Fachlehrkräften erfordert. KRISCHER, Barbara (2007), „Hilfe – der Text ist zu schwer!“, in: Fachtexte verstehen, Nr. 59: Lernchancen, 32-39. Die Autorin zeigt, wie schwierige Fachtexte im Unterricht sprachbewusst behandelt werden können. Sie geht dabei auf die allgemeinen Schwierigkeiten im Umgang mit Fachtexten ein und zeigt anhand eines Beispieltextes über Meeresverschmutzung, wie in acht Schritten eine inhaltliche und sprachliche Annäherung an ein komplexes Thema gelingen kann. LANGER, Elisabeth (2010), „Spracherwerb im Naturwissenschaftsunterricht in Klas-sen mit Migrationshintergrund“, in: Fenkart, Gabriele/Lembens, Anja/Erlacher-Zeitlinger, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Inns-bruck: Studienverlag, 89-107 (= ide-extra 16). Ausgangspunkt dieses Aufsatzes ist die Feststellung, dass es in den Schulen an simultanem Sprach- und Fach-Lernen im Unterricht mangelt. Als Möglichkeiten eines integrierten Sprach- und Fachunterrichts erläutert Langer die Konzepte der Literalen Didaktik und das 3-Phasen-Modell (Schmölzer-Eibinger 2008). Sie geht dabei sehr detailliert auf die einzelnen Prinzipien und Abschnitte dieses Modells ein und zeigt anhand eines Beispiels zum Thema „Klimawandel“, wie sich das 3-Phasen-Modell konkret einsetzen lässt und welche Ergebnisse damit erzielt werden können. LANGER, Elisabeth (2009), „Grafische und mathematische Darstellungen im Natur-wissenschaftsunterricht ‚lesen‘ und verstehen“, in: Krumm, Hans-Jürgen/ Portmann-Tselikas, Paul R., Hrsg. (2009), Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache Band 13/2009. Schwerpunkt: Lesen. Prozesse, Kompetenzen, Förderung, Innsbruck: Studienverlag, 147-162. Nichtlineare Texte wie Tabellen, Grafiken oder mathematische Darstellungen wer-den im naturwissenschaftlichen Unterricht häufig eingesetzt und haben gegenüber sprachgebundenen Textteilen einige Vorteile. Sie stellen gleichzeitig jedoch auch eine Unterbrechung des Informationsflusses dar und erfordern eine spezielle me-thodische Herangehensweise sowie die Kenntnis bestimmter sprachlicher Mittel, damit sie von Lernenden verstanden werden können. Dies stellt insbesondere Zweitsprachenlernende vor Schwierigkeiten und sollte, wie Langer darlegt, im Unterricht gezielt geübt werden. Anhand verschiedener Beispiele zeigt sie, wie SchülerInnen den Umgang mit komplexen grafischen Darstellungen durch produk-tive und rezeptive Transformationen erlernen können und dass sich hier das 3-Phasen-Modell (Schmölzer-Eibinger 2008) als Rahmen besonders anbietet.

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LANGER, Elisabeth/SCHMÖLZER-EIBINGER, Sabine (2010), „Sprachförderung im naturwissenschaftlichen Unterricht in mehrsprachigen Klassen. Ein didaktisches Modell für das Fach Chemie“, in: Ahrenholz, Bernt, Hrsg. (2010), Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübingen: Narr, 202-217. Dieser Aufsatz beschäftigt sich mit didaktischen Möglichkeiten die Sprach- und Textkompetenz im naturwissenschaftlichen Unterricht in mehrsprachigen Klassen zu verbessern. Als Beispiel wird das 3-Phasen-Modell zur Förderung von Textkompe-tenz (Schmölzer-Eibinger 2008, siehe Kap. 2.2.1 in diesem Band) vorgestellt, das auf das bereits bestehende Wissen der Lernenden aufbaut und längerfristig den Um-gang mit schriftsprachlichen Anforderungen im Fachunterricht erleichtert. Anhand eines Beispiels aus der Chemie wird gezeigt, wie sich das 3-Phasen-Modell konkret anwenden lässt. LEISEN, Josef (2010a), Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunter-richt in der Praxis, Bonn: Varus. Leisens umfangreiches Handbuch zur Sprachförderung im Fach ist als Kompen-dium „aus der Praxis für die Praxis“ konzipiert. Es vermittelt Lehrkräften der Sach-fächer das notwendige Grundlagenwissen für die Gestaltung von Sprachlehr- und -lernprozessen im Fachunterricht, das jeweils durch praktische Beispiele gestützt wird (Lese- und Schreibstrategien, Merkmale von Fachsprachen, Gesprächsführung im Unterricht u.v.m …). Leisen verbindet dabei aktuelle methodische und didakti-sche Ansätze und Konzepte aus dem Muttersprachen- und Fremdsprachenunter-richt, die SprachlehrerInnen wohl weitgehend bekannt sind, jedoch für Lehrende von Sachfächern häufig neu sind und deshalb eine besondere Herausforderung darstellen. LEISEN, Josef (2010b), „Leseverstehen und Leseförderung in den Naturwissenschaf-ten“, in: Fenkart, Gabriele/Lembens, Anja/Erlacher-Zeitlinger, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Innsbruck: Studienverlag, 212-231 (= ide-extra 16). Josef Leisen plädiert in seinem Aufsatz für eine gezielte Leseförderung auch in den naturwissenschaftlichen Fächern. Durch ein gesteigertes Bewusstsein für Lesedi-daktik im naturwissenschaftlichen Unterricht können neben der allgemeinen Lese-kompetenz auch der Lernerfolg der SchülerInnen in den Sachfächern gesteigert werden. Dies kann gelingen, indem die Kompetenzen der Lesenden mit den Anfor-derungen des behandelten Textes in Einklang gebracht werden. Leisen stellt in weiterer Folge die elementaren Leseprinzipien für Sachtexte und entsprechende Lesestrategien vor, welche umfassend und praxisorientiert erläutert werden. LEISEN, Josef, Hrsg. (2004), Fremdsprache Deutsch, Heft 30/2004: Deutsch in allen Fächern. Ausgehend von grundlegenden Begriffsdefinitionen und Fragestellungen der Fremdsprachendidaktik befasst sich diese Ausgabe von Fremdsprache Deutsch mit den allgemeinen Perspektiven, Herausforderungen und Schwierigkeiten im bilin-gualen Sachfachunterricht. Das enge Verhältnis zwischen Fach- und Sprachunter-richt mit deren jeweils unterschiedlichen Methoden und Lernformen wird dabei ebenso thematisiert wie das Potential wechselnder Darstellungsformen. Weitere Beiträge befassen sich mit allgemeinen Fragen aus der fremdsprachlichen Unter-

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richtspraxis und mit der Aus- und Weiterbildung von LehrerInnen für den deutsch-sprachigen Fachunterricht. LIEBIG, Sabine/SCHMELTER, Lars (2007), „Quellentexte verstehen“, in: Fachtexte verstehen, Nr. 59: Lernchancen, 20-23. Quellentexte sind im Geschichtsunterricht eine wichtige Informationsquelle. Damit SchülerInnen mit diesen angemessen umgehen können, regen Liebig und Schmelter in diesem Beitrag eine Methode an, welche die texterschließende Sprachkompetenz der SchülerInnen fördert. Die Quellentexte werden schriftlich und mündlich wie-dergegeben oder eigenständig verfasst. Besondere Rücksicht wird dabei auf eine Differenzierung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellungen genommen. MERZ-GRÖTSCH, Jasmin (2010), Texte schreiben lernen. Grundlagen, Methoden, Unter-richtsvorschläge, Seelze: Kallmeyer (= Praxis Deutsch). In diesem Buch wird auf die Bedeutung des Schreibens in unserer Gesellschaft eingegangen und die Frage gestellt, was denn das Schreiben so schwierig mache. Die Autorin stellt gängige Konzepte zum Thema „Schreibenlernen“ sowie grund-sätzliche Überlegungen zu einer prozessorientierten Schreibdidaktik vor und geht dabei insbesondere auf das Planen, Formulieren und Überarbeiten eines Textes ein. Im praktischen Teil der Arbeit finden sich zahlreiche Anregungen für eine Ausei-nandersetzung mit den sprachlichen Handlungen des Beschreibens, Berichtens, Erzählens, Anleitens/Anweisens und Argumentierens/Erörterns. MUDRAK, Andreas (2011), „Bewegende Texte über den Zweikampf“, in: Praxis Deutsch, Nr. 229: Anleitungen schreiben, 29-35. Bewegungen sprachlich exakt zu erfassen stellt für Lernende eine Herausforderung dar. Beim Verfassen schriftlicher Bewegungsanweisungen müssen die Textorgani-sation und die Texthandlungen an den jeweiligen Bewegungsablauf angepasst werden. Indem die SchülerInnen einen Anleitungstext aus einem Ringer-Lehrbuch des 16. Jahrhunderts überarbeiten und in der Folge eine eigene Bewegungsanlei-tung verfassen, erlernen sie die dafür notwendigen sprachlich-stilistischen Mittel. NIEDERHAUS, Constanze (2012), „Diagramme verstehen und schriftlich beschrei-ben“, in: Praxis Deutsch, Nr. 233: Bildungssprache, 42-47. Die Schwierigkeiten, die SchülerInnen mit einer adäquaten Interpretation eines Diagrammes haben, werden, wie Constanze Niederhaus konstatiert, häufig unter-schätzt. Es bedarf einer gezielten, methodischen Herangehensweise, um eine erfolg-reiche Dekodierung und Beschreibung sicherzustellen. Das hier vorgestellte Modell gliedert sich in mehrere Phasen, von der Wissensaktivierung zur Arbeit am Text und schließlich die Phase der Texttransformation. Die SchülerInnen verstehen, interpretieren und beschreiben ein Diagramm, danach werden die Ergebnisse ge-meinsam in der Gruppe reflektiert. Formulierungshilfen unterstützen den Schreib-prozess und erleichtern die sprachliche Darstellung der Diagramme. NIESWANDT, Martina (2010), „Verstehen durch Schreiben im naturwissenschaftli-chen Unterricht“, in: Fenkart, Gabriele/Lembens, Anja/Erlacher-Zeitlinger, Edith, Hrsg. (2010), Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, Innsbruck: Studienverlag, 250-266 (= ide-extra 16).

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Im Zentrum des Interesses dieses Aufsatzes steht die aus dem amerikanischen Raum stammende „Writing to Learn“-Bewegung. Martina Nieswandt geht zuerst auf die Geschichte und Entwicklungen dieses Forschungsansatzes ein und stellt im zweiten Kapitel aktuelle Forschungsprojekte vor. Besonders eingehend beschäftigt sie sich mit der Frage, wie das Verständnis von Fachtexten durch sogenannte „Written Extended-Response Questions“ (WERQ) gefördert werden kann. Bei die-sem Ansatz wird durch spezifische Schreibaufgaben die Wissens-Transformation angeregt. Nieswandt, die auch Beispiele für entsprechende Fragestellungen für den Unterricht anführt, weist aber auch auf die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit WERQ hin und bezieht sich dabei auf die Ergebnisse ihrer Studie aus dem Jahr 2009. OHM, Udo (2010), „Von der Objektsteuerung zur Selbststeuerung: Zweitsprachen-förderung als Befähigung zum Handeln“, in: Ahrenholz, Bernt, Hrsg. (2010), Fach-unterricht und Deutsch als Zweitsprache, Tübingen: Narr, 87-105. Ohm zeigt in diesem Beitrag die Bedeutung bildungssprachlicher Kompetenz für das sprachliche Verständnis und Handeln im Fachunterricht. Es geht ihm um eine sprachliche Handlungsfähigkeit, die er durch den von Vygotsky gebrauchten Be-griff der „Selbststeuerung“ näher beschreibt. Diese ermöglicht, anders als die „Ob-jektsteuerung“, ein kompetentes, selbständiges Handeln mit Sprache. In diesem Zusammenhang erläutert Ohm das Prinzip des Scaffolding, welches insbesondere Zweitsprachenlernende dabei unterstützen kann, ihr Wissen über die Struktur und Funktion von Textsorten zu erlernen und den Level sprachlicher Selbststeuerung zu erreichen. OLSEN, Ralph (2007), „Maus oder Maus?“, in: Fachtexte verstehen, Nr. 59: Lernchan-cen, 40-46. In diesem Praxisbeispiel wird den Lernenden die Funktionalität der Metapher in Fachtexten und in der Alltagssprache näher gebracht. Schrittweise entwickeln die SchülerInnen ein Sensorium für dieses sprachliche Phänomen und lernen, wie man es erkennt und adäquat einsetzen kann. PISSAREK, Markus (2011), „Teutonische Gemütlichkeit für trautes Heim“, in: Praxis Deutsch, Nr. 229: Anleitungen schreiben, 42-48. Die SchülerInnen reflektieren über schlecht übersetzte Gebrauchsanleitungen und erörtern die semantischen und stilistischen Schwachstellen. Dabei rekonstruieren sie die Textbedeutung, bewerten und korrigieren fehlerhafte Textstellen und schärfen auf diese Weise ihre Textkompetenz. Was trägt dazu bei, dass eine Anleitung ver-ständlich und korrekt ist? Durch die weitverbreitete Verwendung von Gebrauchs-anleitungen bietet sich ein fächerübergreifender Unterricht an. REZAT, Sara/REZAT, Sebastian (2012), „Mathematische Sachaufgaben verstehen und erklären“, in: Praxis Deutsch, Nr. 233: Bildungssprache, 36-41. Dieser Beitrag fokussiert auf die Bedeutung bildungssprachlicher Kompetenzen für ein besseres Verständnis mathematischer Sachaufgaben im Unterricht. Der Sprache kommt als Vermittler zwischen mathematischen Konzepten und Sachzusammen-hängen eine wichtige Brückenfunktion zu. In zwei Beispielaufgaben zeigen Sara

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und Sebastian Rezat, wie SchülerInnen die große Bandbreite an vorhandenen, sprachlichen Formulierungsmustern kennen und adäquat einsetzen lernen. RIEDER, Bernadette/SCHWARZE, Cordula (2010), „Die vorwissenschaftliche Arbeit. Eine Chance für den Schreibunterricht“, in: ide – Informationen zur Deutschdidaktik. Zeitschrift für den Deutschunterricht in Wissenschaft und Schule, Nr. 4/2010: Schreiben in der Sekundarstufe II, 19-28. In der zukünftig standardisierten kompetenzorientierten Reifeprüfung nimmt die vorwissenschaftliche Arbeit eine zentrale Rolle ein. Rieder und Schwarze sehen darin eine Chance für eine prozessorientierte Schreibdidaktik, die den Lernenden den Übergang von der Schule zur Hochschule erleichtert. Sie unterstreichen die Bedeutung dieses (vor)wissenschaftlichen Langtextes, durch den die Lernenden aufgrund des langen Planungs-, Formulierungs- und Überarbeitungsprozesses ein Bewusstsein für komplexe Schreibsituationen erlangen können. Auf die Herausfor-derungen, Chancen und Aufgaben, die eine vorwissenschaftliche Arbeit sowohl für SchülerInnen als auch für die Lehrkräfte mit sich bringt, wird in diesem Beitrag eingegangen. SCHMÖLZER-EIBINGER, Sabine (2008), Lernen in der Zweitsprache. Grundlagen und Verfahren der Förderung von Textkompetenz in mehrsprachigen Klassen, Tübingen: Narr (= Europäische Studien zur Textlinguistik 5). Dieses Buch widmet sich dem Thema Textkompetenz und Lernen in der Zweitspra-che. Schmölzer-Eibinger stellt eingangs fest, dass es sich bei der Textkompetenz um eine zentrale Kategorie des Lernens handelt und befasst sich fortan mit der Frage, wie diese im Unterricht in mehrsprachigen Klassen gefördert werden kann. Im ersten Teil des Buches werden theoretische Grundlagen erarbeitet, auf denen das im zweiten Teil präsentierte Konzept der Literalen Didaktik aufbaut. Dieses Konzept umfasst spezifische didaktische Prinzipien und das 3-Phasen-Modell als Instru-mentarium zur Förderung der Textkompetenz in sprachlich heterogenen Klassen. Abschließend findet sich eine vielseitig anwendbare Aufgabentypologie. STRUGER, Jürgen (2010), „Von den Sachen zu Texten – und zu den Sachen zurück. Schreiben von Sachtexten in der Sekundarstufe II“, in: ide – Informationen zur Deutschdidaktik. Zeitschrift für den Deutschunterricht in Wissenschaft und Schule, Nr. 4/2010: Schreiben in der Sekundarstufe II, 29-38. Der Beitrag von Jürgen Struger befasst sich mit der Frage, mit welchen schreibdi-daktischen Zielen und Mitteln in der Sekundarstufe II an den Sachtext herangegan-gen werden soll. Als Ausgangspunkt wählt er eine Studie aus dem Jahr 2009/10, in der Fachbereichsarbeiten von SchülerInnen einer Berufsbildenden Schule analysiert wurden. Aus den Ergebnissen dieser Studie leitet Struger seine Forderung nach einem stärker auf argumentativen Texten konzentrierten Unterricht ab, da in diesem Sprach- und Sachwissen auf natürliche und kohäsive Weise verknüpft werden. Abschließend werden Möglichkeiten vorgestellt, wie SchülerInnen den Umgang mit Sachtexten üben können. STUDIENSEMINAR KOBLENZ, Hrsg. (2009), Sachtexte lesen im Fachunterricht der Sekun-darstufe, Seelze-Velber: Kallmeyer.

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In diesem Buch geht es um das Lesen und Verstehen von Sachtexten zu Schwer-punkten wie Lesestile, Lesetechniken, Modellierung des Leseprozesses und die Bedeutung der Diskussion von Textinhalten. Neben einer theoretischen Auseinan-dersetzung mit diesen Themen werden zahlreiche didaktische Anregungen gege-ben, die im Fachunterricht unterschiedlicher Fächer genutzt werden können. VORST, Claudia (2010), „Mit Schlappen auf die Rohre hauen“, in: Praxis Deutsch, Nr. 223: Kriterien entwickeln – Schreiben fördern, 12-17. Versuchsanleitungen befinden sich im Schnittfeld von Deutschunterricht und Sach-unterricht. Damit sie gelingen, müssen der inhaltliche und sprachliche Aspekt gut aufeinander abgestimmt werden. In der hier angeregten Unterrichtssequenz führt die Lehrkraft ein physikalisches Experiment durch und die SchülerInnen verfassen dazu eine passende Versuchsanleitung. Danach überprüfen und vergleichen sie die entstandenen Texte und entwickeln gemeinsam Kriterien für eine gelungene Ver-suchsanleitung. ZYDATISS, Wolfgang (2008), „Wortschatz und Sachfachliteralität im bilingualen Unterricht“, in: Krumm, Hans-Jürgen/Portmann-Tselikas, Paul R., Hrsg. (2008), Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache Band 11/2007. Schwerpunkt: Wortschatz, Innsbruck: Studienverlag, 23-38. Wolfgang Zydatiß präsentiert die Ergebnisse einer empirisch-statistischen Evalua-tion englischsprachigen Sachfachunterrichts im Rahmen eines Schulversuchs mit dem Titel „Deutsch-Englische Züge in Berlin“. Ausgehend von der auf Cummins zurückgehenden Schwellen-Hypothese wird untersucht, ob eine solche Schwelle im bilingualen Sachfachunterricht nachzuweisen ist und welche Auswirkungen diese auf die sachfachbezogene Diskurskompetenz der SchülerInnen hat. Die Untersu-chungsergebnisse werden anhand von Abbildungen und Tabellen detailliert darge-stellt und umfassend erläutert. ZYDATISS, Wolfgang (2007), „Der ‚Wagenhebereffekt‘ des textproduktiven Schrei-bens für die Entwicklung fremdsprachlicher und sachfachlicher Kompetenzen“, in: Bausch, Karl-Richard/Burwitz-Melzer, Eva/Königs, Frank G./Krumm, Hans-Jürgen, Hrsg. (2007), Textkompetenzen. Arbeitspapiere der 27. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts, Tübingen: Narr, 198-205 (= Gießener Bei-träge zur Fremdsprachendidaktik). Wolfgang Zydatiß‘ Statement entstand im Rahmen der Frühjahrskonferenz zur Erfor-schung des Fremdsprachenunterrichts an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Er konstatiert darin, dass im Fremdsprachenunterricht die konkrete Wortschatz- und Grammatikarbeit zusehends verdrängt und in den Sachfächern die sprachlich-diskursive Komponente des Wissenserwerbs nicht ausreichend reflektiert werde. Zydatiß plädiert für mehr zweck- und adressatenbezogenes Schreiben, insbeson-dere im Sachunterricht, und fordert allgemein einen höheren Stellenwert schriftli-cher Textproduktion im Gesamtcurriculum. Für den Fremdsprachenunterricht bedeutet dies, dass er sich weniger auf alltagssprachliche Kompetenzen und dafür stärker auf nicht-triviale, konzeptionell schriftliche Texte stützen soll. ZYDATISS, Wolfgang (2004), „Überlegungen zur fächerübergreifenden Evaluation des bilingualen Unterrichts: Textkompetenz als Schlüsselqualifikation fremdspra-

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6 Glossar

Dieses Glossar ist v.a. für Nicht-LinguistInnen gedacht und beinhaltet zum Teil vereinfachte Definitionen. Diese sollen dazu beitragen, die in diesem Handbuch verwendete Terminologie verständlich zu machen. A Adjektiv: grammatische Kategorie (auch Beiwort, Eigenschaftswort), die Wörter umfasst, die beim Nomen stehen (die graue Maus) oder prädikativ verwendet werden (die Maus ist grau); im Deutschen wird das Adjektiv dekliniert (die graue Maus – die grauen Mäuse) und kann auch gesteigert werden (groß – größer – am größten) (vgl. Bußmann 1990, 47).

Adverb: grammatische Kategorie (Wortart), die der semantischen Diffe-renzierung von Verben, Adjektiven, Adverbialen oder Sätzen dient. Unter semantischem Aspekt wird unterschieden zwischen verschiedenen Subty-pen: lokal (z.B. draußen, hier, dort), temporal (z.B. damals, heute, später), mo-dal (z.B. vielleicht, gerne, leider), kausal (z.B. nämlich, dennoch, deshalb). Ein Beispiel: Damals wie heute reagieren Menschen mit Stress, wenn sie psy-chisch unter Druck gesetzt werden (vgl. Bußmann 1990, 49).

Attribut: Beifügung, die ein Satzglied näher bestimmt (daher auch „Glied-teil“) bzw. Personen oder Sachverhalte näher charakterisiert, z.B. das perip-here Nervensystem, das den Körper durchzieht. D Derivat: ist das Ergebnis eines Wortbildungsvorgangs → Derivation (Ablei-tung), bei der Derivation werden mittels Suffixen (z.B. -bar, -er, -ei, -ig, -ion, -isch, -heit, -keit, -sche, -tät, -ung) und Präfixen (z.B. an-, miss-, un-, in-, nicht-, ver-) neue Worte gebildet (Dummheit, Festlegung etc.). F Fachausdrücke: darunter fallen Fremdwörter (z.B. Kinetik, Cytologie, Tele-skop), Komposita (z.B. Thermodynamik, Elektronegativitätsdifferenz, Bruttoin-landsprodukt), Verben (z.B. bestäuben, destillieren, sezieren), Adjektive (z.B. chronologisch, linksdrehend) und Abkürzungen (z.B. DNA, BIP). Fachausdrü-cke haben in der Alltagssprache vielfach eine andere Bedeutung (z.B. Quelle → Wasser vs. Quelle → historisch).

Fachtexte: Texte, die an einen wissenschaftlichen Diskurs gebunden sind, sie werden von Fachleuten eingesetzt, um sich über fachbezogene Frage-

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stellungen, Phänomene etc. zu verständigen. Fachtexte bedienen sich der Fachsprache der jeweiligen fachlichen Disziplin und sind schriftsprachlich geprägt. In ihrer Konzeption und Ausrichtung grenzen sie sich von Sachtexten nicht eindeutig ab (siehe → Sachtexte).

Funktionsverbgefüge: syntaktische Fügung, die aus einem Funktionsverb (= Vollverb) und einem Objekt besteht (z.B. zur Sprache bringen, in Kraft treten,); die ursprüngliche Bedeutung des Funktionsverbs geht durch diese Verbindung meist verloren. Die starke Verbreitung von Funktions-verbgefügen in Fachsprachen beruht auf dem Streben nach Präzision und Ökonomie (vgl. Bußmann 1990, 260). K Kompositum: sprachlicher Ausdruck (auch Zusammensetzung), der aus mindestens zwei Wörtern besteht, z.B. Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, dieses Kompositum wird aus fünf Substantiven gebildet → Donau + Dampf + Schiff + Fahrt + Gesellschaft.

Konjunktionen: sprachliche Ausdrücke, die Sachverhalte miteinander verknüpfen (z.B. Beim Erhitzen verfärbt sich die Flüssigkeit, während das Pulver keine farbliche Veränderung zeigt).

M metasprachlich: sprachliche Äußerungen (mündlich/schriftlich), deren Inhalt bzw. Gegenstand die Sprache selbst ist; d.h. man äußert sich (sprachlich) über Sprache. N nicht-lineare Texte: Texte, die nicht linear gelesen werden können, z.B. Hypertexte, bei denen man durch Links zwischen verschiedenen Textstel-len hin und her springt oder etwa Texte in Schulbüchern, die auf Grafiken, Statistiken, Tabellen etc. bezogen sind und mit Bezug darauf gelesen wer-den sollen.

Nominalisierung: Ableitung von Nomen aus anderen Wortarten, z.B. aus Verben (sorgen → die Besorgnis) oder Adjektiven (schön → Schönheit).

P Partizipialattribut: satzgliedwertige Infinitivkonstruktion, bestehend aus einem Partizip und gegebenenfalls einer Erweiterung, z.B. der länger im Gehirn bleibende Gedanke → der Gedanke, der länger im Gehirn bleibt.

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S Sachtexte: Sachtexte informieren über ein bestimmtes Sachgebiet auf all-gemein verständliche Weise. Es handelt sich dabei nach Kühn (2001, 1263) um Texte, in denen fachbezogene Sachverhalte, Gegenstände, Abläufe und Ereignisse in allgemeinverständlicher Form vorwiegend laienadressiert und zielgruppenorientiert (nach Alter, Interesse, Vorbildung usw.) dargestellt werden; der Spezialisierungsgrad ist dabei von den jeweiligen Adressaten abhängig. Eine klare Abgrenzung von Sachtexten gegenüber → Fachtexten ist nicht gegeben.

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Mit diesem Handbuch sollen Lehrkräfte aller Fächer dazu ermutigt und angeregt werden, ihr eigenes sprachliches Handeln im Fach unterricht zu reflektieren und im Sinne eines „sprachaufmerksamen Fachunterrichts“ zu gestalten. Es werden didaktische Prinzipien, Modelle und empirische Ver-fahren vorgestellt, die Lehrkräften aller Fächer grundlegende Informationen vermitteln, um eine gezielte Sprachförderung in sprachlich heterogenen Klassen zu realisieren. Darüber hinaus dient dieses Handbuch als zentrale Grundlage für die Ausbildung und die Arbeit von Sprachcoaches.