Handelsblatt Thema MBA

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© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG G 0 2531 NR. 50 / PREIS 2,10 ¤ FREITAG / SAMSTAG 11. / 12. MÄRZ 2011 ** V iele Beobachter rechneten nur mit einem Intermezzo, als Wolfgang Reitzle 2002 beim Linde-Konzern anheuerte. Zu unterschiedlich schie- nen das Unternehmen und sein neuer Herr: hier der biedere Dax- Konzern mit seinem eher langweili- gen Industriegasegeschäft, dort der glamouröse Reitzle, der bei BMW kurz vor dem Sprung an die Spitze gestan- den hatte, später die Pre- mium-Gruppe von Ford führte und durch seine Ehe mit TV-Moderatorin Nina Ruge auch die Boulevardpresse beschäftigte. Es wurde kein Intermezzo, auch wenn Reitzle laufend für zu besetzende Top- Jobs bis hin zum Siemens-Chefposten im Gespräch war. Gestern legte er nach acht Jahren an der Linde-Spitze einen operativen Rekordgewinn von fast drei Milliarden Euro vor. Er erntet nun die Früchte seiner langjährigen Arbeit. Un- ter anderem hatte Reitzle den Rivalen BOC übernommen und geräuschlos integriert und Zukunftsthemen wie al- ternative Energien besetzt. Der Lohn für ihn persönlich sind nicht nur üppige Einkünfte in Höhe von zuletzt rund sieben Millionen Euro im Jahr. In we- nigen Monaten wird auch Reitzles Vertrag um voraussichtlich drei Jahre bis 2015 ver- längert. Reitzle wollte zu seiner Vertrags- verlängerung gestern nichts sagen. Und doch stellte er die ehrgeizige Agenda für eine dritte Amtszeit vor: Bis 2014 soll der operative Gewinn bei Linde um mehr als ein Drittel auf mindestens vier Milliarden Euro steigen. Axel Höpner Reitzles Agenda Seite 20 Ann-Kristin Achleitner zieht in den Linde-Aufsichtsrat ein Seite 70 Gekommen, um zu bleiben Linde-Chef Reitzle legt einen Rekordgewinn vor und steht vor einer Vertragsverlängerung. Ägypten hofft auf Tourismus Der neue Tourismusminister Munir Fakhry Abdel Nour erwartet nach dem politischen Umsturz in seinem Land für Mai schon wieder Touristen- zahlen wie im Vorjahr. SEITE 28 Wintershall beteiligt sich an Gasfeld Die BASF-Tochter vertieft ihre Koope- ration mit Gazprom und investiert mehrere Milliarden Euro in Westsibi- rien. Gazprom erhält im Gegenzug Anteile an Förderprojekten von Wintershall im Westen. SEITE 4 Gelsenwasser fürchtet Erdgas Der Wasserversorger greift Gasförde- rer wie Exxon Mobil an, weil bei der Erdgasförderung in Nordrhein-West- falen Gefahren für das Grund- und Trinkwasser bestünden. SEITE 23 Harvard fordert Reform des MBA Der Harvard-Business-School-Chef Nitin Nohria will den MBA neu erfin- den. Das Programm richte sich zu sehr nach der US-Wirtschaft. SEITE 56 Europa gegen Gaddafi EU-Außenministerin Catherine Ashton fordert schärfere Sanktionen gegen Libyen und mehr Mit- tel für Nordafrika. SEITE 72 Handelsblatt GmbH Abonnentenservice Tel. 0180 599 00 10 (0,14 ¤/Min. a. d. dt. Festnetz, Mobilfunkhöchstpreis 0,42 ¤/Min.), Fax 0211 887 3605, [email protected] Belgien 2,70 ¤ Frankreich 3,20 ¤ Großbritannien 2,90 GBP Luxemburg 2,70 ¤ Niederlande 2,70 ¤ Österreich 2,70 ¤ Polen 17,50 PLN Schweiz 4,80 CHF Tschechien 110 CSK Ungarn 900 FT Slowakei 2,70 ¤ C hinas amtliche Statistiker warte- ten gestern mit einer Riesen- überraschung auf: Der Ex- portweltmeister erwirt- schaftete im Februar kei- nen Handelsüberschuss, sondern ein Defizit von 7,3 Milliarden Dollar. Solche Ausnahmen könnten in Zukunft die Regel werden. Chinas Führung legt mit dem neuen Fünfjahresplan den Hebel um – von einer exportorientierten Volks- wirtschaft hin zu einer ge- zielten Förderung der Bin- nenwirtschaft. Innerhalb von fünf Jahren wird die Volksrepublik ihre Im- porte von 1,4 Billionen Dollar auf 2,7 Billionen Dollar fast verdoppeln. Damit hofft man, den Hunger nach Wohlstand zu stillen – und den Hang zur Aufmüpfigkeit zu dämpfen. Auch andere stark wachsende Schwellenländer wie Russland, Bra- silien und Indien investieren Milliar- den in ihre Infrastruktur – und sind dabei auf deutsche Technologie an- gewiesen. „Die anspruchsvollen Entwicklungsziele Chinas sind ohne ausländisches Know-how und Technologie kaum zu erreichen“, sagt Florian Kessler von der deut- schen Außenhandelskammer in Pe- king. Deutsche Konzerne böten ge- nau das Sortiment an, das China zur Umsetzung des Plans braucht, beispielsweise Infrastruktur- und Umwelttechnik. Profiteure sind Ma- schinenbauer, aber auch Konzerne wie Siemens, Daimler, Adidas und Bayer. Die Leverkusener rechnen damit, kräftig bei der Umsetzung des Fünfjahresplans mitzuverdie- nen. „Ob beim Ausbau der Infra- struktur oder der umweltfreundli- chen Energieversorgung Bayer hat die passenden Angebote“, sagt China-Chef Michael König. Auch in den anderen Schwellen- ländern passt die deutsche Produkt- palette in das derzeitige Nachfrage- profil. Maschinen und Elektrotechnik finden sich dort unter den vier wichtigsten Kategorien von Importgütern. Das schlägt sich in der deutschen Außenhandels- statistik bereits nieder: Im Dezember 2010 schick- ten deutsche Exporteure erstmals mehr Waren nach China und Hong- kong als in die USA. Das werde so bleiben, sagt Unicredit-Volkswirt An- dreas Rees voraus. „Sie werden bereits 2015 un- ser wichtigster Absatz- markt sein.“ Bisher ist das Frankreich. Der Versicherer Axa macht folgende Rech- nung auf: In China ziehen jährlich 20 Millionen Menschen vom Land in die Stadt – jeden Monat werde die Infrastruktur Hamburgs nachgebaut. Die Folgen sind klar: Die Industrie braucht Investitionsgüter, die wach- sende Stadtbevölkerung Konsum- güter. Deutschland hilft – und ver- dient. Der Wohlstand der Chinesen mehrt so auch den der Deutschen. D. Heilmann, D. Heß, F. Mayer-Kuckuk ANZEIGE Getty Images, Christian Kaufmann/Vanit/Rob, Mart Klein Chinesische Flagge vor der Hafenanlage in der Großstadt Shenzhen Wolfgang Reitzle Das Jahrzehnt der Exporteure Für die deutschen Exporteure hat eine goldene Dekade begonnen. Die Schwellenländer wollen ihre Infrastruktur-Investitionen nochmals spürbar steigern. Allein China plant, in den nächsten fünf Jahren seine Importe auf 2,7 Billionen Dollar zu verdoppeln. HANDELSBLATT EXKLUSIV Stand: 22.30 h Dax 7063.09 -0.96% Euro Stoxx 50 2909.73 -0.86% Dow Jones 11984.61 -1.87% S&P 500 1295.11 -1.89% Euro/Dollar 1.3791$ -0.85% Euro/Pfund 0.8592£ +0.09% Euro/Yen 114.35¥ -0.63% Brentöl 114.84$ -0.42% Gold 1413.85$ -1.20% Bund 10J. 3.250% -0.040PP US Staat 10J. 3.362% -0.105PP Die Importprogramme in China, Russ- land, Brasilien und Indien Seiten 6, 7

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Sonderthema

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DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNGG02531NR. 50/PREIS 2,10¤

FREITAG/SAMSTAG11./ 12. MÄRZ 2011

**

V iele Beobachter rechneten nur miteinem Intermezzo, als WolfgangReitzle 2002 beim Linde-Konzern

anheuerte. Zu unterschiedlich schie-nen das Unternehmen und seinneuer Herr: hier der biedere Dax-Konzern mit seinem eher langweili-gen Industriegasegeschäft, dortder glamouröse Reitzle, derbei BMW kurz vor demSprung an die Spitze gestan-den hatte, später die Pre-mium-Gruppe von Fordführte und durch seine Ehe

mit TV-Moderatorin Nina Ruge auch dieBoulevardpresse beschäftigte.

Es wurde kein Intermezzo, auch wennReitzle laufend für zu besetzende Top-Jobs bis hin zum Siemens-Chefpostenim Gespräch war. Gestern legte er

nach acht Jahren an der Linde-Spitzeeinen operativen Rekordgewinnvon fast drei Milliarden Eurovor. Er erntet nun die Früchteseiner langjährigen Arbeit. Un-ter anderem hatte Reitzle denRivalen BOC übernommenund geräuschlos integriertund Zukunftsthemen wie al-ternative Energien besetzt.

Der Lohn für ihn persönlich sind nichtnur üppige Einkünfte in Höhe von zuletztrund sieben Millionen Euro im Jahr. In we-nigen Monaten wird auch Reitzles Vertragum voraussichtlich drei Jahre bis 2015 ver-längert. Reitzle wollte zu seiner Vertrags-verlängerung gestern nichts sagen. Unddoch stellte er die ehrgeizige Agenda füreine dritte Amtszeit vor: Bis 2014 soll deroperative Gewinn bei Linde um mehr alsein Drittel auf mindestens vier MilliardenEuro steigen. Axel Höpner

Reitzles Agenda Seite 20Ann-Kristin Achleitner zieht in denLinde-Aufsichtsrat ein Seite 70

Gekommen, um zu bleibenLinde-Chef Reitzle legt einen Rekordgewinn vor und steht vor einer Vertragsverlängerung.

Ägypten hofft aufTourismusDer neue Tourismusminister MunirFakhry Abdel Nour erwartet nachdem politischen Umsturz in seinemLand für Mai schon wieder Touristen-zahlen wie im Vorjahr. SEITE 28

Wintershall beteiligtsich an GasfeldDie BASF-Tochter vertieft ihre Koope-ration mit Gazprom und investiertmehrere Milliarden Euro in Westsibi-rien. Gazprom erhält im GegenzugAnteile an Förderprojekten vonWintershall imWesten. SEITE 4

Gelsenwasserfürchtet ErdgasDerWasserversorger greift Gasförde-rer wie Exxon Mobil an, weil bei derErdgasförderung in Nordrhein-West-falen Gefahren für das Grund- undTrinkwasser bestünden. SEITE 23

Harvard fordertReform des MBADer Harvard-Business-School-ChefNitin Nohria will den MBA neu erfin-den. Das Programm richte sich zu sehrnach der US-Wirtschaft. SEITE 56

Europa gegenGaddafi

EU-AußenministerinCatherine Ashtonfordert schärfereSanktionen gegenLibyen undmehr Mit-

tel für Nordafrika.SEITE 72

Handelsblatt GmbHAbonnentenserviceTel. 0180 59900 10 (0,14 ¤/Min. a. d. dt. Festnetz,Mobilfunkhöchstpreis 0,42 ¤/Min.), Fax 0211 887 3605,[email protected]

Belgien 2,70 ¤ Frankreich 3,20 ¤ Großbritannien 2,90 GBPLuxemburg 2,70 ¤ Niederlande 2,70 ¤Österreich 2,70 ¤Polen 17,50 PLN Schweiz 4,80 CHF Tschechien 110 CSKUngarn 900 FT Slowakei 2,70 ¤

Chinas amtlicheStatistiker warte-ten gestern miteiner Riesen-

überraschung auf: Der Ex-portweltmeister erwirt-schaftete im Februar kei-nen Handelsüberschuss,sondern ein Defizit von7,3 Milliarden Dollar.

Solche Ausnahmenkönnten in Zukunft dieRegel werden. ChinasFührung legt mit demneuen Fünfjahresplanden Hebel um – von einerexportorientierten Volks-wirtschaft hin zu einer ge-zielten Förderung der Bin-nenwirtschaft. Innerhalbvon fünf Jahren wird dieVolksrepublik ihre Im-porte von 1,4 BillionenDollar auf 2,7 BillionenDollar fast verdoppeln.Damit hofft man, denHunger nach Wohlstandzu stillen – und den Hangzur Aufmüpfigkeit zu dämpfen.

Auch andere stark wachsendeSchwellenländer wie Russland, Bra-silien und Indien investieren Milliar-den in ihre Infrastruktur – und sinddabei auf deutsche Technologie an-gewiesen. „Die anspruchsvollenEntwicklungsziele Chinas sindohne ausländisches Know-how undTechnologie kaum zu erreichen“,

sagt Florian Kessler von der deut-schen Außenhandelskammer in Pe-king. Deutsche Konzerne böten ge-nau das Sortiment an, das Chinazur Umsetzung des Plans braucht,beispielsweise Infrastruktur- undUmwelttechnik. Profiteure sind Ma-schinenbauer, aber auch Konzernewie Siemens, Daimler, Adidas undBayer. Die Leverkusener rechnen

damit, kräftig bei der Umsetzungdes Fünfjahresplans mitzuverdie-nen. „Ob beim Ausbau der Infra-struktur oder der umweltfreundli-chen Energieversorgung – Bayerhat die passenden Angebote“, sagtChina-Chef Michael König.

Auch in den anderen Schwellen-ländern passt die deutsche Produkt-palette in das derzeitige Nachfrage-

profil. Maschinen undElektrotechnik findensich dort unter den vierwichtigsten Kategorienvon Importgütern.

Das schlägt sich in derdeutschen Außenhandels-statistik bereits nieder:Im Dezember 2010 schick-ten deutsche Exporteureerstmals mehr Warennach China und Hong-kong als in die USA. Daswerde so bleiben, sagtUnicredit-Volkswirt An-dreas Rees voraus. „Siewerden bereits 2015 un-ser wichtigster Absatz-markt sein.“ Bisher istdas Frankreich.

Der Versicherer Axamacht folgende Rech-nung auf: In China ziehenjährlich 20 MillionenMenschen vom Land indie Stadt – jeden Monatwerde die InfrastrukturHamburgs nachgebaut.

Die Folgen sind klar: Die Industriebraucht Investitionsgüter, die wach-sende Stadtbevölkerung Konsum-güter. Deutschland hilft – und ver-dient. Der Wohlstand der Chinesenmehrt so auch den der Deutschen.

D. Heilmann, D. Heß, F. Mayer-Kuckuk

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Chinesische Flagge vor der Hafenanlage in der Großstadt Shenzhen

Wolfgang Reitzle

Das Jahrzehntder ExporteureFür die deutschen Exporteure hat eine goldene Dekade begonnen. Die Schwellenländerwollen ihre Infrastruktur-Investitionen nochmals spürbar steigern. Allein China plant, inden nächsten fünf Jahren seine Importe auf 2,7 Billionen Dollar zu verdoppeln.

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Dax7063.09-0.96%

Euro Stoxx 502909.73-0.86%

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Brentöl114.84$-0.42%

Gold1413.85$-1.20%

Bund 10J.3.250%-0.040PP

US Staat 10J.3.362%-0.105PP

Die Importprogramme in China, Russ-land, Brasilien und Indien Seiten 6, 7

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Handelsblatt: Herr Zeiss, ist derMBA ein Manager-Gütesiegel undein Garant für den Aufstieg?Christoph Zeiss: Nein, das ist derMBA an sich nicht mehr – wenn er esüberhaupt mal war. Die drei Buchsta-ben als Abzeichen haben an Glanzverloren. Die Zeiten, in denen einMBA als Freifahrtschein für einenVorstandsposten galt, sind vorbei.

Handelsblatt: Warum ist das so?Zeiss: Der Titel wird zu inflationärvergeben und ist von einigen Institu-tionen extrem geschickt als Karriere-turbo vermarktet worden. Zu denvom Ansatz her sehr guten Anbieternaus dem angelsächsischen Raum wieHarvard und Cambridge sind Tritt-brettfahrer hinzugekommen, die, jemittelmäßiger ihr Angebot ist, die-ses desto lauter anpreisen. Und daswundert auch nicht. Schließlich istdie Weiterbildung von Managernein lukrativer Markt.

Handelsblatt: Inwiefern sollten sichselbst Harvard und Co. ändern?

Zeiss: Viele Programme sind sehrstark auf den angelsächsischen Wirt-schaftsraum und nicht auf die glo-bale Wirtschaft fokussiert. Die inter-kulturelle Kompetenz insbesonderein Bezug auf die Bric-Staaten undAsien sollte meines Erachtens mehrgefördert werden. Auch der Lehr-plan sollte nicht nur eindimensionalausgerichtet sein. Elemente des Stu-dium generale wie soziale und ethi-sche Fragen sind unverzichtbar.

Handelsblatt: Im Sinne des lebens-langen Lernens ist ein erstklassigesMBA-Programm also eine lohnens-werte Investition?Zeiss: Ja, auf jeden Fall! Denn, umdas auch klarzustellen, auf die for-male Qualifikation wird in Deutsch-land sehr viel Wert gelegt. Ein sehrgut abgeschlossenes Fachstudiumund idealerweise noch eine weiteretheoretische Qualifikation – dieseAnforderung steht in jedem Profilfür eine Topposition. Dass die Ent-scheider bei einem Kandidatenschlussendlich aber nicht nur darauf

schauen, sondern vor allem auchauf Persönlichkeit, Fleiß, Intelli-genz, Glück, Bildung, Ehrgeiz, so-ziale Kompetenzen, Netzwerke,persönliche Erfolge, da sind wirPersonalberater in der Pflicht.

Handelsblatt: Wenn Sie den Lebens-lauf eines Kandidaten vor sich ha-

ben, was interessiert Sie?Zeiss: Die fachliche Kompetenz istfür Toppositionen ab 250 000 EuroJahresbruttogehalt, wie wir sie aus-schließlich besetzen, quasi Voraus-setzung. Uns interessiert in ersterLinie die Performance in der voran-gegangenen Position. Hat der Kandi-dat mehr als der Durchschnitt gelie-

fert? War das wirklich seine Leistung– oder die des Stellvertreters?

Handelsblatt: Das steht aber nichtim Lebenslauf …Zeiss: Nein, wir forschen nach, ho-len Referenzen ein und führenschließlich persönliche Gesprächemit den Kandidaten. Und dabei gehtes nicht um richtig oder falsch, son-dern um passt oder passt nicht. BeiRestrukturierungen kann einmalder Typ Elefant im Porzellanladenpassen, ein anderes Mal der fein-sinnige Diplomat.

Handelsblatt: Das klingt aber nacheiner subjektiven Beurteilung …Zeiss: Das ist es aber absolut nicht.Wir bewerten und ranken unsereKandidaten nach objektivierbarenKriterien. Welches Wachstum hat ererreicht? Wie war das im Marktdurch-schnitt? Wie lange hat er das Wachs-tum erzielen können? Zu welchenKosten? Fairerweise sage ich unserenKunden aber auch immer: ,Wir su-chen Ihnen den besten, verfügbaren

Auch die Business Schools hät-ten gerne mehr Frauen in ih-ren Klassen. Mit allerlei Mar-

keting versuchen sie Managerinnenfür den MBA zu begeistern. Zumin-dest in puncto Interesse am MBAscheint sich das langsam auszu-zahlen: Fast die Hälfte derer, diesich für eine MBA–Messe anmeldenund so Interesse an der praxisna-hen Managementweiterbildung zei-gen, sind mittlerweile Frauen. 48Prozent um genau zu sein, wie derMBA-Messeanbieter QS herausge-funden hat.

Im Jahr 2006 waren es gerade ein-mal etwas mehr als 35 Prozent. Vonden Interessenten aus Westeuropasind sogar schon 54 ProzentFrauen. Vielleicht geben Vorreite-rinnen wie Siemens-EinkaufschefinBarbara Kux, die ihren MBA an derfranzösischen Hochschule Inseadgemacht hat, oder BMW-Großaktio-närin Susanne Klatten mit einemAbschluss vom IMD im schweizeri-schen Lausanne Frauen den An-stoß, es ihnen gleichzutun.

Nur leider mündet das Interesseder Frauen am MBA noch nicht in ei-nen genauso hohen Frauenanteil imMBA. Offenbar senden viele danndoch keine Bewerbung an die Busi-ness Schools. An den Top-Schulensteigt der Anteil weiblicher Studen-ten zwar, aber bei knapp 50 Pro-zent liegt er wohl nirgends. Von23Prozent im vergangenen Jahr auf28 in diesem Jahr stieg er am IMD inLausanne, am Insead im französi-schen Fontainebleau ist jeder dritteMBA-Student eine Frau, in Yale sindes 37 Prozent. Noch bessere Quotenverkünden viele deutsche MBA-Schulen, die international kaumeine Rolle spielen – und sind so end-lich einmal spitze. shr

Stefani HergertDüsseldorf

S chon seine Berufung warein Signal für die künftigeAusrichtung der HarvardBusiness School – und im

Prinzip auch der MBA-Branche:Nitin Nohria, seit Juli vergange-nen Jahres Dekan der bekanntes-ten Wirtschaftsfakultät der Welt,hat keine weiße Hautfarbe und istkein Amerikaner. Der gebürtige In-der wurde trotzdem – oder eben ge-rade deshalb – gewählt.

„Das 20. Jahrhundert war dasAmerikas, das 21. wird das globaleJahrhundert“, sagte Harvard-ChefNitin Nohria dem Handelsblatt.Das heißt für ihn: „Wir werdenNeuerungen einführen müssen.“Nohria glaubt, dass der MBA an Be-deutung gewonnen hat, die schiereZahl von Business-School-Neugrün-dungen in Indien, Lateinamerika,aber auch Europa und vor allemDeutschland bestätige ihn darin.Nohria gibt aber auch zu: „Busi-ness Schools sind noch sehr auf dieamerikanische Wirtschaft fokus-siert und sollten ihren Studentenmehr globale Erfahrung bieten.“

Nicht nur Kritiker bemängeln denFokus auf die USA

Harvard steht wie alle MBA-Schu-len der Welt vor einer Herausforde-rung: Die Business Schools tunnicht genug, um ihre Studentenauf die immer komplexere globaleWirtschaftswelt vorzubereiten, sa-gen nicht nur Kritiker. Die MBA-

„Der Titel ist kein Freifahrtschein mehr“Der Personalberater Christoph Zeiss warnt vor falschen und überzogenen Erwartungen an den MBA. Mit ihm sprach Tanja Kewes.

Die Eliteschulen für ManagerHat sich der Titelüberholt? Nein, aber ermuss Führungskräftebesser auf die globaleWirtschaft vorbereiten.

Frauen sindauf demVormarsch

Gebäude der Harvard Business School:Mehr Projekte, weniger Fälle.

Christoph Zeiss:Der Personalberater ist Geschäftsführer von Heads.

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CHRISTOPH ZEISS

EINBLICK

56 SPEZIAL: MBA 57FREITAG/SAMSTAG, 11. / 12.03.2011, Nr. 50 ******

Kandidaten – nicht weniger, aberauch nicht mehr. Eine Manager-Bä-ckerei sind wir nicht!’

Handelsblatt: Was unterscheidetgute von schlechten Managern?Zeiss: Gute Manager sind beschei-den, zurückhaltend und neigen zuUnderstatement, sie sind akribischeArbeiter, gleichen eher Ackergäulenals Zirkuspferden und blicken zu-erst in den Spiegel und nicht ausdem Fenster, wenn es darum geht,Schuldige für Minderleistung zuidentifizieren.

Handelsblatt: Warum haben Sieselbst keinen MBA gemacht?Zeiss: Ich habe immer mal wiederüberlegt, einen MBA zu machen.Aber direkt nach dem Studiummachte es wenig Sinn, weil ich nochkeine Berufserfahrung hatte. Unddann später, nachdem ich mich ja re-lativ jung selbstständig gemachthatte, fehlten mir erstens ein Spon-sor, also ein Finanzier, und zweitensdie Zeit. Ich konnte und wollte esmir schlicht nicht mehr erlauben,mich ein Jahr komplett aus dem eige-nen Geschäft rauszuziehen. Undvon berufsbegleitenden MBA-Pro-grammen halte ich nichts. Entwe-der richtig oder gar nicht.

Programmdirektorin am SchweizerIMD, Martha Maznevski stellt sogardie Frage, ob der MBA überholt ist.„Vielleicht, wenn er sich nicht ver-ändert“, lautet ihre herausfor-dernde Antwort. Auch die amerika-nische Hochhschulorganisation As-sociation to Advance CollegiateSchools of Business (AACSB), einerder drei wichtigen Akkreditiererfür MBA-Programme weltweit,mahnte genau das vor kurzem an.

Anspruch und Realität klaffenauseinander

Die Business Schools müssten stra-tegischer die Themen Managementin verschiedenen Kulturen undgrenzüberschreitendes Wirtschaf-ten in den Lehrplan integrieren. Zudem Ergebnis kommen Professo-ren in einer AACSB-Studie unterder Führung von Robert Bruner,dem Dekan der Darden School derUniversity of Virginia. Für ihn istdie nichts Geringeres als ein „Weck-ruf“ für die Business Schools.

Die Ergebnisse sind für dieSchulen wenig schmeichel-haft: Zwischen dem Anspruch ei-ner globalen Managementausbil-dung und der Wirklichkeit klaffeeine große Lücke. Nur sechs Pro-zent hätten spezielle Zentren für In-ternationale Wirtschaft und dasThema Globalisierung werde sel-ten als eigenes Fach unterrichtet.

In der Studie geben sie eine Um-frage aus dem Jahr 2007 wieder:Von 51 führenden Schulen nutztenoch ein Drittel im Pflichtkurs„Strategie“ nur Fälle, die in denUSA stattfanden, es war also keineinziger aus den aufstrebendenMärkten Lateinamerikas oderAsiens dabei. „Die interkulturelleKompetenz insbesondere in Bezugauf die Bric-Staaten und Asiensollte mehr gefördert werden“,

sagt auch Personalberater Chris-toph Zeiss, der Top–Führung-kräfte, viele mit MBA-Abschluss,vermittelt (siehe Interview unten).

Für einen globaleren Ansatzwendet sich Harvard sogar etwasvon seinem Heiligtum ab: den Fall-studien. Dekan Nohria hat vor kur-zem umfangreiche Änderungen imMBA-Programm seiner Hochschuleverkündet und ein mehrwöchigesProjekt im Ausland als Pflichtbe-standteil des MBA etabliert. Es geheum mehr als die reine Wissensver-mittlung, sagt Nohria. „Projekte ge-ben Studenten die Möglichkeit, dasWissen auch in Handeln zu überset-zen.“ Ein Student sagt: „Für Har-vard, dessen Lehrplan sich jahr-zehntelang kaum geändert hat, istdas schon eine gewaltige Reform.“Als Abkehr von den Fallstudien will

Dekan Nohria das aber keinesfallssehen, eher als „Ergänzung“. „Fall-studien sind eine der wichtigstenKreationen der Harvard BusinessSchool“, sagt er. Und ein Umsatz-bringer. Denn fast alle Schulenweltweit verwenden die Studien

und da immer neue Anbieter vor al-lem in Asien auf den Markt drän-gen, steigen die Verkäufe jedes Jahr.

Am IMD in Lausanne sollen sieaber künftig seltener eingesetztwerden. Auch ProgrammdirektorinMartha Maznevski sagt, dass MBA-Programme ihre Studenten besserauf die Komplexität der Welt vor-bereiten müssen. Doch die lässtsich mit Fallstudien nur zum Teil ab-decken. „Das Schwierigste ist doch,in der Fülle an Informationen diewichtigen Details zu finden“, sagtMaznevski. Fallstudien liefern dieaber auf dem Silbertablett.

Das IMD hat sie daher im MBA re-duziert, 40 bis 50 Prozent sollen sienoch ausmachen. Stattdessen setztman auch hier verstärkt auf Pro-jekte mit Start-ups und multinatio-nalen Unternehmen. Ein Drittel bis

zwei Drittel ihrer Zeit widmen dieStudenten den Projekten, der Restist reserviert für Vorlesungen undNachbesprechungen. Denn dieRückkoppelung der Projekterfah-rungen, sagt Maznevski, sei wich-tig.

Eines aber lösen all diese Refor-men nicht: Die Managementweltändert sich so schnell, dass keinMBA-Absolvent ein Leben lang vonseinem Studium zehren kann. Daswill die Wharton School an der Uni-versity of Pennsylvania, eine derTop-Adressen, künftig berücksich-tigen. Auch sie hat ihre Lehrpläneumfassend verändert. Vor allemwill man dort, dass die AbsolventenSchritt halten können. Alle siebenJahre können sie daher kostenloseine Weiterbildung buchen. Wennsie wollen, ein Leben lang.

müssen den MBA neu erfinden

Harvard-Dekan Nitin Nohria

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Ehrwürdig – das ist das Wort,das Hans-Peter Kosmider ein-fällt, wenn man ihn nach dem

ersten Eindruck von der amerikani-schen Top-Universität in Chicagofragt. „Das war schon ein anderesGefühl als an einer deutschen Uni-versität in den 70ern“, sagt derMathematiker und spätere Vor-stand der westfälischenProvinzial-Versicherung.„Wohlverstandenes Elite-denken“ nennt der 57-Jäh-rige es. „Unterschwelligwurde immer wiederklar, dass das ein ziem-lich exklusiver Club ist“,sagt Kosmider. Und da-mit meint er nicht, dassneben ihm nur ein wei-terer Deutscher 1979 denMBA dort begann. DieBusiness School der Universität–1898 gegründet – ist die zweitältesteder Welt mit einem sehr guten Rufvor allem im Finanzwesen. In deneinschlägigen Ranglisten muss mansie nicht lange suchen – zumindestnicht, wenn man oben anfängt.

Nur dank eines Voll-Stipendiumskonnte sich Kosmider das Aufbau-studium leisten, für das er unmit-telbar nach seinem Mathestudiumin die Vereinigten Staaten zog. Daseigentlich obligatorische Sommer-praktikum ließ er sausen, umschneller in die Heimat zurück-zukehren. Doch selbst die Kurz-variante war für ihn eine weitauslohnendere Investition als ein Stu-dium an einer der wenigen Schulenin Europa. „Die waren für michkeine ernsthafte Alternative“, sagtKosmider.

Nach dem straffen Programm– „Schleifen lassen gab es nicht“ –suchte er den passenden Berufs-einstieg. Zurück in Deutschlanderlebte er dann, was viele andereUni-Absolventen nur als Luxus be-zeichnen können: „Man konnteden Arbeitgebern sagen: Ich schaumich erst einmal um. Die mussten

dann eben warten“, sagtKosmider.

Und Angebote hatteer. „Vor allem die Unter-nehmensberater wuss-ten, von welcher Uniman kam und haben unsumworben“, sagt Kosmi-der. Nur die deutschenGroßkonzerne konntenmit diesem akademi-schen Titel zunächst we-nig anfangen. Also stieg

auch Kosmider wie viele aus seinerMBA-Klasse in der Beratung ein. Erging zu McKinsey, wechselte da-nach zur Deutschen Bank und spä-ter in die Versicherungsbranche.Vom Vorstandsposten aus verab-schiedete er sich schließlich aus derBranche, ist heute Berater und lei-tet eine Bürgerstiftung.

War der MBA hilfreich? „Ohnedas Studium wäre dieser Karriere-weg weniger wahrscheinlich gewe-sen“, sagt Kosmider. Das Studiumhabe ihm nicht nur die Grundlagenvon effizienten Finanzmärkten bisFührungsverhalten vermittelt, erhabe in Chicago auch gelernt, ziel-orientiert und stringent zu arbei-ten. „Immer wieder hörten wir denSatz: Das muss bis morgen fertigsein. Dann musste man sehen, wieman das schafft.“

H.-P. Kosmider: „Schleifenlassen –das gab es nicht.“

Nele HansenDüsseldorf

Wenn der frühere Deut-sche-Bank-Chef RolfBreuer neben Ex-Daimler-

Chef Klaus Mangold Platz nimmt,Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohnbegrüßt und anschließend Käthe-Kruse-Inhaberin Andrea Christen-son, dann ist es wieder so weit: DasAdvisory Board der Iese, einer derbesten Business Schools weltweit,kommt zum jährlichen Treffen zu-sammen. Ähnlich prominent gehtes auch in den Beiräten andererEliteschulen zu: An der MannheimBusiness School diskutieren nebenBASF-Finanzvorstand Kurt Bockunter anderem Vorstände von SAP,der Allianz-Versicherung oder vonErnst & Young. Am IMD in Lausannegehören Henkel-Chef Kasper Rors-ted und Nestlé-Chef Paul Bulcke demGremium an. Und am Insead sindVorstände des Pharmariesen Rocheoder des ChampagnerherstellersMoët & Chandon dabei.

Beiräte an Business Schools sindvergleichbar mit einem Aufsichts-rat: „Wir diskutieren die Strategieder Schule, halten ihr einen Spiegelvor und beraten über die Marsch-richtung“, erklärt Andrea Christen-son, die im Beirat der Iese BusinessSchool sitzt. Ähnliche Aufgabenübernimmt auch das Kuratorium ander Mannheim Business School.Zweimal im Jahr trifft sich der Kreis,gibt hilfreiche Tipps aus der Praxisund häufig auch einige Finanzsprit-zen. Hier und da nehmen Kuratori-umsmitglieder an Podiumsdiskus-sionen teil, einige unterrichten so-gar.

Studenten chauffieren dieTop-Manager zur Hochschule

Dabei lebt ganz besonders der Netz-werkgedanke. Für die Studentengarantieren die Kontakte beste Kar-rierechancen. Sie sitzen direkt ander Quelle zu ihren potenziellenArbeitgebern wie Goldman Sachs,KPMG, BASF oder der Boston Con-sulting Group. Und die Firmenknüpfen Kontakte zum Nachwuchs.

Kurt Bock ist designierter Vor-standsvorsitzender von BASF undVorsitzender des Beirats der Mann-heim Business School. Für ihn seies ein Glücksfall, die Hochschule indirekter Nähe zu haben, sagt er.Deshalb pflegt Bock enge Verbin-dungen. „Für uns als weltweit täti-ges Unternehmen ist es natürlichwichtig, international, fundiert undpraxisnah ausgebildete Führungs-kräfte zu gewinnen.“ Deshalb lädtBASF die Studenten zu Exkursio-nen ein, bietet Firmenpräsenta-tionen an oder übernimmt Gast-vorträge.

Oft finden die Manager auch per-sönlichen Kontakt zu den Studen-ten. An der Iese beispielsweise ho-len Studenten die Beiratsmitgliederzu den jährlichen Treffen persön-lich vom Flughafen ab und chauffie-ren sie zum Hotel. „Das ist ein sehrherzlicher und persönlicher Emp-fang. Ich kann mich mit den Stu-denten austauschen, erzähle vonmeiner Zeit an der IESE und sie be-richten, wie das Studium heute ist.Im Hotel trinken wir häufig nochzusammen Tee und tauschen unsüber die Berufserwartungen, dieZiele und Träume der Studentenaus“, sagt Christenson.

Stefani HergertDüsseldorf

S tudenten aus Deutsch-land? Hätten wir gerne mehr!Top–MBA-Anbieter wundernsich noch immer, warum so

wenige Deutsche eine Bewerbung fürdie MBA-Programme schicken. Imvergangenen Jahr ist der Anteil an ei-nigen Schulen sogar gesunken. Sindsie also noch immer Exoten? Ganz sowie vor 40 Jahren ist es heute nicht.Dennoch schrecken die hohen Studi-engebühren, der Verdienstausfall imVollzeit-Programm und wohl auchdie englische Sprache der Pro-gramme Kandidaten ab.

Warum nur? Wer mit MBA-Pionie-ren spricht, die vor 40, 30 oderauch 20 Jahren für das praxisnaheManagementstudium ins Auslandgegangen sind, hört, dass keiner derEhemaligen die Zeit und das Er-lernte missen will. Egal ob aus eige-ner Tasche oder dank Stipendium fi-nanziert – ausgezahlt hat er sich für

sie in jedem Fall. Die Ehemaligen sa-gen: Ohne den MBA wäre der Kar-riereweg oder auch der Unterneh-menserfolg weniger wahrscheinlichbis unmöglich gewesen.

Der Name und das Netzwerkder Schule zählen

Sicher, sie haben das Studium abge-schlossen, als der Abschluss von ei-ner Top-Hochschule noch eine ArtKarrieregarantie beinhaltete, langebevor massenhaft MBA-Programmeden Markt überschwemmten undder Titel in Deutschland von vielenFachhochschulen mit Pseudo-MBA-Programmen entwertet wurde.

Sicher ist auch, dass der MBAdurch Skandalmanager in der Fi-nanzkrise an Reputation eingebüßthat. Dennoch finden die Absolven-ten weltweit Jobs und zieht der Job-markt wieder an – vor allem für Ehe-malige der besten Schulen. DerName und das Netzwerk zählen.Das war vor 40 Jahren schon so.

A ls Gerhard Wöhrl Anfangder 60er-Jahre sein Abiturbestand, war der MBA in

Deutschland so gut wie unbekannt.Ein englischer Austauschlehrerbrachte den Sohn des Modeunter-nehmers Rudolf Wöhrl auf die Ideemit dem Managementstudium –eine Idee, die der heute 66-Jährigespäter am damals nochsehr jungen Insead imfranzösischen Fontaine-bleau umsetzte.

Ein MBA Ende der60er-Jahre? Exotisch, istnoch untertrieben. Dochgerade weil so wenigeDeutsche dieses Studiumwählten, galt es alsSprungbrett in die Vor-standsetagen – oder insFamilienunternehmen.

Wöhrl wusste, dass er mit seinemBruder die väterlichen Modehäuserübernehmen und dafür die europäi-sche Perspektive brauchen würde.In der Modebranche würde er ehermit Italienern oder Franzosen ver-handeln als mit Amerikanern.„Franzosen denken anders als Deut-sche, und wir anders als Italiener.Diese Erfahrung war enorm wich-tig“, sagt er. Also fiel die Wahl aufein Studium in Europa.

Auf dem Kontinent waren erst inden 50er-Jahren einige BusinessSchools entstanden. Insead bot zudieser Zeit schon statt des inden USA üblichen zweijährigenMBA das einjährige Programm an.Wöhrl sagt heute: „Das Jahr zählt zumeinen wertvollsten Lebensjahren.“Obwohl er sein Wirtschaftsstudiumin Nürnberg nach der Banklehre ab-

gebrochen hatte, nahm ihn dieSchule auf. „Damals ging das noch,wenn man die nötige Berufserfah-rung hatte“, sagt Wöhrl. Und diekonnte er vorweisen: Fünf Jahre hat-ten er und Bruder Hans Rudolf eineeigene Boutiquen-Linie geführt.

An die ersten Wochen am Inseaderinnert sich Wöhrl genau. „Die

Arbeitsbelastung warenorm, bis Mitternachtwar immer Arbeitszeit“,sagt er. An Fallstudienlernten sie Problemlö-sung, die meisten kamennoch aus Harvard. Schondamals bearbeiteten dieStudenten die Fälle inkleinen, zusammenge-würfelten Teams. Metho-disches Denken, Teamar-beit und konzeptionelles

Arbeiten waren im MBA wichtig.„Und letztlich habe ich auch meineFrau dort kennengelernt“, sagtWöhrl.

Nur wenige Monate nach dem Ab-schluss übernahmen er und sein Bru-der die väterliche Modefirma. Nachder Jahrtausendwende überwandensie Umsatzrückgänge und Liquidi-tätsengpässe. „Viele Mitstudentensind bei großen Beratungsfirmenund Investmentbanken gelandet.Damit konnte ich jederzeit gutenRat einholen, vor allem zum ThemaPrivate Equity“, sagt Wöhrl.

Das Studium in Fontainebleauwill Wöhrl nicht missen. „Ohne denMBA hätte ich das alles nicht ge-schafft. Ich hatte ja vorher keineAhnung von Marketing, Produktions-abläufen oder dem Umgang mit Hie-rarchien in Unternehmen.“

GerhardWöhrl: „Dereuropäische Fokus zählte“

Top-Managerdiskutieren imBeirat der Schule

GerhardWöhrl H.-P. Kosmider

EchtePioniereSie gingen vor 40, 30 und 20 Jahren für den MBAins Ausland, als er in Deutschland nochnahezu unbekannt war. Hier berichten sie, wasdas Studium brachte.

58 SPEZIAL: MBA 59FREITAG/SAMSTAG, 11. / 12.03.2011, Nr. 50 ******

Stefani HergertDüsseldorf

S ie haben Millionen veruntreut,ihren Arbeitgeber oder Kundenbetrogen und sind dafür ins Ge-

fängnis gegangen. Jetzt sind sie geläu-tert – und sprechen mit dem Manage-mentnachwuchs über ihre Taten. DieTuck School of Business des Dart-mouth College oder die FosterSchool of Business der University ofWashington lassen Wirtschaftskrimi-nelle auf dem Campus zu Wort kom-men.

Dass Straftäter mit Vorträgen anBusiness Schools MBA-Studentenethisches Verhalten näherbringen,sei ein durchaus umstrittener Teilder Ethikausbildung, sagt RickShreve, Ethikprofessor an der TuckSchool of Business.

Die Wirtschaftsfakultät Tuck derIvy-League-Universität Dartmouthlädt seit 2002 einmal jährlich zueinem Gespräch mit Betrügern undeinem ehemaligen Staatsanwalt, dersie hinter Gitter gebracht hat, ein.Die Veranstaltung ist freiwillig, imSchnitt hören sich 15 bis 20 Prozentder MBA-Klasse die Schilderungenan. Die Abende sind Teil der Ethik-ausbildung, die an der Tuck Schooleine lange Tradition hat. Sie hat abermit den Skandalen um die Bilanzfäl-schungen des US-Energieriesen En-ron Anfang des neuen Jahrtausendsund den Verfehlungen von Mana-gern mit MBA-Titel im Zuge der Fi-nanzkrise ein neues Gewicht bekom-men.

Auch an anderen Schulen versuchenProfessoren, Ethik praxisnah zuunterrichten. In Europa allerdingslässt keine der vom Handelsblattbefragten Schulen Wirtschaftskrimi-nelle zu Wort kommen, stattdessendiskutiert man in der Klasse oft überBeispiele und Fälle, ohne dass derVerurteilte eingeladen wird.

An den ersten Auftritt eines Wirt-schaftskriminellen im Jahr 2002erinnert sich Tuck-ProfessorShreve mit gemischten Gefühlen.45 Minuten redete der Verurteilteüber seinen Betrug – und versuchtedabei auch noch witzig zu sein. Erzog seine Taten ins Lächerliche.„Das war nicht die Botschaft, dieich meinen Studenten vermittelnwill“, sagt Shreve.

Aus den ersten Erfahrungen hatdie Tuck School gelernt

Fünf Minuten bekommen Staatsan-walt und Verurteilter heute Zeit, umihre Sicht zu beschreiben, danachstellen die Studenten Fragen. „Ich

kontrolliere heute behutsam die Dis-kussion“ sagt Shreve. Vielen Verur-teilten ginge es darum, andere vonden Dummheiten abzuhalten, diesie selbst getan haben.

Die Abende sind oft sehr emotio-nal. Der Vortrag eines wegen Betrugsverurteilten Ehepaares habe einigeStudenten zu Tränen gerührt, ihnenaber auch verdeutlicht, was Men-schen zu solchen Taten bewegt, sagtShreve. Eine Art Notlage und die Ge-legenheit dazu sind zwei Aspekte.Spannend sei es vor allem zu sehen,wie die Verurteilten ihre Taten langevor sich selbst rechtfertigten.

Die Vorträge sind umstritten, weilVerurteilte damit Geld verdienen

Der Ethikprofessor ist sich bewusst,dass die Vorträge heikel sind. Mankönne das als eine Art Anleitung zuStraftaten sehen. Craig Smith, Ethik-professor am französischen Insead,hat noch ein anderes Problem mitdieser Art von Lehre: Man unter-stütze, dass die Verurteilten im Nach-hinein an ihren Verbrechen verdie-nen, sagt er. Den ersten drei Red-nern zahlte Tuck ein Honorar, denletzten schon nicht mehr.

Die Vorträge könnten zudem dasVorurteil bekräftigen, alle Wirt-schaftslenker seien kriminell. Auchdas weiß Shreve und kontert, die Ge-spräche seien nur ein kleiner Teilder Ethikausbildung. Dafür ein nach-haltiger: Die Vorträge seien auch au-ßerhalb des Klassenzimmers einThema.

Von Betrügern lernenGespräche mit Wirtschaftskriminellen sind an US-Schulen Teil der Ethikausbildung.

Der Forstwissenschaftler KraftPrinz zu Hohenlohe-Oehrin-gen sollte nach dem Ab-

schluss die Unternehmensgruppeder Adelsfamilie übernehmen, dochdafür fühlte er sich nach seinemdeutschen Hochschulstudium über-haupt nicht bereit. „Volltheoretikerund im Prinzip nicht einsatzfähig ineinem Unternehmen“, seier gewesen. Ein MBA-Stu-dium sollte das nötigeRüstzeug vermitteln. „DerMBA sparte ein biss-chen die Berufserfah-rung“, sagt der 44-Jäh-rige. Das ist heute an-ders. Die Schulen setzenmindestens zwei JahreBerufspraxis voraus.

Als zu Hohenlohe-Oehringen Anfang der90er- Jahre seine Bewer-bungen für den MBA verschickte,wurde das praxisnahe Management-studium in Deutschland gerade be-kannter. Einige europäische BusinessSchools waren schon eine Alterna-tive zu den Traditionsuniversitätenwie Harvard oder Yale in den USA.Der Forstwissenschaftler entschiedsich für die spanische Iese, die derkatholischen Organisation Opus Deigehört – auch, um sein Spanisch zuverbessern.

An der Hochschule war er einExot – nicht nur wegen des füreinen MBA ungewöhnlichen Erst-studiums. Nur fünf deutsche Stu-denten saßen im Kurs – und das beirund 210 Teilnehmern. Für vieleDeutsche war der MBA Mitte der90er-Jahre noch immer keine Op-tion.

Das MBA-Studium an der Iese warso ganz anders als das, was er alsStudent in München und Freiburgkennengelernt hatte. Der MBA ver-mittelte ihm das nötige Praxiswis-sen und vor allem viel Selbstsicher-heit. Denn dank der Fallstudienseien fast alle Probleme aus demUnternehmeralltag mindestens ein-

mal diskutiert worden,sagt zu Hohenlohe-Oeh-ringen. „Im Studium galtes, schnell möglicheHandlungsalternativen zuerstellen und die Auswir-kungen zu beurteilen.“Er habe gelernt, dass eskeine fertigen Lösungengebe, sondern dass mansich die erarbeitenmüsse.

Heute leitet er das Fa-milienunternehmen: Viel

Wald und Land gehören dazu, einMuseum und Kunststoff-Firmen.Sein Wissen aus dem MBA nutzeihm täglich.

Weil sich nach der Wiederver-einigung im Osten Deutschlandsenorme wirtschaftliche Möglichkei-ten boten, stieg er 1994 direkt nachdem MBA in die Firma mit damals200 Mitarbeitern ein und kaufte imOsten Ländereien – die bewirtschaf-tete Fläche hat er mehr als verdrei-facht. „Ohne den MBA hätten wirdiese Wachstumsstrategie nie rea-lisiert“, sagt zu Hohenlohe-Oeh-ringen. Denn an der Iese habe erbetriebswirtschaftliche Ansätze ge-lernt, die in Deutschland damalskaum ein Mittelständler kannte,die ihn jedoch sein Geschäftslebenlang begleiten dürften.

K. zuHohenlohe-Oehringen:„OhneMBAnicht einsetzbar“

KraftPrinzzuHohen-lohe-Oehringen

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15-20%der MBA-Studenten ander Tuck School hören imDurchschnitt die Vorträgeder Straftäter. DieVeranstaltungen sind fürdie Studenten freiwillig.

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Stefani HergertDüsseldorf

L icht, sauberes Wasser undNetze, die Schutz vor denteuflischen Moskitos bieten:Millionen Inder in den länd-

lichen Gegenden haben das allesnicht. Rustam Sengupta will seineLandsleute damit versorgen. Dafürhat der Absolvent der französischenSchule Insead das UnternehmenBoond gegründet, das nur dreiGrundprodukte – Solarlampe, Was-seraufbereiter und Moskitonetz – ver-kauft. Selbst sein Vertriebsweg isteine Mission: Junge Menschen, die erzu Mikrounternehmern macht, ver-kaufen diese Waren.

Sengupta hat eine Lösung für eingesellschaftliches Problem gefun-den – und will damit Geld verdie-nen. Social Entrepreneurshipnennt sich das. Das Gründen mit ge-sellschaftlichem Mehrwert, unab-hängig von reinem Profitstreben,

ist ein Trend und wird Teil von im-mer mehr MBA-Programmen. Dochdas stellt Business Schools und Ab-solventen gleichermaßen vor He-rausforderungen.

Die Disziplin ist so jung, dass esnoch immer keine einheitliche Defi-nition gibt. „Im Prinzip können So-cial Entrepreneure alle sein, derenHauptgeschäftsziel nicht nur Ge-winn ist“, sagt Pablo Martin de Ho-lan, Professor für Unternehmens-gründung an der spanischen IEBusiness School in Madrid. „Innova-tive Lösungen für soziale Pro-bleme“, definiert Matthew Nashvom Center for the Advancement ofSocial Entrepreneurship (CASE)der amerikanischen Duke Univer-sity den Anspruch an soziale Grün-der. Und am französischen Insead,das 2006 eine Initiative dazu ins Le-ben gerufen hat, zielt man vor al-lem auf den sozialen Anspruch.„Ein soziales Unternehmen gewich-

tet dies immer höher als den Ge-winn“, sagt Christine Driscoll vomInsead.Eines haben diese Ansätze gemein-sam: Social Entrepreneurship mussnicht per se gemeinnützig oder ohneGewinnorientierung sein, wie eszum Beispiel Muhammad Yunus ver-langt. Der Gründer der Grameen-

Bank, die Mikrokredite vergibt, er-hielt 2006 für sein Engagement denFriedensnobelpreis. Fast alle Busi-ness Schools haben heute Wahl-kurse, Vertiefungen oder Workshopsund Projekte mit Sozial-unternehmern im MBA-Programm.Denn auch soziale Gründer müssenwirtschaftlich tragfähige Konzepte

entwickeln und Geldgeber überzeu-gen. Bei den in MBA-Klassen übli-chen Fallstudien stehen die Busi-ness Schools aber erst am Anfang.„Es gibt erst einige Dutzend Fallstu-dien zu Social Entrepreneurship“,sagt Case-Geschäftsführer Nash.Vor allem aber fehlten solche, dieauch das Scheitern sozialer

LichtblickeschaffenGutes tun und damit Geld verdienen ist einTrend-Thema der Wirtschaft, das BusinessSchools und Absolventen herausfordert.

60 SPEZIAL: MBA 61FREITAG/SAMSTAG, 11. / 12.03.2011, Nr. 50 ******

Düsseldorf. Für MBA-Interessentenaus Europa werden Schulen auf demKontinent und in Großbritannien im-mer beliebter. Die amerikanischenBusiness Schools, die noch immerdie Top-Adresse für viele Bewerberweltweit sind, verlieren bei den Eu-ropäern weiter in der Gunst. Daszeigen Studien der OrganisationGraduate Management AdmissionCouncil (GMAC), die den Standard-test GMAT für MBA-Bewerber ver-antwortet. Die größere Beliebtheiteuropäischer Schulen spiegelt sichauf der Messe World MBA Tour wi-der, die am nächsten Montag inFrankfurt und am nächsten Donners-tag in Düsseldorf stattfindet. DerGroßteil der MBA-Anbieter, die dortihre Programme vorstellen, kommtaus Europa, nur mehr zwei Schulenaus den USA sind in diesem Jahr inFrankfurt dabei.

Es ist ein Trend, der sich schonseit Jahren abzeichnet. Gerade inDeutschland kommt ein MBA in Nord-amerika für Bewerber immer selte-ner infrage. Damit lohnt es sich fürUS-Business-Schools aber auch weni-ger, mit einem Stand auf der Messehierzulande vertreten zu sein. Seit2002 ist die Zahl der Schulen, diesich in Frankfurt präsentieren, ummehr als die Hälfte gesunken. Vorneun Jahren zählte QS im Frühjahrnoch rund 130 Anbieter in Frankfurt,in diesem Jahr sind es gerade etwasmehr als 40.

Laut der GMAC-Studie sind vor al-lem Großbritannien, Frankreich, dieNiederlande und Spanien für euro-päische MBA-Bewerber interesssant.An Schulen in diesen Ländern schi-cken sie am häufigsten das GMAT-Ergebnis, das für die Bewerbung anfast allen guten Business Schoolsverlangt wird. Der Trend spiegeltsich auch in der Teilnehmerliste derMBA-Messe in Frankfurt wider. AchtSchulen aus Großbritannien sind in

diesem Jahr dabei, vier aus Frankreichund drei spanische MBA-Anbieter.

Schulen auf dem Kontinent und inGroßbritannien werden vor allemdeshalb interessanter, weil sie denamerikanischen Konkurrenten zu-nehmend den Rang ablaufen. In denwichtigsten MBA-Ranglisten belegensie – neben den wenigen aufstreben-den asiatischen Schulen – jedes Jahrbessere Plätze. So steht im aktuellenRanking der britischen „FinancialTimes“ die London Business Schoolauf Platz eins. Da ein Hauptkriteriumder Ranglisten das Gehalt der Absol-venten nach dem MBA ist, gilt das alsQualitätszeichen. Denn nur für Ab-solventen guter Programme sind dieFirmen bereit, Gehaltszuschläge zubezahlen.

Das Studium in den USA ist aberauch vergleichsweise teurer. Dennim Ursprungsland des MBA dauerndie meisten Programme zwei Jahre,bei den Top-Anbietern kosten sie biszu 100 000 Dollar Gebühren. Die ein-jährigen Programme in Europa sindin etwa nur halb so teuer, die Stu-denten müssen nur ein Jahr aus demBeruf aussteigen, der Verdienstaus-fall ist geringer.

Daher haben Absolventen europäi-scher Programme durch das Gehalts-plus die Kosten des MBA meistschneller wieder hereingeholt, hateine Berechnung des amerikani-schen Magazins „Businessweek“ ge-zeigt. Fünf europäische Schulen ste-hen auf der Liste der rentabelstenProgramme auf den ersten Plätzen,bei ihnen zahlt sich der MBA schonnach weniger als drei Jahren aus. shr

Europäer sind 2011 (fast) unter sichBewerber auf demKontinent haben wenigerInteresse an US-Schulen.Das zeigt auch die MesseWorld MBA Tour nächsteWoche in Deutschland.

Unternehmer beschreiben. „EinigeStudien feiern die Gründer regel-recht“, sagt Nash. Das Problem: Ler-nen können Studenten aber ammeisten von denjenigen, die ge-scheitert sind.

Vielleicht interessieren sich we-gen des positiven Images so vieleStudenten für das Thema – am In-sead zuletzt rund ein Zehntel, ander Saïd Business School der Uni-versity of Oxford schon mehr alsdie Hälfte der MBA-Klasse. „Mehrund mehr Studenten betrachten So-cial Entrepreneurship als Karriere-option und kommen schon mit demInteresse daran zu uns“, sagt Case-Geschäftsführer Nash. Auch wennan vielen Schulen nur fünf bis zehnProzent der Absolventen tatsäch-lich in den sozialen oder öffentli-chen Sektor gehen. „Früher wärendiese Studenten an eine politikwis-senschaftliche Fakultät gegangen.“

Geringes Einkommen, aber hoheSchulden aus demMBA

Ein Problem nur haben diese Grün-der: Mit sozialen Unternehmen lässtsich vielleicht irgendwann einmalGeld verdienen, die Absolventenmüssen aber meist recht schnell ihreKredite für den MBA zurückzahlen.Oft sind das mehrere zehntausendbis einhunderttausend Euro.

Auch Rustam Sengupta stand vordiesem Problem. Nach dem MBAnahm er einen Job als Finanzmana-ger an – obwohl das nicht seinTraum war. Doch allein mit dem ers-ten Bonus zahlte er die Hälfte desStudienkredits zurück. Erst dannging er in sein Heimatland und grün-dete Boond. Über kleinere Bera-tungsaufträge finanziert er sichzum Teil noch heute.

An den Business Schools hat mandas Problem erkannt. Insead will vo-raussichtlich im nächsten Jahr ei-nen Fonds auflegen, der Absolven-ten unterstützt, die eine niedrig be-zahlte Karriere anstreben. Und ander Duke University gibt es bereitsein Hilfsprogramm für Studenten,die nach dem MBA-Studium in denöffentlichen oder gemeinnützigenSektor gehen. Zwischen 30 und 40Ehemalige werden darüber geför-dert.

AGSM (AUS)

Business School Lausanne (CH)

California Lutheran University (USA)

Copenhagen Business School (DK)

Cranfield School of Management (GB)

Durham Business School (GB)

EDHEC Business School (F)

Esade Business School (E)

ESCP Europe (F)

Essec Business School (F)

European Business School – EBS (D)

European University,European Business College München (D)

Fachhochschule fur Oekonomie &Management – FOM (D)

German Graduate School of Managementand Law (D)

Gisma Business School (D)

HEC Paris (F)

Hector School of Engineering & Manage-ment – Karlsruhe Institute of Technology(D)

Henley Business School (GB)

HHL Leipzig (D)

Hult International Business School (USA)

ICN Business School / EM Strasbourg (F)

IE Business School (E)

Iese Business School (E)

IMD (CH)

INSEAD (F)

Lancaster University ManagementSchool (GB)

Leeds University Business School (GB)

Manchester Business School (GB)

Mannheim Business School (D)

Melbourne Business School,The University of Melbourne (AUS)

Moscow School of ManagementSkolkovo (RUS)

RSM RotterdamSchool of Management (NL)

Simon Graduate School of Business, Uni-versity of Rochester & Institut für Finanz-management, Universität Bern (CH)

Technische Hochschule Mittelhessen THM –FH Giessen (D)

Tias Nimbas Business School (NL)

TU München (D)

University of Cape Town – G.S.B. (ZA)

University of Dublin (IRL)

University of Edinburgh Business SchoolScotland (GB)

University of St. Gallen (CH)

University of Zurich (CH)

Vlerick Leuven GentManagement School (B)

Warwick Business School (GB)

WHU – Otto BeisheimSchool of Management (D)

Europäer stark vertretenDiese Anbieter sind bei der QSWorld MBA Tour in Frankfurt dabei

Business School (Land) Business School (Land)

Handelsblatt Quelle: QS, London

Wann? Am 14. März von 17 bis 21Uhr im Hilton Hotel in Frankfurtund am 17. März von 17 bis 21 Uhrim Hotel Nikko in Düsseldorfmacht die QSWorld MBA-TourStation in Deutschland.

Wie viel? Bei Online-Registrie-rung ist der Eintritt sowohl inFrankfurt als auch in Düsseldorffrei, an der Tageskasse kostet erzehn Euro.

Was? Neben der Messe, auf dersich die Business Schools präsen-tieren, werdenWorkshops zuGMAT und Bewerbung angebo-ten. Auch zum Thema Studienfi-nanzierung stehen Berater be-reit. Neu in diesem Jahr in Frank-furt ist eine Diskussionsrundemit ehemaligen Studenten vonTop-Schulen wie Harvard,Whar-toon oder London Business.www.topmba.com/mba-tour

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WORLD MBA TOUR

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SPEZIAL: MBA 63FREITAG/SAMSTAG, 11./ 12.03.2011, Nr. 50

Nele HansenDüsseldorf

Sven Tischendorf ist ein typi-scher MBA-Student – eigent-lich. Er hat Jura studiert, da-nach promoviert und leitet

eine Anwaltskanzlei. Seit einigenMonaten studiert der 44-Jährige imExecutive MBA, einem berufsbe-gleitenden Master of Business Ad-ministration für Führungskräfte ander Frankfurt School of Financeand Management.

Doch in seinem Studiengang ister als Akademiker in der Minder-heit. Denn die meisten seinerKommilitonen ähneln dem 32-jähri-gen Wolfgang Forster. Er hat eineBankausbildung gemacht, danachdie Weiterbildung zum Bankbe-triebswirt und leitet jetzt einekleine Unternehmensberatung. Aneiner Universität hat er nicht stu-diert.

Zehn Bundesländer erlaubenMaster ohne Erststudium

Immer mehr deutsche BusinessSchools öffnen ihre berufsbeglei-tenden MBA-Studiengänge fürNicht-Akademiker. Eine Änderungder Hochschulgesetze macht dasmöglich. In zehn Bundesländerndürfen Bewerber inzwischen ohneerstes Studium einen MBA machen.

Voraussetzung dafür sind einigeJahre Berufserfahrung und ein be-standener Aufnahmetest.

So studieren an der FrankfurtSchool zwei Drittel der 32 Teilnehmerim Executive MBA, ohne vorher eine

Universität besucht zu haben. Auchdie WHU in Vallendar, die Fachhoch-schule Gießen und Fachhochschulenin Rheinland-Pfalz lassen Teilnehmerohne Erststudium zu. Die Öffnungspaltet die Branche. Denn viele se-

hen den Ruf des MBA in Gefahr.Jens Wüstemann, Präsident derMannheim Business School, sagt:„Eine Zulassung ohne Erststudiumverwässert den ohnehin unüber-sichtlichen MBA-Marktnoch weiter.“ In Mann-heim kann sich bislangniemand ohne Erststu-dium für einen MBAeinschreiben. „Daskommt auch in Zu-kunft für uns nicht inFrage“, sagt Wüste-mann. Andreas Hacke-thal, der Dekan der Goethe Busi-ness School, bangt um den Marken-wert des MBA. Bislang pausiert derExecutive MBA an seiner Hoch-schule, da es zu wenig Bewerbergibt. Doch bevor Hackethal Teil-nehmer ohne Studium aufnimmt,lässt er das Programm lieber weiterruhen.

Hier entsteht ein neuer Marktfür MBA-Anbieter

Die Hochschulen, die Bewerberohne Studium zulassen, verteidigensich. „In solchen Programmen wirdja nicht das Theorie-Einmaleins ge-lehrt, sondern hier lebt der Unter-richt von der Berufs- und Manage-menterfahrung der Teilnehmer“,sagt Jürgen Weigand. Der akademi-sche Leiter des Kellog-WHU-Execu-tive-Programms nimmt gerne Be-werber auf, die noch nicht studierthaben – wenn sie denn gut sind.

Für die Hochschulen eröffnet dieGesetzesänderung einen neuenMarkt. Viele Business Schools ha-ben zu wenige Bewerber für ihre

MBA-Kurse. „Damit laufen wir Ge-fahr, dass Business Schools mitKostendruck Bewerber aufneh-men, nur weil diese es sich leistenkönnen, die Studiengebühr zu be-

zahlen“, sagt Wüste-mann.

Wie reagieren dieAkkreditierer darauf?Die deutsche AgenturFibaa tut sich damitleichter als inter-nationale Organisatio-nen. „Wir wollen zu-nächst sicherstellen,

dass die Hochschulen ihr Niveauhalten können“, sagt ImmoSchmidt-Jortzig, Leiter derProgrammakkreditierung bei der Fi-baa. „Wie gut die Programme wirk-lich sind, wird sich allerdings erst indrei bis vier Jahren bei der Re-Ak-kreditierung zeigen.“ Für die euro-päische Organisation EFMD, diemit Equis und Epas zwei internatio-nal sehr wichtige Siegel vergibt,wäre die massenhafte Aufnahmevon Teilnehmern ohne Erststudiumein ernstes Problem, heißt es dort.Vor allem, wenn die Schule dasauch noch aggressiv bewirbt.

Die Frankfurt School bemühtsich gerade um die Fibaa-Akkreditie-rung. Über eine internationale Pro-gramm-Akkreditierung soll erstdanach entschieden werden. DenStudenten Tischendorf und Forsterist es egal, dass der eine vorher stu-diert hat, der andere nicht. „Hartund anspruchsvoll ist das Pro-gramm für alle“, sagt Forster. UndTischendorf fügt hinzu: „Hier sindalle ehrgeizig, klug und erfahren.“

Von der Werkbank an die HochschuleEinige Bundesländererlauben das MBA-Studium ohne erstenUni-Abschluss. Dochdas ist umstritten.

ROTTERDAM. Es ist Mittwoch, 22.30Uhr. Das Gebäude der RotterdamSchool of Management (RSM) ent-lässt uns in die frische Nachtluft.Hinter uns liegen sechs StundenVorlesung, eine eineinhalbstündigePodiumsdiskussion mit Entschei-dern aus dem Finanzsektor und eindreistündiges Teamtreffen – dasdritte diese Woche. Nun geht es füruns aber erst richtig los, denn ne-ben den Vorlesungen arbeiten wiran mehreren Projekten gleichzeitig.

Im Team arbeite ich mit demSchweizer Carlo Cronauer, der Ame-rikanerin Elizabeth Dyas, der Inde-rin Kanchan Shindgikar, KatsukiyoNishi aus Japan und dem SpanierJose Enrique Viniegra zusammen.

Elizabeth ist Projektleiterin fürMarketing. Sie will den Markenwertdes MBA-Programms an der RSMfür weibliche Studenten steigern.Die Präsentation steht kurzfristigan und die Vorbereitung wird Eliza-beth, Katsukiyo und mich bis dreiUhr an den Schreibtisch binden.

Parallel modellieren Carlo undEnrique computerbasiert die Roh-stoffverwendung und die Profitmög-lichkeiten eines Lebensmittelprodu-zenten. Auf Basis einer Risikoanalyseder aktuellen Marktlage werden wirmorgen eine Empfehlung abgeben –

die finale Version steht am Freitagum 2.43 Uhr an.

Mein Projekt analysiert den Ein-fluss von Anlagen und Bedienernauf Produktionsfehler. Samstag umein Uhr werden Katsukiyo und ichdie Analyse senden. Kanchan be-teiligt sich an einem Wettbewerbzur Frischwasserversorgung in Ent-wicklungsländern, wir halten ihrsolange den Rücken frei.

Zugegeben, eine Flasche Rieslingwird diese Nacht noch geköpft,auch das gehört dazu. Ebenso wieKonflikte – deren Lösungen aberauch. Wir sind ein gutes Team, dieProjektleitung wechselt mit jederAufgabe und somit auch die Rollen.

Vieles des Gelernten begeistertmich: Es erweitert meine Erkennt-nisse aus dem Berufsalltag, kombi-niert sie mit betriebswissenschaft-lichen Zusammenhängen und gibtmir einen Blick auf das unternehme-rische Gesamtbild.

Jan Illerhues erhielt 2010 das Han-delsblatt/RSM-Stipendium, das dieGebühren für den MBA an der Rotter-dam School of Management abdeckt,in dem er seit Januar studiert. DerInformatiker, der zuletzt bei Thyssen-Krupp tätig war, wird in diesem Jahrregelmäßig auf karriere.de berichten.

Von Nachtschichtenund KonfliktenHandelsblatt-Stipendiat Jan Illerhues ist begeistert von derTeamarbeit an der Rotterdam School of Management.

Blick in eine Schreinerei:MBA ohne Erststudium spaltet die Branche.

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„Die Zulassungohne Erststudiumverwässert den

unübersichtlichenMBA-Markt noch

weiter.“JensWüstemann

Mannheim Business School