Handlungsleitlinien - UKGM

14
Handlungsleitlinien Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 2 1. Information/Beratung Zweck: Wissen über das Pflegeproblem “Dekubitusgefahr” und die Vermittlung der erforderlichen (Selbst–) Pflegemaßnahmen. Ziel- gruppe: Patientinnen/Patienten, Angehörige, die hinsichtlich des Pflegeproblems “Dekubitusgefahr” ein Wissensdefizit haben und demzufolge kein entsprechendes Gesundheitsverhalten/ –verständnis bzw. nicht die erforderliche Selbstpflege entwickeln können. Vor- gehens– weise: Die Beratung orientiert sich an den in der Pflegeleitlinie aufgeführten Zielen. Die erforderlichen Informationen können wie folgt gegeben werden: Mündlich – in einem patientenorientierten Informationsgespräch. In diesem Gespräch soll das individuelle Dekubitusrisiko thematisiert werden. Die eventuell bestehenden Ängste, Wünsche und Bedürfnisse der Patientinnen/Patienten sollen besprochen werden. Weiterhin soll ein angemessenes Gesundheitsverhalten vermittelt werden (z.B. frühzeitige, ausreichende Bewegung) sowie unangemessenes Gesundheitsverhalten (z.B. unzu- reichende Druckentlastung) erläutert werden. Schriftlich – z.B. Informationsbroschüre über begünstigende Faktoren der Dekubitusentstehung aushändigen (z.B. Braden-Skala). Anleitung – z.B. Einüben bestimmter Bewegungen. Demonstration – Anwendung von Lagerungshilfsmitteln. Der Erfolg der Beratung kann anhand von Beschreibungen, Äußerungen und Demonstrationen der Patientinnen/Patienten überprüft werden. Weitere Informationen über: § Pflegedolmetscherdienst bei Sprachschwierigkeiten 2. Mobilität/Aktivität 2.1 Lagerung/Lagerungsarten Zweck: Förderung der Durchblutung durch Druckentlastung/Druck- reduktion. Ziel- gruppe: Dekubitus gefährdete, immobile Patientinnen/Patienten. Hilfsmittel: Spezialmatratzen, -betten, Kissen, Handtücher, Decken, Schaumstoffkeile, Kissenbezüge o.ä.. Grafik: Juchli/Pflege 1997, Thieme Verlag

Transcript of Handlungsleitlinien - UKGM

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 2

1. Information/Beratung Zweck: Wissen über das Pflegeproblem “Dekubitusgefahr” und die

Vermittlung der erforderlichen (Selbst–) Pflegemaßnahmen.

Ziel-gruppe:

Patientinnen/Patienten, Angehörige, die hinsichtlich des Pflegeproblems “Dekubitusgefahr” ein Wissensdefizit haben und demzufolge kein entsprechendes Gesundheitsverhalten/ –verständnis bzw. nicht die erforderliche Selbstpflege entwickeln können.

Vor-gehens– weise:

Die Beratung orientiert sich an den in der Pflegeleitlinie aufgeführten Zielen. Die erforderlichen Informationen können wie folgt gegeben werden: Mündlich – in einem patientenorientierten Informationsgespräch. In diesem Gespräch soll das individuelle Dekubitusrisiko thematisiert werden. Die eventuell bestehenden Ängste, Wünsche und Bedürfnisse der Patientinnen/Patienten sollen besprochen werden. Weiterhin soll ein angemessenes Gesundheitsverhalten vermittelt werden (z.B. frühzeitige, ausreichende Bewegung) sowie unangemessenes Gesundheitsverhalten (z.B. unzu-reichende Druckentlastung) erläutert werden. Schriftlich – z.B. Informationsbroschüre über begünstigende Faktoren der Dekubitusentstehung aushändigen (z.B. Braden-Skala). Anleitung – z.B. Einüben bestimmter Bewegungen. Demonstration – Anwendung von Lagerungshilfsmitteln. Der Erfolg der Beratung kann anhand von Beschreibungen, Äußerungen und Demonstrationen der Patientinnen/Patienten überprüft werden.

Weitere Informationen über: § Pflegedolmetscherdienst bei Sprachschwierigkeiten

2. Mobilität/Aktivität 2.1 Lagerung/Lagerungsarten Zweck:

Förderung der Durchblutung durch Druckentlastung/Druck-reduktion.

Ziel-gruppe:

Dekubitus gefährdete, immobile Patientinnen/Patienten.

Hilfsmittel: Spezialmatratzen, -betten, Kissen, Handtücher, Decken, Schaumstoffkeile, Kissenbezüge o.ä..

Grafik: Juchli/Pflege 1997, Thieme Verlag

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 3

Grundprinzipien der Lagerung

• Förderung der Selbständigkeit Die Lagerung soll die Fähigkeiten der Patientinnen/Patienten nicht einschränken, sondern unterstützen.

• Druckentlastung/ -reduzierung Je mehr Körperfläche aufliegt, desto größer ist die Druckverteilung und -reduzierung (z.B. bei Rollstuhlfahrer der komplette Ober-schenkel).

• Lagerungsintervalle Die Intervalle zur geplanten Bewegungsförderung und Druckent-lastung müssen individuell bestimmt und planmäßig durchgeführt werden. Dazu wird die Umlagerung der Patientinnen/Patienten zunächst 2 stündlich durchgeführt. Die Angaben der Patientinnen/Patienten und deren Hautzustand (Fingertest*) bestimmen den Zeitraum (Intervall) der Umlagerungsserie.

*Fingertest: Kurzes Eindrücken des Fingers auf eine gerötete Körperstelle:

wenn die Haut rot bleibt, statt weiß zu werden, liegt bereits eine Schädigung der Haut vor (Phillips 1997).

Vorgehensweise: Lageveränderungen 30 Grad Schräglagerung Man benutzt dazu zwei Kopfkissen. Ein Kopfkissen wird unter den Rücken und ein Kissen unter das Bein gelagert. 135 Grad Lagerung Zwei große und ein kleines Kopfkissen. In Seitenlage wird ein großes Kopfkissen vor den Brust- und Bauchraum gelegt und die Patientinnen/Patienten darauf gedreht, so dass der unten liegende Trochanter Major ohne Druckbelastung ist. Das oben liegende Bein wird mit einem großen Kopfkissen, und der Kopf mit einem kleinen Kopfkissen unterstützt.

Nachts längere Schlaf- und Ruhephasen ermög-lichen. Besondere Lagerungsintervalle bei Schwerst-kranken und Sterbenden in Erwägung ziehen.

Grafik: Juchli/Pflege 1997, Thieme Verlag

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 4

Schiefe Ebene Die schiefe Ebene ist keine direkte Lagerung, sondern eine Ergänzung. Sie wird durch Unterschieben eines oder mehrerer harter Keile unter die ganze Matratzenlänge erreicht. Dabei sollten die Keile mindestens bis zur Hälfte der Matratzenbreite untergeschoben werden. Alternativ können auch Kissen oder Sandsäcke verwendet werden.

Mikrolagerung Zeitweise Unterlegen eines kleinen Kissens, abwechselnd linke Gesäß-hälfte, linke Schulter, rechte Gesäßhälfte, rechte Schulter etc..

Wahrnehmungsstörungen/ Verwirrtheitszustände können durch die Schiefe Ebene verstärkt werden.

Patientinnen/Patienten mit einer Hemiplegie sollen

grundsätzlich nur nach Bobath- bzw. Aktivitas-Konzept gelagert werden.

Vorteile der schiefen Ebene und der Mikrolagerung:

Die Patientinnen/Patienten müssen kaum gedreht

werden!

Grafik: Dekubitus 1997, Thieme Verlag

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 5

VATI-Lagerungen Von den VATI-Lagerungen dienen ausschließlich die V- und A- Lagerungen als Dekubitusprophylaxe:

• Dabei wird das Os sacrum frei gelagert.

Die T- und I- Lagerungen dienen primär der Atemunterstützung.

Weichlagerungen Für die Weichlagerungen gibt es spezielle Indikationen: Die Lagerungssysteme (s. Handlungsrichtlinie Lagerungshilfsmittel) gehen aus der Überlegung hervor, eine bestmögliche Matratzenanpassung an die Körperoberfläche des Gefährdeten zu erreichen. Dadurch vergrößert sich die Auflagefläche und der Auflagedruck wird reduziert. Nachteile:

• Reduzierung der Spontanbewegungen • Verlust des Körperschemas • Verlangsamung der Feinmotorik

Je weicher Patientinnen/Patienten gelagert werden, desto immobiler werden sie.

Grafik: Dekubitus 1997, Thieme Verlag

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 6

Hohllagerung Freilagerung betroffener Körperpartien, z.B. Ferse: Achillessehnenbereich mit Handtuchrolle o. ä. hoch lagern.

Korrekte Hüftbeugung Die Dekubitusgefährdung nimmt extrem zu, wenn bei erhöhtem Kopfende die Hüftbeugung der Patientinnen/Patienten nicht mit der Bettabknickung übereinstimmt (der Druck auf die Blutgefäße im Bereich des Os sacrum und der Schulterblätter nimmt erheblich zu).

Weitere Information: § Pflegekonsildienst z.B. "Bobath-Konzept“, "Kinästhetik“,

"Rückengerechter Patiententransfer“

Zirkuläre Lagerungshilfsmittel (z.B. Sitzringe) führen zur Abschnürung und Unterbrechung des Blutflusses. Je mehr Körperstellen frei gelagert werden, desto höher ist der Auflagedruck an den verbleibenden Stellen (z.B. bei Hochlagerung mit einem Kissen zur Freilagerung der Ferse wird der Druck im Bereich des Os sacrum erhöht).

Grafik: Dekubitus 1997, Thieme Verlag

Grafik: Dekubitus 1997, Thieme Verlag

Bei den Lagerungsarten ist grundsätzlich zu beachten: • Risiken und Kontraindikationen (z.B. Wirbelsäulen-

erkrankungen, OP) • Lageintoleranzen auf Grund mangelnder

Compliance (Bereitschaft und Kooperation) der Patientinnen/Patienten

Hochlagerung der Fersen mit einem zusammen gerollten Handtuch

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 7

2. Mobilität/Aktivität 2.2 Lagerungssysteme Zweck:

Druckreduzierung.

Ziel-gruppe:

Dekubitus gefährdete, immobile Patientinnen/Patienten.

Hilfsmittel: z.B. Schaumstoffmatratzen, Wechseldruckmatratzen.

Auswahlkriterien für Lagerungssysteme

• Körpergewicht • Risiko nach Braden-Skala • Einschränkung der Mobilität aus physiologischen, anatomischen oder

zeitweise krankheitsbedingten Gründen • Anwendungshinweise und Wirkungsprinzipien (siehe Hersteller) • Mögliche Nebenwirkung z.B. bei Patientinnen/Patienten, die

übermäßig schwitzen oder Störungen der Körperwahrnehmung aufweisen

Ein prinzipielles Auswahlkriterium für Lagerungssysteme ist der angenommene kapillare Verschlussdruck. Beachte: Dieser kann individuell zwischen 1 - 60 mm/Hg liegen!

Lagerungssysteme Schaumstoffmatratzen Vorteil: Relativ preisgünstig. Nachteil: Sie können die absolute Druckentlastung nicht realisieren und

ersetzen keinesfalls die regelmäßige Lagerung (z.B. zur Kontrakturprophylaxe).

Wechseldruckmatratzen Funktion: Wechselweise Füllung und Entlastung von Luftkammern. Vorteil: Wechseldruckmatratzen ermöglichen eine nahezu ideale Lagerung,

da pro Zyklus eine absolute Druckentlastung erreicht werden kann. Weitere Informationen über: § Pflegekonsildienst z.B. "Dekubitusprophylaxe und Wundversorgung“

Felle: Reibung und Scherkräfte sind bei synthetischen Fellen extrem hoch.

Gelauflage: wenn zu klein, erfolgt eine Erhöhung des Auflagedruckes

Fersenschoner: sollten nicht verwendet werden. Es gibt keine adäquate Maßnahme zur Druckreduzierung an der Ferse außer der Freilagerung

Die Verwendung von Spezialsystemen zur Dekubitusprophylaxe ersetzt nicht die konsequente Druckentlastung durch Lagerung!

• Das Einspannen von Bett- und Stecklaken bei Antide-kubitussystemen ist kontraindiziert, da es zur Steigerung des Auflagedruckes führt.

• Je mehr Lagerungshilfsmittel bei Patientinnen/Patienten verwendet werden desto immobiler werden sie.

Auf Körpertemperatur und Hautturgor achten!

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 8

2. Mobilität/Aktivität 2.3 Mobilisation Zweck:

Maßnahme zur Aktivierung und Bewegungsförderung von Patientinnen/Patienten. Bezogen auf die Dekubitusprophylaxe erfolgt bei der Mobilisation eine Druckentlastung der gefährdeten Körperregionen.

Ziel-gruppe:

Alle Patientinnen/Patienten mit Aktivitäts- und Bewegungsein-schränkungen.

Hilfsmittel: Mobilisationshilfen (Patientenaufrichter, Strickleitersprossen, Gehilfen usw.).

Vor-gehens– weise:

Aufstehen und bewegen so oft wie möglich und soweit es die individuellen Bewegungseinschränkungen der Patientinnen/Patienten erlauben und/oder es die Pflegeverordnungen erfordern.

Weitere Informationen über: § Pflegekonsildienst z.B. "Kinästhetik“, "Rückengerechter

Patiententransfer“ § Physiotherapeuten

3. Scher- und Reibungskräfte Zweck: Die Patientinnen/Patienten sollen die Verschiebung der Haut-

und Unterhautfettgewebeschichten durch z.B. Herunter-rutschen im Bett, nicht erfahren. Auswirkung der Scher- und Reibungskräfte: Durch Verschiebung im Unterhautfettgewebe wird die Blut-zirkulation unterbrochen. Die Haut bleibt am Bett "haften" und das Innere des Körpers verschiebt sich in Richtung Schwer-kraft. Ebenso gefährdet sind die umliegenden Partien bei Druckzunahme in nicht direkt betroffenen Gebieten.

Ziel-gruppe:

Sitzende Patientinnen/Patienten. Patientinnen/Patienten während Transfer.

Hilfsmittel: Handtücher oder Frotteewaschlappen. Gleitfolie.

Vor-gehens–weise:

900 Position bei sitzenden Patientinnen/Patienten. Auf korrekte Abknickung in der Hüfte achten. Rutschbremse: Handtuch oder Waschlappen vor Sitzbeinhöcker legen. Transfer nach Prinzipien der Kinästhetik und des rückengerechten Patiententransfers durchführen.

Weitere Informationen über: § Pflegekonsildienst z.B "Kinästhetik“, "Rückengerechter

Patiententransfer“, "Dekubitusprophylaxe und Wundversorgung"

Patientinnen/Patienten zur Lageveränderung kopfwärts nie unter deren Achseln fassen und über die Unterlage ziehen/schleifen (Bewirken von Scher- und Reibungskräften und Gefahr der Schulterluxation)

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 9

4. Mangelnde sensorische Fähigkeiten Zweck: Förderung der Fähigkeit auf druckbedingtes Unbehagen zu

reagieren.

Ziel-gruppe:

Alle Patientinnen/Patienten mit endogenen oder exogenen Wahrnehmungsstörungen, motorischen und sensorischen Defiziten.

Hilfsmittel: Sind abhängig vom gewählten Konzept zur Förderung der sensorischen Fähigkeiten. Materialien zur Druckentlastung.

Vor-gehens– weise:

Förderung der Wahrnehmung. Erzielen des physiologischen Muskeltonus. Förderung der Bewegung durch Maßnahmen der Konzepte "Basale Stimulation“, "Bobath“, "Kinästhetik" ("Aktivitas“). Förderung der Ressourcen, hinsichtlich der sensorischen Fähigkeiten durch Kommunikation. Einsatz von Materialien zur Druckentlastung siehe Handlungsrichtlinie 2. Mobilität/Aktivität.

Weitere Informationen über: § Pflegekonsildienst z.B. "Basale Stimulation“, "Kinästhetik“,

"Bobath"

Depression und Entstehung eines Dekubitus

bedingen sich gegenseitig.

Angst kann Auslöser für Immobilität / verminderte Aktivität sein.

Auf adäquate Schmerztherapie zur Förderung der Mobilität achten. Beachte: Schmerzmedikamente (auch Schlafmittel !!!) führen zur Verminderung des Microdruckempfindens mit Dekubitusgefahr

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 10

5. Hautfeuchtigkeit Zweck: Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Hydro-Lipid-

Mantels der Haut.

Ziel-gruppe:

Patientinnen/Patienten, deren Haut Feuchtigkeit ausgesetzt ist und/oder deren Hydro-Lipid-Mantel defekt ist.

Hilfsmittel: Spezielle Hilfsmittel zur Körperpflege (siehe Pflegeleitlinie "Körperpflege").

Vor-gehens– weise:

Nach individueller Hauttypbestimmung erfolgen die Maßnahmen der Körperpflege (s. Pflegeleitlinie "Körperpflege"). Die Versorgung inkontinenter Patientinnen/Patienten sollte individuell angepasst werden (s. Pflegeleitlinie "Ausscheidung").

Weitere Informationen über: § Pflegekonsildienst z.B. "Inkontinenz" § Pflegeleitlinie "Körperpflege“

6. Ernährung Zweck: Ausgewogene Ernährung.

Ziel-gruppe:

Patientinnen/Patienten, die fehl- oder mangelernährt sind.

Hilfsmittel: Spezielle Hilfsmittel zur Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ( siehe Pflegeleitlinie "Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme").

Vor-gehens– weise:

Beurteilung des individuellen Eß- und Trinkverhaltens. Deckung des individuellen Bedarfs (siehe Pflegeleitllinie "Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme"). Kontrolle des Ernährungszustandes (siehe Pflegeleitlinie "Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme").

Weitere Informationen über: § Ernährungskommission § Diätassistentinnen/Zentralküche § Pflegekonsildienst "Ernährungssonden", „Diabetesberatung“

Angemessene Hautpflege trägt zur Dekubitusvermeidung bei, unangemessene kann dagegen die Bereitschaft der Haut zur Dekubitusbildung verstärken. Die Maßnahmen zur Körperpflege sollten daher nicht § routinemäßig § rituell § unreflektiert durchgeführt werden.

Nachgewiesen ist die Verschlechterung der Hautdurchblutung durch Anwendung von Kälte/Wärmereizen, Einreibungen mit hyperämisierenden Salben sowie Massagen der gefährdeten Hautareale.

Eine ausgewogene Ernährung kann die Entstehung

eines Dekubitus nicht verhindern, die Fehl- und

Mangelernährung (besonders: Flüssigkeitsdefizit,

Eiweißmangel, Mangel an Vitaminen und

Spurenelementen wie Zink und Eisen) stellt aber ein

Risikofaktor dar.

Die im Universitätsklinikum z.Zt. eingesetzten Matratzen-Schutzbezüge haben durch ihre atmungsaktive Eigenschaft keinen schädigenden Einfluss auf die Feuchtigkeit der Haut (z.B. Hitzestau oder Schwitzen).

Handlungsleitlinien

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 11

7. Besonderheit: Operativer Funktionsdienst Zweck: Reduktion der Dekubitusrisikofaktoren, die während einer

Operation auftreten.

Ziel-gruppe:

Patientinnen/Patienten die aufgrund einer ausgedehnten OP-Dauer einem hohen Auflagedruck ausgesetzt sind und durch die Anästhesie (Relaxantien, Sedativa) bedingte motorische und sensorische Störungen aufweisen.

Hilfsmittel: Wahl des OP-Tisches mit geringster OP-Tischhärte Auswahl der passenden Antidekubitusauflage.

Vor-gehens– weise:

Grundsätzlich gelten alle beschriebenen Vorgehensweisen der bestehenden Handlungsleitlinien.

Schutzmaß-nahmen

Kurze Operations-Lagerungsdauer. Schutz vor Auskühlung. Schutz vor Verbrennungen durch Fehlströme in Nähe der Aktionselektrode. Sorgfältige Anpassung der einzelnen Segmente der OP-Tische an die Körper der Patientinnen/Patienten; falls notwendig zusätzlich polstern. Vermeiden von Faltenbildung der OP-Tisch-Polsterung und Hautquetschungen bei der Lagerung bzw. der Lageveränderung.

Weitere Informationen: § Pflegekonsildienst "Rückengerechter Patiententransfer“,

"Dekubitusprophylaxe und Wundversorgung" § Operationsdienst: PAL

Literatur: Hüfner, K. et al. (Hrsg.) : Lernzielkatalog für den Unterricht – Teil 2 Prä-, Intra-, Postoperative Pflege, DBFK, Eschborn, 1996

Druckschäden, die während einer Operation

entstehen, entwickeln sich häufig im Zeitraum von

zwei Tagen zum Vollbild eines Dekubitus. Dieser

heilt in der Regel erst 12-14 Tage nach OP ab, falls

keine Wundheilungsstörungen auftreten.

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 12

Anhang Grundlegendes zur Versorgung eines Dekubitus Ist trotz korrekter, individuell für die Patientinnen/Patienten geplanter Anwendung der Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe ein Dekubitus Grad II-III oder IV entstanden, wird es notwendig, die Wunde adäquat nach den Grundsätzen des modernen Wundmanagements zu versorgen. Da das Thema, moderne Wundversorgung sehr komplex ist und der Bedarf nach Handlungsleitlinien häufig geäußert wird, ist geplant eine Leitlinie Wundversorgung zu erarbeiten. Grundprinzipien der feuchten Wundbehandlung. Die Wundauflage sollte die Eigenschaft eines idealen Wundverbandes nach T. D. Turner erfüllen. Eigenschaften einer Wundauflage nach T. D. Turner

• Wundexsudat wird aufgenommen • ein feuchtes Klima im Wundbereich wird gehalten • der Gasaustausch wird gewährleistet • die Wunde wird thermisch von der Umwelt isoliert • ist undurchlässig für Mikroorganismen • gibt keine Fasern oder andere Fremdstoffe ab • lässt sich atraumatisch entfernen

Wundmanagement: 1. Reinigung je nach Lokalisation und Grad der Verunreinigung

• Vor der ersten Behandlung mit hydrokolloiden Verband (HCD) kann eine mechanische Reinigung notwendig sein

• Spülen mit körperwarmer Ringerlösung (mindestens 250 ml) 2. Dokumentation

• Bei jedem Verbandswechsel • Größe bestimmen • Tiefe bestimmen • Ideale Ergänzung ist eine Fotographie

3. Wahl der Wundauflage • Größe mindestens 4 cm über Wundrand

4. Ergänzung bei tiefen Wundhöhlen und sezernierenden Wunden • Hydrogele

• Alginate 5. Vorbereitung der hydrokolloiden Wundauflage

• Auf Körpertemperatur erwärmen (z.B. in der Hand vorwärmen, der Verband ist danach besser zu modellieren)

• Abgeflachte Verbandkanten möglichst nicht abschneiden • Einschneiden des HCD z.B. an Fersen, Ellenbogen, Ohr, etc. ist

notwendig 6. Auflegen der hydrokolloiden Wundauflage

• Das Auflegen sollte ohne "Zug" am Verband erfolgen • Der Verband wird nach dem Auflegen an die Haut modelliert, der

Kontakt zum Wundgrund muss gegeben sein • Der HCD kann an kritischen Stellen (z.B. Ferse, Ellenbogen) durch

hautfreundliche Pflaster zusätzlich fixiert werden • HCD können überlappend geklebt werden

7. Entfernung des HCD • Der HCD sollte vorsichtig z.B. mit einem speziellen Entferner gelöst

werden (Vermeidung der Scherkräfte) Der Geruch (übelriechend) sowie Farbe und Konsistenz des Wundexudates sollte nicht mit einer Infektion verwechselt werden. In der ersten Phase muss mit einer Vergrößerung der Wunde gerechnet werden. Beim Entfernen des HCD kann es zu einer reversiblen Hautrötung kommen, die nicht mit einer Allergie verwechselt werden darf. Das weitere Wundmanagement sollte mit einer Wundreinigung, wie unter Punkt 1 beschrieben, beginnen. Kontraindikationen sind den Gebrauchsinformationen zu entnehmen.

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 13

Ritualisierte Pflegefehler

Was in der Pflege zur Dekubitusprophylaxe nicht mehr verwendet wird: § Eisen und Fönen § Sitzringe § Fersenschoner/-felle § PC 30 V § Melkfett § Hyperämisierende Einreibungen § Alkoholische Einreibungen

Gradeinteilung des Dekubitus

Grad I reversible Hautrötung Grad II irreversible Hautrötung Blasenbildung

Dermis fehlt häufig schmerzhaft Infektionsgefahr

Grad III Hautdefekt mit Nekrose des Corium der Subcutis

Grad IV Hautdefekt mit Nekrose mit Muskulatur- und Sehnenbeteiligung mit Knochenbeteiligung

Besonderheit:

§ Tiefe Gewebedefekte, die zur Oberfläche hin aufbrechen können § Livide Verfärbungen bei scheinbar intakter Oberhaut

Weitere Informationen: § Pflegekonsildienst "Dekubitusprophylaxe und Wundversorgung"

Gra

fik: P

flege

heu

te, 1

998,

Fis

cher

Neueste Erkenntnisse in der Dekubitusprophylaxe:

§ Größe, Gewicht und Geschlecht haben geringen bis keinen Einfluss auf das Dekubitusrisiko.

§ Ein altersbedingt erhöhtes Dekubitusrisiko tritt erst ab dem 70. Lebensjahr auf

[Quelle: Qualitätssicherung i. d. stationären pflegerischen Versorgung –Dekubitusprophylaxe, Hessische Krankenhaus-Gesellschaft, 2001]

Im Universitätsklinikum Gießen wird grundsätzlich bei allen Patientinnen/Patienten bei Aufnahme und Anlass bezogen eine Einschätzung des Dekubitusrisikos mit der Braden-Skala vorgenommen!

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 14

Schlagwortverzeichnis Angst 9 Braden-Skala 2, Anhang Beratung 2 Druckentlastung/Druckreduktion 2, 3, 7, 8, 9 Druckgefährdete Körperstellen 13 Druckschäden während OP 11 Ernährung 10 Fingertest 3 Gradeinteilung des Dekubitus 13 Hautfeuchtigkeit 10 Hydro-Lipid-Mantel der Haut 10 Hyperämisierende Einreibungen 10 Informationsgespräch 2 Inkontinenz 10 Kälte-/Wärmereiz 10 Körperpflege 10 Lagerung 2, 3, 4, 5, 6, 7, 11 Lagerung im OP 11 Lagerung bei Hemiplegie 4 Lagerungsintervalle 3 Lagerungsarten/Lageveränderungen

Grundprinzipien 3 30 Grad Schräglagerung 3 135 Grad Lagerung 3 Hohllagerung 6 Hüftbeugung 6 Mikrolagerung 4 Schiefe Ebene 4 VATI-Lagerungen 5 Weichlagerungen 5

Lagerungssysteme Auswahlkriterien 7

Felle 7 Fersenschoner 7 Gelkissen 7 Schaumstoffmatratzen 7 Wechseldruckmatratzen 7

Mobilisation 8 Operativer Funktionsdienst (Besonderheiten) 11 Patienteneinschätzung nach Braden-Skala 13 Ritualisierte Pflegefehler 13 Reibungskräfte 8 Rutschbremse 8 Scherkräfte 7, 8, 12 Sensorische Fähigkeiten 9 Wundauflage 12 Wundmanagement 12

Pflegeleitlinie Dekubitusprophylaxe Bildungszentrum für Pflegeberufe, Abt. Fortbildung, Universitätsklinikum Gießen (Juni 2001) 15

Literaturverzeichnis Ø Arets, J. et al.: Professionelle Pflege 1 – Theoretische und praktische

Grundlagen; Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen, 1997 Ø Arets, J. et al.: Professionelle Pflege 2 – Fähigkeiten u. Fertigkeiten;

Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen, Toronto, Seattle, 1999 Ø Bienstein, Ch. et al. (Hrsg.): Dekubitus – Die Herausforderung für

Pflegende; Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1997 Ø Bienstein, Ch., Fröhlich, A.: Basale Stimulation in der Pflege; 7. Aufl.,

Verlag Selbstbestimmtes Leben, Düsseldorf, 1997 Ø Bobath, B.: Die Hemiplegie Erwachsener; Übersetzt v. Staehle-

Hiersemann, 4. unveränd. Aufl., Georg Thieme Verl., Stuttgart, 1985 Ø Debrand-Passard, A., Wunderle, G.: Klinikleitfaden OP-Pflege; 2.

Aufl., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm, 1998 Ø Gordon, M.: Handbuch Pflegediagnosen; 2. vollständig überarb. u.

erweiterte Aufl., Hrsg. Georg, J., Ullstein Medical, Wiesbaden, 1997 Ø Deutsches Netzwerk f. Qualitätssicherung i. d. Pflege (Hrsg.):

Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege, Fachhochschule Osnabrück, 2000

Ø Hüfner, K. et al. (Hrsg.) : Lernzielkatalog für den Unterricht – Teil 2 Prä-, Intra-, Postoperative Pflege, DBFK, Eschborn, 1996

Ø Initiative "Chronischer Wunden“ (Hrsg.): Leitlinie Dekubitus 2000; 3. überarbeitete Aufl., c/o Triplan GMBH, Köln, 2000

Ø Kellnhausen, E. et al. (Hrsg.): Pflege – begründet von L. Juchlie; 9. völlig neu bearbeitete Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2000

Ø Münch, G. et al. (Hrsg.): Lehrbuch für Krankenpflege; Walter de Gruyter Verlag, Berlin, New York, 1994

Ø Norton, Ch.: Praxishandbuch – Pflege bei Inkontinenz; 1. dtsch. Ausgabe, Urban & Fischer Verlag, München Jena, 1999

Ø Ochsenbauer, W., Heindl-Mack, J.: Wundheilung und Wundversorgung; Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1996

Ø Sachsenmaier, B.: Inkontinenz – Hilfe, Versorgung und Pflege; Schlütersche Verlagsanstalt u. Druckerei, Hannover, 1991

Ø Schäffler, A. et al. (Hrsg.): Pflege Heute – Lehrbuch und Atlas für Pflegeberufe; 1. Nachdruck der ersten Auflage, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm, 1998

Ø Schindler, H.: Arbeitsgebiet Operationssaal – Lagerungen, Hygiene, Gefahren, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart, 1985

Ø Seel, M.: Die Pflege des Menschen; 2. durchgesehene Aufl., 3. Nachdruck, Brigitte Kunz Verlag, 1999

Ø Roche Lexikon Medizin; 3. neubearb. Aufl., Urban Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore, 1993

Ø Pschyrembel Klinisches Wörterbuch ; 258. neue bearb. Aufl., Berlin, New York 1998

Ø Duden - Die Deutsche Rechtschreibung; 21. völlig neu bearb. U. erweiterte Aufl., Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich, 1996

Artikel/Internetquellen Ø Becker, St.: Effiziente Messmethoden zur Ermittlung der Dekubitus-

inzidenz, in: Die Schwester/Der Pfleger, 40. Jahrg. 3/01, 2001 Ø Boes, Ch.: Die Reliabilität und Validität der Braden-Skala zur

Einschätzung des Druckgeschwürrisikos, in: Pflege 2000, Ausg. 13, Verlag Hans Huber, Bern 2000

Ø Mei-Che Pang, S., Kwok-shing Wong, Th.: Preciding Pressure Sore Risk With the Norton, Braden, and Waterlow Scales in a Hong Kong Rehabilitation Hospital, in: Nursing Research, Vol. 47, No. 3, May/June 1998

Ø Neander, K.-D., Flohr, H.-J., Hesse, F.: Dekubitusmanagement – Bewegungsanbahnung als Prinzip der Dekubitusprophylaxe?, in: Die Schwester/Der Pfleger, 40. Jahrg. 3/01, 2001

Ø O.A. European Pressure Ulcer Advisory Panel Guidelines, in: British Journal of Nursing, Vol 7, No. 15, 1998

Ø Schröder, G., Kiederle, E.: Dekubitus-Abheilung in drei Wochen, in: Die Schwester/Der Pfleger, 40. Jahrg. 3/01, 2001

Ø AHCPRC (Agency for Health Care Policy and Research Clinical Guidelines, USA): Clinical Guideline - Pressure Ulcer in Adults, (internet: http://hstat.nlm.nih.gov/ngc.html) 06.05.2001

Ø Girts, S. et al.: Qualität in der Dekubitusversorgung/DGÄQ – Qualitätssicherung in der stationären Versorgung am Beispiel der Dekubitusprophylaxe, (internet: www.medizinto.com/quamed/html/abstracta8.hatml), 18.03.2001

Ø O. A. Dekubitus-online: Geschichte, (internet: www.decubitus-online.de) 18.03.2001

Ø O.A. Deutsches Herzzentrum Berlin: Pflegestandard 2.1/Stand 8.98 Dekubitusprophylaxe und Behandlungshinweise (Internet: www.dhzb.de) 18.03.2001

Ø Bieker, M., Pelzer, A.; Decubitus – ein Pflegefehler (www.pflegenet.com) 18.03.2001

Ø Gumbinger, A.: Dekubitus – Prophylaxe und Behandlung, (internet: www.akh-wien.ac.at/oegvp/gumb1.htm) 18.03.2001