Hans Schrecker
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Transcript of Hans Schrecker
� Nr. 40
Hans Schrecker – Jude und KommunistVon den Nazis verfolgt, von seinen Genossen verhaftet
Am 19. Dezember 2008 jährte sich der 25. Todestag von Hans Schrecker, Jude und Kommunist, der auf dramatische Weise die Wirkungen von faschistischer Diktatur und Stalinismus im Osten Deutschlands zu spüren bekam.
Am 11. März 1899 wurde Hans Schrecker in einer jüdischen Familie in Berlin geboren, besuchte das Gymnasium, wurde 1918 Mitglied der USPD und 1923 der KPD.
Von 1925 bis 1928 war Hans Schrecker Sekretär der Berliner Bezirksleitung der Internationalen Arbeiterhilfe Deutschlands und wirkte bis 1931 als Sekretär für Agitation im Reichssekretariat der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) sowie als Redakteur des RHDPresseorgans »Tribunal«.
Danach war er nach kurzer Arbeit bei der KPDZeitung »Rote Fahne« Mitarbeiter der Abteilung Agitation des ZK der KPD und verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift »Der Agitator«.
Mit Parteibeschluss emigrierte Hans Schrecker 1933, gelangte über die Schweiz, Frankreich, das Saarland und die Tschechoslowakei nach Großbritannien. Dort reihte sich Hans Schrecker in die Gruppe der deutschen Exilanten ein und war Redakteur der »Freien Tribüne« der Bewegung »Freies Deutschland« und von 1942 bis 1945 freier Mitarbeiter des »Central European Observer«, der von der tschechoslowakischen Exilregierung herausgegeben wurde.
Während dieser politischen Arbeit in Großbritannien und nach seiner späteren Rückkehr in die Tschechoslowakei lernte Hans Schrecker eine Reihe von Persönlichkeiten kennen, die in der NachkriegsTschechoslowakei führende Funktionen ausübten und von denen einige im sogenannten SlanskyProzess Angeklagte oder Zeugen waren.
Alle politischen Aktivitäten Hans Schreckers erfolgten in ständiger Abstimmung mit der Emigrationsleitung der KPD.
Als Hans Schrecker im Dezember 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone ankam, schlug ihm als aus dem Westen zurückkehrendem Emigranten bereits das Misstrauen der KPDFührung entgegen. Hermann Matern erteilte ihm »BerlinVerbot«. Auch die Bemühungen von Franz Dahlem blieben fruchtlos. Erklärungen
führender KPD und SEDFunktionäre wie Wilhelm Koenen in Sachsen, wo Hans Schrecker sich nunmehr aufhielt, dass alle seine Handlungen im Exil mit der Partei abgestimmt waren, änderten nichts an der harten Haltung der Parteiführung.
Hans Schrecker – Mitglied der VVN seit deren Gründung und u. a. Delegier
ter der 2. Hauptkonferenz im Februar 1948, auf der er in einem Redebeitrag die unzureichende Verbindung der Organisation zur Bevölkerung bemängelte – blieb in den folgenden Jahren auf der Landesebene in Sachsen tätig, u. a. als Chefredakteur der Illustrierten »Zeit im Bild«, als Agitationssekretär in der Landesleitung der SED, als 1. Sekretär der Nationalen Front in Sachsen und zuletzt als kommissarischer Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung«.
Alle weiteren Bemühungen, wieder in Berlin tätig werden zu können, scheiterten trotz Fürsprache von Anton Ackermann an der SEDFührung.
Im Bemühen, 1952/1953 der sowjetischen Führung auch einen »DDRSlansky« zu präsentieren und einen entsprechenden Schauprozess vorzubereiten, wurde die SEDFührung fündig, als neben anderen auch der Name Hans Schrecker in Aussagen von Angeklagten und Zeugen im Prager »SlanskyProzess« fällt. Und schon stand dieser unter Verdacht – ebenso wie Paul Merker und andere –, Agent imperialistischer Mächte, Trotzkist und Feind des Sozialismus zu sein. »Aus Rundfunkmeldungen über den Prozess gegen das imperialistische Verschwörerzentrum in der Tschecho
slowakei geht hervor, dass Paul Merker, Eisler, Schrecker und andere Verbindungen hatten. Das Politbüro beauftragte die Organe der Staatssicherheit, unverzüglich Untersuchungen darüber durchzuführen.« (ND vom 25.11.1952)
Bereits am 24. November 1952 war Hans Schrecker durch die Staatssicherheit festgenommen worden. Er wurde nach Berlin transportiert und mit der allgemeinen Beschuldigung konfrontiert, er solle über seine Agententätigkeit für den Westen sprechen und Mittäter aus seinem politischen Umfeld benennen. In den Vernehmungen wurde Hans Schrecker, der sich beständig weigerte, sich selbst und andere Personen zu denunzieren, durch Mitarbeiter der Staatssicherheit als »Schwein« und »Dreckjude« beschimpft und als Spion bezeichnet, der die Partei verraten habe. Ihm wurde unterstellt, dass er bereits in der Weimarer Republik als »geschworener Feind« in die Partei eintrat und im Auftrage der Polizei gegen die KPD arbeitete.
In den stundenlangen Tag und Nachtvernehmungen ging es den Staatssicherheitsmitarbeitern immer wieder darum, von Hans Schrecker belastende Aussagen über Kampfgefährten aus dem westlichen Exil – u. a. Jürgen Kuczinsky, Wilhelm Koenen, Grete Wittkowski, Max Zimmering (insgesamt kamen mehr als 30 Personen zur Sprache) – zu erlangen und über seine eigene Agententätigkeit zu sprechen. In den Vernehmungen ergingen sich die Staatssicherheitsmitarbeiter in Todesdrohungen: »Ihr dreckiger Nischel wird Ihnen abgeschlagen!« und »Sie lügen bis zum Vergasen!« Er könne seinen Kopf nur durch umfassende Aussagen retten.
Infolge der politischen Entwicklung nach Stalins Tod 1953 wurde der noch Anfang des Jahres bei der Staatssicherheit favorisierte Plan über einen »DDRSlanskyProzess« mit Paul Merker als Hauptangeklagten fallen gelassen, die Inhaftierten aber keinesfalls in Freiheit gesetzt, vielmehr in mehreren Einzelprozessen mit konstruierten Anklagen konfrontiert und 1953 und 1954 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Hans Schrecker wurde nach einer Prozessfarce am 4. Februar 1954 vom Bezirksgericht KarlMarxStadt auf ‰
�Nr. 40
Der Vorstand der Berliner VVNBdA hat auf Anregung von Oswald Schneidratus, dessen Großvater in der Sowjetunion 1937 erschossen wurde, einen Gesprächskreis zu deutschen Antifaschisten im sowjetischen Exil gebildet.
Im Oktober und Dezember diskutierten wir, warum und in welcher Weise sich unser Verband mit diesen Fragen befassen sollte. Der Gesprächskreis möchte signalisieren, dass wir uns in einem Meinungsbildungsprozess zu dieser oftmals tragischen, vielfach umstrittenen, sowohl instrumentalisierten als auch lange Zeit verschwiegenen Thematik mit Veranstaltungen, Veröffentlichungen und auch individuellen Gesprächen nähern wollen. Wladislaw Hedeler hat eine Literaturübersicht angefertigt. Ulla Plener stellte für eine Handbibliothek, die in der Geschäftsstelle der Berliner VVNBdA eingesehen werden kann, Veröffentlichungen zur Verfügung. Inzwischen haben sich weitere Interessenten gemeldet. Wir treffen uns erneut am 9. Februar um 18 Uhr am FranzMehringPlatz 1 im Zimmer 610.
Hans Coppi
Erste Veranstaltung
9. März 2009, 19 Uhr»Deutsche Antifaschisten im Gulag«, Oswald Schneidratus im Gespräch mit Frido Seydewitz.
Oswald Schneidratus’ Vater Werner (19082000) verbrachte mit Frido Seydewitz (geboren 1919) mehrere Jahre in einem Arbeits- und Straflager an der Kolyma im Nordosten der Sowjetunion.Frido Seydewitz, wuchs in einer sozialdemokratischen Familie auf. 1933 emigrierte er nach Prag und von dort 1935 in die UdSSR. 1938 wurde er vom NKWD verhaftet und für zehn Jahre in Stalins Straflager geschickt. Die Goldfelder von Kolyma, auf denen er Zwangsarbeit leisten musste, befinden sich im nordöstlichsten Zipfel Sibiriens.
Er überlebte nur durch ein Wunder die Zeit hinter dem Polarkreis. Sein Vater, Max Seydewitz, Redakteur und Schriftsteller, Autor zahlreicher Bücher, gehörte als Reichstagsabgeordneter zum linken Flügel der SPD. Von 1947 bis 1952 war er Ministerpräsident von Sachsen. Am 5. März 1948 kehrte Frido Seydewitz zurück.
Eine Veranstaltung der Berliner VVNBdA in Kooperation mit Helle Panke e.V. und der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte
Ort: RobertHavemannSaal, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 BerlinEintritt: 1,50 EuroVerkehrsverbindung: Tramlinie M4 sowie Buslinien 200 und 240, Haltestelle »Am Friedrichshain«.
Gesprächskreis gebildetDeutsche Antifaschisten im sowjetischen Exil
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Grundlage der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrates vom 12. Oktober 1946 – eine alliierte Rechtsgrundlage, die gegen die Verbreitung faschistischen Gedankenguts erlassen worden war – wegen »Friedensgefährdung durch Propaganda für den Militarismus« zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ihm wurde dabei unterstellt, Verbindung zum »Agenten Merker« gehabt zu haben und durch sein Verhalten »Geheimdienste imperialistischer Mächte« unterstützt zu haben, welche sofort nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges an die Vorbereitung eines dritten Weltkrieges gegangen seien.
Seine gesamte Entwicklung sei »von Verrat an der Arbeiterklasse und somit am deutschen Volk« gekennzeichnet. Im
Juni 1956 wurde Hans Schrecker »begnadigt« und aus der Haft entlassen.
Als die SEDOrgane auf seinen Antrag und nach erneuter intensiver Befragung in der Zentralen Parteikontrollkommission (Leitung: H. Matern) seine SEDMitgliedschaft wieder herstellten, wurde gleichzeitig die Rechtmäßigkeit seiner Verhaftung und der gegen ihn durchgeführten Untersuchung bestätigt. Die Beschuldigungen seien jedoch für eine Verurteilung nicht ausreichend gewesen, da der feindliche Charakter der Verbindungen nicht nachgewiesen werden konnte. Eine Tätigkeit in seiner Heimatstadt Berlin wurde ihm weiterhin untersagt.
Nachdem Hans Schrecker in der Folge beim Sender Leipzig, in der Bezirkszei
tung der SED Gera »Volkswacht« und von 1959 bis 1969 bei der »Lausitzer Rundschau« in Cottbus gearbeitet hatte, wurde er auf Veranlassung von SEDPolitbüromitglied Werner Lamberz 1969 als Kommentator der Zeitschrift »Horizont« nach Berlin geholt.
Am 19. Dezember 1983 verstarb Hans Schrecker in Berlin. Seine Urnengrabstätte befindet sich auf dem Friedhof BerlinFriedrichsfelde am Pergolenweg.
T1992 kassierte das Bezirksgericht
Dresden auf Antrag der Witwe Elisabeth Schrecker das Urteil des Bezirksgerichts KarlMarxStadt vom 4. Februar 1954 und sprach Hans Schrecker von allen gegen ihn erhobenen Anklagen frei.
Helmut Solf
Stalin hat uns das Herz gebrochen
In dem gleichnamigen Film berichtet u. a. Elfriede Schrecker über ihren Mann Hans Schrecker.
Der Film von Minka Pradelski, Eduard Erne (Deutschland 2000, 52 Min., ) wird am
Mittwoch, dem 11. Februar 2009, um 19 .00 Uhr, im Haus der Demo-kratie, Greifswalder Str. 4,
gezeigt.
Sie waren vor Hitler und der Vernichtung geflohen und kehrten dennoch zurück, um ihren Traum zu verwirklichen: ein demokratisches, antifaschistisches und sozialistisches Deutschland. Junge jüdische Kommunisten und Kommunistinnen wählten bewusst die sowjetisch besetzte Zone, denn dort wollten sie auf den Ruinen der dunklen Vergangenheit das bessere Deutschland entstehen lassen. Und der Traum begann Gestalt anzunehmen. Bis sie im Sog der stalinistischen Säuberungen in ganz Osteuropa und der DDR zu »ungeliebten Genossen« wurden.
Anschließend: Historische Einordnung: SBZ und DDR (Anna Dost) und aktuelle deutsche Gedenkstättenpolitik und Totalitarismustheorie (Hannes Püschel)