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Bernarda Fink VI/2007

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Bernarda Fink

VI/2007

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Zum Weinen schönDie Mezzosopranistin Bernarda FinkSeit vielen Jahren gehört sie zu den weltweit gefeierten Mezzosopranistin -nen. Sie ist ein stiller Star, jemand, der sich langsam und stetig seinen Platz als Stern am Sängerhimmel erarbeitet hat, ohne dabei gesteigerten Wert auf

Hector BERLIOZ (1803-1869)Nuits d’été op. 7

Maurice RAVEL (1875-1937)Shéhérazade, Cinq Mélodies populaires grecquesBernarda Fink, Mezzosopran – Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Leitung: Kent NaganoHMC 901932 (T01)

die persönliche Außenwirkung, das Image zu legen. Ihr unprätentiöses Wesen, ihre immer wieder durch-schimmernde Demut vor dem Werk anderer – Komponisten, Dirigenten, Kollegen – ist von grundehrlichem

Charakter, nichts wirkt hier gewollt. Das mag viel mit dem Umfeld zu tun haben, in dem Bernarda Fink groß wurde.Geboren in Buenos Aires, ist sie die Tochter slowenischer Einwanderer. Ihre Eltern flohen 1945 zunächst nach Italien. Nach zwei Jahren in einem Flüchtlingslager, wo Finks ältester Bru der geboren wurde, ging es für die junge Familie nach Argentinien. Buenos Aires wurde zur neuen Hei-mat. Das Emigrantenleben entpuppte sich als kein leichtes. Doch bewahrte Familie Fink stets ihre kulturelle Iden tität: Zuhause wurde Slowenisch gesprochen, und vor allem die Musik diente allen als Ventil und Energie-quelle zugleich. ‚Mein Vater sang zu Hause, vor allem Schubert und Schumann, begleitet von meinem Onkel, der Pianist und Komponist war.’ So entwickelte auch die junge Bernarda eine Vorliebe für Musik, speziell für Gesang. Die sonntäg -lichen Darbietungen des Vaters der Lieder von Schubert haben sie schon in jungen Jahren enorm berührt. ‚Ich erinnere mich, daß ich oft heimlich geweint habe, weil mich die Musik, ihre Schönheit so sehr berührte’, ge-steht sie heute, wo sie ihre Hörer selbst ein ums andere mal zu Tränen rührt.Doch sollte ihr musikalischer Werde-gang nicht ohne Hindernisse sein.

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Bernarda FinkFoto: Alvaro Yañez

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Auf den Schulabschluss folgten zu -nächst vier Jahre Studium der Erzie-hungswissenschaften an der örtlichen Universität. ‚Als ich dann mit nur zwei vorbereiteten Arien aus Mozarts Figaro einen Studienplatz am Instituto Superior de Arte del Teatro Colón in Buenos Aires erhielt, war das einfach unglaublich. Ich hätte mich wirklich nie als Lehrerin vor einer Klasse ste-hen sehen wollen. Singen zu können war ein großes Glück, ein Traum.’ Zunächst als Sopran wenig glück-lich ins Studium gestartet, wird ihre Mezzo-Stimme nach fast drei Jahren Ausbildung endlich erkannt und ge -fördert. Von hier an ging es stetig bergauf. Nach Studienende und dem Gewinn des ersten Preises beim Wett-bewerb ‚Nuevas Voces Líricas’ kam Bernarda Fink 1985 nach Europa; zunächst nach Genf, wo sie ihren späteren Ehemann, einen österrei -chi schen Diplomaten, kennenlernte. Dem Beruf des Gatten geschuldet, folgten sechs Jahre in der goldenen Stadt Prag, die sich für die junge Sängerin zu einer künstlerisch und kulturell prägenden Zeit entwickelten. Auch ihre beiden Kinder wuchsen in Prag auf.In diese Zeit fällt auch Bernarda Finks erste Berührung mit Alter Musik und der historischen Aufführungspraxis. Schuld hieran ist René Jacobs, der sie nach dem Ausfall einer Sängerin für seine Plattenproduktion von Händels Flavio engagierte. ‚Ich habe damals die ganze Rolle mit ihm zusammen am Cembalo gelernt. Er hat wie ein kleiner Mozart am Instrument geses-sen und mir geduldig alle Kadenzen, Verzierungen und Phrasierungen vor-gesungen, die ich dann nachsang. Ich habe Barockmusik also durch pures Imitieren erlernt.’ In der Zwischenzeit ist Jacobs weit mehr als ein Mentor geworden. Er ist einer ihrer wich -tigen musikalischen Partner; kaum eine Produktion des belgischen Spe-zialisten, bei der sie nicht beteiligt ist. Und nicht von ungefähr zählt Bernarda Fink Monteverdi und Bach zu ihren absoluten Favoriten.Wer nun glaubt, Bernarda Fink sei auf ein barockes Repertoire festgelegt, der

täuscht sich gewaltig. Natürlich spie-len Monteverdi, Bach, Händel und Gluck eine gewichtige Rolle im künst-lerischen Schaffen der Sängerin. Doch finden sich hier auch alle wichti-gen Komponisten der Romantik und Moderne. Zwei Felder stehen hier im Vordergrund: das begleitete Sololied und das Orchesterlied. Bei letzterem vorwiegend die franzö-sische und deutsche Romantik, was vor allem an der beson-deren Bedeutung liegt, die Bernarda Fink dem Text zumißt. ‚Für mich muß Text etwas Starkes sein – litera-risch und emotional. Des-halb fühle ich mich speziell den roman tischen französi-schen Werken – also Shéhé-razade, Nuits d’été, Berlioz und Duparc – aber auch den deutschen Vertreter wie Wagners Wesendonck-Liedern, Brahms Altrhapso-die etc. besonders nahe.’ Man kann Bernarda Fink stundenlang zuhören, beim Singen und beim Erzählen. Ihre unprätentiöse und fes-selnde Art lässt die Zeit wie im Fluge vergehen. Die Schlagbohrmaschine aus dem Nachbarraum, die ihre Mittagspause beendet hat, mahnt uns jedoch, ein Ende zu finden, und wir kommen diesem akustisch stichhaltigen Argu ment nach.

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mit Bernarda Fink zuletzt erschienen:

Johannes BRAHMSLiederRoger Vignoles, KlavierHMC 901926 (T01)

harmonia mundi

„Bernarda Fink singt wundervoll, warm

timbriert, leicht abgedunkelt und ver-

schattet, ganz so, als wäre ihre schöne

Stimme eigens für Brahms geschaffen.“

PARTITUREN

Das Interview, das wir hier stark gekürzt mit freundlicher Erlaub -nis von www.klassik.com abdrucken, führte Felix Hilse im März 2006 in Wien.

Bernarda FinkFotos: Ferdinand Neumüller

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George GERSHWIN (1898-1937)Klavierkonzert in F, Rhapsody in Blue, Cuban OvertureJon Nakamatsu, Klavier – Rochester Philharmonic Orchestra, Leitung: Jeff TyzikHMU 807441 (U01)

ausreichend Musik aufschnappen, bis die häuslichen Mittel für eine wei-tere musikalische Ausbildung nicht mehr ausreichten. So nahm er mit 15 Jahren eine Stelle als song plugger im Ladengeschäft eines wichtigen Ver-lages für volkstümliche Musik an. Seine Aufgabe war es, den Kunden Musik vorzuspielen und vorzusingen, um sie ihnen dann als Noten für die Hausmusik zu verkaufen. Durch die Arbeit als song plugger konnte der junge Gershwin sich nicht nur solide Repertoirekenntnisse erwerben, sie verschaffte ihm auch die Bekannt-schaft mit Fred Astaire, der später einer seiner wichtigsten Interpreten werden sollte. Nach und nach konnte er im Schlagergeschäft Fuß fassen, 1916 erschien sein erster Schlager im Druck, und Anfang der 20er Jahre ver fügte er bereits über beträchtliche Einkünfte aus seinen Kompositionen.Einige Jahre hatte Gershwin Privat-unterricht in klassischer Komposition genommen, 1922 wagte er sich dann mit seiner ersten Oper Blue Monday

Pionier des Crossover„Etikettierungen besagen gar nichts. Gute Musik ist gute Musik, egal wie man sie bezeichnet.“ Mit die-sem Ausspruch bezeugte George Gershwin sein Selbstbewußtsein und seinen Anspruch als Kompo-nist. Gleichfalls bekannte er sich damit als Exponent einer neuen amerikanischen Kultur, in der ver-schiedenste Einflüsse zu einer neuen Einheit verschmelzen.

Seine eigene Lebensgeschichte liest sich wie ein amerikanisches Märchen. Seine Eltern, Moshe Gerschowitz und Rose Bruskin, waren in den 1890er Jahren unabhängig voneinander aus

Rußland in die USA eingewandert. Dort trafen sie einander, heira-

teten 1895 und bekamen vier Kinder: Ira, George, Arthur und die Tochter Fran ces. Der Vater be trieb ein tür-kisches Bad, und der älte-ste Sohn Ira mußte bald im Geschäft aushel -fen; daneben schrieb er allerdings Schlagertexte und legte damit den Grundstein für die lang-jährige Partnerschaft mit seinem kleinen Bruder George. Der geriet näm-lich, nachdem 1910 ein Klavier angeschafft wor-

den war, in den Bann der Musik. Er konnte

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an den Broadway. Obwohl das Stück nach nur einer Aufführung ohne viel Federlesens abgesetzt wurde, kam durch diese Premiere die Verbindung mit Paul Whiteman zustande, dem selbsternannten „King of Jazz“. Auf Anregung von Whiteman und mit Hilfe seines Arrangeurs Fred Grofé entstand die Rhapsody in Blue, ein einsätziges Klavierkonzert mit Jazz ele-menten. Am 24. Februar 1924 erlebte das Stück mit Gershwin als Solist in der New Yorker Aeolian Hall seine triumphale Uraufführung. Mit sei-nem Klavierkonzert in F bewies der Komponist nur eineinhalb Jahre nach dem sensationellen Anfangserfolg, daß die Rhapsody in Blue kein Zufalls-treffer gewesen war, bis heute ist es das meistgespielte Konzert eines ame-rikanischen Komponisten geblieben.

mit Jon Nakamatsu und dem Rochester Philharmonic Orchestra bereits erschienen:

„Solche Produktionen geben mir

den Glauben an die Plattenbranche

wieder!“RONDO

Sergej RACHMANINOFFKlavierkonzert Nr. 3 d-moll op. 30, Paganini-Rhapsodie op. 43HMU 807286 (T01)

George GershwinFoto: Lebrecht Music & Arts

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Großer Auftritt für den Tenor1718 für den Earl of Carnavon ent-stand und die herrliche Arie Tune your harps enthält. Doch auch etliche Opern, wie beispielsweise Tamerlano und Rodelinda, warten mit dankbaren Auftritten für den Tenor auf.Die 1730er und 40er Jahre sind die Epoche von Händels großen Orato-rien. Hier hat es sich glücklich gefügt, daß der Komponist seit 1734 mit John Beard über einen ausgezeich-ne ten Tenor verfügte, der ihn bis zu sei nem letzten, 1752 uraufgeführ-ten Ora torium Jephtha künstlerisch begleiten sollte. Alle großen Tenor-partien dieser 18 Jahre sind für Beard komponiert, mit keinem seiner Sän-ger wußte sich Händel so lange Jahre in derartiger künstlerischer Überein-stimmung verbunden.Mark Padmore zeichnet auf dieser CD mit Arien und Szenen für Tenor eine Lebenslinie Georg Friedrich Händels vom ersten Oratorium über die Opern bis hin zum letzten Oratorium, das der erblindende Komponist noch voll-enden konnte.

Pavarotti, Domingo, Carreras – Te nöre genießen den Ruhm der Un sterblichkeit heute oft schon zu Lebzeiten. Caruso, der berühmte -ste Tenor aller Zeiten, verhalf dem neuen Tonträger Schallplatte zum weltweiten Durchbruch: Jeder wollte die Stimme des Weltstars auf der schwarzen Scheibe zu sich nach Hause tragen. Den italie-nischen „Heldentenor“ gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts indes-sen noch gar nicht, statt dessen hatten sich Händels Tenöre mit der Gestaltung eines breiten Spektrums von Affekten vielfältigen Aufgaben zu stellen.

Die Stars der damaligen Opernwelt waren Kastraten und Primadonnen, sie brillierten mit für ihre Stimme maß-geschneiderten Arien und konn ten auch für handfeste Skandale sorgen, wie die Operndiven Durastini und Cuzzoni, die ihr Publikum geleg ent -lich mit Streit und Handgreif lichkei-ten auf offener Bühne unterhielten.Tenöre und Bässe mußten sich ange-sichts des Starrummels für gewöhn-lich mit Nebenrollen zufrieden geben. Doch gerade mit den Tenören hatte Händel ein Einsehen und schrieb ihnen außerordentlich schöne Arien in die Kehle, die mehr durch emotio-nale Tiefe bestechen, als mit dramati-schem Impetus zu glänzen. Schon in dem frühen Oratorium Il Trionfo del Tempo e del Disinganno, 1707 in Rom uraufgeführt, kann der Tenor brillie-ren; ebenso in Esther, Händels erstem Oratorium in englischer Sprache, das

In einem Gespräch, das in der Mai-Ausgabe des britischen Klassik maga-zins GRAMOPHONE veröffentlicht wurde, äußerten sich Mark Padmore und Andrew Manze beglückt über ihre gemeinsame künstlerische Arbeit an diesem Händel-Programm. „Das Drama hört nicht auf, wenn der Sän-ger aufhört zu singen. Das Orchester … ist Teil der Handlung. Sie können heute immer noch Konzerte hören, in denen der Sänger die Schlußkadenz erreicht und das Pub likum schon applaudiert, während das Orchester noch das Stück beendet. Das ist das Gegenteil zu dem, was wir wollten“, kommentiert Andrew Manze die enge Gemeinschaft von Sänger, Orchester und Dirigenten, durch die diese CD zu einem außerordentlichen Erlebnis wird.

G. F. HÄNDEL (1685-1759)Arien und Szenen für Tenor aus „Alceste“, „Tamerlano“, „Samson“, „Jephtha“ u. a. Mark Padmore, Tenor – Lucy Crowe, Sopran – The English Concert, Leitung: Andrew ManzeHMU 907422 (T01)

mit Mark Padmore bereits erschienen:

G. F. HÄNDELMessiahSandrine Piau, Sopran – Andreas Scholl, Altus u. a. – Les Arts Florissants, Leitung: William ChristieHML 5901498- (L02)

„Eine Einspielung für die

Ewigkeit“

DER TAGESSPIEGEL

Mark PadmoreFoto: Marco Borggreve

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Gustav MAHLER (1860-1911)Sinfonie Nr. 3 Michelle De Young, Mezzo sopran – Chicago Symphony Orchestra, Leitung: Bernard HaitinkCSO 901701 (P02)

nard Haitink als Chefdirigent und der ehemalige principal guest conductor Pierre Boulez die künstlerische Lei -tung des Chicago Symphony Orche-stra.Mit der Wahl einer Sinfonie von Gustav Mahler als erste Veröffent-lichung auf CSO Resound tritt gleich zu Anfang der diskographischen Eigenständigkeit ein für das Orchester besonders wichtiger Komponist auf den Plan. Seit langem schon ist das CSO mit dem Werk Gustav Mahlers aufs innigste verbunden; die Musik des großen österreichischen Spät-

Die Zeiten, als die großen Sinfonie-orchester der Welt mit ihren Star-dirigenten von den großen Schall-plattenfirmen umschwärmt wurden, gehören lange der Vergangenheit an. Nachdem die Majors über gutgefüllte Archive aus vergangenen Jahrzehnten verfügen, hält sich das Interesse an Neueinspielungen des großen sinfoni-schen Repertoires so sehr in Grenzen, daß so berühmte Klangkörper wie das Chicago Symphony Orchestra be -fürchten mußten, bei ihren Schall-plattenfirmen gänzlich in die Abstell-kammer des Back-Katalogs zu geraten. Der Erfolg der Kollegen vom London Symphony Orchestra, die diesem Dilemma schon vor Jahren mit einem eigenen Plattenlabel entgegengetreten sind, stand in Chicago Pate bei der Gründung von CSO Resound. Das Chicago Symphony Orchestra gehört zu den großen Traditions-orchestern der Welt: 1891 gegründet, verbinden sich mit seiner Geschichte die Namen so berühmter Dirigenten wie Rafael Kubelik, Fritz Reiner, Georg Solti, Pierre Boulez und Daniel Barenboim. Seit 2006 teilen sich Ber-

CSO Resound – Das Chicago Symphony Orchestra startet sein eigenes Label

Charles IVES (1874-1954)Sinfonie Nr. 3 „The Camp

Meeting“, Ragtime Dances, Robert Browning Overture

Rundfunk-Sinfonieorchester Saar-brücken, Leitung: Michael Stern

COL 20225 (T01)

War Charles Ives in seinen ersten bei-den Sinfonien noch in den Spuren der europäischen romantischen Sinfonik gewandelt, brach er zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seiner dritten Sinfonie zu neuen und eigenständi-gen Horizonten der Gattung auf. Der Untertitel The Camp Meeting bezeich-net die Schilderung einer Evan-gelisationsveranstaltung als Thema der Sinfonie, die Satzbezeichnungen Old Folks Gatherin’, Children’s Day und Communion konkretisieren den Verlauf einer solchen Veranstaltung. Das Werk fand lange keine Beach-tung, erst 1946 wurde es uraufgeführt. In den Ragtime Dances widmet sich

romantikers fand sich im bevorzug-ten Repertoire Fritz Reiners, mit Georg Solti spielte das Orchester eine Gesamtaufnahme der Mahler-Sinfonien ein, Pierre Boulez hat mit dem CSO ebenfalls Marksteine der Mahler-Diskographie gesetzt – und wenn es noch einer weiteren Bestäti-gung bedürfte, daß Bernard Haitink zu den bedeutendsten Mahler-Inter-preten unserer Zeit gehört, kann die vorliegende Live-Aufnahme vom Oktober 2006 zweifellos als über-zeugender Beweis dienen.

Sinfonisches vom Vater der amerikanischen Musik

Ives dem faszinierenden musikalischen Erbe der Afro-Amerikaner, deren Rag-time-Musik seit den 1890er Jahren in den Neuengland-Staaten in Mode kam. Die Robert Browning Overture hingegen wendet sich dem schwer

zugänglichen Schaffen des englischen Dichters Robert Browning zu und spiegelt besonders Ives’ Beschäftigung mit dem Aufbruch der Avantgarde sei-ner europäischen Zeitgenossen.

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Bestreben, eine alle Aspekte zeitgenös-sischen Schaffens verbindende Brücke zu schlagen, werden auf KML außer klassischer Musik auch Rock, sowie elektronische und zeitgenössische Musik, Improvisation und Videos den Katalog prägen.Die erste Einspielung von KML haben Katia und Marielle Labèque ihrem Landsmann Maurice Ravel gewid-met, der ebenfalls aus dem franzö-sischen Baskenland stammte. Ravel war die Verbindung zur Region seiner Herkunft zeit seines Lebens wich-tig. Baskische Volkskultur hat auch in seinem berühmtesten Werk, dem Boléro, ihre Spur hinterlassen. Die Schwestern Labèque präsentieren auf

Katia und Marielle Labèque gehören zu den Stars der internationalen Klas sikszene: Temperamentvoll und gedankenvoll begeistern die Künst-lerinnen schon seit mehr als 20 Jahren weltweit ihr Publikum. Eine breit-gefächerte Diskographie machte sie ebenfalls zu Stars der Schallplatte, ihre Einspielung der Version von Gershwins Rhapsody in Blue erhielt unmittelbar nach ihrem Erscheinen 1981 eine goldene Schallplatte. Das Repertoire der Schwestern umfaßt die gesamte Literatur für Klavier vier-händig und zwei Klaviere, es reicht von Bach und Mozart über Brahms und Liszt bis zu Gershwin, Bernstein und Musik zeitgenössischer Kompo -nisten.Prägend war ihre Begegnung mit Lu -ciano Berio, der sie ermutigte, gegen-über allen Musikrichtungen offen zu sein. Diese Öffnung über die Grenzen der klassischen Musik hinaus veran-laßte die Labèques jetzt, sich mit einem eigenen Label selbständig zu machen. In der Unabhängigkeit kön-nen sie ihr eigenes Profil gestalten und eigene Projekte verwirklichen. Im

Unabhängige SchwesternMaurice RAVEL

(1875-1937)Rhapsodie Espagnole,

Ma mère l’oye, Boléro u. a. Katia & Marielle Labèque, Klavier

KML 1111 (T01)

Zwei Klaviere als Orchester

ihrer CD Ravels eigene Version für zwei Klaviere, deren Wirkung durch die Hinzufügung von traditioneller baskischer Perkussion noch gesteigert wird.

Katia & Marielle LabèqueFoto: Brigitte Lacombe

Claire Désert & Emmanuel Strosser

Foto: Vincent Garnier

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Antonín DVORÁK (1841-1904)Slawische Tänze op. 46 & op. 72Claire Désert & Emmanuel Strosser, KlavierMIR 042 (T01)

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Musik für Klavier vierhändig und zwei Klaviere war im 19. Jahrhundert überaus populär und bedeutete für Musikverlage schnelle und gute Ein -künfte. Simrock, der Berliner Musik-verleger, hatte auf eine Empfehlung von Brahms hin Dvoráks Mährische Duette mit Erfolg in sein Programm genommen und drängte auf Nach-schub. Musik mit volkstümlichem

Kolorit wie etwa Brahms’ Ungarische Tänze waren beim Publikum sehr beliebt, und so versprach sich Simrock von seinem neuen Verlagskompo -nisten Dvorák, der ganz bewußt tschechische Nationalmusik schrieb, gute Umsätze. 1878 innerhalb von weniger als zwei Monaten kompo-niert, entstanden die Slawischen Tänze op. 46 zunächst für Klavier, die Orche -

sterbearbeitung schloß sich auf Sim-rocks Verlangen unmittelbar an. In der gleichen Reihenfolge kompo nierte Dvorák 1886 seine zweite Gruppe Sla -wische Tänze op. 72. Beiden Zyklen war noch zu Dvoráks Lebzeiten ein sol -cher Erfolg beschieden, daß der Kom-ponist ein wenig ärgerlich bemerkte, sie würden seine anderen Werke in den Schatten stellen.

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Domenico SCARLATTI (1685-1757)

18 CembalosonatenEnrico Baiano, Cembalo

SY 05218 (T01)

Stadt am Golf mag sich auf der ande -ren Seite auch mit ihrer in Jahr-hunderten gewachsenen kulturellen Vielfalt gegenüber der spanischen Metropole des neuen Weltreichs, das sich mit den geraubten Schätzen der Neuen Welt ausstaffierte, haushoch überlegen gefühlt haben. Die „Achse“ Madrid-Neapel, wie sie diese beiden CDs beschreiben, gründete sich indes-sen nicht auf Konkurrenz, sondern scheint von gegenseitiger Befruchtung bestimmt gewesen zu sein. Einerseits wurde die Kultur des reichen Madrid nach Neapel exportiert, andererseits wirkte Neapel im Fokus seiner kul-turellen Vielfalt, in dem die reiche Volksmusik der Stadt mit den von außen kommenden Einflüssen zu einem eigenen neapolitanischen Stil verschmolzen wurde, auch wieder befruchtend auf die spanische Haupt-stadt, die etwas abgelegen vom kultu-rellen Geschehen Europas lag.Besonders Leonardo Vinci zeigt sich

„Neapel sehen und sterben“ – die-ser touristischen Platitüde folgten die zahlreichen Eroberer dieser einzigartig schön gelegenen Stadt nicht. Seit ihrer Gründung im sieb-ten Jahrhundert vor Christus durch griechische Kolonisatoren kamen und herrschten sie, und alle trugen sie zu der einzigartig vielfältigen Kultur dieser uralten europäischen Metropole bei.

So ist die Stadt geprägt von den Einflüssen der griechischen Gründer-väter, von der nördlichen Schwester Rom, die Neapel 350 Jahre lang be -herrschte; später hinterließen germa-nische Stämme, die Sarazenen und der Stauferkaiser Friedrich II. ihre Spuren am Golf von Neapel. Von 1503 bis 1707 war das Königreich Neapel eine Provinz der spanischen Krone; noch heute bezeugt das Spanierviertel ein-drucksvoll, wie sehr die iberische Vor-herrschaft die Stadt prägte. Die alte

Neapel und Madrid – Eine ungleiche Städtepartnerschaft

hier in seinem neapolitanischen Idiom unbeeindruckt, ob seine Texte für ein italienisches oder ein spani-sches Auditorium bestimmt waren. Domenico Scarlatti indessen, Sohn eines Exponenten der neapolitani-schen Oper und Cembalolehrer einer spanischen Infantin, der er später an den portugiesischen Hof folgte, zeigt zwar in seinen Cembalosonaten Ein-flüsse der neuen galanten Mode, die von Italien (und nicht zuletzt Neapel!) ausgehend ganz Europa erfaßte. Doch auch eine spanische Atmosphäre haf-tet diesen ganz und gar eigenartigen Stücken an, die in ihrem Charakter weit vorausweisen – bis in die Gene-ration der Söhne und Enkel. So erhal -ten Domenico Scarlattis Cembalo-sonaten, von denen er mehr als 600 schrieb, eine einzigartige Stimmung, die sie bis heute in der Geschichte der europäischen Musik auszeichnet.

Leonardo VINCI – Giuseppe PETRINICantate e IntermezziCappella de’ Turchini, Leitung: Antonio FlorioOPS 30-274 (T01)

Antonio Florio

Enrico BaianoFoto: David Tonnelier

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solche einseitige Vereinnahmung: „Ich habe meine orthodoxe, ganz normale Hochschulausbildung bei ihm in Amsterdam gemacht. Bylsma war dort einfach Professor für Cello, nicht für Barockcello. Ich fühlte mich zu Hause in dem großen Stil und Klang!“ So zählen für ihn für die Darstellung des musikalischen Kosmos von Brahms die Einfühlung in die Welt des Kom -ponisten mehr als das korrekte Instru-ment, auch wenn er meint, bei der Interpretation der Cellosuiten von Bach mit einem Originalinstrument dem Universum des Komponisten näher zu kommen.

So empfindet Pieter Wispelwey den Komponisten Johannes Brahms, und manches spricht für seine Sicht der Dinge, war Brahms doch ein Indivi-dualist und Nonkonformist, wie es ihn zu seinen Lebzeiten kein zweites Mal gegeben hat. Die beiden Cellosonaten scheinen seine These, jedenfalls was den frühen und mittleren Brahms angeht, durchaus zu beweisen; und als Beleg seiner Auffassung fügt er seiner Einspielung der beiden Cellosonaten op. 38 und op. 78 noch eine eigene Transkription der Klarinettensonate op. 120/1 hinzu, die zweifellos dem Spätwerk des Komponisten angehört. Tiefe Musikalität, ein wacher Geist, aber auch eine gehörige Portion Jugendlichkeit und Frische ergeben die fruchtbare Mischung, mit der Pie-ter Wispelwey, 1962 im niederlän-dischen Haarlem geboren, seit den 80er Jahren ein weltweites Publikum im Bann hält. Seine Ausbildung bei Anner Bylsma in Amsterdam führte sogleich zu dem Mißverständnis, Wispelwey sei in die Reihe der Ori-ginalinstrumente-Bewegung einzu-ordnen. Kaum etwas kann den Musi-ker indessen mehr verärgern als eine

„In der Jugend gemäßigt, schwärmerisch in der Reife, rebellisch im Alter“

„Stellen Sie sich den Lärm vor, den diese Sonaten in der Welt machen werden, wenn am Titelblatt stehet, daß es ein Werk eines Kindes von 7 Jahren ist.“ Leopold Mozart war zugleich stolz und fassungslos über das Genie seines Sohnes. Als Anhänger der Aufklärung, der er war, mußte es ihm unvernünftig erscheinen – als Vater und als Christ konnte er es als Wunder annehmen. Die Stücke, auf die sich Leopold bezieht, waren die Sonaten KV 6 und 7, die 1764 auf Veranlassung des Vaters als op. 1 in Paris im Druck erschienen, einen Monat später sollten KV 8 und 9 als op. 2 folgen. Leopold wußte die Konjunktur zu nutzen und mußte das auch, denn in Paris waren schon ande-re deutsche Komponisten anwesend,

Proben eines kindlichen Geniesdie eine Konkurrenz eines achtjähri-gen Wunderkindes durchaus als stö-rend hätten empfinden können. Doch Schobert, Eckard und Hochbrucker waren zu neugierig oder zu kollegial: Einer nach dem anderen fand sich im Quartier der Familie Mozart ein, um

dem kleinen Kollegen die Aufwartung zu machen und ihm Noten eigener Kompositionen zu verehren.

W. A. MOZART (1756-1791)

Violinsonaten Vol. IV: G-Dur KV 9, D-Dur KV 29,

Es-Dur KV 302, e-moll KV 304, A-Dur KV 526

Rachel Podger, Violine & Gary Cooper, Fortepiano

CCS 24607 (T01)

Ludwig van BEETHOVENSämtliche Sonaten und Variationen für Violoncello und KlavierCCS 22605 (M02)

„Schon jetzt ist absehbar,

daß dieser Zyklus, wenn er denn

ein mal abgeschlossen ist, zu den heraus -

ragenden Einspielungen dieses Reper -

toires gehören wird.“

BAYERISCHER RUNDFUNK

„Das ist sozusagen ein Muß.

… Eine aufregende und sehr

spannende neue Produktion.“

HESSISCHER RUNDFUNK

EMPF

OHLEN VON

EMPF

OHLEN VON

Johannes BRAHMS (1833-1897)Sonaten für Violoncello und Klavier e-moll op. 38, D-Dur op. 78, f-moll op. 120/1Pieter Wispelwey, Violoncello & Dejan Lazic, KlavierCCS 24707 (T01)

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mit Pieter Wispelwey und Dejan Lazic zuletzt erschienen:

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Geistliche Musik der Grande Nationvon seinem dramatischen Talent zeu-gen. Während der Revolutionsjahre machte sich Rigel wie manch anderer Kollege durch Hymnen für den neuen Staat unentbehrlich, eine Hymne à la Liberté und eine Hymne sur l’enfance, ou le Devoir des mères verdanken so ihr Entstehen den neuen politischen Umständen. 1795 wird er Mitglied des ersten Lehrkörpers des neu geschaffe-nen Conservatoire: Er unterrichtet die erste Klavierklasse und wird die Posi-tion bis zu seinem Tod behalten. Rigel wird so zu einer der zentralen Gestal-ten im französischen Musikleben am Ausgang des 18. Jahrhunderts, der für die nachfolgenden Generationen wichtige Impulse gab, selbst wenn er nach seinem Tod schnell aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwand.

Jean GILLES (1668-1705)Grands et Petits MotetsLes Festes d’Orphée, Leitung: Guy LaurentK 617193 (T01)

präsentiert eine völlig andere Genera-tion französischer Musiker. Ursprüng-lich von einer deutschen Familie gebürtig, paßt er sich dem französi-schen Geschmack völlig an und reprä-sentiert einen völlig anderen Typus der französischen Musik des 18. Jahr-hunderts. Er schließt sich der dramati-schen Musik seiner Generation an und schafft auf dieser Grundlage Werke, die dem Bedürfnis der Zeitgenossen perfekt entgegenkommen. Seine drei geistlichen Dramen Der Auszug aus Ägypten, Jephtha und Die Zerstörung Jerichos liefern schöne Beispiele für französische Vokalmusik während der Herrschaft Ludwigs XVI.Zu seinen Lebzeiten war Rigel ein mächtiger Mann im französischen Musikleben, zwischen 1780 und 1799 schuf er für die Pariser Opernhäuser etwa 15 lyrische Werke, die alle

Jean Gilles, 1668 im südfranzösi schen Tarascon geboren, tritt mit zehn Jah -ren in die Knabenschola des Bischofs von Aix-en-Provence ein und erhält dort eine fundierte musikalische Aus-bildung. Mit 19 Jahren wird er 1687 zum sous-maître der Kirchenmusik des Bischofs von Aix ernannt, um im Alter von 25 Jahren von seinem Lehrer Poitevin zum maître ernannt zu wer-den. Schnell genügt ihm die Stelle am Hof eines eher unbedeutenden Regionalbischofs nicht mehr, und er nimmt seinen Weg als Musiker über einige kleine Stationen, bis er 1697 in Toulouse heimisch wird. Schwer krank, sucht er 1703 seine Heimat wieder auf, zieht nach Avignon und stirbt dort im Alter von 37 Jahren am 5. Februar 1705.Henri-Joseph Rigel, 36 Jahre nach dem Tod von Jean Gilles geboren, re -

Henri-Joseph RIGEL (1741-1799)La sortie d’Égypte, Jephté,

La destruction de Jéricho (Geistliche Dramen)Les Chantres du Centre de Musique Baroque de Versailles –

Orchestre des Folies Françoises, Leitung: Olivier Schneebeli

K 617198 (T01)

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seiner Karriere nicht verlassen. Sein Stil wird im Laufe der Jahre sozu-sagen altmodischer, wenn er auch, objektiv gesehen, nichts an Qualität einbüßt. Scarlatti ist ganz einfach taub für Neuheiten und Moden. Und für ihn gewinnt, ganz genau wie für Bach, die polyphone und kontrapunk -tische Schreibweise einen axiomati-schen Wert einer Art und Weise, wie Musik zu denken ist.

Rinaldo Alessandrini

Es ist nicht einfach, die Gründe zu finden, die am Ende des 17. Jahr-hunderts rechtfertigen, im reinen polyphonen Stil zu schreiben. Sicher-lich ist ein solcher Stil mit der Kir-chenmusik in Verbindung zu bringen: Vom symbolischen und vom seman-tischen Gesichtspunkt her gehört der stile osservato seit seinen Anfängen der Kirchenmusik an. Und sogar in einer modernen Epoche, mitten im 18. Jahrhundert, als der Opernstil sich mehr und mehr in der Kirchenmusik ausbreitet, bleiben gewisse Kennzei-chen des stile osservato (wie beispiels-weise die Schlußfuge in Vivaldis Gloria) bestehen, um eventuelle Zwei-fel an der Zweckbestimmung des Wer-kes auszuräumen und die konservati-ven Gemüter zu beruhigen.Im übrigen ist es wahr, daß Alessandro Scarlatti sich nie durch einen rück-haltlosen Enthusiasmus für das Neue ausgezeichnet hat. Seine Bindung an die Tradition hat ihn bis zum Ende

Taub für Neuheiten und Moden

Alessandro SCARLATTI (1660-1725)Magnificat, Dixit Dominus, MadrigaleConcerto Italiano, Leitung: Rinaldo AlessandriniOPS 30-350 (T01)

Nach dem erhebenden Erlebnis, Ostern in Eisenach, Bachs Geburtsort, feiern zu können, fuhren wir durch die Ausläu fer des Thüringer Waldes rund fünfzig Kilo meter weiter in süd-östlicher Rich tung nach Arnstadt. Diese Stadt, die als älte ster Ort Thüringens gilt, war seit den 1640er Jahren ein Zentrum der musikalischen Aktivitäten der Familie Bach. Sie war auch die Residenzstadt eines klei-nen Fürstentums, das um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert von

Bachs erste KantateGraf Anton Günther von Schwarz-burg regiert wurde, der seit 1693, als Bachs Onkel Johann Christoph, Hof musiker und Stadtpfeifer, gestor-ben war, Ausschau hielt, ‚ob denn kein Bach mehr vorhanden, der sich ümb solch Dienst anmelden wollte, Er solte und müste wieder einen Bachen haben’. Acht Jahre dauerte es, bis er seinen Mann fand. Bei einer Prüfung für die neugebaute Orgel der als Neue Kirche wiederer-richteten Bonifatiuskirche konnte

Bach als 18jähriger beweisen, daß er ein vollgültiger Sachverständiger in diesem Metier war. Kaum hatte er die Orgel positiv beurteilt, wurde er auch schon wegen seines außerordentlich virtuosen Orgel spiels eingeladen, die Organistenstelle in Arnstadt zu über-nehmen. Bach, der an seiner gegen-wärtigen Dienststelle in Wei mar den Rang eines Lakai bekleidete, sagte freudig und gerne zu. Die Kantate Nach dir, Herr, verlanget mich BWV 150 gilt heute allgemein als Bachs früheste und sehr wahrscheinlich für diese Kirche komponierte Kantate.

John Eliot Gardiner im Beiheft

J. S. BACH (1685-1750)Kantaten Vol. 23:

BWV 150, 67, 42, 158, 104, 85 & 112Katharine Fuge & Gillian Keith, Sopran –

Daniel Taylor & William Towers, Alt – Charles Daniels & Norbert Meyn, Tenor –

Stephen Varcoe, Baß – The Monteverdi Choir & The English Baroque Soloists,

Leitung: John Eliot GardinerSDG 131 (Q02)

mit Concerto Italiano unter Rinaldo Alessandrini bereits erschienen:

Alessandro SCARLATTI • G. B. PERGOLESIStabat MaterGemma Bertagnolli, Sopran & Sara Mingardo, AltOPS 30-441 (M01)

„Ein schlichtweg atem-

beraubendes Ereignis.“

FONO FORUM

EMPF

OHLEN VON

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harmonia mundi magazin12

für das Repertoire der Strauß-Dyna - stie. Unmittelbar teilt sich die Freude und das Engagement eines Ensembles mit, das durch die Einbeziehung zahl-reicher junger Sänger besondere Ener-gie und Spontaneität gewinnt. Jahr für Jahr sind die See festspiele Mörbisch mit rund 200.000 Besuchern pro Sai-son ein besonderer Anziehungspunkt für Operettenfans, die das Burgenland zum Operetten-Mekka machen.Zum Geburtstag inszeniert Maximi-lian Schell in diesem Jahr Johann

50 Jahre Seefestspiele Mörbisch – dieses Jubiläum feiert OehmsClassics mit einer Sonderpreis-Box, die zehn der erfolgreichsten Mörbischer Ope-ret tenproduktionen der letzten Jahre enthält. Stets Garanten für musika -lische Qualität und echten Operetten-charme sind der Intendant, Harald Serafin, der in einigen Fällen auch selbst in einer Gesangsrolle zu erle-ben ist, sowie Maestro Rudolf Bibl, Ehrenmitglied der Wiener Volksoper und international gefragter Dirigent

Operetten-Mekka im BurgenlandStrauß’ letzte Operette Wiener Blut für die burgenländische Open-Air-Bühne. Rechtzeitig zum Beginn der Festspielsaison veröffentlicht Oehms-Classics wieder die aktuelle Mörbi-scher Produktion als Studioaufnahme in der Originalbesetzung. Kaum je ist die typische, heiter-schwebende Wiener Walzer-Atmosphäre so unwi-derstehlich eingefangen worden wie in Wiener Blut.

G. VERDI (1813-1901) & G. PUCCINI (1858-1924)Arien aus Aida, Un ballo in maschera, Manon Lescaut, Madama Butterfly, Turandot u. a.Hui He, Sopran – Slowakisches Radiosinfonieorchester, Leitung: Ivan AnguélovOC 703 (I01)

schrieb der Wiener Kurier über das Debüt der chinesischen Sopranistin Hui He als Madame Butterfly 2004 an der Volksoper in Wien. „Über ra-gend die Protagonistin: Hui He ist eine exzellente Butterfly, dramatisch in ihren Aus brüchen, sicher in jeder Lage und berührend“, hatte die Kritik vorher ausgeführt. Nach dem 2. Preis beim „Operalia“-Wettbewerb von Plácido Domingo in Los Angeles im Jahr 2000 begann die internationale Kar-riere der chinesischen Sopranistin Hui He. Sie hat an allen bedeutenden Opernhäusern Italiens gesungen, ihr Triumphzug führte sie überdies nach Bordeaux, London und mehrfach an die Staatsoper Wien. Unter der Lei-tung von Myung-Whun Chung trat sie 2007 als Madama Butterfly an der Mailänder Scala auf. „Vor allem

„Eine Entdeckung, zu Recht bejubelt…“

die Sopranistin Hui He gibt mit ihrem Debüt dem Abend eine besondere Note… Stimmlich beeindruckt sie mit ihrem vollen, runden Timbre, meistert alle Anforderungen, wirkt berührend“, schrieb die Wiener Kronenzeitung. In ihrem Heimatland China – sie kommt aus der alten Kaiserstadt

Xi’An, die durch die Terrakottaarmee berühmt wurde – genießt Hui He höchste Anerkennung. Die Affinität der Sängerin zur italienischen Oper spiegelt sich auch in diesem Porträt, das beliebte Arien von Verdi und Puccini vereint.

Johann STRAUSS (1825-1899)Wiener BlutMargareta Klobucar & Ursula Pfitzner, Sopran – Christian Zenker & Daniel Serafin, Tenor u. a. – Chor und Orchester der Seefestspiele Mörbisch, Leitung: Rudolf BiblOC 595 (I01)

50 Jahre Seefestspiele MörbischDas Festival der Operette(Zehn vollständige Werke ohne Dialoge von Johann Strauß, Franz Lehár, Emmerich Kálmán u. a.)Diverse Solisten – Chor und Orchester der Seefestspiele Mörbisch, Leitung: Rudolf BiblOC 700 (D10)

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Die Uraufführung fand am 9. Novem-ber 1926 am Sächsischen Staatsthea-ter, der heutigen Semperoper, unter der Leitung von Fritz Busch statt. Am nächsten Tag erntete die Premiere in der Presse Verrisse, die zeigten, daß man Hindemiths Intentionen wohl verstanden hatte, seine Musik aber nicht hören wollte. Dem Werk wurde eine kakophone Gesamthaltung bescheinigt, die Musik habe mit der Roman tik des Stoffes … so gut wie nichts zu tun. Nach dem zweiten Welt -krieg schrieb Hindemith, wohl aus

Nach dem ersten Weltkrieg und dem Untergang des deutschen Kaiser rei-ches trat die Musik endgültig aus dem Schatten Richard Wagners, des-sen Werk die jungen Komponisten der Jahrhundertwende im Bann gehal-ten hatte. Besonders auf der Opern-bühne setzten sich neue ästhetische Ansätze durch, die der Idee Wagners vom Gesamtkunstwerk Konzepte ent -ge gen setzten, die von Expressionismus und Neuer Sachlichkeit bestimmt waren. Hindemiths Oper Cardillac ist ein Mei sterwerk dieser Neu- und Rückbesinnung. Der Stoff der Oper ist E. T. A. Hoffmans Novelle Das Fräu lein von Scuderi entnommen. Hauptfigur der Oper, neben der alle anderen Personen der Handlung namenlos bleiben, ist Cardillac, ein dämoni scher Gold schmied am Hofe Lud wigs XIV., der so sehr in seine Werke und Arbeiten vernarrt ist, daß er auch vor Mord nicht zurück-schreckt, um wie der in deren Besitz zu gelangen. Die vordergründig roman-ti sche Ge schich te vom Künstler, der um Autarkie ringt, wird ihrer Roman-tik entkleidet, und die hochexpressive Musik trägt mit „sachlichen“ barocken Formen wie Fuge und Passacaglia das ihre dazu bei, kein falsches Gefühl aufkommen zu lassen.

Revolution auf der Opernbühne

Im Unterschied zu Robert Schumann und Johannes Brahms stand das Lied bei Franz Liszt und Richard Wagner nicht im Schwerpunkt ihres Schaffens. „Meine frühen Lieder sind oft zu

Im Schatten großer Meisterwerkeaufgebläht sentimental und häufig zu vollgepfropft in der Begleitung“, hatte Franz Liszt selbst erkannt und gelangte schließlich zu einer redu-zierten Schlichtheit und Ökonomie,

die höchste Beherrschung des Metiers verrät. Dies ist hier besonders ein-drucksvoll in den zwei Vertonungen des Goethe-Textes „Der du von dem Himmel bist“ von 1843 und 1860 nachvollziehbar. Unmittelbar nach der Vollendung von Tristan und Isolde komponierte Richard Wagner fünf Lieder nach Gedichten seiner Züricher Muse Mat hilde Wesendonck. In diesen Lie -dern spiegelt sich die unerfüllte Zuneigung der beiden wieder, gleich-zeitig geben sie einen kammermusi-kalischen Kom mentar zum Tristan ab, zwei der Lie der bezeichnet Wag -ner sogar als „Stu dien“ zu dieser Oper.

Richard WAGNER (1813-1883)Wesendonck-LiederFranz LISZT (1811-1886)Tre Sonetti di Petrarca, 10 LiederKonrad Jarnot, Bariton & Alexander Schmalcz, KlavierOC 804 (M01)

Schreck über den Fana tis-mus Cardillacs, der für seine Ziele über Leichen geht, eine komplette Neubearbeitung der Oper. Die vorliegen-de Aufführung der Pariser Oper unter Kent Nagano präsen-tiert die ursprüng-liche Fassung von 1926.

Paul HINDEMITH (1895-1963)Cardillac (Oper in drei Akten)Angela Denoke (Tochter), Christopher Ventris (Offizier), Alan Held (Cardillac) u. a. – Chor und Orchester der Opéra National de France, Leitung: Kent NaganoBAC 023 (W01)

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grammusik im Bereich der Kammer-musik – seit den Zeiten von Liszt und auch unter dem Eindruck des Zeitgenossen Richard Strauss war der Begriff Programmusik großen Orche-sterwerken vorbehalten, denen ein quasi literarisches Programm als dra-maturgischer Leitfaden zugrundelag. Schönberg selbst sah in Richard Wag-

Den Sommer 1899 verbrachte Schön-berg bei seinem Lehrer Alexander von Zemlinsky in Payerbach und lernte bei dieser Gelegenheit Mathilde, Zem-linskys Schwester, kennen. Im Bann der keimenden Liebe zu Mathilde komponierte Schönberg in knapp drei Wochen sein Streichsextett, das den Untertitel Verklärte Nacht trägt. Die nach einem Gedicht von Richard Dehmel konzipierte Komposition be -eindruckte den Dichter derart, daß er Schönberg brieflich gestand, er habe dem Widerhall seiner Verse in der Musik nicht mehr nachspüren kön-nen, so sehr habe ihn die Musik in ihren Bann gezogen. Darauf ant-wortete Schönberg, er habe versucht, musikalisch wiederzugeben, was die Verse des Dichters in ihm an Gemüts-bewegung ausgelöst hätten. Zemlinsky war von dem Werk tief beeindruckt und bezeichnete es als die erste Pro -

Musik der erwachenden Liebe

Gioacchino ROSSINI (1792-1868)

Sämtliche Werke für Klavier Vol. 8: Quatre Hors d’Oeuvres,

Quatre MendiantsPaolo Giacometti, Fortepiano

(Pleyel 1858)CCS 24907 (T01)

Eine Villa in Passy, vor den Toren von Paris, ist in den 1860er Jahren die Sommerresidenz Gioacchino Rossinis. Wie ein abgedankter Monarch emp-fängt der Patriarch der italienischen Oper hier Besucher, die aus der gan-zen Welt zu ihm pilgern. Seit über dreißig Jahren hat sich der Maestro als Komponist von der Öffentlichkeit zurückgezogen, und doch ist er in seinem achten Lebensjahrzehnt eine lebende Legende. Seit 1858 finden in Passy samstags Soiréen statt, und es gilt als besondere Ehre, dazu eingela-den zu werden. Den Gästen werden musikalische Programme dargebo-

ner den Paten dieser Musik, und trotz mancher Widerstände gegen die Kom-position wurde Verklärte Nacht in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahr-hunderts das am häufigsten gespielte Werk Schönbergs und der modernen Kammermusik.

Abschluß der Alterssünden

ten, die neben Modischem der Epoche auch neue Kompositionen aus Rossinis

Feder enthalten. Péchés de Vieillesse, Alterssünden, nennt Rossini diese Werke mit der ironischen Beschei-denheit des alten Weltmannes, der das Leben in seinen Höhen wie in den Tiefen bestanden hat. Paolo Giacomettis Gesamteinspielung von Rossinis Alterssünden, diesen mei sterhaften musikalischen Porträts einer Welt, die er aus der Abgeschie-denheit seines Ruhesitzes ebenso iro-nisch wie heiter beobachtete, kommt mit dem vorliegenden achten Teil zu ihrem Abschluß.

bereits erschienen:

„Der späte Rossini bereitet

in Paolo Giacomettis Einspielung

höchstes Vergnügen.“

FONO FORUM

Vol. 1CCS 12398 (T01)

Vol. 2CCS 13898 (T01)

Vol. 3CCS 16098 (T01)

Vol. 4CCS 18003 (T01)

Vol. 5CCS 20504 (T01)

Vol. 6CCS 22705 (T01)

Vol. 7CCS 24106 (T01)

Arnold SCHÖNBERG (1874-1951)Streichquartett Nr. 4 op. 37, Streichsextett op. 4 (Verklärte Nacht)Pražák Quartet – Vladimír Bukac, Viola – Petr Prause, VioloncelloPRD 250234 (T01)

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harmonia mundi magazin 15

Möchten Sie unser harmonia mundi magazin regelmäßig lesen? Wir schicken es Ihnen gerne kostenlos zu.Kurze Mitteilung an [email protected] oder die im Impressum genannte Adresse genügt!

IMPRESSUMHerausgeber: harmonia mundi GmbHWernher-von-Braun-Straße 13 · D-69214 EppelheimRedaktion: Michael Blümke, Texte: Detmar HuchtingGraphik/Layout: globalmediaweb.de

Joseph HAYDN (1732-1809)Streichquartette Es-Dur op. 33/2,

C-Dur op. 33/3, G-Dur op. 33/5Párkányí Quartett

PRD 250238 (T01)

Georges ARPEGHIS (*1945)14 Récitations

Donatienne Michel-Dansac, Stimme

COL 20270 (T01)

MAX LICHTEGG (1910-1992), TenorOperettenarien und LiederCDEA 9769 (F01)

Johannes BRAHMS (1833-1897)Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 A-Dur op. 100

Serge PROKOFIEFF (1891-1953)Sonate für Violine und Klavier op. 94aAlexander Gilman, Violine & Marina Seltenreich, Klavier

OC 592 (I01)

META SEINEMEYER (1895-1929), Sopran

Opernarien und LiederCDEA 9770 (F01)

… weitere interessante Neuheiten

Párkányí QuartettFoto: Trees Waarlé

Donatienne Michel-DansacFoto: Mikaël Libert

Marina Seltenreich

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Seit 20 Jahren auf der Reise – Das Trio WandererIhr Name ist mit Bedacht gewählt: Schubert und die deutsche Musik der Romantik standen Pate bei der Gründung des Trios Wanderer, und ihrem Namen sind die drei französischen Musiker in den 20 Jahren seit der Gründung treu geblieben: Neugierig, sinnlich und intelligent durchstreifen die Wan-derer das gesamte Reich der Musik für Klaviertrio von ihren Anfängen bei Joseph Haydn bis in unsere Zeit.

Noch während des Studiums am Pari ser Conservatoire National Supé-rieur wurde 1987 das Trio Wanderer ge gründet. Bei bedeutenden Meistern der Kammermusik wie Jean-Claude Pennetier, Jean Hubeau, Menahem Pressler und dem Amadeus Quartett vervollkommnete das Ensemble seine Ausbildung. Schnell stellten sich erste Erfolge auf großen internationalen Wettbewerben ein, so gewann das Trio schon 1988 den ARD-Wettbewerb in München. Ebenfalls in München, im Herkules-saal, begann mit der Aufführung sämtlicher Klaviertrios von Beethoven die internationale Konzertkarriere. Der triumphale Erfolg beim Münch-ner Publikum öffnete den Debütanten die berühmten Konzertsäle der Welt: Berlin, Paris, Mailand, Washington, Tokio, Prag, Warschau und Moskau sowie internationale Festivals wurden zu Schauplätzen einer sensationellen weltweiten Karriere.

Felix Mendelssohn Bartholdy stand Pate bei der wichtigsten Personal-entscheidung in der zwanzigjährigen Geschichte des Trios Wanderer: Nach sieben Jahren wurde die Wahl eines neuen Geigers notwendig. Vincent Coq und Raphaël Pidoux nahmen Kontakt zu ihrem ehemaligen Pariser Studienkameraden Jean-Marc Phil-lips-Varjabédian auf, man verabredete ein gemeinsames Konzert, und schon bei der ersten Probe löste sich das Pro-blem. „Wir hatten kaum die ersten Takte eines Mendelssohn-Trios ge -spielt, da war die Entscheidung im Grunde schon gefallen“, erinnert sich Raphaël Pidoux. Eine perfek-te Balance aus Individualismus und Gemeinschaft macht die Wanderer zu einem einzigartigen Ensemble, des-sen perfekte Harmonie der franzö-sische Schriftsteller Philippe Meyer folgendermaßen beschreibt: „Vincent Coq, Jean-Marc Phillips-Varjabédian und Raphaël Pidoux vollbringen

das Unmögliche – sie verbinden die außerordentliche Palette von Nuancen des ersten mit der hinreißenden Vita-lität des zweiten und der reichen Poe-sie des dritten zu einer ebenso noblen wie temperierten Harmonie.“„Mit meinem Herzen voll unendlicher Liebe für die, welche sie verschmäh-ten, wanderte ich abermals in ferne Gegend. Lieder sang ich nun lange, lange Jahre. Wollte ich Liebe singen, ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich wieder Schmerz singen, ward er mir zur Liebe.“ Diesen Text aus der Feder Franz Schuberts stellt das Trio Wanderer seinem Internet-Auftritt voran. Diese Wanderschaft mit vollem Herzen in der Spannung von Liebe und Schmerz wird sicherlich auch künftig als Motto die Geschicke der drei Musiker bestimmen.

Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809-1847)Klaviertrios Nr. 1 d-moll op. 49 & Nr. 2 c-moll op. 66Trio Wanderer: Vincent Coq, Klavier – Jean-Marc Phillips-Varjabédian, Violine – Raphaël Pidoux, VioloncelloHMC 901961 (T01)

mit dem Trio Wanderer zuletzt erschienen:

„Die Einspielung mit dem Trio

Wanderer ist perfekt. Die drei fran-

zösischen Musiker besitzen alles, was

große Klaviertrio-Musik braucht.“

WESTDEUTSCHER RUNDFUNK

Johannes BRAHMSSämtliche Klaviertrios: Nr. 1 H-Dur op. 8, Nr. 2 C-Dur op. 87, Nr. 3 c-moll op. 101, Klavierquartett g-moll op. 25Christophe Gaugué, ViolaHMC 901915.6 (P02)

EMPF

OHLEN VON

Trio WandererFoto: Alvaro Yañez