Hauptschule - Lerntagebuch - Lernstrategien

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Frderung der Selbstlernkompetenz von Werkrealschlern

Fernuniversitt HagenInstitut fr Bildungswissenschaften und MedienforschungLehrgebiet Mediendidaktik

2. April 2014

Peter Wicke, [email protected]

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Haupt- und Werkrealschule 2.1 Entwicklung der Hauptschule2.2 Die aktuelle Situation in Baden-Wrttemberg2.3 Haupt- und Werkrealschler im Bildungssystem 2.3.1 Strukturelle Vernderungen2.3.2 Die subjektive Perspektive

2.4 bergnge in die berufliche Ausbildung2.5 Die Zukunft der Haupt-/Werkrealschule

3 Die Selbstregulation des Lernens3.1 Definitionen3.2 Theoretischer Hintergrund der Selbstregulation3.2.1 Zeitlich-zyklische ModelleDas Rubikon-Modell Das Prozessmodell der SelbstregulationAn integrative Phase Model of Self-Regulated Learning

3.2.2 Einige psychologische Aspekte der SelbstregulationMotivationVolitionEmotionLage- und HandlungsorientierungSelbstwirksamkeitserwartung Perceived Self-efficacy

4 Die Frderung der Selbstlernkompetenz

4.1 Lernstrategien 4.1.1 Allgemeine Systematik 4.1.2 Handlungskontrollstrategien 4.1.3 Volitionale Aspekte der Selbststeuerung 4.1.4 Motivationale Aspekte der Selbststeuerung 4.1.5 Emotionale Aspekte der Selbststeuerung4.2 Das Lerntagebuch (LTB) 4.2.1 Allgemeine Gesichtspunkte 4.2.2 Entwurf des LTB 4.2.3 Einsatz des LTB 5 Zum Abschluss LiteraturverzeichnisAbbildungsverzeichnisTabellenverzeichnis

S. 2

S. 4S. 4S. 4S. 6S. 6S. 8S. 11S. 12

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Wenn ich nur darf, wenn ich soll,aber nie kann, wenn ich will,dann mag ich auch nicht, wenn ich muss.

Wenn ich aber darf, wenn ich will,dann mag ich auch, wenn ich soll,und dann kann ich auch, wenn ich muss.

Denn schlielich:Die knnen sollen,mssen auch wollen drfen! (Autor unbekannt, zit. nach Schett, 2008, S. 93)

1 EinleitungHauptschlerinnen und Hauptschler haben es heute nicht leicht, und das gleich in mehreren Bereichen. Zum einen hat ihre Schule einen schlechten Ruf Restschule oder Problemschule sind gngige mediale Schlagworte. Zum anderen sinken die Schlerzahlen rapide. In Baden-Wrttemberg werden wahrscheinlich mehr als ein Drittel der Hauptschulen nicht berleben. Die eigentliche Hauptschule ist heute eher das Gymnasium. Oft haben Hauptschler mit einem schwierigen Start zu kmpfen. Becker (2008) vergleicht die Situation der Hauptschler wie folgt: Als wrden sie beim Hundertmeterlauf mit zu gro geratenen Schuhen ohne Schnrsenkel an der Startlinie stehen, whrend die Kinder aus hheren Sozialschichten mit bester Ausstattung einen nicht einholbaren Vorsprung ber 50 Meter haben, bevor berhaupt der Startschuss gefallen ist (Becker, 2008, S. 184f). Wie spter erlutert wird, werden im deutschen Schulsystem schwchere Schler 'nach unten' weitergereicht, bis sie in der 'Endstation Hauptschule' landen. Fend (2004) spricht gar von einer Entsorgungsmentalitt (s.u.) des Schulsystems. Vom Fahrstuhleffekt (Beck) sind sie nicht mitgenommen worden. Nur ein Viertel von ihnen wird direkt nach der Schule einen Ausbildungsplatz finden. ber zehn Prozent der Jugendlichen wird auch nach zwei Jahren noch immer keine berufliche Perspektive haben. Wie kann Lernen unter diesen Bedingungen gelingen? Wie geht es einem Schler unter diesen Umstnden im Schulalltag? Mit wie viel Motivation, Lernbegeisterung, Wille, Vertrauen oder zielgerichtetem Handeln kann ein Jugendlicher unter diesen Voraussetzungen seine Schulzeit produktiv gestalten? Oder wird sie nur ertragen und ausgehalten? Gerade fr Hauptschlerinnen und Hauptschler wre es hilfreich, verstrkt Wege und Strategien zur Verfgung zu haben, mit deren Hilfe sie ihre Situation selbst verbessern knnten. Vor diesem Hintergrund soll mit einer Schulklasse ein Training zum selbstregulierten Lernen durchgefhrt und dabei erprobt werden, ob die Anwendung eines Lerntagebuchs dazu beitragen kann, dass die Schler ihre Lernkompetenzen selbstndig weiter entwickeln. Hauptschule kann gelingen. Die Hauptschule, die in Baden-Wrttemberg in eine 'Werkrealschule' umgewandelt wird, ist unbestreitbar auf dem Weg. Es werden neue Bildungsplne und Kooperationen entwickelt und an den meisten Schulen wird Lernen neu definiert. Es werden neue didaktische Methoden und frdernde Manahmen umgesetzt. Mehr und mehr wird die Selbstndigkeit der Schlerinnen und Schler gefrdert. Hier kann das Lerntagebuch mit seinen unterschiedlichen Strategien ein hilfreiches Handwerkszeug sein. Die Jugendlichen bekommen Mittel an die Hand, mit deren Hilfe sie das eigene Lernen selbstndig gestalten knnen. Sich auf diese Weise Selbstlernkompetenzen anzueignen und zu verinnerlichen, ist die beste Voraussetzung dafr, die eigene (Weiter-) Bildung und das eigene Leben in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten.

In den folgenden Kapiteln soll dieser Weg nachgezeichnet werden. Nach einer Darstellung der aktuellen Situation in der Haupt- oder Werkrealschule in Baden-Wrttemberg in Kapitel zwei, soll im darauf folgenden Kapitel die Selbstregulation des Lernens theoretisch erlutert werden. Das selbstndige Lernen ist schon mehrere Jahrzehnte im Fokus der wissenschaftlichen Forschung angekommen. Die Zugnge und Modelle sind vielfltig. Hier sollen einige relevante Modelle und verschiedene psychologische Aspekte der Selbstregulation erlutert werden. Im Mittelpunkt des darauf folgenden vierten Kapitels steht dann die Frderung der Selbstlernkompetenz mittels geeigneter Lernstrategien im Mittelpunkt. Nach einer allgemeinen Betrachtung von Lernstrategien, wird die praktische Umsetzung mittels eines Lerntagebuchs in einer Werkrealschule theoretisch und praktisch dokumentiert. Mit Hilfe eines Instruktionsdesign-Modells wird die Entwicklung und Durchfhrung des Trainings der Jugendlichen strukturiert. Den Abschluss bilden eine kurze Zusammenfassung und einige berlegungen zur Perspektive.

2 Die Haupt- und Werkrealschule2.1 Entwicklung der Hauptschule

Die Hauptschule ist eine verhltnismig 'junge' Schulart; sie ging erst 1964 aus der 'Volksschule' hervor. Sie wurde in einer bereinkunft der Bundeslnder als dritte, allgemeinbildende und weiterfhrende Schulart konzipiert. Gleichzeitig wurde sie zur Pflichtschule fr alle die Schlerinnen und Schler erklrt, die keine andere weiterfhrende Schule besuchen. Der Unterricht sollte stark praxisbezogen sein und mit der Berufsschulreife abschlieen. 2.2 Die aktuelle Situation in Baden-WrttembergSeit dem Schuljahr 2010/2011 knnen sich Hauptschulen zu Werkrealschulen weiterentwickeln. An diesen Werkrealschulen sind dann verschiedene Schulabschlsse mglich: die Hauptschulprfung nach Klasse 9 oder 10 und der 'Werkrealschulabschluss', der dem Abschluss an einer Realschule gleichgestellt ist. Hiermit soll auch die Durchlssigkeit zwischen den Schularten erhht werden. Viele Hauptschulen bewerben sich fr diese Aufwertung, um wieder attraktiver zu werden und durch hhere Schlerzahlen einer mglichen Schlieung vorzubeugen. Obwohl sich die Hauptschule in den verschiedenen Bundeslndern unterschiedlich entwickelt hat, lassen sich einige Gesichtspunkte verallgemeinernd darstellen.

Die Hauptschule gert seit Jahrzehnten zunehmend unter Druck. In Folge der allgemeinen Bildungsentwicklung, der demographischen Vernderungen in der Bevlkerung oder auch durch wirtschaftliche Prozesse in Handwerk und Industrie verliert die Hauptschule mehr und mehr an Bedeutung. Seit 2004 sind die Schlerzahlen um 20 Prozent zurck gegangen; je nach Bundesland oder Region fllt diese Vernderung unterschiedlich aus. Medienberichte ber Gewalt an Hauptschulen und das schlechte Abschneiden in internationalen Vergleichsstudien wie PISA, IGLU oder TIMMS haben zu diesem Rckgang beigetragen. Zustzlich verstrkt wurde dieser Trend in den letzten Jahren durch einen gravierenden ffentlichen Ansehensverlust der Hauptschule, der sich in Bezeichnungen wie Restschule, Problemschule, Brennpunktschule oder hnlichem niederschlgt. Einige ostdeutsche Bundeslnder haben die Hauptschule gar nicht erst eingefhrt, andere haben sie lngst wieder abgeschafft. Andere Bundeslnder wiederum, wie beispielsweise Baden-Wrttemberg und Bayern halten weiterhin an der Hauptschule fest. Erst unter der neuen Landesregierung seit 2011 ist verstrkt Bewegung in die Schulentwicklung gekommen. So wurden im Bildungsplan der Werkrealschule fr das Jahr 2012/2013 die Fcher Berufsorientierte Bildung und Kompetenztraining neu aufgenommen, um die Schlerinnen und Schler intensiver auf eine zuknftige Berufsausbildung vorzubereiten. Die Landesregierung betont, sie biete den Schlern ein Konzept, mit dem sie ihre individuellen Fhigkeiten durch ein auf sie abgestimmtes Lernkonzept optimal nutzen knnen und so ihren persnlichen Schulerfolg verbessern werden (Ministerium fr Kultus, Jugend und Sport Baden-Wrttemberg, 2012, S. 7). Dieses Kompetenztraining, das u.a. auch Durchhaltevermgen, Selbstndigkeit, Konzentrationsfhigkeit, Lern- und Arbeitsmanagement beinhalten soll (vgl. ebenda, S.152ff), wird unverstndlicherweise in der 10. Klasse angeboten, so dass die Schler in der schulischen Entwicklung davon nicht profitieren. Die Bedeutung des selbstregulierten Lernens fr die Schule scheint im Kultusministerium Baden-Wrttembergs noch nicht angekommen zu sein. Und dies trotz der Befunde der PISA-Studien, die immer wieder auf einen niedrigen Leistungsstand insbesondere der Hauptschler hinweisen, nach denen z.B. Kontroll- und Elaborationsstrategien () am seltensten von Hauptschlern verwendet werden (vgl. Artelt, Demmrich & Baumert, 2001, S. 297). In diesem Bereich des Kompetenztrainings besteht dringender Handlungsbedarf, der spter im Lerntagebuch mittels kognitiver und metakognitiver Strategien gedeckt wird. Zur gleichen Zeit ist in Baden-Wrttemberg die (bisher verbindliche) 'Grundschulempfehlung' fr den weiteren Schulbesuch nach der Grundschule entfallen. Es war keine berraschung, dass zum Schuljahr 2013 / 2014 nur noch 12% der Kinder in Werkreal- u. Hauptschulen angemeldet wurden. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Rckgang um fast 72%. Es ist deutlich, dass die meisten Eltern fr ihre Kinder einen mittleren oder hheren Bildungsabschluss zur Verbesserung ihrer Berufsaussichten anstreben. Fr ein Drittel der Haupt- und Werkrealschulen stellt sich die Frage, ob sie berleben werden (siehe: Bhme, 2013, o.S.). Die Entwicklung ist von vielen Faktoren abhngig, ein Ergebnis ist noch nicht absehbar. Eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Werkrealschulen ist aufgrund des Datenmaterials zur Zeit noch nicht mglich. 2.3 Haupt- und Werkrealschler im Bildungssystem2.3.1 Strukturelle Vernderungen

Die Gliederung des deutschen Bildungssystems wird schon seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Zum einen findet sich die Position, dass eine Gliederung nach Schulformen mit unterschiedlich hohen Anforderungsniveaus (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) unverzichtbar ist und schon zu einem frhen Zeitpunkt erfolgen sollte, damit dem unterschiedlichen Leistungspotential der Schler bestmglich entsprochen werden kann. Die Gegenposition stellt gerade das in Frage und sieht ein integriertes System (Gesamtschule, Gemeinschaftsschule) als die berlegene und den Ansprchen einer modernen Demokratie weit angemessenere Organisationsform an (Ditton & Reinders, 2011, S. 145). In den einzelnen Bundeslndern wird die Differenzierung heute unterschiedlich gehandhabt. Vergleiche zeigen, dass mit unterschiedlichen Differenzierungsformen erfolgreich gearbeitet werden kann (Trautwein, U., Baumert, J. & Maaz, K., 2007, S. 3). Oft fhrt die Differenzierung zu Lerngruppen, die nach ihrer Leistungsfhigkeit homogenisiert werden. Schwchere Schler werden dabei 'nach unten' weitergereicht, um so die anspruchsvollen Bildungsgnge von weniger geeigneten Schlerinnen und Schlern zu 'reinigen'. Es entsteht damit eine gewisse Entsorgungsmentalitt (kursiv i.O., PW), die zu einem Abschieben in andere Schulformen und zu einem gehuften Sitzenbleiben fhrt (Fend, 2004, S.23). Offiziell soll die Homogenisierung mit einer Durchlssigkeit des Bildungssystems kompensiert werden, die es Schlern ermglicht, innerhalb der Bildungskarriere die Schulart wechseln zu knnen. Wiederholt wurde gezeigt, dass eben jene Durchlssigkeit fast ausschlielich in eine Richtung funktioniert und zwar von oben nach unten. Bohl (2003) berichtet: Je nach Studie und Bundesland betrgt das Verhltnis zwischen 1:18 und 1:11; d.h. ein Jugendlicher steigt auf, 18 bzw. 11 Jugendliche steigen hingegen ab (S. 37).Die quantitative Reduzierung der Schlerzahlen der Haupt-/Werkrealschulen knnte als eine Verbesserung der Chancengleichheit und als Erfolg der Bildungspolitik angesehen werden. Fr die Hauptschulen weisen Lauterbach und Becker (2008) jedoch nach, dass durch den Rckgang der Zahl von Schlern in Hauptschulen ein eigentmlicher Selektionsmechanismus entsteht, der dazu fhrt, dass mittlerweile nur bestimmte Gruppen von Schlern vornehmlich auf der Hauptschule zu finden sind (Lauterbach & Becker, 2008, S. 423). Der 'Fahrstuhleffekt' (U. Beck) hat nicht alle mitgenommen, denn die Hauptschlerinnen und Hauptschler sind in 'ihrer Etage geblieben' bzw. zurckgelassen worden. Die Bildungsverteilung ist damit im Verlauf der Bildungsexpansion nicht gleicher, sondern ungleicher geworden (Solga & Wagner, 2008, S. 195). Solga und Wagner sprechen in diesem Zusammenhang von einem Creaming-out-Prozess (ebenda), fr den die Haupt-/Werkrealschulen und die Schlerinnen und Schler einen hohen Preis bezahlen. Hier treffen heute all die zusammen, die in den Lernmglichkeiten und ihrem Lernverhalten geschwcht sind. Hier hufen sich die Faktoren, die die Leistungsentwicklung des Einzelnen und ganzer Schulklassen beeintrchtigen knnen. Als kollektive Belastungsfaktoren gelten insbesondere: der Anteil von Wiederholern, ein niedriges Leistungs- und Fhigkeitsniveau, Konzentration von Schlern aus extrem bildungsfernen Familien und ein steigender Anteil von Jugendlichen, aus Elternhusern mit besonderen sozialen und privaten Belastungen (Trautwein et al., 2007, S. 4f). Dass es unter ungnstigen Lernbedingungen auerordentlich schwierig sein kann, einen guten Schulabschluss zu erreichen, braucht kaum weiterer Erluterung. Hier sei an Beckers Vergleich mit einem Hundertmeterlauf (s.o.) erinnert. Umso dringender ist es geboten, gerade Werkrealschlern zustzliche Untersttzung anzubieten. Ein Hilfsmittel hierfr kann die Verbesserung der Selbstlernfhigkeit sein. Viele Studien haben immer wieder den engen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den Bildungsmglichkeiten in Deutschland hervorgehoben. In keinem OECD-Land ist dieser Zusammenhang so eng wie in Deutschland. Zum Beispiel werden Kinder aus Arbeiterfamilien hufig zunchst aufgrund von Entwicklungsdefiziten zurckgestellt; sie sind in Sonderschulen fr Lernbehinderte berreprsentiert und mssen Klassen hufiger wiederholen. In der Hauptschule gehren fast 64 % der Schler zu den wenig erfolgreichen (Schmer, 2004, S. 73f). Diese Effekte sind bei Jungen strker ausgeprgt als bei Mdchen. Nach der jngsten Pisa-Erhebung 2013 hat sich die ausgeprgte Abhngigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft () leicht abgeschwcht (N.N., 2013, Manager-Magazin, o.S.). Der Leistungszuwachs basiert () vorwiegend auf besseren Leistungen der sozial schwcheren Jugendlichen (Prenzel, 2013, o.S.). Hier zeigt es sich, dass gerade in den Haupt-/Werkrealschulen in den letzten Jahren sehr viel getan wurde. Allerdings sind die Abstnde der schwcheren Schler zu den sozial besser gestellten immer noch sehr gro (ebenda). Die Ursachen fr die dauerhafte Bildungsungleichheit sind sehr vielfltig und knnen hier nur angerissen werden. Als Versuch einer Strukturierung dieser komplexen Gemengelage beziehen sich Lauterbach und Becker (2008) auf verschiedene Ebenen von Ursachenfaktoren:Auf der Mikroebene des Individuums werden die Sozialisationsbedingungen des Elternhauses sowie elterliche Bildungsentscheidungen () hervorgehoben.

Auf der Mesoebene des Bildungssystems (i.O.) werden Strukturen und institutionelle Regelungen () sowie Selektions- und Sortierungsprozesse seitens der Bildungseinrichtungen genannt.

Schlielich sind auf der Makroebene der Gesellschaft (i.O.) die Bildungsungleichheit verstrkende oder abschwchende Entwicklungen von Bedeutung wie etwa die Nachfrage nach Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung oder Bildungsreformen oder unerwartete Folgen von Eigendynamiken der Bildungsexpansion (Lauterbach & Becker, 2008, S. 431).

2.3.2 Die subjektive Perspektive

Wiederholt besttigen groe Studien wie PISA, UNICEF-Studie oder die Studie der Jugendstiftung Baden-Wrttemberg, dass ein Groteil der Schlerinnen und Schler an seiner Schule zufrieden ist. Prenzel (2013) kommentiert die Pisa-Studie von 2013 mit den Worten: Aus der Sicht der Schler () macht ihnen die Schule nicht mehr Angst als frher. Im Gegenteil, sie fhlen sich sogar strker mit ihrer Schule verbunden (...) (Prenzel, 2013, o.S.). Das ist sehr erfreulich. Im Lebensabschnitt 'Jugend' gilt es, viele Entwicklungsaufgaben gleichzeitig zu bewltigen; von der krperlichen Entwicklung, ber die Ablsung von den Eltern bis zur Entwicklung von Freundes- und Liebesbeziehungen und immer wieder neuen Herausforderungen in der Schule oder der Ausbildung. Dies ist per se keine leichte Aufgabe. Erheblich beeintrchtigt werden kann eine konstruktive Bewltigung, wenn Jugendliche zustzlich mit erschwerten Lebenslagen konfrontiert sind. Zu Beginn ist der wichtigste Lernort fr Kinder in der Regel die Familie; dort erlernen sie viele der Kompetenzen, die sie zur Alltagsbewltigung brauchen. Bildungsprozesse in der Familie werden () vor allem ber die Qualitten familialer Beziehungsformen wie z.B. Reziprozittserfahrung, Art der Kommunikationsformen, soziale Anerkennung bzw. Untersttzung beeinflusst (Grundmann, Bittlingmayer, Dravenau & Groh-Samberg, 2008, S. 50). In der Grundschule (oder auch schon im Kindergarten) knnen insbesondere Kinder aus bildungsfernen Familien eine groe Diskrepanz zu den dort angemessenen Handlungsformen und Bildungsprozessen erfahren. Ihre lebensweltliche Erfahrung auerhalb der Schule stellt sich dann als Hindernis heraus. Die Handlungsbefhigungen, die in der einen Welt zhlen, sind in der anderen nichts wert (Grundmann et al., S. 53). So erfahren sie schon beim Eintritt in die Grundschule eine Benachteiligung aufgrund ihrer Herkunft und starke Irritationen des eigenen Selbst. Fr sie stellt sich () die mehr oder weniger ausgeprgte Alternative, sich entweder auf den Versuch des Bildungsaufstieges einzulassen und dabei das eigene Selbst schutzlos den schulischen Zuschreibungen von Erfolg und Versagen preiszugeben, oder sich den schulischen Anforderungen zu verweigern und ihnen den in den Peergruppen und im eigenen Herkunftsmilieu ausgebildeten Bildungsstrategien und Anerkennungsmodi entgegenzuhalten, die das eigene Selbst zu sttzen und anzuerkennen vermgen (Grundmann et al., S. 59). Diese Kinder werden sich in und auch auerhalb der Schule oft in einem Modus der Anspannung und der Ungewissheit, wenn nicht gar im Modus der Angst oder der Gewissheit des Scheiterns (ebenda) befinden. Emotionale Belastungen dieser Art stellen fr eine positive Persnlichkeitsentwicklung und fr konstruktive Lernprozesse groe Hindernisse dar. Als Folge verlieren diese Schlerinnen und Schler schon auf den niedrigen Klassenstufen den Anschluss. Schulischer Misserfolg durchzieht unter Umstnden ihre gesamte Schullaufbahn (Wetzstein & Erbeldinger, 2007, S.128). Hier kann man erahnen, von welch groer Bedeutung emotionale Prozesse fr die Entwicklung der Jugendlichen sind, ein Thema, das in spteren Kapiteln wieder aufgenommen wird. Unter den geschilderten Umstnden wird es fr Kinder und Jugendliche schwer, die Sicherheit zu entwickeln, dass sie in typischen Leistungssituationen - bei Einsatz angemessener Anstrengung - ber die notwendigen Mittel verfgen, ihre Ziele zu erreichen (Trautwein et al., 2007, S. 6). Aber genau diese Sicherheit, die sogenannte 'Selbstwirksamkeitsberzeugung' geht sowohl mit anspruchsvolleren Zielsetzungen, hherer Anstrengungsbereitschaft und Ausdauer sowie einer gnstigen Verarbeitung von Misserfolg (einher) (ebenda). Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, Jugendliche in ihrer Selbstlernkompetenz zu strken, ihnen Erfolgserlebnisse zu ermglichen, wie es auch im Lerntagebuch beabsichtigt ist (s.u.). In der Haupt-/Werkrealschule treffen viele Jugendliche mit hnlichen Biographien aufeinander. Ihre Elternschaft stammt homogen aus den unteren Schichten, whrend die kulturelle, familire und sprachliche Vielfalt die grte ist (Bohl, 2003, S. 58). Zum einen bedeutet diese Homogenitt eine Entlastung, da andere Mitschler hnliche Biographien und Probleme haben (vgl. Trautwein et al., 2007, S. 7), andererseits konzentrieren sich in den einzelnen Schulen oder Klassen oft Jugendliche mit schlechten Schulleistungen, Misserfolgskarrieren, Problemen in der Familie und sozial aufflligem Verhalten. Selbstwert, Selbstvertrauen und auch Selbstwirksamkeit sind wichtige Schulthemen, die fr die meisten Lehrer der Hauptschule auch selbstverstndlich sind. Darber hinaus finden in der Regel auch in der Peer-group Homogenisierungsprozesse in relativ abgeschlossenen Subkulturen (Solga & Wagner, 2000, S. 5) und Netzwerken statt, infolge einer weitgehenden Beschrnkung der sozialen Kontakthufigkeit auf Angehrige der jeweils eigenen Schulform (ebenda). Ein schlechtes Schul- oder Klassenklima, Schulverdrossenheit, Unterrichtsstrungen, Aggression und Gewalt oder auch Angst und Depression knnen die Folgen sein. Dieses Verhalten betrifft Jungen hufiger als Mdchen. Verschiedene Untersuchungen haben diese Alltags- und Schulbedingungen als leistungshemmend fr den Kompetenzerwerb in der Schule herausgearbeitet (so beispielsweise Meier 2004, Bohl 2003, Schmer 2004). 2.4 bergnge in die berufliche Ausbildung

Wie bereits erwhnt, sollte die Haupt-/Werkrealschule auf das Arbeitsleben vorbereiten. Hier wird kurz beschrieben, wie sie diesen Auftrag in der Vergangenheit erfllt hat. Neben groen Vernderungen auf dem Markt fr Ausbildungsstellen unterliegen die Werkrealschlerinnen und -schler heute in vielen Berufen einer starken Verdrngung durch Real- und Gymnasialschler. Die beruflichen Perspektiven der Jugendlichen sind sehr begrenzt. Die Frage, wie es nach der Schule weitergehen soll, wird fr die Jugendlichen im Laufe der Schulzeit zu einer zunehmenden Belastung (vgl. Gaupp, N., Lex, T., Reiig, B. & Braun, F., 2008). In einem mehrjhrigen Panel hat das Deutsche Jugendinstitut die Ausbildungswege von Jugendlichen untersucht. Nur 25 % der Jugendlichen konnten direkt nach dem Schulabschluss einen Ausbildungsplatz vorweisen. Hier war die Chance fr Jungen ohne Migrationshintergrund am hchsten. Jugendliche mit Migrationshintergrund hatten erheblich grere Schwierigkeiten; insbesondere trkische Jungen fanden nur zu 7 % einen Ausbildungsplatz. 33 % der Schlerinnen und Schler gingen auf eine weiterfhrende Schule; dies war verstrkt bei Mdchen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu beobachten. 26 % befanden sich in einer berufsvorbereitenden Manahme. Erst im dritten bergangsjahr befanden sich mehr als die Hlfte der Jugendlichen in einer Berufsausbildung (vgl. Reiig, 2007). Mit teilweise mehrjhrigen Zwischenschritten gelang es den meisten Jugendlichen, eine Ausbildung zu absolvieren. Allerdings befanden sich im dritten bergangsjahr 16 % weder in der Schule noch in Berufsvorbereitung, Ausbildung oder Arbeit, hatten also nach der Berufsvorbereitung keinen Anschluss gefunden (Reiig, 2007, S. 16). Ihre Chancen auf dauerhafte Beschftigung und gesellschaftliche Teilhabe sind sehr gering. Wenn der Untersuchung zu Folge lediglich 25 % der Schlerinnen und Schler nach dem Schulabschluss direkt in eine Ausbildung wechseln konnten, scheint es fraglich, ob die Haupt-/Werkrealschule dem postulierten Auftrag, auf das Berufsleben vorzubereiten, gerecht wird. Mit den neu geschaffenen Ausbildungsfchern 'Berufsorientierte Bildung' und 'Kompetenztraining' sind Grundsteine gelegt worden, die die Lage der Jugendlichen verbessern knnten. 2.5 Die Zukunft der Haupt-/ WerkrealschuleAus der beschriebenen Situation der Haupt-/ Werkrealschule lassen sich einige Schlussfolgerungen und Ideen fr eine Weiterentwicklung der Haupt- / Werkrealschule ableiten. Auf schulischer Ebene msste sich die Schule intensiv um eine Steigerung ihrer Attraktivitt bemhen, um neben der Realschule und dem Gymnasium einen festen Platz zu finden. Im Landesbildungsplan ist ein Bildungsverstndnis, das Bildung, Erziehung und Betreuung als Einheit begreift (Ministerium fr Kultus, Jugend und Sport Baden-Wrttemberg, 2012, S.7) festgeschrieben. Es bietet den Schulen den Rahmen, sich verstrkt auf die sozialen und individuellen Lebenslagen der Schler einzustellen und sie bei deren Bewltigung zu untersttzen. Hier ist in den letzten Jahren schon viel geschehen. Vermutlich gibt es keine Schulart, die in den letzten Jahren so viele pdagogische und didaktische Vernderungen vorgenommen hat, um die aus den unterschiedlichen Voraussetzungen erwachsenden Probleme ihrer Schlerschaft aufzufangen. Zu den wichtigsten dieser Konzepte zhlen: Klassenlehrerprinzip, Teamteaching, Jahrgangsbergreifender Unterricht, Ausbau projektorientierter Unterrichtsmodule, Deutschkurse fr auslndische Schler, berufsqualifizierende Sonder bzw. Jahrespraktika, Schulsozialarbeit, (...), Soziales Lernen, Trainingsraum (...), Gewaltprvention, Streitschlichtung (...), Suchtberatung (N.N., 2014, Hauptschule). In Freiburg wurde z.B. das Modell einer Bildungsregion entwickelt, in der Stadtverwaltung, Arbeitsagentur, Schulleiter, Lehrkrfte, Unternehmen, Verbnde und andere Bildungstrger im Projekt Erfolgreich in Ausbildung zusammenarbeiten, um mglichst vielen Schlerinnen und Schlern passende Bildungslaufbahnen zu vermitteln (vgl. Ridderbusch, 2009, S. 28) und sie zu untersttzen, die Verwertbarkeit ihres Schulabschlusses zu verbessern. Dieses Modell soll auf ganz Baden-Wrttemberg ausgeweitet werden. Diese Aspekte bieten vielfltige Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung der Selbstlernkompetenz der Jugendlichen; so knnte das Thema 'Selbstreguliertes Lernen mittels Lerntagebuch' z.B. zu einem viel frheren Zeitpunkt, den fachlichen Unterricht begleitend, in das Curriculum eingebaut werden. Zu mglichen Verbesserungen im Bereich Lehren und Lernen hat auch die 2008 erschienene Meta-Studie 'Visible Learning' von John Hattie wichtige Anste gegeben. Nach seiner Untersuchung haben insbesondere aktives Lehrerhandeln, anspruchsvoller und herausfordernder Unterricht, klare Lernziele und Strategien, diese zu erreichen, vertrauensvolle Kommunikation, gegenseitiges Feedback zwischen Schlern und Lehrern sowie u.a. auch regelmige Selbsteinschtzungen des Schlers eine hohe Wirksamkeit zur Verbesserung des Lernens bewiesen (vgl. z.B. Hfer & Steffens, 2013; Spiewak, 2013; N.N., 2013: Hattie im Detail). Mit dem kontinuierlichen Einsatz eines Lerntagebuchs und der direkten Betreuung und Frderung der einzelnen Schlerinnen und Schler knnten viele der obigen Verbesserungen wirksam weiterentwickelt werden.

3 Die Selbstregulation des Lernens Der fortlaufende Wandel in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft, die Anforderungen der Wissensgesellschaft, die Unbestndigkeit des Arbeitsmarktes und oft auch der eigenen sozialen Lage zwingen Jugendliche und Erwachsene, sich bestndig weiter zu bilden. Vor diesem Hintergrund gilt heute eine kontinuierliche und zielgerichtete Weiterbildung als Schlssel fr eine zufriedenstellende Lebens- und Arbeitsqualitt. Das Wissen und Knnen aber, das sich Schlerinnen und Schler heute in der Schule aneignen, wird in wenigen Jahren, wenn sie eine Stelle auf dem Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt suchen, teilweise schon wieder veraltet sein. Um so wichtiger ist es, ihnen rechtzeitig Kompetenzen fr ein eigenstndiges, selbstreguliertes (Weiter-) Lernen zu vermitteln. Gerade fr Jugendliche, die auerhalb der Schule kaum Lernuntersttzung erfahren, besteht ein hoher Bedarf an dieser Selbstlernkompetenz. Seit mehr als dreiig Jahre wird intensiv zu unterschiedlichen Aspekten des selbstregulierten Lernens geforscht. An dieser Stelle sollen einige relevante Forschungsergebnisse und Modelle vorgestellt werden, die fr die Untersttzung in der Schule relevant sind. Zuvor bedarf es jedoch einer Klrung, was in dieser Arbeit mit 'selbstreguliertem Lernen' gemeint ist. 3.1 DefinitionenWhrend Weinert (1982, S. 102, zit. in Schmitz & Wiese, 1999, S. 157) eine sehr kurze und eingngige Definition verwendet, in der er selbstgesteuertes Lernen als eine Lernform definiert, bei der der Handelnde deutlichen Einfluss darauf hat, ob, was, wann, wie und worauf hin er lernt' (Schmitz & Wiese 1999, S. 157), geben Nckles et al. (2010) eine differenzierte Erklrung: Als selbstreguliert wird (...) ein Lernen verstanden, bei dem die Lernenden eigenstndig planen, welche Ziele sie erreichen mchten, geeignete Lernstrategien whlen, um die Lernhandlung durchzufhren, ihren Lernprozess fortwhrend berwachen, und nach Abschluss der Lernhandlung bewerten, inwiefern sie die gesteckten Ziele erreicht haben (). Der Begriff der Regulation, d.h. der Kontrolle und Steuerung beim selbstregulierten Lernen bezieht sich nicht nur auf kognitive Prozesse wie etwa die Auswahl geeigneter Lernstrategien und deren Anpassung an inhaltliche Erfordernisse. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass fr ein erfolgreiches Lernen die Regulation motivationaler und emotionaler Prozesse, etwa die Fhigkeit, Aufgaben zu erledigen anstatt aufzuschieben () oder die Aufrechterhaltung der Lernfreude () ebenso von Bedeutung sind (Nckles et al., 2010, S. 36).In diesem Sinne soll der Begriff des selbstregulierten Lernens auch in dieser Arbeit angewandt werden. Auf eine Unterscheidung zwischen 'selbstorganisiertem', 'selbstgesteuerten', 'selbstregulierten' (usw.) Lernen wird hier verzichtet (vgl. Schett, 2008, S. 16ff). In den folgenden Modellen werden die oben verwendeten Begriffe weiter vertieft.3.2 Theoretischer Hintergrund der Selbstregulation In diesem Kapitel sollen einige theoretische Konzepte zum selbstregulierten Lernen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Zum einen werden Modelle unter einer zeitlich-zyklischen Perspektive dargestellt; zum anderen mchte ich einige psychologische Gesichtspunkte hervorheben, die aus meiner Sicht fr das Verstndnis des selbstregulierten Lernen von groer Bedeutung sind.

Zeitlich-zyklische Modelle

Heckhausen & Heckhausen (1990, 2010) u.a.Rubikonmodell

Prdesizionale Phase Praktionale Phase Aktionale Phase Postaktio-nale Phase

Schmitz (2001)Prozessmodell der Selbstregulation

Praktionale Phase Aktionale Phase Postaktio-nale Phase

Zimmerman (2006) u.a.An Integrative Phase Model of Self-Regulated Learning

Forethought Phase Performance Phase Self-Reflection Phase

Tab. 1: Zeitlich-zyklische Modelle

Psychologische Aspekte der Selbstregulation

Motivation u.a. Ryan & Deci (2000),Keller (2008)

Volition Sokolowski (1999)Deimann (2006) u.a.

EmotionSokolowski (1993)Pekrun & Schiefele (1996) u.a.

Lage- und HandlungsorientierungKuhl (1987)

Perceived Self-efficacy(Selbstwirksamkeitserwartung)Bandura (1977, 1993) Zimmerman (2000a)

Tab. 2: Psychologische Aspekte der Selbstregulation

3.2.1 Zeitlich-zyklische Modelle Das Rubikonmodell Das Rubikonmodell versucht das Entstehen, Heranreifen und Vergehen von Motivation zu beschreiben. Hierbei unterteilt es den Handlungsverlauf in vier natrliche, chronologisch aufeinander folgende und durch diskrete bergnge voneinander abgesetzte Phasen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Aufgaben, die sich einem Handelnden jeweils dann stellen, wenn er eine bestimmte Phase erfolgreich abschlieen will (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 310). Im Unterschied zu den folgenden Modellen beziehen Heckhausen und Heckhausen ausdrcklich eine Phase des Wnschens, Abwgens und Whlens (Prdesizionale Phase) in ihre berlegungen mit ein.

Abb. 1: Das Rubikonmodell (aus: Schumacher, 2001, S. 5)

So lassen sich das Finden von Handlungszielen und ihre anschlieende Realisierung in einem einzigen Modell integrieren und bleiben doch deutlich von einander unterschieden. Gleichzeitig werden die Verbindungen und bergnge zwischen motivationalen und volitionalen Prozessen transparent. Die Einbeziehung der prdesizionalen Phase fr die Gestaltung einer Lernumgebung an Schulen ist wichtig, da unklar ist, ob die Schlerinnen und Schler berhaupt mehr ber das 'Lernen lernen' erfahren wollen. Erst wenn diese Klrung beendet ist, sie den 'Rubikon berschreiten' und eine entschlossene Entscheidung fr das Lernen treffen, wird eine konkrete Untersttzung zur Zielfindung, zu zielgerichtetem Handeln, zur Willensstrkung usw. sinnvoll. In den weiteren Phasen des Modells (s. Abb. 1) mssen aufeinander folgende Aufgaben bewltigt werden, bis die Handlung mit einer Auswertung zum Abschluss gebracht werden kann. Hierbei wechseln sich nach Heckhausen und Heckhausen motivationale und volitionale Handlungsregulationen (...) zu verschiedenen Handlungsphasen im Handlungszyklus ab und stellen jeweils auf ihre Weise eine der jeweiligen Funktion der Handlungsphase angepasste Informationsverarbeitung sicher (Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 8). In allen einzelnen Schritten knnen unterschiedliche Strategien zur Untersttzung der Lernenden eingesetzt werden (s.u.). Kritische Anmerkungen zum Rubikon-Modell folgen in einem spteren Abschnitt.Das Prozessmodell der Selbstregulation In den Selbstregulationsmodellen von Bandura, Zimmerman und hier auch von Schmitz wird der zyklische Charakter der Selbstregulation hervorgehoben; so z.B. bei Zimmerman: Self-regulation refers to the self-generated thoughts, feelings, and actions that are planned and cyclically adapted to personal goals (Zimmerman, 2000b, p.16). Die Ergebnisse der postaktionalen Phase des ersten Zyklus bilden die Grundlage fr die Planung der nchsten praktionalen Phase, weil jeweils die Erfahrungen mit bestimmten Aufgaben die Erfahrungen in der nchsten Bearbeitungssequenz beeinflussen (Schmitz 2001, o.S., Abschnitt 2.2), was in der folgenden Abbildung leider nicht deutlich sichtbar wird. Zur Erluterung des Modells werden die einzelnen Phasen kurz dargestellt. In der praktionalen Phase bekommt ein Lernender (in seiner aktuellen Situation und Verfassung) eine Aufgabe, die er erledigen soll. Darauf reagiert er mit einem Gemisch aus Emotionen und Gedanken. In mehr oder weniger kurzer Zeit kommt er zu einer Entscheidung, wie er sich weiter verhalten will. Er wird sich ein Ziel setzen und planen, wie er dieses Ziel erreichen kann. Was hier zum besseren Verstndnis in einzelne Aspekte aufgeteilt wurde, ist in der Realitt ein Gemenge von Impulsen. Im Vergleich zum Rubikonmodell fllt auf, dass bei Schmitz die volitionale Anstrengung in dieser Phase keine Erwhnung findet. In der aktionalen Phase wird die Aufgabe bearbeitet und beendet. Mit dem Einsatz qualitativer Lernstrategien auf verschiedenen Ebenen (s.u.) wird die Ausarbeitung untersttzt. Bei sinkender Motivation sind vorbergehend volitionale Strategien gefragt, welche die zielgerichtete Ausfhrung schtzen. Diesem Schutz dient auch eine kontinuierliche Selbstbeobachtung (Self-Monitoring) whrend der Arbeitsphase (s.u.). Obwohl es im Modell keine Erwhnung findet, spielen Emotionen selbstverstndlich auch in dieser Phase eine wichtige Rolle.

Abb. 2: Prozessmodell der Selbstregulation nach Schmitz (aus: Grtler u.a., 2002, S. 224)

In der postaktionalen Phase, nach Abschluss der Arbeit, werden die Lernresultate und die eingesetzten Lernstrategien berprft auch hier spielen Emotionen eine groe Rolle und Konsequenzen fr folgende Lernprozesse gezogen. Eventuell mssen als Folge der berprfung die Ziele des nchsten Zyklus und/oder die Lernstrategien modifiziert werden.An Integrative Phase Model of Self-Regulated LearningZimmerman hat sein Modell mehrfach berarbeitet. Hier wird eine Version aus dem Jahre 2003 erlutert. Anders als Heckhausen oder Schmitz, hebt Zimmerman in seinem Modell die motivationalen Aspekte im Selbstregulationsprozess deutlich hervor. In der Phase der Vorausschau steht die Selbstmotivation im Mittelpunkt. Der Glaube an die Selbstwirksamkeit und die Erwartungen bezglich des Ergebnisses des eigenen Lernprozesses sind fr eine erfolgreiche Ausfhrung der eigenen Ziele von groer Bedeutung. Sie werden bei Bedarf durch volitionale Strategien der Anreiz-Steigerung (incentive escalation) (vgl. Zimmerman, 2006, S. 44) untersttzt. In der Durchfhrungsphase liegt der Schwerpunkt auf der Selbstkontrolle und der Selbstbeobachtung, ohne die die Ausfhrung kaum gelingen kann. Abb. 3: Phases and subprocesses of self-regulation (nach: Zimmerman & Campillo, 2003, p. 239)

Und schlielich stehen in der Selbstreflexionsphase die Selbstbewertung und die Selbstreaktion im Mittelpunkt. Fr die Gestaltung einer (Selbst-) Lernumgebung kommt wie schon erwhnt der Selbsteinschtzung eine hohe Bedeutung zu. Schtze ich mich als fhig und engagiert, als 'self-regulated learner' (Zimmerman) ein, werde ich beim Lernen auch aktiv Lsungsstrategien suchen. Im Gegensatz dazu werden 'poorly regulated students' oft defensive Schlussfolgerungen ziehen, such as helplessness, procrastination, task avoidance, cognitive disengagement, and apathy (ebenda, S. 45). Aus diesem Grund muss die Selbsteinschtzung des Lernenden bei der Gestaltung einer Lernumgebung unbedingt bercksichtigt werden. Zusammenfassend wird nach Zimmerman deutlich, that positive self-satisfaction reactions of self-regulated students strengthen their self-efficacy beliefs about further efforts to learn (ebenda, S. 45). So werden die Zufriedenheit, die Selbstverantwortlichkeit und die Selbstregulierung fr das weitere Lernen gefrdert. Generell lsst sich der Ablauf des selbstregulierten Lernens theoretisch in diesen drei beziehungsweise vier Phasen darstellen. Fr die Praxis ist es aber sinnvoll, auch mit Phasensprngen und berlappungen von Handlungsphasen (Kehr, 2004, S. 9) zu rechnen. 3.2.2 Einige Psychologische Aspekte der SelbstregulationDie meisten Modelle sind bestrebt, unterschiedliche psychologische Aspekte zu integrieren; mal steht die Motivation im Vordergrund, mal die Volition, mal andere Aspekte. Da es kein Modell gibt, das alle Aspekte gleich gut integrieren kann, sollen einige psychologische Komponenten, die im Umgang mit Jugendlichen von groem Wert sind, hier einzeln in den Mittelpunkt gestellt werden. MotivationEs gibt vermutlich keine Verffentlichung zum Thema Lernen oder selbstreguliertes Lernen, die sich nicht auch mit dem Thema 'Motivation' beschftigt. 'Motivation' ist im Bereich Lernen eine zentrale Kategorie, denn Lernen funktioniert insbesondere dann, wenn der Lernende auch motiviert ist, es zu tun. Im wissenschaftlichen Bereich gilt Motivation als Gedankenkonstruktion () mit der Zielgerichtetheit, Intensitt und Ausdauer von Verhalten erklrbar werden sollen (Rheinberg & Krug, 2005, S. 23). Nach Brandsttter, Achtziger und Gollwitzer (2011) werden all jene Bedingungen und Prozesse, die in den verschiedensten Lebensbereichen (...) die Zielgerichtetheit und Ausdauer menschlichen Handelns erklren knnen, () der Motivation zugerechnet (Brandsttter, Achtziger & Gollwitzer, 2011, S. 173). Motivation ist aber kein dauerhafter Zustand; sie ist oft mit Anstrengung verbunden und muss immer wieder neu aktiviert oder verstrkt werden. Eine wesentliche Unterscheidung ist die zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Intrinsisch Motivierte erledigen eine Aufgabe, weil sie selbst dazu motiviert sind, weil sie an der Sache oder der Durchfhrung interessiert sind. Nach Ryan und Deci (2000) bezeichnet die intrinsische Motivation die natural inclination toward assimilation, mastery, spontaneous interest, and exploration that is so essential to cognitive and social development and that represents a principal source of enjoyment and vitality throughout life (Ryan & Deci, 2000, S. 70). Intrinsisch motivierte Menschen have more interest, excitement, and confidence, which in turn is manifest both as enhanced performance, persistence, and creativity () and as heightened vitality (), self-esteem (), and general well-being (...) (ebenda, S. 69). Fr intrinsisch Motivierte ist es nicht schwierig, eine Aufgabe auszufhren. Extrinsisch motivierte Menschen hingegen fhren eine Aufgabe aus, weil sie sich davon Belohnung oder soziale Anerkennung versprechen. Ryan und Deci haben ein Kontinuum der Motivation entwickelt, das von der Amotivation bis zur intrinsischen Motivation reicht. Sie beschreiben vier Typen der extrinsischen Motivation, die sich auf einer Skala von der Fgsamkeit (compliance) bis zur inneren bereinstimmung (congruence) in Richtung der intrinsischen Motivation unterscheiden (vgl. Ryan & Deci, 2000, S. 72f). Bei der Betrachtung der Situation verschiedener Schler kann diese Unterscheidung hilfreich sein. Lehrende knnen die intrinsische Motivation frdern, indem sie den sozialen Kontext des Lernens verbessern: Contexts supportive of autonomy, competence, and relatedness were found to foster greater internalization and integration than contexts that thwart satisfaction of these needs (ebenda, S. 76). Felten und Stern (2012) besttigen dies aus ihrer Forschungsarbeit: Wenn Lehrende bei der Gestaltung der Lernumgebung die drei genannten Faktoren Autonomie, Kompetenzerleben und soziale Einbindung bercksichtigen, lassen sich die Lernenden auch bei gering ausgeprgtem Interesse mit grter Wahrscheinlichkeit auf den Stoff ein, und bei machen entsteht sogar Interesse und intrinsische Motivation (Felten & Stern, 2012, S. 18). Bei der Gestaltung des Lerntagebuchs sollen auch diese Faktoren bercksichtigt werden. Zur Verbindung von theoretischen Erkenntnissen und der praktischen Umsetzung in Lehr- und Lernprozessen hat Keller ab den 1980er-Jahren das Modell des 'Motivational Design' entwickelt. Das 'Motivational Design' gehrt zur Forschungsrichtung des Instruktionsdesigns. Instruktionsdesign plant, entwickelt und evaluiert systematisch Lernumgebungen und Lernmaterialien zur wissenschaftlich fundierten Durchfhrung von Lehr-Lern-Prozessen. Nach Keller bietet Motivational Design a bridge between the study of motivation and the practice of enhancing or modifying people's motivation (Keller, 2010, p. 2). In seiner Arbeit hat Keller anders als Felten und Stern vier zentrale motivationale Bedingungen herausgestellt, die er im ARCS-Modell zusammengefasst hat. Es dient dazu, to quickly gain an overview of the major dimensions of human motivation, especially in the context of learning motivation, and how to create strategies to stimulate and sustain motivation in each of the four areas (Keller, 2010, p. 44). ARCS steht dabei fr die vier Komponenten, (1) 'attention', (2) 'relevance', (3) 'confidence' und (4) 'satisfaction', die mittels geeigneter Strategien gefrdert werden mssen. (1) Attention: Motivation to learn is promoted when a learner's curiosity is aroused due to a perceived gap in current knowledge (Keller 2008, S. 176).(2) Relevance: Motivation to learn is promoted when the knowledge to be learned is perceived to be meaningfully related to a learner's goals (ebenda, S. 177).(3) Confidence: Motivation to learn is promoted when learners believe they can succeed in mastering the learning task (ebenda). (4) Satisfaction: Motivation to learn is promoted when learners anticipate and experience satisfying outcomes to a learning task (ebenda).In neuerer Zeit hat Keller sein Modell um eine fnfte Kategorie erweitert, die Volition ('ARCS-V'):(5) Motivation to learn is promoted and maintained when learners employ volitional (self-regulatory) strategies to protect their intentions (ebenda, S. 178).Im Entwurf des Lerntagebuchs werden diese Faktoren wieder eine Rolle spielen. Volition Auer als Komponente des ARCS-V-Modells war von 'Volition' auch zuvor schon die Rede; sei es im Rubikon-Modell, sei es als sttzende Aktivitt im Modell von Schmitz oder auch als Anreiz-Steigerung bei Zimmerman. Die Volition ist mit der Motivation eng verbunden, hat aber auch einen hohen, unabhngigen Stellenwert in der Selbstregulation, wie Corno und Randi verdeutlichen: Whereas motivation denotes a process of goal setting leading to commitment, volition denotes a process of implementation leading to goal accomplishment. () The key processes that define volition are the management, protection, and maintenance of attention, motivation, and emotion in tasks (Corno & Randi, 2009, n.p.). Im Rubikonmodell bezieht sich die Volition auf Prozesse, die mit der konkreten Realisierung von Zielen (praktionale und aktionale Phase) zu tun haben. Sokolowski (1999) bezweifelt diese sequentielle Abfolge von motivationalen und volitionalen Phasen und tritt fr ein Modell motivationaler und volitionaler Handlungssteuerung ein, in dem die volitionale Steuerung immer dann aktiviert wird, wenn Widerstnde auftreten (und eben nicht nur in bestimmten Phasen). Nach Sokolowski unterscheidet sich die volitionale Steuerungsphase von der motivationalen auch dadurch, dass sie der bewussten Aktivierung bedarf, dass in ihr strende Emotionen und Gedanken kontrolliert werden mssen, was auch mit Anstrengung verbunden ist und, dass in dieser Phase die Zeit langsamer vergeht (vgl. Sokolowski, 1999, S. 35ff., Deimann, 2006, S. 101ff), was vermutlich viele Schler besttigen knnen, die ungern an den Hausaufgaben sitzen. Nach Kehrs Kritik (2004) treten sowohl motivationale als auch volitionale Phnomene regelmig (kursiv i.O. PW) in smtlichen Handlungsphasen [auf] (ebenda, S.10). Dabei ist volitionale Steuerung immer dann erforderlich, wenn die getroffene Handlungsabsicht trotz fehlender (i.O.) motivationaler Untersttzung () oder gegen (i.O.) die gerade angeregten Motivationslagen durchgesetzt werden soll (...) (ebenda, S. 13). Die Volition sorgt dann fr einen reibungslosen Handlungsablauf auch in Konfliktsituationen zwischen verschiedenen aktuellen Interessen oder Handlungsimpulsen. Unter Bezugnahme auf Corno und Sokolowski erlutert Deimann, wann die Volition u.a. in der Schule von Bedeutung ist: z.B. dann, wennder Lerner eine Aufgabe erledigen muss und dabei keine Entscheidungsspielrume fr alternative Handlungen hat und somit subjektive Ziele mit der Intention, die Aufgabe zu erledigen, konkurrieren knnen. Dies betrifft insbesondere schulische Lernprozesse, bei denen Lernziele oftmals von Lehrern bzw. dem Lehrplan vorgegeben werden (...).

ein gewisses Ausma an Strreizen in der Lernumgebung (z.B. Klassenzimmer) vorherrscht und die Lerner von ihren Aufgaben abgelenkt werden knnen.

Aufgaben repetitiv sind und dabei die Vorstellung einer langweilen und enervierenden Ausfhrung die Performanz beeintrchtigen kann (...). Auch Lernprojekte, die lnger dauern als ursprnglich angenommen, bergen die Gefahr von Ablenkungen. (Deimann 2006, S. 84).

Ein Modell, das der Volition eine zentrale Position in der Gestaltung von Lernumgebungen gibt, ist das instruktionale volitionale Designmodell (VDM) von Deimann (2006). Aus der Verbindung verschiedener motivationaler und volitionaler Theorieanstze entwickelt Deimann einen Strategiepool mit dem Schwerpunkt 'Volition'. Dieser Strategiepool umfasst Strategien, die auf [die, PW] Frderung der zentralen volitionalen Kompetenzbereiche Emotion, Motivation und Kognition ausgerichtet sind (Deimann, Weber & Bastiaens, 2008, S. 21). Zu bedenken ist aber auch, dass volitionale Handlungssteuerung zeitlich befristet ist, da sie anstrengend ist und mit einem hohen Ressourcenverbrauch einhergeht (vgl. Deimann & Weber, 2009, S. 14). In der Praxis kommen je nach aktuellem Bedarf sowohl volitionale als auch motivationale Steuerungsmanahmen zum Einsatz. EmotionObwohl Emotionen generell von grundlegender Bedeutung fr das psychische Geschehen sind (Grawe, 2000, S. 285), werden sie in der Motivationspsychologie kaum thematisiert. Affektive Regulationsmechanismen sind Teil unseres ererbten artspezifischen Gedchtnisses. Sie gehren zur Hardware des Gehirns (...) (ebenda, S. 285). Sie sind allgegenwrtig. Trotzdem werden sie wenig errtert und sind nur in Anstzen erforscht. So kommt zum Beispiel ein neueres 550-seitiges Lehrbuch zum Thema 'Motivation und Handeln' ohne einen eigenstndigen Abschnitt zum Thema 'Emotion' aus (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010). Pekrun und Schiefele definieren 'Emotion' sehr knapp als subjektives Erleben (Pekrun & Schiefele, 1996, S. 155). Mit 'subjektivem Erleben' reagieren wir auf wichtige Ereignisse und Lebenslagen (ebenda, S. 163), was fr Jugendliche selbstverstndlich die Themen Schule, Lernen, Hausaufgaben oder Noten umfasst. Emotionen haben groen Einfluss: Beginnend bei der Ausrichtung der Aufmerksamkeit, wirken sie auf die unwillkrlich ins Bewusstsein 'schieenden' Kognitionsinhalte und reichen schlielich bis zur Verhaltensenergetisierung (Sokolowski, 1993, S. V). Pekrun und Schiefele schlagen als eine grundlegende Klassifikation vor, Emotionen in positiv und negativ erlebte zu unterscheiden (vgl. Pekrun & Schiefele, 1996, S. 164f). Diese einfache Unterscheidung werde ich spter im Lerntagebuch insbesondere in den Gesprchen mit den Jugendlichen bernehmen. Aus den im vorigen Abschnitt erwhnten Arbeiten von Corno und Sokolowski wird deutlich, dass bei der Regulation von Emotionen auch die Volition eine bedeutende Rolle spielt. So wie angeregte Emotionen als die Voraussetzung fr motivationales Handeln angesehen werden knnen, kann die Emotionskontrolle als eine Voraussetzung volitionalen Handelns angenommen werden (Sokolowski, 1993, S. 182). Emotion, Motivation und Volition sind eng mit einander verflochten. Umso sinnvoller ist es, sie auch immer wieder als eigenstndige Faktoren zu betonen. Leider kann das Thema hier nicht weiter vertieft werden. Offensichtlich ist, dass insbesondere Jugendliche der Haupt- und Werkrealschule aufgrund ihrer sozialen (Familie, Schule, Peers) und individuellen Situation emotional belastet sein knnen (s. Kap. 2.3.2). Fr erfolgreiches Lernen sind gerade sie auf Strategien zur emotionalen Selbstregulation angewiesen. Nach einer Untersuchung von Glser-Zikuda stehen Lernstrategien () in einem statistisch signifikanten Zusammenhang mit den Emotionsvariablen Interesse, Wohlbefinden und Schulzufriedenheit (Glser-Zikuda, 2008, S. 76). Aber laut Pekrun fehlt [es PW] an empirischem Wissen, und erst recht fehlt es an Kenntnissen, wie denn Emotionen von Schlern und Studenten gefrdert werden knnten (Pekrun, 1998, S. 231) und ergnzt spter: Zur Frderung von Lern- und Leistungsemotionen bei Schlern, also zur Optimierung von positiven Emotionen und Prvention von negativen Emotionen, ist kaum etwas bekannt (ebenda, S. 244). Im Training mit dem Lerntagebuch muss immer wieder auch die emotionale Verfassung der Schlerinnen und Schler bercksichtigt werden. Generell bedeutsam ist es auch, in welcher inneren Ausrichtung sich ein Lernender befindet. Ob Lernen wirksam sein kann, hngt unter anderem auch von der Orientierung des Lernenden ab. Kuhl hat hierfr die Unterscheidung zwischen der Lage- und der Handlungsorientierung vorgenommen. Lage- und HandlungsorientierungIm Zustand einer 'Lageorientierung' ist nach Kuhl die Handlungsbereitschaft gehemmt. Die Lageorientierung definiert er als einen Zustand, in dem die Aufmerksamkeit auf eine vergangene Lage (z.B. einen Misserfolg) oder auf einen zuknftigen Zustand gerichtet ist, ohne dass irgendwelche Handlungsplne aktiviert sind, die eine nderung () herbeifhren knnen (Kuhl, 1987, S. 106). Dem gegenber stehen Aktivitten, die die Verhaltensausfhrung sichern. Sie sorgen dafr, dass das Verhalten trotz Widerstnden, Unterbrechungen, Fehlschlgen aber auch konkurrierenden Verlockungen bis zur Zielerreichung auf Kurs bleibt (Rheinberg, 2006, S. 182). Personen mit dieser Ausrichtung nennt Kuhl 'handlungsorientiert'. Bei der Suche nach angemessenen Strategien fr die Schlerinnen und Schler ist die innere Ausrichtung von groer Bedeutung. Einen weiteren wichtigen Aspekt fr erfolgreiches Lernen hat Bandura mit dem Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung errtert. Auch die Selbstwirksamkeit hat eine starke emotionale Komponente.Selbstwirksamkeitserwartung Perceived Self-efficacySchon seit den 1970er Jahren forscht A. Bandura zum Thema 'Perceived self-efficacy' und betont, wie wichtig die Selbsteinschtzung fr die Durchfhrung von Aufgaben ist. In einer Zusammenfassung mehrerer Untersuchungen schreibt er: People with high [perceived personal, P.W.] efficacy approach difficult tasks as challenges to be mastered rather than as threats to be avoided. () They set themselves challenging goals and maintain strong commitment to them. () They heighten and sustain their efforts in the face of failure. They attribute failure to insufficient effort or deficient knowledge and skills that are acquirable (Bandura, 1993, S. 144). Im Zentrum seines Konzepts steht die persnliche berzeugung, eine konkrete Situation angemessen einschtzen und aus eigener Kraft bewltigen zu knnen. Aussagekrftig knnen die eigenen Einschtzungen aber nur dann sein, wenn sie im Zusammenhang mit genau formulierten Zielen oder Herausforderungen gesehen werden (Fuchs, 2005, S. 22). Nach Bandura gibt es vier Quellen der Selbstwirksamkeitserwartung:Eigene Erfolgserlebnisse (performance accomplishments) strken den Glauben an die eigenen Fhigkeiten. Sie sind the most influential source of efficacy belief because they are predicated on the outcomes of personal experiences (Zimmerman, 2000a, S. 88).

Stellvertretende Erfahrungen (vicarious experience) stehen an zweiter Stelle. Sie beruhen auf dem Vergleich mit einer als hnlich wahrgenommenen Person.

Verbale Ermutigungen (verbal persuasion) haben einen schwcheren Einfluss, because outcomes are described, not directly witnessed, and thus depend on the credibility of the persuader (ebenda).

Physiologische Reaktion (physiological reactions), wie Stress, Schweiausbrche, belkeit werden oft als Indikatoren fr eine (negative) Selbstbewertung herangezogen.

In vielen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Selbstwirksamkeit ein verlsslicher Prdiktor fr die Motivation und das Lernen an sich ist (vgl. Zimmerman, 2000a, Bandura, 1993). Somit erklrt es sich von selbst, dass zur Frderung selbstregulierten Lernens die Selbstwirksamkeitserwartung der Jugendlichen eine wichtige Rolle spielt.

4 Die Frderung der SelbstlernkompetenzWie dargestellt, kann der schulische Bildungsweg gerade von Jugendlichen an Haupt- oder Werkrealschulen durch eine hohe Selbstlernkompetenz gefrdert werden. Den eigenen Lernprozess aktiv selbstndig organisieren zu knnen, knnte auf der individuellen Ebene zumindest ansatzweise zur Kompensation der sozialen Benachteiligung beitragen. Leider ist fr die Schullernzeit im Bildungsplan hierfr keine Zeit vorgesehen. So soll wie erwhnt begleitend zu dieser Arbeit an einer Werkrealschule ein mehrwchiges Modellprojekt durchgefhrt werden, das die Frderung der Selbstlernkompetenz anstrebt. Zu einem spteren Zeitpunkt knnte das Modell auch Lehrerinnen und Lehrern als Multiplikatoren vorgestellt werden. Um die Selbstlernkompetenz zu verbessern, werden in der Literatur vielfltige Strategien angeboten. Hier kann nur eine kleine Auswahl zur Anwendung kommen.4.1 Lernstrategien4.1.1 Allgemeine SystematikUnter einer Strategie wird hier eine prinzipiell bewusstseinsfhige, hufig aber automatisierte Handlungsabfolge [verstanden, PW], die unter bestimmten situativen Bedingungen aus dem Repertoire abgerufen und situationsadquat eingesetzt wird (Artelt, Demmrich & Baumert, 2001, S. 272). Die Systematik der Lernstrategien ist bei vielen Autoren unterschiedlich. Ein allgemein gltiges System gibt es nicht. Schiefele und Pekrun trennen die Steuerungsmanahmen des Lernenden in kognitive, metakognitive, volitionale und verhaltensmige (vgl. Schiefele & Pekrun, 1996, S. 258); Nckles et al. (2010) unterscheiden kognitive, metakognitive und emotionale Prozesse (s. Kap. 3.1). Schett wiederum unterscheidet kognitive, metakognitive und volitionale Aspekte (Schett, 2008, S. 26). In dieser Arbeit sollen Lernstrategien wie bei Schmitz (2001) und anderen Autoren unterschieden werden inkognitive Strategien der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung

metakognitive Strategien des Planens, berwachens, Auswertens und Regulierens von Lernschritten und

ressourcenbezogene Strategien die wiederum in interne (Anstrengung, Aufmerksamkeit, Zeitmanagement) und externe (Lern-umgebung, Lernen mit Studienkollegen, Umgang mit Literatur) Strategien untergliedert werden knnen (Schmitz, 2001, S. 182).

Zustzlich sollen wie oben begrndet explizit auch volitionale, emotionale und motivationale Aspekte bercksichtigt werden. Die von Kuhl 1987 vorgelegten Handlungskontrollstrategien werden den metakognitiven und ressourcenbezogenen Strategien zugerechnet. Hier sollen sie etwas detaillierter erlutert werden. 4.1.2 Handlungskontrollstrategien Im Alltag sind wir die meiste Zeit von einer Vielzahl von Wnschen, Neigungen und Handlungsimpulsen belagert (Kuhl, 1987, S. 104). Ohne eine stabilisierende Instanz, eben die willentliche Handlungskontrolle (ebenda) wren wir den stndig konkurrierenden Handlungsimpulsen, einem ununterbrochenen Verhaltensflimmern (ebenda) ausgeliefert, das uns handlungsunfhig machen wrde. Auf die Frage, wie diese Handlungskontrolle vermittelt wird, hat Kuhl sechs Strategien unterschieden: Aufmerksamkeitskontrolle (bewusstes oder automatisiertes Ausblenden von Ablenkungen)

Motivationskontrolle (gezielte Steigerung der eigenen Motivation)

Emotionskontrolle (Gefhle so beeinflussen, dass sie dem aktuellen Vorhaben dienen und es nicht behindern)

Bewltigung von Misserfolgen (Umgang mit Misserfolgen, Attributierungen und eventuell Ziele korrigieren)

Umweltkontrolle (Vernderungen der Umgebung, so dass zielgerichtete Aktivitt mglich ist)

Sparsamkeit der Informationsverarbeitung (Vermeiden von langem Abwgen) (vgl. Kuhl, 1987, S. 108).

Der Einsatz von Handlungskontrollstrategien wird in der aktionalen Phase des Trainingskurses wichtig und sie sollen im Lerntagebuch auch angewandt werden. Volitionale, motivationale und auch emotionale Strategien knnen als 'Querschnitt-Kategorien' der obigen Systematik betrachtet werden. Hier sollen sie einzeln in den Fokus genommen werden. 4.1.3 Volitionale Aspekte der SelbststeuerungIn Folge der Forschung von Lyn Corno werden der Volition wie einem 'Steuermann' (Deimann, 2009) metakognitive, metamotivationale und metaemotionale Kontrollstrategien zugeordnet (vgl. Lyn & Randi, 2009; Deimann & Weber 2009; Schett, 2008). Nach Schett sollen sie die Konzentration regeln und den Lernfortgang untersttzen auch bei hemmenden Umfeldbedingungen oder hinderlichen persnlichen Faktoren im schulischen Lernprozess (Schett, 2008, S. 46). Wie erwhnt, hat Deimann ein volitionales Designmodell entwickelt, das sich dieser Aufgabe annimmt (vgl. Deimann, 2006). 4.1.4 Motivationale Aspekte der SelbststeuerungZur Strukturierung unter motivationalen Gesichtspunkten eignet sich u.a. das ARCS-V-Modell von Keller (2010). Wie schon in Kapitel 3.2.3 erlutert, mssen nach Keller fnf Bedingungen fr eine erfolgversprechende Lernmotivation erfllt sein: die Aufmerksamkeit des Schlers fr das Thema, die Relevanz des zu lernenden Stoffes, das Vertrauen in die eigene Lernkompetenz, die Befriedigung ber das eigene Lernergebnis und die volitionalen Strategien, die eingesetzt werden, wenn die Motivation absinkt. 4.1.5 Emotionale Aspekte der SelbststeuerungEmotionen wirken sich fr Jugendliche im gesamten sozialen Umfeld aus, in Schule und Elternhaus, mit Freunden und Klassenkameraden alle Bereiche sind miteinander verwoben. Die Hoffnung auf gute Noten, die Enttuschung ber schlechte Ergebnisse, die Angst vor der nchsten Arbeit, die Erfahrung von Langeweile, der Neid, der rger zu Hause, der Stress mit den Freunden, die Lernfreude, der Stolz: Jugendliche brauchen hohe Kompetenzen um die eigene Persnlichkeit zu stabilisieren und ihre Emotionen zu regulieren. Sie sollen, wie bereits erwhnt, ihre Gefhle so beeinflussen, dass sie dem aktuellen Vorhaben dienen und es nicht behindern (Kuhl, 1987, S. 108). Nach Pekrun nehmen die Emotionen insbesondere Einfluss auf die Wahl und Realisierung von kognitiven und metakognitiven Lernstrategien (Pekrun, 1998, S. 231) und nach Glser-Zikuda ist besonders der Zusammenhang von Lernstrategien und Interesse hervorzuheben (Glser-Zikuda, 2008, S 76). Hier sei auch auf den engen Bezug zwischen Emotionen und den fnf Faktoren des ARCS-V-Modells hingewiesen (s. Kap. 3.2.3). So weit es ntig und mglich sein wird, sollen alle oben erluterten Aspekte im Lerntagebuch einen Niederschlag finden. 4.2 Das Lerntagebuch (LTB)4.2.1 Allgemeine GesichtspunkteIm LTB dokumentieren Lernende regelmig und parallel zum Unterricht den eigenen Lernprozess und die von ihnen eingesetzten Lernstrategien; sie verschriftlichen den eigenen Denk- und Entwicklungsprozess. Durch die regelmige Beschftigung mit dem Lernstoff und dem eigenen Lernverhalten entstehen Bewusstheit und Wissen ber individuell 'mageschneiderte' Lernstrategien. Kognitive, metakognitive und ressourcenbezogene Strategien (s. Kap. 4.1) knnen mittels geeigneter Interventionen des Lernbegleiters angeregt und gefrdert werden. So knnen Jugendlichen ihre Selbstlernkompetenzen weiter entwickeln. Die Darstellung des LTB folgt dem Prozessmodell der Selbstregulation (s. Kap. 3.2.1). In Tabelle 3 sind die verschiedenen Phasen, Strategien und psychologischen Aspekte des LTBs in einer bersicht zusammengestellt.

Phasen des selbstregulierten LernensStichworteStrategienPsychologische Aspekte

PrdesizionalePhaseWnschenAbwgenWhlen

metakognitiv

ressourcen-bezogenMotivation

Volition

Emotion

PraktionalePhaseBedarf ermitteln, Ziele setzenaktuelle Verfassung Aufgabe verstehen CommitmentHandlungsplanungVorbereitungErgebnis-Erwartungen Selbstmotivation

metakognitiv

ressourcen-bezogenMotivation

Volition

Emotion

AktionalePhaseHandlungsbeginnzielgerichtetes Handeln LernstrategienZeiteinteilungSelf-MonitoringSteuernLeistungSelbstkontrolleberwachenPrompts, ErmutigungLernumgebungkognitiv

metakognitiv

ressourcenbezogenMotivation

Volition

Emotion

Postaktionale Phase(Selbst-) ReflexionAuswertungZielrealisierung (Selbst-) Bewertung Vergleich Strategiemodifikation Zielmodifikationmetakognitiv

ressourcenbezogenMotivation

Volition

Emotion

Tab. 3: Stichworte zum LTBZwar kann das alleinige Ausfllen () eines [Lern-, PW] Tagebuches bereits zu Vernderungen des Verhaltens fhren (Schmidt & Schmitz, 2010, S. 84), aber zur Steigerung des Erfolgs sollten einige Bedingungen beachtet werden. Felten und Stern betonen wiederholt, dass eine Methode noch keinen Lernfortschritt bringt. Methoden und Werkzeuge, wie auch das LTB, mssen ihrer Ansicht nach immer an konkreten Lernzielen und Lerninhalten ausgerichtet sein. Sie betonen, dass Kenntnisse, Fertigkeiten und Strategien () in bestimmten Kontexten und abgestimmt auf die spezifischen Anforderungen erworben [werden, PW) (Felten & Stern, 2012, S. 46). Laut einer Studie von Hbner, Nckles und Renkl muss das Schreiben von LTBs angeleitet und strukturiert angeboten werden, damit das lernfrderliche Potenzial () zum Tragen kommen kann (Hbner, Nckles & Renkl, 2007, S. 127). Ohne Anleitung fhren LTBs zu suboptimalen Ergebnissen. Weiterhin belegen die Autoren auch die Bedeutung von Prompts fr die Verbesserung des Lernens. Prompts sind Aufforderungen und Leitfragen, die Lernende zu produktiven Lernaktivitten anregen sollen, zu denen sie prinzipiell fhig sind, die sie jedoch von sich aus nicht oder nur in unzureichendem Mae zeigen (ebenda, S. 128). Wichtig ist es auch, dass Sprache und Inhalte des LTB den kognitiven Fhigkeiten der Teilnehmer angemessen sind. Auerdem bedarf der Einsatz des LTB auch einer grndlichen Einfhrung und einer lngeren Zeit zum Einben. Insbesondere am Anfang ist eine direkte Betreuung im Unterricht oder auch im Trainingskurs unerlsslich. Die Lernenden mssen hineinwachsen knnen, indem ihnen mehr und mehr Verantwortung ber ihre Lernfortschritte bertragen wird. Am besten scheinen dafr Konzepte des 'Scaffolding' () geeignet, wo die Anleitung mehr und mehr zugunsten von Coaching zurckgenommen wird (Schett, 2008, S. 31). Zu beachten ist auch, dass die Anwendung eines LTB nicht ein 'Allheilmittel' sein kann. Lb, Perels und Schmitz belegen, dass die Schler sehr individuumsspezifisch auf ein solchen Tagebuch reagieren werden. So wird es Schler geben, die auf das kontinuierliche Ausfllen des Lerntagebuches mit positiven Entwicklungen auf Dimensionen des auerschulischen, selbstregulierten Lernens reagieren, whrend bei anderen Schlern negative Reaktionen auf das gleiche Tagebuch erwartet werden knnen (Lb, Perels & Schmitz, 2004, S. 23). Auch darauf ist in der Anwendung des LTB zu achten. 4.2.2 Entwurf des LTBDie Strategien, die den Schlern innerhalb des Lerntagebuchs vermittelt werden sollen, mssen zuvor systematisch entwickelt werden; sie sollen sich an den aktuellen Bedrfnissen jeden Schlers orientieren und auf klare Ziele ausgerichtet sein. Vorlufige Lernziele werden in Zusammenarbeit mit der Klassenlehrerin erstellt. Des weiteren mssen die Strategien von mittlerem Schwierigkeitsgrad sein, um die Jugendlichen angemessen zu fordern und zu frdern. Weder drfen die bungen zu schwer und komplex, noch zu einfach und beliebig sein. Im Einzelnen lsst sich der angemessene Schwierigkeitsgrad nur in der praktischen Umsetzung und (formativen) Evaluation des LTBs bestimmen. Den jeweiligen Lern-Umstnden entsprechend sollen kognitive, metakognitive oder ressourcenbezogene Strategien zur Verfgung gestellt werden. Darber hinaus sollen sowohl motivationale, volitionale als auch emotionale Aspekte der Handlungssteuerung bercksichtigt werden. Die verschiedenen Aspekte sind in der obigen bersicht (Tab. 3) zusammengestellt. Die Entwicklung des LTB folgt grundstzlich einem Basismodell des Instruktionsdesigns, in dem alle diese Aspekte bercksichtigt werden knnen, dem ADDIE-Modell. Es besteht aus den fnf Grundkomponenten Analyse (A), Design (D), Development (D), Implementation (I) und Evaluation (E) und hat sich als ein fundiertes und wirkungsvolles Planungswerkzeug der didaktischen Entwicklungsarbeit erwiesen. Zwischen den einzelnen Phasen bestehen Rckkopplungsmglichkeiten, so dass man sich im Entwicklungsprozess des LTB je nach aktuellem Trainingsbedarf von einer Phase zur anderen bewegen kann, wie in Abbildung 4 ersichtlich. Im Laufe der Jahre hat das ADDIE-Modell viele Abwandlungen und Weiterentwicklungen erfahren. Somit knnen hier bei Bedarf Elemente aus verschiedenen Erweiterungen, wie Kellers motivationalem Design-Modell (s. z.B. Keller, 2010) oder Deimanns volitionalem Design-Modell (s. Deimann, 2006) entnommen werden. Zunchst soll das ADDIE-Modell hier in der prdesizionalen Phase angewandt werden. Wie erwhnt, muss in dieser Phase zunchst geklrt werden, wer von den Jugendlichen an dem Training teilnehmen will.

Abb. 4: Das ADDIE-Modell (aus: Deimann, 2006, S. 18) Prdesizionale Phase In der prdesizionalen Phase gilt als Ziel, dass ein Handelnder sich zunchst darber klar werden muss, welche seiner Wnsche und Anliegen er berhaupt in die Tat umsetzen mchte (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 310). Diese Phase endet, mit der Umwandlung des Wunsches in ein konkretes Ziel (ebenda, S. 311), dem 'berschreiten des Rubikon'. Diese Phase muss in einer Einfhrungsveranstaltung sorgfltig vorbereitet werden, da zu vermuten ist, dass viele Schlerinnen und Schler unsicher sind, ob sie die Anstrengung und den Aufwand des LTBs berhaupt auf sich nehmen wollen (s. Kap. 3.2.1). Deshalb sind hier die einzelnen Schritte und Manahmen ausfhrlicher dokumentiert. Die Stichworte wurden insbesondere unter Bezugnahme auf Kellers motivationales Design (2010, S. 197ff) zusammengestellt. Einfhrungsveranstaltung

Design der prdesizionalen Phase (Wnschen, Abwgen, Whlen)

ADDIE

Analyse (Stichworte)

Ziel des gesamten Trainings, mglicher Gewinn fr die Schler, Bezug zum Unterricht, Einstellung der Schler zur Schule, Einstellung zu den Peers, Erwartungen der Schler an das Training, ARCS-Dimensionen der Schler im Unterricht, Material-Analyse, Formulierung von Lernzielen u.a., Motivation, Volition und emotionale Verfassung der Schler, Lage- und Handlungsorientierung

Manahmen1. Befragung der Lehrerin zu den obigen Themen2. Zusammenstellung der Ergebnisse der Befragung3. Formulierung von Zielen

Design (Stichworte)Mgliche Strategien, Impulse und bungen sammeln (Anfang, Mitte, Ende) unter ARCS-Gesichtspunkten, Auswahl von Strategien, Verbesserungsmglichkeiten, motivationale, volitionale und emotionale Aspekte, metakognitive und ressourcenbezogene Aspekte, Expertise des Trainers

Manahmen1. Brainstorming: Strategien in der Literatur und im Internet sammeln2. Unter Bercksichtigung der obigen Stichworte und der Ergebnisse der Analyse geeignete Strategien und bungen auswhlen.

Development(Stichworte)Ziele (SMART) formulieren, Verfeinerung der Auswahl, Reihenfolge von Strategien, Erstellung von Ablaufplnen, Zeitplan, Materialien erstellen

ManahmenAblaufplan fr die Einfhrungsveranstaltung erstellen

Implementation (Stichworte)Einfhrungsveranstaltung durchfhren und auf aktuelle Notwendigkeiten mit Programmnderungen reagieren

Manahmen1. Fragen zu: Ausbildungs- und Berufszielen, Lernen lernen, Bedeutung von Lernerfolgen und Misserfolgen, Selbstverantwortlichkeit, Frderung durch Lehrkrfte, Lernhindernisse, Lernstrategien der Teilnehmer (TN), Zufriedenheit, Erfolgszuversicht, Self-efficacy, Selbstvertrauen, Volition und Motivation, Gefhle und Lernen 2. Erluterung des LTB (Ablauf, Dauer, Technik u.a.)3. Entscheidung der Teilnehmer nach 48 Stunden Bedenkzeit

Evaluation(Stichworte)Anzahl der TN am LTB, Zufriedenheit, Erfolgszuversicht, Motivation der TN, Verbesserungsvorschlge

Manahmen1. Fragebogen2. Gesprchsrunde3. Zielrealisierung4. Ziel- und Strategiemodifikation

Tab. 4: Design der prdesizionalen Phase

An diesem Beispiel ist deutlich zu erkennen, wie bedeutsam die ARCS-Komponenten fr den gesamten Design-Prozess und die Durchfhrung sind. Sie decken den gesamten Lehr-/Lernprozess ab. Zu Beginn ist die Aufmerksamkeit der Lerner zu gewinnen und aufrechtzuerhalten. Daran anschlieend soll die Bedeutsamkeit des zu lernenden Lehrstoffes vermittelt werden. Damit sich der Lerner auch ausdauernd mit einem Thema beschftigt, soll Erfolgszuversicht ermglicht werden. Abschlieend ist Zufriedenheit mit dem Erreichten herzustellen (Deimann, 2006. S. 56) und bei Bedarf muss der Wille des Einzelnen angeregt werden. Nachdem sich die Jugendlichen entschieden haben, ob sie an der Trainingsmanahme teilnehmen wollen, kann mit der konkreten Ausarbeitung des LTB begonnen werden. Bei Anwendung des ADDIE-Modell ist ein mehrfacher Blickwinkel zu bercksichtigen. Zum einen wird das Modell fr den gesamten Lernprozess aller Teilnehmer ber alle Module hinweg eingesetzt; zum anderen wird das Modell aber auch auf jedes einzelne Modul angewandt. Die Evaluation am Ende jedes einzelnen Moduls liefert wiederum den Ausgangspunkt fr das nchste Modul. Zustzlich soll idealerweise - ab dem zweiten Modul jeder Jugendliche individuell mit den fr ihn geeigneten Lernstrategien versorgt werden. LTB Training

A D D I E

Modul 1Modul 2Modul 3Modul 4Modul 5..

Alle TNADDIE TN 1 A D D I E

ADDIE ADDIE ADDIE ADDIE ..

TN 2A D D I E

ADDIE ADDIE ADDIE ADDIE ..

TN 3A D D I E

ADDIE ADDIE ADDIE ADDIE ..

.....

Tab. 5: Anwendung des ADDIE-Modells

Praktionale PhaseIn dieser Phase soll die Realisierung verbindlich gewordener Ziele mithilfe zielfrdernder Handlungen vorangetrieben werden (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 312). Diese Phase umfasst die Komponenten 'Analyse', 'Design' und 'Development' des ADDIE-Modells. Bei der Entwicklung des LTB kann auf die Stichworte und die Untersuchung in der prdesizionalen Phase (siehe Tab. 4) zurckgegriffen werden. Viele Ergebnisse knnen von dort bernommen werden. Betont werden soll die przise Zielformulierung, denn die Ziele haben die Funktion von Standards, wobei konkrete, spezifische, zeitnahe, anspruchsvolle Ziele, fr die ein hohes Commitment vorliegt, besonders geeignet sind, hohe Leistungen zu erreichen (Schmitz, 2001, S. 182). Diese Faktoren sollen in der Anwendung des LTB mgliches bercksichtigt werden. Im Bereich der 'Analyse' werden die Manahmen aus der Einfhrungsveranstaltung durchgefhrt; zustzlich mssen Informationen zu den Unterrichtsinhalten und -methoden erhoben werden, damit die Module des LTB sich an diese anschlieen (vgl. Felten und Stern, 2010). Des Weiteren muss ein Zeitplan fr das gesamte LTB erstellt werden. Zur Komponente 'Design' werden bungen, Fragebgen und Reflexionen fr den praktischen Einsatz im LTB gesammelt und in einem Strategiepool mit den folgenden Stichworten markiert: kognitiv, metakognitiv, Ressourcen,

Motivation, Volition, Emotion,

ARCS (Attention, Relevance, Confidence, Satisfaction),

Autonomie, Kompetenzerleben, Soziale Einbindung (Deci und Ryan),

Anfang, Mitte, Ende.

Die mglichen Strategien werden in der Vorbereitung mit den Unterrichtszielen und -plnen der Lehrerin abgeglichen und ihr Einsatz dem Ablauf des Unterrichts angepasst. Je nach Bedarf stehen sie zum Ausdruck oder zum Versand und zur Anwendung bereit. Diese Sammlung kann zu einem spteren Zeitpunkt interessierten Lehrkrften weitergegeben werden. Im Bereich 'Development' wird das erste grundlegende Modul (fr alle Teilnehmer) vollstndig durchgeplant. Es wird ein Ablaufplan unter Bezugnahme auf den aktuellen Unterricht und die Ergebnisse aus der 'Analyse' einschlielich Zeitplan und Materialliste erstellt. Die folgenden Module knnen im Detail erst nach der Evaluation des ersten Moduls fertiggestellt werden. Die vorbereitende Arbeit ist abgeschlossen und kann in der nchsten Phase umgesetzt werden. Aktionale PhaseNach der Vorbereitung kann das erste Modul des Lerntagebuches implementiert werden. In dieser Phase versucht der Lernende seine Ziele auch tatschlich umzusetzen. Dies wird am besten durch ein beharrliches Verfolgen der Zielrealisierung ermglicht, was eine Anstrengungssteigerung angesichts von Schwierigkeiten impliziert, sowie die konsequente Wiederaufnahme unterbrochener Zielhandlungen erfordert (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 312). In dieser Phase gewinnen verstrkt volitionale Komponenten () und ressourcenorientierte Lernstrategien an Bedeutung (Schmitz, 2001, S. 182). Die Lernenden mssen sich selbst und ihren Lernprozess kontinuierlich berwachen (Self-Monitoring, s. Kap. 3.2.1). Hier sei zustzlich auf die Handlungskontrollstrategien von Kehr (s. Kap. 4.1.2) verwiesen, die in dieser Situation zum Einsatz kommen knnen. In dieser Phase sollen die TN durch Prompts zum Beispiel zur Motivationsfrderung per SMS oder WhatsApp-Nachricht untersttzt werden. Der Einsatz von Facebook ist hier keine Option, da Facebook in der Altersgruppe der Jugendlichen stark an Bedeutung verloren hat. Postaktionale Phase In der Evaluationsphase werden die 'Implementation' (ADDIE) reflektiert und Konsequenzen fr die folgenden Module des Trainings gezogen. Generell findet die Evaluation, wie auch aus Tabelle fnf ersichtlich, formativ statt. Die (Zwischen-) Ergebnisse jedes Evaluationsschrittes ermglichen es, den weiteren Kursverlauf przise den Bedrfnissen der Schlerinnen und Schler anzupassen. Eine Reihe von Stichworten zur Evaluation findet sich schon im Kapitel 4.2.1. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die ausgearbeiteten Ziele erreicht worden sind und ob sie abgendert werden mssen. Wichtig ist auch, ob die vermittelten Strategien im Schulalltag anwendbar waren und welche Strategien fr die nchsten Lernmodule passen. Darber hinaus gilt der Blick auch der Effizienz der Instruktion, dem Unterrichtsstil und den eingesetzten Materialien (vgl. Keller 2006, S. 132f). Eine summative Evaluation findet zum Ende des Trainingskurses statt. In Anlehnung an diese Struktur werden den Teilnehmern Fragebgen ausgegeben, kurze Gruppengesprche gefhrt oder auch nur ein kurzes 'Stimmungsbild' erhoben; ergnzend wird die Lehrerin ihre Einschtzung mitteilen. Ausdrcklich sei hier auf die hohe Bedeutung der emotionalen Zufriedenheit der Jugendlichen fr den weiteren Lernprozess hingewiesen. Gerade in der Evaluation tritt die Bedeutung der emotionalen Selbstregulation am deutlichsten hervor. Durch die Bewertung und Wertschtzung des individuell Erreichten kann die erfahrene Selbstwirksamkeit (Bandura) ein wesentlicher Baustein fr die weitere Lernmotivation (ARCS-Modell) sein, die Handlungsorientierung (Kuhl) verstrken, die intrinsische Motivation frdern (Ryan & Deci) oder auch den Umgang mit zuknftigen Misserfolgen verbessern (Kuhl).4.2.3 Einsatz des LerntagebuchsVorbereitungIn den ersten Wochen des Jahres 2014 wurde das Lerntagebuch in einer siebten Klasse der Werkrealschule in einem sogenannten Brennpunktgebiet Stuttgarts eingesetzt. In der Klasse sind 18 Schlerinnen und Schler, deren Familien aus acht unterschiedlichen Lndern kommen; die Verteilung zwischen Mdchen und Jungen ist ausgeglichen. Die Lehrerin war an der Anwendung des Lerntagebuchs sehr interessiert. Sie steht mit den Jugendlichen in intensivem Kontakt und untersttzt sie mit groer Empathie. Ich konnte die Jugendlichen schon mehrfach im Rahmen einer Konfliktmediation begleiten. In der Klasse gibt es verschiedene Gruppierungen, die teilweise ausgeprgte Konflikte miteinander austragen; drei Jugendliche haben wiederholt groe Schwierigkeiten, sich an verbindliche Schulregeln zu halten. Das Leistungsniveau ist unterschiedlich. Nach Auskunft der Lehrerin kommen fast 90 % der Jugendlichen regelmig in die Schule; etwa die Hlfte der Klasse erledigt nahezu immer die Hausaufgaben und lernt auf Klassenarbeiten; 70 bis 80 % beteiligen sich aktiv am Unterricht; 3 4 Schler sind meist passiv. Generell ist die Atmosphre in der Klasse trotz alledem offen und meist freundlich. Folgende (langfristige) Ziele wurden vorlufig mit der Lehrerin vereinbart: Strategien zu selbststndigem Arbeiten im Allgemeinen; Strategien zur Steigerung der Leistung im Einzelnen, Strategien fr eine regelmigere Bearbeitung von Hausaufgaben, Strategien fr mehr Selbstvertrauen und fr eine hhere Fehlerfreundlichkeit (bei sich selbst und bei anderen). Unterziel des Trainingskurses sollte es sein, die Schler und Schlerinnen mit ersten grundlegenden Lernstrategien vertraut zu machen und eine praktische Umsetzung anzuleiten. Die Einfhrungsveranstaltung wurde (mittels ADDIE-Modell, s.o.) vorbereitet und der Termin von der Lehrerin angekndigt. Fr die insgesamt neun Module standen pro Woche jeweils ca. 45 Minuten zur Verfgung. Im Folgenden sollen die einzelnen Module grob skizziert werden. Insgesamt wurden in allen Modulen Notizen angefertigt, die spter eine Grundlage fr die summative Evaluation am Ende des Kurses darstellten.EinfhrungsveranstaltungAn diesem ersten Tag wurde das Lerntagebuch vorgestellt. Im Mittelpunkt standen der mgliche 'Gewinn' fr die Schlerinnen und Schler und der Aufwand, den die Schler mit der Bearbeitung des LTB htten. Wichtig war ihnen auch, was ich davon htte (O-Ton, Teilnehmer). Fragen meinerseits nach Lernplanung und Lernstrategien begegneten die meisten Schlerinnen und Schler mit Unverstndnis. In einem Fragebogen wurden zudem Meinungen nach der Zufriedenheit der Klasse, dem Kontakt zur Lehrerin, Schulmotivation, Aufmerksamkeit im Unterricht, Hausaufgabenverhalten und der eigenen Lernleistung anonym abgefragt. In einem Schlusswort wurde die Mglichkeit hervorgehoben, die eigene Leistung mit Hilfe des LTB deutlich verbessern zu knnen. Fr die Entscheidung ber eine Teilnahme sollten sich die Jugendlichen zwei Tage Zeit lassen. Die Option, die Teilnahme jederzeit beenden zu knnen, wurde ihnen offen gelassen. Fr eventuell nicht teilnehmende Jugendliche wurde Unterricht in einer Parallelklasse angeboten.Nachbereitung der Einfhrungsveranstaltung Generell besttigte sich im Fragebogen die Einschtzung der Lehrerin. Fast alle Jugendlichen waren mit der aktuellen Situation in der Klasse mehr oder weniger zufrieden, Schulmotivation und Wille differierten jedoch stark, die Aufmerksamkeit und die eigene Lernleistung beurteilten sie tendenziell eher schlechter als die Lehrerin. Am dritten Tag bekam ich von der Lehrerin die Nachricht, dass alle Schlerinnen und Schler am Programm teilnehmen wollten; drei TN eher zurckhaltend und nur probehalber, was von der Lehrerin selbstverstndlich akzeptiert wurde. Vorbereitung fr Modul 1 Um die die oben angefhrten Ziele zu erreichen, war es notwendig, zuerst den Bedarf der Schlerinnen und Schler an Selbstlernstrategien herauszufinden (Fragebogen) und einen Wochenplan mit den individuell mglichen Lernzeiten zu erstellen. Hierfr wurde ein Formular entworfen. 1. ModulZunchst erstellten die Schlerinnen und Schler einen individuellen Lernzeitenplan. Die Entwrfe wurden gemeinsam besprochen; manche TN hatten sich nur sehr wenig Zeit fr das Lernen reserviert. Manche nderten ihren Plan, andere behielten ihn bei. Im Anschluss fllten sie einen einfach formulierten Fragebogen zu kognitiven, metakognitiven und ressourcenbezogenen Strategien aus, um individuelle Defizite und Hindernisse auszumachen. Als Aufgabe fr die kommende Woche sollten sie tglich das eigene Lernverhalten dokumentieren (Was fiel mir leicht?, Was war positiv?, Was war schwierig?, Was war negativ?) und auf dem Wochenplan die individuellen Lernzeiten eintragen. Die TN erhielten als LTB einen Ordner fr die einzelnen Arbeitsbltter. Abschlieend wurden die Handynummern fr individuelle Nachfragen ihrerseits und Prompts, Erinnerungen oder Ermutigungen meinerseits ausgetauscht. Zu einer kurzen Auswertung wurde ein aktuelles Zufriedenheit per Handzeichen erhoben. Die Stimmung wurde mehrheitlich als ok bis gut eingeordnet.ErinnerungDie Lehrerin bekam zur Wochenmitte eine Erinnerungsmail mit der Bitte, die Jugendlichen an die Aufgaben zu erinnern. Das hat sie auch getan. Nach- und Vorbereitung Anhand meiner persnlichen Kursnotizen und Fragebgen der Schlerinnen und Schler wurde in einem neuen ADDIE-Zyklus das zweite Modul vorbereitet. Der zentrale Punkt fr 'Design' und 'Development' war, dass die Jugendlichen kaum ber explizite Lernstrategien verfgen. Das Hauptziel fr das folgende Modul sollte daher die Anwendung einiger ressourcenbezogener Strategien sein. Die Lehrerin erklrte sich bereit, in Zukunft verstrkt kognitive Lernstrategien (Wiederholen, Elaborieren, Transformieren) im Unterricht einzubauen, so dass dieser Lernbereich aus den kommenden Trainingseinheiten ausgeklammert werden konnte. 2. ModulAlle TN waren anwesend und hatten die LTBs dabei. Etwa drei Viertel der Schlerinnen und Schler hatten die Wochenplne ausgefllt, zwei Schler teilweise, zwei berhaupt nicht. Die emotionale und motivationale Verfassung der meisten TN war gut (Ausnahme: Mdigkeit, Schulunlust). Alle berprften die Lernzeiten in ihren Wochenplnen; manche nderten sie und trugen sich mehr oder weniger Lernzeit ein. berprft wurde, ob diejenigen TN, die die Plne nicht bearbeitet hatten, mit Hindernissen zu kmpfen hatten (Zeitmanagement, Ablenkung, Lustlosigkeit) und ob sie weiter teilnehmen wollten (Strkung von Motivation und Volition). Auf Grund der Fragebgen zu den bereits vorhandenen Lernstrategien wurden Strategien zum externen Ressourcenmanagement (Lernort, Arbeitsplatz einrichten, Zeitplan einhalten, Pausen machen) besprochen. Die TN trugen sich ausgewhlte Ressourcenstrategien in die LTBs ein. Sie bekamen die Fragebgen aus dem ersten Modul zurck und hefteten sie in die LTBs. Ziel fr die kommende Woche war, weiterhin die Lernzeiten einzuhalten und die angewandten Ressourcenstrategien tglich im LTB zu dokumentieren. Eine Differenzierung und Anpassung unterschiedlicher Lernstrategien fr einzelne Teilnehmer wie vorgesehen war bisher nicht erforderlich. Zur Auswertung schrieben die TN zwei Stze zu den Themen: Wie war es heute fr mich? und Was erwarte ich von den zuknftigen Kursen?. ImpulsZur Wochenmitte bekamen die TN eine allgemeine WhatsApp-Nachricht zur Verstrkung und Ermutigung geschickt (Wertschtzung, Selbstwirksamkeit).Nach- und VorbereitungAus den Fragebgen ergab sich, dass viele TN die Stunde interessant fanden. Manche hatten keine Erwartungen, andere erwarteten bessere Noten und besseres Lernen. Ich erlebte die Schlerinnen und Schler bisher als stark handlungsorientiert (Kuhl). Strategien fr eher lageorientierte Jugendliche waren bisher nicht ntig. Fr das dritte Modul wurde eine Wiederholung und Verstrkung des bisher Gebten geplant, um die Jugendlichen kognitiv nicht zu berfordern und ihnen Zeit zu geben, die neuen Lernstrategien zu vertiefen. Als weitere Aufgabe wurde das Thema 'Selbstwirksamkeit' vorbereitet. 3. ModulZwei Teilnehmerinnen waren krank. Ihnen sollten die Inhalte von einer anderen Schlerin mitgeteilt werden. Der Impuls (WhatsApp) wurde berwiegend positiv beurteilt. Alle Schler hatten die Wochenplne bearbeitet. Die Lernzeiten schienen stabil zu sein; sie blieben unverndert. Ausfhrlich wurden die Erfahrungen mit dem Ressourcenmanagement jedes einzelnen Teilnehmers besprochen und zuknftige Strategien ausgewhlt. Da in zehn Tagen eine Deutscharbeit anstand, was sie gerade erst erfahren hatten, ergab sich pltzlich ein neues Thema, das sofort bearbeitet werden musste. Alle Teilnehmer reservierten sich in den Wochenplnen nach Selbsteinschtzung tglich oder in greren Abstnden Lernzeit fr die Klassenarbeit (Motivation). Sie baten mich, wieder eine WhatsApp zu schicken. Zur Steigerung von Konzentration und Motivation gerade auch vor der Klassenarbeit bekamen sie ein bungsblatt aus dem Strategiepool fr das LTB (s. Brohm, 2012, S. 77), das gemeinsam durchgesprochen und einzeln ausgefllt wurde. Themen des bungsblattes waren: Lernziel bestimmen, Wichtigkeit des Lernziels einschtzen, Engagement fr das Lernziel beurteilen, Umgang mit Ablenkungen planen, volitionale Strategien bestimmen. Zur Vorbereitung des Themas 'Selbstwirksamkeit' im nchsten Modul wurde den Schlerinnen und Schlern ein Fragebogen ausgehndigt, den sie anschlieend ausgefllt zurckgaben (s. Fuchs, 2005, S. 79). In ihm wurde anonym nach dem Umgang mit unerwarteten Situationen, Schwierigkeiten, Problemen und Widerstnden gefragt. Zur Auswertung wurde die Frage gestellt, Was nimmst du heute mit? (Relevanz des Gelernten). Die Antworten entsprachen dem Gelernten: Sich besser konzentrieren knnen, wie man mehr lernen kann, wie man sich die Zeit gut einteilen kann. Die vorgesehene Zeit wurde weit berschritten. Fr die Trainingstage hatte die Lehrerin einen flexiblen Stundenplan vorbereitet. ImpulsZur Willensstrkung erhielten die TN per WhatsApp unterschiedliche motivierende Stze zugesandt, wie z.B.: Wenn ich etwas erreichen will, dann schaffe ich es auch! Oder?. Nach- und VorbereitungIn einer kurzen gemeinsamen Reflexion mit der Lehrerin konnten wir bereinstimmend feststellen, dass die Jugendlichen stark motiviert waren, das Lernverhalten zu verbessern. Die Stimmung in der Klasse war, trotz der Anstrengung, meist frhlich und etwas euphorisch. Die kommende Klassenarbeit wrde ein Prfstein sein, ob ihnen das Training etwas bringt (O-Ton, TN) oder nicht. Aus den Ergebnissen des Fragebogens zur Selbstwirksamkeit wurde ersichtlich, dass etwa die Hlfte der Jugendlichen oft bis fast immer von der eigenen Kompetenz berzeugt sind, schwierige Situationen meistern zu knnen. Etwa ein Viertel hingegen glaubt fast nie an seine Selbstwirksamkeit. Fr die Zukunft war es deshalb dringend geboten, diesen Jugendlichen beim Lernen Erfolgserlebnisse zu vermitteln und sie weiter zu ermutigen (vgl. Kap. 2.3.2 und 3.2.2). Demzufolge wurde die Strkung der Selbstwirksamkeit im nchsten Modul tatschlich zu einem vorrangigen Thema. 4. ModulAlle TN waren da; die im dritten Modul fehlenden TN waren auf dem neuesten Stand. Zum Ressourcenmanagement hatten einige wenige Jugendliche Fragen, die von den Mitschlern gut beantwortet werden konnten (Lernerfolg). Die meisten von ihnen hatten sich im Wochenplan zustzliche Zeit zum Lernen auf die Klassenarbeit eingerichtet und diese auch eingehalten. Zur Selbstwertschtzung dokumentierten die Jugendlichen zuerst alle Fortschritte, die sie in den letzten Wochen gemacht hatten. Auf eine Nachfrage der Jugendlichen, ob sie die Arbeitsbltter anmalen drften, legten wir eine kreative Pause ein. Anschlieend drckten sie sich gegenseitig Anerkennung fr ihre Leistungen aus (Einfluss der Peers); danach lobte auch die Lehrerin. Die TN mit ungnstiger Selbstwertschtzung wurden nicht besonders hervorgehoben, um ihr Verhalten nicht zu verstrken. Zum Abschluss dieses Moduls schrieben sich alle Teilnehmer fnf 'Stark-mach-Stze' in das LTB. (Was mir beim Lernen Power gibt!) Auch diese Seite wollten einige zuhause kreativ gestalten. Im Vorfeld der anstehenden Klassenarbeit wurde das Thema 'Internes Ressourcenmanagement' bearbeitet. Im Mittelpunkt standen Umgang mit Angst, Unruhe, Stress und Anspannung. Im Gesprch erluterten alle TN die Ressourcen, die sie selbst einsetzen. So konnten sie sich aus dem entstehenden 'Ressourcen-Pool' taugliche Strategien fr die nchsten Tage aussuchen und notieren. Zum Abschluss wurde ein Merkblatt zu den