Hausarbeit Finalversion Fertig

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Geothermie | WS 2011 Technik geothermischer Heizkraftwerke Am Beispiel Landau Hausarbeit zur Vorlesung Geothermie bei Prof. Dr. Thomas Schabbach Wintersemester 2011/2012 Tim Pullmann Matr.Nr.: 22731 Email: [email protected] Nordhausen, den 11. Januar 2012

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  • Geothermie | WS 2011

    Technik geothermischer Heizkraftwerke

    Am Beispiel Landau

    Hausarbeit zur Vorlesung Geothermie bei Prof. Dr. Thomas Schabbach

    Wintersemester 2011/2012

    Tim Pullmann

    Matr.Nr.: 22731

    Email: [email protected]

    Nordhausen, den 11. Januar 2012

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 2 von 15

    Inhaltsverzeichnis

    1. Einfhrung ............................................................................................................... 3

    2. Grundlagen ............................................................................................................. 3

    2.1 Was ist Geothermie? ........................................................................................ 3

    2.2 Nutzungsmglichkeiten .................................................................................... 4

    2.2.1 Petrothermale Nutzung mithilfe des HDR-Verfahrens ................................... 4

    2.2.2 Hydrothermale Nutzung ................................................................................ 5

    2.3 Varianten der Stromerzeugung......................................................................... 6

    3. Geothermie am Beispiel Landau ............................................................................. 8

    3.1 Welches Verfahren wird in Landau angewendet? ............................................. 8

    3.2 Standortwahl .................................................................................................... 8

    3.3 Erbauung ......................................................................................................... 9

    3.4 Allgemeines ..................................................................................................... 9

    3.5 Funktionsweise ................................................................................................ 9

    3.6 Aktuelles .........................................................................................................14

    Literaturverzeichnis ........................................................................................................15

    Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Wirkungsgradverlauf von ORC- und Kalina-Prozess im Vergleich [5] .......... 7

    Abbildung 2: Schema des geothermischen Heizkraftwerks Landau [7] ...........................11

    Abbildung 3: Schematisches T, s-Diagramm von Isopentan [13] ....................................12

    Abbildung 4: Schaltbild eines geothermischen ORC Kraftwerks [13] ..............................12

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    1. Einfhrung

    Im Rahmen dieser Arbeit werden die technischen Gegebenheiten geothermischer

    Heizkraftwerke und ihre Funktionsweise unter dem Fokus der Mglichkeiten der

    Strom- beziehungsweise der Wrmegewinnung dargestellt und am Kraftwerk

    Landau gezeigt, wie diese in der Praxis umgesetzt werden.

    Am Anfang meiner Arbeit werde ich die Geothermie allgemein nher betrachten

    und diverse Nutzungskonzepte aufzeigen. Im Speziellen werde ich mich dann mit

    dem geothermischen Heizkraftwerk Landau in der Pfalz beschftigen und an

    diesem Beispiel die Standortwahl und verschiedene Mglichkeiten der

    Realisierung von geothermischen Heizkraftwerken darstellen. Ich werde den

    Prozess der Stromgewinnung durch geothermische Energie nher beleuchten

    und Schwierigkeiten offenlegen. Am Ende meiner Arbeit stelle ich die aktuelle

    Situation des geothermischen Heizkraftwerks Landau dar.

    2. Grundlagen

    2.1 Was ist Geothermie?

    Der Begriff Geothermie leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet

    Erdwrme.

    Als die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entstand, war eine der drei regenerativen

    Primrquellen geboren. Neben der Sonne, die fr Wind, Globalstrahlung,

    Meeresstrme, Wellen, Niederschlag, Verdunstung, das Wachstum jeglicher

    Biomasse und der Erwrmung von Erdoberflche, Meeren und Atmosphre,

    sowie fr die vergangene Bildung von Kohle, Erdgas und Erdl verantwortlich ist

    und der Planetengravitation und bewegung, welche die Gezeiten ermglicht, ist

    die Erdwrme verantwortlich fr das warme Erdinnere.

    Diese im Inneren der Erde gespeicherte thermische Energie bewirkt einen

    Wrmestrom an die Erdoberflche, welcher sich nach [1] aus drei verschiedenen

    Quellen speist:

    1. Whrend der Erdentstehung wurde Gravitationsenergie fast vollstndig in

    Wrmeenergie umgewandelt, welche die erste Quelle darstellt.

    2. Die schon vor der Erdentstehung vorhandene, sogenannte Ursprungswrme

    bildet die zweite Quelle.

    3. Die dritte Quelle sind radioaktive Zerfallsprozesse, die vorwiegend in der

    Erdkruste ablaufen.

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 4 von 15

    2.2 Nutzungsmglichkeiten

    Dieser Wrmestrom lsst sich auf verschiedene Arten nutzen. Man unterscheidet

    hierzu zwischen oberflchennaher und tiefer Geothermie. Die Grenze hierzu

    wurde bei 400m festgelegt [2].

    Bei der oberflchennahen Geothermie gibt es verschiedene Mglichkeiten, die

    genutzt werden, um mithilfe einer Wrmepumpe Wohnhuser zu heizen oder

    Trinkwasser zu erwrmen. Auf diese Variante werde ich jedoch nicht nher

    eingehen, da sie fr Heizkraftwerke keine Rolle spielt.

    In der tiefen Geothermie unterscheidet man zwischen drei verschiedenen

    Verfahren:

    1. Hydrothermale Nutzung

    2. Nutzung durch tiefe Einzelsonden

    3. Petrothermale Nutzung mittels HDR Verfahren

    Ich werde nun nher auf die petrothermale Nutzung mittels HDR- Verfahren und die hydrothermale Nutzung eingehen. Diese beiden Verfahren sind die einzigen, die sowohl zur Strom- als auch zur Wrmeerzeugung einsetzbar sind. Die Nutzung durch tiefe Einzelsonden ist nach [1] eher als Behelfsmethode fr verunglckte Bohrungen zu verstehen, wenn beispielsweise eine Bohrung ein Thermalvorkommen nicht wie geplant erschlieen konnte oder wenn sie nicht mehr als Injektions- oder Frderbohrung genutzt werden kann.

    2.2.1 Petrothermale Nutzung mithilfe des HDR-Verfahrens

    Petrothermale Nutzung meint die Nutzung des trockenen Erdreichs in groer

    Tiefe zur Energiegewinnung. Hierbei wird das HDR-Verfahren benutzt, um den

    Wrmestrom aus der Tiefe bereitzustellen. HDR ist eine Abkrzung fr die

    englischen Worte Hot dry rock, was heier trockener Stein bedeutet. Der Name

    leitet sich von der Grundidee des Verfahrens ab, Gesteinsformationen in groer

    Tiefe als Wrmetauscher zu benutzen. Das Wasser wird hierbei durch Pumpen

    von der Oberflche aus injiziert. Damit der Stein als Wrmetauscher funktioniert,

    sind Risse ntig. In der Vergangenheit wurde dies mit dem sogenannten Los-

    Alamos-Konzept versucht. Hierbei wird Wasser mit hohem Druck in die tiefen

    Gesteinsschichten injiziert, sodass es zu Rissen im Gestein kommt. Durch diese

    Risse soll spter das Medium flieen, das erwrmt werden soll. Einige Kilometer

    von der Injektionsbohrung entfernt soll das Wrmetrgermedium durch die

    Frderbohrung zurck an die Oberflche gepumpt werden.

    Dieses Konzept hat sich aber aufgrund des geringen Volumenstroms durch das

    Gestein als unpraktisch erwiesen, da die mehrere 100 Liter pro Sekunde

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    Frdervolumenstrom, die nach [1] fr die Stromerzeugung notwendig sind, durch

    die kleinen Risse im Gestein nicht erreicht werden konnten. Aus diesem Grund

    setzt ein deutsch-franzsisches Forscherteam in Soultz im Oberelsa bei der

    Realisierung eines geothermischen Kraftwerks zur Stromerzeugung auf eine

    Methode aus England. Das HDR-Konzept aus Cornwall sieht vor, dass das

    Gestein schon vor der knstlichen Rissbildung durch das eindringende Wasser

    Risse haben sollte, um hhere Volumenstrme zu erreichen.

    Insgesamt ist die HDR Technologie noch sehr unerforscht. Es gibt nur wenige

    Pilotprojekte, die zeigen sollen, ob die Technologie eine sichere und langfristige

    Stromproduktion ermglicht. Das Potential, das die HDR-Technologie bietet, ist

    auf jeden Fall enorm gro, wesentlich grer als das der anderen Technologien

    zur Nutzung von Erdwrme. In Deutschland existiert in der Tiefe von 3000m bis

    7000m eine gespeicherte Energie, die die bundesweite Nachfrage bertrifft. [1]

    2.2.2 Hydrothermale Nutzung

    Die hydrothermale Nutzung der Erdwrme erfordert eine wasserfhrende Schicht

    in ausreichender Tiefe. Dieses Thermalwasser wird angebohrt und gefrdert.

    Seine hohe Temperatur kann fr Wrmenetze, in einigen Fllen auch zur

    Stromerzeugung, genutzt werden. Das abgekhlte Thermalwasser wird nun durch

    eine Injektionsbohrung wieder in die Erde zurckgespeist. Wichtig ist, dass immer

    gengend Wasser rckinjiziert wird, um eine nachhaltige Energiegewinnung zu

    ermglichen und das Aquifer nicht auszutrocknen.

    Die hydrothermale Nutzung bietet zahlreiche Vorteile gegenber der HDR

    Technologie: Es muss nicht so tief gebohrt werden. In geeigneten Regionen, auf

    die ich im Kapitel Standortwahl noch eingehen werde, findet man schon in relativ

    geringer Tiefe geeignete Grundwassertrger, sogenannte Aquifere. Auerdem ist

    das Wasser im Aquifer als Wrmetrgermedium nutzbar und muss nicht erst in

    die Tiefe gepumpt werden. Natrlich kommt es bei der Suche nach der richtigen

    Bohrtiefe auch auf den Verwendungszweck des gefrderten Thermalwassers an.

    Zur Nutzung der geothermischen Wrme in Fern- und Nahwrmenetzen sind

    weniger hohe Thermalfluidtemperaturen notwendig, als zur geothermischen

    Stromerzeugung. Ein weiterer Vorteil des hydrothermalen Verfahrens besteht

    darin, dass das Wrmetransportmedium schon vorhanden ist und im Prozess

    weitestgehend erhalten bleibt. Der groe Nachteil ist jedoch, dass dieses

    Verfahren eben nur an Orten einsetzbar ist, an denen es Aquifere in geeigneter

    Tiefe gibt. Des Weiteren sind die Temperaturen, die beim HDR-Verfahren erreicht

    werden knnen, wesentlich hher, was einen hheren Wirkungsgrad zur Folge

    hat. Zur geothermischen Stromerzeugung eignet sich das petrothermale

    Verfahren aufgrund der hheren Temperaturen mehr.

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    2.3 Varianten der Stromerzeugung

    Die Stromerzeugung wird nach [3] in 3 Varianten unterschieden:

    - Offenes System (Thermalfluid stellt das Arbeitsmittel dar)

    - Geschlossenes System (Thermalfluid bertrgt Wrme auf ein anderes, hufig

    organisches Arbeitsmittel)

    - Kombinierte Systeme

    Offene Systeme erfordern berhitzten Dampf, der aus dem Erdreich kommt. Bei

    der direkten Dampferzeugung muss dieser Anteil des berhitzten Dampfs im

    Wasser-Dampf-Gemisch sehr hoch sein, da bei diesem Verfahren der Dampf

    nicht vom Rest separiert wird. Bei geringerem Dampfgehalt eignen sich

    sogenannte Single oder Double Flash Systeme, bei welchen das Gemisch zuerst

    in einem Flash Behlter teilentspannt wird. [3] Hierdurch wird der Dampfanteil

    erhht, was eine Leistungssteigerung der Dampfturbine zur Folge hat. Ich mchte

    nicht nher auf offene Systeme eingehen, da diese in Deutschland keine

    Anwendung finden und auch in Zukunft, aufgrund der geringen Fluidtemperaturen

    und des, wenn berhaupt vorhandenen, dann sehr geringen Dampfanteils, nicht

    finden werden.

    Geschlossene Systeme nutzen das hoch temperierte Thermalwasser zur

    Erwrmung eines Arbeitsfluides. Der Grund hierfr ist die Vermeidung einer

    hohen Salzkonzentration im Arbeitsmedium, die die direkte Nutzung des

    Thermalfluides mit sich bringt. Diese kann nmlich einen hheren Verschlei der

    Anlage zur Folge haben. Auerdem existiert die Mglichkeit, durch organische

    Arbeitsmittel (ORC-Prozess) den Dampfdruck auch schon bei geringeren

    Temperaturen zu erreichen. Beim ORC-Prozess zirkuliert, wie beim Kalina-

    Prozess, ein Arbeitsmedium in einem abgeschlossenen Kreislauf. Der

    Unterschied zwischen den beiden Prozessen ist jeweils das Arbeitsmedium. Im

    ORC (Organic Rankine Circle)-Prozess wird ein organsiches Arbeitsmedium

    verwendet, welches, im Vergleich zu Wasser, schon durch geringere

    Wrmezufuhr verdampft und berhitzt werden kann. Im Kalina-Prozess wird in

    Wasser gelster Ammoniak verwendet, welcher jedoch stark toxisch ist. [4] Im

    Wirkungsgrad liegt der Kalina-Prozess leicht ber dem ORC-Prozess, wobei es

    auf das im ORC-Prozess verwendete organische Arbeitsmedium ankommt. In

    Abbildung 1 sind die elektrischen Wirkungsgrade der beiden Prozesse in

    Abhngigkeit von der Thermalwassertemperatur abgetragen. Es wird deutlich,

    dass der Wirkungsgrad des ORC-Prozesses bis zu einer Temperatur von 180 C

    noch deutlich unter dem des Kalina-Prozesses liegt.

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    Abbildung 1: Wirkungsgradverlauf von ORC- und Kalina-Prozess im Vergleich [5]

    Das Arbeitsmittel ist auch der Grund fr eine erhhte Korrosivitt an Turbine und

    Wrmebertrger beim ORC-Prozess. Ein weiterer Vorteil des Kalina-Prozesses

    ist die Turbine. Es kann, im Gegensatz zu dem ORC-Prozess, bei welchem

    aufgrund des differierenden Molekulargewichts und der geringen spezifischen

    Wrmekapazitt spezielle Turbinen bentigt werden, eine Wasserdampfturbine

    verwendet werden. Der Nachteil am Kalina-Prozess ist die, aufgrund des

    schlechteren Wrmebertragungsverhaltens und der geringeren

    Temperaturdifferenzen in den Wrmebertrgern, erhhte Gre der Anlage.

    Dazu kommt, dass es nur wenige Anlagen mit Kalina-Prozess gibt. [3] Der groe

    Vorteil von geschlossenen Systemen mit ORC- beziehungsweise Kalina-Prozess

    ist die Mglichkeit, schon geringe Fluidtemperaturen zur Dampferzeugung nutzen

    zu knnen. Bei der Nutzung von Wasser als Arbeitsmedium sind Temperaturen

    von ber 400 C notwendig, um mit einer Turbine Strom zu erzeugen. Da man in

    der Geothermie in Deutschland jedoch durch kein Verfahren

    Thermalwassertemperaturen jenseits der 200 C erreichen wird, scheidet Wasser

    als Arbeitsmedium im geschlossenen Prozess aus. Es muss also zur

    geothermischen Stromerzeugung entweder der ORC- oder der Kalina-Prozess

    gewhlt werden. Welcher Prozess zum Einsatz kommt, hngt von den bereits

    beschriebenen Faktoren ab.

    Kombinierte Systeme bestehen meistens aus einem Single Flash-Prozess,

    welcher mit einem ORC-Prozess gekoppelt wird. Auch hierbei ist ein bestimmter

    Dampfgehalt im Thermalwasser Voraussetzung. Eine Anwendung hierfr sehe ich

    zum Beispiel in Italien, also an Orten, an denen das Thermalwasser mit hohem

    Dampfgehalt gefrdert wird.

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    3. Geothermie am Beispiel Landau

    3.1 Welches Verfahren wird in Landau angewendet?

    Das geothermische Heizkraftwerk in Landau ist eine hydrothermale Anlage. Sie

    nutzt nach [6] ein Aquifer in ungefhr 3000m Tiefe. Die Anlage frdert nach [7] 50

    80 l/s knapp 160 C heies Thermalwasser, welches zur kombinierten Strom

    und Wrmeerzeugung genutzt wird. Das Verfahren eignet sich in Landau, da man

    hier schon in geringen Tiefen hohe Temperaturen vorfindet. In diesen Tiefen

    finden sich Aquifere mit Thermalwasser mit hoher Konzentration an gelsten

    Salzen [6].

    Zur Stromerzeugung wird in Landau ein geschlossenes System mit einem ORC-

    Prozess genutzt. Die verbleibende Restwrme des Thermalwassers wird an ein

    Fernwrmenetz abgegeben. Im gesamten Prozess wird das Wasser von 160 C

    auf 50 C abgekhlt und wieder in das Aquifer injiziert.

    3.2 Standortwahl

    Das Besondere am Standort Landau ist der hohe Temperaturgradient. Dieser

    beschreibt die nderung der Temperatur pro Kilometer Bohrtiefe. Die

    durchschnittliche Temperaturzunahme in Deutschland betrgt 30 C pro

    Kilometer. In Landau liegt dieser Wert nach [6] bei 47 C pro Kilometer. Nur so

    kann Thermalwasser mit einer Temperatur von 160 C schon in einer Bohrtiefe

    von 3300m gefrdert werden.

    Der Oberrheingraben, in welchem Landau liegt, bietet ein groes geothermisches

    Potential. Weitere Gebiete, in denen auch heute schon geothermische Kraftwerke

    betrieben werden, sind das norddeutsche Becken und das Molassebecken im

    Sden Bayerns.

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    3.3 Erbauung

    Die wichtigsten Schritte der Erbauung des geothermischen Heizkraftwerks

    Landau sind in der nachfolgenden Tabelle nach [7] dargestellt:

    Mitte 2003 Beginn der Vorbereitungen

    August bis November 2005 Frderbohrung

    Januar bis April 2006 Injektionsbohrung

    Februar 2006 Vorbereitung des Kraftwerks

    Dezember 2006 Baubeginn Kraftwerk

    Mrz bis Mai 2007 Zirkulationstest

    Mai 2007 Bau der Khlanlage fr den ORC-Prozess

    August 2007 Bau des Turbogenerators

    21. November 2007 Inbetriebnahme

    Januar 2008 Aufnahme des Dauerbetriebs

    Hervorhebenswert ist, dass die Erbauung von der ersten Bohrung bis zur

    Inbetriebnahme nur etwas ber 2 Jahre gedauert hat.

    3.4 Allgemeines

    Die Thermalwassertemperatur von 160 C ist die hchste in deutschen

    Geothermiekraftwerken. Dieser hohe Wert berraschte am Anfang selbst die

    Bauingenieure positiv, die mit einer ca. 10 C geringeren Temperatur gerechnet

    hatten. Der Volumenstrom von 50 80 l/s, den die Anlage frdert, ist ebenfalls ein

    vergleichsweise hoher Wert, der aber in letzter Zeit nicht aufrecht erhalten werden

    konnte. Mehr dazu im Kapitel 3.6 Aktuelles.

    3.5 Funktionsweise

    Das Heizkraftwerk besteht, wie jedes geothermische Kraftwerk, aus einem Ober-

    und einem Untertageteil.

    Der Untertageteil besteht aus Frder- und Injektionsbohrung. Die Erschlieung

    des unterirdischen Reservoirs erfolgt mithilfe von Bohrtechnologien, die aus

    Erdl, Erdgas und Wassergewinnung bekannt sind. [3] Eine Besonderheit des

    Untertageteils des geothermischen Heizkraftwerks Landau ist die

    Thermalwassererschlieung. Sie erfolgt nicht mit der einfachsten

    Erschlieungsvariante der Dublette, bei der zwei parallele gerade Bohrungen in

    gleicher Tiefe enden, sondern durch abgelenkte Bohrungen (siehe Abbildung 2).

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 10 von 15

    Der Vorteil ist der geringe Abstand, den die beiden Bohrungen bertage

    voneinander haben. Dieser betrgt in Landau lediglich 7m. Damit der

    Untertageabstand der Bohrungen, der zur Wiedererwrmung des

    Thermalwassers durch den heien Untergrund ntig ist, eingehalten wird, wurden

    die Bohrungen ab einer Tiefe von 1000m voneinander abgelenkt. [8] Die eine

    Bohrung wurde um 25, die andere um 33 abgelenkt. [7] So entsteht nach [8] ein

    Untertageabstand der beiden Bohrungen von 1200m. Der geringe Abstand

    bertage trgt dazu bei, die Trassenfhrung kurz zu halten, wodurch

    Investitionen gespart werden knnen.

    Der bertageteil des Heizkraftwerks hat folgende Aufgaben:

    - Frderung des Thermalwassers und Druckerhhung vor der Injektion

    - Wrmebertragung an ORC-Prozess

    - Wrmebertragung an das Heizwerk

    - Reinjektion und vorherige Qualittssicherung des Thermalwassers

    Zur Frderung des Thermalwassers werden Pumpen verwendet, die unterhalb

    der Hhe des Wasserspiegels angebracht werden. Der Wasserspiegel sinkt

    aufgrund von Reibungsdruckverlusten in der Bohrung bei Betrieb der Pumpe

    volumenstromabhngig unter das Niveau bei Stillstand. Deshalb werden Pumpen

    in Tiefen von 100m 400m eingebaut. Die Pumpe sollte trotz ihres

    Einsatzzweckes zur Bereitstellung einer Grundlast eine Regelungstechnik

    besitzen, um sowohl auf vernderte Speichereigenschaften reagieren zu knnen

    als auch ein speicherschonendes An- und Abfahren der Anlage zu ermglichen.

    [3]

    Zur Wrmebertragung werden in den meisten Fllen Plattenkondensatoren aus

    Titan eingesetzt, da sich diese bei Kontakt mit Thermalwssern als

    korrosionsunempfindlich erwiesen haben. Um zu vermeiden, dass Thermalwasser

    in den Heizkreislauf strmt, was eine Erhhung der Salzkonzentration im

    Heizungswasser des Wrmenetzes zur Folge htte, wird dieser mit berdruck

    betrieben. Zwischen ORC-Kreislauf und Thermalwasserkreislauf muss unbedingt

    darauf geachtet werden, dass auf keiner Seite eine Vermischung auftritt. Dies

    erfolgt durch permanente berwachung der Leitfhigkeit. [3]

    Die Sicherung der Qualitt des Reinjektionswassers ist notwendig, um das

    chemische Gleichgewicht im Aquifer zu gewhrleisten. Verunreinigungen sind zu

    vermeiden. In einigen Fllen kann es zum Beispiel beim Anfahren der Anlage

    dazu kommen, dass Schmierl der Pumpe in den Thermalwasserkreislauf

    eindringt. Aufgrund solcher Ereignisse ist es notwendig, das Thermalwasser vor

    der Reinjektion zu filtern. [3]

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 11 von 15

    Bei der Reinjektion ist aufgrund der Druckverluste in den Rohrleitungen der

    Injektionsbohrung und dem gewnschten berdruck, der ntig ist, um das

    Thermalwasser in die Mitte des unterirdischen Speichers zu pumpen, eine

    Druckerhhung erforderlich. Der ntige berdruck ist abhngig vom gefrderten

    Volumenstrom. [3]

    Zusammengefasst sieht das geothermische Heizkraftwerk im Modell Landau

    folgendermaen aus:

    Abbildung 2: Schema des geothermischen Heizkraftwerks Landau [7]

    Dem heien Thermalwasser wird ber ein geschlossenes System mithilfe eines

    Wrmetauschers Wrme entzogen, die auf ein organisches Arbeitsmedium, bei

    dem es sich in Landau nach [7] um Isopentan handelt, bertragen wird. Das

    Thermalwasser wird hierbei bis auf 70 C herabgekhlt. Das Kltemittel

    verdampft und treibt eine Turbine an, die ber einen Generator Strom erzeugt.

    Das Kraftwerk Landau erzeugt so 3 MW elektrische Leistung.

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 12 von 15

    Abbildung 3, die ein schematisches Temperatur, Entropie-Diagramm von

    Isopentan darstellt, soll zur Verdeutlichung des ORC-Kreisprozesses dienen.

    Abbildung 3: Schematisches T, s-Diagramm von Isopentan [13]

    Abbildung 4: Schaltbild eines geothermischen ORC Kraftwerks [13]

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 13 von 15

    Erluterung der Abbildungen 3 und 4:

    Es handelt sich hierbei um einen ORC Prozess. Die einzelnen Ziffern

    entsprechen den Prozessschritten, die sowohl im T, s-Diagramm (siehe

    Abbildung 3), als auch im Schaltbild (siehe Abbildung 4), gekennzeichnet sind. Im

    Folgenden wird erklrt, was bei den einzelnen Prozessschritten genau passiert:

    1 2 Pumpe

    2 3 interner Rekuperator, der das Isopentan mithilfe von Restwrme aus

    der Turbine vorwrmt.

    3 4 Vorwrmer wrmt das Isopentan mithilfe des nach dem Verdampfer

    schon etwas abgekhlten Thermalwassers vor.

    4 5 Verdampfer Verdampft das Isopentan mithilfe des direkt aus der

    Frderbohrung kommenden Thermalwassers ber einen

    Wrmetauscher.

    5 6 Turbine Entspannt das Isopentan und erzeugt dabei ber einen

    Generator Strom.

    6 7 interner Rekuperator Nutzt das noch nicht kondensierte Isopentan zur

    Vorwrmung am Punkt 2.

    7 1 Kondensator Kondensiert das Isopentan mithilfe von Umgebungsluft

    ber einen Wrmetauscher.

    Zuerst wird das Arbeitsmittel also nach dem Kondensator, der es durch kalte

    Umgebungsluft kondensieren lsst, durch heies Arbeitsmittel, das kurz nach der

    Turbine abgefhrt wird, vorgewrmt. Danach wird es vom Thermalfluid

    vorgewrmt und dann von selbigem verdampft. Die Turbine dient nun dazu,

    mithilfe des Generators dazu Strom zu erzeugen.

    Nach der Stromerzeugung mithilfe des ORC-Prozesses folgt in Landau die

    Nutzung der Restwrme:

    Das nach dem ersten Wrmetauscher fr den Stromerzeugungsprozess nur noch

    70 C warme Thermalwasser wird ber einen zweiten Wrmetauscher auf 50 C

    abgekhlt. Diese Wrme wird auf in einem Fernwrmenetz zirkulierendes Wasser

    abgegeben. Dieses kann zu Spitzenlastzeiten durch eine fossile Zusatzfeuerung

    weiter erwrmt werden. (siehe Abbildung 2) Die Zusatzfeuerung erwrmt hierbei

    ein Fluid in einem geschlossenem Kreislauf, welches seine Wrme ber einen

    Wrmetauscher an das zuvor durch das Thermalwasser erwrmte Heizwasser

    abgibt. Das hat den Vorteil, dass die fossile Zusatzfeuerung bei der Erwrmung

    eines kleineren Kreislaufs weniger Ressourcen verbraucht. Auerdem kann die

    Erhhung der Temperatur im Heizwasser ber den Volumenstrom des den

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 14 von 15

    Wrmetauscher durchflieenden fossil erwrmten Wassers genau reguliert

    werden.

    Das geothermische Heizkraftwerk Landau besitzt eine thermische Leistung von 6-

    8 MW, die in Zukunft zur Beheizung von bis zu 1000 Haushalten dienen soll.

    Dazu wurde das Kraftwerk auf dem ehemaligen Gelnde des franzsischen

    Militrs errichtet, welches ein hohes Potential fr den Ausbau des

    Fernwrmenetzes bietet. [7]

    3.6 Aktuelles

    Das geothermische Heizkraftwerk Landau nahm im Januar 2008 seinen

    Dauerbetrieb auf. [7] Im Oktober 2010 folgte der Dauerbetrieb des

    Fernwrmenetzes mit zu dieser Zeit rund 550 Haushalten. Die geo-x GmbH, die

    das Kraftwerk betreibt, ist zu diesem Zeitpunkt noch zuversichtlich bis 2014

    weitere 750 Haushalte mit Energie aus Erdwrme versorgen zu knnen. [9] Es

    gibt jedoch in Landau nach [10] seit September 2009 kleinere Beben mit einer

    Magnitude von bis zu 3 auf der Richter Skala. Die Geothermienutzung wird dafr

    zur Verantwortung gezogen. Im Dezember 2010 fordern Experten den

    Kraftwerksbetreiber auf die Umgebung seismisch zu beobachten, nachdem sie in

    ihrem Gutachten das geothermische Heizkraftwerk fr die Erdbeben

    verantwortlich machen. [11]

    Infolge dessen muss der Betreiber den Volumenstrom des gefrderten

    Thermalwassers reduzieren, um weiteren Beben vorzubeugen. Das fhrt dazu,

    dass man mehr fossile Zusatzenergie bentigt, um die Wrme fr das

    Fernwrmenetz bereitzustellen. Diese zustzlichen Kosten fhren dazu, dass das

    Kraftwerk keinen Gewinn mehr abwirft, sondern Schulden macht.

    Der Energieversorger Energie Sdwest, der zusammen mit den Pfalzwerken

    Geldgeber fr das Projekt ist, will nach [12] aus dem Projekt aussteigen. Noch

    Anfang 2012 soll ber Ausstiegsszenarien verhandelt werden. Dem Projekt droht

    ohne Geldgeber der Bankrott.

  • FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 15 von 15

    Literaturverzeichnis

    [1] M. Kaltschmitt, E. Huenges und H. Wolff, Energie aus Erdwrme, Heidelberg,

    Spektrum Akademischer Verlag, 2009.

    [2] V. Wesselak und T. Schabbach, Regenerative Energietechnik, Heidelberg,

    Springer Verlag Berlin, 2009.

    [3] M. Kaltschmitt, W. Streicher und A. Wiese, Erneuerbare Energien Systemtechnik

    Wirtschaftlichkeit Umweltaspekte, Berlin Heidelberg, Springer-Verlag, 2006, p. 547ff.

    [4] P. Loose, Erdwrmenutzung, Heidelberg, C.F. Mller, 2009, p. 17.

    [5] C. Kuck, Uni Stuttgart, 1 Februar 2011. [Online]. Available: http://www.ige.uni-

    stuttgart.de/fileadmin/ressourcenRedakteure/pdf/Vorlesung/Sonderprobleme/WS10_11

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    [6] BINE Informationsdienst, Tiefer Erdwrme auf der Spur, BINE Informationsdienst,

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    [7] BINE Informationsdienst, Geothermische Stromerzeugung in Landau, BINE

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    [8] VDI Nachrichten, 1 Dezember 2006. [Online]. Available: http://www.vdi-

    nachrichten.com/artikel/Unser-Kraftwerk-ist-die-Erde/30912/2. [Zugriff am 6 Januar

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    [9] Pfalzwerke, Pfalzwerke.de, 27 Oktober 2012. [Online]. Available:

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    [10] P. Bethge und C. Lauenstein, Das Beben von Landau, Der Spiegel, 39/2009.

    [11] Spiegel Online, Geothermiekraftwerk soll Beben ausgelst haben, 8 Dezember

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    [12] Allgemeine Zeitung, Geothermie-Kraftwerk in Landau droht das Aus, 15

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    [13] Heberle, www.geothermie.de, 17 November 2009. [Online]. Available:

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