Hegels Phänomenologie des Geistes - ReadingSample...Selbstreinigung, der Selbsterkenntnis des...

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suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1876 Hegels Phänomenologie des Geistes Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne Bearbeitet von Wolfgang Welsch, Klaus Vieweg Originalausgabe 2008. Taschenbuch. 690 S. Paperback ISBN 978 3 518 29476 5 Format (B x L): 10,8 x 17,7 cm Gewicht: 414 g Weitere Fachgebiete > Philosophie, Wissenschaftstheorie, Informationswissenschaft > Philosophie: Allgemeines > Westliche Philosophie: Deutscher Idealismus schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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  • suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1876

    Hegels Phänomenologie des Geistes

    Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne

    Bearbeitet vonWolfgang Welsch, Klaus Vieweg

    Originalausgabe 2008. Taschenbuch. 690 S. PaperbackISBN 978 3 518 29476 5

    Format (B x L): 10,8 x 17,7 cmGewicht: 414 g

    Weitere Fachgebiete > Philosophie, Wissenschaftstheorie, Informationswissenschaft >Philosophie: Allgemeines > Westliche Philosophie: Deutscher Idealismus

    schnell und portofrei erhältlich bei

    Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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  • Leseprobe

    Vieweg, Klaus / Welsch, WolfgangHegels Phänomenologie des Geistes

    Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne Herausgegeben von Klaus Vieweg und Wolfgang Welsch

    © Suhrkamp Verlagsuhrkamp taschenbuch wissenschaft 1876

    978-3-518-29476-5

    Suhrkamp Verlag

  • suhrkamp taschenbuchwissenschaft 1876

  • Vor 200 Jahren erschien Hegels Phänomenologie des Geistes, die zu einemSchlüsseltext der modernen Philosophie wurde. Im Anschluß an Hegel, dersein Jenaer Hauptwerk als eine Entdeckungsreise ins Wissen verstandenhat, würdigt der Band den Gang der Phänomenologie des Geistes in seinerGesamtheit und legt einen kooperativen Kommentar zu diesem Jahrtau-sendwerk vor, mit dem Ziel, Hegels Entdeckungsreise in ihren entscheiden-den Wegstrecken nachzuzeichnen und ihre Bedeutung für die zeitgenössi-sche Philosophie herauszuarbeiten. Die Beiträge international ausgewiese-ner Hegel-Experten widmen sich dabei dem Gang der Argumentation inder Phänomenologie, umspannen aber auch das gesamte Spektrum des He-gelschen Denkens im Lichte aktueller philosophischer Debatten. Entstan-den ist ein umfassender Kommentarband, der insbesondere für Studierendeein unverzichtbares Hilfsmittel bei der Erschließung dieses Werks und derPhilosophie Hegels überhaupt sein wird.

    Klaus Vieweg ist Professor für klassische deutsche Philosophie an der Fried-rich-Schiller-Universität Jena.Wolfgang Welsch ist Professor für Theoretische Philosophie an der Fried-rich-Schiller-Universität Jena. Im Suhrkamp Verlag ist zuletzt von ihmerschienen: Vernunft. Die zeitgenössische Vernunftkritik und das Konzept dertransversalen Vernunft (stw 1238).

  • Hegels Phänomenologiedes Geistes

    Ein kooperativer Kommentarzu einem Schlüsselwerk

    der Moderne

    Herausgegeben von Klaus Viewegund Wolfgang Welsch

    Suhrkamp

  • Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

    in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1876Erste Auflage 2008

    © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2008Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

    des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragungdurch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

    Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)

    ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziertoder unter Verwendung elektronischer Systemeverarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

    Umschlag nach Entwürfenvon Willy Fleckhaus und Rolf StaudtSatz: TypoForum GmbH, Seelbach

    Druck: Druckhaus Nomos, SinzheimPrinted in Germany

    ISBN 978-3-518-29476-5

    1 2 3 4 5 6 – 13 12 11 10 09 08

  • Vorwort

    Die Phänomenologie des Geistes ist Hegels frühes, epochemachendesWerk. Einem zeitgenössischen Bericht zufolge im Oktober 1806 un-ter dem Kanonendonner der Schlacht bei Jena vollendet, hat diesesBuch zweihundert Jahre lang breiter gewirkt als die in Nürnberg ent-standene Logik oder die Heidelberg-Berliner Enzyklopädie. Die Phä-nomenologie des Geistes hat Hegels Ruhm in der philosophischen Weltbegründet. Ursprünglich als »Wissenschaft der Erfahrung des Be-wußtseins« angelegt, im Verlauf der Ausarbeitung aber zu einer »Phä-nomenologie des Geistes« umgestaltet, bietet das Werk ein Kompen-dium sämtlicher Formen des Bewußtseins in systematischer Reihungund zugleich einen Durchgang durch die Formen der Kultur undGeschichte. Die große Konkretion, mit der die philosophische Refle-xion hier verbunden ist, hat bewirkt, daß das Werk bis heute über diePhilosophie hinaus ungemein anziehend ist: für Geistes- und Kultur-wissenschaftler jeder Richtung sowie für jeden, der nach umfassenderBildung sucht.

    Der hier vorgelegte kooperative Kommentar geht auf eine von denHerausgebern im Oktober 2006 in Jena organisierte Tagung zu-rück, die es sich zur Aufgabe machte, die Phänomenologie des GeistesKapitel für Kapitel zu analysieren und gemeinsam zu diskutieren.Das Augenmerk galt sowohl der Stringenz der einzelnen Kapitel wieder Schlüssigkeit der Gesamtkonzeption. Dementsprechend enthältder Kommentar Darstellungen sämtlicher Kapitel des Werkes undzusätzlich einige Beiträge, die sich der Gesamtkonzeption widmen.Ziel ist die Erschließung dieses Hauptwerks der modernen Philoso-phie für Leser von innerhalb wie außerhalb der Philosophie. Es galteinerseits, das Reflexionsniveau des heutigen Philosophierens einzu-bringen und sich von bloßer Hegelei fernzuhalten, andererseits aberauch nicht zeitgenössische Auffassungen einfach zum Maß dessen zumachen, was an Hegel richtig sein kann und was nicht, sondern sichgegebenenfalls durch Hegel auch belehren und korrigieren zu lassen.

    Die Herausgeber danken etlichen Institutionen und Personen da-für, daß sie die Tagung sowie die Publikation der Erträge ermöglichthaben: der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Istituto Italia-no per gli Studi Filosofici, der Stiftung für Technologie, Innovationund Forschung Thüringen, Herrn Prof. Dr. Klaus Dicke und Herrn

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  • Dr. Klaus Kübel als Rektor bzw. Kanzler der Universität Jena, sowievielen inspirativen und hilfreichen Geistern: allen voran Dr. RalfBeuthan, dem Leiter des Organisationsteams, ferner Dr. TommasoPierini, Katja Grundig de Vazquez, Claudia Miloschewski, Chri-stian Oertel, Sascha Pahl, Michael Raschke, Katja Weber, ClaudiaWirsing, Björn Vinx und Folko Zander. Unser ganz besondererDank gilt den Beiträgern, die eine Woche lang intensiv miteinanderdiskutiert und die Ergebnisse der gemeinsamen Auseinandersetzungin ihre Beiträge aufgenommen haben.

    Wir hoffen, daß der so entstandene Kommentar für viele – fürNovizen wie Experten – ein hilfreicher Begleiter bei der Lektüre die-ses Schlüsselwerks des modernen Denkens sein wird.

    Jena, im Mai 2008Klaus Vieweg und Wolfgang Welsch

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  • Inhalt

    Zur Gesamtkonzeption des Werkes

    Robert PippinEine Logik der Erfahrung? Über Hegels

    Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3Eckart FörsterHegels Entdeckungsreisen. Entstehung und Aufbau der

    Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Rolf-Peter HorstmannHegels Phänomenologie des Geistes als Argument für eine

    monistische Ontologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Ralf BeuthanHegels phänomenologischer Erfahrungsbegriff . . . . . . . . . . . 79Sally SedgwickErkennen als ein Mittel. Hegels Kant-Kritik

    in der Einleitung zur Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

    Abschnitt A. Bewußtsein

    Ryosuke OhashiDie Tragweite des Sinnlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 5Anton Friedrich KochSinnliche Gewißheit und Wahrnehmung. Die beiden ersten

    Kapitel der Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3 5Brady BowmanKraft und Verstand. Hegels Übergang zum Selbstbewußtsein

    in der Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 3

    Abschnitt B. Selbstbewußtsein

    Christian KlotzKritik und Transformation der Philosophie

    der Subjektivität in Hegels Darstellung der Erfahrungdes Selbstbewußtseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1

    Axel HonnethVon der Begierde zur Anerkennung. Hegels Begründung

    von Selbstbewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 87

  • Pirmin Stekeler-WeithoferWer ist der Herr, wer ist der Knecht? Der Kampf zwischen

    Denken und Handeln als Grundformjedes Selbstbewußtseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

    Remo BodeiAn den Wurzeln des Verhältnisses von Herrschaft und

    Knechtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238Jindrich KarásekDas Andere seiner selbst. Zur Logik der

    Anerkennungstheorie in der Phänomenologie des Geistes . . . 25 3Ella CsikósZu Hegels Interpretation des Skeptizismus . . . . . . . . . . . . . . 270Italo TestaSelbstbewußtsein und zweite Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

    Abschnitt C. (AA) Vernunft

    Tommaso PieriniDie Beobachtung der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1 1Michael Quante›Die Vernunft unvernünftig aufgefaßt‹. Hegels Kritik der

    beobachtenden Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325Marco Aurélio WerleLiteratur und Individualität. Zur Verwirklichung des

    Selbstbewußtseins durch sich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 50John McDowellZur Deutung von Hegels Handlungstheorie

    im Vernunftkapitel der Phänomenologie des Geistes . . . . . . . 369Michael ForsterDas geistige Tierreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

    Abschnitt C. (BB) Der Geist

    Ludwig SiepMoralischer und sittlicher Geist in Hegels Phänomenologie . . 41 5Ulrich SchlösserHandlung, Sprache, Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

  • Erzsébet RózsaHegels Antigone-Deutung – Zum Status der praktischen

    Individualität in der Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . 45 5Oscar Daniel BrauerHegels Aufklärung der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474Christoph HalbigDie Wahrheit des Gewissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489Allen SpeightWas ist das Schöne an der schönen Seele? Hegel und die

    ästhetischen Implikationen der letzten Entwicklungsstufedes Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504

    Abschnitt C. (CC) Die Religion

    Felix DuqueDas Innere der Natur – Hegel über die natürliche Religion

    in der Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523Terry PinkardAutorität und Kunst-Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540Francesca MenegoniDie offenbare Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562

    Abschnitt C. (DD) Das absolute Wissen

    Klaus ViewegReligion und absolutes Wissen. Der Übergang von der

    Vorstellung zum Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1Hans Friedrich FuldaDas erscheinende absolute Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601

    Ausblick

    Vittorio HösleNach dem absoluten Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627Wolfgang WelschAbsoluter Idealismus und Evolutionsdenken . . . . . . . . . . . . . 65 5

    Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689

  • Hinweis zur Zitierweise

    Hegels Werke werden soweit möglich nach der Theorie-Werkausgabe(TWA), hg. v. Karl-Markus Michel/Eva Moldenhauer, Frankfurt amMain 1986 ff., zitiert. Dort nicht enthaltene Schriften werden nachden Gesammelten Werken (GW), hg. v.d. Rheinisch-WestfälischenAkademie der Wissenschaften, Hamburg 1968 ff., zitiert.

    Alle in Klammern stehenden Seitenzahlen ohne nähere Angabeentstammen der Phänomenologie des Geistes nach der TWA. Die bei-den letzten Texte dieses Bandes beschäftigen sich mit Hegels ge-samtem Werk und sind deshalb von der letztgenannten Regelungausgenommen.

    Weitere Abkürzungen, die den gesamten Band hindurch in denAnmerkungen benutzt werden, sind PhG für die Phänomenologie desGeistes, Enz für die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaftenim Grundrisse sowie WL für die Wissenschaft der Logik.

  • Zur Gesamtkonzeptiondes Werkes

  • Robert B. PippinEine Logik der Erfahrung ?

    Über Hegels Phänomenologie des Geistes

    I

    Hegels Charakterisierungen der neuen, von ihm entwickelten philo-sophischen Form, der Phänomenologie des Geistes, stellen vor allemdeswegen ein Problem dar, weil sie so zahlreich sind. Bei einigenhandelt es sich um klar erkennbare Reformulierungen oder Spezifi-zierungen anderer, in vielen Fällen aber scheinen die Beschreibun-gen inkonsistent zu sein oder unterschiedliche Perioden in HegelsDenken widerzuspiegeln, das sich während der Jenaer Zeit zwischen1802 und 1806 rasch entwickelte. Ursprünglich war eine Phänome-nologie eine »Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins«. Sie istauch eine »Wissenschaft der Phänomenologie des Geistes«. Sie stellteine Einführung in das wissenschaftliche System dar und bildetzugleich den ersten Teil eines solchen Systems. Die Enzyklopädiebezeichnet die Phänomenologie des Geistes als »die wissenschaftlicheGeschichte des Bewußtseins«. Im Hauptteil nennt Hegel das Werkden »Weg der Seele, welche die Reihe ihrer Gestaltungen, als durchihre Natur ihr vorgesteckter Stationen, durchwandert, daß sie sichzum Geiste läutere, indem sie durch die vollständige Erfahrung ihrerselbst zur Kenntnis desjenigen gelangt, was sie an sich selbst ist«(72). Berühmt ist seine Bezeichnung der Phänomenologie als »Wegdes Zweifels«, ja, als »Weg der Verzweiflung« (72), und als »ausführ-liche Geschichte der Bildung des Bewußtseins selbst zur Wissen-schaft« (73).

    Und das ist nur der Anfang. Gleich auf den ersten Seiten der »Ein-leitung« und in der »Vorrede« erhalten wir nicht nur eine Einfüh-rung, werden wir nicht nur mit dem ersten Teil des Systems, seinerSelbstreinigung, der Selbsterkenntnis des Geistes und der »Ge-schichte« der Bildung des natürlichen Bewußtseins bekannt ge-macht, sondern auch mit der »Einsicht des Geistes in das, was Wis-sen ist« (33), mit der »Leiter« zum Standpunkt der Wissenschaft, miteiner Darstellung, wie der Geist »[. . .] dem Negativen ins Angesichtschaut« und »bei ihm verweilt« (36), und wie man zu einem Ver-

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  • ständnis des »Wahren« als »des bacchantischen Taumels« gelangt,»an dem kein Glied nicht trunken ist; [. . .] weil jedes, indem es sichabsondert, ebenso unmittelbar [sich] auflöst« (46), und dies alles imbeständigen Kampf mit dem Zweifel und der Verzweiflung. In ei-nem etwas prosaischeren Bild der »Vorrede«, einem Bild, das Hegelseinzigartigen, schöpferischen Beitrag zur Philosophie in eindeutigerWeise kennzeichnet, bemerkt Hegel, daß die Phänomenologie desGeistes einem Bedürfnis dient, das für unser Zeitalter typisch ist:»[. . .] das Allgemeine zu verwirklichen und zu begeistern.« Sie er-reicht das »[. . .] durch das Aufheben der festen bestimmten Gedan-ken«, d.h., indem sie »die festen Gedanken in Flüssigkeit« bringtund auf diese Weise die »reinen Gedanken« zu »Begriffen«, nämlich»geistigen Wesenheiten« macht (37).

    Außerdem muß sich jeder ernsthafte Leser mit einer Anzahl alterund relativ ungelöster philologischer Fragen auseinandersetzen. Dagibt es zum einen das berühmte Problem der alternativen, auf ihreHauptlinien zurückgeführten Version der »Phänomenologie« in derEnzyklopädie und zum anderen Hegels eigene Zusammenfassungder Phänomenologie des Geistes – als »Propädeutikum« – für seineNürnberger Studenten. In beiden Zusammenfassungen schließt dasWerk mit dem Vernunft-Kapitel, was endlose Fragen im Hinblickauf zwei berühmte Problemkreise aufwirft: Fragen zur Rolle derBehandlung des historischen Geistes und der Religion im veröffent-lichten Werk und Fragen nach dem systematischen Ort der Phäno-menologie; entweder, auf der einen Seite, als Einführung oder Pro-pädeutikum, oder, auf der anderen Seite, als zweites Moment einerPhilosophie des subjektiven Geistes. Auch hinsichtlich der vermeint-lichen Einheit oder Unvollständigkeit des Textes (manches sprichtfür ein Palimpsest) und den, so scheint es, häufigen Sinnesänderun-gen Hegels in bezug auf sein System und seine Einleitung ergebensich komplizierte Fragen.

    Angesichts dieser Probleme möchte ich zunächst vier relativ un-umstrittene Thesen zu dem Buch vortragen, die in ihrer Gesamtheitunmittelbar zu der Frage führen, die ich untersuchen möchte. Er-stens, der Hauptgegensatz des Werkes besteht eindeutig zwischendem ursprünglichen Selbstverständnis in seiner Beziehung zur Welt,zu den eigenen Handlungen und zu anderen, zwischen dem also,was Hegel als Bewußtsein oder natürliches Bewußtsein oder manch-mal auch als den Blickwinkel des Verstandes bezeichnet, und dem

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  • erreichten Selbstverständnis als Geist. In einer traditionelleren phi-losophischen Terminologie würde dies eine neue Theorie der Sub-jektivität bezeichnen: was es heißt, ein erkennendes und handelndesSubjekt zu sein, sich eine Meinung zu Fakten und Ereignissen zu bil-den und sich zum Handeln zu entschließen, eine Theorie, die imGegensatz zur Cartesischen Wendung nach innen, zum KantischenTranszendentalismus, zum christlichen Dualismus und zu den Mo-dellen selbstbestimmten individuellen Handelns wie dem von Kantsteht. Worauf dieser neue Begriff von Subjektivität hinausläuft undwas der Geist ist, das ist sicher die zentrale Frage des Buches; derKern von Hegels Anspruch wird aber zweifellos am Ende der erstendrei Kapitel mitgeteilt, wo er verkündet: »Hiermit ist schon der Be-griff des Geistes für uns vorhanden«, und seine berühmte Ausgangs-bestimmung vorträgt: »Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist« (145).

    Zweitens, was immer die Phänomenologie des Geistes sonst seinmag, ihre Logik, die Art und Weise, wie sie ihre Argumentation vor-trägt, die sie zur letztlich erfolgreichen Selbsterkenntnis und Gesell-schaftlichkeit des Geistes liefern will, ist, allgemein gesprochen, ent-wickelnd und nicht deduktiv oder analytisch. Die späteren Teilegründen oder stützen sich – zumindest soviel kann man wohl sagen– auf das, was in den früheren Passagen durchscheint, insbesondereauf die Unangemessenheit oder Partikularität des Standpunktes, derin einem Teil eingenommen wird, und auf eine gewisse Verbesse-rung oder Korrektur oder eine umfassendere Perspektive.

    Einige Kommentatoren haben sogar behauptet, diese Entwick-lungslogik habe in Wirklichkeit einen narrativen Charakter und ihreLogik oder die Kohärenz ihrer Anordnung stehe der Logik eines Bil-dungsromans näher als einer logisch immer konsistenteren Behand-lung von immer selbstbewußteren Voraussetzungen. Das geht sicherzu weit, denn obwohl die Unklarheit des Anfangs, die man für eineeher dramatische oder literarische Vorstellung der narrativen Ent-wicklung anführen könnte, evident ist, weil Hegel auf der lebendigenund flüssigen Form einer solchen Rationalität besteht, will Hegel zei-gen, daß die Entwicklung und Selbstverwirklichung des Geistes einrationaler Prozeß ist.

    Drittens, die Maschine, die alles vorantreibt, ist die Negation ineinem allgemeinen Sinn, genauer gesagt ist es eine Art Selbst-Nega-tion. Das natürliche Bewußtsein ist, so heißt es, einer Art von ihmselbst ausgehender Gewalt ausgesetzt. Dem liegt die Vorstellung ei-

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  • nes Subjekts zugrunde, das einen Standpunkt, eine Weltorientierung,ein Selbstverständnis oder eine Praxis verkörpert, die dadurch ent-steht, daß das Subjekt (offenbar unumgänglich oder unvermeidlich)allmählich ein gewisses Ungenügen an seinen eigenen tiefsten Prin-zipien und Verpflichtungen entwickelt. Eine derartige Unzufrie-denheit, was immer das sein mag, ist nichts, was demjenigen, derSubjekt der Narration ist, zustößt, sie ist selbstverursacht. In der »Vor-rede«, wo Hegel fast das ganze Buch wie in eine Formel gepreßt dar-stellt, kommentiert er »[. . .] die Vermittlung des Sichanderswerdensmit sich selbst« und bestimmt, wie er das häufig tut, die wahremenschliche Subjektivität als »die reine einfache Negativität« (23).Diese beiden Vorstellungen – die sich entwickelnde Natur des Gei-stes und seine selbst-negierende Qualität – werden in der Enzyklopä-die in der recht paradoxen und häufig vorgenommenen Charakteri-sierung des Geistes als eines »Produktes seiner selbst« verbundenund bilden die Grundlage für die Behauptung, daß das Absolute»wesentlich Resultat [. . .] ist« (24).

    Viertens, und dieser Punkt ist der wichtigste, sagt Hegel explizit,daß diese Wendung gegen sich selbst nicht zu verwechseln sei mitdem, was wir unter kritischem Nachdenken verstehen, dem Versuch,ungeprüfte Annahmen zu überprüfen, nichts als gegeben hinzuneh-men, selbst zu denken und nicht blind der Führung anderer zu fol-gen; allgemein gesprochen, darauf zu achten, ob man eine Normoder ein Prinzip, dem man sich verpflichtet fühlt, reflexiv verteidi-gen kann. Denn, wie Hegel in der »Einleitung« kurz erläutert, müs-sen alle Versuche dieser Art genau die Sünde begehen, gegen diesie auftreten: Jeder bestimmte Versuch einer solchen Reflexion mußals Maßstab oder Kriterium etwas Unreflektiertes enthalten, damitman überhaupt voranschreiten kann. Besonders möchte ich beto-nen, daß Hegel sagt, in der Phänomenologie des Geistes gehe es nichtum die Geschichte oder nicht in erster Linie um die Geschichte ei-ner derartigen Erziehung, als handele es sich um eine SokratischeErweiterung dessen, was im Leben oder in einer Kultur überprüftwird. In den wichtigsten Abschnitten der »Einleitung« stellt Hegelzunächst fest, daß der Zweifel, um den es in diesem Buch geht, nichtder üblichen Vorstellung vom Zweifel entspricht, den er »ein Rüt-teln an dieser oder jener vermeinten Wahrheit« nennt. Er sprichtstatt dessen von »diesem sich vollbringende[n] Skeptizismus« (72)und von einer Erfahrung des Sich-Verirrens, die so tiefgreifend ist,

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  • daß sie den Verlust seiner selbst einschließt. Dies alles stellt er expli-zit der Redewendung gegenüber, mit der Kant das praktische Mottoder Aufklärung definiert hatte: sapere aude. Für manche Kommenta-toren (wie zum Beispiel Ludwig Siep) entspricht dieser Unterschiedeinem Unterschied in den Sinngehalten der Erfahrung, auf die Hegelsich beruft.1

    1 Siep, Ludwig, Der Weg der Phänomenologie des Geistes. Ein einführender Kommentarzu Hegels ›Differenzschrift‹ und ›Phänomenologie des Geistes‹, Frankfurt am Main2000, S. 63 f.

    Der kritische, reflexive Sinn bezieht sich bloß auf dieKorrektur falscher Glaubensvorstellungen und setzt an deren Stellezwar keine wahren, aber doch durch die Erfahrung besser begrün-dete Glaubensvorstellungen. Der dramatischere Sinn, den Hegel imAuge zu haben scheint, befindet sich in größerer Nähe zu einer völli-gen Umkehrung des Bewußtseins oder einer Konversion, einer Ver-änderung, bei der wir an religiöse Erfahrungen oder eine tiefgrei-fende politische Sinnesänderung denken. Ich denke, es trifft zu, daßHegel eher an die letzte Art von Erfahrung denkt, und darin liegt dasProblem. Denn diese Form ist genau die Form, von der wir anneh-men, daß sie mit ziemlicher Sicherheit keinen logos, keine Rechtferti-gung besitzt. Sie scheint uns zuzustoßen, aus vielerlei Gründen, unddie Vorstellung, daß wir das in Wirklichkeit selber ins Werk setzenund es eine Wissenschaft von der Erfahrung in diesem Sinn, daß eseine Logik in einer solchen Erfahrung als Teil einer kollektiven ziel-gerichteten Aktivität geben könnte, scheint allem zu widersprechen,was wir wissen.2

    2 Diese beiden Streitfragen – daß eine derartige Erfahrung selbst gemacht und daß sierational erklärbar ist – sind miteinander verbunden. Das Verbindungsglied könnteKants Moderne sein: die Behauptung, daß die Vernunft nur das am besten kennt,was sie macht, daß die Vernunft nur sich selbst kennt.

    So wirft die Frage des Geistes die Frage nach dem Status derGesellschaftlichkeit (im Gegensatz zu reflektierten Individuen undselbstbestimmt Handelnden), nach der Natur einer Entwicklungs-logik oder einer Form rationaler Entwicklung von lebendigen, sichbewegenden, flüssigen Begriffen und der etwas masochistischen Vor-stellung der Selbst-Negation auf. Die letzte Frage ermöglicht meinerMeinung nach den besten Ausblick auf die anderen: Warum beruftHegel sich hier auf einen selbst auferlegten Zweifel, der an Verzweif-lung grenzt, um die Natur der phänomenologischen Entwicklung zubeschreiben, und wenn es nicht der »Zweifel ist, daß meine Vorstel-

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  • lungen vielleicht nicht wahr sind« oder der Zweifel, ob »ich wirklichdas Recht habe, normative Ansprüche zu erheben, wie ich es tue«,um was für eine Art von Zweifel oder Verzweiflung handelt es sichdann? Mit einem anderen eindrucksvollen Bild gesprochen, dasHegel viel später in der Phänomenologie des Geistes verwendet, umdas Problem zu beschreiben, vor das uns der Geist stellt (das er ingleicher Allgemeinheit am Anfang seiner Vorlesungen über die Ästhe-tik wiederholt): Was heißt es, wenn man sagt, daß der Geist odersogar die menschliche Existenz selbst wie eine Wunde ist, die man (1)sich selbst zugefügt hat und die (2) der Geist selbst heilen kann und,noch erstaunlicher, (3) eine, die nach ihrer Heilung keine Narbenhinterläßt? Anders ausgedrückt: Wittgensteinianer sprechen manch-mal davon, durch ein Bild gefangengenommen oder ergriffen zu sein.Hegel scheint sich dagegen der Frage zuzuwenden, was es für ein»Bild« oder eine Gestalt des Geistes heißt, den Griff zu lockern,keine Loyalität mehr zu verlangen, in gewisser Weise zu scheitern,und das alles in einer Art und Weise, die nicht bloß eine soziologischeoder historische, sondern eine philosophische Erklärung zuläßt. Hegelscheint tatsächlich anzunehmen, daß die Heilung dieser Verluster-fahrung, eine so erfolgreiche Heilung, daß keine Narben zurückblei-ben, genau darin besteht, daß man in einem solchen Prozeß einenphilosophischen Sinn erkennt. Dazu ist natürlich eine Antwort aufdie wichtigste Frage nötig: Was heißt es, »absolutes Wissen« erlangtzu haben, und inwiefern kann man von diesem sagen, es heile dieWunde der Existenz ohne Narben?

    Es liegt auf der Hand, daß uns diese Frage dazu zwingt, unserAugenmerk auf die überraschend wenigen »metaphänomenologi-schen« Abschweifungen in der Phänomenologie des Geistes über diePhänomenologie des Geistes zu richten, und eine sozusagen demytho-logisierende Arbeit von uns verlangt, eine Vorgehensweise, bei derdie Begriffe Wunde, selbst zugefügt/selbst auferlegt, heilen, Narben,Flüssigkeit, dem Tod ins Angesicht sehen und Gewalt weniger meta-phorisch und mehr prosaisch erscheinen. Hierbei werde ich im fol-genden kurz verweilen.

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  • II

    Vorher muß man jedoch ein Interpretationsproblem ansprechen. Diehier zitierte Sprache hat einen sehr dramatischen Ton und scheint aufdas existentielle Scheitern einer Gestalt des Geistes zu verweisen, dassich vielleicht so auch in der attischen Tragödie oder der Franzö-sischen Revolution manifestiert. Doch gibt es in der Phänomenolo-gie des Geistes eine große Anzahl von Übergangsstadien, die offenbarkeine derartige Vorstellung des Scheiterns enthalten. In diesem Zu-sammenhang erinnern wir uns an die ersten drei Kapitel sowie an diezahlreichen Übergangsstadien des fünften Kapitels. Mit der Er-kenntnis, daß Unterscheidung durch Erfahrung die aktive Tätigkeitdes Verstandes erfordert, oder mit der Erkenntnis, daß die Physio-gnomie sich selbst widerlegt, scheint keine Verzweiflung, kein küh-nes dem Tod ins Angesicht Schauen, keine Zögerlichkeit gegenüberdem Negativen, keine religiöse Konversion verbunden.

    Ich vermute, daß Hegel in der Phänomenologie des Geistes zweiunterschiedliche Fragen im Auge hat, Fragen, die getrennt gestelltwerden müssen, wenn man sowohl verstehen will, warum der Geistphänomenologisch verstanden werden muß, als auch, was es heißt,den Geist phänomenologisch zu verstehen; ein Ansatz, der vomsechsten Kapitel an sehr viel stärker an die historische Wirklichkeitgebunden erscheint. Es besteht also mit anderen Worten ein Unter-schied zwischen der Frage nach möglichen Modellen für ein erken-nendes und handelndes Subjekt oder vermeintlichen Kandidatenfür einen solchen Status, die eigentlich nicht als Erfahrungsmodelledienen können, weil sie fragmentarische, partikulare und daher ent-stellte »Gestalten« eines möglicherweise erfahrenden Subjekts auf-weisen, und auf der anderen Seite einer sich selbst auflösenden,wirklichen (wie er sie nennt) Erfahrung im umfassenden Sinn, erfah-ren durch eine historische Gestalt des Geistes, die jetzt hinreichendkomplex verstanden wird, um als vollständiges Subjekt der Erfah-rung zu gelten, von dem man aber zeigen kann, daß es gerade da-durch seine eigene Zufriedenheit auflöst. Diese Unterscheidung,zwischen einem Subjekt, das keinesfalls ein mögliches Erfahrungs-modell sein kann, und einem tatsächlich erfahrenden Subjekt, vondem man zeigen kann, daß es seine eigene Unfähigkeit erfährt, Ver-pflichtungen zu erfüllen oder zu erkennen, ist nicht zweifelsfrei undleicht zu treffen, und an einigen Stellen wird im Text zugegebener-

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  • maßen nicht klar, wie Hegel diese Möglichkeiten organisiert. Manch-mal erscheint die Berufung auf das geistige Leben und die Flüssig-keit der Begriffe bloß wie eine etwas gezwungene Personifizierungvon Positionen in der Epistemologie oder den Freiheitstheorien, inder repräsentative Figuren dafür und dagegen argumentieren. Ananderen Stellen scheint Hegel sich statt dessen auf eine Art existen-tieller Logik zu berufen oder eine andere Art von Unzulänglichkeitoder Versagen zu demonstrieren, wie in der Darstellung der Franzö-sischen Revolution oder von Rameaus Neffe. An wieder anderenStellen scheinen beide Strategien im Spiel zu sein, wie in den Parado-xien der Herrschaft, die sowohl begrifflicher Art (erzwungene Aner-kennung ist keine Anerkennung) als auch – in Ermangelung einesbesseren Begriffs – existentieller Art sind (es liegt etwas Unbefriedi-gendes darin, von jemandem anerkannt zu werden, den man selbstnicht anerkennt).3

    3 An diesem Punkt könnte man meiner Position gegenüber auch folgenden kritischenEinwand erheben: Wenn Hegel sagen will, daß die Phänomenologie des Geistes wirk-lich erst mit dem sechsten Kapitel beginnt, hätte er das mitteilen können. Ich versu-che zu zeigen, daß er in einem gewissen Sinn genau das behauptet.

    Formal ist diese Argumentationsweise Hegel jedoch keineswegsfremd. In seiner Rechtsphilosophie sind das Abstrakte Recht und dieMoralität keine unterschiedlichen Erfahrungsstufen, keine Teilalter-nativen zu dem, was sich als Sittlichkeit erweisen wird. Das Versagensolcher begrenzter, vermeintlicher Formen normativer Gesinnungresultiert genau aus dem zum Scheitern verurteilten Versuch, sie alsunabhängig von der Sittlichkeit und ihr vorausliegend zu denken.Am Ende des Teils über Moralität formuliert er im Gegensatz zueiner solchen Auffassung: »Das Rechtliche und das Moralische kannnicht für sich existieren, und sie müssen das Sittliche zum Trägerund zur Grundlage haben.«4

    4 TWA 7, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 291, § 141 Zusatz.

    Von diesen früheren Stufen kann mannicht sagen, sie wirkten wirklich erzieherisch oder bildend in derWeise, wie man das über Erfahrungen in der Familie oder der mo-dernen bürgerlichen Gesellschaft tatsächlich sagen kann, sie bildetenwirklich einen reichen, lebendigen Sinn für die Beziehung zwischenIndividualität und Universalität in einer rationalen Lebensform aus.In § 190 geht er so weit, bei der Erklärung der Unterschiede zwi-schen den Abstraktionen Person, Subjekt und den konkreten Aspek-ten der Sittlichkeit zu behaupten, nur in einer fortgeschritteneren

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