Heißes Eisen: Öko-Stahl und Hightech-Simulationen · Wettbewerbsfähigkeit der europäischen...

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Forschen, entwickeln, simulieren, umsetzen. Um die weltweit steigende Stahlproduktion mit den globalen Herausfor- derungen in Einklang zu bringen, braucht es neueste Technologien, kluge Köpfe, Weitblick und Mut zur Innovation. Heißes Eisen: Öko-Stahl und Hightech-Simulationen V ieles aus der metallur- gischen Industrie er- innert zwar an die mo- derne Alchemie, doch es stecken jahrelange For- schung, innovative Ent- wicklungen, ein enormes fachliches Know-how sowie viel Hochtechnologie da- hinter. Nur so können bei- spielsweise die riesigen Hochtemperatur-Prozess- anlagen der Stahlindustrie nicht nur einwandfrei, son- MARTIN EEDER WILKE - DAS FOTOSTUDIO „Man könnte Stahl direkt aus Eisen- erzen mittels Wasserstoffplasma statt Kohlenstoff herstellen.“ Prof. DI Dr. Johannes Schenk Geschäftsführer K1-MET GmbH K1-MET dern immer noch effizienter und damit umweltfreundli- cher funktionieren, Schließlich steht heute die europäische Eisen- und Stahlindustrie mehr denn je im Spannungsfeld des inter- nationalen Wettbewerbs der Industrie, Wirtschafts- und Umweltpolitik. Denn seit 2000 hat sich die Stahl- produktion weltweit ver- doppelt, was diese industri- elle Produktion mit 2,3 % der weltweiten CO2-Emis- sionen vor neue Herausfor- derungen in Bezug auf die angestrebten Klimaschutz- ziele stellt. Ohne Stahl keine Zukunft Fest steht: Stahl ist der domi- nierende metallische Konst- ruktionswerkstoff der Ge- sellschaft des 21. Jahrhun- derts. Prognosen aus den 1990er Jahren, dass Stahl durch andere Werkstoffe wie z.B. Aluminium ersetzt werde, haben sich nicht er- füllt. Mit einer globalen Pro- duktion von 1,665 Mrd. Ton- nen im Jahr 2014 beweist Stahl seine Stärke, nicht zu- letzt aufgrund seiner Festig- keits- und Verformungsei- genschaften, aber auch sei- ner Nachhaltigkeit aufgrund seiner exzellenten Recyc- lingfähigkeit. Da die Stahlproduktion aber zugleich ein großer CO2-Emittent ist, werden in- novative und CO2-reduzierte Herstellungsverfahren im- mer essenzieller, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlindustrie zu sichern. Hinzu kommen neue Hightech-Stahlsorten für immer dünnere Wand- stärke mit höheren Festigkei- ten, innovative Produktions- prozesse mit hohem Automa- tisierungsgrad und exzellent ausgebildete MitarbeiterInn- en als entscheidende Fakto- ren. Auf europäischer Ebene besteht mit der European Steel Technology Plattform (ESTEP) eine Initiative, wel- che die Weiterentwicklung der Stahlproduktion in der „Strategischen Forschungsa- genda 2030“ anstrebt und eng mit Industrie und For- schung zusammenarbeitet. Innovatives K1-MET Netzwerk In Österreich werden die laut ESTEP globalen langfristigen Entwicklungen in den vier Forschungsschwerpunkten der neu gegründeten K1- MET GmbH (35 % voestalpi- ne, 20 % Primetals Technolo- gies Austria, 35 % Montan- universität Leoben , 10 % Jo- hannes Kepler Universität Linz), dem unternehmens- übergreifenden Kompetenz- zentrum für metallurgische und umwelttechnische Ver- fahrensentwicklungen mit Sitz in Linz und Leoben, be- handelt: Nachhaltigkeit & Rohstoff- effizienz in der Metallurgie Entwicklung von Prozess- routen und deren Aufbau wie feuerfeste Werkstoffe Innovative Anlagentechnik und Steigerung der Energie- effizienz Modellierung & Simulati- on metallurgischer Prozesse Die beiden Geschäftsfüh- rer der K1-MET GmbH, DI Thomas Bürgler und Univ.- Prof. DI Dr. Johannes Schenk nennen als wichtigstes Ziel das Entstehen eines For- schungszentrums, das die bisherige Gliederung in bila- terale Partnerschaften auf- hebt, dessen wissenschaftli- ches Personal sich auf die Lö- sung verfahrenstechnischer Fragen konzentriert und dem prozessübergreifenden Fo- kus aufgrund der Komplexi- tät der anstehender Aufga- ben gerecht wird. Die Verbesserung der Prozesseffizienz besteht aus den Hauptparametern Ver- ringerung des Rohstoffein- satzes bzw. Erhöhung des Ausbringens und der Reduk- tion des Energieverbrauchs bzw. Erhöhung der Rückge- winnung. DI Bürgler, auch Forschungsleiter in der voes- talpine Stahl GmbH: „In die- sem Zusammenhang ist es wichtig, dass Nebenprodukte oder Abfälle nicht mehr als Material für die Deponierung gesehen werden, sondern als Quelle wertvoller Rohstoffe, die durch spezielle Verfahren rückgewonnen werden und ,natürliche‘ Rohstoffe erset- zen. Der Begriff ,natürlich‘ kann aber schnell zu Verwir- rungen führen, denn z.B. die bei der Stahlherstellung ent- stehende Schlacke hat ihren Ursprung auch in ,natürli- chen‘ Rohstoffen wie Eisen- erz und Kalkstein.“ All diese Maßnahmen haben den Fokus, die Emis- sionen und den Ressourcen- verbrauch weiter zu senken. „Der Bedarf an Stahl steigt kontinuierlich an. Die CO2-Reduktion ist eine große Herausforderung.“ DI Thomas Bürgler Geschäftsführer K1-MET GmbH Das Endziel ist eine (beina- he) abfallfreie Produktion. Die Methoden, die dabei zum Einsatz kommen, ba- sieren auf einer engen Zu- sammenarbeit von Indus- trie und Universitäten mit einer Mischung aus Grund- lagenforschung, Computer- Modellierung, Laborexperi- menten und anwendungs- nahen Tests, die schlussend- lich industriell umgesetzt werden. Die K1-MET Simu- lationsplattform der Area Modellierung und Simulati- on soll bei der Zusammen- führung von Modellent- wicklung und Versuchser- gebnissen eine zentrale Rol- le spielen, um akademi- schen und industriellen Partnern zeitnah entspre- chende Werkzeuge zur Ver- fügung zu stellen. Darüber hinaus kommen die bereits erfolgreichen Open-Sour- ce-Projekte in die nächste Phase, etwa die CFDEM Software, die Gasströmun- gen und granulare Strö- mungen kombiniert. Diese Zusammenführung ist laut Metallurgie-Experten ex- trem wichtig zur Beschrei- bung von Gegenstromreak- toren oder Vorgängen in Wirbelschichten. Low Carbon Roadmap Der Übergang unserer schnell wachsenden Gesell- schaft von einer kohlenstoff- basierten auf eine kohlen- stoffarme Energie- und In- dustrieproduktion ist nicht nur globaler Megatrend, son- dern unumgänglich. In der metallurgischen Industrie wurde in den letzten 50 Jah- ren der Energiebedarf um 50 % reduziert, wobei die ther- modynamischen Grenzen fast erreicht sind. Dennoch werden auf Basis aktueller Werte weitere CO2-Redukti- onsziele angestrebt – von am- bitionierten minus 20 % bis zu visionären minus 80 % . Der Stahlindustrie stehen heute verschiedene Techno- logien zur Verfügung, um die CO2 Intensität in vernünfti- gem Ausmaß weiter zu redu- zieren, wobei auf hohe Inves- titionsvolumen und somit Er- haltung der Wettbewerbsfä- higkeit Bedacht genommen werden muss. Die beiden vor- rangigen Methoden der EU- Rohstahlproduktion sind die Hochofen/LD-Route und der Elektrolichtbogenofen. Wäh- rend beim Hochofen/LD- Prozess (60 % Anteil) Eisen- erze und Kohlenstoff die pri- mären Ressourcen sind, ent- steht beim Elektrolichtbo- genofen (40 % ) der Stahl aus Schrott. Da aber die Stahlpro- duktion laufend steigt und die Verfügbarkeit von hoch- wertigem Schrott entschei- dend ist, kann nicht beliebig von einer Verfahrensroute auf die andere gewechselt werden. Eine Alternative zu beiden Routen ist der Einsatz von direkt mit Erdgas redu- zierten Eisenerzen (DRI/HBI) im Elektrolicht- bogenofen. Wie wichtig solche tech- nologischen Fortschritte sind, belegen aktuelle Zah- len: Der Benchmark der CO2- Emissionen bei der Hoch- ofenroute liegt bei 1475 kg Wie metallurgische Prozesse mithilfe neuer Netzwerke und spektakulärer Methoden optimiert werden, um die Vision eines Stahls ohne CO2-Emissionen zu entwickeln. Und welchen Beitrag Österreich dazu leistet. pro Tonne Roheisen. Mit der Direktreduktion und dem Einsatz von DRI und HBI im Hochofenprozess oder Elekt- rolichtbogenofen lassen sich 10 bis 35 % Emissionsreduk- tion erreichen. DI Bürgler: „Dabei zeigt sich, dass die Stahlindustrie zwar best- möglich zum Erreichen der Klimaziele beitragen kann, aber das visionäre Ziel von minus 80 % bis 2050 ohne ei- ne radikale Energiewende hin zu einer kohlenstoffar- men und globalen wettbe- werbsfähigen Industrie nicht erreicht werden kann. Da die CO2-Reduktion angesichts des steigenden Stahlver- brauchs jedoch entscheidend ist, bedarf es in den nächsten Jahren einer weiter verstärk- ten Forschung mit Fokus auf kohlenstoffarmeTechnologi- en mit langfristigem Emissi- onsreduktions-Potential“. Stahl mit Öko-Wasserstoff Eine Vision, aus Eisenerzen ohne Kohlenstoff Stahl her- zustellen, ist die Wasserstoff- Plasma-Schmelzreduktion, die in den letzten drei Jahr- zehnten als Grundlagenfor- schungsprojekt am Lehrstuhl für Metallurgie an der Mon- tanuniversität Leoben im Rahmen von fünf Dissertatio- nen untersucht wurde. Das Potenzial, CO2-Emissionen mithilfe der Substitution fos- siler Ressourcen durch die kohlenstofffreie Quelle H2- Plasma zu vermeiden, ist groß. Das Ziel lautet: Stahl aus Ökowasserstoff mit Wasserdampf statt Kohlendi- oxid in der Luft. Die Stahlpro- duktion trägt aktuell 50 % der CO2-Emissionen der ös- terreichischen Industrie. Univ.-Prof. DI Dr. Johannes Schenk, der neben seiner lei- tenden Funktion bei der K1- MET GmbH auch den Lehr- stuhl für Metallurgie an der Montanuniversität Leoben leitet, erklärt das Prinzip da- hinter: Statt im Hochofen- prozess den Sauerstoff der Ei- senerze mit Kohlenstoff zu entfernen und anschließend im LD-Prozess aus dem Roh- eisen Stahl zu machen, könn- te Stahl direkt aus Eisenerzen mittels Wasserstoff in einem Plasmareaktor erschmolzen werden. Wenn der Wasser- stoff zu 100 % durch Elektro- lyse mit erneuerbarer elektri- scher Energie hergestellt würde, fielen keine Treib- hausgase mehr an. Allerdings funktioniert dieses Verfahren zur Zeit nur im Labormaß- stab von 100 g. Ziel der K1- MET GmbH ist es, dieses Ver- fahren um den Faktor 100 zu vergrößern. Damit wäre man zwar auch erst im Bereich von 10 kg, aber in diesem Schritt könnten verschiedene Tech- nologie zur Herstellung des Wasserstoffplasmas mitein- ander hinsichtlich ihrer Effi- zienz verglichen werden. Metallurgie-Experte DI Bürgler: „Jetzt werden die Vorarbeiten für eine neue Ge- neration von MetallurgInnen geleistet, die dann 2050 Stahl entsprechend der Low-Car- bon-Roadmap erzeugen. “ . · · ······································································· INTERNET www.k1-met.com · · ·································································································································································································· · · ·································································································································································································· Was genau geht in einem Reaktor bei Schüttungen vor sich? Faszinierende Simulationen. Die Struktur von Schüttungen bestimmt deren Gasdurchströ- mung sowie das Vermi- schungsverhalten und beein- flusst so auch die chemischen Reaktionen. Um die Wechselwir- kungen besser untersuchen zu können, werden z.B. mit Hilfe von CFDEM (Software, die Gas- und granulare Strömungen kombi- niert) Simulationen der Schüttung und der Durchströmung dargestellt. Das simulierte Ergebnis wird dann in Modellen beschrieben und mit Messungen verglichen. Darauf wie- derum bauen die Prozessoptimie- rung und der verringerte Ressour- ceneinsatz auf. K1-MET K1-MET K1-MET K1-MET K1-MET Simulation der Schüttung im COREX Einschmelzvergaser CFDEM Darstellung des Materialflusses im Hochofen Roheisen- und Stahlproduktion: Um die Effizienz zu steigern, muss der Rohstoffeinsatz kontinuierlich verringert werden. Die Reduktion des Energieverbrauchs wird durch eine optimierte Rückgewinnung erreicht Vom Eisenerz bis zur Stahlbramme: neue Technologien für die Metallurgie

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Forschen, entwickeln, simulieren, umsetzen. Um die weltweit steigende Stahlproduktion mit den globalen Herausfor-derungen in Einklang zu bringen, braucht es neueste Technologien, kluge Köpfe, Weitblick und Mut zur Innovation.

Heißes Eisen: Öko-Stahl und Hightech-Simulationen

Vieles aus der metallur-gischen Industrie er-innert zwar an die mo-

derne Alchemie, doch esstecken jahrelange For-schung, innovative Ent-wicklungen, ein enormesfachliches Know-how sowieviel Hochtechnologie da-hinter. Nur so können bei-spielsweise die riesigenHochtemperatur-Prozess-anlagen der Stahlindustrienicht nur einwandfrei, son-

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„Man könnte Stahldirekt aus Eisen-

erzen mittelsWasserstoffplasma

statt Kohlenstoffherstellen.“

Prof. DI Dr. Johannes SchenkGeschäftsführer K1-MET GmbH

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dern immer noch effizienterund damit umweltfreundli-cher funktionieren,Schließlich steht heute dieeuropäische Eisen- undStahlindustrie mehr denn jeim Spannungsfeld des inter-nationalen Wettbewerbsder Industrie, Wirtschafts-und Umweltpolitik. Dennseit 2000 hat sich die Stahl-produktion weltweit ver-doppelt, was diese industri-elle Produktion mit 2,3 %

der weltweiten CO2-Emis-sionen vor neue Herausfor-derungen in Bezug auf dieangestrebten Klimaschutz-ziele stellt.

OhneStahlkeineZukunftFest steht: Stahl ist der domi-nierende metallische Konst-ruktionswerkstoff der Ge-sellschaft des 21. Jahrhun-derts. Prognosen aus den1990er Jahren, dass Stahldurch andere Werkstoffe

wie z.B. Aluminium ersetztwerde, haben sich nicht er-füllt. Mit einer globalen Pro-duktion von 1,665 Mrd. Ton-nen im Jahr 2014 beweistStahl seine Stärke, nicht zu-letzt aufgrund seiner Festig-keits- und Verformungsei-genschaften, aber auch sei-ner Nachhaltigkeit aufgrundseiner exzellenten Recyc-lingfähigkeit.

Da die Stahlproduktionaber zugleich ein großerCO2-Emittent ist, werden in-novativeundCO2-reduzierteHerstellungsverfahren im-mer essenzieller, um dieWettbewerbsfähigkeit dereuropäischen Stahlindustriezu sichern. Hinzu kommenneue Hightech-Stahlsortenfür immer dünnere Wand-stärke mit höheren Festigkei-ten, innovative Produktions-prozessemithohemAutoma-tisierungsgrad und exzellentausgebildete MitarbeiterInn-en als entscheidende Fakto-ren. Auf europäischer Ebenebesteht mit der EuropeanSteel Technology Plattform(ESTEP) eine Initiative, wel-che die Weiterentwicklungder Stahlproduktion in der„Strategischen Forschungsa-genda 2030“ anstrebt undeng mit Industrie und For-schung zusammenarbeitet.

Innovatives K1-METNetzwerkIn Österreich werden die lautESTEP globalen langfristigenEntwicklungen in den vierForschungsschwerpunktender neu gegründeten K1-MET GmbH (35 % voestalpi-ne, 20 % Primetals Technolo-gies Austria, 35 % Montan-universität Leoben , 10 % Jo-hannes Kepler UniversitätLinz), dem unternehmens-übergreifenden Kompetenz-zentrum für metallurgischeund umwelttechnische Ver-fahrensentwicklungen mitSitz in Linz und Leoben, be-handelt:– Nachhaltigkeit & Rohstoff-effizienz in der Metallurgie– Entwicklung von Prozess-routenundderenAufbauwiefeuerfeste Werkstoffe– InnovativeAnlagentechnikund Steigerung der Energie-effizienz– Modellierung & Simulati-on metallurgischer Prozesse

Die beiden Geschäftsfüh-rer der K1-MET GmbH, DIThomas Bürgler und Univ.-Prof. DI Dr. Johannes Schenknennen als wichtigstes Zieldas Entstehen eines For-schungszentrums, das diebisherige Gliederung in bila-terale Partnerschaften auf-hebt, dessen wissenschaftli-

ches Personal sich auf die Lö-sung verfahrenstechnischerFragenkonzentriertunddemprozessübergreifenden Fo-kus aufgrund der Komplexi-tät der anstehender Aufga-ben gerecht wird.

Die Verbesserung derProzesseffizienz besteht ausden Hauptparametern Ver-ringerung des Rohstoffein-satzes bzw. Erhöhung desAusbringens und der Reduk-tion des Energieverbrauchsbzw. Erhöhung der Rückge-winnung. DI Bürgler, auchForschungsleiter in der voes-talpine Stahl GmbH: „In die-sem Zusammenhang ist eswichtig,dassNebenprodukteoder Abfälle nicht mehr alsMaterial fürdieDeponierunggesehen werden, sondern alsQuelle wertvoller Rohstoffe,die durch spezielle Verfahrenrückgewonnen werden und,natürliche‘ Rohstoffe erset-zen. Der Begriff ,natürlich‘kann aber schnell zu Verwir-rungen führen, denn z.B. diebei der Stahlherstellung ent-stehende Schlacke hat ihrenUrsprung auch in ,natürli-chen‘ Rohstoffen wie Eisen-erz und Kalkstein.“

All diese Maßnahmenhaben den Fokus, die Emis-sionen und den Ressourcen-verbrauch weiter zu senken.

„Der Bedarf an Stahlsteigt kontinuierlich

an. DieCO2-Reduktion ist

eine großeHerausforderung.“

DI Thomas BürglerGeschäftsführer K1-MET GmbH

Das Endziel ist eine (beina-he) abfallfreie Produktion.Die Methoden, die dabeizum Einsatz kommen, ba-sieren auf einer engen Zu-sammenarbeit von Indus-trie und Universitäten miteiner Mischung aus Grund-lagenforschung, Computer-Modellierung, Laborexperi-menten und anwendungs-nahen Tests, die schlussend-lich industriell umgesetztwerden. Die K1-MET Simu-lationsplattform der AreaModellierung und Simulati-on soll bei der Zusammen-führung von Modellent-wicklung und Versuchser-gebnissen eine zentrale Rol-

le spielen, um akademi-schen und industriellenPartnern zeitnah entspre-chende Werkzeuge zur Ver-fügung zu stellen. Darüberhinaus kommen die bereitserfolgreichen Open-Sour-ce-Projekte in die nächstePhase, etwa die CFDEMSoftware, die Gasströmun-gen und granulare Strö-mungen kombiniert. DieseZusammenführung ist lautMetallurgie-Experten ex-trem wichtig zur Beschrei-bung von Gegenstromreak-toren oder Vorgängen inWirbelschichten.

Low Carbon RoadmapDer Übergang unsererschnell wachsenden Gesell-schaft von einer kohlenstoff-basierten auf eine kohlen-stoffarme Energie- und In-dustrieproduktion ist nichtnur globaler Megatrend, son-dern unumgänglich. In dermetallurgischen Industriewurde in den letzten 50 Jah-ren der Energiebedarf um 50% reduziert, wobei die ther-modynamischen Grenzenfast erreicht sind. Dennochwerden auf Basis aktuellerWerte weitere CO2-Redukti-onszieleangestrebt–vonam-bitionierten minus 20 % biszu visionären minus 80 % .

Der Stahlindustrie stehenheute verschiedene Techno-logien zur Verfügung, um dieCO2 Intensität in vernünfti-gem Ausmaß weiter zu redu-zieren, wobei auf hohe Inves-titionsvolumen und somit Er-haltung der Wettbewerbsfä-higkeit Bedacht genommenwerdenmuss.Diebeidenvor-rangigen Methoden der EU-Rohstahlproduktion sind dieHochofen/LD-Route und derElektrolichtbogenofen. Wäh-rend beim Hochofen/LD-Prozess (60 % Anteil) Eisen-erze und Kohlenstoff die pri-mären Ressourcen sind, ent-steht beim Elektrolichtbo-genofen (40 % ) der Stahl ausSchrott.DaaberdieStahlpro-duktion laufend steigt unddie Verfügbarkeit von hoch-wertigem Schrott entschei-dend ist, kann nicht beliebigvon einer Verfahrensrouteauf die andere gewechseltwerden. Eine Alternative zubeiden Routen ist der Einsatzvon direkt mit Erdgas redu-zierten Eisenerzen(DRI/HBI) im Elektrolicht-bogenofen.

Wie wichtig solche tech-nologischen Fortschrittesind, belegen aktuelle Zah-len:DerBenchmarkderCO2-Emissionen bei der Hoch-ofenroute liegt bei 1475 kg

Wie metallurgische Prozesse mithilfe neuer Netzwerke und spektakulärer Methoden optimiert werden, um dieVision eines Stahls ohne CO2-Emissionen zu entwickeln. Und welchen Beitrag Österreich dazu leistet.

pro Tonne Roheisen. Mit derDirektreduktion und demEinsatz von DRI und HBI imHochofenprozess oder Elekt-rolichtbogenofen lassen sich10 bis 35 % Emissionsreduk-tion erreichen. DI Bürgler:„Dabei zeigt sich, dass dieStahlindustrie zwar best-möglich zum Erreichen derKlimaziele beitragen kann,aber das visionäre Ziel vonminus 80 % bis 2050 ohne ei-ne radikale Energiewendehin zu einer kohlenstoffar-men und globalen wettbe-werbsfähigen Industrie nichterreicht werden kann. Da dieCO2-Reduktion angesichtsdes steigenden Stahlver-

brauchsjedochentscheidendist, bedarf es in den nächstenJahren einer weiter verstärk-ten Forschung mit Fokus aufkohlenstoffarmeTechnologi-en mit langfristigem Emissi-onsreduktions-Potential“.

Stahl mitÖko-WasserstoffEine Vision, aus Eisenerzenohne Kohlenstoff Stahl her-zustellen, ist die Wasserstoff-Plasma-Schmelzreduktion,die in den letzten drei Jahr-zehnten als Grundlagenfor-schungsprojekt am Lehrstuhlfür Metallurgie an der Mon-tanuniversität Leoben imRahmenvonfünfDissertatio-nen untersucht wurde. DasPotenzial, CO2-Emissionenmithilfe der Substitution fos-siler Ressourcen durch diekohlenstofffreie Quelle H2-Plasma zu vermeiden, istgroß. Das Ziel lautet: Stahlaus Ökowasserstoff – mitWasserdampf statt Kohlendi-oxid in der Luft. Die Stahlpro-duktion trägt aktuell 50 %der CO2-Emissionen der ös-terreichischen Industrie.Univ.-Prof. DI Dr. JohannesSchenk, der neben seiner lei-tenden Funktion bei der K1-MET GmbH auch den Lehr-stuhl für Metallurgie an derMontanuniversität Leoben

leitet, erklärt das Prinzip da-hinter: Statt im Hochofen-prozessdenSauerstoffderEi-senerze mit Kohlenstoff zuentfernen und anschließendim LD-Prozess aus dem Roh-eisen Stahl zu machen, könn-te Stahl direkt aus Eisenerzenmittels Wasserstoff in einemPlasmareaktor erschmolzenwerden. Wenn der Wasser-stoff zu 100 % durch Elektro-lyse mit erneuerbarer elektri-scher Energie hergestelltwürde, fielen keine Treib-hausgasemehran.AllerdingsfunktioniertdiesesVerfahrenzur Zeit nur im Labormaß-stab von 100 g. Ziel der K1-MET GmbH ist es, dieses Ver-fahren um den Faktor 100 zuvergrößern. Damit wäre manzwaraucherstimBereichvon10 kg, aber in diesem Schrittkönnten verschiedene Tech-nologie zur Herstellung desWasserstoffplasmas mitein-ander hinsichtlich ihrer Effi-zienz verglichen werden.

Metallurgie-Experte DIBürgler: „Jetzt werden dieVorarbeiten für eine neue Ge-neration von MetallurgInnengeleistet,diedann2050Stahlentsprechend der Low-Car-bon-Roadmap erzeugen. “

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Was genau geht in einem Reaktor bei Schüttungen vor sich?Faszinierende Simulationen.Die Struktur von Schüttungenbestimmt deren Gasdurchströ-mung sowie das Vermi-schungsverhalten und beein-flusst so auch die chemischenReaktionen. Um die Wechselwir-kungen besser untersuchen zukönnen, werden z.B. mit Hilfevon CFDEM (Software, die Gas-und granulare Strömungen kombi-niert) Simulationen der Schüttungund der Durchströmung dargestellt.Das simulierte Ergebnis wird dannin Modellen beschrieben und mitMessungen verglichen. Darauf wie-derum bauen die Prozessoptimie-rung und der verringerte Ressour-ceneinsatz auf.

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Simulation der Schüttung imCOREX Einschmelzvergaser

CFDEM Darstellung desMaterialflusses im Hochofen

Roheisen- und Stahlproduktion: Um die Effizienz zu steigern, muss der Rohstoffeinsatz kontinuierlich verringert werden. Die Reduktion des Energieverbrauchs wird durch eine optimierte Rückgewinnung erreicht Vom Eisenerz bis zur Stahlbramme: neue Technologien für die Metallurgie