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Heiner Meulemann & David Gilles Forschungsinstitut für Soziologie, Universität zu Köln Greinstraße 2, D50969 Köln Tel. 0221 - 470 5658, Fax 0221-470 5169 e-mail [email protected] Allgemeine Kulturtechnik oder digitale Spaltung? Das Internet als Zugang zu Massenmedien und als neues Individualmedium Vortrag auf dem 3. Workshop des Medienwissenschaftlichen Lehrund Forschungszentrums (MLFZ) am 18.20.11.2010 in Köln

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Heiner Meulemann & David GillesForschungsinstitut für Soziologie, Universität zu Köln

Greinstraße 2, D50969 KölnTel. 0221 - 470 5658, Fax 0221-470 5169

e-mail [email protected]

Allgemeine Kulturtechnik oder digitale Spaltung?

Das Internet als Zugang zu Massenmedien und als neues Individualmedium

Vortrag auf dem 3. Workshop des Medienwissenschaftlichen Lehr‐ und Forschungszentrums 

(MLFZ) am 18.‐20.11.2010 in Köln

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1 Untersuchungsfrage: Ungleichheit der Internetnutzung nach Schicht

‐ Nicht nur im Querschnitt: digitale Kluft‐ Sondern im Längsschnitt: digitale SpaltungAnfängliche Ressourcenunterschiede > am Ende  Teilhabeunterschiedesoziale Exklusion + kulturelle Exklusion

Werden alle sozialen Schichten nach ihren Ressourcen auch am Internet teilhaben oder werden untere Schichten aufgrund ihrer geringerenRessourcen von der Teilhabe ausgeschlossen? 

Wird Internet allgemeine Kulturtechnik oder Front der digitalen Spaltung? 

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Zwei Teilfragen

1  Setzt Internet sich in ganzer Bevölkerung durch oder nur in Teilen? 

2 Wird Internet von oberen sozialen Schichten abnehmend oder zunehmend häufiger als von unteren genutzt?

In beiden Fragen Alternative: 

‐ allgemeine Kulturtechnik <> digitale Spaltung.

‐ „Positive“ <> „negative“ Antwort

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Analysen zu Teilfragen  1 Gesamtbevölkerung in Geburtskohorten?

Entwicklung zu 100%: positivEntwicklung stagniert vorher: Kohortenanalyse als Prognose

‐ keine Unterschiede zwischen Kohorten: negativ‐ Anstieg mit jüngeren Kohorten: positiv

2 Schichtunterschied konstant/abnehmend oderzunehmend?Regressionsanalyse auf 

‐ Zeit, Kohorten, Schicht und‐ Interaktion Zeit*Schicht

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Zwei Abhängige Variable: Zu erwartende Formen der Entwicklung 

Verbreitung der Nutzung überhaupt in Bevölkerung:‐ Konstante Gruppe, allgemeine Logik, ‐ Diffusion, S‐förmig  

Verbreitung der Nutzungszwecke unter Onlinern:‐Wachsende Gruppe, Besonderheiten des Internet‐ ungefähr:

gleiches Niveau mitgleichem Abstand zwischen Nutzungszwecken

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Datenbasis

Media‐Analysen Elektronische Medien: MA‐EM

1998‐2007 jährlich

Repräsentativ für Bevölkerung in D ab 14

Ca. 60 000 Befragte jährlich

563 428 Befragte insgesamt

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ÜberblickNach präsentierter 1 Untersuchungsfrage

Im Folgenden2 Nutzung überhaupt: Bevölkerung2.1 Erste Teilfrage: Kohorten2.2 Zweite Teilfrage: Bildung2.3 Zweite Teilfrage: Alle Schichtungsmerkmale

3 Nutzungszwecke: Onliner3.1 Hypothesen über Nutzungswecke 3.2 Erste Teilfrage: alle3.3 Zweite Teilfrage: Bildung3.4 Zweite Teilfrage: Alle Schichtungsmerkmale

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2 Nutzung überhaupt: Bevölkerung

2.1 Erste Teilfrage: Bevölkerung und Kohorten

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Abb. 1 Internetnutzung in den letzten 12 Monaten 1998‐2007: Gesamtbevölkerung und Alterskohorten

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Fazit erste Teilfrage 

Schichtung fast fehlerfrei nach Geburtszeitraum. 

Für Annahme: auch neu einsteigende Kohorten dauerhaft über Vorgängerinnen

Erste Frage positiv beantwortet: 

ganze Bevölkerung

allgemeine Kulturtechnik

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2.2 Zweite Teilfrage: Bildungsgruppen 

Hauptschule < Realschule < Abiturnicht überraschend.

Wachsen Differenzen?

Antwort für „12 Monate“Ja: mit allgemeinem Anstieg 2000‐2001 von 31 auf 47 ProzentpunkteDanach aber konstant

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Abb.3 Internetnutzung in den letzten 12 Monaten 1998‐2007: Bildungsgruppen

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Fazit zweite Teilfrage: Bildung 

Kluft zwischen Bildungsgruppen schließt sich nichtkeine allgemeine Kulturtechnik, sondern digitale Spaltung. 

Aber das vorläufig. Denn:1 Spaltung könnte – wie in USA – wieder geschlossen werden. Spätere Erhebungen!

2 Teil der Spaltung aus höherem Bildungsniveau in jüngeren Kohorten.Regressionsanalysen auf alle Schichtungsmerkmale

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2.3 Zweite Teilfrage: Alle Schichtungsmerkmale

‐ Bildung‐ Nicht berufstätigFrüher berufstätigAktuell berufstätig als: un‐ und angelernte ArbeiterFacharbeitereinfache Angestelltemittlere AngestellteSelbständige

‐ Haushaltsnetto‐Äquivalenzeinkommen in 1000 DM‐ Geschlecht: Mann‐ Landesteil: West

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Regression: Modelle,Prüfung der digitalen Spaltung

M1: nur Haupteffekte Bildung, Berufsstatus, Einkommen: KluftDigitale Spaltung‐ notwendig: Interaktion Zeit*Schicht erklärt Varianz‐ Hinreichend: Interaktionseffekt Zeit*Schicht wachsen = wachsende Kluft = Spaltung

DeshalbM2 + Z*BildungM3 + Z*Berufsstatus, Z*EinkommenM2 + Z*Berufsstatus, Z*Einkommen, Z*Bildung

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Pseudo R²‐Werte für logistische Regressionen der Nutzung des Internet in den letzten 12 Monatenauf Zeit, Kohorten und Ressourcen

Modell n Prädik

1 Haupteff. 37 .4392 + Z*B 55 .4393 + Z*Bs, Z*E 109 .4414 + Z*B, Z*Bs, Z*E 127 .441n 563 428

Z: Zeit, B: Bildung, Bs: Berufsstatus, E: Einkommen 

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Tab. 1 Logistische Regression der Internetnutzung in den letzten 12 Monaten auf Ressourcen: unstandardisierte und 

standardisierte Chancenverhältnisseexp(b) Exp(bsx)

Geschlecht: männlich 1,90*** 1,38

alte Bundesl. & Berlin‐West 1,50*** 1,18

Realschulabschluss 1,93*** 1,37

Abitur 4,57*** 1,78

früher berufstätig gewesen 1,22*** 1,10

in Ausbildung 2,94*** 1,39

sonstige Arbeiter 0,92* 0,98

Facharbeiter 1,40*** 1,12

einfache Angestellte 2,09*** 1,30

mittlere Angestellte 2,98*** 1,40

Selbstständige 3,14*** 1,34

Äq.eink. in 1000 DM (1995) 1,33*** 1,47

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Zusammenfassung: Nutzung überhaupt

Erste Teilfrage: ‐ Internet in ganzer Bevölkerung nach steilen Anstieg etwas langsamer. ‐ In jeder jüngeren Kohorte schneller als in vorausgehender verbreitet.  

Durch natürlichen Bevölkerungsumschlag Schließung der Lücke‐ allgemeine KulturtechnikZweite Teilfrage:‐ Verbreitung gleichmäßig in allen sozialen Schichten‐ explizite Prüfung der digitalen Spaltung durch Interaktionseffekte Zeit* 

Schichtung erbrachte weder mehr Erklärungskraft noch monoton ansteigende Effekte

‐ zwar von höheren Schichten häufiger genutzt als von niedrigeren. Aber Lücke bleibt konstant. 

‐ allgemeinen Kulturtechnik.

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3 Nutzungszwecke: Onliner

3.1 Hypothesen

Zwei Besonderheiten des Internet:

‐ Notwendigkeit der internen Erschließung

‐ Relativität seiner Anziehungskraft zu Vorgängern

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Erste Besonderheit: interne Erschließung

Informationen über Internet ‐ aus InternetMeta‐Daten ‐ inhaltliche Nutzungszwecke

Meta‐Daten leicht durch Suchmaschinen

Aus Unumgänglichkeit und niedrigem Anspruchsniveau der Suchmaschinen: 

‐ häufigste von allen Nutzungen‐ Daraus wieder: kaum Schichtunterschiede 

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Zweite Besonderheit: relativer Vorteil gegenüber Vorgängern

Inhaltliche Nutzung mit Vorgängern verglichen:‐ Massenmedien, zu denen Zugang

‐ Individualmedien, die ersetzt. 

Häufigkeitshypothese: Je höher Anspruchsniveau Vorgänger und je niedriger Anspruchsniveau  Internet, desto größer relativer Vorteil, desto häufiger Internet

Schichthypothese: Mit relativem Vorteil weniger Ressourcen erfordert; desto geringer Häufigkeitsvorsprung der höheren Schichten. 

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Abbildung 5 Klassifikation der Nutzungen des Internet 

Internetnutzung: Information 

über Internet: Meta‐Daten aus Internet: Inhalte1 Suchmaschinen

Massenmedien Individualisierte Nutzung

Standardisiert: persönlich:Unterhaltung: Information: Transaktionen Sozialkontakte2 Unt.angebote  3 Nachrichten 4 Einkauf/Bestellung

DienstleistungenBankgeschäfte

Simultan        alternierend5 Foren/Chat 6 e‐mail

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Ansprüche der Alternativen‐ Massenmedien im Haus, geringste Ansprüche

‐ Unterhaltung jederzeit‐ Information Auswahl erforderlich

‐ Sozialkontakte und Transaktionen: ‐ außer Haus‐ Suche der Partner 

‐ Briefe: technische Vorbereitungen, intellektuelle Konzentration, soziale Isolation

Rangfolge: 0 Massenmedien: Unterhaltung1 Massenmedien: Information, Sozialkontakte, Transaktionen, 2 Briefe 

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Ansprüche der Internetnutzungen

E‐Mails, Massenmedien gering: Netz und Provider Sozialkontakte mehr: Foren auswählen, Regeln darinTransaktionen noch mehr: 

zuvor unterstützte Aktivitäten allein, ohne Rückfrage, Risiko des FehlschlagsVertrauen in Partner und fehler‐ und täuschungsfreien Ablauf

Rangfolge:0 Massenmedien: Unterhaltung, Massenmedien: Information, 

Briefe1 Sozialkontakte2 Transaktionen

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Tab. 3. Häufigkeitshypothese und Schichtdifferenzhypothese

Nutzungszweck A I A‐I Rang Häufig

Rang Schicht

1 Suchmaschinen 1 6

2 Massenm.: Unterhaltung  0 0 0 4 / 5 2 /3

3 Massenm.: Information  1 0 1 3 4

4 Transaktionen 1 2 ‐1 6 1

5 Sozialk.: Foren/Chat 1 1 0 4 /5  2 /3

6 Briefe 2 0 2 2 5

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3.2 Erste Teilfrage: Onliner insgesamt

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Abb. 6 Nutzungen des Internet in den letzten 12 Monaten 2001‐2007: Gesamtbevölkerung 

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Ergebnisse: Häufigkeitshypothese

Wie erwartet

‐ Suchmaschinen Platz 1. Das aber erst ab 2002Nach Internetzugang Suche von Meta‐Daten erst langsam erlernt. 

‐ E‐Mails Platz 2Schnelligkeit, Streubarkeit, Differenzierbarkeit

‐ Massenmedien‐Information Platz 3

Fast‐Gleichzeitigkeit, Bequemlichkeit

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Aber entgegen HäufigkeitshypotheseMassenmedien‐Unterhaltung und Diskussionsformen: nicht Platz 4/5, sondern Platz 7 und 8

Transaktionen: nur zu Anfang Schlusslicht, dann Platz 4‐6

Warum? Post hoc

Massenmedien‐Unterhaltung: Alternative zu attraktiv

Diskussionsforum: Anspruch des Internet zu hoch

Transaktionen: Anbieter bemühen sich um „Web‐Exzellenz“, senken Anspruch 

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3.3 Zweite Teilfrage: Onliner nach Bildung

Grafiken für jede Nutzung wie zuvor denkbar

Da Abfolge der drei Bildungsgruppen immer gleich, Zusammenfassung aller Nutzungen in Tabelle

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Tab 4. Internetnutzung in Bildungsgruppen: Prozentsatzdifferenz Abitur – Hauptschule 2001 und 2007 sowie 

Differenz dieser Differenz

Kategorien‐Nummer: Nutzung 2001 2007 Differenz

1 Suchmaschinen 16 7 ‐9

2 Massenmedien: Unterhaltung  ‐9 ‐4 ‐5

3 Massenmedien: Information  4 10 6

4 Transaktionen: Einkauf 9 15 6

Transaktionen: Dienstleistung 22 28 6

Transaktionen: Bank 15 20 5

5 Diskussionsforen, Chatten ‐12 ‐6 ‐6

6 E‐Mail 16 16 0

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Bildungseffekt: Querschnitt 2001‐2007Mit Bildung

steigt: Suchmaschinen, Massenmedien‐Information, Transaktionen, E‐Mails

sinkt: Massenmedien‐Unterhaltung, Diskussionen

Also: instrumenteller Gebrauch steigt – Unterhaltung sinkt 

Schichtdifferenzhypothese nur vage: 

‐ Zwar bei Dienstleistungen größter Schichteffekt

‐ Aber Suchmaschinen, E‐Mails, Banking folgen 

Rangfolge der Bildungseffekte folgt allgemeiner Häufigkeit

‐ sechs häufigste Nutzungsarten werden von den besser Ausgebildeten, 

‐ zwei seltensten Nutzungsarten von weniger Ausgebildeten häufiger genutzt. 

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Bildungseffekt: Längsschnitt 2001‐2007Suchmaschinen:  

‐ Vorteil der besser Ausgebildeten schwindet

‐ 90+ % häufigste Nutzung, Gruppendifferenz notwendig kleiner

‐ Suchmaschinen =allgemeine Kulturtechnik

E‐Mails: Vorteil der besser Ausbildeten bleibt 

Übrige, im mittleren Bereich der Nutzung überhaupt, Muster: 

‐ Vorteile der besser Ausgebildeten größer, der weniger Ausgebildeten kleiner = Gewinn der besser Ausgebildeten

‐ Insbesondere: Vorsprung der besser Ausgebildeten steigt bei allgemein wachsendem Nutzungszweck an, Transaktionen. Von Anbietern angetriebene Ausweitung wird vor allem von oberen Sozialschichten angenommen

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Antwort zweite Teilfrage: Bildung

negativ: Nutzungsarten > digitale Spaltung. besonders für Nutzungen mit allgemein mittlerer Häufigkeit, Transaktionen

Regressionsanalysen daher nur für mittelhäufige Nutzungen

‐ beide massenmedialen Nutzungen‐ zwei individualisierte Nutzungen= Vorsprung Abiturienten: Dienstleistungen= Vorsprung Hauptschüler: Diskussionsforen.

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3.3 Zweite Teilfrage: Alle Schichtungsmerkmale bei Kontrolle 

von Zeit und Geburtskohorte

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Tab 6. Pseudo R²‐Werte für logistische Regressionen von Nutzungszwecken des Internet in der letzten Woche 

auf Zeit, Kohorten und Ressourcen

Modell n Prädik

Unterhaltung

Information

Dienst-leistung

Diskussions

foren1 Haupteff. 33 .068 .025 .083 .1612 + Z*B 55 .069 .026 .084 .1613 + Z*Bs, Z*E

81 .069 .028 .085 .161

4 + Z*B, Z*Bs, Z*E

93 .070 .028 .085 .162

n 200 928 200 905 201 031 201 063Z: Zeit, B: Bildung, Bs: Berufsstatus, E: Einkommen 

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Vergleich: Nutzungszwecke und Modelle

Nutzungszwecke erklärte Varianz: ‐ Diskussionsforen > Dienstleistungen > MM: Unterhaltung und MM: 

Information erklärt. ‐ Individualisierte Nutzungszwecke schärferes soziales Profil als 

massenmediale; denn: verlangen mehr Ressourcen.

Modelle: Einführung der Interaktionen nicht mehr Varianz erklärt. Zudem in Modellen 2 bis 4: ‐ Effekte der Schichtungsvariablen steigen so gut wie nie monoton 

mit der Zeit‐ gering und überwiegend nicht signifikant. Weder notwendige noch hinreichende Bedingung für digitale Spaltung 

erfüllt. Positive Antwort auf zweite Teilfrage

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Tab. 7 Logistische Regressionen der Internetnutzung in den letzten 12 Monaten auf Ressourcen: Chancenverhältnisse

MM: Unter MM: Info Dienst Diskus

Geschlecht: männlich 1.174*** 1.617*** .988 1.493***

alte Bundesl. & Berlin‐West 1.007 1.171*** 1.140*** 1.119***

Realschulabschluss .947*** 1.091*** 1.349*** .854***

Abitur .747*** 1.291*** 2.150*** .747***

früher berufstätig gewesen .957 .911* 1.240*** .787***

in Ausbildung 1.005 1.147* 1.292*** 1.073sonstige Arbeiter 1.218*** .930 1.054 1.017Facharbeiter 1.127* .965 1.285*** .796***

einfache Angestellte .912 .894* 1.398*** .776***

mittlere Angestellte .920 1.027 1.676*** .697***

Selbstständige .779*** .931 1.726*** .749***

Äq.eink. in 1000 DM (1995) 1.007 1.033*** 1.182*** .983***

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Vergleich der Effekte zwischen Nutzungsarten

1. Zeitliche Einflüsse, Jahr und die Kohorte, schwach

Zeit: nur Dienstleistungen, wachsen um 178%. 

Kohorte: auf alle Nutzungen nicht monotone und nur auf eine Nutzung signifikante Einflüsse: Diskussionsforen mehr in jüngsten Kohorten

2.  Schichtvariablen nicht gleichmäßig auf Nutzungsarten: am deutlichsten bei individualisierten Nutzungen, Dienstleistungen positiv, Diskussionsforen negativ

3. Nur eine Schichtungsvariable auf alle Nutzungszwecke  Bildung

= Achse der sozial differentiellen Nutzung des Internet

= stärkster Einfluss auf Nutzung, die am stärksten Leistungen und Motivationen verlangt: Dienstleistungen.

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3.5 ZusammenfassungErste Teilfrage:

Transaktionen und Suchmaschinen wachsen

alle übrigen konstant 

Antwort positiv

Zweite Teilfrage:

Nutzungen gleichmäßig in sozialen Schichten. Keine Interaktionseffekte Zeit*Schichtung

Nicht nur Internet, auch seine Angebote > allgemeine Kulturtechnik

Antwort positiv

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Vergleich Nutzungszwecke –Nutzung überhaupt

Prozentsatzdifferenzen zwischen Ausgangs‐ und Endpunkten

‐ Nutzungszwecke entwickeln sich verhaltener als Nutzung überhaupt

‐ Nicht Diffusionskurve, sondern linear

R²‐Werte

‐ Nutzungszwecke schlechter erklärbar als Nutzung überhaupt. Filterung

‐ Nutzungszwecke geringere Effekte von Bildung und Kohorten. Kohortenschichtung der Nutzung überhaupt, nicht bei Nutzungszwecken

Also: Expansion der Internetnutzung überhaupt ‐ Konstanz der Nutzungsstruktur

Internet als Phänomen der letzten Jahre und Domäne der Jungen

‐ Nur Zugang, nicht Nutzung 

‐ Nutzung gestern‐heute und Alt‐Jung ähnlich

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Schluss: Soziale Inklusion durch neue und alte Kulturtechniken

Positive Antwort auf beide Teilfragen

Kluft, aber nicht Spaltung

Wie bei früheren Kulturtechniken: allgemeine Verbreitung und Schichtdifferenzen

Soziale Inklusion und soziale Ungleichheit

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Positive Antwort trotz:

‐ Hoher Ansprüche der Internetbeherrschung‐ Geringer Verschulung.

Verbreitung „von selbst“‐ Über Netzwerke des Alltags‐ Nicht: Schule und PolitikSoziale und psychische Anziehungskraft einer technischen Plattform