Heinrich PORTA...

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PORTA – Portfolioanalyse Lernziele Sie kennen den Zweck der Portfolioanalyse und die in Arbeitsschritte geordnete Vorgehensweise bei ihrer Anwendung. Sie können die Arbeitsschritte erläutern und die Voraussetzungen für ihre Bearbeitung nennen. Sie können die Anwendbar- keit der Portfolioanalyse für die strategische Maßnahmenplanung beurteilen. Sie können Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Portfolioanalyse und Er- folgsfaktorenanalyse bzw. mit der Erfolgsfaktorenanalyse herausarbeiten. Definitionen und Abkürzungen Analyse (analysis) = die Untersuchung eines Ganzen durch Zerlegen in Teile. Evaluation (evaluation) = das zielbezogene Beurteilen von Objekten auf der Grundlage eines Systems von Beurteilungskriterien. Synonym: Evaluieren. Gewichtung (weighting) = die durch ein Individuum oder eine Gruppe vorgenom- mene Ordnung von Objekten nach deren relativer Bedeutung (Präferenzord- nung). Ideal-Portfolio (ideal portfolio) = das Portfolio, das die SIE im Idealzustand ab- bildet, also so, als ständen die zu ihrer Veränderung erforderlichen Ressourcen in vollem Umfang zur Verfügung. Ist-Portfolio (current portfolio) = das Portfolio, das die SIE im Istzustand abbildet. Komponente (component) = ein durch systematisches Zerlegen bestimmter Teil der Informationsinfrastruktur (z.B. eine SIE). Matrix (matrix) = ein orthogonales, in Zeilen und Spalten strukturiertes Schema; die m Zeilen und n Spalten bestimmen ihre Dimension oder ihren Typ. Opportunitätskosten (opportunity costs) = der Nutzen, den die für einen be- stimmten Zweck eingesetzten Güter und Dienstleistungen in ihrer besten ander- weitigen Verwendung haben würden. Portfolio (portfolio) = die visualisierte Ordnung der SIE nach den Dimensionen Wettbewerbsposition und Ressourcenstärke. Positionierung (positioning) = die Einordnung eines Objekts in ein Portfolio nach der Ausprägung der im Portfolio abgebildeten Objekteigenschaften. Ressourcenstärke (resource strength) = der Beitrag einer SIE zur positiven Beein- flussung der Wettbewerbsfaktoren. SIE = Akronym für Strategische Informationsinfrastruktur-Einheit. Soll-Portfolio (target portfolio) = das Portfolio, das die SIE so abbildet, wie sie unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel positioniert werden sollen. strategische Informationsinfrastruktur-Einheit (strategic information infra- structure unit) = eine Komponente der Informationsinfrastruktur, die für deren Erfolgspotenzial maßgeblich bestimmend ist (abgekürzt SIE). Wettbewerbsfaktor (competitive factor) = eine den Wettbewerb kennzeichnende Eigenschaft des Marktes, in dem ein Unternehmen tätig ist. Wettbewerbsposition (competitive position) = die Qualität einer SIE im Ver- gleich zur Qualität der gleichen SIE bei den Mitbewerbern. Zerlegung (decomposition) = das methodische Gliedern eines Systems in Subsy- steme (z.B. der Informationsinfrastruktur in SIE).

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PORTA – Portfolioanalyse Lernziele Sie kennen den Zweck der Portfolioanalyse und die in Arbeitsschritte geordnete Vorgehensweise bei ihrer Anwendung. Sie können die Arbeitsschritte erläutern und die Voraussetzungen für ihre Bearbeitung nennen. Sie können die Anwendbar-keit der Portfolioanalyse für die strategische Maßnahmenplanung beurteilen. Sie können Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Portfolioanalyse und Er-folgsfaktorenanalyse bzw. mit der Erfolgsfaktorenanalyse herausarbeiten. Definitionen und Abkürzungen Analyse (analysis) = die Untersuchung eines Ganzen durch Zerlegen in Teile. Evaluation (evaluation) = das zielbezogene Beurteilen von Objekten auf der

Grundlage eines Systems von Beurteilungskriterien. Synonym: Evaluieren. Gewichtung (weighting) = die durch ein Individuum oder eine Gruppe vorgenom-

mene Ordnung von Objekten nach deren relativer Bedeutung (Präferenzord-nung).

Ideal-Portfolio (ideal portfolio) = das Portfolio, das die SIE im Idealzustand ab-bildet, also so, als ständen die zu ihrer Veränderung erforderlichen Ressourcen in vollem Umfang zur Verfügung.

Ist-Portfolio (current portfolio) = das Portfolio, das die SIE im Istzustand abbildet. Komponente (component) = ein durch systematisches Zerlegen bestimmter Teil

der Informationsinfrastruktur (z.B. eine SIE). Matrix (matrix) = ein orthogonales, in Zeilen und Spalten strukturiertes Schema;

die m Zeilen und n Spalten bestimmen ihre Dimension oder ihren Typ. Opportunitätskosten (opportunity costs) = der Nutzen, den die für einen be-

stimmten Zweck eingesetzten Güter und Dienstleistungen in ihrer besten ander-weitigen Verwendung haben würden.

Portfolio (portfolio) = die visualisierte Ordnung der SIE nach den Dimensionen Wettbewerbsposition und Ressourcenstärke.

Positionierung (positioning) = die Einordnung eines Objekts in ein Portfolio nach der Ausprägung der im Portfolio abgebildeten Objekteigenschaften.

Ressourcenstärke (resource strength) = der Beitrag einer SIE zur positiven Beein-flussung der Wettbewerbsfaktoren.

SIE = Akronym für Strategische Informationsinfrastruktur-Einheit. Soll-Portfolio (target portfolio) = das Portfolio, das die SIE so abbildet, wie sie

unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel positioniert werden sollen. strategische Informationsinfrastruktur-Einheit (strategic information infra-

structure unit) = eine Komponente der Informationsinfrastruktur, die für deren Erfolgspotenzial maßgeblich bestimmend ist (abgekürzt SIE).

Wettbewerbsfaktor (competitive factor) = eine den Wettbewerb kennzeichnende Eigenschaft des Marktes, in dem ein Unternehmen tätig ist.

Wettbewerbsposition (competitive position) = die Qualität einer SIE im Ver-gleich zur Qualität der gleichen SIE bei den Mitbewerbern.

Zerlegung (decomposition) = das methodische Gliedern eines Systems in Subsy-steme (z.B. der Informationsinfrastruktur in SIE).

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336 Strategisches Information Engineering

Zweck der Portfolioanalyse Für die strategische Maßnahmenplanung (vgl. Lerneinheit SPLAN) sind Informa-tionen darüber erforderlich, wie das Portfolio der Informationsinfrastruktur be-schaffen ist (Ist-Portfolio), wie es beschaffen sein könnte (Ideal-Portfolio) und wie es beschaffen sein soll (Soll-Portfolio), um das Leistungspotenzial der Informa-tionsfunktion auszuschöpfen und durch die Informationsinfrastruktur in Unterneh-menserfolg umzusetzen. Ist-Portfolio, Ideal-Portfolio und – daraus folgend – Soll-Portfolio werden mit der Portfolioanalyse ermittelt. Mit dem Ist-Portfolio wird der Zustand der Informationsinfrastruktur beschrieben. Mit dem Soll-Portfolio werden Handlungsempfehlungen für die strategische Maß-nahmenplanung zur Veränderung des Ist-Portfolios in Richtung auf das Ideal-Port-folio gegeben. Sie können nur dann herausgearbeitet werden, wenn Informationen über die aktuelle und die angestrebte Marktposition des Unternehmens vorhanden sind, eine geeignete Zerlegung der Informationsinfrastruktur möglich ist und die Ergebnisse der Evaluation der Komponenten im Istzustand und im Idealzustand bezüglich Wettbewerbsposition und Ressourcenstärke transparent gemacht werden (z.B. durch eine geeignete Visualisierung). Vorgehensweise bei der Portfolioanalyse Diese kann mit folgenden Arbeitsschritten angegeben werden: § Ermitteln der Mitbewerber und ihrer relativen Marktanteile; § Zerlegen der Informationsinfrastruktur in Komponenten (SIE); § Ermitteln der Wettbewerbsposition der SIE im Istzustand; § Ermitteln der Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand; § Bestimmen der Wettbewerbsfaktoren und deren Gewichtung; § Ermitteln der Ressourcenstärke der SIE im Istzustand; § Ermitteln der Ressourcenstärke der SIE im Idealzustand; § Erstellen der Portfolios (Ist-Portfolio, Ideal-Portfolio und Soll-Portfolio). Für die Abarbeitung dieser Arbeitsschritte ist eine Arbeitsgruppe erforderlich, die aus Mitgliedern des Top-Managements, dem Linien- bzw. Geschäftsprozessmana-gement und dem IT-Management besteht. Sie muss von einem (in der Regel exter-nen) Experten, der das Fachwissen bezüglich der Methodenanwendung einbringt und die Gruppenarbeit steuert, moderiert werden. Er bereitet auch die Arbeits-ergebnisse auf und ist für deren Präsentation verantwortlich. Anschließend an die Präsentation werden von der Arbeitsgruppe Handlungsempfehlungen formuliert. Bei größeren Unternehmen ist es zweckmäßig, den Untersuchungsbereich einzu-grenzen (z.B. auf bestimmte Geschäftsfelder). Im folgenden werden die Arbeitsschritte anhand der verwendeten Darstellungs-techniken (Portfolios und Matrizen) erläutert. Auf die in den Feldern der Matrizen dokumentierten Daten wird im Demonstrationsbeispiel eingegangen; dort werden auch aus den Daten der Matrizen die Portfolios entwickelt.

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PORTA – Portfolioanalyse 337

Erster Arbeitsschritt: Ermitteln der Mitbewerber und ihrer relativen Marktanteile. Es werden maximal sieben („die wichtigsten“) Mitbewerber berücksichtigt. Ihre Marktanteile insgesamt werden gleich 100% gesetzt. Die Mitbewerber und ihre Marktanteile werden in den Zeilen der beiden Matrizen Wettbewerbsposition der SIE dokumentiert (vgl. Abbildungen PORTA-1 und PORTA-2). Zweiter Arbeitsschritt: Zerlegen der Informationsinfrastruktur in Komponenten (SIE). Das Zerlegen soll so erfolgen, dass die Durchführung der weiteren Arbeits-schritte erleichtert bzw. ermöglicht wird. Dies ist erfahrungsgemäß der Fall, wenn die SIE nach Struktureinheiten (z.B. Fachabteilungen) gebildet werden, weil die Leiter der Struktureinheiten als Mitglieder der Arbeitsgruppe ihre Kenntnisse und Erfahrungen einbringen können und weil die Informationsinfrastruktur meist nach Struktureinheiten gegliedert ist. Bei einer prozessorientierten Ausrichtung der In-formationsinfrastruktur ist eine Gliederung nach Geschäftsprozessen zweck-mäßiger, und die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind dann eher Prozessmanager als Manager von Fachabteilungen. Die SIE werden in den Spalten der Matrizen Wett-bewerbsposition der SIE (vgl. Abbildungen PORTA-1 und PORTA-2) und der Matrizen Ressourcenstärke der SIE dokumentiert (vgl. Abbildung PORTA-3 und PORTA-4).

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werbsposition der SIE im Istzustand

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W i (Ist) 150 220 150 130 420

Dritter Arbeitsschritt: Ermitteln der Wettbewerbsposition der SIE im Istzustand. Zum Beurteilen der Wettbewerbsposition der SIEi, i = 1...m, in bezug auf jeden Mitbewerber mit dem Marktanteil Mj, j = 1...n, wird folgende Skala verwendet: § pij = 1, wenn der Mitbewerber eine nach Funktionalität und Leistung schlagkräf-

tigere SIE hat § pij = 3, wenn der Mitbewerber eine nach Funktionalität und Leistung gleichwer-

tige SIE hat § pij = 5, wenn der Mitbewerber eine nach Funktionalität und Leistung schwä-

chere SIE hat Die Beurteilungen werden in den Feldern der Matrix Wettbewerbsposition der SIE im Istzustand dokumentiert (vgl. Abbildung PORTA-1). Die Wettbewerbsposition

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338 Strategisches Information Engineering

Wi der SIEi im Istzustand ergibt sich dann wie folgt (Formel 1):

n

(1) Wi (Ist) = ∑ pij . Mj j = 1

Vierter Arbeitsschritt: Ermitteln der Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand. Zum Beurteilen der SIEi, i = 1...m, in bezug auf jeden Mitbewerber mit dem Marktanteil Mj, j = 1...n, wird die im dritten Arbeitsschritt eingeführte Skala ana-log verwendet: § pij = 1, wenn das untersuchte Unternehmen eine nach Funktionalität und Leis-

tung schlagkräftigere SIE haben soll § pij = 3, wenn das untersuchte Unternehmen eine nach Funktionalität und Leis-

tung gleichwertige SIE haben soll § pij = 5, wenn das untersuchte Unternehmen eine nach Funktionalität und Leis-

tung schwächere SIE haben soll Die Beurteilungen werden in den Feldern der Matrix Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand dokumentiert (vgl. Abbildung PORTA-2). Die Wettbewerbs-position Wi der SIEi im Idealzustand ergibt sich analog nach Formel (1).

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W i (Ideal) 300 420 420 420 300

Fünfter Arbeitsschritt: Bestimmen der Wettbewerbsfaktoren und deren Gewich-tung. Maximal zehn Wettbewerbsfaktoren reichen erfahrungsgemäß aus, um die Eigenschaften zu beschreiben, welche die Mitbewerber in der Vergangenheit er-folgreich gemacht haben bzw. die für nicht befriedigende eigene Erfolge maß-geblich gewesen und durch die Informationsinfrastruktur beeinflusst werden kön-nen. Die Wettbewerbsfaktoren werden gewichtet (Gesamtgewicht 100%) und in den Zeilen der Matrizen Ressourcenstärke der SIE dokumentiert (vgl. Abbildun-gen PORTA-3 und PORTA-4). Sechster Arbeitsschritt: Ermitteln der Ressourcenstärke der SIE im Istzustand. Zum Beurteilen der SIEi, i = 1...m, in bezug auf jeden gewichteten Wettbewerbs-faktor Fk, k = 1...z, wird folgende Skala verwendet:

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PORTA – Portfolioanalyse 339

§ rik = 0, wenn die SIE keinen Beitrag zur Beeinflussung des Wettbewerbsfaktors

leistet § rik = 1, wenn die SIE einen geringen Beitrag zur Beeinflussung des Wettbe-

werbsfaktors leistet § rik = 3, wenn die SIE einen mittleren Beitrag zur Beeinflussung des Wettbe-

werbsfaktors leistet § rik = 5, wenn die SIE einen großen Beitrag zur Beeinflussung des Wettbewerbs-

faktors leistet Die Beurteilungen werden in den Feldern der Matrix Ressourcenstärke der SIE im Istzustand dokumentiert (vgl. Abbildung PORTA-3). Die Ressourcenstärke Ri der SIEi im Istzustand ergibt sich dann wie folgt (Formel 2): z

(2) Ri (Ist) = ∑ rik (Ist) . Fk k = 1

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Wett-bewerbsfaktor

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technischer VorsprungPreisQualitätService und WartungHändlerbindungMarkentreuemarktnahes ProgrammProduktgestaltung

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Wett-bewerbsfaktor

SIE

technischer VorsprungPreisQualitätService und WartungHändlerbindungMarkentreuemarktnahes ProgrammProduktgestaltung

R i (Ist)

Abb. PORTA-3: Ressourcenstärke der SIE im Istzustand

Siebenter Arbeitsschritt: Ermitteln der Ressourcenstärke der SIE im Idealzustand. Die Vorgehensweise entspricht der des sechsten Arbeitsschritts, wobei statt des Istzustands der Idealzustand betrachtet wird. Es wird also der für den Unterneh-menserfolg maximal wünschbare Beitrag der SIE zur Beeinflussung der Wettbe-werbsfaktoren ermittelt. Das Ergebnis wird in den Feldern der Matrix Ressourcen-stärke der SIE im Idealzustand dokumentiert (vgl. Abbildung PORTA-4). Die Ressourcenstärke Ri der SIEi im Idealzustand ergibt sich analog nach Formel (2). Achter Arbeitsschritt: Erstellen der Portfolios. Die Portfolios sind orthogonale, zweidimensionale Koordinatensysteme mit einer Neun-Felder-Einteilung (vgl. Abbildungen PORTA-5 und PORTA-6). Die horizontale Achse ist mit Wettbe-

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340 Strategisches Information Engineering

werbsposition, die vertikale Achse mit Ressourcenstärke der SIE bezeichnet. Die SIE werden als Kreise dargestellt; ihr Durchmesser kann proportional zur Informa-tionsintensität, zu den Kosten oder zu einer anderen, für den Zweck der Port-folioanalyse sinnvollen und messbaren Eigenschaft der SIE gewählt werden. Bei der Konstruktion der Portfolios wird wie folgt vorgegangen: § Zunächst wird das Ist-Portfolio konstruiert. Die Wettbewerbsposition der SIE

im Istzustand ist aus dem dritten Arbeitsschritt, ihre Ressourcenstärke aus dem sechsten Arbeitsschritt bekannt. Die Positionierung der SIE erfolgt im Ist-Portfolio zwischen den mit dem Wert 100 gegebenen Minimum und dem mit dem Wert 500 gegebenen Maximum für beide Dimensionen.

§ Anschließend wird das Ideal-Portfolio konstruiert. Die Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand ist aus dem vierten Arbeitsschritt, ihre Ressourcen-stärke aus dem siebenten Arbeitsschritt bekannt. Die Positionierung der SIE er-folgt im Ideal-Portfolio analog zur Positionierung im Ist-Portfolio.

§ Schließlich wird das Soll-Portfolio erstellt, indem für jede SIE ein Kompromiss zwischen ihrer Position im Ist-Portfolio und im Ideal-Portfolio gebildet wird. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: Ausgehend von der Positionierung jeder SIE im Istzustand wird ihr Kreissymbol solange in Richtung auf den Ideal-zustand verschoben, bis eine den strategischen Zielen entsprechende Position gefunden ist. Für eine rationale Entscheidung über die Positionierung sind spe-zielle Analysen erforderlich (z.B. Wirtschaftlichkeitsanalysen und Nutzwertana-lysen, vgl. Lerneinheiten WIRTA und NUTZW).

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Wett-bewerbsfaktor

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Abb. PORTA-4: Ressourcenstärke der SIE im Idealzustand

Aus dem Soll-Portfolio werden Handlungsempfehlungen für die strategische Maß-nahmenplanung abgeleitet. Die Handlungsempfehlungen beantworten die Frage, ob – und wenn ja an welcher bzw. welchen SIE – strategische Veränderungen vor-

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PORTA – Portfolioanalyse 341

genommen werden sollen. Derartige Handlungsempfehlungen werden als Selek-tieren, Investieren und Desinvestieren bezeichnet. § Selektieren: Es werden zunächst die SIE bestimmt, an denen keine strategi-

schen Veränderungen vorgenommen werden sollen. Dabei handelt es sich um SIE, die im Ist-Portfolio und im Ideal-Portfolio etwa gleich positioniert sind.

§ Investieren: Dabei handelt es sich vor allem um die SIE, die im Ideal-Portfolio eine mittlere bis hohe Wettbewerbsposition und eine mittlere bis hohe Ressour-censtärke, im Ist-Portfolio dagegen eine niedrige bis mittlere Wettbewerbspo-sition und eine niedrige bis mittlere Ressourcenstärke aufweisen. Diese SIE sind unterentwickelt, können aber durch Schaffen eines entsprechenden Erfolgs-potenzials zur besseren Ausschöpfung des Leistungspotenzials der Infor-mationsfunktion beitragen.

§ Desinvestieren: Dabei handelt es sich vor allem um die SIE, die im Ideal-Port-folio eine niedrige bis mittlere Wettbewerbsposition und eine niedrige bis mitt-lere Ressourcenstärke, im Ist-Portfolio dagegen eine mittlere bis hohe Wett-bewerbsposition und eine mittlere bis hohe Ressourcenstärke aufweisen. Diese SIE sind überentwickelt; sie können ohne Verlust an verwertbarem Erfolgs-potenzial reduziert werden.

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342 Strategisches Information Engineering

Beurteilung der Portfolioanalyse Die Ergebnisse der Portfolioanalyse erklären weder, warum ein bestimmter Ist-zustand besteht, noch geben sie konkrete Handlungsanweisungen für geeignete Veränderungsmaßnahmen. Was die Portfolioanalyse unterstützt, ist das Setzen von Prioritäten bei der strategischen Maßnahmenplanung unter wettbewerbswirksamen Gesichtspunkten, indem der Zustand der Informationsinfrastruktur der Mitbe-werber bei der Analyse berücksichtigt wird (im Unterschied zur Erfolgsfaktoren-analyse, vgl. Lerneinheit ERFAN). Sie unterstützt damit auch die Abstimmung der IT-Strategie mit der Wettbewerbsstrategie (vgl. Lerneinheit STRAT). Anwendungen der Portfolioanalyse haben gezeigt, dass nur ein Teil des wettbe-werbsstrategischen Leistungspotenzials der Informationsfunktion durch das vor-handene Erfolgspotenzial der Informationsinfrastruktur ausgeschöpft wird. Wei-ter, dass die Beurteilung des Istzustands und des Idealzustands durch das Linien-management in Kooperation mit dem IT-Management möglich ist. Durch die Port-folioanalyse kann Problembewusstsein geschaffen werden, das zur begründeten Beeinflussung der strategischen Maßnahmenplanung führt. Der Zeitaufwand für die Durchführung einer Portfolioanalyse wird primär davon bestimmt, ob die Wettbewerbsfaktoren bekannt sind und im Management darüber Konsens besteht. Ist dies nicht der Fall, sind mehrere halbtägige Workshops, die wegen der erforderlichen Informationssuche, Konsensbildung und Entscheidungen über einen Zeitraum von einigen Wochen verteilt sind, allein für das Identifizieren der Wettbewerbsfaktoren in der Arbeitsgruppe erforderlich. Für die Abwicklung aller anderen Arbeiten reichen bis zu drei halbtägige Workshops aus, die über ei-nen Zeitraum von zwei bis drei Wochen verteilt sind.

Abb. PORTA-5: Ist-Portfolio

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PORTA – Portfolioanalyse 343

Demonstrationsbeispiel Es wird die Durchführung einer Portfolioanalyse an einem praktischen Beispiel aus der Maschinenbauindustrie in leicht veränderter Form gezeigt. Die Mitbe-werber mit ihren Marktanteilen wurden wie in den Abbildungen PORTA-1 und PORTA-2 gezeigt ermittelt. Die beiden Abbildungen zeigen auch das Ergebnis der Zerlegung der Informationsinfrastruktur in die SIE Beschaffung, Produktion, Mar-keting, Forschung und Entwicklung (F&E) und Rechnungswesen (d.h. der Infor-mationssysteme dieser Funktionalbereiche). In den Feldern der Abbildungen PORTA-1 und PORTA-2 sind die Beurteilungen der Wettbewerbsposition der SIE in bezug auf jeden Mitbewerber und die nach Formel (1) ermittelte Wettbewerbs-position der SIE im Istzustand bzw. im Idealzustand dokumentiert. Beim Beurteilen der Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand wurde von der Vision ausgegangen, gegenüber den beiden Haupt-Mitbewerbern A und B in den drei Kernfunktionen Produktion, Marketing und F&E überlegen zu sein, während in den Funktionen Beschaffung und Rechnungswesen Gleichwertigkeit als ideal angesehen wurde. Gegenüber den übrigen Mitbewerbern wurde bezüglich aller SIE Gleichwertigkeit als ideal angesehen. Mit anderen Worten: Überlegenheit wurde nur gegenüber den beiden Haupt-Mitbewerbern in den drei Kernfunktionen als erforderlich angesehen. Die Wettbewerbsfaktoren mit ihren Gewichten wurden wie in den Abbildungen PORTA-3 und PORTA-4 gezeigt ermittelt. In den Feldern der Abbildungen PORTA-3 und PORTA-4 sind die Beurteilungen der Ressourcenstärke und die nach Formel (2) ermittelte Ressourcenstärke der SIE im Istzustand bzw. im Ideal-zustand notiert. Beim Beurteilen der Ressourcenstärke der SIE im Idealzustand wurde von der Annahme ausgegangen, dass in den meisten Fällen ein größerer Beitrag der SIE zur Beeinflussung der Wettbewerbsfaktoren, in einigen Fällen kein Beitrag, in wenigen Fällen ein sehr großer Beitrag möglich ist. Übertriebener Opti-mismus bezüglich der Beeinflussbarkeit der Wettbewerbsfaktoren durch die SIE ist nicht angebracht, vielmehr ist in jedem Fall gründlich zu analysieren, was nach dem Stand der Technik maximal möglich ist.

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344 Strategisches Information Engineering

Abb. PORTA-6: Ideal-Portfolio Für die Konstruktion des Ist-Portfolios wurde – von den Daten der Abbildungen PORTA-1 (Wettbewerbsposition der SIE im Istzustand) und PORTA-3 (Ressour-censtärke der SIE im Istzustand) ausgehend – wie im achten Arbeitsschritt be-schrieben vorgegangen. Abbildung PORTA-5 zeigt das Ist-Porfolio. Die Konstruktion des Ideal-Portfolios erfolgte mit den Daten der Abbildung PORTA-2 (Wettbewerbsposition der SIE im Idealzustand) und den Daten der Ab-bildung PORTA-4 (Ressourcenstärke der SIE im Idealzustand). Abbildung PORTA-6 zeigt das Ideal-Portfolio. Auf die Darstellung des Soll-Portfolios wird verzichtet; zur Konstruktion und Er-klärung sind zu viele Details über den Istzustand und über die Rahmenbedingun-gen zu seiner Veränderung erforderlich. Folgende Handlungsempfehlung ist offen-bar sinnvoll: Für die SIE Rechnungswesen wird keine strategische Veränderung, für die anderen SIE wird Investieren empfohlen. Forschungsbefunde Satzger/Huther beurteilen die Portfolioanalyse als Methode zur Unterstützung ei-ner Betrachtung von Opportunitätskosten auf strategischer Managementebene wie folgt: Obwohl es sich um ein stark vereinfachtes Modell handelt und die Er-gebnisse auch von subjektiven Einschätzungen geprägt und gegebenenfalls ver-zerrt sein können, fördert sie das Problembewusstsein im Hinblick auf das (von den Autoren so bezeichnete) Leistungspotenzial der I&K-Technologie (nach der Terminologie des IM-Konzepts: des Erfolgspotenzial der Informationsinfrastruk-tur) und offenbart unausgeschöpftes Erfolgspotenzial, das letztlich mit strategi-schen Opportunitätskosten gleichzusetzen ist. Aufgabenverweise Strategische Situationsanalyse (Lerneinheit SITAN); Strategische Zielplanung (Lerneinheit SZIEL); Strategische Maßnahmenplanung (Lerneinheit SPLAN).

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PORTA – Portfolioanalyse 345

Kontrollfragen 1. Welche Aufgaben der IT-Planung werden durch die Portfolioanalyse unterstützt? 2. Bei Vorliegen welcher Voraussetzungen kann eine Portfolioanalyse durchgeführt werden? 3. Mit welchen Arbeitsschritten wird bei der Portfolioanalyse vorgegangen? 4. Welcher Unterschied besteht zwischen Ist-Portfolio und Ideal-Portfolio? 5. Wie wird aus dem Ist-Portfolio und dem Ideal-Portfolio das Soll-Portfolio konstruiert? Quellenliteratur Hartwig, Th.: Portfolioanalyse für das strategische Informationsmanagement. In: Information

Management 3/1987, 12 – 17 Metze, G.: Experiences in the Application of the Technology Portfolio for Controlling R&D. In:

Hübner, H. (Hrsg.): The Art and Science of Innovation Management. Elsevier, Amsterdam 1986, 337 – 344

Pfeiffer, W.: Strategien für den Mittelstand. In: Management Wissen 5/1985, 59 – 65 Porter, M. E.: Wettbewerbsstrategie. 10. A., Campus, Frankfurt/M. 1999 Satzger, G. / Huther, A.: Informations- und Kommunikationskosten. In: Fischer, Th. M. (Hrsg.):

Kosten-Controlling. Neue Methoden und Inhalte. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2000, 481 – 505