HEKS-Magazin handeln, Nr. 319, Februar 2013

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handeln ›››››› DAS MAGAZIN DES HILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZ | Nr. 319 1 / Februar 2013 Indien – Der Kampf der Landlosen

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Sie fragen sich, wie Themenschwerpunkte in HEKS-Projekten umgesetzt werden und wie die Arbeit praktisch aussieht? Es interessiert Sie, wie HEKS funktioniert und wer die Menschen dahinter sind? Das HEKS-Magazin «handeln» gibt Einblick in die vielfältige Arbeit des Hilfswerks und dessen Partnerorganisationen im In- und Ausland.

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handeln››››››DAS MAGAZIN DES HILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZ | Nr. 319 1 / Februar 2013

Indien – Der Kampf der Landlosen

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2 EDITORIAL INHALT

Liebe Leserin, lieber LeserDas Menschenrecht auf Nahrung ist jenes Menschenrecht, das weltweit am häufigs-ten verletzt wird. Gemäss der Uno-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft(FAO) sind 2012 rund 870 Millionen Menschen unterernährt. 80 Prozent der Hun-gernden leben auf dem Land, paradoxerweise also dort, wo die Grundnahrungs-mittel produziert werden.

Der Weltagrarbericht von 2009 hält fest, dass nicht etwa die industrielle Land-wirtschaft, sondern Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in Asien, Afrika und Latein-

amerika die wichtigsten Garanten für eine nach-haltige Versorgung mit Grundnahrungsmitteln sind.Sie produzieren weltweit rund 70 Prozent aller Nah-rungsmittel. Sie zu stärken, muss daher oberste Prio-rität haben.

Entscheidend ist, ob Kleinbäuerinnen und Klein-bauern Zugang zu Land und Wasser haben. Der Be-

sitz oder das langfristige Nutzungsrecht eines Stückes Land bildet für sie dieExistenzgrundlage, ohne die Entwicklung nicht möglich ist. Verbesserte Anbaume-thoden, Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte sind weitereSchlüsselfaktoren für die Entwicklung ländlicher Gemeinschaften.

Seit Jahren ist weltweit zu beobachten, wie sich der Besitz von Agrarland zu-nehmend in den Händen von Grossgrundbesitzern konzentriert. Schätzungen rei-chen von 47 Millionen Hektaren bis zu 230 Millionen Hektaren Agrarland, diezwischen 2000 und 2010 weltweit an Grossinvestoren verpachtet oder verkauft wur-den. Fragt sich also, wie die unzähligen Davide sich gegen die paar Goliathe im glo-balen Milliarden-Monopoly erfolgreich zur Wehr setzen können.

Wir setzen uns seit Jahren in zahlreichen Projekten dafür ein, dass Kleinbäue-rinnen und Kleinbauern zu einem Stück Land kommen, das ihnen die Grundversor-gung mit Nahrungsmitteln sichert und darüber hinaus erlaubt, aus dem Verkauf vonProdukten ein Einkommen zu erzielen. Und das mit Erfolg! In enger Zusammenar-beit mit lokalen Partnern gelingt es immer wieder, die Zivilbevölkerung für die ihnenzustehenden Rechte zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Selbstbewusste Men-schen sorgen dann dafür, dass Behörden und staatliche Stellen sich an die geltendenVerfassungen und Gesetze halten und dass im Kampf um das begehrte Agrarlanddie Lebensgrundlagen von ländlichen Gemeinschaften besser geschützt werden. Wirhaben in einem Dossier die wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre aufgearbeitetund vor allem die Erfolgsfaktoren beschrieben, welche die Perspektiven für Klein-bäuerinnen und Kleinbauern nachhaltig verbessern (siehe www.heks.ch/handeln).

Unsere Erfahrungen belegen, dass es für Hunderttausende von Kleinbäuerin-nen und Kleinbauern Hoffnung gibt und dass das Menschenrecht auf Nahrung nichttoter Buchstabe bleiben muss (Barack Obama hätte gesagt: Yes, we can!). Sie, liebeLeserin, lieber Leser, können im Kleinen Grosses bewirken, denn dank Ihrer Unter-stützung erhalten unzählige Familien die Chance auf ein besseres Leben. Dafür dankeich Ihnen von ganzem Herzen.

Ueli Locher, Direktor «han

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3 Südsudan – Fische für ein

besseres Leben

6 Patenschaft für Kleinbauern-

familien

7 Drei Jahre nach dem Erdbeben

in Haiti

8 Indien – Landlose in Bewegung

13 Asylgesetzrevision: Ein Rück-

und Ausblick

14 HEKS setzt sich ein für Chancen-

gleichheit

16 Äthiopien: Erfolgreiche Evalua-

tion eines Nothilfeprojekts

18 Den Mauern trotzen –

HEKS-Reise nach Israel/Palästina

20 10 Fragen an Galma Liban

21 Neues aus der Kirchlichen

Zusammenarbeit

22 Nicht verpassen

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ENTWICKLUNG LÄNDLICHER GEMEINSCHAFTEN

Fische für ein besseres Leben Im Südsudan unterstützt HEKS Fischer- und Bauernfamilien, die durch die Fischerei ihren Speiseplan verbessern, aber auch ein zusätzliches Einkommen generieren können.Mit diesem Einkommen ermöglichen sie ihren Kindern, die Schule zu besuchen.VON BETTINA FILACANAVO (TEXT) UND CHRISTIAN BOBST (FOTOS)

DER SÜDSUDAN IST E INES DER ÄRMSTEN LÄN-DER AFR IKAS. Von 1982 bis 2005 tobte imSudan der Bürgerkrieg zwischen dem Nor-

den und dem Süden. Der Konflikt löste eine Hun-gerkrise aus, über eine Million Menschen verlor ihrLeben, Hunderttausende mussten ihre Dörfer ver-lassen. Die ohnehin spärliche Infrastruktur wurdeweitgehend zerstört. Während der Kriegsjahre leis-tete HEKS vor allem Humanitäre Hilfe. Mit der Un-terzeichnung des Friedensabkommens im Jahr 2005begannen zivilgesellschaftliche Akteure, sich füreine bessere Zukunft einzusetzen. Heute unterstütztHEKS südsudanesische Nichtregierungsorganisatio-nen in der Provinz Central Equatoria beim Wieder-aufbau und der Rehabilitation der Dörfer.

Eine dieser Organisationen, mit denen HEKS inder Provinz Central Equatoria zusammenarbeitet, istdie Agency for Cooperation and Research in Deve-lopment, ACORD. Im Bezirk Terekeka unterstützt sieFischerfamilien, die am Ufer des Weissen Nils lebenund zur Volksgruppe der Mundari gehören. HEKS

und ACORD unterstützen im Projektgebiet zwei Fi-schereikooperativen, die mit Netzen, Angelruten,Gefriertruhen, Fischtrocknungsanlagen oder Räu-cheröfen ausgerüstet werden. Die Fischer ihrerseitserhalten von den Kooperativen Netze und Angel-haken.

Ein garantiertes EinkommenPaul Modi, der Leiter der Fischereikooperative Loayi,erzählt, dass dem Betrieb rund 180 Familien ange-schlossen sind: «Die Fischerfamilien erhalten vonuns gute Netze, welche bis zu 100 Meter lang sind.Mit diesen Netzen können sie bedeutend bessereFänge machen. Die Netze zahlen sie in Form von Fi-schen wieder zurück.» Einen Teil der Fische essendie Familien selber, was ihnen eine ausgewogenereErnährung ermöglicht, den anderen Teil verkaufensie direkt an die Kooperative. Weil Fisch ein sehr be-liebtes Nahrungsmittel ist, kommen die Händler ausden umliegenden grossen Ortschaften direkt zuLoayi, um den Fisch einzukaufen.

Fischer vom Stamm der Mundari unterwegsauf dem Weissen Nil.

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Fisch ermöglicht AusbildungEin grosser Gewinn aus der Fischerei ist auch derZugang zu Bildung. Bis vor kurzem war dieser denKindern der Fischerfamilien verwehrt, da es keineSchule in der Nähe gab. Auf eigene Initiative habendie Familien vier Lehrer, die ebenfalls der Ethnie derMundari angehören, organisiert. Das Schulmaterialfür die 35 Jungen und 25 Mädchen, die die Schulebesuchen, bezahlt HEKS. Die Lehrer werden vonden Familien mit Fischen entlöhnt.

Sernum ist die zweite Kooperative, die in Tere-keka von HEKS und ACORD unterstützt wird. 64 Familien liefern ihren Fisch an Sernum. Die Koope-rative arbeitet bereits sehr professionell: Auf einemgrossen Gelände verfügt sie über ein Gebäude mit

Der Südsudan bestehtaus 10 Provinzen und hatrund 9 Millionen Einwoh-nerinnen und Einwohner.Über 80 Prozent der Bevölkerung lebt in ländli-chen Regionen. Die Hälfteder Bevölkerung hat kei-nen Zugang zu sauberemTrinkwasser, 90 Prozentleben mit weniger alseinem Dollar pro Tag.

� Juba

KHARTUM �

ÄGYPTEN

REP. KONGOKENIA

UGANDA

ÄTHIOPIEN

ERITREA

SAUDI-ARABIEN

TSCHAD

ZENTRAL-AFRIKANISCHEREP.

LIBYEN

WESTERN/CENTRALEQUATORIA

SÜDSUDAN

SUDAN

Tiefkühlern und einem Generator, damit sie die Fi-sche vor dem Transport kühl lagern kann. Erfolg-reich liefert Sernum seit April 2012 mit einemKühlwagen die Fische (Tilapia und Nilbarsch) an ver-schiedene Restaurants, grosse Hotels und verkauftsie auf dem Markt in Juba. Ein Teil der Fische wird,um sie haltbarer zu machen, tiefgefroren, ein Teilwird getrocknet. Sernum hat von HEKS neben Fi-schernetzen und Angelruten auch einen Räucher-ofen erhalten. Durch das Räuchern kann der Fischbis zu drei Monate gelagert werden. Dank Sernumkönnen die Fischerfamilien eines ganzen Distriktsunterstützt werden. Nächstes Ziel ist es, Fischerfa-milien aus zwei weiteren Distrikten der Kooperativeanzuschliessen. Das würde bedeuten, dass die Ko-operative in Zukunft selbsttragend und somit un-abhängig von fremder Hilfe arbeiten könnte.

Grosse HerausforderungenDas Jahr 2011 war für den Südsudan ein ganz be-deutendes: Am 9. Juli 2011 erklärte der neue Staatseine Unabhängigkeit. Laut Angaben des Leitersdes HEKS-Koordinationsbüros, Moses Sika, habendie Südsudanesen im Bereich der Staatsbildung be-reits grosse Fortschritte gemacht: 29 Ministerien, 21Kommissionen, ein nationales Parlament, 10 Be-zirksregierungen, und 10 Legislativen (gesetzge-bende Gewalten) wurden aufgebaut. Trotz diesenFortschritten gehört der Südsudan zu den ärmstenLändern dieser Welt: 80 Prozent der Menschenleben mit weniger als einem US-Dollar am Tag. 4,7Millionen Menschen werden im kommenden Jahrnicht genug zu essen haben. Die lokalen Regierun-gen haben immer noch wenig Kapazität, Arbeits-

Die Fische werden geräuchert, um sie haltbarer zu machen.

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kräfte und finanzielle Mittel, um die Basisbedürf-nisse der Bevölkerung wie Gesundheit und Ernäh-rung zu befriedigen. Und noch immer kehrenTausende von vertriebenen Menschen in ihre Hei-mat zurück. Die Integration dieser Menschen inihren Heimatorten ist eine grosse Herausforderung,der sich HEKS auch in seinen Projekten annimmt.

Einer, der während des Krieges viele Jahre imAusland lebte und wieder in den Südsudan zurück-kehrte, ist Amule Bulben. Er ist einer der Bauern,die im Rahmen des HEKS-Projektes im DistriktMugwo, rund dreissig Kilometer nördlich vonUganda, unterstützt werden. HEKS arbeitet dort mitder Partnerorganisation Mugwo Development Or-ganisation, MDO, zusammen (siehe auch Text Seite6). Die Bäuerinnen und Bauern werden in verschie-denen Bereichen ausgebildet wie Garten- und Ge-treideanbau, Hühner-, Bienen- oder Fischzucht. Siekaufen zu einem reduzierten Preis Saatgut undWerkzeuge von MDO, um das Land besser zu be-wirtschaften. Mugwo liegt nicht am Nil und trotz-dem spielt der Fisch auch in dieser Region eineimmer wichtigere Rolle: In künstlich angelegtenFischteichen züchten die Bäuerinnen und Bauern Fi-sche – ein zusätzliches Einkommen und eine wich-tige Nahrungsergänzung.

Eine Idee aus UgandaAmule Bulben lebt mit seiner Familie und seinemBruder auf einer Farm, die er von seinem Vaterübernommen hat. Im gemeinsamen Haushalt lebenauch seine Frau, zwei eigene Kinder und vier Kinderseiner Schwester. Alle Kinder sind eingeschult. VonMDO erhielt er Bananen- und Ananassetzlinge, die

er sehr erfolgreich kultiviert. Amule Bulben lebteüber ein Jahrzehnt als Flüchtling im Ausland, unteranderem vier Jahre in Uganda. Dort sind Fischtei-che weit verbreitet. Gemeinsam mit einer Koopera-tive bestehend aus dreizehn Bäuerinnen und achtBauern aus dem HEKS-Projekt legten sie mit Hilfevon MDO und Experten aus Uganda selber zweiFischteiche an. Von MDO erhielt die Kooperativeauch Satzfische für die Zucht. Das Fischbusinesskonnte starten.

Amule Bulben hatte zu Beginn keine Ahnungvom Fischen: «Dank einem von MDO bezahlten Ex-perten lernten ich und andere Bauern das Fischen»,sagt er. «Heute fischen wir zusammen rund dreissigKilogramm Fisch pro Monat, sieben Kilogrammessen wir selber, den Rest verkaufen wir und ver-dienen so rund 170 Dollar». Mit diesem Geld be-zahlen die Bauernfamilien die Schulgelder ihrerKinder. Da die Nachfrage sehr gross ist, verkaufensie die Fische an Kunden direkt vor dem Haus, undseit neuestem auch an grosse Fünfsterne-Hotels inJuba. Der Erfolg im HEKS-Projekt hat auch weitereBauernfamilien dazu bewogen, neben der traditio-nellen Landwirtschaft ins Fischbusiness einzustei-gen. Durch das Weitergeben dieses Wissensentstanden in der Region Mugwo achtzehn Fisch-teiche. Der Fisch im Südsudan – eine Erfolgsge-schichte, die dazu beitragen kann, den Hunger zubekämpfen und die Gesundheit und Bildung derMenschen zu fördern.

Weitere Informationen zu den Projekten im Südsudan finden Sie unter

www.heks.ch/handeln.

Ein künstlich angelegter Fischteichim Distrikt Mugwo.

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NAHE BEI DEN MENSCHEN

Bis vor kurzem war es für Joyce Akujound Emmanuel Arike nicht selbstver-ständlich, dass es Frühstück und Mit-tagessen gab. Als die neunköpfigeFamilie nach Kriegsende von ihremExil in den Distrikt Mugwo zurück-kehrte, war ihr Landstück zu klein,um davon leben zu können. Trotz Ar-beit bis zur Erschöpfung brachten siees auf keinen grünen Zweig. Wäh-rend der Regenzeit musste eine Mahl-zeit pro Tag reichen. Das Schulgeldkonnte nur dank Darlehen bezahltwerden, neue Kleider lagen nichtdrin, und wenn jemand krank wurde,hoffte man auf die Heilkraft von Wur-zeln.

Die Saat geht aufIm Jahr 2009 änderte sich vieles zumGuten: Joyce und Emmanuel konntenan einem Workshop der HEKS-Part-nerorganisation Mugwo Develop-ment Organisation (MDO) teilneh-men. «Wir realisierten, dass wir un-sere Landwirtschaft seriöser betreibensollten, und gründeten eine Koopera-tive, zu deren Präsidentin ich gewähltwurde», sagt Joyce. «MDO lehrteuns, wie wichtig gutes Saatgut ist,dass wir nach Plan anpflanzen undnicht mehr einfach alles wachsen las-sen sollten.»

HEKS unterstützt im DistriktMugwo in der südlichen Provinz Cen-tral Equatoria zurzeit rund 2500 Bau-ernfamilien. Diese haben sich in denletzten Jahren zu 2 Fischereikoopera-

tiven, 15 Bauern-, 2 Hühner- und 7 Gemüsekooperativen zusammen-geschlossen. Ihr Ziel ist es, die Er-nährung der Landbevölkerung zu ver-bessern, die landwirtschaftliche Pro-duktion zu erhöhen und neue Ein-kommensquellen zu erschliessen.

Die einträgliche Banane2010 konnte Emmanuel Arike aneiner Studientour nach Luwero, Ugan-da, teilnehmen, wo er neue Anbau-techniken kennenlernte. «Von da ankrempelten wir unsere Anbauflächenund Arbeitsweise vollständig um»,sagt Joyce. «Wir vergrösserten dasGemüsefeld und reicherten es mit al-lerlei wertvollem Gemüse an, zumBeispiel Auberginen, Kürbissen, Ka-rotten, Erbsen, Kohl, Tomaten, Okraund Zwiebeln. Auf einem anderenFeld pflanzten wir Ananas und Ma-toke-Bananen an, die Emmanuel ausUganda mitgebracht hatte.»

Matoke ist eine Bananensorte,die sowohl gekocht als auch roh ge-gessen werden kann, weshalb sie fürviele Familien zum festen Bestandteilder täglichen Ernährung gewordenist. Dank Matoke haben die Bauern-familien im Distrikt Mugwo ihr Ein-kommen erheblich steigern können;viele möchten ihre Bananenfeldernoch vergrössern. Schon Tausendeneue Setzlinge sind an andere Fami-lien kostenlos weitergegeben wor-den, womit sich der Erfolg fortge-pflanzt hat.

Hatten die Mitglieder der Koope-rative bei ihrer Gründung 2009 ge-rade mal knapp drei Hektaren Landbewirtschaftet, so sind es heute fünf-mal so viel. «Allein die Matoke-Bana-nen bringen mir pro Woche 250Pfund (52 Franken) ein», sagt Emma-nuel. Joyce ist froh, dass die Familiejetzt immer genug zu essen hat unddass Geld da ist, um Schulgebührenund Arztkosten zu bezahlen. Doch:«In unserer Nachbarschaft gibt esnoch viele Familien, die in grosserArmut leben. Man sollte auch ihnenhelfen, in die moderne Landwirt-schaft zu wechseln. Das gibt zwar vielArbeit, aber es lohnt sich!»

Patenschaft für Kleinbauern-familienKleinbauernfamilien sollen von ihremStück Land leben können. Dafürbrauchen sie fruchtbares Land, ange-passtes Saatgut, Möglichkeiten zurBewässerung und Kenntnisse in di-versifizierter ökologischer Landwirt-schaft. Mit einer Patenschaft fürKleinbauernfamilien können Sie denHunger nachhaltig bekämpfen. Dankefür Ihre Unterstützung.

Weitere Auskunft erteilt Ihnengerne Susanne Loosli, Tel. direkt

044 360 88 09, E-Mail [email protected]. Den Anmeldetalon

finden Sie auf der Rückseite dieser Ausgabe.

Das können Sie tun: Begleiten Sie Bauernfamilien imSüdsudan in die Unabhängigkeit

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Joyce undEmmanuelArike aufihrem Feld.

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TRANSPARENT

Nur wenige Tage nach dem Erdbeben baute HEKSin Port-au-Prince Strassenküchen auf. Während 100Tagen konnten so täglich 3000 warme Mahlzeitenzubereitet und verteilt werden. Kurz danach wurdeHEKS im Südwesten der Insel im DepartementGrand’Anse aktiv, wo das Hilfswerk seit Jahrzehn-ten unter anderem mit Landwirtschaftsprojektentätig ist.

Humanitäre Hilfe in Grand’Anse erfolgreich abgeschlossenEnde Oktober 2012 konnte die Humanitäre Hilfe inGrand’Anse erfolgreich beendet werden: Die ge-planten 25 traditionellen Häuser für 25 Familien mitÖfen, Toiletten, Zisternen und Wasserfiltern wurdenalle gebaut. Zudem wurden 16,4 km Strasse zu ab-gelegenen Orten ausgebaut, 1,1 km Strasse beto-niert und 6,8 km Strasse gepflastert sowie 4,3 kmMauern zum Stützen der Strassen gebaut. 1046Schulkinder erhielten ein Stipendium, und HEKS hatMaurer und Klempner ausgebildet, die an diesen25 Häusern in 5 Gemeinden gebaut haben. DieEZA-Projekte im Bereich Landwirtschaft und Wis-sensvermittlung werden weitergeführt wie bisanhin.

Die Häuser in Petit Goâve hielten «Sandy»standDie meisten NGO haben die Region um Petit Goâvebereits Ende 2011 verlassen. HEKS blieb vor Ort undbaute hier als einzige NGO keine temporären Un-terkünfte, sondern für den dauerhaften Gebrauchbestimmte, solide Häuser. Das Konzept hat sich be-währt, diese Häuser haben auch dem Sturm Sandystandgehalten.

HEKS bezieht in Petit Goâve die lokalen Behör-den und die Bevölkerung so weit wie möglich in dasProjekt ein. Die Bevölkerung wählte lokale Komi-tees, welche für die Vorselektion der potenziellenBegünstigten des Wiederaufbaus verantwortlich

sind. Begünstigt werden Alleinerziehende, kinder-reiche Familien sowie Familien mit Mitgliedern, dieaufgrund des Erdbebens körperlich behindert sind.Die Begünstigten und ihre Familien müssen Eigen-leistungen in Form von Mitarbeit auf der Baustelleerbringen. Auch wurden mehr als 80 lokale Maurerausgebildet, welche im Projekt Arbeit fanden. VorOrt zeigte sich etwa auch, dass es kostengünstigerist, stark zerstörte Häuser abzureissen und komplettneu zu bauen. Bis Anfang Oktober 2012 konnten680 Personen eine dauerhafte Unterkunft bezie-hen, 141 Häuser wurden bereits gebaut, 20 Häuserbefinden sich im Bau. Ebenso wurden 112 Latrinengebaut.

Intern aufgedeckter Fall von VeruntreuungNichtsdestotrotz findet die Arbeit in Petit Goâve ineinem fragilen, schwierigen Umfeld statt. Im Rah-men von HEKS-internen Kontrollen wurden Unre-gelmässigkeiten beim Warenlager in Petit Goâvefestgestellt. Ein lokaler Mitarbeiter wird dringendverdächtigt, zusammen mit Komplizen Waren imWert von rund 243 000 Franken entwendet zuhaben. In der Folge hat sich HEKS von den Haupt-verdächtigen wie auch von den massgeblich ver-antwortlichen Mitarbeitenden getrennt. RechtlicheSchritte werden geprüft. Die operative Arbeit inPetit Goâve musste vorübergehend eingestellt wer-den. In der Zwischenzeit konnten die Schlüsselposi-tionen neu besetzt werden, und Logistikprozessewurden angepasst. Damit sind die nötigen Voraus-setzungen für die Wiederaufnahme der Projekt-arbeit geschaffen. Der Schaden wird durch Rück-stellungen aus Wertschriftenerträgen gedeckt, essind also keine Spendengelder davon betroffen.

HEKS hat einen umfassenden Transparenzkodex veröffentlicht. Damit soll Klarheit über Definition,

Grundsätze und Praxis transparenter Kommunikation geschaffen werden. Hier können Sie den Transparenz-

kodex herunterladen: www.heks.ch/handeln.

Drei Jahre nach dem Erdbeben in Haiti: HEKS zieht Bilanz

Das Erdbeben in Haiti jährte sich am 12. Januar zum dritten Mal. HEKS ist seit 39 Jahren auf Haiti mit Entwicklungs- und Soforthilfeprojekten

tätig und konnte dank seiner guten Vernetzung quasi umgehend mit der Soforthilfe in Port-au-Prince beginnen. Für den Wiederaufbau konzentrierte sich HEKS anschliessend auf die Regionen Petit Goâve und Grand’Anse.

Die Projekte werden von der Glückskette mitfinanziert. VON SUSANNE STAHEL

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der Sarada Educational Society (SES), einer Partner-organisation von HEKS. SES arbeitet in rund zehnDörfern im Distrikt Nellore im Bundesstaat AndhraPradesh und unterstützt vorwiegend kastenlose Be-völkerungsgruppen, die vom Rest der Bevölkerunggemieden und ausgestossen werden. Gerade aufdem Land, wo Traditionen noch immer fest veran-kert sind, ist die Kastenzugehörigkeit eine schick-salshafte Gegebenheit: Menschen, die im indischenKastensystem ganz unten angesiedelt sind oder garnicht dazugehören, werden in Armut geboren undbleiben in der Regel auch dort stecken. Gandhinannte die Kastenlosen «Harijan», die «Kinder Gottes». Sie selbst haben sich den Namen «Dalit»gegeben, die « Zerbrochenen». Auch die Urein-wohner Indiens, die Adivasi, gehören keiner Kastean und werden von der Gesellschaft diskriminiertoder bestenfalls gemieden.

«Oft besetzen die Angehörigen der höherenKasten das fruchtbare Land und die Wasserstellenrund um die Dörfer, und die Kastenlosen arbeitenzu Hungerlöhnen auf ihren Feldern, da sie kein eigenes Land besitzen», erklärt Geetha. «Wir er-muntern Adivasi- und Dalit-Familien, brachliegen-des Regierungsland, das oft etwas weiter weg vonden Dörfern liegt, zu bewirtschaften. Ein indischesGesetz besagt, dass Menschen, dieRegierungsland während dreier Jahrebebaut haben, Landtitel dafür einfor-dern können. Dabei unterstützen wirdie Menschen dann.» Auf diesemWeg konnten allein im BundesstaatAndhra Pradesh mit Unterstützungder HEKS-Partnerorganisationen be-reits Titel für über 4000 HektarenLand erkämpft werden.

Von der Regierung wurden je-doch schon seit zwei Jahren keineLandtitel mehr vergeben. Unzählige

DI E L U F T F L I R R T, 35 Grad im Schatten, dieVentilatoren in dem Versammlungsraum aufeinem Hoteldach in der Stadt Venkatageri

surren. Rund hundert Menschen haben sich heutehier eingefunden. Im Schneidersitz, dicht aneinan-dergedrängt, hören sie der Frau im Sari zu, die zuihnen spricht. «Wenn ihr eure Stimme nicht erhebt,wird niemand um eure Probleme wissen», ruft sieund fährt fort: «Darum geht auf die Strasse undmacht Lärm. Ihr seid keine Bettler, sondern ihr habtRechte. Aber ihr müsst Lärm machen, damit ihr siebekommt.» Auf ihre Rede folgt Trommelwirbel undApplaus, und alle Versammelten rufen wie aus einerKehle «Cheddama!», «Los geht’s!». Und schon su-chen alle ihre Gummisandalen und sind in ordent-lichen Kolonnen – Frauen vorne, Männer hinten –auf dem Weg hinaus auf die Strasse.

Die Kinder GottesDie Frau, die zu den versammelten Demonstrantengesprochen hat, heisst Geetha und ist Direktorin

Indien – Landlose in BewegungIn Indien unterstützt HEKS die ärmsten Bevölkerungsgruppen in ihremKampf um Land und Ernährungssouveränität. Eigenes Land zu besitzen, be-deutet insbesondere für Indiens Kastenlose eine Überwindung diskriminierendergesellschaftlicher Strukturen und einen Aufbruch in ein würdevolles Leben.

VON CORINA BOSSHARD (TEXT) UND KARIN DESMAROWITZ (FOTOS)

● Delhi

INDIEN

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PAK

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SRI LANKA

CHINA

Andhra Pradesh

Golf von Bengalen

Bild rechts: Hundertevon Landlosen an einemDemonstrationszugdurch die Stadt Venkata-geri. Sie kämpfen für dieVerteilung des Landes.

Bild rechts unten: Lashi-amma Maekalollo gibtdem Lokalfernsehenselbstbewusst Auskunftüber ihren Landkampf.

Bild links: Geetha ist die Direktorin der HEKS-Partnerorganisation Sarada Educational Society in Indien

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Anträge sind hängig. «Der Finanzminister vonAndhra Pradesh hat uns versprochen, dass man diebeantragten Titel in ein, zwei Monaten an die Familien verteilen wird. Nun erwarten wir, dass dieRegierung ihr Versprechen hält. Daher diese De-monstration. Wir überreichen dem Finanzdirektorvon Venkatageri ein Memorandum, in dem wir ihnan das Versprechen der Regierung erinnern. Hiergeht es um rund 80 Hektaren für 63 Familien.»

Dröhnende Trommeln, fliegende FäusteDer Menschenzug hat sich bereits in Bewegung ge-setzt, mit Banner und Trommlern an der Spitze.«Verteilt das Land! Es gehört uns, gehört uns!»,rufen die Demonstranten, die traditionellen Du-bingi-Trommeln dröhnen, Fäuste fliegen in die Luft.Die Menschen auf den Strassen bleiben stehen,blicken dem bunten Zug nach. Nach gut einer hal-ben Stunde Marsch durch das Stadtzentrum kom-men die Demonstranten vor dem Sitz der Behördean, um ihr Memorandum zu überreichen. Nach we-nigen Minuten des Trommelns, Tanzens und Lär-mens auf der Strasse wird ihnen Einlass gewährt.

HEKS arbeitet seit fünfundfünfzig Jahren in In-dien. Seit rund zehn Jahren ist der Landkampf fürbenachteiligte Bevölkerungsgruppen ein Schwer-punkt. Im Jahr 2003 gründete HEKS in den dreiBundesstaaten, in denen es tätig ist, Landrechtsfo-ren. Deren Ziel ist es, die Aktivitäten der Partner zukoordinieren. Die verschiedenen HEKS-Partnerorga-nisationen treffen sich in diesen Foren regelmässig,tauschen Informationen aus, besprechen Strategienund planen gemeinsame Aktivitäten. Alle öffentli-chen Aktivitäten geschehen im Namen des Forums,nicht im Namen der einzelnen Organisationen. Diesvergrössert nicht nur ihre Wirkung, sondern erspartes den Organisationen auch, sich einzeln exponie-ren zu müssen.

Die Audienz beim Finanzdirektor ist inzwischenzu Ende. Geetha ist zufrieden: «Er hat jetzt gese-hen, dass es uns ernst ist und wir, wenn nötig, wei-

ter Druck machen werden.» Inzwischen sind auchZeitungsfotografen und ein Team des Lokalfernse-hens eingetroffen. Das Fernsehen bittet eine De-monstrantin in leuchtend pinkem Sari um einInterview. Sie willigt sofort ein und erzählt demJournalisten mit selbstbewusstem Blick in die Ka-mera von ihrem Landkampf. Vor einigen Jahrenwurde sie von Grossgrundbesitzern von dem StückLand, das ihre Eltern bereits bebaut hatten, vertrie-ben. Die Grossgrundbesitzer behaupteten, sie hät-ten das Land gekauft. Sie habe einen Beweis dafürsehen wollen, doch dann hiess es plötzlich, dasLand sei jetzt als Forstland ausgewiesen und mandürfe es – zum Schutz des Waldes – nicht mehr be-bauen.

Forstland ohne Bäume«Forstland, sagten sie, obwohl nicht ein einzigerBaum darauf steht. Und all die Parzellen rundherumkönnen bebaut werden», erzählt Lashiamma Mae-kalollo kopfschüttelnd, als sie ein paar Stunden spä-ter vor ihrem Haus im Dorf Vadipalli auf einer Mattesitzt und Reis kocht. «Uns blieb nichts anderesübrig, als unseren Lebensunterhalt als Tagelöhnerzu verdienen und Brennholz zu sammeln und es aufdem Markt zu verkaufen. Meinen ältesten Sohn,Ankaia, musste ich aus der Schule nehmen, weil ichihm die Uniform und Bücher nicht bezahlenkonnte.»

Schliesslich kam vor drei Jahren die Organisa-tion SES ins Dorf, hörte sich die Probleme der Fa-milie an und motivierte sie, auf dem Rechtsweg fürdie Landtitel zu kämpfen. Seit drei Jahren tut dasLashiamma: Sie trifft sich mit Beamten, stellt Fra-gen, fordert Antworten, nimmt an Demonstratio-nen teil. SES liefert juristische Informationen, reichtAnträge ein, organisiert Treffen und Anlässe.«Heute Morgen hab ich dem Mann vom Fernse-hen gesagt: ‹Ja, ich bin Adivasi, aber ihr müsstmich gleich behandeln›», sagt Lashiamma undfügt an: «Wenn ich heute fähig bin, zu kämpfen

Indien – Wirtschafts-macht, Wohlfahrtsstaat,Armenhaus100 Tage bezahlte Arbeit, Wit-wen- und Alterspensionen, ver-billigte Lebensmittel, subventio-niertes Küchengas – die Liste derSozialprogramme in Indien istlang. Doch trotz diesen Wohl-fahrtsprogrammen und trotzeinem soliden Wirtschaftswachs-tum ist die Zahl der Armen in denvergangenen zwanzig Jahrennicht gesunken. Noch immerleben rund 340 Millionen – dassind 34 Prozent der Bevölkerung

– unter der absoluten Armuts-grenze von einem Dollar pro Tag.

Die Gründe dafür sind viel-schichtig: Traditionelle Elitenfunktionieren Wohlfahrtspro-gramme häufig zu ihrem Nutzenum. Viele der Bedürftigen ken-nen zudem ihre Rechte nicht undnehmen die Programme nicht inAnspruch. Viele, die es versu-chen, scheitern an korrupten Be-hörden und umständlichenVerfahren. Ähnlich ist es mit denGesetzen im Bereich des Zu-gangs zu Land für Landlose, dieauf dem Papier zwar existieren,aber in der Realität kaum An-

wendung finden.Hier setzen dieHEKS-Partnerorganisationen an:Es geht nicht darum, Almosen inein Land zu tragen, das sich einesjährlichen Wirtschaftswachstumsvon rund 7 Prozent rühmt, son-dern darum, den Projektbegüns-tigten aufzuzeigen, wie sie dieGesetze, Dienstleistungen undRessourcen, die ihnen zustehen,bewusst einfordern und nutzenkönnen. Nur so kann ein drin-gend notwendiges «Herabsi-ckern» des Reichtums, der sich inden Händen einiger wenigerkonzentriert, ermöglicht werden.

Nach der Demonstra-tion geht zu Hause imDorf Vadipalli der All-tag weiter.

Bild unten: Lashiammaund ihr Mann werdenvon einem Mitarbeiterder HEKS-Partnerorgani-sation SES beraten. Diedrei stehen auf demLand, um das Lashiammaseit Jahren kämpft.

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und in der Öffentlichkeit meine Meinung zu äus-sern, dann weil SES mir das Vertrauen dazu gege-ben hat. Die Angst von früher ist weg. Ich kennemeine Rechte und weiss, dass ich unterstütztwerde.»

Von Alkoholbrennern zu ErdnussbauernÄhnliches erzählen auch Naek und Dhareni Modehaus dem Dorf Prakashnagar im benachbarten Di-strikt Cudappah. «Früher besassen wir kein Land»,erklärt Naek. «Wir sammelten und verkauftenBrennholz und brannten illegal Schnaps aus Zuckerrohr, um über die Runden zu kommen. Die Menschen in der Nachbarschaft mieden uns.»Schliesslich sei die Organisation DROPS in ihr Dorfgekommen und habe sie dazu motiviert, das brach-liegende Regierungsland neben dem Dorf zu be-bauen und die Titel dafür einzufordern.

Auch DROPS ist eine Partnerorganisation vonHEKS und Teil des Landforums in Andhra Pradesh.Gemeinsam wurden Strategien entwickelt, Aktivi-täten geplant und Beweise dafür eingereicht, dassdie Familien in Prakashnagar das Regierungslandbebauen. Vor drei Jahren dann erhielt FamilieModeh Landtitel für 1,6 Hektaren Land. «Wirhaben gemeinsam Druck gemacht. Wir Frauen sindvor das Regierungsgebäude gestanden und habengeschworen, dass wir Gift trinken, wenn wir dasLand nicht bekommen», erzählt Dhareni. «Ich weissjetzt, dass ich gewinnen kann, wenn ich kämpfe.»

Wie eine Oase in der WüsteSobald die Menschen Landtitel in der Hand haben,können sie bei den Banken Kleinkredite beantragenund diverse staatliche Dienstleistungen zur Ent-wicklung ihres Landes einfordern, wie etwa das Be-reitstellen von Wasser und Elektrizität. Dank derUnterstützung durch HEKS konnte auch FamilieModeh staatliche Ressourcen anzapfen: zwei Brun-nenbohrlöcher und Anschluss an die Stromleitung.Nun können sie ihren Boden auch in der Trockenzeitbewässern. Ihr Land gleicht heute einer grünenOase inmitten der trockenen, steinigen Landschaft.Überall spriessen Erdnusssetzlinge. Für FamilieModeh hat sich mit dem Landbesitz viel verändert.Der Erlös aus den rund vierzig Säcken Erdnüsse proErnte bringt ihnen heute genug zum Leben ein:«Wir können uns auf die Ausbildung und Zukunftunserer Kinder konzentrieren», sagt Dhareni. Landzu besitzen, bedeutet in Indien mehr als nur eine fi-nanzielle Besserstellung. Für Kastenlose und Adivasibedeutet es einen sozialen und gesellschaftlichenAufstieg, einen Ausbruch aus diskriminierenden ge-sellschaftlichen Strukturen. «Wir sind jetzt Landbe-sitzer», sagt Naek Modeh. «Wir konnten unsereSchulden zurückbezahlen, und die anderen Land-besitzer der höheren Kasten reden mit uns.» UndDhareni fügt an: «Früher musste ich manchmal aus-serhalb des Dorfes betteln gehen. Diese Zeiten sindvorbei. Dieses Land hat mir meine Würde zurück-gegeben.»

Naek und Dhareni Modehbewässern Erdnusssetz-linge auf ihrem eigenenLand.

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ANWALTSCHAFT FÜR SOZIAL BENACHTEILIGTE

Weitere Veränderungen im Asylbereich stehen an

Das Parlament hat 2012 im Rahmen der 10. Revision des Asylgesetzes weitere Verschärfungendurchgesetzt. HEKS bedauert diese und ist der Meinung, dass sie ethisch fragwürdig und in derPraxis wirkungslos sind. HEKS begrüsst aber den Verzicht auf unnötig verlängerte Wartefristen fürvorläufig Aufgenommene. Für dieses Jahr stehen weitere Veränderungen im Asylbereich an.

VON BETTINA FILACANAVO

Zu den Verschärfungen, die im letz-ten Jahr vom Parlament vorgenom-men wurden, gehört auch dieAbschaffung des sogenannten Bot-schaftsverfahrens. Schutz suchendeMenschen können nicht mehr aufSchweizer Botschaften im AuslandAsylgesuche stellen. Für viele war diesder einzige legale und mögliche Weg,Asyl in der Schweiz zu beantragen.Deshalb fordert HEKS, dass dieSchweiz wieder Flüchtlingsgruppenvor Ort aufnimmt, um einen legalenund sicheren Weg für bedrohte Men-schen zu gewährleisten.

Aufhebung der Desertion alsAsylgrundEin weiterer Entscheid war die Auf-hebung der Desertion als Asylgrund.Gemäss der Genfer Flüchtlingskon-vention erfüllt eine Person die Flücht-lingseigenschaft, wenn sie wegenihrer Ethnie, Nationalität, Religion,politischen Anschauung oder Zuge-hörigkeit zu einer bestimmten sozia-len Gruppe verfolgt wird. Wenn einDeserteur einen dieser Fluchtgründeerfüllt, ist er nach der Flüchtlingskon-vention als Flüchtling anzuerkennen.Daran muss in der Praxis festgehaltenwerden.

Nothilfe für renitente und abge-wiesene AsylsuchendeWeiter gibt es für renitente und ab-gewiesene Asylsuchende ausnahms-los nur noch Nothilfe statt Sozialhilfe.HEKS ist der Meinung, dass der Be-griff Renitenz definiert werden muss,um Willkür zu vermeiden. Ebenfallskritisch beurteilt HEKS den Beschluss,der abgewiesene Asylsuchende be-trifft: Bisher war es für die Kantonenicht zwingend, Personen mit rechts-kräftigem WegweisungsentscheidNothilfe zu verordnen. Aufgrund der

Gesetzesänderung können die Be-dürfnisse besonders verletzlicher Per-sonen künftig nicht mehr berück-sichtigt und aufgefangen werden.

Keine verlängerten WartefristenMit Erleichterung nahm HEKS zurKenntnis, dass die Wartefristen fürFamiliennachzug und Aufnahmebe-willigung für vorläufig Aufgenom-mene nicht zusätzlich verlängertwurden. Gleichzeitig hält HEKS fest,dass vorläufig aufgenommene Perso-nen in der Schweiz schon heutegrosse Hürden überwinden müssen,gerade was den Familiennachzug betrifft: So muss zum Beispiel ein Familienvater nach Erteilung einervorläufigen Aufnahme nicht nur dreiJahre warten, bis er einen Antrag aufFamiliennachzug stellen kann, ermuss auch nachweisen, dass er wirt-schaftlich unabhängig ist und finan-ziell für seine Familie aufkommenkann. Ohne feste Aufenthaltsbewilli-gung, die ihrerseits eine Wartefristvon fünf Jahren voraussetzt, sind dieAussichten auf eine gut bezahlte Ar-beit gering. Sowohl die lange Tren-nung von der Familie als auch der

niedrige soziale Status wirken sich ne-gativ auf die Integration aus.

2013: Weitere Veränderungen im Asylverfahren stehen an Der Bund plant unter anderem eineVerkürzung der Verfahren. HEKS be-fürwortet grundsätzlich beschleu-nigte Verfahren, weil sie die Situationder Asylsuchenden, die oft über Jahreim Ungewissen leben müssen, deut-lich verbessern. Allerdings muss ge-währleistet sein, dass jeder und jedeAsylsuchende seine/ihre Rechte trotzdem straffen Verfahren einfordernkann. Mit den heutigen Ressourcen,die die Rechtsberatungsstellen zurVerfügung haben, ist dies nicht zu leisten. HEKS fordert deshalb, dassjedem Asylsuchenden vom ersten Tagan bis zum definitiven Entscheid eineprofessionelle, kostenlose und unab-hängige Rechtsberatung und -ver-tretung zur Verfügung steht. Als Mit-glied der Schweizerischen Flücht-lingshilfe steht HEKS im Dialog mitdem Bundesamt für Migration undsetzt sich auch dort für die Rechte derAsylsuchenden und oben genannteForderungen ein.

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14 SOZIALE INTEGRATION

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HEKS setzt sich ein für Chancen-gleichheitIn allen HEKS-Inlandprojekten ist Chancengleichheit ein zen-trales Ziel. Diesem Thema wird sich HEKS in Zukunft nochstärker widmen, sowohl in der Projektarbeit als auch in Formeiner Kampagne. Diese findet 2013 im Mai statt. Dabei stehtinsbesondere der chancengleiche Zugang zum Arbeitsmarkt bzw.die Bekämpfung von Diskriminierung in der Arbeitswelt imFokus. Aufgrund der Erfahrung aus der Projektarbeit im Rah-men der sozialen Integration weiss HEKS, wo Menschen in derSchweizer Arbeitswelt diskriminiert werden können. VON CORINA BOSSHARD

«Wir fordern seit vielen Jahren ein Antidiskrimi-nierungsgesetz»Antoinette Killias ist seitacht Jahren verantwortlichfür die HEKS-Projekte inder Schweiz. Mit ihr gesprochen hat Bettina Filacanavo.

Antoinette Killias, was bedeutet fürSie Chancengleichheit?

Chancengleichheit beginnt schonfrüh, denn sie bedeutet, dass ich vonmeinen Eltern und später in derSchule in meinen eigenen Fähigkeitengefördert werde. Dies setzt ein ent-sprechend sensibilisiertes familiäresund schulisches Umfeld voraus. Spä-ter, wenn ich einen Beruf lernen oderdarauf arbeiten möchte, braucht esbei den Unternehmen eine Anstel-lungs- und Personalentwicklungspo-litik, die sich nach den Qualifikationenund effektiv erbrachten Leistungenrichtet. Es soll um mich, meine Fähig-keiten und Leistungen gehen, unab-hängig meiner sozialen Herkunft,Nationalität oder meines Geschlech-tes. Sind keine strukturellen oderrechtlichen Hindernisse vorhandenund ist eine allfällige Diskriminierungeinklagbar, dann besteht Chancen-gleichheit. Alle sollen sich in die Ge-sellschaft einbringen, an ihr teilhabenund für sich gute Lebensumständerealisieren können.

Warum greift HEKS dieses Themaauf?

Aus unserer täglichen Arbeit wis-sen wir, dass gewisse Gruppen aufdem Arbeitsmarkt klar benachteiligtsind: Es sind erwerbslose Menschenüber 55, die es schwer haben, denWiedereinstig ins Berufsleben zu fin-den. Weiter sind es Jugendliche, dieden Übergang von der Schule zur Be-rufsbildung oder ins Erwerbslebennicht schaffen, sei es aufgrund ihresMigrationshintergrunds, oder sei es,dass ein schwieriges familiäres Um-

CH A N C E N G L E I C H H E I T bedeutetnicht, dass alle partout dasGleiche bekommen sollen.

Chancengleichheit bedeutet vielmehr,dass alle, die bereit sind, etwas dafürzu leisten, auch das Gleiche erreichenkönnen sollen. Oder anders gesagt:Jeder Mensch sollte die gleichenChancen im Leben haben und nichtaufgrund von sozialer Herkunft, Na-tionalität, Geschlecht, Religion oderAlter benachteiligt werden.

Dieser Grundgedanke ist nichtnur ein moralisches Gebot, er ist auchin Artikel 8 unserer Bundesverfassungrechtlich verankert: «Niemand darfdiskriminiert werden, namentlichnicht wegen der Herkunft, der Rasse,des Geschlechts, des Alters, der Spra-che, der sozialen Stellung, der Lebens-form, der religiösen, weltanschauli-chen oder politischen Überzeugungoder wegen einer körperlichen, geis-tigen oder psychischen Behinde-rung.»

Dass dies so sein sollte, scheinteinleuchtend, je geradezu selbstver-ständlich. Die Realität in der Schwei-zer Arbeitswelt sieht allerdings oftanders aus: In der Realität findet nurjede fünfte Person, die nach dem 55.Lebensjahr arbeitslos wird, wiederden Einstieg ins Arbeitsleben – der

Rest bleibt langzeitarbeitslos. In derRealität müssen Jugendliche miteinem ausländisch klingenden Nach-namen, auch wenn sie ihre Ausbil-dung in der Schweiz absolvierthaben, fünfmal mehr Bewerbungenschreiben als Schweizer Jugendliche,um zu einem Vorstellungsgesprächeingeladen zu werden, und brauchenim Schnitt doppelt so lange wie ihreSchweizer Altersgenossen, um eineStelle zu finden, auch wenn sie glei-che Schulleistungen vorweisen kön-nen. Und in der Realität ist jede dritteMigrantin aus einem Staat ausserhalbder EU für die Arbeit, die sie hier ver-richtet, überqualifiziert, weil ihre imAusland erworbene Ausbildung inder Schweiz nicht anerkannt wird.

Faktoren wie die soziale Her-kunft, das Alter oder die ethnischeZugehörigkeit prägen die Chancenauf eine Arbeitsstelle und den beruf-lichen Werdegang eines Menschenoft stärker als seine tatsächlichen Fä-higkeiten, sein Wissen oder seine Be-rufserfahrung. HEKS möchte mitseiner Projektarbeit in der Schweiz imBereich der Arbeitsintegration dahereinen Beitrag dazu leisten, die Chan-cen der betroffenen Menschen aufBildung und Arbeit zu verbessern.

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feld und damit verbunden fehlendeUnterstützung in der Schule zuschlechten Schulleistungen führen.Auch hochqualifizierte MigrantInnenv. a. aus Drittstaaten finden den Ein-stieg in die Schweizer Arbeitswelt nurschwer oder nehmen einen berufli-chen Abstieg auf sich, wenn sie ar-beiten wollen. Selbstverständlich sindauch niedrig qualifizierte Erwachsenevon Diskriminierung betroffen. VieleStudien aus der Schweiz und aus derEU belegen unsere Erfahrungen.

Wie fördert HEKS in der Projekt-arbeit die Chancengleichheit?

Wir unterstützen auf der einenSeite die Stellensuchenden und auf

der anderen Seite die ArbeitgeberIn-nen. ArbeitgeberInnen können wirberaten und ihnen die nötigen Infor-mationen über die individuellen Kom-petenzen und Eignung der Kandi-datInnen geben. Die Stellensuchen-den unterstützen wir bei der Aner-kennung ihrer Diplome und imRahmen von verschiedenen Arbeits-integrationsprogrammen: So fandenim Jahr 2011 44 Prozent von 528 Teil-nehmenden eine Arbeitsstelle. 328Personen konnten für Arbeitseinsätze

im gemeinnützigen Bereich vermitteltwerden. Für 31 gut qualifizierte Mi-grantInnen konnten MentorInnen ge-funden werden, und 1677 Personenbesuchten einen Sprachkurs vonHEKS.

Warum zahlt sich Chancengleichheitaus?

Chancengleichheit fördert dengesellschaftlichen Zusammenhalt undist zudem volkswirtschaftlich profita-bel, weil sie die Stabilität des Wirt-schaftsstandortes Schweiz stärkt undgesamtgesellschaftliche Kosten senkt.Eine auf Chancengleichheit ausge-richtete Rekrutierungs- und Unter-nehmenspolitik hat auch einen be-triebswirtschaftlichen Nutzen, weil siefür Unternehmen Wettbewerbsvor-teile schafft. Es gibt daher schon vieleUnternehmen in der Schweiz, welchesich vorbildlich für Integration undChancengleichheit in ihrem Betriebeinsetzen.

Welche Forderungen stellt HEKS imRahmen der Kampagne?

Wir fordern vom Gesetzgeber einnationales Gleichbehandlungsgesetzwie es die EU kennt, das kommteinem umfassenden Antidiskriminie-rungsgesetz gleich. Weiter sollen Ar-beitgeberInnen sensibilisiert werden,eine diskriminierungsfreie und aufChancengleichheit basierte Unter-nehmens- und Personalpolitik anzu-streben.

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HEKS unterstützt in sei-nen Arbeitsintegrations-programmen Menschen,

die auf dem Arbeitsmarktklar benachteiligt sind.

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16 HUMANITÄRE HILFE

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lief doch eigentlich sehr gut – ichwerde in diesem Workshop nichtsbeitragen oder lernen können.» Dochnach der gemeinsamen Erarbeitungvon relevanten Stärken und Schwä-chen sowie von zahlreichen Empfeh-lungen war er beeindruckt: «Dashätte ich nie gedacht. Der Lernpro-zess hat mich überzeugt. Ich werdenun in Zukunft noch bessere Arbeitleisten können.»

Gemeinnützige Arbeit der BegünstigtenEine zentrale Erkenntnis aus demLernprozess war, dass eine Lebens-mittelverteilung kombiniert werdensollte mit gemeinnütziger Arbeit derBegünstigten: Die Dorfgemeinschaf-ten beteiligten sich z. B. beim Einzäu-nen von Reserveweideflächen fürKälber und Mutterkühe, bei der Ter-rassierung von Feldern zum Schutzvor Erosion, der Verbesserung von

Tiefenbrunnen oder beim Aushebenvon Sammelbecken für Regenwasser.Dies alles hilft, die Menschen besserauf eine nächste Dürre vorzubereiten.Gemeinnützige Arbeit als Katastro-phenprävention sollte wenn immermöglich zu jeder Lebensmittelvertei-lung gehören, mit mehr Fachunter-stützung und finanziellen Mitteln.Wenn gemeinnützige Arbeit möglichist, sollte sie fachlich begleitet werdenund so ausgerichtet sein, dass sie diebetroffenen Menschen unterstütztund die Gemeinschaft stärkt.

SchulungenNachdem die lokalen Mitarbeitendeneine vertiefte Weiterbildung zu ihrenAufgaben erhielten, wurden die Ver-teilungen effektiver. Zum Beispielkonnte die Wartezeit der Familien bei

Wirkung verstärken – dank Le HEKS führte 2011 und 2012 im Süden Äthiopiens seine grösste Lebensmittelverteilung überhaupt dur verteilungen, und gleichzeitig sorgte das Projekt für die Wiederherstellung von Lebensgrundlagen wie Wäthiopische Partnerorganisation OSHO meisterten die grosse logistische Herausforderung in einer abgelVON STEFAN GISLER (TEXT) UND JUDITH MACCHI (FOTOS)

WIR SIND ES unseren Spende-rInnen und vor allem denMenschen in Not schuldig,

dass wir ständig unsere Arbeit über-prüfen und lernen. Um die Arbeitnoch effektiver ausführen zu können,entschieden wir uns, das Nothilfepro-jekt in Äthiopien zu evaluieren, ge-rade weil es so erfolgreich war.Positives wie Negatives wurde doku-mentiert, um daraus Schlüsse fürkünftige Katastropheneinsätze zu zie-hen – in Äthiopien, aber auch in an-deren Ländern.

Ende 2012 führte HEKS deshalbeine sogenannte «After Action Re-view» mit Fragebögen, Einzel- undGruppeninterviews sowie Workshopsmit Mitarbeitenden von HEKS undder Partnerorganisation, Regierungs-stellen, Lieferanten und auch mit derBevölkerung durch. Vor dem Work-shop meinte Tafesse, ein engagierterMitarbeiter von OSHO: «Das Projekt

Im Rahmen von Work-shops mit Mitarbeiten-den von HEKS und derPartnerorganisation

OSHO wurde die Nah-rungsmittelverteilungim Süden Äthiopiensevaluiert.

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den Verteilungen verkürzt werden,und die Lagerung der Lebensmittelwar einwandfreier. Solche Schulun-gen müssen so früh wie möglichdurchgeführt werden.

FrühwarnsystemeIn diesem Lernprozess wurde auchklar, dass sogenannte Frühwarnsys-teme sehr wichtig sind: Schon früh in-formierte der Partner vor Ort HEKSüber die drohende Katastrophe.

Darum konnte HEKS mit der Hilfe un-mittelbar nach dem Hilfsappell derRegierung im Juli 2011 beginnen.HEKS setzt sich zum Ziel, in all sei-nen Projektländern solche Frühwarn-systeme einzuführen. Auch die guteZusammenarbeit mit Regierung, Be-völkerung, Partnern und anderenHilfswerken führte zu einer gezieltenAktion. Dennoch: Es braucht verstärktgemeinsames Vorgehen im Katastro-phengebiet, aber auch in der Schweiz.

PräventionIn katastrophenanfälligen Gebietenmuss im Rahmen der «normalen»Entwicklungsprojekte alles getanwerden, dass die Bevölkerung auchbesser auf mögliche Katastrophenreagieren kann. In Äthiopien werdendie Projekte aufgrund der Erfahrun-gen bereits verbessert – weltweit ver-stärkt HEKS seine Bemühungen in dersogenannten Katastrophenrisikover-minderung.

rnench. Über 30 000 Menschen überlebten die katastrophale Dürre dank Lebensmittel-asserversorgung, Viehweiden, Landwirtschaftsland und Strassen. HEKS und seineegenen Region erfolgreich.

Hilfe für Dürreopfer in ÄthiopienIm Sommer 2011 wurde das Horn von Afrika nach zweiJahren ohne Regen von einer der schlimmsten Dürrekata-strophen innerhalb der letzten 60 Jahre heimgesucht – vorallem im kargen Land der Borana, im Süden Äthiopiens, woHEKS seit Jahren Entwicklungsprojekte vorantreibt. Die Fa-milien verloren grosse Teile ihrer Tierherden und somit ihrewichtigste Nahrungsmittelquelle, die Milch. HEKS hat ge-meinsam mit OSHO in monatlichen Verteilungen insgesamt

4780 Tonnen Mais, 478 Tonnen Hülsenfrüchte, 500 Ton-nen mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Spe-zialnahrung und 144 Tonnen Speiseöl an über 30 000Menschen abgegeben. Zudem wurden 14 Wasserrückhal-tebecken, 8 traditionelle Brunnen, 1400 ha Weideland, 870ha Landwirtschaftsland, 197 km Strassen wiederhergestellt.

HEKS ist akkreditierter Partner der Glückskette, die das Projekt mitfinanziert.

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18 KONFLIKTBEARBEITUNG

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Sträuchern führt Umar al Ghubari vonder israelischen Organisation Zochrotdie Gruppe zu einem verlassenenmuslimischen Friedhof. Der Friedhofist einer der letzten Hinweise auf AlManshiyya, eines der acht palästinen-sischen Dörfer, auf denen Tel Aviv er-baut wurde. «Heute wissen nur nochwenige Israelis mit jüdischer Herkunftetwas über die Geschichte Palästinasvor der Gründung des hebräischenStaates», erklärt er und hält dabeieinen alternativen Fremdenführer inder Hand, der über die Geschichtedes zerstörten Dorfes berichtet undvon der Organisation herausgegebenwird. Zochrot erachtet es als beson-ders wichtig, die jüdische israelische

Bevölkerung für diesen Teil der Ge-schichte zu sensibilisieren, um das ge-genseitige Verständnis zu fördern.Diese Meinung teilt auch der Sozio-loge und Professor Yehuda Shenhav,der die Gruppe am späten Nachmit-tag in der Universität Tel Aviv zu einerDebatte über die «Zweistaatenlö-sung» mit Yarif Oppenhaimer von derOrganisation Peace Now empfängt.

Open Forum ist ein Projekt vonHEKS, das die Zusammenarbeit seinerPartnerorganisationen fördert. Zoch-rot und der palästinensischen Organi-sation für Flüchtlingsrechte BADIL istgemeinsam gelungen, ein Projekt aufdie Beine zu stellen, das sich mit kon-kreten Fragen zur Anwendung desRückkehrrechts befasst. So werdenauf der Grundlage von historischenDokumenten, Augenzeugenberich-ten und Analysen Workshops mit palästinensischen Flüchtlingen undinteressierten Israelis organisiert. Ge-meinsam sollen konkrete Lösungenerarbeitet werden, die einerseits dieRechte der Flüchtlinge wahren undandererseits die Rechte der israeli-schen Bewohner garantieren.

Förderung und Schutz der MenschenrechteNachdem die Reisegruppe Tel Avivverlassen hat, setzt sie ihre Reise ent-lang der Mittelmeerküste bis Akkofort, um auf halbem Weg nach Naza-reth das Haus der Ghettokämpfer zubesuchen. Das 1949 von Überleben-den des Warschauer Ghettos gegrün-dete Museum ist wahrscheinlich daserste seiner Art, das sich mit derShoah befasst.

Den Mauern trotzen. HEKS-Reise nach Palästina und Israel

«Diese Reise nach Israel und Palästinahat mir die Augen geöffnet», fasstKurt Gautschi seine Eindrücke zu-sammen. Für den Pfarrer aus demRaum Zürich boten die Reise und dieBegegnungen mitAkteuren der paläs-tinensischen und israelischen Zivilge-sellschaft Gelegenheit, die Regionwiederzuentdecken. Nach über zehnJahren Präsenz in der Region zähltHEKS heute zehn Partnerorganisatio-nen, die in Israel und den besetztenpalästinensischen Gebieten aktiv sind.

Gegenseitiges Verständnis fördernZwischen zwei riesigen Hotels direktam Meer, versteckt hinter dichten

Vom 3. bis 15. September 2012 veranstaltete HEKS eine Gruppenreise für seine Spende-rinnen und Spender, um seine Projekte und lokale Partner zu besuchen. In einer Region, in der das Leben von gewalttätigen Konflikten geprägt ist, will HEKS einen Frieden fördern, der auf Gerechtigkeit und der Einhaltung der Menschenrechte basiert.

VON OLIVIER GRAZ (TEXT UND FOTOS)

Alternative Führung in der Stadt Tel Aviv mit Umar al Ghubari von der Partneror-ganisation Zochrot. Auf den Karten sind die Lagen der ehemaligen palästinensi-schen Dörfer und deren noch zu sehenden Reste eingezeichnet.

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Das an das Museum angeglie-derte Zentrum für humanistische Erziehung hat neue Wege in der er-zieherischen Auseinandersetzung mitder Shoah beschritten. Sich mit die-sem Thema auseinanderzusetzen,führt in den Augen der DirektorinRaya Kalisman dazu, die Bedeutunghumanistischer und demokratischerWerte zu verstehen. Dieser Ansatzenthält alles, was eine Gesellschaftbraucht, um moralische Entscheidun-gen treffen und ein Verantwortungs-bewusstsein bilden zu können. «Gleich-gültigkeit gegenüber Leid und Men-schenrechtsverletzungen ist eine Ge-fahr für jede Gesellschaft», sagt sie.

Eben diese Werte stehen auchbei der Organisation Arab HumanRights Association (HRA) in Nazarethim Mittelpunkt, welche die Rechteder palästinensischen Minderheit inIsrael seit 1988 schützt und fördert.Der Direktor der Organisation, Moha-med Zeidan, spricht die schwierigeLage der Minderheit an, die in ver-schiedenen Bereichen der israelischenGesellschaft mit unterschiedlichenFormen der Diskriminierung konfron-tiert ist. So erschwert ihnen beispiels-weise beim Landrecht die derzeitpraktizierte Politik Zugang zu Ei-gentum: «Heute sind nur noch 2,5Prozent des Landes im Besitz der Pa-lästinenser, die jedoch 20 Prozent derBevölkerung ausmachen.» Nebenihrer Forschungs-, Informations- undLobbyarbeit sensibilisiert die Organi-sation Jugendliche für Menschen-rechte.

Die Unterstützung der ZivilgesellschaftEine Folge des Konflikts ist die starkeEinschränkung der Rechte der Zivilbe-völkerung, was eine dauerhafte Frie-denslösung verhindert: Durch dieBesatzung sind die Menschen in denbesetzten palästinensischen Gebietenstark in ihrer Mobilität eingeschränkt.Die Trennmauer im Westjordanlandund die Blockade von Gaza erschwe-ren ihnen den Zugang zu Land undRessourcen sowie die Sicherung derGrundbedürfnisse wie Bildung undGesundheit. Dazu kommt der Verlustdes Landes durch Siedlungen und mi-litärische Übungs- und Sperrgebiete.In den kargen Hügeln südlich von He-bron besucht die Gruppe Susya, einkleines Dorf von Viehzüchtern und

Schafhirten. Dort ist die Vertreibungder Dorfbevölkerung besonders akut:Fast alle Gebäude sind mit Zerstö-rungsbefehlen der israelischen Mili-tärverwaltung markiert. Obwohl dieBauern ihre Landrechte belegen kön-nen, haben sie keine Möglichkeit,nach israelischem Recht legal zubauen. Die Dorfbevölkerung wehrtsich gegen die israelische Planungs-behörde mit öffentlichen Mobilisie-rungen. Unterstützt wird sie vonisraelischen Friedens- und Menschen-rechtsorganisationen, darunter auchPartnerorganisationen von HEKS.

Internationale Präsenz für Frieden«Willkommen in Yanoun!» ChristianSchelbert aus Bern empfängt dieSchweizer Delegation im Zentrum desDorfes. Er beendet gerade seinendreimonatigen Einsatz als Friedensbe-obachter des Ökumenischen Begleit-programms in Palästina und Israel(EAPPI), welches vom ÖkumenischenRat der Kirchen beaufsichtigt wird. In der Schweiz ist HEKS unter demPatronat des Schweizerischen Evan-gelischen Kirchenbundes (SEK) ver-antwortlich für die Teilnahme vonFreiwilligen am Programm. Das voll-ständig von Siedlungen umgebeneDorf verfügt nicht über genügendWeideflächen, und die Bauern wer-den häufig von militanten Siedlernbedroht. Genau wie seine Kollegen in

Bethlehem, Hebron oder in den Hü-geln südlich von Hebron beteiligtauch er sich am Schutz der Zivilbevöl-kerung, indem er an jenen Orten, andenen es in der Vergangenheit immerwieder zu Übergriffen kam, Präsenzzeigt. Menschenrechtsverletzungen,die sich hier ereignen, werden vonden Beobachtern registriert, an dieÖffentlichkeit und vor die zuständi-gen nationalen und internationalenGremien gebracht. Auf diese Weisewird dafür gesorgt, dass die verant-wortlichen Behörden die internatio-nalen Abkommen einhalten.

HEKS will durch seine und die Ar-beit seiner Partnerorganisationen zueiner wirksamen und nachhaltigenKonfliktbearbeitung beitragen, wel-che auf internationalem Recht basiert.Dazu unterstützt HEKS gemeinsameProjekte und Aktionen seiner Partner-organisationen und schafft dadurchRäume, wo Menschenrechts- undFriedensorganisationen beider SeitenStrategien für eine gerechte Lösungdes Konfliktes entwickeln können.Die einzelnen Reiseteilnehmerinnenund -teilnehmer, denen die Begeg-nungen und Erlebnisse noch lange inErinnerung bleiben werden, kommenalle zum gleichen Schluss: Die Unter-stützung der Friedensförderung vorOrt ist wichtig – allen Mauern zumTrotz.

Bald wird Al-Walajeh völlig von der Trennmauer eingeschlossen sein. Es wird nurnoch eine Strasse hierher führen mit einem Checkpoint als Eingangstor.

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Was machen Sie heute beruflich?

Ich arbeite für OSHO und binProjektleiter beim Nahrungsmittel-verteilungsprojekt, welches OSHOgemeinsam mit HEKS implementiert.Ich bin für die Organisation und für das Funktionieren des Projektsverantwortlich. Ich plane die Nah-rungsmittelverteilungen und die gemeinnützigen Arbeiten, die dieBegünstigten als Gegenleistung fürdie erhaltenen Nahrungsmittel leis-ten. Ich informiere die lokalen Be-hörden über den Projektfortschritt,halte Sitzungen mit den anderenAngestellten des Projekts ab undstelle wichtige Daten für die Bericht-erstattung an HEKS zusammen.

Was beschäftigt Sie im Momentam meisten?

Im Moment verteilen wir geradekeine Lebensmittel, die Nahrungs-mittelverteilungen finden an unge-fähr zehn Tagen im Monat statt.

Deshalb konzentriert sich das Teamim Moment auf die Ausführung dergemeinnützigen Arbeiten. Zusam-men mit Begünstigten aus den ver-schiedenen Gemeinden terrassierenwir Hänge, um weitere Erosion zuverhindern, wir graben Teiche, inwelchen Regenwasser für die nächs-te Trockenzeit gesammelt wird, oder wir roden Dornbüsche, damitdas Gras wieder besser wachsenkann. Dies sind alles Massnahmen,die den Begünstigten helfen sollen,sich von den Folgen der Dürre zu er-holen.

Wie sind Sie mit HEKS in Kontakt gekommen?

HEKS kenne ich durch meine Ar-beit mit OSHO. Die beiden Organisa-tionen arbeiten sehr eng und gutmiteinander zusammen.

Wie wohnen Sie?Ich lebe im Haus, in dem auch

das Projektbüro von OSHO ist. Hier

teile ich mir mit einem Kollegen einkleines Zimmer. Ausser den zwei Bet-ten gibt es darin nicht viel anderes.

Was haben Sie gestern gegessen?Injeera (das traditionelle Sauer-

teigfladenbrot der Äthiopier) und ge-bratenes Ziegenfleisch. Eigentlichmag ich dieses Gericht nicht so gerne,das essen die Menschen im NordenÄthiopiens. Hier in Borana trinken wirvor allem Milch, aber diese ist im Mo-ment schwer zu bekommen, da wäh-rend der Dürre so viele Kühegestorben sind. Erst jetzt bekommendie ersten Kühe wieder Kälber unddann gibt es hoffentlich auch wiedermehr Milch.

Was macht Sie glücklich?Es macht mich glücklich, meine

Frau zu sehen. Ich sehe sie im Mo-ment nur alle paar Wochen. Sie lebtja in Yabello bei meiner Familie. Esmacht mich aber auch glücklich,etwas Gutes für mein Volk zu tun,den Leuten in der Not zu helfen.

Was macht Ihnen Angst?Es belastet mich, dass ich meine

Frau und meine Familie so wenigsehe. Ich vermisse sie sehr.

Was bringt Sie zum Lachen?Das Zusammensein mit meiner

Familie, bei uns zu Hause ist es immersehr lustig.

Ein schöner Moment, an den Sie sich erinnern?

Als meine Frau ihren Bachelor-Abschluss gemacht hat. Sie hat Agrar-wissenschaften studiert. Ich war sehrstolz auf sie, als sie ihr Diplom erhal-ten hat.

Was ist Ihr grösster Wunsch?Ich möchte einmal Kinder haben.

Und ich möchte, dass meine Kinder inder Tradition der Borana aufwachsenkönnen, dass es genügend Wasserund Gras für die Viehherden hat unddass meine Kinder genug Milch zumTrinken haben.

10 Fragen an Galma Liban, Äthiopien

Galma Liban ist 26 Jahre alt und arbeitet schon seit mehreren Jahren bei der HEKS-Partnerorganisation OSHO in Äthiopien. Er ist in Yabello, dem Hauptzentrum derBorana-Zone, im Süden Äthiopiens, aufgewachsen und kennt deshalb die tradi-tionelle Lebensweise der boranischen Viehzüchter gut. Zurzeit wohnt er im DorfHidi, wo sich auch das Projektbüro von OSHO befindet. Seine Frau und seine Fa-milie wohnen in Yabello, rund 200 km nördlich von Hidi. Zum Zeitpunkt des Inter-views war das Projekt der Nahrungsmittelverteilung kurz vor dem Abschluss.

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NAHE BEI DEN MENSCHEN

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21KIRCHLICHE ZUSAMMENARBEIT

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Seit drei Jahren unterstützt die italie-nische reformierte Minderheitskircheder Waldenser HEKS mit jährlich 300 000 Franken für Projekte in Ost-europa. Diese Zuwendung wird je-weils im sogenannten OPM-Vertragfestgelegt. OPM – «otto per mille» –bezeichnet die Mandatssteuer von 8 Promille, die jeder Steuerzahlendein Italien entrichten muss. Der Staatgibt jedoch keine Zweckbestimmungan. Ein Teil dieser Gelder geht an dieKirchen. Weil in Italien ein beachtli-cher Teil der Bevölkerung eher kir-chenkritisch eingestellt ist und diereformierte Minderheit der katholi-schen Kirche vorzieht, erhalten dieWaldenser trotz ihren lediglich 20 000 Mitgliedern jährlich rund 12Millionen Franken. Im Gegensatz zurkatholischen Kirche verfolgen dieWaldenser das Credo, die Kirchen-steuer nicht für kirchliche Aktivitäten,sondern ausschliesslich für sozialeProjekte im In- und Ausland einzuset-zen. Damit wollen sie ihre Unabhän-gigkeit vom Staat bewahren. Für dasnächste Jahr wird der HEKS-Betragvon 300 000 auf 500 000 Franken er-höht. Dies ist nicht zuletzt Ausdruck

der jahrelangen guten Zusammenar-beit und des grossen Vertrauens, dasdie Waldenserkirche HEKS entgegen-bringt. Die Vertragsunterzeichnungmit dem waldensischen Kirchenrats-präsidenten, Eugenio Bernardini, undHEKS-Direktor Ueli Locher fand amSamstag, 10. November, bei HEKS inZürich statt.

Erstes Landesprogramm fürTschechien unterzeichnetMit dem neuen Konzept für die Kirch-liche Zusammenarbeit (KiZa) arbeitetHEKS auch in diesem Bereich seinerAuslandtätigkeit mit den Instrumen-ten der Entwicklungszusammenar-beit. Dazu gehören auch Landespro-gramme. Das erste Landesprogrammwurde am 18. November von derEvangelischen Kirche der BöhmischenBrüder in Tschechien (EKBB) undHEKS in einem feierlichen Rahmenbesiegelt. Für die EKBB unterzeich-nete der Synodalratspräsident JoelRuml und für HEKS Direktor Ueli Locher. Das Landesprogramm gilt vor-erst bis 2015. HEKS arbeitet in Tsche-chien ausschliesslich mit der EKBBzusammen. Ein wichtiger Bestandteil

der Programmarbeit ist der Wissens-transfer durch die Beziehungen zwi-schen der Schweiz und Tschechien.Dies geschieht in Form von Gemein-departnerschaften, Gruppenreisenoder fachlichem Austausch. Weiterwird HEKS die Arbeit mit Kindern undJugendlichen, den Gemeindeaufbausowie die diakonische Arbeit derEKBB unterstützen.

HEKS-Partnerorgansation in Serbien erhält PreisDie HEKS-Partnerorganisation Ecu-menical Humanitarian Organisation(EHO) erhält einen Preis von der Kö-niglich Norwegischen Botschaft inBelgrad. HEKS engagiert sich seit Jah-ren gemeinsam mit der lokalen Part-nerorganisation EHO für die Roma inSerbien. Am 10. Dezember 2012 verlieh die Norwegische Botschaft inBelgrad EHO den «Making the Diffe-rence»-Award «für ihren ausseror-dentlichen Einsatz zur Verbesserungder Lebensbedingungen der Roma inder Vojvodina», wie der norwegischeBotschafter Nils Ragnar Kamsvågsagte. Für ihre Arbeit ist EHO bereits2010 mit dem europäischen «Diako-

nia-Award» ausgezeich-net worden.

Das LandesprogrammTschechien sowie das

Konzept zur Kirchli-chen Zusammenarbeit

finden Sie unterwww.heks.ch/handeln.

Synodalratspräsident der EKBB Joel Ruml(links) und HEKS-Direktor Ueli Locher unterzeichnen das neue LandesprogrammTschechien.

Der waldensische KirchenratspräsidentEugenio Bernardini (rechts) und HEKS-Direktor Ueli Locher bei der Vertrags-unterzeichnung.

Neues aus der Kirchlichen Zusammenarbeit

Die italienische reformierte Minderheitskirche der Waldenser unterstützt HEKS-Projektein Osteuropa in diesem Jahr mit einer halben Million Franken, das neue LandesprogrammTschechien wurde besiegelt und eine HEKS-Partnerorganisation erhält einen Preis.

VON BETTINA FILACANAVO

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22 NICHT VERPASSEN

St. Moritz: Sternenklar –wir helfen!Die evangelisch reformierte Kirch-gemeinde St. Moritz sammelte abNovember 2012 für vier konkrete Ge-schenkideen von «Hilfe schenken»:die Erfolgsleiter, die Spielzeugkiste,die Ziege und den Pflug. Ziel war es,bis am 10. Januar 2013 möglichst vielGeld zu sammeln für den Kauf dieservier Geschenke. Im Ganzen kamenrund 15 000 Franken zuammen. DieAktion der Kirchgemeinde begannmit einem Projekttag für Primarschul-kinder, darauf folgte ein Familiengot-tesdienst, an dem Annelies Hegnauer,Leiterin der Abteilung Marketing bei

IMPRESSUM Nr. 319, 1/Februar 2013handeln. Das Magazin des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz. Erscheint 4-mal jährlich. Auflage 52 000 Redaktionsleitung:Susanne Stahel Redaktion: Bettina Filacanavo Fotoredaktion: Ruedi Lüscher Korrektorat: www.korr.ch Gestaltung: Herzog Design, Zürich Druck:Kyburz AG, Dielsdorf Papier: LEIPA ultraLux silk /Recycled /FSC Material Abonnement: Fr. 10.–/Jahr, wird jährlich einmal von Ihrer Spende abgezogenAdresse: HEKS, Seminarstrasse 28, Postfach, 8042 Zürich, Telefon 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01, E-Mail [email protected], Internet www.heks.ch bzw.www.eper.ch HEKS-Spendenkonto: Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, PC 80-1115-1

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HEKS, Projekte, die hinter den Ge-schenkideen stehen, vorstellte. DieSonderausstellung fand grosse Be-achtung und die Besucherinnen undBesucher staunten überdie interaktive «Geis-senmaschine», auf wel-cher mit spannendenElementen die Projekt-arbeit visualisiert wird.Der Erlös der verschie-denen kreativen Ver-kaufs-Aktionen wie zB.selbst gebastelte Weih-nachts-Sterne, Weih-nachtskarten, Sternen-guezli und vielem mehrgeht in die Projektar-

beit von HEKS. Bei allen, die diese Ak-tion in St. Moritz organisiert und un-terstützt haben bedankt sich HEKS,ganz herzlich!

Die interaktive Geis-senmaschine begeis-terte die Ausstellungs-besucherinnen und -besucher.

Für 5 Franken konntenSpenderinnen undSpender einen neuenFaltstern an die Ster-nenkugel heften, die solaufend zu einem klei-nen Baum heranwuchs.

Für 5 Franken konntenTeilnehmerinnen undTeilnehmer in der StadtBasel eine Ente kaufen

und diese dann auf demSt.-Alban-Teich in Baselschwimmen lassen.

Basel: Ein Entenrennen zugunsten von HEKS

Adrienne Müller veranstaltete als Ma-turaarbeit am Gymnasium Muttenzein Advents-Entenrennen auf dem St.-Alban-Teich in Basel. Mit dem Erlöswurden bei der HEKS-Weihnachtsak-

tion «Hilfe schenken» Enten im Wertvon 2700 Franken gekauft. Mit dieserSpende werden Dorfgemeinschaften,landwirtschaftliche Kooperativen oderBasisorganisationen in ihren Bestre-bungen nach Existenzsicherung undSelbstbestimmung unterstützt. Herz-lichen Dank an Adrienne Müller fürdie Organisation des Entenrennens!

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