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Herber & Vásárhelyi: Lewins Feldtheorie als Hintergrundsparadigma moderner Motivationsforschung LEWINS FELDTHEORIE ALS HINTERGRUNDSPARADIGMA MODERNER MOTIVATIONS- UND WILLENSFORSCHUNG (IM VERGLEICH ZU BEHAVIORISMUS, PSYCHOANALYSE, GESTALT- UND KOGNITIONSPSYCHOLOGIE) 1 Hans-Jörg Herber & Éva Vásárhelyi A. DAS „WERDEN” VON LEWINS FELDTHEORIE IN AUSEINANDERSETZUNG MIT GESTALTPSYCHOLOGIE, BEHAVIORISMUS, PSYCHOANALYSE UND KOGNITIONSPSYCHOLOGIE 1. Lewin und die Gestaltpsychologie Fitzek & Salber (1996, 93) reihen Lewin in die „zweite Generation der Gestaltpsychologen” ein. Er gehört nicht zu den Gestalttheoretikern der „ersten Stunde”, also zum Wertheimerkreis in Frankfurt. Er stieß nach dem ersten Weltkrieg zur Berliner Schule (Wertheimer, Koffka und Köhler). In der Weiterentwicklung dieser Ansätze entwickelte er eine gestalt- psychologisch orientierte „Feldtheorie” (siehe unten Kap. B), die u.a. psychoanalytische Ge- sichtspunkte integrierte (vgl. Herber 2000b). Die physikalisch definierbare Reizeinwirkung im behavioristischen Sinne (von Lewin „Foreign Hull” oder „Hull of facts not governed by psy- chological laws” genannt 2 ) bleibt außerhalb des eigentlichen Feldes oder Lebensraumes, weil äußere Reize nur in subjektiv transformierter Form Bestandteil des Systems Persönlichkeit sein können, äußeren Reizen somit nur die Funktion von Auslösern entsprechender innerer Prozesse zugeschrieben wird (vgl. z.B. Lewin 1936, 73, 177 und passim, Lewin 1969, 90, Lewin 1982a, passim). Die Gestaltpsychologie bis Lewin hatte ihren Schwerpunkt in den Bereichen des Wahr- nehmens und des Denkens (Problemlösens). Lewins Beschäftigung mit affektiven Span- nungssystemen, mit Willens- und Motivationsphänomenen führte zu einer Entwicklung der Gestaltpsychologie, die sich topologischer, vektor-psychologischer und schließlich „hodolo- gischer” Konzepte bediente (z.B. Lewin 1936, 1982a, siehe dazu unten Kap. B.2). Entschei- dend dabei ist, dass nicht physikalische Messgrößen Nähe und Distanz im Lebensraum bestimmen, sondern deren subjektiv empfundene („psychologische”) Ausdehnung: Der sub- jektiv empfundene Schulweg mag einmal länger, ein andermal kürzer sein – je nach positiver oder negativer Attraktion dessen, was erfahren wurde und/oder erwartet wird. Die Gestaltprinzipien der Prägnanz, der Ordnung („guten Gestalt”), der Geschlossenheit, der Symmetrie, etc. (vgl. Metzger 1941, 102ff.), alle diesbezüglichen Annahmen eines sich selbst regulierenden Systems, das nach größtmöglicher einfachstrukturierter und „spannungs- 1 Dieser Artikel ist der dritte Zwischenbericht über die paradigmenvergleichende Arbeit im Projektteil 5.1 des gesamtuniversitären SFB-Projekts „Theorien- und Paradigmenpluralismus in den Wissenschaften: Rivalität, Aussschluss, oder Kooperation?” der Universität Salzburg. Titel des Projektteils 5.1: „Gemeinsamkeiten und Unterschiede pädagogischer und psychologischer Lern-, Motivations- und Interessenstheorien in Bezug auf schulisches Lehren und Lernen”. Der vorliegende Bericht schließt die Vergleiche auf der Ebene der Hinter- grundsparadigmen ab (Behaviorismus, Gestaltpsychologie, Kognitive Psychologie, Psychoanalyse und Lewins Feldtheorie). Zwei mit dem vorliegenden Bericht eng zusammenhängende Arbeiten sind in Vorbereitung. Sie beschäftigen sich u.a. mit den Auswirkungen der Lewinschen Feldtheorie auf die Theorien- und Methodolo- gieentwicklung der Leistungsmotivationsforschung einerseits, auf Erziehung und Unterricht andererseits. 2 Mit diesen Bezeichnungen ironisiert Lewin (1936, 73) das behavioristische Paradigma in der Person seines Zeitgenossen Clark Leonard Hull.

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LEWINS FELDTHEORIE ALS HINTERGRUNDSPARADIGMA MODERNER MOTIVATIONS- UND WILLENSFORSCHUNG (IM VERGLEICH ZU BEHAVIORISMUS, PSYCHOANALYSE,

GESTALT- UND KOGNITIONSPSYCHOLOGIE)1

Hans-Jörg Herber & Éva Vásárhelyi

A. DAS „WERDEN” VON LEWINS FELDTHEORIE IN AUSEINANDERSETZUNG MIT GESTALTPSYCHOLOGIE, BEHAVIORISMUS, PSYCHOANALYSE UND KOGNITIONSPSYCHOLOGIE

1. Lewin und die Gestaltpsychologie Fitzek & Salber (1996, 93) reihen Lewin in die „zweite Generation der Gestaltpsychologen” ein. Er gehört nicht zu den Gestalttheoretikern der „ersten Stunde”, also zum Wertheimerkreis in Frankfurt. Er stieß nach dem ersten Weltkrieg zur Berliner Schule (Wertheimer, Koffka und Köhler). In der Weiterentwicklung dieser Ansätze entwickelte er eine gestalt-psychologisch orientierte „Feldtheorie” (siehe unten Kap. B), die u.a. psychoanalytische Ge-sichtspunkte integrierte (vgl. Herber 2000b). Die physikalisch definierbare Reizeinwirkung im behavioristischen Sinne (von Lewin „Foreign Hull” oder „Hull of facts not governed by psy-chological laws” genannt2) bleibt außerhalb des eigentlichen Feldes oder Lebensraumes, weil äußere Reize nur in subjektiv transformierter Form Bestandteil des Systems Persönlichkeit sein können, äußeren Reizen somit nur die Funktion von Auslösern entsprechender innerer Prozesse zugeschrieben wird (vgl. z.B. Lewin 1936, 73, 177 und passim, Lewin 1969, 90, Lewin 1982a, passim).

Die Gestaltpsychologie bis Lewin hatte ihren Schwerpunkt in den Bereichen des Wahr-nehmens und des Denkens (Problemlösens). Lewins Beschäftigung mit affektiven Span-nungssystemen, mit Willens- und Motivationsphänomenen führte zu einer Entwicklung der Gestaltpsychologie, die sich topologischer, vektor-psychologischer und schließlich „hodolo-gischer” Konzepte bediente (z.B. Lewin 1936, 1982a, siehe dazu unten Kap. B.2). Entschei-dend dabei ist, dass nicht physikalische Messgrößen Nähe und Distanz im Lebensraum bestimmen, sondern deren subjektiv empfundene („psychologische”) Ausdehnung: Der sub-jektiv empfundene Schulweg mag einmal länger, ein andermal kürzer sein – je nach positiver oder negativer Attraktion dessen, was erfahren wurde und/oder erwartet wird.

Die Gestaltprinzipien der Prägnanz, der Ordnung („guten Gestalt”), der Geschlossenheit, der Symmetrie, etc. (vgl. Metzger 1941, 102ff.), alle diesbezüglichen Annahmen eines sich selbst regulierenden Systems, das nach größtmöglicher einfachstrukturierter und „spannungs- 1 Dieser Artikel ist der dritte Zwischenbericht über die paradigmenvergleichende Arbeit im Projektteil 5.1 des

gesamtuniversitären SFB-Projekts „Theorien- und Paradigmenpluralismus in den Wissenschaften: Rivalität, Aussschluss, oder Kooperation?” der Universität Salzburg. Titel des Projektteils 5.1: „Gemeinsamkeiten und Unterschiede pädagogischer und psychologischer Lern-, Motivations- und Interessenstheorien in Bezug auf schulisches Lehren und Lernen”. Der vorliegende Bericht schließt die Vergleiche auf der Ebene der Hinter-grundsparadigmen ab (Behaviorismus, Gestaltpsychologie, Kognitive Psychologie, Psychoanalyse und Lewins Feldtheorie). Zwei mit dem vorliegenden Bericht eng zusammenhängende Arbeiten sind in Vorbereitung. Sie beschäftigen sich u.a. mit den Auswirkungen der Lewinschen Feldtheorie auf die Theorien- und Methodolo-gieentwicklung der Leistungsmotivationsforschung einerseits, auf Erziehung und Unterricht andererseits.

2 Mit diesen Bezeichnungen ironisiert Lewin (1936, 73) das behavioristische Paradigma in der Person seines Zeitgenossen Clark Leonard Hull.

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loser” Stabilität strebt, traten bei Lewin in der Entwicklung der willens- und motivations-psychologischen Annahmen zu Gunsten komplexer, spannungsreicher Prozesse mehr und mehr in den Hintergrund (z.B. Lewin 1935, Lewin et al. 1944). Ein Beispiel aus der Lewin-Schule: All unser Erleben und Handeln vollzieht sich im Spannungsfeld von Ist- und Sollzu-stand (aktuellem Adaptionsniveau und antizipiertem Anspruchsniveau). Manche Versuchs-personen (Vpn) haben in spezifischen Situationen außerdem ein gespaltenes Anspruchsni-veau, d.h. sie sagen – in bewusster Reflexion – etwas anderes (geben etwa ein niedrigeres, vorsichtigeres Ziel an) als sie in ihren tatsächlichen Risikopräferenzen zum Ausdruck bringen (vgl. dazu Heckhausen 1955, Heckhausen 1963, 93f.).

Lewins Motivationstheorie befasst sich einerseits mit dem Problem der Energetisierung (dem Auf- und Abbau von Spannungen), andererseits mit der Steuerung des Verhaltens. Typi-sche Forschungsbeispiele dafür sind die Untersuchungen von Lewins Mitarbeiterinnen Zei-garnik (1927) und Ovsiankina (1928): Bei einigen Aufgaben, die Vpn zu lösen hatten, wurden sie im Lösungsprozess unterbrochen und aufgefordert eine andere Aufgabe zu lösen. Die Vpn trennten sich ungern von den gerade bearbeiteten Aufgaben und erinnerten sich an diese deut-lich mehr als an die erledigten Aufgaben (zumindest wenn sie erfolgsmotiviert waren; bei mißerfolgsängstlichen Vpn war es umgekehrt). Mehr als 80 Prozent wendeten sich bei nächs-ter Gelegenheit den unterbrochenen Aufgaben – u.U. sogar heimlich – wieder zu. Die Ten-denz zur guten Gestalt reicht zur Erklärung dieses Verhaltens nicht aus, denn halbfertige Auf-gaben von anderen Personen wurden in der Regel nicht beachtet. Nur die von einem selbst begonnenen Aufgaben waren interessant, sie wurden sogar intensiv gesucht, wenn sie nicht mehr offen und direkt zugänglich waren (vgl. weiterführend Rheinberg 2002, 42f.). Nach Le-win war ein Quasi-Bedürfnis entstanden, eine Art motivierte Wahrnehmungsfixierung, ohne dass dabei ein „echtes” Bedürfnis (ein Trieb, „tissue need” à la Freud oder Hull) befriedigt wurde. Ein typisches Beispiel für ein Quasi-Bedürfnis ist das Streben nach bestmöglicher Lei-stung, da dies in ganz unterschiedlichen Bedürfniszusammenhängen auftreten kann – in dem Sinne, etwas nicht „irgendwie”, sondern bestmöglich (mit einem bestimmten Anspruch) zu machen. Quasibedürfnisse als „Vornahmeakte” hängen nach Lewin (1926b, 76f.) zwar von „echten” Bedürfnissen ab (z.B. wird man nur dann ein hoch leistungsmotivierter, exzellenter Musiker werden, wenn man ein echtes Interesse, ein „Gefühl” für Musik hat), aber ein Quasi-bedürfnis (wie etwa das inhaltsneutrale Leistungsstreben) entwickelt mit der Zeit eine gewisse „funktionelle Autonomie” im Sinne von Allport (1970). Es wirkt mit dann in autonomer Wei-se: Wer leistungsmotiviert oder „ehrgeizig” ist, wird dies in vielerlei Hinsicht sein (ohne dass ein bestimmtes inhaltliches Interesse, wie die Beschäftigung mit Musik, oder ein spezifischer hoher Bedürfnisdruck, etwa sich motorisch abzureagieren, vorhanden sein muss: Ein Spitzen-sportler wird trainieren, auch wenn sein „natürlicher” Bewegungsdrang ihn längst nicht mehr dazu antreibt).

Auf dem Weg zur Formulierung seiner Feldtheorie setzte sich Lewin – kritisch – mit der assoziationspsychologischen (behavioristischen) Auffassung der Verhaltensverursachung aus-einander, ließ sich – ebenfalls kritisch kommentierend – von psychoanalytischen Vorstellun-gen anregen und entwickelte so die klassische Gestaltpsychologie (besonders der Berliner Schule) theoretisch und methodologisch weiter, was ihn u.a. zum Begründer moderner Moti-vations- und Willenstheorien werden ließ (vgl. z.B. Atkinson 1964, Weiner 1972, 1996, Kuhl 1983, 2001, Schmalt 1986, Heckhausen 1989, Rheinberg 2002).

2. Lewin und die Assoziationspsychologie (Behaviorismus) Im Zuge der Beschäftigung mit willens- und motivationspsychologischen Problemen setzte sich Lewin von seinen frühesten Publikationen an (1917, 1922) mit dem Assoziationsgesetz

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auseinander. Verknüpft damit ist – durchaus in gestaltpsychologischer Tradition (vgl. Herber 2000a) – eine kontinuierliche (lebenslange) Auseinandersetzung mit wahrnehmungs- und ge-dächtnispsychologischen Problemen, die ihren letzten Ausdruck im Forschungsprogramm „soziale Wahrnehmung” am MIT fanden. Das für motivations- und willenspsychologische Fragestellungen relevanteste Forschungergebnis resümiert Lewin (1929, 169) so: „Die expe-rimentelle Willenspsychologie ist von ... elementenpychologischen Fragestellungen ausge-hend sehr bald zu dynamischen Problemen fortgeschritten3. Sie ist dabei zunächst von assozi-ationspsychologischer Grundlage ausgegangen, hat den Rahmen der assoziationspsychologi-schen Theorien sehr bald gesprengt und hat schließlich zum experimentellen Nachweis der Unrichtigkeit des Assoziationsgesetzes und zum Übergang zu dynamischen Ganzheitsbegrif-fen geführt.”

2.1 Lewin und das Assoziationsgesetz Lewin (1926a, 310) wendet sich gegen eine „mechanische starre” Bindung von Reiz und Re-aktion, also gegen „... die Assoziation zwischen zwei psychischen Gebilden im Sinne der alten Assoziationstheorie ... Die Gebilde a und b sind auf Grund früherer Kontiguität eine Koppe-lung eingegangen. Und dieses Kopplungsphänomen wird als Ursache dafür angesprochen, dass bei Eintritt des Erlebnisses a das Erlebnis b resultiert ... etwa im Sinne einer Assoziation der einzelnen Reize mit feststehenden Reaktionen. Demgegenüber beginnt sich der Gedanke durchzusetzen, dass es sich nicht um eine starre Bindung bestimmter Stücke oder Elemente, sondern in der Regel um zeitlich ausgedehnte Ganzheiten (vom Typus etwa einer Melodie) handelt, deren Momente oder Phasen nur vom Ganzen her zu erklären sind.” Assoziative Bin-dungen „an sich” sind für Lewin nicht die eigentliche Ursache von Erlebnissen und Verhal-tensweisen, Wirkursache ist viel mehr eine vereinheitlichende Zielorientierung auf Grund eines bestimmten Bedürfnisdruckes (einer Motivationsklasse mit mehr allgemeinen oder spe-zifischen Inhaltsbezügen) bzw. einer darauf basierenden (kognitiven) Haltung oder Einstel-lung, wodurch aktuelle Bedürfnisse bewertet und modifiziert werden.

Für die Kritik am Assoziationsgesetz „pur” möge folgender experimenteller Befund von Lewin (1922, zit. n. Henle 1984, 128) als Beleg dienen: „... syllables failed to call up their associates, with which they had been paired during 300 repetitions, when instructions were changed so that subjects were asked merely to read the syllables but not actively to try to re-call.” Sinnlose Silben riefen nicht mehr ihre – dreihundertmal – assoziierten Partnersilben hervor, wenn Vpn diese Silben z.B. nur durchlesen sollten oder wenn sie Silbenpaare, die sich reimten, einander zuordnen sollten. Das Rationale letzterer Experimente war: Wenn die Silbe „rik” habituell mit „bol” verbunden war, sollte „bol” – gewohnheitsmäßig – als Antwort kommen und nicht etwa die Silbe „tik”, die – willentlich – erst „dazukonstruiert” werden musste. Unter solchen Instruktionsbedingungen wurden die ursprünglich dazugelernten (zwei-ten) Silben im experimentellen „follow up” oft nicht einmal wiedererkannt, jedenfalls kamen sie den Vpn nicht mehr „in den Sinn”. Eine Reihe von solchen Experimenten bestärkte Lewin in der Auffassung, dass Intentionen auf Grund geänderter Motivationen (entsprechend den determinierenden Tendenzen von Ach 1910) die eigentlichen Ursachen von Erleben und Ver-halten darstellen, nicht so sehr räumlich-zeitliche Nähe und Anzahl der Wiederholungen ent-sprechender Reize (sensu Thorndike 1913, 19ff.). Welche Reaktion produziert wird, hängt im Wesentlichen von der kognitiv bzw. motivational determinierten Zielorientierung ab: Reimen, den Vokal verändern, einfach die Silben durchlesen, etc. bestimmen die Auswahl der zweiten Silbe in anderer als der zuvor konditionierten Weise. 3 Vgl. dazu die sozialwissenschaftlich-systemischen Interpretationen und Weiterführungen dieses Lewinschen

Ansatzes in Alisch (1990, 113ff.) samt methodologischer „Vertiefung” (Alisch & Gerber 1991, 118ff.)

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Zeitlich-räumlich kontingente Reize sind nicht die Ursachen für seelisches Erleben, son-dern deren Auslöser. Auch die physikalische bzw. chemische Intensität der Reizeinwirkung ist nicht entscheidend, sondern die Intensität der seelischen Wirkkraft (der entsprechenden innerorganismischen Spannung), die z.B. durch einen physikalisch fassbaren Reiz (akusti-scher, optischer Art, etc.) aktualisiert wird. Gespannte seelische Systeme haben in einem ent-sprechenden Bedürfnisdruck ihre Grundlage. Äußere Reize müssen „eine innere, sachliche Beziehung zu den speziellen seelischen Energiequellen zeigen, die auf sie ansprechen.” (Le-win 1926a, 316)

Dabei sieht Lewin Assoziationen durchaus als eigenständige Determinanten des Erlebens und Verhaltens, sie lenken die Energie in bestimmte – gewohnheitsmäßig – vorgebildete Richtungen, wenn nicht ein starkes Bedürfnis eine andere Suchrichtung vorgibt. Sie erzeugen aber von sich aus keine Spannungen im System, keinen Bedürfnisdruck, keine Intention des Handelns, etc., jedoch: „Wenn Koppelungen nicht als Energiequellen angesehen werden, so soll damit keineswegs behauptet werden, dass es überhaupt keine Kopplungen gibt, oder dass ihr Vorhandensein oder Fehlen unwichtig ist. Sie sind zwar keine Energiequelle des Gesche-hens, aber die Form des Geschehens hängt weitgehend von Kopplungen ab.” (ebenda, 311) Assoziative Koppelungen schränken – vorerst einmal – den Suchbereich innerhalb eines mo-tivationalen Feldes ein.

Von Beginn seiner wissenschaftlichen Publikationstätigkeit an weist Lewin (z.B. 1917, 1922) dem „Grundgesetz der Assoziation” seinen – eingeschränkten – Ort im Bedingungssatz des Erlebens und Verhaltens zu. Eine assoziative Koppelung (Konditionierung) von Reiz und Reaktion reicht zur Erklärung des Verhaltens nicht aus – eine motivational bedingte Zielori-entierung muss als wesentlich bestimmendes Element dazukommen. Die assoziative Verbin-dung ist nur ein Teil eines umfassenderen, dynamischen Systems. Kaum jemand wird einen Wasserhahn öffnen, nur weil sein Blick darauf fällt und eine entsprechende Assoziation aus-löst – wenn er den Wasserhahn nicht im Gesamtzusammenhang eines komplexeren psycholo-gischen Feldes öffnen will. Jeder Reiz ist für Lewin (1926a) nur eine Art Potenzmenge für verschiedene Reaktionsmöglichkeiten. Es kommt auf die konditional-genetische (kausal-dy-namische) Einbettung des Reizes an, nur im Zusammenhang mit einem bestimmten motivati-onalen Bedingungskomplex, ausgedrückt in einem dynamischen „Feld”, in einer bestimmten „Ziel-Zug-Situation“ (Winnefeld 1959), wird die spezifische Reaktionsweise auf ein- und denselben (elementarisierten) Reiz festgelegt.

2.2 Lewin und Hull Lewin setzt sich mit dem Zeitgenossen und führenden Theoretiker des Behaviorismus, Clark Leonard Hull, immer wieder – konstruktiv kritisch – auseinander. Er unterstellt der Assoziati-onstheorie, dass sie eine Art Vermeidungstendenz entwickelt habe in die „Metaphysik der Teleologie” abzugleiten: „Der Gedanke, nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit müsse als ‘Ursache’ des Verhaltens betrachtet werden, gab unter anderem den Anstoß zur Entwick-lung der Assoziationstheorie.” (Lewin 1982a, 67) Diese bezeichne alles, was mit dem Begriff der „Richtung” zusammenhängt, als „teleologisch”. Der Begriff des Ziels sei den Behavioris-ten verdächtig, ebenso die Begriffe „Voraussicht” (mit diesem Konzept wird nach Lewin das Vermeiden von Hindernissen ermöglicht) und „Bewusstsein” (wodurch die „ganze Situation”, also Gegenwart, einschlägig relevante Vergangenheit und – auf dieser Basis konstruierte – Zukunftserwartungen zusammengefasst, „vergegenwärtigt” werden können). „Die Assoziati-onstheorie bemühte sich ernstlich, diese angeblich unwissenschaftlichen Dinge zu vermeiden. Sie wollte einen Assoziationsbegriff unter Ausschaltung des logischen Elements der Richtung entwickeln. Die Assoziation sei ‘blind’ und beruhe aussschließlich auf der Vergangenheit (was bedeutete, dass die Assoziationstheorie auf den Begriff der Wiederholung abstellen

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musste).” (ebenda, 67) Im Unterschied zu Watson, Thorndike und Skinner (vgl. Herber 2000a) versuchte Hull

diesen theoretisch defizitären Zustand zu überwinden: „Hull erkannte die Bedeutung der Ziele und Bedürfnisse und führte Ziel- und Bedürfnisreize als wichtige Elemente jener ‘Reizsche-mata’ ein, welche als Ursachen des Verhaltens angenommen werden. Nach und nach wurde die Assoziationstheorie (Theorie vom bedingten Reflex) zu einem Versuch, gerichtete Hand-lungen zu erklären, ohne gerichtete dynamische Faktoren anzunehmen.” (ebenda, 67f.)

2.2.1 Hulls empirisch gestützte Theorieentwicklung Obige Feststellung Lewins kann z.T. schon der streng assoziationstheoretischen Phase in Hulls Schaffen zuerkannt werden, am besten dokumentiert in seinem berühmten Artikel „Knowledge and purpose as habit mechanisms” (Hull 1930). „Wissen” ist nichts anderes als eine Serie von Gewohnheiten, alle Reize in einer spezifischen Situation mit bestimmten Reak-tionen zu verbinden: „How can one physical object become acquainted with the ways of a-nother physical object and of the world in general? In approaching this problem ... it is impor-tant to recognize that knowledge is mediated by several fairly distinct habit mechanisms.” (ebenda, 511) Jeder Reiz, der mit einer Reaktion, die durch irgend einen anderen Reiz hervor-gerufen wird, zusammenfällt, wird mit dieser Reaktion assoziiert und ruft in der Folge diese Reaktion hervor. Im Organismus bewirken äußere Reizeinwirkungen globale Reaktionen, die ihrerseits die interne Reizsituation verändern. Parallel zur äußeren Abfolge von Reizen baut sich im Organismus – als Folge entsprechender Reaktionen – eine interne Abfolge von Reizen (Veränderungen des Organismus) auf. Das ist für Hull „Wissen”.

Wie aber ist es möglich, dass ein Verhalten, das – behaviorististischer Auffassung zu Fol-ge – ausschließlich den Konditionierungsprinzipien gehorcht und somit von bestimmten Ler-nerfahrungen in der Vergangenheit abhängt, beim Beobachter den Anschein erweckt, als sei es auf bestimmte, in der Zukunft liegende Ziele gerichtet. Basis dafür ist das Wissen des Or-ganismus, das in einer Veränderung der inneren Reizsituation auf Grund des Einwirkens äu-ßerer Reize und deren Beantwortung durch den Organismus besteht: „Once the organism has acquired within its body this subjective parallel to the ways of the physical world, certain o-ther activity patterns or habit mechanisms at once become operative. One of the more impor-tant of these is the power of foresight or fore-knowledge. A great deal of mystery has sur-rounded this problem. Forsight may be defined for our present purpose as the reaction to an event which may be impending, but which has not as yet taken place. The difficulty seems largely to have been concerned with the problem of how an organism can react to an event not yet in existence. The reasoning runs: An event not yet in existence cannot be a stimulus; and how can an organism react to a stimulus which does not exist?” (Hull 1930, 514) Wie kann also das – noch nicht realisierte – Ziel (oder Ende) einer Handlungsabfolge als antreibender Stimulus dargestellt werden, wie kann ein Endzustand als Anfangsbedingung eines Verhal-tens fungieren? Nach Hull (ebenda, 511ff.) kann dafür folgende assoziationstheoretische Be-gründung gegeben werden: Eine zeitliche Abfolge (mit je ein paar Sekunden Abstand) von Umweltreizen, denen ein Organismus ausgesetzt ist, bewirkt im Organismus spezifische Re-aktionen in eben dieser zeitlichen Abfolge. Diese Reaktionen des Organismus bewirken La-geveränderungen des Organismus und produzieren somit in den kinästhetischen Rezeptoren sogenannte interne Stimuli. Diese fallen zeitlich mit dem Auftreten des nächsten äußeren Rei-zes zusammen und verknüpfen sich mit der dadurch ausgelösten, nächsten Reaktion des Or-ganismus, wodurch wieder eine veränderte interne Reizlage erzeugt wird, die sich wieder mit der nächsten Reiz-Reaktions-Koppelung verbindet, usw.. Der äußeren Folge von Reizen ent-spricht eine parallele innere Folge von Reizen, die durch die Reaktionen auf die äußeren Rei-ze des Organismus entstehen. Das Entscheidende ist: Die Abfolge innerer Reize kann schnel-

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ler als die Abfolge äußerer Reize ablaufen und somit eine Art „Erwartungswissen” aufbauen, das antizipierende Reaktionen stimuliert: „An important circumstance connected with fore-sight is the fact that the tempo of the acquired subjective parallel to the outer world sequence is not limited to that of the latter. ... It is evident that this possibility of the heightened tempo on the part of the organismic act sequence is intimately connected with the … knowledge of events before they actually take place.” (Hull 1930, 514f.) Ob diese konditionierten Antizipa-tionen sich als passend oder unpassend herausstellen, hängt natürlich – mindestens – vom Gleichbleiben der Abfolge äußerer Reize ab. Änderungen in der Umweltsituation müssen somit unweigerlich zu Fehlverhalten führen. Hulls Erklärungsansatz von zweckgerichtetem Verhalten setzt also eine stabile Umweltsituation voraus. Da einmal etablierte Habits schwer „umkonditioniert” werden können, ist rigides, in vieler Hinsicht fehlangepasstes Verhalten zu erwarten. Kognitive Umstrukturierungsprozesse (über Veränderungen der Wahrnehmung und flexibel abstrahierende Variationen der internen Repräsentationen, z.B. durch systematischen Standortwechsel, Wechsel der Fokusierung von Vordergrund- und Hintergrund) sind in seiner Theorie ja nicht zugelassen. Lewins Kritik an der starren Koppelung von äußeren Reizen und Reaktionen (und damit verknüpften internen Reizen) haben wir oben (Abschnitt 2.1 dieses Kapitels) dargestellt.

Basiert Hulls (1930) assoziationstheoretisches Modell der Verhaltenserklärung vorwie-gend auf der klassischen Konditionierungstheorie Pawlows (z.B. 1934/1953), so deutet sich in seinem Artikel über Thorndike (Hull 1935) ein Umdenken an, das 1943 im Trieb mal Habit-Konzept seinen Niederschlag fand. Nicht mehr Reize „an sich” bewirken ein bestimmtes Ver-halten, sondern die Verstärkerwirkung eines Reizes beruht auf dem Nutzeffekt für den Orga-nismus: „Wenn eine veränderbare Verbindung zwischen einer Situation und einer Reaktion auftritt und gleichzeitig oder anschließend ein Zustand eintritt, der dem Organismus von Nut-zen ist, so wird die Verstärkung dieser Verbindung vergrößert.” (Hull 1935, 820, eigene Ü-bersetzung). Der Nutzeffekt für den Organismus besteht in einer entsprechenden Triebre-duktion (Hull 1943, 71, 80f.): Ein Reiz ruft dann ein bestimmtes Verhalten hervor, wenn eine bestimmte Gewohnheitsstärke (ein Habit) und eine aktuelle Triebspannung so zusammenwir-ken, dass die Triebspannung durch die Konsumation des entsprechenden Reizes reduziert werden kann. Triebe als organismisch gegebene Bedürfniszustände physiologischer Natur bilden ein selektives Verstärkerschema für das Wirksamwerden von Reizen. Es kommt auf die Art und Stärke des Bedürfnisses an, welche Reize als Verstärker für ein bestimmtes Ver-halten fungieren und welche nicht: „Physiological conditions of need, through their sensitiz-ing action on the neural mediating structures lying between the receptors and the effectors ... appear to combine with the latter to evoke reactions according to a multiplicative principle, i.e., reaction-evocation potentiality is the product of a function of habit strenght multiplied by a function of the strength of drive ...” (Hull 1943, 242) Der experimentelle Beleg wurde durch eine Reihe von Experimenten mit Albino-Ratten erbracht, in denen es darum ging „die funk-tionale Abhängigkeit der Ausdauer beim Futtersuchen sowohl (1) von der Anzahl der Ver-stärkungen des in Frage kommenden Habits als auch (2) von der Anzahl der Stunden des Fut-terentzuges” zu untersuchen (Hull 1943, 266, eigene Übersetzung). Indem man einmal die eine Variable, dann die andere konstant hielt, gelang der experimentelle Nachweis, dass „Lern- erfahrungen” (operationalisiert durch die Anzahl bisheriger Verstärkungen) und aktuelle „Mo-tivation” (operational hergestellt durch die Anzahl der Stunden der Futterentbehrung) als von einander unabhängige Variablen in multiplikativer Verknüpfung das Verhalten (genauer: die Verhaltensbereitschaft) determinieren.

Wieder waren es experimentelle Befunde, die Hull zu Änderungen seiner Theorie veran-lassten bzw. die Ausformulierung seiner Incentive-(Anreiz-)Theorie begleiteten (Hull 1951, 1952): Crespi (1942, 1944) und Zeaman (1949) untersuchten Verhaltensänderungen bei Tie-

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ren in Abhängigkeit von plötzlichen Veränderungen der Belohnungsstrategie. Bei konstant gehaltenem Hungertrieb und gleicher Anzahl von Verstärkungen hängt die Schnelligkeit des Lernverhaltens von der Anreizänderung ab: Wenn nach einer gewissen Anzahl von Versuchs-durchgängen die Belohnungsrate geändert wurde, so dass die bisher hoch belohnten Ratten nun wenig Futter erhielten bzw. die niedrig belohnten Tiere plötzlich erheblich mehr, wurde plötzlich deutlich langsamer bzw. schneller gelernt. Die Anreizänderung kann durch qualitativ bzw. quantitativ sprunghafte Änderungen der Futtergabe (z.B. des Zuckergehalts) erfolgen.

Diese plötzliche Verhaltensänderung widersprach der Gewohnheitswirkung durch wieder-holte Verstärkererfahrungen, wonach sich ein spezifisch verstärktes Verhalten nur langsam einer neuen Reizlage anpassen sollte (vgl. analog die allmähliche Veränderung der „intrinsi-schen” Anspruchsnivausetzung bei Lewin et al. 1944 bzw. die auf Zeigarnik, 1927, Ovsianki-na, 1928, etc. basierende „Trägheitstendenz der Motivation” bei Atkinson & Cartwright, 1964, etc.). Die Formel von Hull (vgl. 1951, 59, 1952, 140)

VERHALTENSBEREITSCHAFT = TRIEB mal ANREIZ mal GEWOHNHEIT sagt – in der hier stark vereinfachten Form - aus, dass die Verhaltensbereitschaft (das „Reak-tionspotential”) eine monoton wachsende Funktion von allen drei Variablen ist (eine genauere Ableitung und kritische Würdigung findet sich in Herber 1976, 45ff.).

2.2.2 Hull und Lewin im Theorienvergleich Bedürfnisstärke: Hulls hypothetico-deduktive Modelle lassen jeweils nur invariante Ablei-tungen zu, die in Tierversuchen weitgehend bestätigt wurden. So besteht eine direkte Propor-tion zwischen Endverhaltensweisen (z.B. Fressen, Trinken) und der jeweiligen Triebstärke. Das wird als invarianter (gesetzesmäßiger) Zusammenhang postuliert. In Lewins System ist dieser Zusammenhang nicht invariant: Die Intensität eines Bedürfnisses und die Intensität eines entsprechenden Verhaltens müssen nicht in einem direkten Kausalverhältnis stehen. Die Schnelligkeit eines Tanzes muss nicht mit der Intensität des Wunsches zu tanzen zusammen-hängen. Oder: Ein Kind isst die Nachspeise besonders langsam um sich möglichst lange die-ser angenehmen Tätigkeit hingeben zu können (Lewin 1938, 145). Während in den meisten Tierversuchen (hastiges) Fressen den unangenehmen Hungerzustand beendigen soll, kann das „appetitliche”, genussvolle Zelebrieren des Essens zum Selbstzweck werden (zu einem Qua-sibedürfnis). Das Essverhalten ist beim Menschen nicht allein vom Hungertrieb bestimmt.

Was die Gewohnheitsstärke (habit strength) als Verhaltensdeteminante betrifft, gibt es dif-ferenzierende Übereinstimmungen zwischen den Systemen von Hull und Lewin: Nach Hull (1943) ist die Stärke eines Habits indirekt der Zieldistanz (z.B. dem Verstärkeraufschub) pro-portional: Ratten korrigieren Fehler in der Zielnähe rascher als in weiter Entfernung vom Ziel. Grund dafür: Das (korrekte) Habit wird in Zielnähe zeitlich-räumlich unmittelbarer verstärkt als in weiterer Entfernung. Die Höhe des Zielgradienten eines gewohnheitsmäßig etablierten Verhaltens ist somit eine – umgekehrte – Funktion der Entfernung vom Ziel. Ganz ähnlich sieht das Lewin (1982a, 144ff.) in seinem Konzept der „psychologischen Distanz” und hat dies in Felduntersuchungen von Kindern bestätigen können: Je näher Kinder dem Ort eines zu erwartenden attraktiven Ereignisses (z.B. zu einem Kindertheater) kommen, desto schneller gehen sie. Lewin (1982a, 146) bekräftigt und differenziert diesen behavioristischen Ansatz: „Ohne Zweifel haben uns die Experimente über den bedingten Reflex eine Fülle von Material über diese Art von Problemen geliefert. ... Strenges, analytisches Denken fordert ... mehrere Sätze, von denen einer die Intensität der Zielstrebigkeit als eine Funktion des Abstandes zwi-schen Individuum und Ziel statuiert. Dies ist identisch mit der Darstellung bestimmter Kraft-felder und wahrscheinlich richtig. Ein zweiter Satz, welcher in der Theorie vom Zielgradien-ten impliziert ist, führt dann das gegenwärtige Verhalten auf die vergangene Situation St-n zurück. Diese spezielle Form ist in meinen Augen unbefriedigend. Aber selbst wenn sie sich

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als richtig erwiese, sollte sie als unabhängige Theorie betrachtet werden. Hulls Formulierung einer ‘Hypothese über den Bekräftigungsgradienten’ ist ein Schritt in diese Richtung.” Lewin verlangt die Erstellung expliziter, detaillierter Transformationsregeln um Informationen von einer früheren auf eine spätere Situation transferieren zu können.

Unterschiedlich ist die Position von Hull und Lewin zur „sekundären Verstärkung”: Ein konditionierter Reiz – z.B. der „Glockenton” in Pawlows Experimenten – übernimmt die Aus-löse- und Verstärkerfunktion (z.B. für die Speichelsekretion, die ursprünglich nur auf den primären Verstärker, das „Stück Fleisch“, zu Stande kam). Dieses Konzept ist für die Hull-sche Theorie grundlegend: In Abwesenheit von primären Verstärkern könnte es nicht zur Auf-rechterhaltung der regelmäßigen Triebentladung, damit zu keiner – konditionierten – stabilen Motiv- und Einstellungsformung und auf diese Weise auch nicht zu irgendeiner Art von Han-deln kommen. Doch – vor allem im Humanbereich – sind die Mehrzahl der Verhaltensweisen nicht (oder schon lange nicht mehr) durch die Wirkung primärer Triebreize erklärbar (vgl. etwa Freuds Konzeption der Triebverschiebung, Substitution, Sublimation, Reaktionsbildung, etc. als Basis von kulturellen Traditionen, die über Generationen stabil bleiben und damit zur Gruppenidentität beitragen, z.B. Freud 1956; zur von individuellen Trieben weitgehend unab-hängigen Wertgenerierung innerhalb von Sozietäten siehe McClelland 1966, 1967, 1995a, Mummendey & Simon 1997). Nach Lewin (1926a, 75ff., 1938, 72ff.) kann ein neutraler Reiz, ein (konditioniertes) Mittel oder Instrument, niemals zum Selbstzweck werden. Er argumen-tiert gegen das Konzept der sekundären Verstärkung – ohne kognitive Zielrepräsentation – etwa so: Was würde geschehen, wenn die Reize am Weg zu einem primären Ziel tatsächlich zu sekundären Verstärkern würden (z.B. im Tierexperiment). Das Tier würde sich zur Zielre-gion der primären (z.B. Futter-) Verstärkung bewegen, einerseits wegen der Anziehungskraft des Zieles selbst, aber auch auf Grund aller anderen Reize oder Kräfte, die in der Versuchsan-ordnung – im Sinne der sekundären Verstärkung – auf das Tier einwirken. Da wären aber nicht nur Kräfte in Richtung auf das Ziel am Werk, sondern auch entgegengerichtete Kräfte. Wenn die zu durchlaufende Versuchsanordnung entsprechend verlängert würde, sollte das Tier an einen Punkt gelangen, an dem die zielgerichteten und die gegengerichteten Kräfte einen Gleichgewichtszustand erreichen. An diesem Punkt würde das Tier stoppen, eventuell umdrehen und zum Ausgangspunkt zurücklaufen. In diesem Falle wären die gegengerichteten sekundären Verstärker in ihrer Wirkungsresultante größer als die primären, vom Ziel ausge-henden Verstärker. Da derartiges Verhalten experimentell nie beobachtet wurde, schließt Le-win, dass neutrale Reize nicht wirklich Verstärkerwert erlangen, also nicht als (stabile) Kräfte wirken. Eher wirken sie im Sinne (kognitiv repräsentierter, austauschbarer) Signale, die an-zeigen, dass man auf dem richtigen Weg ist, ohne selbst einen Verstärkerwert zu besitzen. Sie erhöhen als Wegweiser (die nicht „an sich” interessieren) den Erwartungsgradienten der Ziel-erreichung und helfen so die psychologische Distanz zum Ziel (als Ausdruck der primären Verstärkung auf Grund echter Bedürfnisse bzw. funktionell autonomer Quasibedürfnisse, der gleichgerichteten Feldkräfte, etc.) zu verringern.

Vergleicht man Lewins Determinanten des Handlungsstrebens (z.B. Lewin 1982a, 133ff.) mit Hulls Formel (Verhaltensbereitschaft = Trieb mal Ziel-/Objektanreiz mal Habit, vgl. Hull 1951, 59, 1952, 140), so können analoge Komponenten identifiziert werden: (1) Triebe bzw. psychische Spannungen, (2) systembezogene Eigenschaften der Zielobjekte und (3) Rich-tungsvariablen (Verhaltensgewohnheiten bzw. wahrgenommene Zieldistanzen). Im Unter-schied zum transsituationalen Triebkonzept Hulls ist Lewins Spannungskonzept eher situati-onsspezifisch (als aktuell wirksame Feldkraft zu einer bestimmten Zeit in einem spezifischen Ambiente). Der Ziel-/Objektanreiz bei Lewin hängt vom Spannungszustand im Gesamtsystem ab (ist nicht wie bei Hull eine unabhängige Objektvariable) und die psychologische Distanz ist eine kognitive Repräsentation der Innen- und Außenzustände einer Person zu einem gege-

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benen Zeitpunkt, spiegelt also die subjektive Einschätzung der Lage, der Entfernung zum Ziel, etc.. Entsprechend sieht die Kritik von Hull an Lewin aus (zit. n. Lewin 1982a, 151): „Der Hauptgrund, weshalb meines Erachtens die von Lewin bevorzugte Methodologie keine zufriedenstellende naturwissenschaftliche Feld- oder Nichtfeld-Theorie des Verhaltens erge-ben kann, ist der, dass sein Feld, wenn es gesichert ist, primär subjektiv und seine bevorzugte Methode der Sicherung primär introspektiv ist. So wie ich ihn lese, kommt es zur experimen-tellen Löschung, weil ‘das Individuum darauf eingeht’ ... bedingte Reaktionen werden durch eine gleichzeitige ‘Erwartung’ hervorgerufen. Wenn man schließlich solche subjektiven Enti-täten wie ‘Erwartung’, ‘darauf eingehen’, ‘Lebensraum’, ‘subjektive Wahrscheinlichkeit’ u. dgl. auch noch sprachfreien Lebewesen zuspricht, dann verkommt das Ganze doch zu einem schieren Anthropomorphismus; der Forscher versetzt sich dann in die Ratte, die Katze, den Hund, den Affen, den Menschenaffen oder das Kleinkind und sagt sich: ‘Wenn ich in dieser Situation wäre, dann würde ich so und so wahrnehmen, auffassen, fühlen, denken oder Hypo-thesen aufstellen’ … ” Hull sieht die Hauptschwierigkeit mit der subjektiven und anthropo-morphen Methodologie, die er Lewin unterstellt, darin, dass die von ihr hervorgebrachten Entitäten nicht objektiv meßbar seien. So liege z.B. die Schwierigkeit mit dem Erwartungs-begriff Lewins „darin, dass wir, wenn wir eine Hypothese verifizieren wollen, worin er vor-kommt, nie genau wissen, wieviel Erwartung wir denn erwarten sollen, noch kennen wir die Größe der Reaktion, die die Erwartung vermitteln soll. Dieser Mangel an bestimmter quantita-tiver Beziehung zu objektiv beobachtbaren und meßbaren Zuständen und Ereignissen ist, glaube ich, auch das, was Brunswik mit ‘Einkapselung’ meint4 ...” (ebenda). Dazu Lewins Replik (1982a, 151f.): Hull hätte beim Durchsehen der Literatur zum Anspruchsniveau rasch erkennen müssen, dass der Begriff ‘Erwartung’ von Lewin und Mitarbeitern mit quantitativen Daten belegt sei und dass die Bedingungen zur Generierung und Änderung von Erwartungen und der daraus sich ergebenden Verhaltensweisen – die „Größe der Reaktion” zumindest am Menschen, erforscht werden könnten. „Er freut sich hoffentlich, wenn er sieht, dass man sogar sehr genaue theoretische Vorhersagen über Erwartung machen und sie experimentell prüfen kann (Festinger 1942a). ... Ich gehe davon aus, dass sich Mr. Hull nicht leicht davon überzeu-gen läßt, dass der Begriff ‘Erwartung’ mindestens so gut operational definiert ist – in meinen Augen sogar besser – wie manche von ihm akzeptierte Begriffe in der Wahrnehmungs- oder Konditionierungspsychologie, noch lasse ich mich so leicht davon überzeugen, dass manche der bei der Konditionierung bemühten angeblichen ‘Reize’ nicht viel zu vage, unrealistisch und inadäquat sind – trotz ihrer so sehr herausgestrichenen ‘Objektivitäts’-Fassade.” (ebenda, 152) Lewins Haupteinwand gegen solche behavioristische Begriffe bzw. Theorien besteht in ihrem Mangel an „analytischer Klarheit”: „Mr. Hull weiß so gut wie ich, dass in der fakti-schen Forschungsarbeit wir alle operationale Definitionen liefern müssen, dass noch niemand in der Lage war, aus den operationalen Definitionen der Psychologie das auszuscheiden, was man so gefliessentlich die ‘Sprachreaktion’ (language reaction) nennt, dass wir alle die Relia-bilität unserer Beobachtungsinstrumente nachweisen müssen und dass sich alle unsere Daten zum Nachweis ihrer Signifikanz den gleichen Prüfkriterien stellen müssen ....” (ebenda).

In der Folge unterstellt Lewin Hull durchaus ein seiner eigenen Forschungsarbeit analoges Bemühen eine möglichst sachliche, vorurteilsfreie und faire Prüfung „wissenschaftlicher Ob-jektivität” auch auf für die Humanpsychologie relevante, kultur- und sozialwissenschaftliche 4 Damit meint Brunswik, dass Lewins „Feld” nur die Person in dem von ihr konstruierten Lebensraum darstelle,

nicht aber als Element einer objektiv (wenn auch im molaren, ganzheitlichen Sinne nur statistisch-probabilistisch) erfassbaren Umwelt konzipiert sei: „Das Feld sei ‘post-perceptual and pre-behavioral’; denn die objektive Umwelt werde weder sensorisch noch motorisch erreicht. Überhaupt, ob und wie gehandelt wird, scheine Lewin weniger zu interessieren als die Vorbereitungen dazu. Der ‘Einkapselung in die zentrale Schicht’ entspreche denn auch konsequent das ‘Prinzip der Gleichzeitigkeit’ ...” (zit. n. Lewin 1982a, 150)

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Begriffe wie „Erwartung”, „Hoffnung”, „Fairness”, „Freundschaft”, etc. anzuwenden – mit dem gleichen wissenschaftlichen Anspruch, wie man dies bei Begriffen wie „sinnlose Silben”, „Ziel” bzw. „Zielreaktion”, etc. für notwendig erachte.

Wie Hull meint auch Lewin, dass man den Zustand des Organismus nicht als wissen-schaftlich nicht weiter interessierende „Black-Box” abtun könne. Einige Aspekte der klassi-schen Theorien der Assoziation und des bedingten Reflexes habe man zu Recht als „Psycho-logie ohne Organismus” bezeichnet. Für Hull (z.B. 1930, siehe oben Abschnitt 2.2.1) kommt – wie bei Lewin – die Verstärkerwirkung eines Reizes aus der Beschaffenheit des Organismus (was Probleme bei der unabhängigen Definition von „Anreizen” macht, vgl. Spence, 1956, 77ff., der Trieb- und Anreizstärke deswegen additiv statt multiplikativ verknüpfte, siehe dazu Herber 1976, 46ff.). Doch Lewin geht über den behavioristischen Physikalismus bzw. Physio-logismus der linearen oder komplexen Reiz-Reaktions-Koppelung hinaus, indem er – neben der transsituationalen – konsequent eine situationsspezifische Sichtweise einfordert: „Ich meine, wir sind, im Prinzip, alle der Meinung, dass die Psychologie den Organismus nicht auslassen kann. Doch einige unter uns wagen nicht zu glauben, dass eine wirkliche Wissen-schaft vom Organismus möglich ist. Sie ziehen die seltsamsten Umwege vor, statt das einfa-che Prinzip anzuerkennen, dass alle psychologischen Begriffe, einschließlich ‘physikalischer Reize’, letztlich in bezug auf einen Organismus in einem bestimmten Zustand ausgedrückt werden müssen.” (Lewin 1982a, 152)

Wie an Hand einiger Beispiele gezeigt werden konnte, hat Lewin – auf Grund der Ähn-lichkeit der Konzepte – Hullsche Befunde und Interpretationen theoretisch für humanpsycho-logische Belange ausdifferenzieren können. Er ermöglicht damit einen kognitiven Überbau über das behavioristische Experimentieren und Theoretisieren, das dem (selbst)reflexiven Stellungnehmen des Menschen zu sich selbst (dem eigenen Selbstkonstrukt) und zur Umwelt (dem eigenen Umweltkonstrukt) eine theoretische Basis zu geben im Stande ist. Das ist Hull untersagt geblieben, auch wenn er strikt auf verhaltenspsychologischer Basis vom monoper-sonalen Erklärungsansatz zur sozialpsychologischen Sichtweise – und damit zu einer Art „Feldtheorie” – unterwegs war, es aber nicht mehr selbst schaffen konnte (vgl. das Vorwort zu Hull 1952, wo er entsprechende Hinweise gibt, aber auch seinen nahen Tod andeutet). Es ist anzunehmen, dass er dabei an kognitiven Repräsentationen von Selbst, Umwelt, Anderen, etc. nicht vorbei können hätte, wie dies Lewin in obiger Replik fordert. Lewins Kritik an Hull ist kognitionspsychologisch in dem Sinne, dass er in Hulls Objektivitätsanspruch das kon-struktive Element des Forschers, Theorien- und Methodendesigners herausarbeitet. „Objekti-vität” ist nicht einfach gegeben, sie muss – wissenschaftlich – hergestellt, „operationalisiert” werden.

Hulls Annahme, dass sich „anthropomorphe Entitäten” wie „Erwartung”, „subjektive Wahrscheinlichkeit”, etc. nicht experimentell operationalisieren und quantifizieren ließen (siehe obiges Zitat), ist jedenfalls durch die Entwicklung der kognitiven Motivationspsycho-logie, wie sie von Lewin grundgelegt wurde, falsifiziert worden (siehe Herber & Vásárhelyi 2002b).

3. Lewin und die Psychoanalyse Brauns (1992, 87f.) weist mit einer Reihe von Zitaten auf die Rezeption der Psychoanalyse durch Lewin hin (vgl. auch Ash 1992, 202). Immer wieder deuten – implizite wie explizite – Begriffsverwendungen, wie z.B. „Frustration”, „Regression”, „Verdrängung”, „Substitution”, etc. auf Lewins Kenntnis der Psychoanalyse hin. So erwähnt er „die Postulierung eines be-sonderen Verdrängungs- oder Absperrungsmechanismus, wie ihn Freud annimm” (Lewin 1916, 434, zit. n. Brauns 1992, 87f.). Mit seinem Berliner Experimentalprogramm glaubt er selbst, u.a. „problems of Freudian psychology” in Angriff genommen zu haben. Mit methodi-

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schen Einschränkungen spricht er 1936 vom „brilliant work of Freud” und meint zusammen-fassend, „dass die psychoanalytische Theorie für den Bereich der Bedürfnisse, der Träume und der Persönlichkeit ein Ideensystem von unvergleichlicher Reichhaltigkeit und Ausführ-lichkeit entwickelt hat” (zit. n. Brauns 1992, 88).

Fest steht: Lewin ließ sich – bei aller begrifflichen und methodologischen Kritik – von Freuds Schriften inspirieren und setzte einzelne zentrale Konzepte experimentell um. Damit wurden psychoanalytische Ideen zu fruchtbaren Anregern der modernen Motivationsfor-schung (vgl. Weiner 1972, 1984, 1996, Herber 1979, 1998a, 2000b, Heckhausen 1989, Mc-Clelland 1995a, Kuhl 2001, Rheinberg 2002).

So anerkennt Lewin – in Weiterentwicklung der klassischen Gestaltpsychologie zur Feld-theorie – Vorleistungen Freuds für seine eigene Arbeit etwa wie folgt: „... we often find facts which FREUD first brought to our attention, thereby rendering a great service even though he has not given a clear dynamic theory in regard to them. One such fact is that of substitution. FREUD uses the concept of substitution extensively to explain both normal and abnormal behavior. Moreover, sublimation, which is closely related to substitution, is according to him an important foundation of our whole cultural life ...” (Lewin 1935, 180)

Nicht nur in seinen Experimenten zur Verdrängung, Verschiebung, Substitution, Sublima-tion und Regression bewegt sich Lewin auf theoretischem Terrain der Psychoanalyse und operationalisiert entsprechende Theoreme in so stringenter Weise, dass sie zu tragenden Beg-riffen einer durchformalisierten Motivationstheorie werden konnten (vgl. Atkinson & Birch 1970, Astleitner 1992, 2001, Astleitner & Herber 1993). Auch zum Problem der Kausalität setzt er sich mit Freud auseinander, indem er zwei Bedeutungen der psychologischen Warum-Frage unterscheidet: „1. Why in a given momentary situation, that is, with a given person (P) in a certain state and in a certain environment (E), does precisely this behavior result? 2. The more historical question: Why at this moment, does the solution have precisely this structure and the person precisely this condition or state? It is important to separate these two questions more clearly than is done, for example, in association psychology and in FREUDs theory.” (Lewin 1935, 241) In Bezug auf die begriffliche Trennung des historischen vom systemati-schen Ursachenbegriff in der Forschung vertieft Lewin (1969, 52) seine Kritik im Sinne sei-ner authentischen Wissenschaftstheorie: “Die Vermengung historischer und systematischer Begriffe und Probleme, die eines der wesentlichen Kennzeichen der ‚vorgalileischen’, ‚aris-totelischen’ Denkweise5 in der gegenwärtig ablaufenden Epoche der Psychologie ist, hat zu folgenschweren Verwirrungen geführt. Sie ist einer der wesentlichen Gründe für die Unstim-migkeit der Assoziationstheorie und für die Schwierigkeiten bei der Verwendung des Erfah-rungsbegriffs. Sie hat in der Psychoanalyse, deren Verdienst nicht zuletzt in der Betonung der historischen Fragestellung liegt, zu begrifflichen Grenzüberschreitungen und wichtigen Miß-deutungen geführt. Analoge Grenzüberschreitungen sind auch in der experimentellen Kinder-psychologie nicht selten.“ Ähnliche Probleme gibt es nach Lewin in anderen Wissenschaften, wie z.B. der Ökonomie und der Kunstgeschichte.

Und wieder an anderer Stelle wohlwollend-kritisch: „Psychoanalysis has probably been the outstanding example of a psychological approach which attempts to reach the depths ra-ther than the superficial layers of behavior ... Psychoanalysis has not always kept in line with the requirements of scientific method when making its interpretations of behavior. What is needed are scientific constructs and methods which deal with the underlying forces of behavi-or but do so in a methodologically sound manner.” (Lewin 1951, 60)

Lewin (1967, 50) räumt zwar ein, „dass es in der experimentellen Psychologie viele nicht sehr tiefgründige Versuche gibt”, plädiert aber für eine experimentelle Überprüfung der – 5 Siehe dazu Kapitel B.1.

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woher auch immer stammenden – psychologischen Einsichten und bezieht sich dabei explizit auf tiefenpsychologische Theorienbildung von Freud und Adler (ebenda): „So wichtige Er-kenntnisse die psychologische Wissenschaft den beiden Forschern verdankt, so handgreiflich tritt gerade an diesen Theorien die Gefahr zutage, dass einige wenige, in gewissem Umfang voll berechtigte Begriffe zu einem scheinradikalen allumfassenden System ausgeweitet wer-den. Erst eine experimentelle Erzeugung und Untersuchung z.B. des Vorgangs der Verdrän-gung oder der Ersatzbefriedigung (eine Aufgabe, die gegenwärtig bereits innerhalb der Mög-lichkeiten der experimentellen Psychologie liegt), dürfte den Boden für eine hinreichend kon-trollierte Theorie abgeben.”

Lewin erweitert den monopersonalen Ansatz von Freud zu einer systemischen Sichtweise: „Die topologische Psychologie betont die Notwendigkeit, ebensosehr Begriffe über die psy-chologische Umwelt wie über die Person zu entwickeln. Sie leitet alle psychologischen Ge-schehnisse aus dem Lebensraum in seiner Gesamtheit ab; dieser schließt sowohl die Person wie auch die Umwelt ein, während sich die Psychoanalyse hauptsächlich mit der Person be-faßt.” (Lewin 1962, 298)

Quasibedürfnisse (Lewin 1926b) können als unbewusste Abbildungstransformationen der Austauschprozesse von „echten” Innen- und Außenweltkräften wirksam werden, wie dies moderne tiefenpsychologische Lerntheorien nahelegen (vgl. Rath 1996, 18ff., Rath 1998), womit zu diesen heute eine konzeptuelle Brücke geschlagen werden kann. Andere Annähe-rungen postfreudianischer Richtungen der Psychoanalyse an Lewins Feldtheorie, wie drama-turgische und erzählerisch-sprachliche Austauschprozesse von Patient und Therapeut im „Hier und Jetzt” der analytischen Situation, hat Galli (1983, 1997) beschrieben.

4. Lewin und die Kognitionspsychologie In seinen Ausführungen über verschiedene Arten des Lernens zeigt Lewin (1982a, 162ff.) die Notwendigkeit der kognitiven (Um-)Strukturierung von gegebenen Situationen auf: Lernen bringt eine Veränderung der kognitiven Struktur mit sich und hat mit fast allen Bereichen des Verhaltens zu tun. „Das Verhalten resultiert aus Kräften, die eine Richtung haben. Deshalb hängt jedes Verhalten in einem hohen Grad von der kognitiven Struktur des Lebensraumes ab. In einer unstrukturierten oder neuen Situation fühlt sich die Person unsicher, weil die psycho-logischen Richtungen nicht bestimmt sind; dadurch weiß die Person nicht, welche Handlung zu welchem Resultat führt.” (ebenda, 171f.)

Lewin (1926b) weist den Vornahmen eine wichtige Rolle bei der vorausschauenden Struk-turierung von Situationen (dem psychologischen Feld oder Lebensraum einer Person) zu. Vornahmen entsprechen Quasibedürfnissen, die – wie transsituationale Prinzipien – funktio-nell autonom werden können (z.B. möglichst ökonomisch, perfekt, ästhetisch, sparsam, mora-lisch, etc. zu handeln, was immer man konkret tut) oder in direkter Weise im Dienste echter Bedürfnisse stehen: Ein bestimmter Vorsatz wird gefasst, weil sich der Organismus in einem spezifischen Bedürfniszustand befindet. Bedürfnisbezogene Vornahmen können hinsichtlich der beteiligten kognitiven Anteile des Wahrnehmens, Erinnerns, Denkens, Problemlösens, etc. (z.B. als differenzierte Reflexionen, logische Schlussfolgerungen) einen bestimmten Grad von funktioneller Autonomie erreichen, das Streben nach personbezogener Luststeigerung und Unlustvermeidung kann zunehmend von einem sachbezogenen Streben nach Wahrheit oder Erkenntnisstreben abgelöst werden (ob das Weltall ewig bestehen bleiben wird oder den „Käl-tetod” erleidet, wird kaum ein aktuelles, biologisch determiniertes Triebziel befriedigen kön-nen – sollte also unabhängig davon als Bedingungssatz konzipiert werden können).

Wie Freud schon räumliche, quasi topologische Metaphern benutzte um etwa in seinem Personmodell die bewusstseinsfähigen Funktionen des Ich zu charakterisieren (vgl. Herber 2000b), so entwickelte Lewin über seine mechanischen Spannungs- und Richtungskonzepte

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menschlichen Erlebens und Verhaltens hinaus – integriert durch ein Feld von Vektoren – ge-nuin kognitive Konzepte, die nicht nur Bezug zu kognitiven Lernakten haben, sondern die Motivations- und Willensforschung bis heute beeinflussen. Im Zuge der Untersuchung einer primär kognitiv generierten Erwartungsbildung hat seine experimentell entwickelte An-spruchsnivau-Forschung (z.B. Lewin et al. 1944) nicht nur die durchformalisierten Moti-vationsmodelle von Atkinson (1957, Atkinson & Birch 1970) ermöglicht, sondern auch die formalisierten Ansätze moderner Willens- und Persönlichkeitstheorien (z.B. Kuhl 1983, 86ff., 2001, 25ff., 1044ff.) direkt oder indirekt stimuliert. Im Detail werden wir im Kapitel 4 dieser Arbeit auf die Willenspsychologie, sowie in Herber & Vásárhelyi (2002b) auf das durchfor-malisierte Motivationsmodell von Atkinson & Birch (1970) eingehen.

Zur Anspruchsniveauforschung von Lewin und seinen Schülern (z.B. Hoppe 1930, Esca-lona 1940, Festinger 1942, Lewin et al. 1944): Für Lewin (z.B. 1982a, 302ff.) ist das Bezugs-system eines Elementes, Ereignisses, etc. wichtig („frame of reference”), erst im Systemzu-sammenhang kann ein Einzelnes in seiner Besonderheit voll erfasst werden. Auf dieser Basis wurde eine Reihe von Experimenten zum Anspruchsniveau („level of aspiration”) entwickelt. Das Anspruchsniveau ist eine zukünftige Zielsetzung, die von Feldkräften bestimmt wird, die ihrerseits aus früheren Erfahrungen und gegenwärtigen Reizeinwirkungen resultieren. Es muss unter mehreren möglichen Zielsetzungen eine Entscheidung getroffen werden: Ein Schüler kann verschiedene Noten bei einer Prüfung anstreben, man kann sich unterschiedliche Karriereziele setzen, bei allem, was man tut, einen bestimmten Gütemaßstab wählen, der in Bezug auf das eigene Handeln für verbindlich gehalten wird. Damit ist eine wichtige Wurzel der Leistungsmotivationsforschung (beginnend mit McClelland et al. 1953 bis heute) genannt, die von den Experimenten des Lewin-Kreises angeregt wurde. Vor allem beruht die mit At-kinson (1957) einsetzende „kognitive Wende” der Leistungsmotivationsforschung – die Do-minanz der primär kognitiv gesteuerten situativen Erwartung, von welcher der situative An-reiz abhängt – auf feldtheoretischem Fundament: Aktuelle Wahrnehmungen samt kognitiven Verarbeitungsmöglichkeiten sind der eine Teil der zielgerichteten Feldkräfte (die situative Stimulation individueller Wahrnehmungs- und Denkgewohnheiten), offene Bedürfnisse („Va-lenzen”) bestimmen die Attraktivität eines Zieles (zum Begriff „Valenz” siehe unten Kap. C.1.2). Bei Lewin sind kognitive und motivationale Faktoren gleich wichtige, von einander z.T. unabhängige Partner, dynamisch – also im Prozess des kognitiven Umstrukturierens – sind allerdings die motivationalen Kräfte wichtiger. Über die Eigenart kognitiver Strukturen (Schemata, Skripts, etc.) hinaus dirigieren in subjektiv besonders bedeutsamen Situationen Motivationen (Valenzen) die kognitiven Prozesse (Wahrnehmen, Erinnern, Problemlösen, etc.): „Nach der Feldtheorie beruhen alle Veränderungen auf Kräften (gerichteten Gegeben-heiten). Im Hinblick auf die Kräfte, welche die Veränderungen der kognitiven Struktur her-beiführen, ist es nützlich, zwei Arten zu unterscheiden: Die eine resultiert aus der Struktur des Erkenntnisfeldes selbst, die andere aus gewissen Valenzen (Bedürfnissen oder Motivationen). Die erste Gruppe von Kräften, die zu Veränderungen der kognitiven Struktur führen, ist sehr ähnlich, wenn nicht identisch mit den Kräften, die das Wahrnehmungsfeld bestimmen ... Es gibt etliche Anzeichen dafür, dass die Gestaltgesetze der Wahrnehmung mehr oder weniger gleich auch für das Denken und das Gedächtnis gelten ... Über die aus der kognitiven Struktur selbst resultierenden Kräfte hinaus wird die kognitive Struktur tiefgreifend durch die Bedürf-nisse des Individuums, seine Valenzen, Werte und Hoffnungen beeinflusst. Diese Kräfte spie-len bei der Lösung jeder intellektuellen Aufgabe eine wichtige Rolle.” (Lewin 1982a, 182) Nicht nur das Denken selbst ist eine Feldkraft, jedes Bedürfnis – als psychologische Kraft – ist auch eine Determinante von Denkvorgängen. Diese wiederum beeinflussen Emotionen und Motivationen. Es gibt kein Denken ohne Wahrnehmen, Erinnern, emotionelles Bewerten, motivationale Handlungsimpulse. Ebenso sind Motivationen, Bedürfnisse nicht unabhängig

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von parallel ablaufenden Kognitionen. Diese Sichtweise der Lewinschen Feldtheorie ent-spricht modernen neuropsychologischen Forschungen (vgl. z.B. Pöppel 1993, 2000, Pöppel et al. 1994, Rolls 1999, Borod 2000, Lane & Nadel 2000, Edelman & Tononi 2002): „ ...eine psychologische Kraft, die einem Bedürfnis entspricht, ... führt zu einer solchen Veränderung seiner kognitiven Struktur, welche einer Lokomotion entspricht oder eine solche erleichtert. Deshalb sind alle intellektuellen Vorgänge von Grund auf durch die Ziele des Individuums beeinflußt. Wir haben gesehen, dass die intellektuellen Vorgänge, die man als eine Art der produktiven Tätigkeit des Individuums ansehen kann, abhängig sind von seinem Gefühlszu-stand, das heißt von der Spannung, vom Differenziertheitsgrad, von der Größe und von der Flüssigkeit des ganzen Lebensraumes.” (Lewin 1982a, 182f.) Da jede Wahrnehmung von der kognitiven Struktur des Individuums beeinflusst wird, die kognitive Struktur aber motivatio-nal (mit-)determiniert ist, gilt auch, dass jede Wahrnehmung von den Bedürfnissen und Ge-fühlen des Individuums abhängt. „Die ‘projektiven’ Methoden zum Studium der Persönlich-keit machen von diesem Verhältnis Gebrauch.” (ebenda, 183) So gesehen hängt auch das Ler-nen mit der Motivation zusammen, indem Veränderungen der Kognitionen durch Änderungen in den Motivationen bewirkt werden, vice versa: Dabei „handelt es sich entweder um eine Veränderung der Bedürfnisse oder um einen Wechsel in den Mitteln zu ihrer Befriedigung. ... Offenbar stehen die Kräfte, welche solche Arten des Lernens steuern, mit dem gesamten Be-reich der Bedingungen, welche die Motivation und die Persönlichkeitsentwicklung bestim-men, in Zusammenhang.” (ebenda)

Bei Atkinson (1957), dem eigentlichen Begründer der kognitiven Motivationspsychologie dominiert – im Unterschied zu Lewin – in der situativen Zielsetzung eindeutig der kognitive Erwartungsfaktor. So ist der Anreiz eines bestimmten Leistungsziels eine Funktion der sub-jektiven Erwartung: Anreiz = f (Erwartung). Das Ergebnis der kognitiven Verrechnung der situativen Chancen, ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen, wird durch die Stärke der überdauernden Motive entsprechend gewichtet, so dass – situationsspezifisch – tendenziell eher eine höhere oder niedrigere Zuwendungs- oder Abwendungsmotivation entsteht. Aus Motiven werden durch kognitive Erwartungsgenerierungen Motivationen. Begrifflich lässt sich die Position von Atkinson (1957, 359ff.) so zusammenfassen: Auf eine aktuelle Situation bezogen ist „Motiv” eine vorgegebene Disposition, die sich biografisch gebildet hat und die nun als eine relativ beständige Persönlichkeitsvariable (als Selbstkonzept, Einstellung, Inte-resse, etc.) fungiert – bezogen auf bestimmte Situationsklassen (Leistung, Macht, sozialer Anschluss bzw. innerhalb dieser Situationsklassen mehr oder weniger generalisiert auf be-stimmte Bereiche, wie – z.B. im Falle des Leistungsmotivs – auf Sport, Musik, Mathematik, etc.). Hingegen meint „Motivation” als aktuelles Streben den Prozess der Aktualisierung eines operational bestimmbaren, als gegeben angenommenen Motivs in einer (z.B. experimentell herstellbaren) signalbestimmten, Erwartungen generierenden Situation in Richtung auf eine (diagnostisch in spezifischer Weise fassbare) Handlungstendenz von bestimmter Art, Rich-tung, Intensität und Persistenz. Dazu Genaueres in der Fortführung dieser Arbeit (siehe Her-ber & Vásárhelyi 2002b).

B. THEORIEKERN UND METHODOLOGIE DER FELDTHEORIE Lewins Forschungsarbeiten sind durch eine hohe Kongruenz zwischen „Wissenschafts-theorie” und „Wissenschaftspraxis” gekennzeichnet, also zwischen der (phänomenalen) Wahrnehmung eines konkreten Problems der Lebenswelt, dessen (meta-)theoretisch aufberei-teter Strukturierung und einer entsprechenden Methodologie samt konkreten Forschungsme-thoden: „In der sowohl beim Theoretisieren wie Experimentieren gleichermaßen allgegenwär-

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tigen dynamischen Spannung zwischen dem Streben nach umfassenden theoretischen Ansät-zen und dem Ergreifenwollen der konkreten Ereignisse mit all ihren Wichtigkeiten und Nich-tigkeiten sehe ich das Grundphänomen des wissenschaftlichen Lebens, zumindest des experi-mentellen Forschers.” (Lewin 1926b, 8) Dieses Streben nach wissenschaftstheoretischer und methodologischer Verknüpfung des (abstrahierten) Allgemeinen mit einem ganzheitlich-konkreten Phänomen, das sehr unterschiedlich dimensioniert werden kann, dieser Spannungs-bogen zwischen „Gesetz und Experiment in der Psychologie” (1967, Erstdruck 1927) macht Lewins Skepsis gegenüber einer einheitswissenschaftlichen „spekulativen Ideologie” ver-ständlich (vgl. eine ähnliche Argumentation in Sneed 1976, 115f.): „Auch die Wissenschafts-lehre wird, sofern sie als ‘empirische’, nicht spekulative Wissenschaft auftreten will, gut dar-an tun, sich mehr an den in der tatsächlichen Forschungspraxis der Einzelwissenschaften im-plizit enthaltenen philosophischen Thesen zu orientieren, als an ihrer philosophischen ‘Ideo-logie’.” (Lewin 1971, 2) In diesem Sinne gehen wir einigen für die Feldtheorie bezeichnenden objekt- und metatheoretischen Konzepten bzw. Prinzipien nach, die zentrale psychologische Konstrukte Lewins mit seiner Erkenntnistheorie sowie seiner individual- und sozialpsycholo-gischen Methodologie verknüpfen.

1. Aristotelische vs. galileische Denkweise In seiner berühmten Schrift „Der Übergang von der aristotelischen zur galileischen Denkwei-se in Biologie und Psychologie” beschreibt Lewin (1971, 45f., Erstdruck 1930/31) die wis-senschaftstheoretische Basis seines feldtheoretischen Ansatzes so: „... in den für das Gesamt-verhalten der Lebewesen maßgebenden Gebieten der Psychologie dürfte der Übergang zur galileischen Grundauffassung der Dynamik unvermeidbar sein, die alle in der Dynamik auf-tretenden Vektoren nicht auf einzelne isolierte Gegenstände zurückführt, sondern auf das Zu-einander der Faktoren in der konkreten Gesamtsituation ... Die Dynamik des Geschehens ist ... zurückzuführen auf die Beziehung des konkreten Individuums zur konkreten Umwelt und, soweit es sich um innere Kräfte handelt, auf das Zueinander der verschiedenen funktionellen Systeme, die das Individuum ausmachen. ... Es gilt zur Einsicht zu bringen, dass Allgemein-gültigkeit des Gesetzes und Konkretheit des individuellen Falles keine Gegensätze sind, und dass an Stelle der Bezugnahme auf einen historisch möglichst ausgedehnten Bereich häufiger Wiederholungen die Bezugnahme auf die Totalität einer konkreten Gesamtsituation treten muss. Das bedeutet methodisch, dass die Wichtigkeit eines Falles und seine Beweiskraft nicht nach der Häufigkeit seines Vorkommens gewertet werden darf.”6

„Konkrete Umwelt” meint dabei nicht eine objektivierte materielle (physikalische, chemi-sche, biologische, etc.) oder soziale (institutionelle, kulturelle, etc.) Abbildung, sondern einen psychologisch beschreibbaren Lebensraum, wie ihn das konkrete Individuum in einer be-stimmten Situation wahrnimmt. Dieser Lebensraum umfasst alle relevanten bisherigen Erfah-rungen des Individuums sowie die aktuellen Wahrnehmungen seiner inneren und äußeren Situation (wodurch die vergangenen und die aktuellen Umwelten bzw. deren psychische Rep-räsentationen zu „Mittätern” des individuellen Erlebens und Verhaltens werden). Lewin fordert damit: − den Übergang von einem monopersonalen (elementaristischen) zu einem inter-personalen/relationalen (systemischen) Ansatz; − den Übergang von einer wesenszentrierten (statischen) zu einer funktionszentrierten (z.B. gruppendynamischen) Erklärungsweise. Warum die pointierte Ausdrucksweise „aristotelisch” vs. „galileisch”?

„Aristotelisch” bedeutet für Lewin so viel wie „Wesenserklärung”. Und „Wesen” ist im 6 Die ausgedehnten Hervorhebungen des Originaltextes wurden in diesem Zitat weggelassen.

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aristotelischen Sinne das, was den Einzelfällen einer abstrakt definierten Klasse gemeinsam ist. So ist etwa nach der Klassischen Testtheorie der Mittelwert der beobachteten Testergeb-nisse deren „wahrer Wert”. Beim Aufstieg zum Allgemeinen werden die konkreten Unter-schiede als unwesentlich weggelassen. Das allgemeine Merkmal kennzeichnet die Objekte einer Klasse als deren gemeinsames „Wesen”. Damit ist nach Lewin auch eine implizite Wer-tung verbunden: „ ... auf der einen Seite stehen die guten und sozusagen berechtigten Kräfte des Körpers, die aus seiner Tendenz zur Vollendung kommen ... , auf der anderen Seite die ‘Störungen’ durch den Zufall, durch Gegenkräfte anderer Körper ... Diese Art der Gruppie-rung durch werthaltige Begriffe spielt in der mittelalterlichen Physik eine außerordentliche Rolle. Sie schiebt vieles, was sachlich wenig Zusammenhang besitzt, im Denken eng anein-ander und reißt vor allem sachlich eng Zusammengehöriges auseinander.” (Lewin 1971, 4f.) Eine willkürlich abstrahierende Beschreibung wird „unter der Hand” zur „Wesenserklärung”. Das, was für Lewin kennzeichnend für eine mittelalterliche Physik ist, ist immer noch Kenn-zeichen der Psychologie seiner Zeit: „Das, was Kindern eines bestimmten Alters gemeinsam ist, wird zum Wesen der Kinder dieses Alters erhoben. Die Tatsache z.B., daß dreijährige Kinder relativ häufig trotzig sind, läßt den Trotz als etwas zum Wesen des Dreijährigen gehö-riges erscheinen ... Hier wie in einer ganzen Reihe anderer grundlegender Begriffe, etwa dem Begriff der Fähigkeit, der Begabung oder ähnlicher bei den Tests verwendeten Begriffe (Intel-ligenz) liegt im Grunde die gleiche aristotelische ‘Wesenserklärung’ vor, die man seit langem als Vermögenspsychologie, als eine im Zirkel laufende Erklärung bekämpft hat, ohne dass es gelungen ist, sie wirklich durch eine andere Begriffsbildung zu ersetzen.” (ebenda, 19)

„Galileisch” kennzeichnet dem gegenüber eine Erkenntnishaltung, die sich auf den kon-kreten Fall ganzheitlich einlässt um sein „Verhalten” (seine Veränderungen) gesetzesartig beschreiben und erklären zu können – als funktionale Gegebenheit innerhalb einer umfassen-den Struktur, die für alle Objekte im jeweiligen Systemzusammenhang in gleicher Weise gilt. Lewin bezeichnet diese systemimmanente, relational-prototypische Funktionalität7 (z.B. ein bestimmtes Erlebnis- oder Verhaltensmuster) als „Geschehenstypus”.

Als Bild mag Lewin dabei der junge Galilei vor Augen gestanden haben, dem 1583 wäh-rend einer Messe im Dom zu Pisa das leichte Schwingen eines Kronleuchters zum Problem wurde – ein Phänomen, das unzählige Menschen vor ihm gesehen hatten, ohne ihm besondere Beachtung zu schenken (vgl. Orlik 1979). Das Neue an seiner Sichtweise war typisch „gali-leisch” – losgelöst vom konkreten Objekt, aber bezogen auf die relationale Gesamtsituation: Ob – gemessen am eigenen Herzschlag – die Zeitdauer des Auspendelns gleich bleibt, wenn die Schwingungsausschläge nach und nach geringer werden. Auf dieser Basis wurde es mög-lich Pendelgesetze zu formulieren – statt über das Wesen von (schwingenden) Kronleuchtern nachzudenken8. So ist es nach Lewin auch möglich und notwendig die Gesetzmäßigkeit des Gruppenlebens von Menschen zu erforschen – ohne vorher das Wesen bestimmter Menschen- 7 Zur kognitionspsychologischen Grundlegung des Begriffs „Prototyp“ siehe Posner (1976). 8 Ein allgemeines Bewegungsgesetz inkludiert nach Galilei auch die Fallgesetze. Aristoteles würde in diesem

Zusammenhang fragen, warum die Körper fallen, und etwa antworten: Weil die Körper ihrem „Wesen” nach schwer sind und - da sie verschieden schwer sind - auch verschieden schnell fallen. Galilei würde danach fra-gen, wie die Körper fallen? Er würde dabei den ganzen Fallvorgang betrachten und ihn in messbare Kompo-nenten aufgliedern (dimensionieren): Fallstrecke, Fallzeit, Hindernisse (wie z.B. Luftwiderstand), etc., und er würde durch möglichst exakte Messung das quantitative Verhältnis dieser Komponenten untersuchen. „Das so gefundene Ergebnis - daß ein Körper bei Abwesenheit jeglichen Hemmnisses die und die Strecke in der und der Zeit zurücklegt - ist das ‘Naturgesetz’, eine mathematische Formel, die den Vorgang nicht in seinem ‘We-sen’ ‘erklärt’, sondern seinen Verlauf exakt beschreibt.” (Störig 1963, 243) Russell (1959, 188) unterstellt inte-ressanter Weise den Positivisten aristotelisches Denken (also eine im Grunde elementaristische, individualisti-sche Anschauungsgebundenheit als Basis ihrer Theorienbildung): „ ... positivists have a good deal in common with Aristotle and his uncompromising superficiality of observation in physics.”

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typen (z.B. an Hand ihrer statistischen Merkmale) erfassen zu müssen. Uns scheinen Lewins Argumente immer noch aktuell, besonders wenn wir – wie in der

Pädagogik – in der Praxis dem einzelnen Fall (und nicht einem abstrakten Durchschnitt) ge-recht werden sollen. So kann man auf Grund eines Testurteils im aristotelischen Sinne einzel-ne Hochbegabte systematisch benachteiligen, nur weil deren idiosynkratische, sachlogisch überlegene Lösungskonstruktion vom statistischen Testrationale der Eichstichprobe so sehr abweicht, dass sie – im systematischen Auswertungsverfahren – keine Berücksichtigung fin-det, wie wir dies im Zuge unserer Feldexperimente gefunden haben (vgl. Herber et al. 2000, Vásárhelyi 2001).

Was Lewin in seinem Aufsatz über aristotelisches und galileisches Denken ausgeführt hat, ist auch aus der Perspektive heutiger sozialwissenschaftlicher Forschung bedenkenswert, nicht zuletzt im Hinblick auf die von Patry (z.B. 1991, 1998) aufgezeigten Probleme der Transsituationalität und Situationsspezifität – insbesondere im Theorie-Praxis-Zusammen-hang der Pädagogik.

Nach Lewin ist die Psychologie vorgalileisch orientiert. Sie neigt z.B. dazu, nur das für wirklich zu halten bzw. als gesetzmäßig anzuerkennen, was in Raum und Zeit häufig ange-troffen werden kann (wie wenn eine Geröllhalde mehr Beweiskraft für die Gültigkeit des Fallgesetzes darstellen würde als ein einzelner, auf dem Wege liegender Stein). Diese Er-kenntnishaltung wird durch vorwissenschaftliches, laienhaftes Denken gestützt. Den in die-sem Sinne forschenden Psychologen interessiert nicht so sehr, welchen Gesetzmäßigkeiten („Geschehenstypen”) der einzelnen Fall folgt, sondern ob alle Menschen in einer spezifischen Situation so handeln oder wenigstens die meisten von ihnen (Lewin 1971, 15f.). Wirklich ist, was alle oder viele Menschen tun. Gesetzmäßigkeit verkommt so zur „Gültigkeit des Durch-schnitts”, wird mit „historisch-geografischer”, also mit zeitlich und räumlich kontingenter Regelmäßigkeit gleichgesetzt und als Gegensatz zum Einzelfall aufgefasst. Dieser Umstand bedeutet eine „Beschränkung der Forschung. Er läßt es als hoffnungslos erscheinen, den wirk-lich einmaligen Ablauf eines Affekts, die wirkliche Struktur des Charakters des einzelnen Individuums zu erkennen. Er drängt also auf eine nur durchschnittliche Behandlung dieser Probleme (etwa durch Tests oder Fragebogen).” (Lewin 1971, 21) Wenn qualitative Eigenheit und Gesetzmäßigkeit als Gegensätze aufgefasst werden, entspricht dies dem vorgalileischen Denken der Physik: „Wie, meinte man damals, kann man es wagen, qualitativ so Verschie-denartiges, wie die Bewegung der Gestirne, das Fliegen der Blätter im Winde, den Flug des Vogels und den herabrollenden Stein unter ein Gesetz der Bewegung zusammenfassen zu wollen.” (ebenda) Lewin ortet damit „auch eine Annehmlichkeit für die Forschung. Es genügt Regelmäßigkeiten aufzuzeigen. Das Anspruchsniveau der Psychologie in bezug auf die Strin-genz ihrer Sätze geht lediglich soweit, daß eine Geltung im ‘allgemeinen’, im Durchschnitt verlangt wird.” (ebenda, 22) So glaubt man das „Wesen” z.B. eines dreijährigen Kindes durch Durchnittsberechnungen erfassen zu können.

Das galileische Denken setzt gesetzeskonforme Prozesse nicht mehr mit häufig wahr-genommenen ähnlichen Ereignissen gleich. Auch ein selten vorkommendes Geschehen ist eine Realisierung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten. Die Allgemeingültigkeit von Gesetzen ist nicht notwendigerweise durch häufiges Vorkommen gleicher Fälle besser zu sichern als durch einige wenige, anscheinend ganz verschiedene Ereignisse. So gelten die Gesta ltgesetze glei-chermaßen für das Sehen, Hören und Tasten. Ein und dasselbe Gesetz kann sich in den unter-schiedlichsten Erscheinungsweisen realisieren. So muss auch der konkrete Einzelfall wissen-schaftlich ernst genommen werden. Das betrifft in besonderem Maße die praktische Anwen-dung von Wissenschaft: In der Praxis gibt es nicht den Durchschnittsmenschen als ideale Ein-setzungsinstanz bzw. Platzhalter für die Häufigkeit des Zutreffens einer psychologischen Ge-setzmäßigkeit. Nicht die konkrete Erscheinungsform der Dinge ist im galileischen Denken

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wichtig, sondern Kants „Ding an sich”: „Die aristotelischen Begriffe zeigen ... einen unmit-telbaren Bezug zur historisch gegebenen Wirklichkeit und zum tatsächlichen Ablauf des Weltgeschehens. Diese Beziehung, oder jedenfalls diese unmittelbare Beziehung auf die his-torische Gegebenheit fehlt der modernen Physik. Der Umstand, ob ein bestimmter Prozeß nur einmal, ob er häufig oder ob er gar immer im historischen Ablauf wiederholt wird, bleibt für die Frage nach den Gesetzen in der modernen Physik so gut wie irrelevant; er erscheint als zufällig, ‘nur historisch’. Das Fallgesetz z.B. behauptet nicht, daß ein Herunterfallen von Körpern häufig zustande kommt. Es behauptet vollends nicht, daß jener Geschehensablauf des ‘ungestörten’ freien Falles, auf den sich die Formel s = 2

g ⋅ t2 bezieht, in dem wirklichen Ab-lauf der Welt häufig oder regelmäßig realisiert wird. ... Ja, in einem gewissen Sinne bezieht sich das Gesetz allemal auf Fälle, die im wirklichen historischen Ablauf nie, oder doch nur angenähert realisiert werden. Allenfalls im Experiment, also im Grunde genommen in künst-lich hergestellten, äußerst seltenen Fällen gelingt wenigstens eine ungefähre Annäherung an jenes Geschehen, von dem das Gesetz handelt. Die Sätze der modernen, also ‘antispekulati-ven’, sich als ‘empirisch’ bezeichnenden Physik haben von der aristotelischen Empirie aus betrachtet zweifellos einen sehr viel weniger empirischen, einen sehr viel konstruktiveren Charakter, als die von der unmittelbaren historischen Wirklichkeit ausgehenden Begriffe des Aristoteles.” (Lewin 1971, 12f.)

So gesehen verhält sich die Psychologie mit der statistischen „Absicherung” ihrer Aussa-gen weitgehend aristotelisch. Besonders dann, wenn sie das „Wesen” von individuellem Erle-ben und Verhalten vor allem in „stabilen“, elementaristischen Charakteristika einer bestimm-ten Rasse, eines spezifischen Persönlichkeitstyps, etc. verankert sieht statt in der Interaktion mit überindividuellen Feldcharakteristika, wie z.B. gruppendynamischen Gesetzmäßigkeiten (vgl. Lewin 1947a,b).

Besonders die Klassenbildung der Psychologie ist nach Lewin aristotelisch orientiert: „Deutlich genug zeigt sich auch jener Zug des aristotelischen Denkens, der in der abstraktiv definierten Klasse zugleich das Wesen des Sache sieht, also das, was das Verhalten des ein-zelnen Gegenstandes ‘erklärt’.” (Lewin 1971, 19)

Was folgt aus der galileischen Erkenntnis, dass Experimente in der Vakuumröhre das phy-sikalische Wesen der Fallgesetze besser abbilden als noch so viele Versuchswiederholungen unter „natürlichen” Bedingungen für die Forschung in den Sozialwissenschaften?

Wir wagen eine vorsichtige Analogiebildung: Computersimulationen, in denen prototypi-sche Person- und Umweltbedingungen von möglichst vollständig („ganzheitlich”) erhobenen, exemplarischen Fällen gesetzeskonform (modellbezogen) durchvariiert werden9, sagen wahr-scheinlich mehr z.B. über das „Wesen” der Motivation aus als eine Vielzahl von „stand alone experiments” mit möglichst vielen Versuchspersonen (organisiert in anfallenden Stichproben, wie dies der sozialwissenschaftlichen Untersuchungspraxis weitgehend entspricht).

Lewin hat mit seiner Abhandlung über aristotelisches und galileisches Denken erkenntnis-theoretisch und methodologisch für die Sozialwissenschaften einen Problembogen aufge-spannt, der bis heute die Forschungspraxis beschäftigt (bzw. beschäftigen sollte): Wie kann die größtmögliche Berücksichtigung einer konkreten Gesamtsituation (z.B. zum Zwecke einer ökologisch validen Schulbahnentscheidung) mit einer möglichst stringenten Berücksichtigung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten in Einklang gebracht werden?

Eine interessante Querverbindung zu Lewin ergibt sich aus der rezenten wissenschafts-theoretischen Diskussion „normischer Gesetze”. Nach Schurz (2001) ist „statistische Norma-lität” der Langzeitausdruck einer „prototypischen” Normalität innerhalb eines Realitäts-bereiches (einer „ökologischen” Nische). Diese prototypisch verursachte Regelmäßigkeit 9 Vgl. z.B. Astleitner 1992, 2001, Astleitner & Herber 1993, Vásárhelyi 2002

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müsste also über weite Zeiträume, u.U. auch unter ganz unterschiedlichen Kontexten (kontin-genten Bedingungen) festgestellt werden können. So ein Kausalnexus entspricht galileischem Denken im Unterschied zu einer allfälligen aristotelischen Auffassung, wonach das, was sta-tistisch am häufigsten vorkommt, den Prototypen einer Klasse von Objekten konstituiert. Dies wäre – zumindest nach Lewin – aristotelisches Denken.

Aristotelisches Denken entspricht statistischen Verallgemeinerungen (normischen Regula-ritäten), die nach Lewin durch „historisch-geografische” Häufigkeitsansammlungen zu Stande kommen, während genuine Gesetze (einheitliche Erklärungen durch übergeordnete Theorien) dem galileischen Denken zugeordnet werden können, insbesondere wenn Systeme sich selbst ganzheitlich-autopoitisch zu (re-)konstruieren im Stande sind.

Auch die von Schurz angebotene evolutionstheoretische Begründung des Zusammenhangs von prototypischer und statistischer Normalität lässt sich „galileisch” interpretieren: In der evolutionären Entwicklung treten nicht sofort massenhaft (= statistisch normal) Einsetzungs-instanzen neuer Prototypen auf. Prototypen entstehen z.B. biologisch – durch Mutation – als zufällig besonders passende Exemplare in entsprechenden ökologischen Nischen. Ihre hier zu Tage tretende prototypische Überlegenheit gegenüber Konkurrenten lässt sie im Zeitverlauf statistisch dominieren. Aus der prototypischen Normalität entsteht eine entsprechende statisti-sche (wenn diese Systeme nicht durch Katastrophen an einer entsprechenden Entwicklung verhindert werden). Keineswegs aber bedeutet eine in Raum und Zeit angetroffene Häufigkeit eo ipso eine gesetzeskomforme Normalität. Lewins wissenschaftstheoretischer Ansatz kann also durchaus in zeitgemäßen Forschungszusammenhängen fruchtbar diskutiert werden (für die Bezugnahme auf Lewin im erkenntnistheoretischen und methodologischen Zusammen-hang der Pädagogik siehe Alisch 1990, 113ff., Alisch & Gerber 2001, 118ff.).

Mit Lewins Zurückweisung des (statischen) aristotelischen Denkens in objektgebundenen Wesenheiten und seinem Eintreten für (dynamisches) galileisches Konstruieren von nicht objektgebundenen gesetzmäßigen Beziehungsgefügen wird auch die Uraltfrage von „Elemen-ten- vs. Ganzheitspsychologie” neu aufgerollt. Die Fragestellung, ob Elemente voneinander unabhängig definiert werden können oder als von den jeweiligen Zuständen eines Gesamtsys-tems abhängige, interagierende, sich gegenseitig „hinaufschaukelnde” (zueinander semantisch ständig „verrutschende”) Analogien fungieren10, ist nicht nur (wissenschafts-)theoretisch von Belang, sie hat auch konkrete Auswirkungen auf die Begründung von Unterrichtsmodellen (vgl. z.B. die Unterscheidung zwischen „sequentiellem” vs. „analogisierendem” Unterricht) samt deren je empirischer Abbildungsproblematik und didaktischer Realisierung (vgl. Herber et al. 2000, Herber & Vásárhelyi 2002a).

Die Frage, ob Elemente des menschlichen Erlebens und Denkens eher transsituational-stabile Module darstellen, aus denen durch relativ willkürliche Kombinationen verschiedene Systeme (stabile Strukturen) „gebastelt” werden können, oder ob sie eher auf Grund ihrer funktionalen Einbettung im Gesamtzusammenhang situations- bzw. problemspezifisch „ver-rutschen”, kann heute wissenschaftstheoretisch auf einer breiteren, allgemein sozialwissen-schaftlichen Basis formuliert und bearbeitet werden. Zuerst die elementaristische Sichtweise: „Komplexe Phänomene sind aus Einzelphänomenen aufgebaut, Variationen zwischen kom-plexen Phänomenen auf Variationen in der Kombination der Einzelphänomene zurückführbar. Kennt man die Grundbausteine der komplexen Phänomene und die Kooperationsgesetze, nach denen die Einzelphänomene dabei kombiniert werden, kann man jedes beliebige komplexe Phänomen erklären.” (Alisch 1996, 43)

Die elementenpsychologische oder individualistische Strategie ist deterministisch ange- 10 Zum problembezogenen, situationsspezifisch-dynamischen „Verrutschen” von Vorstellungen, Konzepten,

Bewertungen, etc. siehe in der modernen Kognitionsforschung z.B. Mangold-Allwin (1993), Hofstadter (1996).

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legt: Strukturen erfassen heißt eine Menge von Elementen (Objekten) und die zwischen die-sen Elementen (Objekten) geltenden Relationen zu identifizieren. Damit sind – neben der Struktur – auch die möglichen Funktionen eines spezifischen Systems (eines Aggregats von Elementen und Relationen)11 vollständig festgelegt. Abweichungen von den deterministischen Vorhersagen werden primär als Abbildungsfehler, Unschärfen der Erfassung oder Anwen-dungsfehler aufgefasst und als Zufallsabweichungen „einzufangen” versucht (analog der Schützenstreuung: die Treffer landen „zufallsverteilt“ um den Mittelpunkt der Schießscheibe).

Die Ganzheitspsychologie (in moderner Ausdrucksweise: „systemische” Psychologie) ent-spricht im Prinzip den „emergenztheoretischen” Strategien von Alisch (1996, 43f.), deren Charakterisierung mit einer Kritik an elementaristischen Auffassungen beginnt: „Die Suche nach nicht weiter analysierbaren Grundbausteinen und Gesetzen zu ihrer Kombination führt als einzig zulässige Forschungsstrategie in eine Sackgasse. Neben Gesetzen, die Regeln für die Kooperation von Einzelphänomenen enthalten, existieren Gesetze, die Regeln für die Va-riation von komplexen Phänomenen angeben. Derartige Emergenzgesetze können nicht auf Kombinationsgesetze für Einzelphänomene zurückgeführt werden.” (ebenda, 43)

Es gibt zahlreiche Hinweise (z.B. Krueger 1984, Alisch 1990, 1995, 1996, 2001, Herber 1996a), wie ein emergentistischer Standpunkt von mathematischer, naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Seite gestützt werden kann: Dissipative12 Strukturen entstehen zwar – gemäß klassischen thermodynamischen Annahmen – durch irreversible Prozesse, ge-hen aber dennoch nicht in ungeordnete Gleichgewichtszustände über (Alisch 1996, 44). Die interaktive Koppelung zweier Automaten gleicher Kapazität verdoppelt nicht nur die Leis-tungsfähigkeit des Gesamtsystems, sondern erhöht sie weit darüber hinaus. Soziale Systeme bzw. Gruppenphänomene sind nicht auf die additiv verbundenen Fähigkeiten von Einzelper-sonen reduzierbar, es gibt z.B. nicht „die” Führerpersönlichkeit, die in jeder Art von Gruppe kraft ihrer persönlichen Eigenschaften die Führung an sich reißen kann. Was „Führungsquali-tät” ausmacht, kommt z.B. auf die spezifische Arbeits- und Gruppenkonstellation in leistungs- und sozialbezogener Hinsicht an (Herber 1998a). Mit dem bekannten Satz von Ehrenfels (1890): „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile” (etwa im Sinne der Transformier-barkeit von Melodien, wenn u.U. kein Ton mehr derselbe ist)13 ist die angesprochene Prob-lemstellung schon sehr früh in den Horizont der psychologischen Forschung gerückt worden (vgl. Herber 2000a).

Aufbauend auf den Forschungen der Gestaltpsychologie wurde die Ganzheitlichkeit zum zentralen Thema in Lewins Feldtheorie. Dieses dynamische System zur möglichst vollständi-gen Beschreibung und Erklärung des Erlebens und Verhaltens von Einzelpersonen und Grup-pen bildet eine bis heute unausgeschöpfte Basis der modernen Motivations- und Willenspsy-chologie (siehe unten das Kapitel C).

Wir werden uns im Folgenden den Problemen der Mathematisierung sozialwissenschaftli-cher Forschung zuwenden, die eine wesentliche Determinante im Bedingungssatz des „gali-leischen Denkens” darstellt.

2. Lewins Mathematisierungsansatz

11 Statt „Element” kann man - bei „natürlicher” Wahrnehmung - auch „Objekt” sagen (Objekte sind allerdings -

in unserem Sprachgebrauch - ihrerseits auf Elemente und Relationen reduzierbar, also Systeme mit bestimm-ten Strukturen).

12 Als Dissipation „bezeichnet man die Überführung irgendeiner Energieform in Wärme, die nicht restlos rück-gängig gemacht werden kann”. (Brockhaus Naturwissenschaften und Technik, 263)

13 Lewin (1967, 12) formuliert diesen Sachverhalt allerdings so: „… handelt es sich bei Gesamtheiten um etwas anderes, um echte Ganzheiten, die mehr, oder richtiger gesagt, etwas anderes sind, als die Summe ihrer Teile.“

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2.1 Topologie, Vektor-Geometrie und Hodologie in Lewins eigener Darstellung14 Der Lebensraum (das psychologische Feld) kann nach Lewin (z.B. 1969, 1982a) am besten geometrisch erfasst werden, denn er betrachtet ihn als einen Raum, in dem sich die Person mental bewegt. Er kann mathematisch durch ein Raumdiagramm repräsentiert werden, doch damit ist nicht notwendiger Weise ein physikalischer Raum gemeint. Beispiel: Ich sitze an meinem Arbeitstisch und bereite die Arbeit der nächsten Woche in Forschung, Lehre und Verwaltung vor. Diese Welten (Raumvorstellungen) sind zwar mit physikalischen, geographi-schen, etc. Konnotationen versehen, doch wesentlich ist mein psychologischer Lebensraum (was ich mit wem in welcher Weise machen möchte oder soll). Und es ist ziemlich gleichgül-tig, in welchem physikalischen Ambiente ich meine diesbezüglichen psychologischen Vor-stellungen entwickle.

Lewin versuchte zunächst psychologische Situationen im Lebensraum mit der Topologie als einer nichtmetrischen Geometrie räumlicher Beziehungen zu charakterisieren. Etwas kann „innerhalb” oder „außerhalb” der Person sein, es gibt „Barrieren” zwischen den verschiede-nen Regionen des Personkonstrukts bzw. des Umweltkonstrukts im psychologischen Feld, ohne dass diese Beziehungen mittels der Euklidischen Abstandsvorstellung (einer idealisier-ten „natürlichen“ Raumanschauung) erfassbar sein müssen.

Der mathematische Begriff „Vektor” ist z.B. zur Beschreibung der Zerlegung bzw. Zu-sammensetzung von mechanischen Kräften gebräuchlich. Analog mechanischen Kräften wer-den in der Psychologie Bestandteile, die sich – bei unterschiedlicher Dimensionierung – kom-ponentenweise gleichmäßig verhalten, durch Vektorgrößen dargestellt. Üblicherweise kann man sich das als gerichtete Strecke (Pfeil) vorstellen, deren Länge die Intensität einer Stre-bung (Kraft) symbolisiert. Bezüglich zweidimensionaler Darstellungen schreibt Lewin: „Die Mathematiker unterscheiden zwischen ‘Skalaren’, die durch eine Zahl dargestellt werden können, und Vektoren, welche Werte darstellen, die Richtung und Stärke besitzen. (Für die algebraische Darstellung eines Vektors braucht man zwei Zahlen.) ... Es sei hinzugefügt, dass man den Vektorbegriff nicht nur zur Beschreibung von Eigenschaften der Kraft, sondern auch zum Beispiel zur Beschreibung der Lokomotionsrichtung15 anwenden kann. Ich verwende den Vektorbegriff auch im letztgenannten Sinne.” (1982a, 111f.) Da der Lebensraum sensu Lewin nicht homogen vorzustellen ist, spielt der Angriffspunkt eines Vektors eine wichtige Rolle, um die Dynamik eines psychischen Geschehens abzubilden.

Mit dem Begriff „Hodologie” (hodos = Weg) zielt Lewin (1934, 1982a) auf eine Kombi-nation von qualitativer (Topologie-) und quantitativer (Vektor-Geometrie-) Darstellung. Die Geometrie des hodologischen Raumes ist eine Geometrie von Wegen zur Kennzeichnung der Lokomotion von Person- oder Umweltkräften im psychologischen Lebensraum. „Der hodolo-gische Raum ist ein endlich strukturierter Raum, das heißt, seine Teile sind nicht ins Unendli-che teilbar, sondern aus bestimmten Einheiten oder Regionen zusammengesetzt. Richtung und Distanz sind durch ‘ausgezeichnete Wege’, welche leicht der psychologischen Lokomotion zugeordnet werden können, definiert. Eine solche Geometrie wird dem Schritt-für-Schritt-Charakter der meisten psychologischen Prozesse gerecht. ... Der hodologische Raum erlaubt gleicherweise die Beschreibung der strukturalen Verhältnisse innerhalb der Person wie in der psychologischen Umwelt. Dadurch können zum Beispiel der Differenziertheitsgrad der Per- 14 Die mathematische Topologie steckte noch in den Anfängen, als Lewin seine Feldthedorie entwickelte. Die

Begriffe, die Lewin in seiner topologischen Psychologie verwendet, stimmen am ehesten mit der heutigen to-pologischen Struktur von Punktmengen überein, die durch das Hausdorffsche Axiomensystem beschreibbar sind. Auf dieser Basis wird im Abschnitt 2.2 dieses Kapitels eine Rekonstruktion des Anliegens von Lewin versucht.

15 Mit „Lokomotion” wird jede Veränderung zwischen Person- und Umweltsektoren im Lebensraum bezeichnet (siehe die Abschnitte 3 und 4 dieses Kapitels).

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son und periphere und zentrale Schichten definiert werden. Der hodologische Raum ist nicht minder nützlich zur Beschreibung der Struktur von Gruppen und deren Veränderungen. Sei-nen eigentlichen Wert aber offenbart er bei der Behandlung von dynamischen Problemen.” (Lewin 1982a, 66f.)

2.2 „Auf den Spuren von Lewin”: Versuch der mathematischen Präzisierung von Le-wins Anliegen und Weiterführungen aus heutiger Perspektive

Topologische und Vektor-Psychologie sind von Kurt Lewin in den dreissiger Jahren einge-führte Teiltheorien einer Dynamischen Psychologie. Lewin sieht in der Mathematik den Prä-zisionsgrad, der allen anderen Hilfsmitteln der Psychologie überlegen ist.

2.2.1 Die für Lewins Ansatz relevanten Grundbegriffe der Topologie Topologie: Die Definition und Untersuchung topologischer Strukturen erfolgt normalerweise auf der Basis der Mengenlehre. In einer abstrakten Menge sind ‘Punkte’ die Elemente der Menge. Im Zentrum der topologischen Betrachtungsweise stehen jedoch nicht die Punkte, sondern vielmehr Teilmengen, die die Punkte enthalten, sowie die Stetigkeit von Abbildungen und die Eigenschaften, die bei solchen Abbildungen invariant bleiben. Aufgabe der mathema-tischen Modellierung in diesem Sinne ist die Erfassung von psychologischen Strukturen, in denen ‘Konvergenz’, ‘Richtung’, ‘Metrik’sinnvoll einzuführen sind. (X,T) ist ein topologischer Raum, die Trägermenge X wird mit einer topologischen Struktur T versehen. Eine Jordan-Kurve ist eine Verallgemeinerung des Kreises für den topologischen Raum, sie ist also eine geschlossene, sich nicht selbst schneidende Kurve. Sie wird als Bildmenge einer injektiven, stetigen Abbildung eines Intervalls reeller Zahlen auf einen zwei-dimensionalen topologischen Raum erzeugt, wobei das Bild des Anfangspunktes mit dem Bild des End-punktes zusammenfällt. Der Jordansche Kurvensatz: Jede Jordan-Kurve in der Ebene zerlegt die Ebene in zwei Gebiete, deren gemeinsamer Rand die Jordan-Kurve ist und deren Vereinigung mit der Jor-dan-Kurve die Ebene ist. Genau eines der beiden Gebiete ist beschränkt. Der Satz erscheint so offensichtlich, dass Generationen von Mathematikern ihn ohne Beweis benutzt haben. Der Beweis ist schwierig, er wurde 1893 von Jordan noch unvollständig erbracht.

Ein Weg in (X,T) wird durch eine stetige Abbildung ϕ : [a ; b] → X gegeben (a, b ∈ R) dar-gestellt. Die Gesamtheit der Bildpunkte Γϕ := {ϕ(t) | t ∈ [a;b]} ist die durch ϕ erzeugte Kurve mit Anfangspunkt ϕ(a) und Endpunkt ϕ(b). Ein Jordan-Weg ist ein Weg in (X,T), wobei die Abbildung injektiv ist. Bei einem geschlos-sen Weg fällt der Anfangspunkt mit dem Endpunkt zusammen.

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Die Hodologie ist ein Teil der Geometrie, in der die geometrischen Beziehungen durch Vek-toren und deren Spuren charakterisiert sind. Die Hodologie ist die Basis für die topologische Persönlichkeitsdarstellung von Lewin.

2.2.2 Mathematische Darstellungen psychologischer Situationen

(exemplarische Beispiele)16 Mit Hilfe der Topologie (der allgemeinsten Wissenschaft von den räumlichen Beziehungen, die auf dem Verhältnis von Teil und Ganzem begründet ist) erfasst Lewin die Struktur eines psychologischen Feldes, den Lebensraum der Person. Die psychologische Person bewegt sich in dem vorstrukturierten Lebensraum, wobei sie Änderungen der Struktur des Lebensraums verursacht. Der Lebensraum ist eine topologisch strukturierte, differenzierte Region, die als Unterregion die psychologische Person enthält. Psychologische Gegebenheiten werden als einander ein- bzw. ausschliessende Regionen oder Bereiche – die durch elastische und (unterschiedlich) durchlässige Wände separiert sind – modelliert:

Der Lebensraum – nach Lewin grafisch dargestellt: P = Person (wie sie dem Individuum erscheint: ”Selbstbild”) U = Umwelt (wie sie dem Individuum erscheint: ”Weltbild”) Fremde Hülle: Hülle der Tatsachen, die in die aktuellen psychischen Prozesse nicht einbezogen werden.

Die Bewertung der theoretischen Arbeit von Lewin ist sehr widersprüchlich. Während sie von Vielen als Wortakrobatik betrachtet wird, halten Andere sie für einen epochalen Versuch der Begründung einer theoretischen Psychologie. Wir teilen die zweite Meinung. Man kann die Texte als mathematische Darstellungen psychologischer Situationen lesen. Das sei an Hand einiger Lewinscher Sätze angedeutet: Eine Feldtheorie (Gravitationsfeld, Elektromagnetisches Kraftfeld, Strömungs- oder Wärme-feld) modelliert das Auftreten von Wirkungen in Abhängigkeit von der Position im (Träger-) Raum. Die psychologische Feldtheorie modelliert das Auftreten von Wirkungen in Abhängigkeit von der Position im Lebensraum. Im einfachsten Fall stellt der innere Bereich eines topologischen Kreises (einer Jordan-Kurve) den Trägerraum des psychologischen Feldes dar. Die Zerlegung des Bereiches in Regionen, die Grenzen und Relationen zwischen ihnen sollen eine Abbil-dung des Aufbaus der psychischen Struktur des Individuums darstellen. Punkte (z.B. psychologische Zustände) sind Teile von Regionen unterschiedlicher Zerle-gungsgrade. So können Punkte der gröberen Ebene als strukturierte Regionen der feineren Ebene auftreten. Vektoren benutzt Lewin um Veränderungen im Lebensraum – die dynamischen Wechselwir- 16 Unterstrichenes symbolisiert mathematische, Kursives psychologische Begrifflichkeit.

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kungen des psychologischen Feldes – zu klären. Psychologische Aufforderungen, Kräfte – auf die Veränderungen der Feldstruktur zurückzuführen sind – werden durch Vektoren darge-stellt. Das Verhalten, das Handeln, die Entwicklung der Person werden als "Lokomotion" durch die Regionen repräsentiert. Dadurch werden die Bestandteile des Lebensraums (als Grundmenge, Träger mehrerer auf-einander gebauter Teilstrukturen) zu einer komplexen Struktur (topologischen Mannigfaltig-keit) organisiert, indem zu jedem Punkt des topologischen Raumes ein tangentialer Vektor-raum (gebundener Vektoren, die durch Größe, Richtung und Angriffspunkt bestimmt sind) zugeordnet wird. Das Problem der Beschränktheit des Lebensraums: Es ist keine Verletzung der Allgemein-heit, die Welt innerhalb eines beschränkten Bereiches darzustellen. Aus einer (positiv defini-ten) Metrik

ρ : T × T → R (P1, P2) → ρ(P1, P2)

lässt sich eine beschränkte Metrik immer z.B. in der Form ρ*: T × T → R

(P1, P2) → ρ*(P1, P2) = 1)P,P(ρ)P,P(ρ

21

21+

ableiten, wobei der Abstand zwischen beliebigen zwei Punkten des Raumes immer unter 1 bleibt. Der Lebensraum als ein Würfel oder eine Kugel: Es ist ein interessantes Ergebnis der diskre-ten Geometrie, dass man eine Punktmenge mit der Eigenschaft PiPj < 1 durch eine Kugel vom Radius R(n) (dem Umkugelradius des n-dimensionalen Simplexes) bedecken kann. Ein Punkt im n-dimensionalen euklidischen Raum (Rn) wird durch die Ortsvektoren OP = p1 1eρ + p2 2eρ + ... + pn en

ρ ) oder durch die kontravarianten Koordinaten (Koeffizienten der linearen Kombination) (p1; p2; ... ; pn) bezüglich der Basisvektoren ( 1eρ ; 2eρ ; ... ; neρ ) charakte-risiert. Wechselwirkung verschiedener Dimensionen: Abhängig von dem Ziel der Beobachtung lässt sich die Differenziertheit der Beschreibung umstrukturieren, indem man gewisse Unter-räume als einzige Dimension (globale Richtung) bzw. eine Dimension als einen Unterraum für mehrere Dimensionen (lokale Richtung) betrachtet. Beispiel: Bei einem weniger differenzierten Modell der Person kann die motivationale Lage als ein Punkt im Le-bensraum (ein aktueller Wert in einer Dimension) betrachtet werden. Wird die motivationale Lage selber untersucht, dann zerlegt man die Motivation entweder nach Inhaltsklassen, z.B. in Leistungs-, Macht- oder Sozialmotivation (z.B. sensu McClelland 1995a), oder man unterscheidet eher formale Gesichtspunkte, wie die emotionale Verfassung, das Selbstbild über die kognitiven Fähigkeiten und die reflektierte Leistung (auf Grund einer entsprechenden Leistungsrückmeldung):

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Eine mögliche Struktur von Motivation

Die reflektierte Leistung als Unterraum der Motivation kann wieder als eine zusammengesetz-te Dimension betrachtet werden:

Die Unterstruktur der reflektierten Leistung

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Die jeweils vorhergehende Leistung determiniert somit über eine adäquate Steige-rung/Senkung der Anspruchsniveausetzung eine entsprechende Leistungssteigerung/-senkung (vgl. Kuhl 1986, 58ff., 2001, 25ff.): Lewin et al. (1944), die diesen Zusammenhang systema-tisch untersucht hatten, beschrieben diese „typische“ Verschiebung des Anspruchsniveaus durch Leistungsrückmeldung. Hier wird eine modelltheoretische Interpretation dieser Aussage auf Basis folgender Grundannahme entwickelt: Die Leistung der Person lässt sich in jedem Zeitpunkt als eine Funktion des aktuellen Anspruchsniveaus beschreiben:

Leistung = f(Anspruchniveau). In der Ausgangssituation hat die Person (in Folge der inneren und äußeren Voraussetzungen) ein bestimmtes Anspruchsniveau A1, welches eine durch f bestimmte Leistung L1 induziert:

L1 = f(A1). Die erbrachte Leistung erzeugt durch Reflexion und Umzentrieren ein neues Anspruchsniveau (d.h. die im nächsten Durchgang angestrebte Leistung). A2 ist eine (andere) Funktion von L1:

A2 = g(L1). In der modifizierten Situation bewirkt das aktuelle Anspruchsniveau A2 die neue Leistung L2: L2 = f(A2). Mathematisch gesehen sind die neue Werte der Leistung bzw. des Anspruchsni-veaus durch je eine zusammengesetzte Funktion der vorherigen Werte bestimmt:

A2 = g(L1) = g(f(A1)) = g°f(A1) und L2 = f(A2) = f(g(L1)) = f°g(L1). Die „typische“ Verschiebung des Anspruchsniveaus passiert durch iterative Wiederholung dieses Verfahrens: Ln = f(An), An+1 = g(Ln),

Ln+1 = f(An+1) = f°g(Ln), bzw. An+1 = g(Ln) = g(f(An)) = g°f(An). Die Zusammensetzung der Funktionen f und g und das iterative Verfahren lassen sich mit Hilfe von Funktionsgraphen dynamisch modellieren, indem das Anspruchsniveau und die erbrachte Leistung als Kartesische Koordinaten eines Punktes P(x = A; y = L) betrachtet wer-den. Für den Aufbau des Modells brauchen wir nur die Funktionen f und g zu bestimmen. Kuhl (2001, 26) veranschaulicht dieses Verfahren durch eine zweidimensionale graphische Darstellung in einer vereinfachten Form (Abb. 1). In Zusammenklang mit dem altbekannten Einfluss der Motivation auf die Leistung L = A(1 – A) (Yerkes & Dodson 1908, Broadhurst 1959, Eysenck 1966, Atkinson 1974b) ist der Graph von f durch eine Parabel y = x(1 – x) dar-gestellt, welche die x-Achse in den Punkten (0;0) und (1;0) schneidet. Die Funktion g ist auf dem einfachsten Weg gewählt, sie ordnet zu jedem x das gleich große y und der Graph von g ist die Winkelhalbierende der x- und y-Achse. Die durch das Modell vorausgesagte „Reflexi-on“ (Spiegelung) kommt in der Darstellung als Geradenspiegelung zustande: die erbrachte Leistung wird unverändert zum Anspruchsniveau transformiert (aus der Ordinate macht man eine Abszisse des nächsten Punktes). Will man z.B. feststellen, welche Leistung das Modell in Abbildung 1 im Anschluss an die soeben ermittelte Anspruchsniveausetzung vorhersagt, so errichtet man von dem auf der Abs-zisse ermittelten Anspruchsniveau aus die Senkrechte und konstruiert von deren Schnittpunkt mit der Parabel die Horizontale, deren Schnittpunkt mit der y-Achse dann die unter dem ge-rade berücksichtigten Anspruchsniveau zu erwartende Leistung darstellt.

Um die verschiedenen Entwicklungswege zu veranschaulichen, haben wir das graphische Modell von Kuhl erweitert (mit der Variablen k ergänzt) und dynamisch implementiert. Im Modell sind k und A1 die Systemvariablen, die sich analog (händisch und automatisiert, gleichzeitig und einzeln) variieren lassen: k∈[0;4], damit der Parabelbogen innerhalb des Ein-heitsquadrates – des Lebensraums – bleibt, A1∈[0;1]. Die Iteration wird durch das Aufrufen eines Moduls durchgeführt. Dieses Teilprogramm rechnet und zeichnet die Schritte des Über-gangs aus Pn(An;kAn(1-An)) nach Pn+1(Ln;kLn(1-Ln)). Durch die Änderung des Wertes von k (affine Abbildungen der Parabel) kann man die verschiedenen Zustände des Systems nach einer beliebigen Anzahl der Iterationsschritte beobachten.

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Abb. 1: Eine Iteration (Kuhl, 2001, 26). Nach einigen Iterationsschritten kreist die Leistung (zu-erst mit wachsendem, später mit sinkendem Radius) um den Schnittpunkt.

Abb. 2: In der Formel in Abb. 1 fehlt ein Faktor k. Würde man nämlich k = 1 setzen, entstünde diese Figur, in der die Gerade g die Parabel berührt, und die Leistung sinkt bei jedem A1. Es handelt sich um eine beschränkte und monoton fallende Folge mit einem Grenzwert 0.

Abb. 3: Das dynamische Modell Abb. 4: Die Situation der Abb. 1 reprodu-ziert im Modell

Der Gültigkeitsbereich eines Modells wird z.B. bestimmt, indem man Modellexperimente durchführt (sofern sie im Modell überhaupt formulierbar sind) und kontrolliert, ob diese Er-gebnisse mit den schon durch andere psychologische Methoden erhaltenen übereinstimmen. In unserem Fall betrachten wir als Referenz die Situation, die in Abb. 1 dargestellt wurde. Das Modell liefert für k≈3,15 den gleichen Systemzustand (Abb. 4; etwa beim gleichen Aus-gangswert des Anspruchsniveaus wie bei Kuhl). Um weitere Hypothesen zu bilden bzw. mo-dellbezogen verifizieren zu können lässt man die unabhängigen Parameter (k und A1) den Gültigkeitsbereich durchlaufen. Abbildung 5 zeigt Bildschirmausschnitte mit unterschied-lichen Ausgangsmöglichkeiten.

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a) Endliches Verfahren b) Konvergentes Verfahren c) Divergentes Verfahren. Abb. 5: Ausschnitte des Modellexperiments bei einem dynamischen System.

Psychologische Interpretation der Ergebnisse: Durch Variieren des Ausgangswertes A1 (An-spruchsniveau beim Start) ergeben sich bei gleichem Wert von k Systemzustände mit unter-schiedlicher Stabilität. Ein Rekonstruktionsversuch für b) könnte sein, dass die Bedürfnis-befriedigung nie vollständig möglich ist. Jeder gelangt an seine Grenze (der kognitiven und emotionalen Auflösefähigkeit, Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsmöglichkeit, Motivierbarkeit, etc.), ab der die weitere Entwicklung nicht mehr eindeutig eingeschätzt wer-den kann (z.B. als Grenzwert vorgestellt wird im Sinne einer stabilen Entwicklung; oder als von b) zu c) „chaotisch“ regredierend – im Sinne eines Pendelns des Leistungs- und An-spruchsniveauverlaufs zwischen mehreren Grenzwerten, etc.). Erhöht man den Maximalwert der Leistung in c) über einen kritischen Wert hinaus (die Leis-tung hängt stärker von der Motivation ab), wenn man also z.B. über den Skalenwert 0,8 hin-ausgeht (bei einer Skala von 0 bis 1, siehe Kuhl 1986, 61), so konvergiert das Pendeln nicht mehr auf einen Punkt, sondern schwankt ständig zwischen bestimmten Werten, die rasch auf eine unübersichtliche Menge ansteigen, wenn sich das Maximum der Leistung noch weiter erhöht. Man kann dieses Umschlagen in ein „chaotisches“ Pendeln ohne Weiteres zeigen, wenn analog zu dem Verlauf in a) ein höheres Leistungsmaximum angenommen wird (in Ab-hängigkeit von der Anspruchsniveausetzung). In Wirklichkeit ist das Schwanken auch deter-ministisch und ein Fixpunkt kann auch problematisch werden (Abb. 2). Die Untersuchung des Modells soll auch auf der qualitativen Ebene durchgeführt werden. Dabei könnte man Ge-setzmässigkeiten suchen: In welcher Größe darf man die einmal erbrachte Leistung als „Stan-dardwert“ für das Anspruchsniveau setzen? Es gibt einen Wert von A1 zu jedem k ≥ 2, bei dem das System stabil bleibt. Dieser Wert ist als Abszisse des Schnittpunktes der Parabel und der Geraden erreichbar:

A1= k1k − , L1 =

k1k − .

Abbildung 6 zeigt eine ausgeglichene Situation des Systems. Die Parabel und die Gerade schneiden ein-ander bei k=2 in der Mitte (maximale Leistung) und das System nähert sich bei jedem Wert von A1 der Lage (0,5; 0,5) an. Die Abhängigkeit von A1 ist nur so weit gegeben, als die Annäherung in endlich vielen Schritte (A1=0,5) oder in einem Grenzverfahren vor sich gehen kann.

Abb. 6: Eine ausgeglichene Situation

2.3 Hinweise auf weitere Mathematisierungsansätze im Sinne von Lewin Auf die mit dem Atkinsonmodell (1957) einsetzende Mathematisierung von Motivationspro-zessen werden wir im Zusammenhang der Leistungsmotivationsforschung näher eingehen, die

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uns als Modell (MT’) einer allgemeinen Motivationstheorie (MT) dienen wird (vgl. Herber & Vásárhelyi 2002b).

Unter Einbeziehung von motivationalen Variablen hat Nenniger im Rahmen der pädagogi-schen Lern- und Motivationsforschung Anwendungsmöglichkeiten der Graphentheorie aufge-zeigt (Nenniger 1980, 1988, Nenniger et al. 1993). Darauf werden wir in einem anderen Zu-sammenhang näher eingehen („Lewins Feldtheorie als systemische Basis von Erziehung und Unterricht”, siehe Fußnote 1).

Eine interessante Variante des Lewinschen Anliegens scheint uns vor allem die Anwen-dung der Vektorenrechnung in der modernen neurowissenschaftlich fundierten Emotions- und Motivationsforschung zu sein (z.B. Rolls & Treves 1998, Rolls 1999, 308ff.), weshalb wir auf diesen Ansatz in stark vereinfachter Form hinweisen:

Im Unterschied zu Lewin – der sich vor allem mit den inneren Transformationen eines psychologisch beschreibbaren Systems beschäftigte – werden hier die nicht psychologisch generierten Umweltreize als gleich wichtige Vektoren neben den internen Systemvariablen des Organismus mit verrechnet. Jede Handlungsaktivierung ergibt sich als Produkt von zwei Vektoren: Ein Input-Vektor (das Ausmaß an Reizzufuhr) verbindet sich mit einem System-vektor (einer mehr oder weniger korrespondierenden, „synaptischen” Gewichtungsvariable innerhalb des neuronalen Systems). Als Gleichung: H (Handlungsaktivierung) = R (Reizzu-fuhr) mal W („weight”, Gewichtung der externen Reizzufuhr durch die internen Verknüp-fungsmöglichkeiten). Wenn die zwei Vektoren in ihren „Elementen” oder Erregungsmustern17 gleich sind, bedeutet das maximale Aktivierung. Wenn sich die beiden Vektoren teilweise entsprechen, resultiert eine entsprechend hohe bis niedrige Aktivierung. Wenn beide Vektoren orthogonal zueinander stehen (von einander unabhängig sind), entsteht kein Output, keine Handlungsaktivierung. Die Produktsumme der Vektoren ist somit ein quantitativer Indikator für die Ähnlichkeit oder Entsprechung von Input- und Output-Reizung, von äußerer Reizzu-fuhr und interner (synaptischer) Verarbeitungsmöglichkeit des neuronalen Systems, inwieweit Wahrnehmung und Erinnerung (gespeicherte Reaktionsmöglichkeiten) zusammenpassen. Mit diesem einführenden Hinweis sei ein nicht unwichtiger kritischer Aspekt der Lewinschen Feldtheorie in Erinnerung gerufen: Lewin bezweifelt nicht, dass nicht psychologisch generier-te Reize („Foreign Hull”) auf den Organismus einwirken können (vgl. seine Ausführungen zur „psychologischen Ökologie”, Lewin 1982b, 291ff.), doch sein System greift erst nach einer Art emotions- und kognitionspsychologischer Transformation dieser äußeren Reizein-wirkungen in phänomenales Erleben (und dessen psychologisch beschreibbare Bedingungen, wie aktuelle Bedürfniszustände, Zielwahrnehmungen, Lokomotionen, etc.). Moderne neuro-biologische Forschungen bestätigen diesbezüglich Lewins Auffassung: Subjektive Erlebnis-qualität, Verhaltenssteuerung, Koordination und Planung von Denken, Fühlen und Handeln, etc. sind nur als komplexe Interaktionen, z.B. als spezifische Muster, in einem organismusin-ternen Systemzusammenhang darstellbar (vgl. Edelmann & Tononi 2002, 18f.).

3. Lebensraum Konventioneller Weise wird Lewins Lebensraum so dargestellt (z.B. Roth 1981, 73): „In das Konzept des Lebensraumes gehen das Individuum selbst, als Person mit allen Merkmalen, ein, und die Umwelt in der Bedeutung, wie sie von diesem Individuum erlebt wird.”

Im Unterschied zu dieser bekannten Beschreibung des Lebensraumes von Lewin, in der zwar Konstruktionen über die Umwelt als Vektoren in das individuelle Kraftfeld eingehen, 17 Die Darstellungsweise der zitierten Autoren lässt sowohl behavioristische wie auch kognitionspschologische

Interpretationen zu (vgl. z.B. die „Theorie der identischen Elemente” von Thorndike 1931 bzw. die Prototy-pentheorie von Posner 1976).

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das „Individuum selbst, als Person mit allen Merkmalen” aber wie eine objektive Gegebenheit behandelt wird, stimmen wir mit Heider (1960, 152ff.) überein, dass der Lebensraum von Lewin in ein Personkonstrukt und ein Umweltkonstrukt dichotomisiert ist. Die Konstruktio-nen, die ein Individuum von sich selbst und seiner Umwelt macht – über je transsituationale und situationsspezifische Faktoren (vgl. Patry 1991) – beeinflussen sich gegenseitig: „Im Prinzip wird allgemein angenommen, dass das Verhalten (V) eine Funktion der Person (P) und der Umwelt (U) darstellt: V = F (P, U), und dass P und U in dieser Formel wechselseitig abhängige Größen sind.” (Lewin 1982a, 66)

Ein Individuum konstituiert sich so über die Wahrnehmung seiner Person mit ihren Merkmalen in Interaktion mit der wahrgenommenen bzw. erinnerten Umwelt. Verhaltens-wirksam sind im Lebensraum vor allem zentrale, relativ überdauernde „Quasibedürfnisse” (Lewin 1926b, 75ff.), nicht deren physiologische Substrate (wie Triebe als somatische Quel-len der psychischen Prozesse und andere „Leibreize”, vgl. etwa Freud 1944, 131ff., 1961, 43f.): Diese – mindestens für Menschen – zentralen Quasibedürfnisse sind sensitiv gegenüber allen Änderungen im Lebensraum, haben aber normalerweise – im Unterschied zu peripheren, echten Bedürfnissen – keinen direkten Zugang zum sensomotorischen Exekutivsystem (vgl. Lewin 1936, 177).

Worin liegt der Sinn so eines subjektiven, konstruktivistischen Konzeptes „Lebensraum”? Warum gab sich Lewin nicht mit der behavioristischen Gewohnheitsbildung zufrieden, also der durch wiederholte räumlich-zeitliche Assoziation von inneren (z.B. Triebzuständen) und äußeren Reizen eingeschliffenen Verhaltenstendenz eines Individuums? Weil mittels des Le-bensraumkonstrukts eine vorgestellte (kognitiv repräsentierte) Zielerreichung auf verschiede-nen (Um-)Wegen erreicht werden kann; somit können auch Barrieren durch Umstrukturieren, Wechsel der Perspektiven, etc. umgangen werden. Manchmal kann man gegenüber gewohn-ten Pfaden (echte oder vermeintliche) Abkürzungen suchen, finden, sich ausdenken, vorstel-len, konstruieren (vgl. Lewin 1982a, 99ff.). Geografische Umwege können psychologische Abkürzungen bedeuten (wenn damit etwa unangenehme oder zeitraubende Kontakte, bedroh-liche Situationen, etc. als Barrieren umgangen werden können). Es kommt darauf an, was eine Person denkt, dass der Fall sei, nicht was „objektiv” ist (von anderen Personen gedacht wird, „wissenschaftlich” festgestellt wurde, etc.). Die Generierung von subjektiven Vorstellungen kann verschiedene (nicht immer „objektiv” nachvollziehbare) Bedingungen haben und kann zu sehr unterschiedlichen (oft nicht einschätzbaren) Resultaten im Erleben und Handeln füh-ren, was „von außen” nicht immer leicht zu „verstehen“ ist. Prinzipien des individuellen wie des kollektiven Handelns sind nicht immer direkt aus aktuell wahrnehmbaren bzw. erinnerten Reiz-Reaktionsverbindungen abzuleiten, sie umfassen eine Potenzmenge diverser – äußerlich oft sehr unterschiedlicher – Repräsentationsweisen (sprachlicher Ausdrücke, enaktiver, ikoni-scher Darstellungsmöglichkeiten, etc.). Durch kognitive Konstruktionen (Abstraktionen) kön-nen Klassen elementarer Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten in flexibler Weise zusam-mengefasst werden und so eröffnen sich – z.B. durch Umzentrieren der Aufmerksamkeit, bei Veränderung von Gefühlslagen, durch alternatives Denken, Analogiebildung, logisches Schlussfolgern, etc. – verschiedene Wege zu angestrebten Zielen. Diese alternativen Prob-lemlösestrategien müssen nicht notwendigerweise assoziationspsychologisch (durch habitu-elle Reiz-Reaktions-Verbindungen) determiniert sein. Dies trifft besonders dann zu, wenn sich der Lebensraum eines Individuums – z.B. entwicklungsbedingt – im „Umbau” befindet (ohne dass die äußere Sitution sich „objektiv” bzw. in der Wahrnehmung anderer Menschen verändert haben muss). So werden neue Sichtweisen der Pubertätsproblematik, von Jugend-kulturen, etc. ermöglicht: „In einer ungefestigten, neuen Situation ist das Feld nicht sonderlich stark gegliedert; und welche Differenzierung auch entstanden sein mag – sie ist nicht sehr fest. Der Ortswechsel eines Individuums von einer Region zur anderen kann in einem weniger

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gegliederten Feld nur ein Schritt sein. ... Für ein stärker differenzierteres Feld müßte er schon als große Veränderung (gleich mehreren Schritten) betrachtet werden. ... Ähnlich erscheint eine in Wirklichkeit kleine und leicht vollziehbare Veränderung in der Erkenntnisstruktur des ideologischen Feldes des Jugendlichen, das verhältnismäßig wenig Regionen enthält, dem Erwachsenen mit seinem hochdifferenzierten Erkenntnisfeld als ein radikaler Wandel. Der Unterschied in der kognitiven Differenzierung ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür, wa-rum Jugendliche so leicht ins Extreme gehen.” (Lewin 1982a, 196f.)

Die Bereiche „Person” und „Umwelt” unterscheiden sich als Regionen des Lebensraums von einander. Der Personbereich ist in (mehr oder weniger durchlässige) Regionen gegliedert analog Gefäßen, die durch Trennwände voneinander abgegrenzt sind und für jeweils ver-schiedene Funktionen zuständig sind. Der Umweltbereich gliedert sich in Regionen, die wie Räume durchschritten werden können um mittels Lokomotion von einer spannungsgeladenen Personregion zu einem bestimmten Ziel gelangen zu können. Auch die Nachbarschaft von einander begrenzenden Regionen bedeutet im Personbereich etwas anderes als im Umweltbe-reich. Im Personbereich passiert in benachbarten Regionen Analoges, die Spannung in einem Bereich kann in den anderen übertragen werden. Im Umweltbereich bedeutet räumliche Nachbarschaft, dass angrenzende Regionen für einander Wegmöglichkeiten (Methoden, In-strumente) zur Zielerreichung (z.B. zur Erreichung einer „zentralen” Region) darstellen. Der Zielbereich, der Bereich, dessen Anziehungskraft, Wertigkeit (Valenz) aktuell vorherrscht und damit fokussiert wird, befindet sich im topologischen Zentrum des Lebensraums.

Zum Verständnis der feldtheoretischen Konzeption des Lebensraums gehört auch der Beg-riff „Kraft”. Lewin (1982a, 110ff.) verwendet den Kraftbegriff um Ursachen und Wirkungen in einem gegebenen Feld auf einander beziehen zu können. Es handelt sich um ein psycholo-gisches Feld, das bisherige Erfahrungen, soferne sie aktuell von Bedeutung sind, genau so umfasst wie gegenwärtige (innere und äußere) Reizeinwirkungen. So wird eine Veränderung in einem Feld zu einem bestimmten Zeitpunkt erklärbar, Lewin nennt diese Veränderung „Lokomotion”: „Um die Lokomotion der Person in einem bestimmten Feld abzuleiten, ver-wenden wir den Kraftbegriff in einer Weise, die eine strenge Zuordnung zwischen einerseits Kraft und Lokomotion und andererseits Valenzen oder Barrieren und Kräften umfaßt.” (1982a, 110)

Eine Kraft ist durch Richtung, Stärke und Angriffspunkt gekennzeichnet. Für Richtung und Stärke verwendet Lewin den Begriff „Vektor” (siehe oben Kap. 2). Besonders zur Dar-stellung von Konflikten, Kooperationen bzw. deren Veränderungen im psychologischen Feld sind Vektordiagramme nützlich (vgl. Herber 1979, 135).

Lewins Lebensraum kann topologisch oder vektortheoretisch konstruiert werden, wie Le-win in Auseinandersetzung mit Tolman betont: „Tolman irrt, wenn er glaubt, der Vektor sei ein Begriff der Topologie. Topologie ist eine fundamentalere mathematische Disziplin, die vor allem mit den möglichen Zusammenhangsverhältnissen zwischen allen möglichen ‘räum-lichen’ Gebilden zu tun hat, doch gehen die Begriffe der Richtung und der Distanz ebenso wie der Vektorbegriff über rein topologische Sachverhalte hinaus. Es wäre möglich, die Topologie in der Psychologie anzuwenden, selbst wenn die Begriffe Vektor, Richtung oder Distanz in der Psychologie nicht anwendbar wären.” (1982a, 111)

Ein psychologisches Feld kann auch als hodologischer Raum dargestellt werden. Dabei werden topologisch-qualitative und vektoriell-quantitative Darstellungen kombiniert um die aktuellen psychischen Transformationsprozesse durch präzise psychologische Abbildungen – in flexibler, situationsangemessener Weise – erfassen zu können. Topologische und Vektorendarstellung können wie folgt miteinander verbunden werden (vgl.

Lewin 1936, 289):

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Verschiedene Regionen des Lebensraums streben nach einem bestimmten Ziel (Z) im Zent-rum des Lebensraumes. Das Ziel kann sein: eine bestimmte Aktivität, ein Gegenstand, eine soziale Stellung, ein Wissen, Können, etc.. Die Spannung der einzelnen Regionen diffundiert in die benachbarten Regionen, bis sie in der Zentralen Region ihre Erfüllung (Entspannung) findet. Die Pfeile stellen Vektoren dar, die die qualitative topologische Darstellung quantitativ fassbar macht: Jeder Vektor symbolisiert eine Feldkraft, wobei Richtung, Länge und Spitze des Pfeiles Richtung, Größe und Angriffspunkt der Kraft bezeichnet.

4. Person, Persönlichkeit Die Person ist – neben der Umwelt – als differenzierte Region des Lebensraumes repräsen-tiert. Das Erleben und Verhalten einer Person ergibt sich als Funktion des gesamten Lebens-raumes, Persönlichkeit ist somit dem Interaktionsprodukt von Person- und Umweltkonstrukt gleichzusetzen: V = f (L) bzw. V= f (P,U). Jede Veränderung im Lebensraum (Lokomotion) entspricht einer Veränderung der Persönlichkeit, ihrer Person- und Umweltregionen. Die Lo-komotion wird durch eine Kraft bewirkt, die aus der Beziehung von mindestens zwei Regio-nen im Lebensraum entspringt (z.B. dem Bedürfniszustand einer Person und der Attraktivität oder Valenz einer bestimmten Zielregion im „Umweltsektor” des Lebensraumes). Es können auch mehrere Kräfte gleichzeitig – gleich- oder gegensinnig – wirken und eine bestimmte Veränderungsresultante ergeben. Diese (resultierende) Kraft ist definiert als Stärke und Rich-tung der Tendenz zur Veränderung, die an einem bestimmten Punkt des Lebensraumes an-setzt. Weiterführende topologische Darstellung des Lebensraums: Lewins Persönlichkeitskonzept ist in vielfacher Hinsicht fruchtbar geworden, besonders in der Sozialpsychologie. Murphy (1947, 6ff.) hat auf Basis von Lewins Feldtheorie „Persönlichkeit” als ein „strukturiertes Or-ganismus-Umwelt-Feld” definiert, innerhalb dessen jeder Bereich mit jedem gleich- oder ge-gensinnig interagiert, wobei die Vektoren – im Lewinschen Sinne – nicht nur verschiedene Richtungen, sondern auch verschiedene Stärken repräsentieren und so den Gesamtzustand des Feldes jeweils konstituieren. Dabei kann sich der Organismus intrinsisch bedingt (von „in-nen“ heraus) umstrukturieren (z.B. reifungsbedingt in der Pubertät) und dabei andere Valen-zen in seinem Umweltfeld (dem aktuellen wie dem erinnerten) entdecken, aktualisieren. Ziel-strebungen sind somit sowohl durch Veränderungen im Organismus wie im materiellen, so-zio-kulturellen, geistigen, etc. Umweltfeld lebenslang Veränderungen unterworfen. Die Ver-gangenheit ist nur insoferne von Bedeutung, als sie im aktuellen Problemfeld relevant ist und erinnert wird. Alle (aktuell wahrgenommenen bzw. erinnerten) Strukturen und Funktionen innerhalb des Organismus wie der Umwelt sowie zwischen den „objektiven“ Gegebenheiten des Organismus und der Umwelt konstituieren die Persönlichkeit (vgl. oben 2.3): „A persona-lity is a structured organism-environment field, each aspect of which stands in dynamic relati-on to each other aspect. There is organization within the organism and organization within the environment, but it is the cross organization of the two that is investigated in personality re-

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search ... a reordering of inner-outer relations conjointly with a reordering of inner structure (e.g., the biosocial process by which personality adjustments at puberty involve simultaneous alterations of social demands upon the individual and of inner endocrine balance, so that the ‘changed personality’ both reflects a biological change and is determined by a larger field).” (Murphy 1947, 8)

Dieses Interaktionsfeld „Persönlichkeit” verlangt nach einer Redefinition dessen, was ge-meinhin als „persönliche Verantwortung” firmiert. Damit sind eine Reihe von psychologi-schen Theorien unterschiedlicher paradigmatischer Provenienz angesprochen, z.B.: „Personal Causation” (DeCharms 1968), „Selbstbestimmung” (z.B. Deci & Ryan 1993, Deci 1996), „Selbstkontrolle” (z.B. Skinner 1973), „Selbstmanagement” (z.B. Kanfer 1975), „Selbstregu-lation” (z.B. Carver & Scheier 1981, Kanfer & Hagerman 1987), „Selbst” (z.B. Herber 1982, Schneider 1990), „Selbstverwirklichung” (z.B. Maslow 1977, 1962, Herber 1972), „Selbst-wirksamkeit” (z.B. Bandura 1977), „internale” wie „externale Attribution” (jeweils kontrol-lierbar oder nicht, z.B. Weiner 1996, 250ff.), etc., die in der modernen Motivationsforschung firmieren (vgl. zusammenfassend Herber 1979, 1998a, Kuhl 2001): Monopersonale (primär im individuellen Personfeld hypostasierte) Letztverursachungen (Schuldzuweisungen, Ver-dienste, etc.) sollten – so gesehen – feldtheoretisch unter expliziter Einbeziehung der mehrdi-mensional repräsentieren Umwelt (die neben individuellen Verarbeitungsmodi auch vergan-gene und aktuelle „objektive“ Umwelteinflüsse spiegelt) relativiert werden, denn alles steht mit allem in – qualifizier- und quantifizierbarer – Wechselwirkung. Beispiel: In Extrapolation der Konzeption von „Persönlichkeit” als „Organismus-Umwelt-Feld” (Murphy 1947, 8): Zwei Personen, die in gewisser Hinsicht ihren Lebensraum teilen und damit ihre je individuelle Persönlichkeit konstituieren (der Einfachheit halber werden die Richtungspfeile weggelassen, insoferne Murphy grundsätzlich von Interaktionen ausgeht, also Pfeilspitzen in beide Richtungen einzuzeichnen wären mit positiven bzw. negativen Konnota-tionen hinsichtlich ihrer jeweils zu gewichtenden Valenzen):

Jedes Element einer sozialen Beziehung steht mit jedem anderen Element in direkter oder indirekter Beziehung, z.B. E = Extraversion; F = Familie; I = Intelligenz; LM = Leistungsmo-tivation; Ma = Mathematik; MM = Machtmotivation; Mu = Musik; N = Neurotizismus; S = Schule; SM = Sozialmotivation; SW = Schulweg.

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5. Dynamik Erleben und Verhalten kann „eigentlich nur” von seinen dynamischen Grundlagen her erklärt und prognostiziert werden (siehe die konstruktiv-kritische Weiterführung des Lewinschen Ansatzes in Alisch 1990, 113ff., Alisch & Gerber 2001, 118ff.). Theoretische und experi-mentelle Formulierungen müssen so beschaffen sein, dass sie – z.B. neben Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensgewohnheiten, kreativen Einfällen, bereichsspezifischen Kognitionen, rationalen Kalkülen, etc. – die an psychischen Prozessen beteiligten Emotionen, Affekte, Be-dürfnisse, Quasibedürfnisse, Motivationen, etc. zu erfassen erlauben, also all das, was Erleben und Verhalten mit Energie versorgt und in bestimmte Richtungen lenkt. Nach Lewin (1982a, 45) muss man „mindestens zwei ziemlich verschiedene Arten von Gewohnheiten ... unter-scheiden: ‚Bedürfnisgewohnheiten’ (zum Beispiel Alkoholismus) und ‘Ausführungsgewohn-heiten’ (beispielsweise einen Hebel aufwärts, nicht abwärts betätigen). Die erste Art stellt eine ‘Spannung’ (Energiequelle) dar, ein Bedürfnis, welches wie der Hunger Befriedigung heischt, sei es direkt oder durch einen Ersatz. Dagegen kann die Ausführungsgewohnheit als solche keine Ursache von Handlungen sein. Sie entspricht einem Gefüge von hemmenden Kräften, welche einen bestimmten Weg begrenzen. Wirkt nicht ein Bedürfnis oder Quasi-Bedürfnis, so führt die Ausführungsgewohnheit zu keiner Handlung.”

Das sind auch Grundfragen der Psychoanalyse (siehe oben Kap. A. 3), wenn Psychoanaly-tiker auch das der Mathematik und Physik analoge „top down”- Konstruieren wissenschaftli-cher Systeme kritisieren und dem das induktive „bottom up”- Systembilden der Psychoanaly-se gegenüberstellen (z.B. French 1937, 127): Die Psychoanalyse gehe von den empirisch er-fassten Phänomenen aus und entwickle so Schritt für Schritt ihre Begriffe und Theorien. Im Gegensatz dazu beginne die topologische Psychologie mit einer eigenständigen mathemati-schen Disziplin und gehe hernach auf die Suche nach geeigneten Fakten. Diese Kritik trifft wahrscheinlich nur zum Teil zu (vgl. Lewin 1982a, 43f.): Lewin versuchte ein phänomenolo-gisch aufbereitetes Problem mit Hilfe topologischer, vektor-geometrischer und hodologischer Methoden zu präzisieren, um zu einer übersichtlicheren, das Wesentliche herausarbeitenden Problemformulierung zu kommen (vgl. dazu die passim eingestreuten Schilderungen der Ar-beitsweise Lewins durch seinen Biografen Marrow 1977).

Gegen den Vorwurf des „Physikalismus” wehrt sich Lewin, indem er darauf hinweist, dass Begriffe wie „Energie”, „Kraft”, „Spannung” oder „System” nicht spezifisch physikali-scher Natur seien (sie sind etwa auch biologisch-physiologisch interpretierbar und somit in einem weiteren Sinne „galileischer” Natur, vgl. Lewin 1971). Es handle sich dabei um „all-gemein-logische Grundbegriffe der Dynamik. ... Sie sind keinesfalls ein Spezifikum der Phy-sik, sondern zeigen sich, wenn auch bisher weniger präzis entwickelt, z.B. in der Ökonomik, ohne dass man deshalb etwa annehmen müßte, dass sich die Ökonomik irgenwie auf die Phy-sik zurückführen ließe.” (Lewin 1926b, 23f.)

Lewins Versuch, Konzepte der Analyse qualitativer dynamischer Systeme, wie sie in Ma-thematik und Physik entwickelt wurden, mit psychologischem Inhalt zu füllen, bedarf aller-dings bereichsspezifischer Zusatzannahmen. Es kommt bei solchen Neuanwendungen zu Er-kenntnissen, die über bloße Interpretationen weit hinausgehen. Lewins Systemansatz stellt nach Alisch (1990, 114) „keine Partikel-, sondern ganz im Sinne des neuen Systembegriffs mit seiner Feldauffassung eine Raumdynamik” dar. Es stellt sich die Frage, ob die Räume in Lewins topologischem Feld „dicht” (strukturell stabil) sind: Sind die Regionen als Elemente im „Lebensraum” (im topologischen Feld oder hodologischen Raum) transsituational stabil oder – im Sinne von Mangold-Allwin (1993), Hofstadter (1996), etc. – situationsspsezifisch „verrutschend” konzipiert? Lewin lässt es unserer Einschätzung nach offen, ob die einzelnen Segmente im Lebensraum bei Anreizwechsel, Perturbationen, bereichsspezifischem Span-

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nungsauf- und abbau, etc. ihre (theoretisch festgelegte) Ausgangsstruktur in stabiler Weise erhalten oder ob sie sich etwa elastisch ausdehnen und zusammenziehen, wenn Spannungen von einem Bereich in den anderen diffundieren. Eine u.W. ungeklärte Frage der Lewinschen Feldtheorie. Die lokomotorische Verknüpfung dieser Segmente hingegen sollte im topologi-schen Abbildungsmodell kein Problem darstellen (vgl. z.B. Lewin 1969, 1982a, und unseren weiterführenden Interpretationsansatz oben Kap. B.2): Je nach aktueller Situationsdynamik können spezifische Regionen eher zentral oder marginal repräsentiert werden (im Abbil-dungsmodell – aus Darstellungsgründen - auf einen Punkt schrumpfen oder – bei entspre-chender Fokusierung – als differenzierte Region ausgefaltet werden, ohne dass diese Darstel-lungsmodi der „wahren“ Bedeutung der psychologischen Struktur in irgendeiner Weise Ab-bruch tun müssten).

6. Phänomenologie Für Lewin (1967, 19, 1982a, 315ff.) haben die „objektiven” sozialen Gegebenheiten genau so wenig eine eindeutige psychologische Beziehung zur phänomenalen Welt des Individuums wie objektive physische Faktoren (vgl. dazu aus rezenter Sicht: Waldvogel 1992, 1997, Windmann & Durstewitz 2000). Lewin bleibt allerdings nicht bei der – noch so subtilen – Beschreibung der Phänomene durch das jeweilige Individuum stehen. Individuell erleb- und beschreibbare Phänomene müssen experimentell auf ihren objektivierbaren Bedingungssatz hin untersucht werden, allerdings immer im Zusammenhang mit den phänomenalen Gegeben-heiten des psychischen Feldes: „Gewiß müssen wir ‘hinter’ die phänomenologische Beschrei-bung gehen und das Feld als einen Zusammenhang von dynamisch oder konditional-genetisch definierten Fakten darstellen. Ich habe oftmals betont, wie wichtig dieser Übergang ist. Doch ist dieser Übergang der einzige Weg nach ‘hinten’. Es ist ohne jeden wissenschaftlichen Wert, hinter das dynamische Feld auf Wesenheiten zurückzugehen, die nicht Teile dieses Feldes sind, was immer diese Wesenheiten sein mögen und gleich ob man ihnen philosophische oder physiologische Namen gibt. Denn man kann theoretisch das Geschehen aus den dynamischen Wirkungen des Feldes erklären ...” (Lewin 1982a, 102)

Diese Position verbindet Lewin methodologisch und erkenntnistheoretisch mit dem „Phi-Phänomen” von Wertheimer (1912), der in stroboskopischen Experimenten nachwies, dass das Ganze einer optischen Bewegungswahrnehmung emergente („phänomenologische”) Ei-genschaften zu haben scheint, die in den objektiv präsentierten (visuellen) Elementen nicht enthalten sind (analog der „optischen Täuschung” des Films, vgl. Herber 2000a, 84).

7. Die Gesetzmäßigkeit des „reinen” Falls „Wahrheit” im Sinne von Popper (1974, 57ff., 1994, 116) - z.B. als Übereinstimmung einer Gesetzesaussage mit der Wirklichkeit - läßt sich nach Lewin nicht empirisch vermehren. In einem repräsentativen (prototypischen) Einzelfall ist die gesamte Information des zutreffen-den Gesetzes (besser: aller zutreffenden Gesetze) enthalten. Ein „Fall” ist nach Lewin nicht ein aristotelisches Wesen, eine Substanz, ein bestimmtes Objekt, sondern eine Beziehungs-konfiguration, die unter bestimmter Dimensionierung beim Vergleich von einzelnen Fällen zu ähnlichen oder unterschiedlichen Effekten führt: „Wo beim Experimentieren eine Wiederho-lung stattfindet, geschieht sie nicht deshalb,weil die Verallgemeinerung vom einzelnen unter-suchten Geschehen auf gleichartige Geschehnisse fraglich ist, sondern deshalb, weil ein Irr-tum darüber möglich ist, ob wirklich jene Bedingungen, die man bei der Formulierung des Gesetzes angibt, im konkreten Fall vorgelegen haben oder nicht. Dass in der Tat im physikali-schen Experiment nicht der Schluss von ‘vielen Fällen auf alle Fälle’, sondern von e i n e m

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konkreten Fall auf alle gleichartigen Fälle vollzogen wird, möchte ich hier also nicht noch einmal zum Beweis stellen ...” (Lewin 1967, 15) Und so reicht – durchaus im Sinne von Pop-per (1984, 1974) – auch ein einzelner Fall zur Widerlegung eines Satzes aus. Aus methodolo-gischen Gründen ist eine Replikation von Untersuchungen notwendig (ob eine Gesetzesaus-sage auch entsprechend operationalisiert wurde), nicht aber aus wissenschaftslogischen Grün-den – schon gar nicht gewinnt man Wahrheit mittels Durchschnittsbildung: „Auch die Fest-stellung des Inhalts der Gesetze kann dann nicht mehr auf dem Wege einer Durchschnittsbe-rechnung aus den historisch vorkommenden Fällen gewonnen werden.” (Lewin 1971, 30) Die Schwäche des methodologischen Abbildungsprozedere sollte nicht als Schwäche der Theo-rienbildung missverstanden werden.

Zur Gesetzmäßigkeit des „reinen” Falls gehört auch seine gesetzeskonforme Veränderung in der Zeit auf Grund der systematisch einwirkenden Kräfte, die keine historische (kontingen-te) Zufälligkeit darstellen: „Auch die Wiederholung des gleichen Versuches am selben Men-schen erscheint zwecklos. Denn der erste Affektversuch hat ja die betreffende Person selbst mitverändert, er hat gleichsam eine andere geschichtliche Basis geschaffen, und in der Tat pflegen unter den gleichen Bedingungen, die beim ersten Mal zu einem bestimmten Affekt geführt haben, beim zweiten Mal wesentlich andere Vorgänge zu resultieren.” (Lewin 1967, 14) Nach Lewin lassen sich die Zufälligkeiten des geschichtlichen Geschehens nicht durch das Weglassen der wechselnden Situationen, nicht durch das – durchschnittsbildende – Igno-rieren der theoretisch bedingten Variationen in der Systematik überwinden, sondern „nur durch eine bis ins Extrem durchgeführte Berücksichtigung der Eigennatur des konkreten Fal-les. ... Das bedeutet methodisch, dass die Wichtigkeit eines Falles und seine Beweiskraft nicht nach der Häufigkeit seines Vorkommens gewertet werden darf.” (Lewin 1971, 45f.) Der kon-krete Fall ist als eine Art „Attraktor” verschiedener Dimensionierungsmöglichkeiten aufzufas-sen. Und diese Dimensionierungen sind nichts anderes als Abbildungsmodelle von gesetzesartigen Annahmen. Auch die sogenannten „einschränkenden Randbedingungen” sind keine aristotelischen Akzidenzien, die man als unerheblich vernachlässigen kann, sondern der Ausdruck von Gesetzeswirkungen, durch welche die „Eigennatur des konkreten Falles” erst zu Stande kommt. Diese wissenschaftstheoretische Position bedeutet methodologisch: „... es gilt eine konkrete psychische Situation so darzustellen, dass die dynamischen Eigenschaften des Ganzen gerade dieser Situation in ihrer besonderen Konstellation voll wiedergegeben werden ...” (ebenda, 45).

Der einzelne Fall wird durch die spezifische Konstellation der auf ihn zutreffenden Geset-ze konstituiert. Laborversuche sind nach Lewin weitgehend unnatürlich und lebensfern gestal-tet. Das natürliche Geschehen kann natürlich nicht wiederholt werden, doch kann es als „Ge-schehenstypus” im Sinne einer ganzheitlichen prototypischen Situation (einer exemplarischen Fallstudie) rekonstruiert werden. Die konkreten Phänomene der Lebenswelt müssen durch eine entsprechende Bedingungsvariation der unabhängigen Variablen realisiert werden. So werden lebensweltliche Phänomene als konkrete Einsetzungsinstanzen oder – verallgemeinert – als „Geschehenstypen“ im Sinne abhängiger Variablen aus den sie verursachenden Gesetz-mäßigkeiten (unabhängigen Variablen) konstruiert und auf diese Weise erklärt. Dazu dienen die Konstrukte der Person- und der Umweltregion eines konkreten Lebensraumes. So kann eine repräsentative Versuchsplanung bzw. eine ökologische Validierung hergestellt werden: „es gilt ferner, die k o n k r e t e A u f b a u s t r u k t u r der psychischen P e r s o n , ihre ‘inneren’ dynamischen Fakten, einer wirklichen Abbildung zu unterziehen.” (ebenda, 45)

Das verbreitete Festhalten an statistischen Durchschnitten und deren Interpretation als ge-setzesartige Determinanten psychischen Geschehens – als quasi allgemeingültige Determinan-ten des Erlebens und Verhaltens unter Absehung dynamisch-situationsspezifischer Prozesse – sieht Lewin programmatisch, nicht methodologisch begründet. Hauptverantwortlich sei der

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„geringe wissenschaftliche Mut in der Frage der G e s e t z l i c h k e i t des Psychischen, das geringe Anspruchsniveau gegenüber dem G e l t u n g s b e r e i c h der Sätze der Psychologie und die mit dieser Einstellung auf bloße Regelmäßigkeit Hand in Hand gehende Tendenz zu einer spezifisch h i s t o r i s c h – g e o g r a p h i s c h e n B e g r i f f s b i l d u n g .” (eben-da, 45)

Das Ziel theoretischer Gesetzesformulierung (und entsprechender experimenteller Reali-sierungen) ist die Formulierung von transsituationalen „Invarianten”, denen alle logisch zu-ordbaren Fälle in eindeutiger – deterministischer – Weise zu folgen haben (je nachdem, nach welcher Dimensionierung sie analysiert und zugeordnet werden). Entscheidend ist, dass nach Lewin – wie oben erwähnt – die systemgenerierenden „Randbedingungen” einer fall- bzw. situationsspezifischen Gesetzesanwendung systematischer („ganzheitlicher”) zu berücksichti-gen sind, als dies sonst im Sinne „einschränkender Bedingungen” wissenschaftslogisch der Fall ist (vgl. z.B. Hempel & Oppenheim 1948). Die Konfundierung situationsspezifischer mit transsituationalen Variablen muss – besonders im praktischen Anwendungszusammenhang – minimiert werden, was nur möglich ist, wenn außer den „unabhängig” und „abhängig” konzi-pierten Variablen auch „alle” Kovariablen (so viele der situationsspezifisch hypostasierten Wirkgrößen als möglich) theoretisch (als Einsetzungsinstanzen von Gesetzen) formuliert und entsprechend operationalisiert werden. Ort O und Zeit T sind nicht beliebig austauschbar, weil unwesentlich, wie es dem wissenschaftslogischen Kalkül von Hempel & Oppenheim (1948) entspricht. Sie können Auswirkungen anderer, wesentlicher Gesetzeswirkungen darstellen (vgl. etwa die beginnende wissenschaftstheoretische Aufarbeitung von Zeitreihenanalysen, z.B. Alisch 2001).

In dieser Hinsicht wird Lewin bis in jüngste Publikationen systematisch missverstanden. Etwa wenn Rheinberg (2002, 56) resümiert: „Die Lewinsche Konzeptualisierungsweise eignet sich zwar gut, um aufgetretenes Verhalten und seine mutmaßlichen Kräfte in einer bestimm-ten Weise zu beschreiben. Vorhersagen sind aber kaum möglich. Dazu sind seine Analysen zu sehr an das je einmalige Geschehen und den je aktuellen Spannungszustand einer einzelnen Person gebunden. ... Genau betrachtet ist er auf der Beschreibungsebene stehengeblieben. Die unerledigte Aufgabe der Bestimmung motivational bedeutsamer Personmerkmale ... blieb der nachfolgenden Motivationsforschung vorbehalten.” Genau das würde Lewin als aristoteli-sches Denken brandmarken: Personen wie Objekte mit wesentlichen und unwesentlichen Merkmalen „an sich” zu definieren und nicht die Dynamik ihres Erlebens und Handelns im Vergleich ihrer sach- und sozialbezogenen Beziehungsstrukturen und -prozesse zu erfassen versuchen. Wie wenn es – in Analogie – beim Gravitationsgesetz darauf ankäme, welche in-haltlichen Merkmale den Objekten „sonst noch” zugeordnet werden, deren Wechselwirkung es gesetzesgemäß formuliert. Lewins Erklärungs- und Prognoseansatz ist nicht aristotelisch, sondern galileisch begründet: Die konkrete Konstellation bestimmter Gesetzesanwendungen lässt entsprechende Prognosen in Bezug auf die je darunter „fallende” Varianz im Zusam-menhang eines konkreten Einzelfalles zu. Dieser wird erst definierbar durch das – im Ver-gleich verschiedener Gesetze – konstituierte Beziehungsgefüge unterschiedlicher Dimensio-nierungsmöglichkeiten. Unverkennbar die Wurzeln der Lewinschen Feldtheorie in der Ges-taltpsychologie: Die Relationsstruktur determiniert, was eine Melodie ausmacht, nicht die spezifischen Charakteristika der einzelnen Elemente (Tonschwingungen).

8. Experiment und Formalisierung (Mathematisierung) Die Experimentalpsychologie bedarf der Fundierung durch eine Theoretische Psychologie, die sich der Mathematik bedient. Dann erst sind theoretische Annahmen und empirische Da-tenbasis schlüssig miteinander zu verbinden. Die Beschreibung, Analyse und Modellierung

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psychischen Geschehens sollte so weit als möglich mit mathematischen Mitteln vorangetrie-ben werden – wenn die verwendeten Begriffe präzise genug sind um mathematisch gefasst zu werden (zu Möglichkeiten und Grenzen der Lewinschen Mathematisierungsvorhaben siehe aus rezenter Sicht Alisch & Gerber 2001, 118ff., siehe auch oben Abschnitt B.2). Die mathe-matische Beschreibung, Analyse und Modellierung gestattet eine allgemeinere Erkenntnis in Form von Gesetzesformulierungen, Erklärungen und Prognosen und – für Lewin besonders wichtig – die exakte (deterministische) Zuordnung von Einzelfällen zu entsprechenden Theo-rien (vgl. Lewin 1934, 1969).

„Vor der Reife unternommene Formalisierung und Mathematisierung in der Psychologie” kann allerdings die psychologische Theorienentwicklung behindern. „Als Psychologen sind wir am Entdecken neuer Tatsachen über psychologische Vorgänge und an vertiefter Einsicht in sie interessiert. ... Theorie, Mathematisierung und Formalisierung sind Mittel dazu. Sie besitzen für die Psychologie nur einen Wert, insofern sie fruchtbaren Fortschritt für ihren Ge-genstand ermöglichen; und sie sollten, wie alle komplizierten Instrumente, nur angewendet werden, wo sie hilfreich sind und die Entwicklung nicht hindern.” (Lewin 1982a, 43f.)

Zur Statistik hatte Lewin ein kritisches Verhältnis. Er benützte sie zwar in seinen Experi-menten zum quantitativen Vergleich von Häufigkeitsverteilungen, schrieb ihr auch „bei fort-schreitender Entwicklung zur Gesetzeswissenschaft ... zweifellos wesentliche Funktionen in der Psychologie” zu (Lewin 1967, 50), doch kritisierte es sie auf Basis einer fundamentalen wissenschaftstheoretisch-methodologischen Sichtweise (nicht unähnlich der Position von Popper 1984, 1991): „Eines der wesentlichsten Mittel zur Feststellung, ob bei gewissen Ge-schehensverläufen eine bloß historisch-geographische, also vom Gesetz- oder Typenbegriff her gesehen zufällige Kumulation vorliegt, oder aber eine reale Zustands- oder Geschehens-einheit, ist das Experiment.” So „kommt es, dass mitunter ein einziges oder einige g a n z w e n i g e Experimente imstande sind, ein Gesetz beweiskräftig zu widerlegen, das man auf Grund tausendfacher Erfahrung des täglichen Lebens aufstellen zu können glaubte.” (Lewin 1967, 46) Lewin bezieht sich dabei auf das Beispiel seiner Widerlegung des Assoziationsge-setzes. Dieses besagt, „dass es genügt, zwei Handlungen häufig hintereinander getan zu ha-ben, damit, wenn man die erste Handlung tut, eine Tendenz auftritt, auch die zweite zu tun.”... „Heute wissen wir, dass dieses Gesetz, zumindest in der alten Fassung falsch ist. Und wir wissen dies auf Grund relativ weniger Experimente. Wollte man hier statistisch zu denken anfangen, wollte man also die wenigen experimentell hergestellten Fälle der großen Zahl der Fälle gegenüberstellen, die im täglichen Leben scheinbar für die Assoziation sprechen, so würden die wenigen experimentellen Fälle gar nichts zu sagen haben. Sie würden die ‘Wahr-scheinlichkeit’ für unsere Erwartungen in der Zukunft so gut wie unbeeinflußt lassen müs-sen.” (ebenda)

Sollen Gesetze empirisch eindeutig operationalisierbar sein, ist Mathematisierung not-wendig. Nur so können über exakte Beschreibungen, Analysen, Modellierungen gesetzesarti-ge Erklärungen und gesetzeskonforme Prognosen formuliert werden. „... die These von der ausnahmslosen Gültigkeit eines Gesetzes macht es zur Pflicht, ein Gesetz aufzugeben, sobald es auch nur eine Ausnahme zeigt. ... die strenge Auffassung des Gesetzes gibt zugleich das Recht, den Beweis des Gesetzes statt auf statistische Häufung gleicher Fälle, auf die Ergeb-nisse von Einzelexperimenten zu stützen ...” (Lewin 1967, 47, im Erstdruck 1927, also vor Poppers „Logik der Forschung”, erschienen im Jahre 1935). Formalem probabilistischen Denken, z.B. im Sinne einer Gleichverteilung der realen Wahrscheinlichkeiten, steht Lewin (z.B. 1967) ebenso fern wie Popper (z.B. 1991). Beide fordern die strenge – gesetzmäßige – Bindung von Einzeldaten wie „Datenanhäufungen” an theoretisch-inhaltliche Aussagen (vgl. Einstein: „Der liebe Gott würfelt nicht!”).

Auf das Fruchtbarwerden von Lewins Forderung nach theorieangemessener Formalisie-

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rung, insbesondere Mathematisierung im Bereich moderner Motivationsforschung wurde schon mehrfach hingewiesen (vgl. z.B. Atkinson 1957, Atkinson & Birch 1970, Kuhl & At-kinson 1986, Brown & Veroff 1986, Astleitner 1992, 2001, Astleitner & Herber 1993).

9. Das Prinzip der Makroanalyse bzw. der sozialen Untersuchungssituation Eine bedingungsanalytische Untersuchung muss sich auf das gesamte Feld der Untersu-chungssituation und darf sich nicht nur auf einzelne Bedingungen desselben beziehen: Es „hat sich immer wieder erwiesen, dass, wo solche Ganzheiten vorliegen, man das Ganze nicht von den Unterteilen her erklären kann. Vielmehr wird erst durch die Ganzheit die Funktion der Teile festgelegt, ja erst vom Ganzen her läßt sich bestimmen, welche Teile überhaupt als psy-chisch existent anzusprechen sind. Äußere Bewegungen, Leistungen, Verhaltungsweisen, und ebenso bestimmte Erlebnisse, die als isolierte Ereignisse betrachtet fast identisch sind, können psychologisch etwas völlig Verschiedenes bedeuten, wenn sie als Teile verschiedenartiger Gesamtprozesse auftreten, wenn sie in verschiedene Geschehensverläufe eingebettet sind. Dass für solche isoliert aufgefaßt ‘gleiche’ Fakten durchaus verschiedene Gesetze maßgebend sein können, hat sich ... im Gesamtgebiet der Sinnespsychologie … gezeigt ...” (Lewin 1967, 12). Nicht penible mikroanalytische Untersuchungen von Einzelkomponenten kognitiver, affektiv-emotionaler, motivationaler, etc. Prozesse bringen die psychologische Theorienbil-dung voran, denn es gibt realistischer Weise kein „ceteris paribus” der konfundierenden Be-dingungen, sondern makroanalytische Analysen eines (theoretisch relevanten) Geschehens-ganzen müssen Untersuchungsgegenstand sein. Möglichst realitätsgetreue Simulationen von komplexen Alltagssituationen sind am ehesten ökologisch valide, das eigenständige Denken und Fühlen der Versuchsperson sowie die konkreten sozialen Interaktionen im Experimentier-feld müssen explizit gemacht und entsprechend erfasst werden (vgl. Bungard 1980, Kuhl 2001, 985ff.). Psychologisch ist a priori das gesamte soziale Beziehungsgeschehen einer Un-tersuchungssituation für Validität, Reliabilität und Objektivität relevant, relativ unabhängig von der Fokusierung bestimmter Eigenschaften einer konkreten Versuchsperson (ihren „ob-jektiven”, transsituationalen psychologischen „traits”). Nur so kann einer artifiziellen eindi-mensionalen „Zurechtrichtung” eines experimentellen Ablaufs gegengesteuert werden. Damit hängt zusammen:

10. Das Prinzip der Problemangemessenheit der Methoden (der ökologischen Validität) Lewin entwickelte – wie eingangs erwähnt – seine Methoden gemäß der jeweiligen Problem-stellung (Lewin 1981, 1982a, 1983). Bezeichnend dafür ist die Entwicklung seines Motivati-onskonzepts (siehe unten Kap. C.1, vgl. Heider 1960, Heckhausen 1989, Brauns 1992, Back 1992, Weiner 1996, Kuhl 2001, Rheinberg 2002): Motivation ergibt sich aus der Wechselwir-kung von Energie und Richtung eines gespannten Systems. Während die Spannungsenergie mit einer Reihe von Experimenten dargestellt wurde (z.B. Zeigarnik 1927, Ovsiankina 1928, vgl. weiterführend Lang 1992), entwickelte Lewin das Konzept der Gerichtetheit durch hand-lungsforschende Analysen des – filmisch festgehaltenen – Spielverhaltens von Kindern (vgl. Lewin 1982b). In freien Spielsituationen konnten – feldforschend – situationsspezifisch vari-ierende Zielgerichtetheiten besser erfasst werden als bei nach rigiden experimentellen Plänen evozierten Verhaltensweisen.

In einer seiner letzten Arbeiten (Lewin 1947b) ging es um eine feldtheoretisch zu fundie-rende Abgrenzung der Sozialwissenschaften zu den Naturwissenschaften. Vereinfacht: Biolo-gische und insbesondere soziale Wesen sind gegenüber Lernerfahrungen offen und können – selbststeuernd – ihr Erleben (Denken, Fühlen, Wollen) und Verhalten (d.h. Person- und Um-weltbereiche ihres Lebensraumes) ändern. Dieses Programm konnte Lewin nicht mehr ab-

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schließen. Doch lassen sich zwei Wirkungen der Feldtheorie auf die heutige Sozialpsycholo-gie aufweisen:

(1) In der Kleingruppenforschung bzw. in den Forschungen zur Gruppendynamik. Als In-terdependenztheorie bzw. -methodik hat die Feldtheorie die psychologische Realität von Strukturen und Prozessen in Gruppen als dynamische Ganzheiten zu erfassen versucht. Der Geltungsbereich dieses Forschungsansatzes wird von Lewin (1982a, 227) wie folgt festgelegt: „Es ist möglich, mit ganzen Gruppen Versuche durchzuführen, die die Erfordernisse standar-disierter Anordnungen bis zu einem Grad erfüllen, der nicht sehr von dem verschieden ist, was wir bei einem Experiment mit Einzelpersonen zu fordern gewohnt sind. Ebenso ist es möglich, die Frage empirisch zu untersuchen, bis zu welchem Grad das Gruppenleben in ei-nem gegebenen Fall von der spezifischen Persönlichkeit seiner Einzelglieder abhängt.”

Graumann (1992, 232) weist darauf hin, dass sich die „Lewin-Spezifika” der Gruppendy-namik (Gruppenatmosphäre, -klima, Führungsstil) mit der Zeit schwerpunktmäßig von der Sozialpsychologie zur Klinischen und Pädagogischen Psychologie und zur Pädagogik hin verlagert hätten, was mit steigenden Gruppengrößen etwa im schulischen Zusammenhang von der direkten Beobachtung wegführte und einschlägige Forscher vorzugsweise zur Konstrukti-on und Anwendung von Selbstauskunftsverfahren veranlasste (z.B. Eder 1996, 81ff., 1998).

(2) Die Feldtheorie erfasst sowohl das Personkonstrukt als auch das Umweltkonstrukt ei-ner Person (wie sie sich selbst, wie sie die anderen und deren Wahrnehmung der eigenen Per-son wahrnimmt). Die Gruppe als soziale Umwelt der Person ist eine Funktion der Wahrneh-mungsmöglichkeiten der betreffenden Person. Diese kann allerdings durch den Austausch mit anderen Gruppenmitgliedern, in Auseinandersetzung mit den Wahrnehmungen von Beobach-tern, die nicht persönlich in das Gruppengeschehen involviert sind („Experten”), durch die Wahrnehmung der „objektiven” Gegebenheiten des kollektiven Feldes, das (auch) überindivi-duell existiert, modifiziert werden. Die außerhalb der Person liegenden Gegebenheiten wer-den zwar bis zu einem gewissen Grade von der Person beeinflusst (und werden somit Teil ihres Lebensraums), doch in vielerlei Hinsicht sind die Tatsachen der äußeren (wie auch der inneren) Welt vom Individuum nicht beeinflussbar. Wie schon mehrfach erwähnt nennt Le-win (1936, 73) diese den Lebensraum umgrenzende Region „Foreign Hull” und meint damit alle Gegebenheiten, die nicht von psychologischen Gesetzen erfasst werden (in Anspielung an den behavioristischen Kontrahenden Hull, der das Verhalten prinzipiell als von physiologi-schen Reizspuren der physikalisch bzw. (bio-)chemisch beschreibbaren Reizeinwirkungen beeinflusst sah). Diese den psychologischen Lebensraum umgebende Region ist nicht „geo-grafisch” gemeint, sie kann auch psychologisch nicht beeinflussbare innere Zustände und Prozesse beinhalten: physiologisch autonom gesteuerte Vorgänge und mannigfache, im phä-nomenalen Erleben nicht registrierte Organzustände, etc.: „Foreign Hull” ist topologisch im Sinne der psychologisch nicht gegebenen Erfassbarkeit bzw. subjektiven Bedeutsamkeit zu verstehen (ebenso wie der Ausdruck „zentrale Region” des Lebensraumes sich nicht im realen Sinne auf den Organismus oder die räumlich nächste Umgebung bezieht).

Empirische Untersuchungen müssen „lebensnah” (ökologisch valide) gestaltet werden (z.B. Lewin 1967). Psychologische Versuche sollten nicht ausschließlich bzw. vorzugsweise am Modell der Variation isolierter Einzelbedingungen, sondern an der Kovariation (Interakti-on) möglichst vieler problemrelevanter Parameter orientiert sein um der Ganzheitlichkeit von psychologischen Lebensräumen nahe zu kommen und dessen situationsspezifische Dynamik – typisch für Lebewesen im Unterschied zum transsituational monotonen Reagieren lebloser Materie – einigermaßen „objektiv” (dem Gegenstand angemessen) erfassen zu können. Klas-sische naturwissenschaftliche – Variablen isolierende – Laborexperimente sollten durch kom-plexe Feldexperimenten in realen Lebenssituationen abgelöst, zumindest aber ergänzt werden. Laborversuche sind oft unnatürlich und lebensfern gestaltet. Die experimentelle Situation

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muss möglichst realitätsnahe geplant werden (Lewin 1969, 49f.): „Die Lebensnähe des Expe-riments ist nicht in der quantitativen Übereinstimmung mit der Wirklichkeit zu suchen, son-dern entscheidend ist, ob beide Male wirklich derselbe Geschehenstypus vorliegt... Dabei sind allerdings der Untersuchung sehr großer Intensitäten in allen Wissenschaften jeweils gewisse Grenzen gezogen. Irrig aber wäre es zu glauben, dass der experimentellen Psychologie see-lisch tieferliegende Schichten prinzipiell verschlossen wären.”

Der Begriff „Geschehenstypus” bedeutet auch, dass eine experimentelle Situation prototy-pisch für eine Klasse natürlicher Lebenssituationen sein soll. Die Gestaltung einer Untersu-chungssituation soll ganzheitlichen Modellcharakter für die damit abgedeckten Alltagssituati-onen besitzen: „Ob man bei einer wiederholten Übung etwas lernt, ob man sich gegenüber bestimmten Verlockungen zu wehren vermag oder nicht, hängt grundlegend von dem Ge-samtgeschehen ab, in das das einzelne Ereignis eingebettet ist. Bei den Problemen des Aus-drucks, der Vornahme, der Befriedigung und Ersatzbefriedigung, beim Problem des Affektes, des normalen oder pathologischen Charakters, kurz bei allen Problemen des höheren Seelen-lebens läßt sich nicht ein einziger experimenteller Schritt vorwärts tun, ohne dass man diese Abhängigkeit des Einzelgeschehens von dem speziellen Gesamtgeschehen, in das es eingeht, von Grund aus berücksichtigt.” (Lewin 1967, 13)

C. LEWIN UND DIE MODERNE MOTIVATIONS- UND WILLENSPSYCHOLOGIE

1. Lewins Motivationstheorie („dynamische Persönlichkeitstheorie”)

1.1 Motivation als Resultante des gesamten Lebensraums Motivationen sind für Lewin intrinsische Antriebe des menschlichen Erlebens und Verhal-tens. Er setzt sie in bewussten Gegensatz zur Verhaltensstiftung durch pure Assoziationen, die „von außen” kommend (extrinsisch) kontrollierend und regulierend in den motivierten Erle-bens- und Verhaltensstrom eingreifen und diesen auf diese Weise – zufällig oder gezielt – seinem intrinsischen Antrieb entfremden: „Dynamically an ‘association’ is something like a link in a chain, i.e., a pattern of restraining forces without intrinsic tendency to create a chan-ge. On the other hand, the tendency to bring about action is basic to a need. This property of a need or quasi-need can be represented by co-ordinating it to a ‘system in tension’. By taking this construct seriously and using certain operational definitions, particularly by correlating the ‘release of tension’ to a ‘satisfaction of the need’ (or the ‘reaching of the goal’) and the ‘setting up of tension’ to an ‘intention’ or to a ‘need in a state of hunger’, a great number of testable conclusions were made possible.” (Lewin 1951, 5f.)

Diese testbaren Konstrukte der Lewinschen Motivationstheorie beziehen viele psychologi-sche Variablen mit ein: Wahrnehmung, Gedächtnis, Ermüdung, aktuelle Gefühlszustände, verschiedene echte und Quasi-Bedürfnisse, Persönlichkeitsentwicklung, etc.. Lewin hat ver-sucht diese unterschiedlichen Module in ein formal kohärentes System zu integrieren. Das zentrale Konzept oder der übergeordnete Begriff ist ein „System in Spannung”. „System” ist ein struktureller Begriff, „Spannung” ist ein energetisches Konzept. In Verbindung mit dem Konzept „Vorsatz” oder „Vornahme” (Lewin 1926b) ergibt sich etwa folgendes Szenario: Wenn sich jemand etwas vornimmt (z.B. eine bestimmte Aufgabe zu lösen) wird das Subsys-tem oder die Region einer Person in Spannung versetzt, die zur Aufgabenbearbeitung aktiviert werden muss (bzw. die korrespondierenden Subsysteme, Regionen, Module, etc.). Innerhalb dieser Region(en) wird die Spannung aufrechterhalten bzw. gesteigert, bis die Sache erledigt ist. Wenn die Person an der Vollendung der entsprechenden Handlung gehindert wird (z.B.

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Zeigarnik 1927, Ovsiankina 1928), bleibt in der entprechenden Region eine Restspannung erhalten diese Aufgabe zu erledigen, was auch deren Erinnerung erleichtert, da die Person weiterhin an die Aufgabe denkt.

Topologisch (Lewin 1936, 1969) kann analog Freuds18 Mechanismen der „Triebverschie-bung”, „Sublimation”, „Ersatzbefriedigung”, etc. Folgendes passieren: Die Abgrenzung der einzelnen Regionen ist nicht „spannungsdicht” – die Spannung kann zu benachbarten Regio-nen diffundieren, die ähnliche Funktionen erfüllen. Und die Begrenzungen der einzelnen Re-gionen werden durchlässiger, wenn die Person ermüdet ist, die Aufgaben unrealistisch er-scheinen, der virtuellen Welt der eigenen Fantasietätigkeit zugeordnet werden, etc.. So reprä-sentiert sich die Person selbst quasi „autopoietisch” (vgl. Maturana 1985, Varela 2000). Wie die Zellen einer Bienenwabe (Struktur) funktional ähnliche Aufgaben erfüllen, so kann man sich zusammengehörige Regionen der Persönlichkeit vorstellen (die feldtheoretisch allerdings auch in Verbindung stehen können, wenn sie nicht – Zellmembrane an Zellmembrane – be-nachbart sind, verschiedene Bereiche korrespondieren dann über Interaktionsleitungen, die – abstrakt als Vektoren gefasst – gleichsinnig oder gegensinnig gerichtet sein können, vgl. Le-win 1969, 1982a, Murphy 1947, 6ff., Herber 1979, 134f.)19. So entsteht ein Spannungs- oder Motivationssystem, das in entsprechende Handlungen übergeleitet werden muss. Das exeku-tive System gehört allerdings nicht mehr dem topologischen Modell an (Motivation ≠ Hand-lung).

Lewins (1935) dynamisches Persönlichkeitsmodell (seine Motivationstheorie) stützt sich – nicht unähnlich dem Freudschen Triebmodell – zunächst auf die Konzepte „Energie” und „Spannung”, noch nicht explizit auf die (umweltbezogene) Gerichtetheit des Handelns, des Zielverhaltens (unter Missachtung der gestaltpsychologischen „Ziel-Zug-Situation”, vgl. Winnefeld 1959, 103). Insgesamt beschäftigt sich Lewin mit der Gerichtetheit des Verhaltens weniger systematisch-experimentell als mit den Prozessen von Spannungsaufbau und -abbau. Er näherte sich dem Zielsetzungsproblem mehr handlungs-/feldforschend an (vgl. dazu Back 1992). Die Gerichtetheit des Verhaltens kann nicht aus dem Konzept der Spannung, also aus den Prozessen der Aktivierung/Energetisierung abgeleitet werden: Spannung wird bei Lewin als Skalar dargestellt – ohne Richtungsangabe. Zur Richtungsangabe führt er den Begriff „Kraft” als Vektor (gerichtete Größe) ein (Lewin 1982a, 110ff.). Wie kann man beide Kon-zepte kombinieren?

Lewins (1982a, 288f.) Anwort: „kp,g stellt eine Kraft dar, die auf die Person P in Richtung auf g wirkt. kp,-g stellt eine Kraft dar, die auf P weg von g wirkt. hkp,g ist eine hemmende Kraft, die sich gegen eine Bewegung P in Richtung auf g wendet. k∗p,g bedeutet eine resultierende Kraft, die auf g gerichtet ist. Die Stärke der Kraft kp,g wird durch kp,g dargestellt.” Analog verhält es sich, wenn „die Gruppe Gr als Angriffspunkt der Kraft betrachtet” wird. ... „Der Leser sollte dabei im Gedächtnis behalten, dass, wenn wir sagen: es besteht eine Kraft kA,g an einem Ort (oder auf einem Niveau) A, damit gesagt sein soll, dass eine Kraft auf eine Gruppe im Ort A wirkt oder dass sie auf die Gruppe wirken würde, wenn sie sich an diesem Ort be-fände. Der Begriff Kraftfeld bezieht sich auf solche möglichen Örter.”

Wenn eine Person ein Ziel20 hat, hat sie meistens auch gewisse Vorstellungen davon, auf welchen Wegen bzw. mit welchen Mitteln sie das Ziel erreichen könnte: Welche Bedingun- 18 Freuds (GW Bd. 15, 85) Strukturmodell der Persönlichkeit ist übrigens ebenfalls topologisch strukturiert mit

permeablen Begrenzungen zwischen den einzelnen Bereichen („Instanzen”) der Persönlichkeit. 19 Mit analogen Modellen arbeitet die moderne Hirnforschung (vgl. z.B. Edelman & Tononi 2002, 220ff.). 20 Zielrepräsentationen können explizit („bewusst“) oder implizit („unbewusst“) sein. Als solche können sie

einander positiv oder negativ interferieren oder auch unabhängig von einander Erleben und Handeln beein-flussen (z.B. Freud 1961, Lewin 1962, McClelland et al. 1989, Herber et al. 1999, 2001, Schultheiss & Brun-stein 1999, Kuhl 2001, Rheinberg 2002).

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gen führen zu welchen Effekten? Welche Zusammenhänge, Wechselwirkungen im Lebens-raum muss man beachten, welche kann man nützen, welche müssen ausgeschaltet, ferngehal-ten werden?

Im Lebensraum kann man die Person als gespanntes System (mit einer gewissen Aktivie-rungsenergie) darstellen, die auf Umweltrepräsentationen gerichtet ist und damit auf Mittel-Zweck-Relationen, die man zur Ausrichtung der personinternen Spannungen nützen kann. Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen: In welcher Richtung liegt das angestrebte Ziel? Was heißt psychologisch „Richtung”? Was muss man tun um ein bestimmtes Ziel zu errei-chen? Genügt es einfach den Weg zu kennen oder muss „etwas dazukommen”, ein Attraktor, eine „Valenz” einer bestimmten Region im Lebensraum in einer bestimmten (psychologisch determinierten) Situation? Welche (angenehmen oder unangenehmen) Regionen muss man durchschreiten um sich dem Ziel anzunähern? „The construct force characterizes, for a given point of the life space, the direction or strength of the tendency to change ... Whereever a re-sultant force ... exists, there is either a locomotion in the direction of that force or a change in cognitive structure equivalent to this locomotion.” (Lewin 1951, 256) Die Veränderung im Lebensraum kann also sowohl durch Handlungen der Person als auch durch kognitives „Pro-behandeln”, Umstrukturieren, wunschgetragenes Vorstellen, Fantasieren, etc. erfolgen.

Die Regionen des Lebensraums sowie die eingeschlagenen Richtungen oder Pfade durch bestimmte Regionen, um zu anderen, angezielten Regionen zu gelangen, sind keine objekti-ven Gegebenheiten der Umwelt, sondern subjektive (Re-)Konstruktionen der betreffenden Person über die von ihr wahrgenommenen Möglichkeiten zum Ziel zu gelangen. Diese Vor-stellungen können durch offene Bedürfnisse und entsprechende Emotionen (z.B. Hoffnung vs. Furcht) stark verzerrt sein, doch sie sind als psychologische Realität ernst zu nehmen (vgl. z.B. Windmann & Durstewitz 2000), man muss versuchen sie zu verstehen: Hinter Vorstel-lungen, Wahrnehmungen, Empfindungen „lauern” (wie bei Freud) Bedürfnisse, deren Ziel-richtung sowie deren Verursachung herausgefunden werden müssen, um den eingeschlagenen Weg – das Aufsuchen oder Meiden von Regionen – erklären bzw. prognostizieren zu können.

Die Energetisierung des Lebensraums einer Person erfolgt durch den Auf- und Abbau von Spannungen in einzelnen (oder miteinander verbundenen) Regionen. Wenn die Spannung in einer bestimmten Region nicht abgebaut werden kann, diffundiert sie in benachbarte Regio-nen mit ähnlichen Funktionen (analog Freuds Triebverschiebung).

Die Richtung, die das individuelle (bzw. kollektive) Erleben und Verhalten nimmt, wird durch eine Art Kraftfeld bestimmt: Es entspricht einer Lokomotion der Person im psychologi-schen Feld „Lebensraum“, die bestimmt wird durch die motivationale Wirkung einer be-stimmten Zielregion im Sinne eines Attraktors (der „Valenz”) und den Vorstellungen über (psychologische/methodische) Möglichkeiten der Zielerreichung („Erwartung”). Genau diese Konzeption hat die moderne Motivationsforschung übernommen und in logischen (z.B. Kuhl 1983) bzw. mathematischen Modellen ausdifferenziert (z.B. Atkinson 1957, Atkinson & Birch 1970, Kuhl & Atkinson 1986, Astleitner 1992, 2001, Astleitner & Herber 1993).

Motive kann man demnach als Vektoren bzw. als Resultanten von Vektoren in einem Kraftfeld auffassen (vgl. Herber 1979, 134f., Roth 1981, 72f., siehe auch oben Kap.B.2.2). Als feldtheoretische Größen sind sie nicht mehr Merkmale von Individuen, sondern Resultan-ten aller für ein Individuum relevanten Feldkräfte (Vektoren) zu einer bestimmten Zeit. Sie charakterisieren nicht mehr ein Individuum per se, sondern alle im aktuellen Lebensraum ver-dichteten Bedürfnislagen (Motive). Diese setzen sich zusammen aus gegenwärtigen und ver-gangenenen Erfahrungen (Wahrnehmungen, Erinnerungen), materiellen und sozialen Anrei-zen, Erwartungen, Vornahmen, Zielsetzungen, Entscheidungsalternativen, Handlungsmög-lichkeiten, etc. – also aus sozialen und sachbezogenen Person-Umweltbeziehungen. Konkur-rierende (bzw. koexistierende, kooperierende) Motivationen sind somit phänomenale Reprä-

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sentationen von dynamischen Interaktionen aller Spannungsfelder im aktuellen Lebensraum. Motivational generierte Werthaltungen verknüpfen sich so mit eher kognitiv determinierten Erwartungshorizonten, Emotionen (aktuellen Bewertungen), Kognitionen (Wahrnehmungen, Erinnerungen, Denkprozessen), bewussten, reflektierten Zielsetzungen („Willensakten”), etc.. Kaum einer dieser umschriebenen phänomenalen Zustände und Prozesse kommt unabhängig von den anderen zu Stande, diese definitorisch mehr oder weniger willkürlich getrennten Be-reiche sind jeweils gegenseitig repräsentiert und interferieren einander positiv bzw. negativ. (Sie entfalten aber manchmal – situationsspezifisch/kurzfristig – auch von einander unabhän-gige Wirkungen.) Auf diese – mehr oder minder integrative bzw. dissoziative – Weise kommt ein aktueller Motivationsprozess zu Stande (vgl. analoge Darstellungen im Rahmen der mo-dernen Gehirnforschung, z.B. Pöppel 2000, Edelman & Tononi 2002).

1.2 Der Begriff „Valenz” Die Regionen des Lebensraumes haben zu einem gegebenen Zeitpunkt einen (eher) positiven oder negativen Aufforderungscharakter, eine Valenz. Wird man von einer Region angezogen (wendet man sich ihr zu), hat sie eine positive Valenz, wird man von ihr abgestoßen (wendet man sich ab), handelt es sich um eine negative Valenz. Eine Region kann zugleich anziehend und abstoßend wirken, also ambivalent wirken. „Ich schließe bei meiner Definition ein, dass der Aufforderungscharakter in der Stärke der Anziehung erheblich variieren kann: Es kann für das Subjekt unmöglich sein, ihm zu widerstehen, oder er kann den Charakter eines Befehles oder nur die Stärke einer Bitte oder weniger annehmen. ... Meine Definition bezieht Valenz einerseits auf Handlungen, andererseits auf Bedürfnisse. ... gibt es insofern einen Zusammen-hang zwischen Valenz und ‘kognitiven Prozessen’, als das Vorhandensein von bestimmten Aufforderungscharakteren einen wesentlichen Einfluß auf Richtung und Art der ‘kognitiven Prozesse’ ausüben kann. Ist zum Beispiel die Valenz zu stark, kann sie die kognitiven Prozes-se beeinflussen.” (Lewin 1982a, 103) „Die Valenz einer Tätigkeit hängt unter anderem von ihrer Bedeutung und damit von der kognitiven Struktur ab. ... Essensvorlieben können bei Kindern geändert werden, indem man eine Geschichte erzählt, in welcher die verhaßte Speise ein Lieblingsgericht des Helden ist ...” (ebenda, 178). Valenzen setzen sich also zusammen aus einer bestimmten Bedürfnisspannung im Personsektor und der Attraktivität (Ausmaß von Anziehung und/oder Abstoßung) einer bestimmten Region im (wahrgenommenen) Umwelt-sektor des Lebensraums. Valenzen können eher (direkt) emotional wirken bzw. mehr oder weniger kognitiv überlagert sein (etwa durch das Ausmaß an Potenz, also der positiven bzw. negativen Erwartungen/Verrechnungen hinsichtlich der Chancen einer kurz-, mittel- oder langfristigen Zielerreichung und der damit verbundenen Kosten an Kraft-/Energieeinsatz, etc.). Valenzen können mehr oder weniger direkt mit Ausführungshandlungen gekoppelt sein (durch Anlage- bzw. bisherige Erfahrungsfaktoren).

2. Wurzeln der modernen Motivationspsychologie Die moderne Motivationspsychologie ist durch eine Reihe unterschiedlicher Ansätze gekenn-zeichnet (vgl. z.B. Herber 1976, 1979, 1998a, Heckhausen 1989, Weiner 1996, Kuhl 2001, Rheinberg 2002). Alle beschäftigen sich aber – explizit oder implizit – mit der Initiierung von Verhalten, mit Zielgerichtetheit, Intensität und Ausdauer des Verhaltens bzw. der Verhaltens-verursachung. Trotz der Unterschiedlichkeit der theoretischen und methodologischen Annähe-rungsweisen an den Problembereich „Motivation” lassen sich bei den meisten – vor allem den empirisch orientierten – Modellen drei theoretische Wurzeln ausfindig machen: (1) die Feldtheorie von Lewin (1943, 1951, 1982a) samt den Forschungen zum Anspruchsni-veau (Lewin et al. 1944) und zur Gruppendynamik (Lewin 1947a,b), (2) die Persönlichkeitstheorie von Murray (1938) und

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(3) die Attributionstheorie von Heider (1958/1977). Wie schon mehrfach erwähnt muss die Analyse des Erlebens und Verhaltens nach Lewin

immer die gesamte Situation der Person als den psychologischen Bezugsrahmen eines konkreten Geschehens miterfassen. Verhalten ist eine Funktion des Lebensraumes einer Person als Insgesamt aller im Augenblick relevanten Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, etc.. Motivation ist somit ein aktueller Zustand des gesamten psychologischen Feldes und umfasst alle wirksamen Kräfte im Person- und Umweltbereich (einschließlich der gespeicherten Erfahrungen der bisherigen Systemzustände, soweit sie für die aktuelle Situation relevant sind). Der Begriff „Valenz” ist für das Lewinsche Motivationskonzept zentral. Positive und negative Valenzen kennzeichnen Regionen des Lebensraums, die eine Person in einer aktuellen Situation anziehen oder abstoßen. Valenzen entstehen durch die Wechselwirkung von Eigenschaften der angestrebten Umweltobjekte mit Bedürfniszuständen der Person. In das Konstrukt „Valenz” ist das Konzept der „Erwartung” integriert (als zentraler Begriff der Anspruchsniveauforschung von Lewin und Mitarbeitern). Das aktuelle Anspruchsniveau einer Person als Resultante zweier Vektoren, dessen, was man haben möchte, und dessen, was man sich in einer bestimmten Situation zu erreichen zutraut, ist zum zentralen Parameter der Leistungsmotivationsforschung geworden (vgl. Herber 1976, 59ff.).

Der Typus der Wert-Erwartungs-Theorien im Sinne von Lewin wurde zum Mainstream der modernen Motivationsforschung. Demnach ist unser Verhalten im Wesentlichen von an-ziehend oder abstoßend erlebten Kräften der Umwelt gesteuert und von der subjektiv emp-fundenen (irgendwie „verrechneten”) Wahrscheinlichkeit die angestrebten Ziele erreichen bzw. die als unangenehm prognostizierten Situationen bzw. Objekte vermeiden zu können. So wird etwa das sachbezogene Leistungsverhalten (aber auch das Sozialverhalten) primär als durch positiv oder negativ wahrgenommene Anreize und Erfolgs- bzw. Misserfolgserwartun-gen determiniert angesehen.

Lewins Motivationsanalyse ist weitgehend situationsspezifisch orientiert: Gegenwärtige Anreize von innen (Personregion) und von außen (Umweltregion des Lebensraumes) bestim-men Erleben und Verhalten. Erinnerungen an frühere Systemzustände spielen nur insoweit eine Rolle, als sie für das aktuelle Spannungssystem relevant sind. Transsituationale Person- und Umweltvariablen standen nicht im Vordergrund des Forschungsinteresses von Lewin. Diesbezüglich sind die Vorarbeiten von Murray (1938) für die Entwicklung der modernen Motivationsforschung richtungweisend gewesen. Er postulierte – mehr „objektivierend“ als Lewin – das Zusammenspiel von personinternen „needs” und einem entsprechenden umwelt-gegebenen „press” und konzentrierte sich auf – zumindest bereichsspezifisch - transsituational stabile Persönlichkeitscharakteristika wie z.B. „Motive”. Entsprechend hat Atkinson (1957) – in der Tradition von Murray und Lewin stehend - die Verhaltensbereitschaft in einer be-stimmten Situation sowohl von relativ stabilen Motiven als auch von situationalen Anreizen und Erwartungen her verursacht gesehen. Nach Murray filtern die Motive den persönlich re-levanten Wahrnehmungsbereich in einer konkreten Situation heraus, bestimmen also wesent-lich mit, was wahrgenommen wird und wie es – positiv oder negativ – auf die Person wirkt. Eine Person mit hohem Macht- und niedrigem Leistungsmotiv wird eine bestimmte sachliche oder soziale Herausforderung ganz anders interpretieren als eine Person mit hohem Leistungs- und niedrigem Machtmotiv (vgl. McClelland 1992, Herber 1998a). So wurden unterschiedli-che Klassen von Motiven messbar, was die moderne Motivationsforschung wesentlich stimu-liert hat (beginnend mit dem Klassiker der Leistungsmotivationsforschung: McClelland et al. 1953).

Die Attributionsforschung, die in allen wesentlichen Modellparametern bereits in Heider (1958) formuliert ist, hat die „kognitive Wende” in der Motivationsforschung (Heckhausen & Weiner 1972) wesentlich beeinflusst. Auch diesbezüglich ist der Einfluss von Lewin unver-

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kennbar (Heider stand mit Lewin in ständigem wissenschftlichen Kontakt), z.B.: „Das Verhal-ten eines Individuums hängt nicht vollständig von seiner gegenwärtigen Situation ab. Seine Gestimmtheit ist durch seine Hoffnungen und Wünsche und durch seine Ansichten über seine eigene Vergangenheit tief beeinflußt. Die Einstellung und das Glück eines Individuums scheinen mehr von seinen Erwartungen für die Zukunft als vom Behagen oder Unbehagen in der gegenwärtigen Situation abzuhängen.” (Lewin 1982a, 173) Wie ersichtlich spielen Emoti-onen bei Lewin allerdings noch eine mindestens gleich gewichtige Rolle wie Kognitionen. Für Heider bestimmt das (generalisierende) Nachdenken über die Ursachen des eigenen und fremden Verhaltens in spezifischen Realitätsbereichen im Wesentlichen das eigene Denken und Fühlen. (Insbesondere) Menschen reagieren nach der „Philosophie” dieses Modells nicht automatisch auf situative Reize, sondern sammeln mehr oder weniger systematisch Informati-onen über sich selbst und die Welt in einer weitgehend rationalen Weise, was ihr Erleben und Verhalten entsprechend beeinflussen sollte. So entwickeln Personen unterschiedliche Konzep-te, inwieweit sie die Ergebnisse ihres Verhaltens eher auf gleichbleibende Fähigkeiten oder variabel auf Anstrengungen attribuieren (das sind zusammen genommen die „Personkräfte”) bzw. wie weit sie sich transsituational oder situationsspezifisch von „Umweltkräften” beein-flusst sehen. Durch solche Attributionen (Ursachenzuschreibungen) werden auch Emotionen als Folgewirkungen kognitiver Bewertungsprozesse aufgefasst (z.B. Meyer 1973, 158f., Wei-ner 1984, 215ff.).

3. Die Emergenz des kognitionspsychologischen Ansatzes Wie schon vor ihm Freuds Psychoanalyse kennzeichnet Lewins Feldtheorie den Übergang vom mechanistischen (assoziationspsychologischen, behavioristischen) zum gestalt- und kog-nitionspsychologischen Paradigma (vgl. Herber 2000b): „Unglücklicherweise hat die Tatsa-che, dass viele Lernexperimente mit Tieren unternommen worden sind, eine klare Trennung der Motivations- und der kognitiven Probleme sehr schwierig gemacht ...” Das „betrifft die besonderen Gesetze über das Lernen im Sinne von Veränderungen der kognitiven Struktur. ... Die Probleme der Einsicht, des Erwerbs von Kenntnissen und andere Veränderungen der kog-nitiven Struktur sind anscheinend eng mit den Gesetzen, die die Wahrnehmung und die Struk-tur des Wahrnehmungsfeldes ... bestimmen, verknüpft.” (Lewin 1982a, 166)

Besonders deutlich wird der gestalt- und kognitionspsychologische Ansatz Lewins am Beispiel des Gedächtnisses, das sich – gemäß gestalt- und (moderner) kognitionspsychologi-scher Forschung – über die Zeit hinweg zu immer „besseren” Gestalten bzw. polarisierenden Kognitionen entwickelt: Wahrnehmungsinduzierte Erinnerung wird mehr und mehr durch Gedachtes, auf aktuelle Bedürfnisse bezogenes (Re-)Konstruieren ersetzt, episodisches wird zum semantischen Gedächtnis (siehe dazu Herber 2000a). „Der Mangel an Klarheit in den Diskussionen über das Lernen bezüglich Motivation und Kognition scheint hauptsächlich mit dem Begriff Gedächtnis in Zusammenhang zu stehen. Das Gedächtnis könnte die Ansicht des Individuums über seine eigene Vergangenheit bedeuten. In dieser Hinsicht sind die Gedächt-nisprobleme Fragen der Zeitperspektive. Andererseits könnte man unter den Gedächtnispro-zessen die strukturellen Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der Lebensräume eines Indivi-duums zu verschiedenen Zeitpunkten verstehen. Die Probleme der Plastizität des psychologi-schen Feldes und der Kräfte, die die Veränderungen bewirken, sind für diese Fragen von erst-rangiger Bedeutung. Das Verhältnis zwischen Gedächtnis und Lernen ist sehr komplex. Die Erfahrungen der Vergangenheit zu befolgen ist eine Art und Weise des Lernens durch Erfah-rung. Häufig muss man jedoch lernen, nicht das gleiche Vorgehen wie früher zu befolgen; man muss lernen, sich statt dessen durch etwas wie eine theoretische Analyse der gegenwärti-gen Situation lenken zu lassen.” (Lewin 1982a, 166f.)

Kognitionen spielen bei Lewin für die Steuerung des Erlebens und Verhaltens eine wichti-

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ge Rolle – ähnlich der Funktion des Ich bei Freud. Auch Lewin verwendet – analog zu Platon und Freud – die Metapher des Reiters, der das Pferd (die triebgespeiste Energie) bändigt und zielgerichtet steuert. Kognitionen können das Erleben und Verhalten wesentlich beeinflussen: „Lewin related the story of a horseback rider lost in a snowstorm. The rider saw a light in the distance and rode directly toward it. Upon arrival at his destination, he was told that he had just crossed a barely frozen lake. This rider’s behavior certainly would have been altered if the danger involved in crossing the lake had been a psychological, als well as physical, real-ity.” (Weiner 1996, 115f.)

Kognitionen steuern den Anreiz- und Aufforderungscharakter der Umwelt also wesentlich mit. Vornahmen strukturieren antizipierend das Erlebnis- und Handlungsfeld (Lewin 1926b). Diese Vornahmen sind Quasibedürfnisse, die auf echte Bedürfnisse zurückgehen, aber bis zu einem gewissen Grade im Sinne von Allport (1970) „funktionell autonom” werden können. So kann das Streben nach Perfektion bei allem, was man tut, im Vordergrund stehen – unab-hängig davon, welche Bedürfnisse im Einzelnen dabei befriedigt werden. Beispiel: Die wich-tigsten Definitionskriterien der Leistungsmotivation bei McClelland et al. (1953, 110ff.) bzw. (McClelland 1995a, 224ff.) sind: das Streben nach bestmöglicher Leistung, nach „Exzellenz” der individuellen oder der Gruppenleistung, nach Selbstverantwortlichkeit, Autonomie, Ein-zigartigkeit, Überlegenheit gegenüber früheren eigenen Leistungen wie den Leistungen ande-rer. Das kann sich auf unterschiedlichste sach- wie sozialbezogene Ziele beziehen (neue wis-senschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, die besten Verkaufsstrategien am Markt zu kreie-ren, ein perfekter Liebhaber, Gatte, Vater, etc. zu sein, Sportlerin des Jahres zu werden, etc.). Vollkommene Bedürfnisbefriedigung, vollkommene Harmonie mit sich selbst, mit anderen Menschen, ewiger Friede auf Erden, etc. – es gibt nichts, was man nicht noch besser machen könnte, wofür nicht eine Idealvorstellung existiert, für die einzutreten, sich einzusetzen als wertvoll erachtet wird. Die Dinge, die man tut, so gut als möglich zu tun – das ist die eigentli-che „Philosophie” der Leistungsmotivation.

Bei McClelland sind emotionale und kognitive Komponenten „gleichrangig” verschmol-zen: Eine positive Affektbilanz zu erreichen (optimale Aktivierung in der Situation verbunden mit einer langfristigen Steigerung des positiven Selbstkonzepts, vgl. Herber 1998b, 83) bedarf auch der ständigen Verbesserung zahlreicher kognitiver Funktionen (des Wahrnehmens, Erin-nerns, Schlussfolgerns, Umstrukturierens, Analogiebildens, etc.). Eine gewisse Diskrepanz-wahrnehmung zum bisher Erreichten (dem Adaptionsniveau) wird emotional und kognitiv positiv bewertet und führt zu einer angenehm empfundenen Aktivierung. Man erinnert sich an die Affektänderung in einer früheren – ähnlichen – Situation und möchte im positiven Falle diese wiederherstellen – mit entsprechenden aktuellen Modifikationen und entwicklungsbe-dingten Änderungswünschen gegenüber der damaligen Affektänderung. Im Unterschied zur behavioristischen Auffassung, dass Reize in ihrer Eigenart physikalisch definiert und ihnen somit entsprechende (physiologische) Reaktionen in stabiler Weise zugeordnet werden kön-nen, hat Lewin – nicht direkt darauf zurückführbare - affektive wie kognitive Veränderungen des Lebensraumes aufgezeigt und damit eine dynamische, funkktionell autonome psychologi-sche Sichtweise nahegelegt. Ohne diese wäre die moderne Motivationsforschung nicht denk-bar. Dabei spielen nicht nur affektive Sättigungen, sondern auch kognitive Umstrukturie-rungsprozesse eine zentrale Rolle (vgl. Lewin 1935, 1982a, 177ff.). Somit hat er auch – lange vor der von Heckhausen & Weiner (1972) proklamierten „kognitiven Wende” – gegenüber der vor- und unbewussten Fixierung auf pure Affektsteuerung durch starre Trieb-Anreiz-Gewohnheits-Mechanismen bei Freud und Hull die Bedeutung kognitiver Repräsentations-möglichkeiten in den Blick gebracht, die ein – erwartungsgenerierendes – Verrechnen, (Re-)Konstruieren, kontrolliertes Probieren, etc. ermöglichen.

Die etwa fünfzigjährige Leistungsmotivationsforschung hat in verschiedenen Modellen

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einmal mehr den kognitiven, einmal mehr den emotionalen Komponenten in verstärkter Wei-se Rechnung getragen21. Bei Lewin (z.B. 1935, 1982a,b) war das Verhältnis noch ausgegli-chen: Beide Komponenten spielen eine gleich wichtige Rolle, problemspezifisch – abhängig von der Gesamtssituation – steht einmal der eine, dann der andere Faktor im Vordergrund. Eine Position, die erst in modernen Handlungstheorien wieder errungen werden kann (vgl. Kuhl 2001, bes. 123ff., Herber 2001, 131ff., 327).

4. Lewin und die moderne Willenspsychologie

4.1 Wurzeln des Volitionskonzepts (der Handlungskontrolle) bei Lewin Mit seiner Unterscheidung von „Bedürfnisgewohnheiten” und „Ausführungsgewohnheiten” hat Lewin (1982a, 45) die Unterscheidung von „Selektionsmotivation” (Motivation sich für eine bestimmte Erlebnis- und Handlungsalternative zu entscheiden) und dem „Willen” die gewählte Handlungsalternative erfolgreich zu Ende zu bringen – das entspricht im Sinne des Kuhl-Programmes der „Handlungskontrollmotivation” (z.B. Kuhl 1983, 2001, Heckhausen & Kuhl 1985, Kuhl & Eisenbeiser 1986, Kuhl 1987, Kuhl & Beckmann 1994a) - nach unserer Auffassung vorweggenommen.

Lewin sieht im Begriff „Wille” vor allem die Funktion der Zielgerichtetheit des Handelns: Wenn – aus welchen Motiven immer – ein Erlebnis- bzw. Handlungsziel ausgewählt worden ist, muss man dieses Ziel festhalten. Es wirkt als Attraktor, eine „Ziel-Zug-Situation” tritt ein. Da jedes Erlebnis- und Verhaltensphänomen - vor allem nach psychoanalytischer und behavi-oristischer Provenienz - durch vergangene Erfahrungen determiniert ist, ging die Psychologie im Sinne von Lewins Diagnose vielfältige Umwege um der besonderen Qualität so einer „Ziel-Zug-Situation” gerecht zu werden (die ein kognitives, konstruktives, gegenüber der konkreten Erfahrung abstrahierendes, dem Lebensraum einer Person in seiner aktuellen Dy-namik Rechnung tragendes Strukturierungsprinzip enthält). Willensphänomene mit ihrer Ge-richtetheit auf mehr oder weniger explizierte Ziele seien doch „zu wichtig, um einfach ver-nachlässigt zu werden. Solange aber die Psychologie im Bann der Dichotomie: entweder ‘Te-leologie’ oder aber ‘Verursachung durch das Vergangene’ stand, schien jenen Psychologen, die von der Bedeutung des Zielsuchens und der Gerichtetheit beeindruckt waren, nichts ande-res übrigzubleiben, als zu einer teleologischen Theorie Zuflucht zu nehmen. McDougall ist ein klassischer Vertreter dieses Weges.” (Lewin 1982a, 67)

Aber auch die Behavioristen konnten – in Konfrontation mit Vorläufern der Kognitions-psychologie – die Zielgerichtetheit und das „Sinnvolle” des Erlebens und Verhaltens nicht einfach ignorieren: „Sie versuchten, Ziele, Absichten und den Willen in ihr System aufzuneh-men, und es ist interessant zu sehen, wie dadurch das Wesen der Assoziationstheorie geändert wurde. Thorndikes Effektgesetz und Achs Begriff der determinierenden Tendenz gehören zu einer Art der Wiederholung, die mit bestimmten Aspekten eines Ziels (das Ziel erreichen oder einen Vorsatz fassen) die Erzeugung einer besonders starken Assoziation verbinden.” (eben-da)

Wie oben ausgeführt (Kap. A.2.2) hat im Rahmen des behavioristischen Paradigmas erst-mals Hull (1930) das Phänomen der Zielgerichtetheit und damit der willentlichen Vornahmen im Lewinschen Sinne erkannt und assoziationstheoretisch zu erklären versucht, indem er die von äußeren Reizen bewirkten, aber innerlich entsprechend rascher ablaufenden Assoziatio-nen zu einem „Reizschema” zusammenfasste, das „innere” Repräsentationen von noch nicht realisierten Zielzuständen zu erkären ermöglicht. Lewin (1982a, 66) hat dies voll anerkannt: 21 Eine differenzierte Analyse geben Herber & Vásárhelyi (2002b).

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„Sogar Theorien, die ursprünglich auf einer Zuordnung isolierter Reize zu isolierten Reaktio-nen abstellten, haben sich in einer Richtung entwickelt, welche” sich dem Prinzip der Feld-theorie „annähert.” Nämlich: „a) Das Verhalten muss aus einer Gesamtheit der zugleich gege-benen Tatsachen abgeleitet werden; b) diese zugleich gegebenen Tatsachen sind insofern als ein ‘dynamisches Feld’ aufzufassen, als der Zustand jedes Teils dieses Feldes von jedem an-dern Teil abhängt. … Ein gutes Beispiel dafür ist die Theorie von Hull, welche eine Reaktion nicht einem Einzelreiz zuordnet, etwa einem visuellen, sondern einem ‘Reizschema’, das Ziel- und Triebreize einschließt.” (ebenda, 65)

Besonders interessant im Sinne von Lewin (1947a) wird es, wenn zwei konkurrierende (sich gegenseitig ausschließende) Motivationstendenzen etwa gleich stark angeregt werden. Es entsteht dann ein Oszillieren zwischen beiden Tendenzen, ein „Verhaltensflimmern”. Le-win postuliert in diesem Falle ein „Einfrieren” (freezing) der Stärken der Motivationstenden-zen, sobald eine von ihnen dominant ist. Das Bild vom Esel zwischen zwei (gleich attrakti-ven) Heuhaufen kann nützlich sein um diese Wurzel der modernen Willensforschung bei Le-win zu skizzieren: Wenn der Esel „zufällig” dem einen Heuhaufen mehr zugewandt ist als dem anderen, dann ist es für ihn „vernünftig” sich in diese Richtung weiter zu bewegen, denn sonst kommt er nie zum Fressen, er verhungert im Oszillieren zwischen den beiden gleich starken Valenzen. Verallgemeinert: So wie man gerade eingestellt ist, bewegt man sich im Sinne der „Trägheitstendenz” der Motivation (Atkinson & Cartwright 1964) weiter. Auf diese Weise wird das „Flimmern” zwischen zwei gleich attraktiven Zielen beendet. Oft kann eine situationsspezifisch zufällige Positionierung, die etwas mehr der einen der konkurrierenden Regionen im Lebensraum zugeneigt ist, genug Impuls für die Trägheitstendenz einer entspre-chenden Lokomotion zur Verfügung stellen. Kognitive Folgenabschätzungen können das Weiterverfolgen des einmal eingeschlagenen Weges (wie immer veranlasst) stützen und durch selektive Wahrnehmung, (auch) bewusstes Abschirmen gegen konkurrierende Valenzen die Erwartung einer Zielerreichung elaborieren und damit letztlich zum befriedigenden Konsum-verhalten (der consummatory reaction à la Hull 1943) führen.

Insgesamt versteht Lewin (z.B. 1926b, 1982a, 45ff.) unter „Wille” eine zielorientierte, ra-tional kontrollierte Beschränkung der motivationalen „Spielräume” (der Verknüpfungsmög-lichkeiten von Valenzen und Erwartungen in einem individuellen Lebensraum), die aber ih-rerseits motivationale Voraussetzungen hat (und damit die rezente Sichtweise von Kuhl 2001, passim, vorwegnimmt).

4.2 Wille, Volition, Handlungskontrolle bei Kuhl Kuhl (1983) hat den Willensbegriff (u.a. in der Tradition von Narziss Ach 1910) wieder zu beleben versucht und – zumindest in dieser ursprünglichen Konzeption - den Wert-Erwartungstheorien der Motivationspsychologie als Alternative bzw. Ergänzung gegenüber-gestellt. Er hat damit ein differenziertes und komplexes Forschungsprogramm begründet, das bis heute fruchtbar weiter betrieben wird (z.B. Kuhl & Beckmann 1994a, Kuhl 1996, 1998a,b, Kuhl 2001). „Wille” oder „Volition” ist – in diesem Sinne – eine selbstbezogene, emotional positiv besetzte, weitgehend kognitiv kontrollierte Zielsetzung, wobei eine einmal fixierte Handlungsabsicht gegen konkurrierende Motivationstendenzen so weit abgeschirmt wird, dass eine befriedigende Zielerreichung möglich ist.

Gleich vorweg: Es scheint uns vertretbar, den Willensbegriff als Oberbegriff der Katego-rien „Wert” (emotionelle Bedürfnisrepräsentation) und „Erwartung” (kognitive Einschätzung der Befriedigungsmöglichkeiten in kurz- oder langfristiger Perspektive) zu verwenden. Es will uns nicht einleuchten, ein „neues” Konstrukt wie „Wille” (volition) als Ergänzungskate-gorie zum Wert-Erwartungsmodell postulieren zu sollen um das reale Zustandekommen von Handlungen erklären zu können. Alle Willensmanifestationen können ohne Problem in Wert-

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und Erwartungskategorien operationalisiert werden (siehe Herber et al. 1988). Damit bewegen wir uns durchaus in der Tradition von Lewin (z.B. Lewin 1926a,b, 1982a,b, Lewin et al. 1944).

Was die Umsetzung einer gegebenen Motivation oder Handlungsbereitschaft in tatsächli-ches Handeln bewirkt, scheint uns – wie bei Kuhl - weniger durch eine geheimnisvolle Wil-lenskraft als durch das aktuell zur Verfügung stehende Erlebnis- und Verhaltensrepertoire eines Organismus erklärbar zu sein. „Handlungsorientierung” bedeutet einfach, dass selbst-ständiges Handeln dem Individuum bisher insgesamt mehr eingebracht hat als Nichthandeln. Entsprechend umgekehrt verhält es sich bei „lageorientierten” Personen, sieht man einmal von der mehr oder weniger zur Verfügung stehenden Energie (Alter, Ernährungsbedingungen, Krankheiten, etc.) und allfälligen genetischen Präformationen ab.

„Handlungsorientierung” bedeutet eine aktive Einstellung, charakterisiert also „Tatmen-schen” (vgl. Goethes Faust: „Am Anfang war die Tat!”). „Lageorientierung” meint ein reflek-tierendes Verharren in der gegenwärtigen Lage, ist also eher dem Grübeln und Träumen ver-wandt (vgl. Shakespeares Hamlet: „Von des Gedankens Blässe angekränkelt ...”).

Kuhl (1983, 1987) wendet sich gegen die weitverbreitete Motivationsdoktrin, wonach das Versagen einer Person primär in ihrer mangelnden Motivation zu suchen sei, wenn sie über ausreichende kognitive Fähigkeiten und motorische Fertigkeiten verfügt. Mißerfolgsangst könne zusätzlich darin begründet sein, dass es dieser Person nicht gelänge ihre aufgabenbezo-gene Motivation und entsprechende Tätigkeiten gegen alternative Motivationstendenzen ab-zuschirmen, wie etwa gegenüber der Beschäftigung mit vergangenen Mißerfolgen oder den Anreiz einer neuen Aufgabenstellung. Zur Erfassung dieser motivationalen Kontrollmecha-nismen hat er ein zunehmend komplexer und differenzierter werdendes Willensmodell entwi-ckelt (z.B. Kuhl 1983, 1987, 2001, Kuhl & Beckmann 1994a). Zumindest in den Fassungen der 80-er Jahre22 kontrolliert eine Art Willensinstanz den Verlauf von Motivation und Durch-führungshandlung. Der Wille als eine Art Homunkulus hält Motivation und Handlung auf der richtigen Bahn, indem er etwa am „Motivationsrädchen” so lange dreht, bis bei absinkender Motivation wieder eine ausreichend hohe Handlungsbereitschaft hergestellt ist. Dazu genügt im Handlungskontrollsystem der einfache mechanische Befehl: „Erhöhe Realisationsmotiva-tion” (z.B. Kuhl 1983, 306).

Wie soll das geschehen? Am Leitfaden von Kuhl (1987) stellen wir – im Sinne Lewins -folgende Fragen bzw. Behauptungen auf und diskutieren kritisch die von Kuhl in dieser Schrift gegebenen, programmatischen Antworten23: 1. Was leisten Willensprozesse?

Sie dienen der Abschirmung aktueller Handlungsabsichten gegenüber konkurrierenden Motivationstendenzen. Willensprozesse haben eine motivationale Stabilisierungsfunktion, der Mensch wäre sonst handlungsunfähig angesichts der vielen positiven und negativen Valenzen in seinem Lebensraum. Er ist „permanent von einer Vielzahl von Wünschen, Neigungen und Handlungsimpulsen belagert.” (Kuhl 1987, 104)

In diesem Zusammenhang stellen sich eine Reihe von Fragen, z.B.: In welchen Situatio-nen gelingt die Stabilisierung einer Motivation bzw. Handlung wie gut und warum? M.a.W.: 22 Mit zunehmender Entwicklung des Kuhl-Programms ist die Willensinstanz funktionsanalytisch differenzierter

und komplexer geworden, doch sie ist als übergeordnete Schaltzentrale weiterhin von entscheidender Bedeu-tung: „Den Willen habe ich in den vorigen Kapiteln als eine Art Koordinationszentrale beschrieben, die – aus-gehend von der höchsten Repräsentationsebene eigener Bedürfnisse, Gefühle, Ziele etc. – sozusagen ‚von o-ben nach unten’ elementare Systeme (Temperament, Affekte, Verhaltensroutinen, Objekterkennung) so koor-diniert, dass die Umsetzung entsprechender selbstgewollter Ziele optimiert wird.“ (Kuhl 2001, 139f.)

23 Unter zusätzlicher Berücksichtigung von Kuhl 1983, 186ff., Heckhausen & Kuhl 1985, Schmalt 1986, 54ff., 94ff., Herber et al. 1988, Kuhl & Beckmann 1994, Herber 1998a, 13ff., Kuhl 2001, 129ff., 139ff., 695ff., Rheinberg 2002, 170ff.

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Welche motivationalen Funktionen (neben anderen) bedingen ihrerseits die „volitionale” Sta-bilisierungsfunktion? Kann dies im Rahmen von bekannten Motivationsparametern (überdau-ernde Motive, Trägheitstendenz der Motivation, gegenwärtige vs. zukünftige, vorgestellte Anreize, kurz- bzw. langfristige Erfolgserwartungen, etc.) nicht erklärt werden? Sind Wil-lensprozesse im Vergleich zu Motivationsprozessen eher der Realitäts- als der Irrealitätsebene sensu Lewin (1969, 208ff.) verpflichtet, kann man „Realität“ kognitiv beliebig strukturieren, gestalten, etc.? Kuhl lässt dies offen. Seine Aufmerksamkeitskontrolle, die Informationen ausblendet, die nicht der aktuellen Zielerreichung dienen, kann sowohl bewusst gesteuert als auch automatisch und somit unbewusst vor sich gehen. Unter welchen Bedingungen gilt was? Wann schützt eine rational konstruierte Zielsetzung mit entsprechenden Folgenabschätzungen die zieldienlichen Handlungsimpulse vor Ablenkung durch konkurrierende Valenzen im Le-bensraum sensu Lewin, inwiefern sind – situationsspezifisch - eher Gewohnheitsbildungen dafür verantwortlich oder gar Freudsche Abwehrmechanismen, die dem Ich „Scheuklappen” verpassen, damit die Realität nur eingeschränkt wahrgenommen werden kann, indem alles verdrängt wird, was das rationalistische Selbstkonzept gefährden könnte (vgl. dazu McClel-land et al. 1989). Sind Motivationen mehr feldabhängig24 als Willensprozesse? 2. Wie werden Willensprozesse in Gang gesetzt?

Der aktuelle, motivationale Zustand ist stets durch mehrere konkurrierende Motivations-tendenzen unterschiedlicher Stärke charakterisiert (vgl. Freuds Prinzip der Ambivalenz jegli-cher Person-Umweltbeziehung, Lewins Konfliktmodell (z.B. 1931, 1982b, 184ff.), das darauf aufbauende Approach-Avoidance-Modell von Miller, 1944, etc.). „Entgegen einer allseits akzeptierenten motivationstheoretischen Grundannahme (Atkinson & Birch, 1970) nehme ich nicht an, dass zu jedem Zeitpunkt die jeweils stärkste Motivationstendenz ausgeführt wird.” (Kuhl, 1987, 105)

Nach Kuhl steht einer katastatischen Tendenz eine metastatische gegenüber. Erstere kann man als eine Art Handlungsschwelle interpretieren, die durch die jeweils dominierende Moti-vation oder Handlungsstendenz überschritten werden muss, damit die entsprechende Motiva-tion das dazu passende Verhalten bewirkt. Das Besondere der Willensfunktion oder (kogniti-ven) Handlungskontrollmotivation sollte aber in der „metastatischen“ Tendenz erkennbar werden: „Diese Tendenz ist auf die rasche Ausführung einer Motivationstendenz ausgerichtet. Dieses Ziel kann dadurch erreicht werden, dass eine der konkurrierenden Motivationstenden-zen (z.B. die momentan stärkste oder die, für die eine Selbstverpflichtung (commitment) vor-liegt), gegenüber allen anderen abgeschirmt und aktiv gestärkt wird. Demnach entspricht die metastatische Tendenz dem Konzept der Willensfunktion.” (ebenda)

Diese Annahmen sind motivationspsychologisch nicht problemlos hinzunehmen. Da soll es z.B. möglich sein, eine derzeit nicht dominante Motivation in Handlung umzusetzen, weil eine „Selbstverpflichtung” vorliegt und somit eine Art Kantischer Willensentschluss zur Pflichterfüllung sich „selbst” gegenüber nach Verwirklichung drängt. Wer ist dieses „Selbst”? Eine Art Homunkulus aus philosophisch-theologischer Vorzeit? Psychologische Konzepte, wie „Gewohnheitsbildung”, „Perseveration”, „motivationale Trägheitstendenz”, „Ausdauer”, „Konzentration”, „Selbstkonzept”, „Reaktanz” und vor allem die Probleme der Erwartungs-bildung und kognitiven Folgenabschätzung müssten – „gewichtet“ mit antizipierten, zukünfti-gen Valenzen sensu Lewin - herangezogen werden um die Abschirmung eines augenblicklich schwächeren Reizes gegenüber einem aktuell stärkeren erklären zu können. Da sich – bezo-gen auf welchen Planungshorizont auch immer – nur die höchste Produktsumme aus Wert- und Erwartungskomponenten im gegenwärtigen Entscheidungsprozess durchsetzen kann (vgl. 24 Feldabhängigkeit bedeutet, dass die Wahrnehmung und (kognitiv-emotionale) Verarbeitung von Einzelheiten

stark von den umgebenden Reizen, dem „Feld” beeinflusst wird. Bei Feldunabhängigkeit sind die Kontextein-flüsse geringer (z.B. Witkin et al. 1962).

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Raynor 1974, Raynor & Rubin 1974), müssen neben Gewohnheitsbildungen im Sinne der habit-formation von Hull (1930) und Skinner (1973) kognitive Konzepte, wie z.B. Vorstel-lungen zukünftiger Verstärkungsmöglichkeiten, als Bedingung der Möglichkeit von gegen-wärtigen Handlungskontrollen miteinbezogen werden. Im Sinne der ständigen (Re-)Kon-struktion des Lewinschen Lebensraumes können auch weit in die Zukunft reichende Antizipa-tionen von Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten Erwartungsänderungen und Veränderungen der Valenzen bewirken (und aktuelle Anreize positiv oder negativ interferieren). Das wäre eine mögliche feldtheoretische Interpretation des Willenskonzepts nach Lewin (z.B. 1926b, 75ff.).

Wenn die These fallengelassen werden könnte, dass eine metastatische Tendenz „per se”, also quasi auf Knopfdruck oder „reinen” Willensentsentschluss – ohne kurz-, mittel- oder langfristige Folgenabschätzung und damit verbundene aktuelle Wert-Erwartungs- bzw. An-spruchsniveaubildung sensu Lewin – eine aktuelle, subdominante Motivation gegen eine do-minante Motivation, die noch dazu im gegebenen Zusammenhang die Handlungsschwelle schon erreicht bzw. überschritten hat, „durchzuboxen” im Stande ist, dann könnten Kuhls 3. Determinanten der metastatischen Tendenz (Kuhl 1987, 106) als Operatoren der Verände-rung des Dominanzgefälles motivationaler Tendenzen aufgefasst werden, die mit anderen Ergebnissen der Aktivierungs- und Motivationsforschung übereinstimmen und auf diese Wei-se gestützt werden können.

Die Determinanten im einzelnen: (1) Die bereits verstrichene Passiv- oder Latenzzeit: Je länger eine Person passiv ist, d.h. keine der konkurrierenden Motivationstendenzen ausführt, um so mehr steigt die metastatische Tendenz an. Frage: Kann man wirklich völlig passiv, quasi motivationslos sein, sind nicht immer Bedürfnisse mehr oder weniger offen, unbefriedigt, z.B. solche nach Entspannung, Regression, Erholung, Schlaf, etc.? Wo „fangen“ nach Kuhl Motivationen „an“? Bei Hemmungen, Unterdrückungen: Sind nicht ständig Ersatzbefriedigungsmechanismen à la Freud/Lewin am Werk, etc.? (2) Die Höhe der Handlungsschwelle: Eine besonders hohe Handlungsschwelle führt zu einer gegen-regulatorischen Erhöhung der metastastischen Tendenz. Die Beschränkung der eigenen Handlungs-möglichkeiten führt zu dem, was Brehm (1966) mit „Reaktanz” beschrieben hat – eine Tendenz, verlo-rene Freiräume des Erlebens und Handelns wieder zurück zu erobern. Die vorliegende These könnte also durch die Reaktanztheorie gestützt und elaboriert werden. Im Übrigen ist diese These durch die Leistungsmotivationsforschung hinreichend gestützt: Erfolgsmotivierte werden erst richtig aktiv, wenn mittlere (Erfolgswahrscheinlichkeit = .50) bis leicht überhöhte Schwierigkeiten (mit entsprechenden Erfolgswahrscheinlichkeiten von .40 bis .30) zu überwinden sind (vgl. Heckhausen 1968, Herber 1976, 78f., Astleitner & Herber 1993). (3) Bei quantitativer und qualitativer Ähnlichkeit der konkurrierenden Handlungstendenzen kommt es zu einer (übersteigerten) Polarisierung dieser Tendenzen (Beckman & Kuhl 1984), verbunden mit einer gegenregulatorischen Erhöhung der metastatischen Tendenz im Sinne der Wiedergewinnung des Gefühls der Selbststeuerung und Selbstkompetenz des eigenen Handelns (Brehm 1966). So kann eine motivationale Pattsituation verhindert oder wieder aufgelöst werden (vgl. das Lewinsche Einfrieren der gerade noch dominanten Handlungstendenz um ein ständiges motivationales „Flimmern” hintan zu halten, das einen hohen Spannungzustand ohne produktive Energieumsetzung im Erleben und/oder Handeln bewirkt, der zur Erschöpfung und Inaktivität des Organismus führen kann – bei gleichzeitig hoher Anreizwirkung der konkurrierenden Motivationen (z.B. Lewin 1947a). (4) Die Stärke sozialen Drucks gegen die Ausführung der Handlungsabsicht erhöht ebenfalls die meta-statische Tendenz. Das Individuum will sich den Freiraum seiner Selbstverwirklichung nicht be-schränken lassen (vgl. Brehm 1966, siehe auch Herber 1972, 173ff., 1979, 122ff., Kuhl 2001, 267ff., 754ff., etc.). (5) Das Vorliegen eines lageorientierten Zustandes (gelernte Hilflosigkeit, Depressivität) kann – bei entsprechend ausgeprägtem Anspruchsniveau (vgl. Phares 1972, 466f.) – eine gegenregulatorische Erhöhung der metastatischen Tendenz bewirken („manischer” Aktivitätsdrang), um eine Lähmung der Exekutive zu verhindern. So lange aber dabei die übersensible Reaktion auf alle Arten von Reizen

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nicht aufgegeben werden kann (vgl. Kuhl 1994, 35ff.) – z.B. durch gezieltes, kontrolliertes Nichtbe-achten von zielirrelevanten, konkurrierenden Reizen (z.B. Kuhl & Helle 1994, 285ff.) – wird der über-steigerte Aktivitätsdrang in sich zusammenbrechen (analog einem Computerabsturz als Ausdruck ei-ner Überlastung des Arbeitsspeichers) und erst recht in Handlungspassivität münden. Kuhl & Eisen-beiser (1986) sowie Kuhl & Beckmann (1994b) konnten darüber hinaus zeigen, dass sich Lageorien-tierte wesentlich weniger leicht von einer langweiligen, monotonen Tätigkeit lösen konnten als Hand-lungsorientierte, wenn die Gelegenheit dazu (experimentell) angeboten wurde (ähnlich verhalten sich Misserfolgsängstliche, z.B. Feather 1966, 139). (6) Schließlich kann die metastatische Tendenz auch durch ein hohes Ausmaß an Handlungsorientie-rung gestärkt werden, was einer Zirkeldefinition gleichkommt: „... action orientation is described as the ability to facilitate the enactment of context-adequate intentions by activating the metastatic mode of control ... whenever it is appropriate.” (Kuhl 1994, 10) 4. Durch welche Prozesse werden Willensfunktionen vermittelt (nach Kuhl 1987, 107f.)?

Je stärker die metastatische im Vergleich zur katastatischen Tendenz ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine oder mehrere der folgenden Strategien aktiviert werden: (1) Die Aufmerksamkeitskontrolle, d.h. das bewußt gesteuerte oder durch automatische Aufmerksam-keitsfilter vermittelte Ausblenden von Informationen, die absichtswidrige Motivationstendenzen stüt-zen. (2) Die Motivationskontrolle, d.h. die gezielte Steigerung der eigenen Motivation, die aktuelle Absicht auszuführen (d.h. man dreht so lange am Motivationsrädchen, bis die gewünschte Aktivierung und Stimmungslage da ist). (3) Die Emotionskontrolle, d.h. die Beeinflussung eigener Gefühlslagen, die die Handlungskontrollef-fizienz steigern, z.B. durch das „Herbeiführen” eines entspannten, zufriedenen Zustandes oder durch das Meiden trauriger Gefühlslagen (Kuhl 1987, 108). (4) Die handlungsorientierte Bewältigung von Mißerfolgen durch Ausschöpfen des eigenen Hand-lungsrepertoires bei Mißerfolg und durch Abstandnehmen von unerreichbaren Zielen. (5) Die Umweltkontrolle durch Veränderung der eigenen Umgebung in einer Weise, die das Durchhal-ten der aktuellen Absicht fördert. D.h. ich kann mich dem Anreizwert konkurrierender Verstärker ent-ziehen und in meiner Umwelt nur Verstärker zulassen, die ein aktualisiertes Motiv kontinunierlich oder intermittierend befriedigen. Wie soll das funktionieren? Bei Kuhl (1987) ist es einfach ein „Wil-lensentschluss”. Im Sinne von Wert- Erwartungen müssen allerdings erst ensprechende Wertvorstel-lungen in Kombination mit kurz- oder langfristigen Erwartungen generiert werden (indem man z.B. aus dem Gedächtnis gespeicherte Vorstellungen von Anreizen, Verstärkermöglichkeiten, Handlungs-Ergebnis-Folge-Erwartungen bzw. Situations-Ergebnis-Folge-Erwartungen im Sinne von Heckhausen 1977 abruft, die der aktuellen Reizeinwirkung „Paroli” bieten können). (6) Die Sparsamkeit der Informationsverarbeitung (Encodierungskontrolle) durch Vermeiden über-mäßig langen Abwägens von Handlungsalternativen, woduch das Risiko erhöht werden kann, dass eine extern gesteuerte Handlungstendenz ausgeführt wird. „Wer sich nicht entscheiden kann, welche seiner eigenen Handlungstendenzen er ausführen soll, führt schließlich eine von einer anderen Person angeregte Handlung aus.” (Kuhl 1987, 108)

Nach Kuhl (1983, 305) fungieren in so einem Fall „externe” Handlungsalternativen als handlungs-hemmende Informationen, nicht als Anreize und (kreative) Differenzierungsmöglichkeiten zur öko-nomischeren und sichereren Erreichung eines (komplexen) Handlungszieles. Es gibt aber viele Fälle menschlichen Wollens, wo der Weg (auch der Weg des optimalen Kontrollierens) noch nicht festge-legt werden konnte und z.T. erst „gefunden” werden muss.

Die von Kuhl geforderte Encodierungskontrolle muss im Rahmen der zielerreichenden flexibleren Gesamtstrategie ihrerseits kontrolliert werden, soll nicht eine zwanghafte Fixierung auf langzeitge-speicherte Verhaltensgewohnheiten eintreten. In jedem Handlungsabschnitt bedarf es komplexer Er-wartungseinschätzungen und der damit zusammenhängenden, ständigen Kurskorrekturen, um eine Gefährdung der Zielrealisierung oder unökonomischen Mehraufwand zu vermeiden (vgl. die Notwen-digkeit der situativen Erarbeitung von Spezifikationsregeln auch bei – an sich richtigen – Rahmenkon-zepten, vgl. Holland et al. 1986, Stegmüller 1986, Hintikka 1992, Herber 1996a,b). Bei schnellem, scheinbar sicherem Draufloshandeln ohne Offenheit gegenüber einer nie voll erfassbaren Außenwelt

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würde – mindestens längerfristig – Lageorientierung auf Kosten von Handlungsorientierung entste-hen).

Kuhl (1994) hat inzwischen in den Begriff „Volition” neben den Handlungskontrollfunk-tionen (Punkte 2 bis 5 der folgenden Übersicht) auch das zentrale Charakteristikum der Selek-tionsmotivation (Punkt 1) integriert und damit den Willensprozess zum „Superparadigma” der Motivationstheorien gekürt: „At least five volitonal functions may be distinquished: (1) initia-tion of a non-automatic activity (initiative), (2) maintenance of delayed action tendencies, superordinate goals and subgoals (planning), (3) inhibition of competing action tendencies (impulse control, e.g. resistance to temptation or to a strong habit, response alternation), (4) selective processing of relevant information (attention control), and (5) readjustment of global arousal. These volitional functions seem to be supported by distinct brain areas ...” (Kuhl 1994, 10)

Zu Recht wird von der Volitionsforschung an den traditionellen Formulierungen der Wert-Erwartungstheorie in vieler Hinsicht Kritik geübt: Kuhls (1983, 86ff.) Vorschlag, statt strin-genter mathematischer Interaktionspostulate von Wert und Erwartung (vgl. Atkinson 1957, Atkinson & Feather 1966), deren Präzisionsanspruch weder inhaltlich-theoretisch, noch mess-theoretisch entsprochen werden kann, aussagenlogische Verknüpfungsmodelle zu erproben, stimmen wir zu und halten dies für einen innovativen Weg aus der Sackgasse vorschneller Mathematisierung (zur Kritik an – bezogen auf psychologische Phänomene - simplifizieren-den mathematischen Formulierungen des Atkinsonmodells siehe Herber 1976, 68ff.). Kuhl und Blankenship (1979, 1986) haben außerdem eindrucksvoll aufgezeigt, dass die ursprüngli-che Fassung des Atkinson-Modells (1957) bestenfalls für leistungsbezogene Wahlentschei-dungen in „short-time episodes”, kaum aber realen, längerfristigen Motivationsbedingungen entspricht (vgl. dazu Blankenship 1985; siehe auch Atkinson 1974, Raynor 1974, Raynor & Rubin 1974, Herber 1976, 1979). Auch Lewin (z.B. 1969, 1982a) hat immer wieder vor vorei-ligen mathematischen Formalisierungsversuchen gewarnt.

Andererseits: Vorstellungen vom ständigen Ineinanderfließen verschiedenerer Wert- und Erwartungsvorstellungen (vgl. den „Strom des Bewußtseins” von James 1909, 148) wurden im Sinne von „Mechanismen” des sich gegenseitig Verstärkens, Unterdrückens, Hemmens, Ersetzens, Kompensierens, etc. (vgl. Herbart 1903, Freud 1936, Lewin 1935, 1982b) in der „Dynamischen Handlungstheorie” von Atkinson & Birch (1970) in hervorragender Weise mathematisch erfaßt25. Mit Hilfe dieses Modells kann z.B. das Aufsteigen eines Motivs zur Handlungsdominanz sowie sein Absinken exakt berechnet werden. So kann z.B. ein schwa-ches Motiv – zeitlich begrenzt – zum stärksten werden, wenn sich zusammen mit ihm bisher nicht befriedigte Motivationsbeträge – z.B. aufgrund analoger Enstehungsbedingungen – auf-kumulieren. Kuhls Willenstheorie stellt sich dabei als eine Art metakognitive Wissens- oder Reflexionstheorie über motivationale Vorgänge heraus, indem - regulaltiv - mittels erfah-rungsbezogener Erwartungsbildungen selbst-stabilisierende, situationsübergreifende, etc. Steuerungsprozesse im dynamischen Auf- und Ab der Motivationsverläufe ermöglicht und bewußterem Eingreifen (oder sonstigen Regelungsprozessen) zugänglich werden. Zu viel Handlungskontrolle (reflexive Selbststeuerung) führt allerdings u.U. zur Verhaltensrigidität und mangelnder Situationsanpassung (Kuhl 1994, 27, 2001, 733ff.). Darüber hinaus sollten u.E. empirische Untersuchungen zu Perseverationsphänomenen, zur Konzentration und Aus-dauer (siehe z.B. schon Feather 1966) im Zusammenhang mit „dem“ Willensproblem syste-matische Berücksichtigung finden.

Einige implizite Annahmen des Kuhlschen Willensmechanismus (man dreht so lange am 25 Mit diesem bahnbrechenden Versuch der mathematischen Fassung einer allgemeinen Handlungstheorie auf

motivationspsychologischer Grundlage werden wir uns im zweiten Teil unserer Lewin-Trilogie auseinander setzen (Herber & Vásárhelyi 2000b).

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Rädchen, bis die passende Motivation eingestellt ist, vgl. bes. Kuhl 1983, 1987), haben zwei-fellos einen Vorläufer im Lewinschen Postulat (1947a) des „Einfrierens” der gerade dominan-ten Handlungstendenz (einer spezifischen Valenz-Erwartungskonfiguration) bei Oszillation von zwei oder mehreren konkurrierenden Motivationslagen (besonders wenn diese einander ähnlich, schwer zu unterscheiden sind): „Kurt Lewin ... postulated a ‘freezing mechanism’ for maintaining a sufficient discrepancy in attractiveness between chosen and rejected action al-ternatives. The Beckmann and Kuhl (1984) study mentioned above showed that action-oriented individuals employ a strategy of ‘spreading apart of alternatives’ (divergency effects) in order to generate a clear-cut decision structure which facilitates the decision.” (Beckmann 1994, 160).

Lewins Neigung zu formalen Darstellungsweisen erleichtert die Etablierung eines Mecha-nismus zur Beibehaltung/Abschirmung einer – wie immer (bewusst, unbewusst, zufällig) – selektierten Motivation. Erste Ansätze dazu finden sich in Lewin 1926b, wo er das Problem der bewussten bzw. unbewussten Aufrechterhaltung bestehender Spannungsfelder in entspre-chenden Vorsatzbildungen behandelt: Wenn man Vorsätze elaboriert, also genau festlegt, unter welchen Bedingungen eine Umsetzung in entsprechende Handlungsweisen am erfolg-reichsten zu werden verspricht, setzt beim Eintreten dieser Bedingungen die Handlung wie von selbst ein. Man kann sich quasi selbst auf bestimmte Auslösebedingungen hin program-mieren, also auf kognitive Weise Handlungseinstellungen vorbereiten, die in ihrer Wirksam-keit der unbewussten Auslösung einer gelungenen (unbewussten) habit-formation im Sinne von Hull (1943) gleichkommen.

Als Kuhl zu Beginn der 80-er Jahre sein Programm begann, war der Verdacht nicht unbe-gründet, dass er weitgehend den alten Wein der elaborierten Leistungsmotivationsforschung in die neuen Schläuche seines Willenskonzepts goss: Seine neuen Konstrukte „Lageorientie-rung” und „Handlungsorientierung” konnten im Wesentlichen durch die komplexen und diffe-renzierten Konstrukte „Furcht vor Misserfolg” und „Hoffnung auf Erfolg” der Leistungsmoti-vationstheorie fundiert werden (vgl. Herber et al. 1988). Spätestens seit Kuhl und Beckmann (1994) scheint uns die Lage umgekehrt zu sein: Die eher stagnierende Forschung im Bereich der Leistungsmotivation scheint nun weitgehend in das immer komplexer und differenzierter werdende Theoriennetz der Volitionsforschung integrierbar, ganz konkret: Hoffnung auf Er-folg und Furcht vor Misserfolg sind zu Modulen der Theorie der Handlungs- und Lageorien-tierung geworden. Offensichtlich kommt es in der konkreten theoretischen und empirischen Forschungsarbeit nicht so sehr darauf an, unter welcher sprachlichen Etikette die Forschungs-arbeit vorangetrieben wird, sondern auf deren theoretischen und empirischen Gehalt (vgl. bei-spielgebend Kuhl 2001). Forscher schlagen gewisse Sprachzeichen vor, die Strukturen und Funktionen umschreiben sollen, deren Bedingungssatz die beobachtbaren Phänomene zu er-klären im Stande sein sollten. Mehr ist nicht zu erwarten. Die angetroffene Wirklichkeit of-fenbart ihr „Wesen” nicht von sich selbst, sie spricht erst zu unserem Bewusstsein, wenn wir ihr die richtigen Worte in den Mund legen, deren Sinn von der Gemeinschaft von Forschern vereinbart werden muss, sollen wir die gestellten Fragen an „die” Realität sowie die dazu er-arbeiteten Antworten verstehen.

4.3 Ein Sonderproblem der Willenspsychologie: Das Aufgeben von Zielen Ein „verdrängtes” Problem der Willensforschung von Lewin (1926b) bis zu Kuhls Programm der Volitionsforschung soll nicht unerwähnt bleiben: das Aufgeben einer zielkontrollierten Willenshandlung, die theoretische und empirische Elaboration von Abbruchkriterien, wenn „sich das Streben nach Erfreulichem in Vermeiden von Unerfreulichem verkehrt” (Brandstät-ter 1998, 51). Gemeint ist „das in verschiedenen Lebensbereichen beobachtbare Phänomen, daß sich Personen unter bestimmten Bedingungen nur schwer von einem unbefriedigenden

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oder aussichtslosen Ziel lösen können.” (ebenda) Bei aussichtslosen Zielen steht nach einer Phase hoffnungsvoller Zielannäherungsversu-

che, dem Streben nach positiven Aspekten, mehr und mehr das Vermeiden negativer Konse-quenzen des Zielabbruchs im Vordergrund, was der Vermeidungsstrategie der überwiegend Misserfolgsmotivierten der klassischen Leistungsmotivationsforschung entspricht (z.B. Heck-hausen 1963, 1989).

Vermeidungsziele sind sicher auch im Sinne der Kuhlschen Handlungskontrolle problematisch, da eine Person in diesem Zusammenhang ständig etwas tut um die negativen Konsequenzen eines Zielabbruchs zu vermeiden, ohne sich dabei dem ursprünglich positiv besetzten Ziel noch annähern zu können (vgl. Carver & Scheier 1981, 1990). Man macht sozusagen endlos weiter, die Entfernung zum – inzwischen aversiv gewordenen – Ziel ist beliebig vergrößerbar, ohne dass es ein klares Stoppkriterium gibt, da man weiterhin und u.U. in zunehmendem Maße – durchaus im Sinne der intermittierenden Verstärkung von Skinner (1973, 100f.) – die negativen Konsequenzen des Zielabbruchs vermeiden möchte (um etwa nicht alle bisher getätigten Investitionen verlieren zu müssen).

Nicht direkt angesprochen, aber implizit-passim enthalten ist das geschilderte Problem in verschiedenen Publikationen zum Forschungsproblem der Lageorientierung, so weit das Prob-lem der nicht gelingenden Lösung von nicht realisierbaren Zielvorstellungen thematisiert wird (z.B. Kuhl 1981, 1983, 2001, Heckhausen & Kuhl 1985, Kuhl & Beckmann 1994a). In diesen Zusammenhängen könnte eine fruchtbare Weiterentwicklung des Kuhl-Programmes zur Ex-plikation (person- und situationsspezifischer) Abbruchkriterien angeregt werden.

4.4 Abschließender Exkurs: Zum Problem „Willensfreiheit” Fürs Erste meint man im Alltagsdenken über Willensfreiheit eine merkwürdige Paradoxie zu entdecken: Willensfreiheit bedeutet, dass jeder Willensentschluss „frei” von irgendwelchen Einflüssen erfolgt. Der Wille wäre frei von einem bestimmten Situations- und Handlungs-zwang, von eigenen früheren oder gegenwärtigen sowie fremden Handlungen, eine Handlung wäre aber nicht frei von einem bestimmten Willen, sondern von diesem verursacht, „verant-wortet”.

Welche „ontologischen” Spekulationen auch immer angestellt werden mögen, das ent-scheidende Kriterium für „Willensfreiheit” scheint uns ein methodologisches zu sein (vgl. z.B. Popper 1979, 389ff.): Jedes konkrete „Stück Wirklichkeit”, jedes individuelle Objekt oder Ereignis kann grundsätzlich von beliebig vielen theoretischen Gesichtspunkten beschrie-ben und erklärt werden. Da niemals alle möglichen theoretischen Betrachtungsweisen metho-dologisch entsprechend operationalisiert werden können, bleibt für das nach Erkenntnis stre-bende Individuum immer ein gewisser Spielraum. Auch die bewährteste Theorie läßt der Wirklichkeit, auf die sie sich bezieht, unendlich viele Freiheitsgrade, das feinmaschigste Beo-bachtungsnetz kann nicht alle Aspekte erfassen: Willensfreiheit ist somit eine Metapher für individuelle Ereignisse, die wegen unserer theoretischen und methodologischen Beschränkt-heit hinsichtlich ihrer Verursachung (und somit auch hinsichtlich ihrer psychologischen Moti-vation) grundsätzlich nicht voll aufgeklärt werden können.

Damit ist auch das Dilemma der Fallstudien, der „reinen Fälle” von Lewin angesprochen (siehe oben Kap. B.7). Der Einzelfall in pädagogischer oder psychotherapeutischer Hand-lungsabsicht ist nicht streng deterministisch (als Einsetzungsinstanz in ein universalistisches Gesetz) zu fassen. Trotzdem können Theorien hilfreich sein. Strukturalistisch gesehen (z.B. Sneed 1976, Stegmüller 1986), ist jeder Forscher in der Generierung seines Methodenkanons gewissen theoretischen Basiselementen verpflichtet. Nicht unähnlich entwickelt der pädagogi-sche und psychologische Praktiker seine Vorgangsweisen auf Basis von Grundüberzeugungen seiner „Schule“. Er spezialisiert („verknüpft”) diese Grundannahmen für bestimmte Problem-

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stellungen und erweitert diese Prinzipien über Analogieschlüsse um einer bestimmten indivi-duellen Anwendung gerecht werden zu können (vgl. Herber 1996b, Kolodner, 1997, Herber & Vásárhelyi in Vorb.). Lewins „reine Fälle” sind somit sehr nützlich das praktische Handeln an Ankerbegriffen und prototypischen Strukturen zu orientieren. So kann im „situationsspezi-fischen Chaos” doch einigermaßen der Überblick gewahrt und die Zielorientierung des Erle-bens, Denkens und Handelns aufrecht erhalten werden.

Dass Willensprozesse „bewusstseinspflichtig“ seien – eine wesentliche Voraussetzung für ein rational begründbares Postulat der „Willensfreiheit“ – weist Kuhl (2001, 733ff.) mit einer eindrucksvollen Analyse wissenschaftlicher Belege zur Selbstmotivierung und –regulation zurück. Damit wird die mit dem Willenskonzept von vielen (seit Ach 1910) – gegenüber be-haupteten Motivationszwängen – erhoffte Vermehrung von Freiheitsgraden der Handlungs-steuerung massiv in Frage gestellt. Auch diese Position wurde von Lewin (z.B. 1926a,b, 75ff., 1969, 209ff.) argumentativ früh belegt. In Analysen relevanter Motivationstheorien haben auch wir (Herber et al. 1988) seinerzeit mit dem Symposiumspapier „Keep Kuhl“ schon in den volutionspsychologischen Anfangszeiten unserem Zweifel an der damals dominierenden „willkürlichen“ (vorwiegend rational steuerbaren) Machbarkeit effektiver Handlungskontroll-prozesse Ausdruck verliehen. Der Weiterentwicklung des Kuhl-Programms kann auch in die-ser Hinsicht – nicht zuletzt in Rückbesinnung auf Lewins Position – mit Interesse entgegen-geblickt werden.

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