HerausforderungMarktchancen Wandel im PKW-Antriebsstrang

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Das Antriebskonzept der Zukunft ist für alle Kundenkreise und Fahrzeugklassen bislang noch nicht gefunden. Die alternativen Antriebe (Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenantrieb) haben im Vergleich zu den konventionellen An- trieben mit einem Verbrennungskraftmotor noch immer mit bekannten Problemen wie der Energiespeicherung, der fehlenden Tank- stelleninfrastruktur und erhöhter Produktions- kosten zu kämpfen. Ebenso gilt es in der heuti- gen und noch stärker in der zukünftigen Ge- sellschaftsstruktur unterschiedliche Mobilitäts- bedürfnisse zu befriedigen. Aktuell sind nahezu 100 Prozent der weltweit verkauften Pkws mit einem konventionellen Verbrennungskraftmotor (VKM) ausgestattet. Hierzu zählt neben den gängigen Otto- und Dieselfahrzeugen auch die Klasse der VKM, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden (zum Beispiel Erdgas, Ethanol oder Biodiesel). Der prozentuale Anteil dieser Fahrzeuge mit al- ternativen Kraftstoffen ist jedoch vernachläs- sigbar. Die Automobilhersteller und deren Zu- lieferer sind auf die Bearbeitung dieses konven- tionellen Antriebsstrangs, der eingesetzten Guss- und Aluminiumwerkstoffe und Werk- stückgrößen in den heute benötigten Stückzahlen spezialisiert. Trotz aller Euphorie für den Elektroantrieb, die Brenn- stoffzelle oder den Hybrid darf man nicht übersehen, dass der konventionelle Antrieb noch die nächsten Jahre der Standard im PKW sein wird. Deshalb ist die Entwicklung im Bereich des VKM noch keinesfalls ab- geschlossen. Aktuell zeigt sich beim VKM ein deut- licher Trend hin zu kleinen aufgeladenen Motoren. Bei dem unter Downsizing be- kannten Prinzip wird der Hubraum des VKM redu- ziert. Einem Leistungsver- lust beugt man durch die Erhöhung des Verbren- Veränderung des Pkw-Antriebsstrangs in der Zukunft. Quellen: BMW, Daimler, GM, Adam Opel AG, VW Wandel im PKW-Antriebsstrang: Auswirkungen auf Produktionskonzepte Herausforderung Marktchancen FORUM Marktchancen… » Der Antriebsstrang eines Pkws (englisch Powertrain) wird sich in der Zukunft drastisch verändern. Die Endlichkeit von fossilen Rohstoffen wie Erdöl und -gas sowie die Forderung nach einer Emissionsreduzierung stehen hierbei im Zielkonflikt mit den weiterhin steigenden Mobilitäts- bedürfnissen der Gesellschaft. Dieser Artikel gibt einen Überblick zu den derzeitig in Frage kommenden Konzeptlösungen und den geplanten Strategien der Anwender. Auswirkungen und Trends konnten hierbei so- wohl auf die konzeptionelle Veränderung des Antriebsstrangs als auch insbesondere auf die zerspanende Produktion gezogen werden. « Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele (links oben), Leiter des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der Technischen Universität Darmstadt. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Julien Hohenstein (rechts oben) ist seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am PTW tätig. Dipl.-Ing. Patrick Pfeiffer (rechts unten) ist seit 2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Technologie am PTW tätig. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Eric von Wihl (links unten) studierte an der Technischen Univer- sität Darmstadt und der Ecole Centrale de Lyon Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Maschinenbau. Technische Universität Darmstadt PTW – Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen 64287 Darmstadt Kontakt: www.ptw.tu-darmstadt.de

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Das Antriebskonzept der Zukunft ist für alleKundenkreise und Fahrzeugklassen bislangnoch nicht gefunden. Die alternativen Antriebe(Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenantrieb)haben im Vergleich zu den konventionellen An-trieben mit einem Verbrennungskraftmotornoch immer mit bekannten Problemen wie derEnergiespeicherung, der fehlenden Tank -stellen infrastruktur und erhöhter Produktions-

kosten zu kämpfen. Ebenso gilt es in der heuti-gen und noch stärker in der zukünftigen Ge-sellschaftsstruktur unterschiedliche Mobilitäts-bedürfnisse zu befriedigen.

Aktuell sind nahezu 100 Prozent der weltweitverkauften Pkws mit einem konventionellenVerbrennungskraftmotor (VKM) ausgestattet.Hierzu zählt neben den gängigen Otto- und

Dieselfahrzeugen auch die Klasse der VKM, diemit alternativen Kraftstoffen betrieben werden(zum Beispiel Erdgas, Ethanol oder Biodiesel).Der prozentuale Anteil dieser Fahrzeuge mit al-ternativen Kraftstoffen ist jedoch vernachläs-sigbar. Die Automobilhersteller und deren Zu-lieferer sind auf die Bearbeitung dieses konven-tionellen Antriebsstrangs, der eingesetztenGuss- und Aluminiumwerkstoffe und Werk-

stückgrößen in den heutebenötigten Stückzahlenspezialisiert.

Trotz aller Euphorie für denElektroantrieb, die Brenn-stoffzelle oder den Hybriddarf man nicht übersehen,dass der konventionelleAntrieb noch die nächstenJahre der Standard im PKWsein wird. Deshalb ist dieEntwicklung im Bereich desVKM noch keinesfalls ab-geschlossen. Aktuell zeigtsich beim VKM ein deut-licher Trend hin zu kleinenaufgeladenen Motoren. Beidem unter Downsizing be-kannten Prinzip wird derHubraum des VKM redu-ziert. Einem Leistungsver-lust beugt man durch dieErhöhung des Verbren-

Veränderung des Pkw-Antriebsstrangs in der Zukunft. Quellen: BMW, Daimler, GM, Adam Opel AG, VW

Wandel im PKW-Antriebsstrang: Auswirkungen auf Produktionskonzepte

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»Der Antriebsstrang eines Pkws (englisch Powertrain) wird sich in derZukunft drastisch verändern. Die Endlichkeit von fossilen Rohstoffen wieErdöl und -gas sowie die Forderung nach einer Emissionsreduzierungstehen hierbei im Zielkonflikt mit den weiterhin steigenden Mobilitäts-bedürfnissen der Gesellschaft. Dieser Artikel gibt einen Überblick zu denderzeitig in Frage kommenden Konzeptlösungen und den geplantenStrategien der Anwender. Auswirkungen und Trends konnten hierbei so-wohl auf die konzeptionelle Veränderung des Antriebsstrangs als auchinsbesondere auf die zerspanende Produktion gezogen werden.«

Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele (links oben), Leiter des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) derTechnischen Universität Darmstadt.Dipl.-Wirtsch.-Ing. Julien Hohenstein (rechts oben) ist seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am PTW tätig.Dipl.-Ing. Patrick Pfeiffer (rechts unten) ist seit 2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Technologie am PTW tätig.Dipl.-Wirtsch.-Ing. Eric von Wihl (links unten) studierte an der Technischen Univer-sität Darmstadt und der Ecole Centrale de Lyon Wirtschaftsingenieurwesen mitdem Schwerpunkt Maschinenbau.Technische Universität DarmstadtPTW – Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen64287 DarmstadtKontakt: www.ptw.tu-darmstadt.de

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nungsdrucks im Motor selbst oder mit Hilfe vonTurboladern durch die Erhöhung des Lade-drucks vor. Die bekannten Komponenten wieMotorblock, Zylinderkopf, Nockenwelle, Kur-belwelle, Kolben, Pleuel, Kupplung, Getriebe,Achs- und Gelenkwellen werden hierfür weiteroptimiert und es werden kostengünstige Ferti-gungsmöglichkeiten für Turbolader entwickelt.In naher Zukunft jedoch wird das Gros derAutomobilhersteller zumindest ab der Mittel-klasse mit jeder neuen Baureihe auch ein Hy-bridkonzept auf den Markt bringen. Hierbeimuss man bedenken, dass jede Veränderungdes bestehenden Antriebskonzepts zu einerVeränderung des benötigten Komponenten-spektrums und somit auch der Materialien undWerkstückgrößen führt. Die Abbildung 1 gibteinen Überblick auf die bestehenden Systemeund die bisher in Erwägung gezogenen alterna-tiven Antriebskonzepte.Der Hybridantrieb nimmt unter den verschiede-nen Antriebskonzepten eine Zwischenstellungein. Ein Fahrzeug dieser Art besitzt zwei Antrie-be, einen VKM und einen Elektromotor.Bei einem seriellen Hybridantrieb wird der Ver-brennungsmotor ausschließlich als Stromgene-rator eingesetzt, der die Batterie mit Energieversorgt. Die Batterie übernimmt die Energie-versorgung für den Elektromotor. Der Vorteildieses Konzepts ist, dass der VKM im optimalenLastbereich betrieben werden kann, was denKraftstoffverbrauch und den Schadstoffaus-stoß senkt.Beim parallelen Hybrid fungiert der VKM alsHauptantrieb. Von Vorteil ist der Einsatz desElektromotors beim Anfahren, im Stadtverkehrund auf Kurzstrecken sowie als Unterstützungdes VKM beim Beschleunigen und beim Errei-chen von Höchstgeschwindigkeiten. Zudemlässt sich durch den Elektromotor beim Brem-sen mittels Bremskraftrückgewinnung die Bat-terie aufladen. Der Vorteil dieses Konzepts liegtin der großen Flexibilität. Der Hauptantrieb(Elektromotor oder VKM) kann der jeweiligenFahrsituation des Kunden angepasst werden.Je mehr ein Automobil im städtischen »Stop-

and-go-Verkehr« eingesetzt wird, desto mehrüberwiegen die Vorteile eines kohlendioxid-und benzinfreien Elektromotors gegenüberdem zusätzlichen Gewicht des Hybridantriebsfür den zweiten Antrieb. Im stationären Be-trieb, wie beispielsweise auf der Autobahn,überwiegen die Vorteile des VKM als Hauptan-trieb. Die derzeitig angebotenen parallelenHyb ridfahrzeuge wie der Toyota Prius besitzeneine rein elektrische Reichweite von zwei Kilo-metern. Diese wird und muss sich in Zukunftdeutlich verbessern.Beim reinen Elektroantrieb werden zur Fortbe-wegung der Räder Drehstrom- (Synchron- oderAsynchron-), Gleichstrom- oder Reluktanz-Mo-toren eingesetzt. Energiespeicher für die elek-trische Energie ist in der Regel eine Batterie.Dessen Speicherkapazität, Kostenniveau undLebensdauer in verschiedenen Klimazonenwerden auch die entscheidenden Faktoren fürdie großserielle Einführung von Elektrofahrzeu-gen sein. Nur durch eine Verbesserung derEnergiekapazität der Batterie können die Vor-teile von Elektromotoren effizient genutzt wer-

den. Ein einheitliches Konzept bezüglich derBatterietechnik ist noch nicht absehbar. Nickel-Metallhydrid-Akkumulatoren finden hier eben-so Einsatz wie Lithium-Ionen-Batterien. DerStrombedarf eines Elektrofahrzeugs liegt beizirka 15 bis 30 Kilowattstunden pro 100 Kilo-meter. Zurzeit sind im Durchschnitt zirka 64 Ki-lometer (Chevrolet Volt) rein elektrisch fahrbar.Dies ist ein deutlicher Nachteil gegenüber derReichweite von Motoren, die fossile Brennstof-fe benötigen.Die Möglichkeit, sich unabhängig von fossilenRohstoffen und dadurch von der Quelle bis zumRad (Well to Wheel) emissionsfrei fortbewegenzu können, sprechen jedoch eindeutig für diekonsequente Weiterentwicklung des Elektro-antriebs. Eine Kohlendioxid-Bilanz von NullGramm Kohlendioxid kann durch die Nutzungvon regenerativ erzeugter Energie (Sonne,Wind und Wasser) erzielt werden. Bei aus -schließlicher Verwendung von Kohlekraftwer-ken zur Stromerzeugung für den Elektroantriebwerden zirka 181 Gramm Kohlendioxid pro Ki-lometer ausgestoßen.

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Abbildung 1: Übersicht der Antriebskonzepte.

Abbildung 2: Verfügbarkeit neuer Antriebstechnologien in der Zukunft.

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Die Brennstoffzelle (englisch Fuel Cell) kannebenso in die Gruppe der Elektroantriebe ein-gegliedert werden, da sie über einen Elektro-motor verfügt, der als Fahrzeugantrieb dient.Als Energiespeichermedium wird flüssiger odergasförmiger Wasserstoff verwendet. Mit die-sem wird in einer Brennstoffzelle Strom er-zeugt, um den Elektromotor anzutreiben.Die unterschiedlichen Strategien der Fahrzeug-hersteller zur Einführung der vorgestellten Kon-zepte am Markt sind in Abbildung 2 dargestellt.

Analysen zufolge steht Hybridantrieben eineglänzende Zukunft bevor. Diverse Studien sindhierzu bereits veröffentlicht worden (A.T. Kear-ney, FH Gelsenkirchen). Im Jahr 2015 könntenbereits drei Millionen Hybridfahrzeuge pro Jahrin Europa verkauft werden. Die Studie der FHGelsenkirchen sieht vor, dass ab dem Jahr 2025jedes neu zugelassene Fahrzeug über einenHyb ridantrieb (seriell und parallel) verfügt. Essollte jedoch beachtet werden, dass Ex-pertenmeinungen zufolge dieses

Szenario nur durch die Einbeziehung von Mi-cro-Hybridfahrzeugen (Start-Stopp-Automatik,Bremsenergierückgewinnung) realistisch er-scheint. Weiterhin lässt sich darüber streiten,ob ein Micro-Hybrid in die Klasse der Hybrid-fahrzeuge eingegliedert werden sollte oder obdieser lediglich eine konsequente Weiterent-wicklung eines konventionellen VKM darstellt.

Die deutschen Automobilhersteller planen ab2009 bei fast allen neu aufgelegten BaureihenHybridkonzepte anzubieten. Toyota stellt 2009schon die dritte Generation des seit 1997 ge-bauten Toyota Prius Hybrid vor. Die Marktein-führung von Hybridfahrzeugen ist jedoch größ-tenteils auf Fahrzeuge aufwärts der Mittelklas-se beschränkt. Bei Kleinwagen und Fahrzeugen

der unteren Mittelklasse geht der Trend auf-grund der Gewichts- (zweiter Motor) und derKos tenerhöhung eher in Richtung Downsizingkonventioneller VKM.80 Prozent der nordamerikanischen und euro-päischen Gesellschaft haben einen täglichenMobilitätsbedarf von etwa 55 Kilometern. ErsteFahrzeuge, die diese Reichweite rein durchelektrische Leistung erbringen, wird es ab2011/12 in Europa in Form des Opel Amperaund der Mercedes-Benz B-Klasse E-Cell-Plus(zirka 65 Kilometer beziehungsweise 100 Kilo-meter elektrische Reichweite) geben. Technischgesehen handelt sich bei beiden Fahrzeugenum serielle Hybride. Beispiele für kommendeserienreife Elektrofahrzeuge sind der Elektro-Smart und der Mini E, bei denen die Marktein-führung ab 2012 beziehungsweise 2015 ge-plant ist.

Auswirkungen und Trends neuerPKW-Antriebskonzepte auf dieFertigung

Die neuen Antriebskonzepte werden die zu-künftige Produktionsstruktur nachhaltig beein-flussen. Hierbei sieht sich die Automobilin dust -rie unterschiedlichen Kernfragen in den ver-schiedenen Handlungsfeldern ausgesetzt (Ab-bildung 3).Am konkreten Beispiel der Antriebskonzepteäußern sich die Strukturänderungen wie folgt.Zum einen kommen Bauteile neu hinzu (Turbo-lader, komplexeres Getriebe für Hybridlösun-gen, Elektromotorenteile beim Elektroantrieb),andererseits entfallen am Beispiel des Elektro-antriebes eine Vielzahl an Bauteilen (VKM undAnbauteile, Abgassystem, Zündsystem, und soweiter). Drittens werden neue Fertigungstech-nologien wie zum Beispiel das Einziehen derWicklungen auf den Stator des ElektromotorsEinzug in die Automobilindustrie erhalten. DieAbbildungen 4 bis 6 zeigen schematisch denAufbau des jeweiligen Antriebsstrangs für den

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Abbildung 3: Zukünftige Handlungsfelder und Kernfragen der Automobilindustrie (Quelle A.T. Kearney).

Abbildung 4: Komponenten des Antriebsstrangs eines Hybridfahrzeugs. Quelle: BMW.

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Hybrid- und den Elektroantrieb sowie den derBrennstoffzelle.Es ist festzustellen, dass die Anzahl der Bauteiledie durch zerspanende Verfahren wie Dreh-,Fräs-, Bohr- oder Schleifprozesse bearbeitetwerden, in Abhängigkeit der Konzeptlösungendeutlich variieren. Dies beeinflusst die benötigteProduktionskapazität extrem. Die Abbildung 7verdeutlicht diesen Zusammenhang am Beispielder benötigten Zerspanungshauptzeiten bei derProduktion von alternativen Antriebskonzeptenvergleichend zum Hauptzeitbedarf bei der Ferti-gung von konventionellen Antrieben.

Im Falle des Hybridantriebs kommen aufgrunddes zweiten Motors einige Komponenten(Elektromotor, Batterie und Leistungselektro-nik) hinzu oder verändern sich (komplexeresGetriebe), wodurch sich der Zerspanungsanteilam Fahrzeug insgesamt um zirka zehn Prozenterhöht. Die Abbildung 8 stellt die Bauteile einesElektromotors anhand einer Explosionsdarstel-lung dar. Dreh-, Fräs- und Bohrprozesse sindinsbesondere am komplex aufgebauten Ge-häuse durchzuführen. Vergleichend zum kon-ventionellen Antriebsstrang könnte beim Hyb -ridfahrzeug mit zirka 26 Prozent die drehendeBearbeitung am stärksten zunehmen. Die Zer-spanungszeiten können sich jedoch durch denverstärkten Einsatz von Downsizing-Motorenwieder auf das Niveau des konventionellenVKM-Antriebs reduzieren.

Beim reinen Elektroauto hingegen verringertsich die Zerspanungsleistung für den Fahrzeug-Antriebsstrang drastisch. Die Verwendung ei-nes zentralen Elektromotors im KFZ bedingt le-diglich den Einsatz eines einstufigen Getriebes,der Leistungselektronik und der Batterie. Alleweiteren Komponenten des konventionellenPkw-Antriebstrangs entfallen. Zerspanungsar-beiten fallen lediglich am Elektromotor und Ge-triebe an. Dies führt laut einer Studie am PTWzu einer Reduktion der Zerspanungshauptzei-

ten um über 72 Prozent. Besonders stark fälltder Anteil der Fertigungsverfahren Fräsen, Boh-ren und Schleifen ab. Die Drehbearbeitung re-duziert sich im Vergleich zum konventionellenPkw mit Verbrennungsmotor um zirka 50 Pro-zent. Auch beim Brennstoffzellenfahrzeug istdie Auswirkung ähnlich gravierend für die Zer-spanung. Es ergibt sich eine Reduktion der Zer-spanungshauptzeiten insgesamt um zirka 60Prozent. Die Anteile der verschiedenen Prozes-se verringern sich größtenteils deutlich um über50 Prozent.

Die Zukunft der Zerspanung, derWerkstoffe und des Einsatzes vonWerkzeugmaschinen

Der Hybridantrieb wird in den nächsten 15 Jah-ren an Marktanteilen zunehmen. Die gewon-nenen Erkenntnisse durch die Großserienferti-gung und Benutzung von Batterien undElektromotoren in Hybridfahrzeugen werdendie technologische Entwicklung von Elektro-fahrzeugen vorantreiben. In naher Zukunft ist

demnach ein leichter Anstieg der zerspanen-den Bearbeitung am Antriebsstrang denkbar.Die Marktdurchdringung von Hybridfahrzeu-gen ist jedoch größtenteils auf Fahrzeuge auf-wärts der Mittelklasse beschränkt. Bei Kleinwa-gen und Fahrzeugen der unteren Mittelklassegeht der Trend – wie schon erwähnt – eher inRichtung Downsizing konventioneller VKM.Die großserielle Einführung reiner Elektroautosbedingt dagegen eine starke Reduktion der zer-spanenden Produktion des Pkw-Antriebs-strangs. Die Zerspanungshauptzeiten werdenim Vergleich zum heutigen VKM um bis zu 70Prozentz verringert. Bevor keine wesentlichenVerbesserungen in den Bereichen der Batterie-technik (Leistungsdichte, Herstellkosten, Le-bensdauer, Größe, Gewicht und Standardisie-rung) und der bisher nicht vorhandenen Infra-struktur zur Energiebereitstellung eintreten,wird sich die Marktdurchdringung von reinenElektrofahrzeugen weiter hinziehen. Das elek-trische System mit einer anliegenden Hochvolt-spannung von 500 V birgt daneben zusätzlicheSicherheitsbedenken. Der Zugang zu den be-

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Abbildung 5: Komponenten des Antriebsstrangs eines Elektrofahrzeugs. Quelle: Daimler.

Abbildung 6: Komponenten des Antriebsstrangs einer Brennstoffzelle. Quelle: Daimler.

Concept BlueZERO E-CELL

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nötigten Rohstoffen für die neuen elektrischenAntriebskomponenten ist ebenso ungeklärt.Es bleibt festzuhalten, dass der Pkw-Antriebs-strang bei elektrischen Antriebskonzepten we-sentlich weniger mechanisch beanspruchteKomponenten und weniger rotatorische Bau-

teile aufweist. Die Größe der zu bearbeitendenWerkstücke beim Elektroauto ist deutlich gerin-ger als bei einem Pkw mit VKM. Daneben wirdes eine Zunahme an Aluminium- und anderenLeichtbauwerkstoffen geben. Die verringerteBauteilgröße und ihr Gewicht führen zu einem

Wegfall von horizontalen Bearbeitungszentren.Der Einsatz von Werkzeugmaschinen wird zu-künftig mehr Flexibilität erfordern, da sich derProzess je nach Antriebskonzept grundlegendändern kann. Ein einheitliches Konzept zur Be-friedigung der verschiedenen Mobilitätsbedürf-nisse unserer Gesellschaft ist nicht absehbar.Vielmehr tendieren die Automobilhersteller da-zu, verschiedene Konzepte für unterschiedlicheBedürfnisse zu etablieren.

Eine Veränderung ist auch im Bereich der Kom-petenzfelder von Hersteller und Zulieferer ab-sehbar. Der Elektromotor und das Batteriema-nagement, bisher in Zuliefererhand, könntenzukünftig in das Kompetenzfeld der Herstellerfallen. Die Batterietechnik sollte dagegen imVerantwortungsbereich der Zulieferer bleiben.Ein mögliches Szenario, welches die heutigeWertschöpfung im Antriebsstrang von Herstel-lern und Zulieferern mit der Wertschöpfungs-aufteilung der Zukunft vergleicht, wurde bereitsvon der A.T. Kearney erstellt (Abbildung 9).Zwangsläufig ist jedoch lediglich die langsamfortschreitende Elektrifizierung des Automobils.

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Abbildung 7: Auswirkungen auf die Zerspanungshauptzeiten bei alternativen Antrieben.

Abbildung 9: Denkbare zukünftige Wertschöpfung im Antriebsstrang. Quelle: A.T. Kearney.

Abbildung 8: Komponenten eines Elektromotors. Quelle: VW.

iNFO10. Powertrain Machining Conference am 11. und 12. November 2009 in Fellbach

Das Thema Mobilität wird auch in Zukunftbestimmend für unser Leben und unserenAlltag sein. Gerade an die Automobilin -dust rie werden deshalb beständig neueForderungen gestellt. Der Wunsch nach er-höhter Mobilität wird zunehmend ver-knüpft mit teilweise gegensätzlichen Anfor-derungen wie beispielsweise steigendenFahrkomfort und -geschwindigkeit beigleichzeitiger Umweltverträglichkeit sowiesteigende Fahrzeugqualität bei zeitgleicherKostenreduzierung. Ein wesentlicher Er-folgsfaktor zur Realisierung dieser Anforde-rungen ist die Optimierung des Antriebs-strangs (Powertrain).Für den Powertrain-Bereich bietet das Insti-tut für Produktionsmanagement, Technolo-gie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TUDarmstadt unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele auf der 10. PowertrainMachining Conference in der Schwaben-landhalle in Fellbach praxisnahe Lösungenund Konzepte an. Unter dem diesjährigenLeitmotiv »Survival strategy in times of cri-sis, cost reduction and technology pro-gress« werden Innovationen im Bereich derZerspanung von Powertrain-Komponenten,der Entwicklung von Schneidwerkzeugenund deren Beschichtungen sowie flexibleWerkzeugmaschinenkonzepte vorgestellt.Abgerundet wird die Konferenz mit einerBesichtigung der Daimler AG. Programmund weitere Informationen zur Konferenzunter www.machining-workshop.de.