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Immunonkologie 2018 – Chancen und Herausforderungen Michael von Bergwelt Therapieoptionen beim rezidivierten/refraktären Multiplen Myelom Gloria Weidenegger, Florian Bassermann Aktuelle Daten zum Ovarialkarzinom Sven Mahner, Alexander Burges, Fabian Trillsch Personalisierte Medizin am Beispiel des kolorektalen Karzinoms Sebastian Stintzing Phänomenologie der Krebserkrankung – ein Plädoyer für eine Ethik der Zuwendung Giovanni Maio Zeitschrift des Tumorzentrums München und des CCC München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität ISSN 1437-8019 Einzelverkaufspreis 4,– 2 | 2018 Hämato-Onkologie-Symposium 2018 Herrschinger Sonderausgabe

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Immunonkologie 2018 – Chancen und HerausforderungenMichael von Bergwelt

Therapieoptionen beim rezidivierten/refraktären Multiplen MyelomGloria Weidenegger, Florian Bassermann

Aktuelle Daten zum OvarialkarzinomSven Mahner, Alexander Burges, Fabian Trillsch

Personalisierte Medizin am Beispiel des kolorektalen KarzinomsSebastian Stintzing

Phänomenologie der Krebserkrankung –ein Plädoyer für eine Ethik der ZuwendungGiovanni Maio

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1. Gattermann N et al. Iron overload in MDS-pathophysiology, diagnosis, and complications. Ann Haematol 2011; 90: 1 – 10. 2. Rose C et al. Does iron chelation therapy impsurvival in r lyy transfused lower risk MDS patients? A multicenter study by the GFM (Groupe Francophone des Myélodysplasies). Leukemia Research 2010; Vol 34864 – 870. 3. Fachinformation EXJADE® Filmtabletten. 4. T ATT, Origa R, Perrotta S et al. New Film-Coat Taablet Formulation of Deferasirox Is Well Tolerated in Patiwith Thalassemia or MDS: Results of the Randomized, Phase-II-E.C.L.I.P.S.E.-Study. ASH Annual Meeting Abstracts 2016; Abstract 1285.

* EXJADE® ist angezeigt zur Behandlung der chronischen, transfusionsbedingten Eisenüberladung, wenn eine Deferoxamin-Therapie kontraindiziert oder unangemessen ist.

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Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: Deferasirox. Zus.-setzung: 1 Tablette enthält: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 90 mg/1Bestandteil Taablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Crospovidon, Povidon (K30), Magnesiumstearat, Hochdisperses Siliciumdioxid, Poloxamer 188. Filmüberzug: Hypro(4000), Talkum, Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132). Anwend.-gebiete: Behandlung der chronischen Eisenüberladung auf Grund häufiger Transfusionen (≥ 7 ml/kg/Monat mit Beta-Thalassämia major im Alter von 6 Jahren und ält r.. Behandlung der chronischen, transfusionsbedingten Eisenüberladung, wenn eine Deferoxamin-Therakontraindiziert oder unangemessen is r.. im Alter zw. 2 und 5 Jahren mit Beta-Thalassämia major mit Eisenüberladung auf Grund häufiger Transfusionen (≥ 7 ml/kgErw., r.. u. Jugendl. im Alter von 2 Jahren od. älter mit Beta-Thalassämia major mit Eisenüberladung auf Grund seltener Transfusionen (< 7 ml/kg/Monat ErythrozytenkonAlter von 2 Jahren und älter mit anderen Anämien. Behandlung der chronischen Eisenüberladung, wenn eine Deferoxamin-Therapie bei Patienten mit nicht-transfusionsim Alter von 10 Jahren und ält r,, die eine Chelat-Therapie benötigen, kontraindiziert oder unangemessen ist. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oKombination mit anderen Eisenchelattherapien. Pat. mit einer Kreatininclearance < 60 ml/min. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Erhöhtes Serumkreatinin. Häufig: Kopfsv. 2-5 Jahren häufiger als bei älteren Patienten), Obstipation, Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen, Blähungen, Dyspepsie. Erhöhte Transaminasen. Hautausschlag, Juckverbundene Gallenerkrankungen. Gelegentlich: Angstzustände, Schlafstörungen. Schwindel. Katarakt, Makulopathie. Taubheit. Laryngeale Schmerzen. Gastrointestinmultipler Ulzera), Zwölffinger r,, Gastritis. Hepatitis, Cholelithiasis. Pigmentierungsstörung. Renaltubuläre Störung (erworbenes Fanconi-Syndrom) (hpslThalassämie), Gluk r,, Ödeme, Müdigkeit. Selten: Entzündung des Sehnervs. Ösophagitis. Arzneimittelexanthem m. Eosinophilie u. systemischen Symptomen (DRESS)Thrombozytopenie, verschlimmerte Anämie, Neutropenie. Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich anaphylaktischer Reaktionen und Angioödem). MetabolischNierenfunkt., Nierentubulopathie (Fanc r..) od. Durchfall, od. Erkr. m. Säure-Base-Ungleichgewicht als Komplikation. Bei Kdr. meist in Zusammenhang m.Fanconi-Syndrom.). Gastrointestinale Perforation, akute Pankreatits (insb. bei r.. u. Jugendl.). Leberversagen (manchmal mit tödlichem Ausgang, insb. bei Patientenmit vorbestehender Leberzirrhose). Stevens-Johnson-Syndrom, Hypersensitivitätsvaskulitis, Urtikaria, Erythema multiforme, Alopezie, toxische epidermale Nekr lyyse(TEN). Akut renversagen, tubulointerstitielle Nephritis, Nephrolithiasis, renale tubuläre Nekrose. Verschr Weeitere Hinweise: Siehe Fachinformation.Stand: November 2017 (MS 12/17.05). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de

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180 mg/360 mg Deferasirox. Sonstigeomellose, Titandioxid (E171), MacrogolErythrozytenkonzentrat) bei Patientenapie bei folgenden Patientengruppen

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apie bei folgenden Patientengruppen g/Monat Erythrozytenkonzentrat); - beinzentrat); - bei Erw., r.. u. Jugendl. imsabhängigen Thalassämie-Syndromenoder einen der sonstigen Bestandteile.chmerz. Diarrhö (bei Kindern im Alterreiz. Proteinurie. Gallensteine u. damit

nale Blutungen, Magenulkus (einschl. . b. Kindern u. Jugendlichen m. Beta-). Häufigkeit nicht bekannt: Panzytopenie,e Azidose (meist b. P r..

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Immunologie 2018 – Chancen und Herausforderungen................................... 4Michael von BergweltPersonalisierte Therapiekonzepte anhand immunologischerProfile und prädiktiver Biomarker.

Therapieoptionen beim rezidivierten/refraktären Multiplen Myelom ........................................................... 8Gloria Weidenegger, Florian BassermannDie möglichst tiefe Remission ist das Ziel jeder MM-Therapie. Die Bestimmung der Rezidivwahrscheinlichkeitdurch eine MRD-Analyse gewinnt an Bedeutung.

Aktuelle Daten zum Ovarialkarzinom...........................12Sven Mahner, Alexander Burges, Fabian TrillschNeues zu Lymphonodektomie, neoadjuvanten Therapie -konzepten, zytoreduktiven Operationen und Erhaltungs-therapien.

Personalisierte Medizin am Beispiel des kolorektalenKarzinoms ........................................................................16Sebastian StintzingNicht nur die Selektion der Patienten nach molekularenMarkern ist wichtig, auch die Lokalisation des Primarius ist zu berücksichtigen.

Phänomenologie der Krebserkrankung –ein Plädoyer für eine Ethik der Zuwendung .............. 21Giovanni MaioWir müssen uns vergegenwärtigen, was die Krebskrankheitmit dem Menschen macht.

Editorial

Prof. Dr. Volkmar NüsslerDr. Hermann DietzfelbingerDr. Max Hubmann

Liebe Leserin, lieber Leser,20 Jahre Herrschinger Hämato-Onkologie-Symposium! - Dass wir einso schönes Jubiläum am 10. März dieses Jahres am malerischen Ufer der Ammersee-Metropole Herrsching im Festsaal der Privatklinik Dr. R. Schindlbeck feiern konnten, das erfüllte uns mit ganz besonderemStolz. Wir konnten dieses Jubiläum in wahrhaft fröhlicher und festlicherAtmosphäre zelebrieren. Es war uns eine außerordentliche Freude, dassuns die drei neuen Ordinarien aus den beiden Universitäten Münchensdie Ehre gaben, über die neuesten, zum Teil Aufsehen erregenden Ent-wicklungen ihrer Spezialgebiete referierten.

Nach Prof. Dr. med. Sven Mahner aus der Frauenklinik und Poliklinikder LMU zeigte die DESKTOP-III-Studie, dass Patientinnen auch mitfortgeschrittenem Ovarialkarzinom noch von einer Operation profitie-ren, wenn eine makroskopische Komplettresektion erzielt werden kann.Die PARP-Inhibitoren stellen bei dieser Diagnose neue Ansätze für einezielgerichtete Behandlung dar. Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Michael vonBergwelt aus der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des Klinikumsder Universität München vermittelte uns in einem umfassenden Über-blick tiefgründige Einblicke in die neuesten bahnbrechenden Entwick-lungen der Immun-Onkologie, von den Checkpoint-Inhibitoren bis zurCAR-T-Zell-Therapie, die derzeit im Brennpunkt wissenschaftlichen Interesses steht. Prof. Dr. med. Florian Bassermann aus der Medizini-schen Klinik und Poliklinik III des Klinikums rechts der Isar der TUMberichtete über die Palette neuer Therapieoptionen beim rezidivierten/refraktären Multiplen Myelom. Die möglichst tiefe Remission ist das Zieljeder Therapie. Durch MRD-Analyse wird versucht, die Rezidiv-Wahr-scheinlichkeit zu bestimmen. Prof. Dr. med. Sebastian Stintzing vom Klinikum der Universität München hob Fortschritte der personalisiertenMedizin bei kolorektalen Karzinomen hervor: Nicht nur die molekula-ren Biomarker, sondern auch die Lokalisation des Primarius müssen füreine klare Therapiestrategie berücksichtigt werden. Als auswärtigen Gastaus Freiburg schließlich konnten wir Herrn Prof. Dr. med. GiovanniMaio, Direktor des dortigen Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, begrüßen. Er hielt das Plädoyer für eine Ethik der Zuwendungzum Krebspatienten: Hilfe zur Wiederentdeckung des eigenen Selbst, dieauch in Zeiten der Durchökonomisierung Kern der Medizin bleibenmuss.

Wir danken allen Vortragenden sehr herzlich für die Erstellung der Manuskripte zu ihren Referaten und wünschen Ihnen eine anregendeund informative Lektüre.

Herrsching, im Mai 2018

Volkmar Nüssler Hermann Dietzfelbinger Max Hubmann

TZM-NewsISSN: 1437-8019© 2018 by Tumorzentrum München und LUKON Verlagsgesellschaft mbH,München

RedaktionProf. Dr. med. Volkmar Nüssler (verantwortlich), Günter Löffelmann, Petra Möbius, Hermann Werdeling, Ludger Wahlers, Tina Schreck (CvD),Anschrift wie Verlag

AnzeigenReinhard Bröker (Fon: 089-820737-20;R. [email protected]), Anschrift wie Verlag

HerausgeberGeschäftsführender Vorstand des Tumorzentrums München, c/o Geschäftsstelle des Tumor zentrumsMünchen, Pettenkoferstraße 8 a, 80336 München, Fon: 089-44005-2238, Fax: 089-44005-4787tzmuenchen@med.uni-muenchen.dewww.tumorzentrum-muenchen.de

Geschäftsführender KoordinatorProf. Dr. med. V. Nüssler (Anschrift wie Herausgeber)

VerlagLUKON Verlagsgesellschaft mbHLandsberger Straße 480 a, 81241 München, Fon: 089-820 737-0, Fax: 089-820 737-17E-Mail: [email protected], www.lukon-verlag.de

Layout und IllustrationCharlotte Schmitz, 42781 Haan

DruckFlyeralarm, 97080 Würzburg; Printed in Germany

Auflage 2.500 Exemplare

BildnachweisTitel, S. 12, 13 oben: LMU-Frauenklinik,München; S. 4, 16: Med. Klin. III, Klinikumder Uni München; S. 6: Vit Kovalcik(stock.adobe.com); S. 8 oben: III. Med. Klin.rechts der Isar, TU München; S. 21: Inst.Ethik, Geschichte der Medizin, Uni Freiburg

AbonnementDie TZM-News erscheint viermal jährlichzum Einzelpreis von 4,00 €. Der Preis fürein Jahresabonnement beträgt 15,00 €. Diegenannten Preise verstehen sich zuzüglichVersandkosten: Inland 3,00 €; Ausland:12,00 €. Die Bezugs dauer beträgt ein Jahr.Der Bezug verlängert sich automatisch umein weiteres Jahr, wenn das Abonnementnicht spätestens sechs Wochen vor Ablaufdes Bezugsjahres schriftlich gekündigt wird.Für Mit glieder des Tumor zentrumsMünchen ist der Bezug der TZM-News imMitgliedsbeitrag bereits enthalten.

Urheber- und VerlagsrechtDie Zeitschrift und alle in ihr enthalteneneinzelnen Beiträge und Abbildungen sindurheberrechtlich geschützt. Mit Annahmedes Manuskripts gehen das Recht zurVeröffentlichung sowie die Rechte zurÜbersetzung, zur Vergabe von Nachdruck-rechten, zur elektronischen Speicherung inDatenbanken, zur Herstellung von Sonder -drucken, Fotokopien und Mikrokopien anden Verlag über. Jede Verwertung außerhalbder durch das Urheberrechtsgesetz festge -legten Grenzen ist ohne Zustimmung desVerlags unzulässig. In der unaufgefordertenZusendung von Beiträgen und Informatio-nen an den Verlag liegt das jederzeit wider -rufliche Einverständnis, die zugesandtenBeiträge beziehungsweise Informationen inDatenbanken einzustellen, die vom Verlagoder Dritten geführt werden.

Impressum

Titelbild: Das Ovarialkarzinom metastasiert auch imBereich des viszeralen Peritoneums, doch selbst hier ist eine makroskopische Komplettresektion aller Tumor-manifestationen in den meisten Fällen möglich.

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Nach bahnbrechenden Fortschritten ist die Immunonkologiebereits heute ein wichtiger Pfeiler der onkologischen Therapie[1]. In Zukunft wird es möglich sein, Krebspatienten anhandindividueller immunologischer Profile und prädiktiver Bio-marker personalisierte Therapiekonzepte anzubieten, die auskonventionellen onkologischen Behandlungen und Immun-therapien sowie deren Kombinationen bestehen. Gleichzeitigbringen die Fortschritte auf diesem Gebiet aber auch neueHerausforderungen hinsichtlich des Komplikationsmanage-ments sowie der beträchtlichen Kosten mit sich.

1. Neue ImmuntherapienDa die Regulation der antitumoralen Immunität äußerst komplexist, stehen die Identifikation tumorimmunologischer Mechanismenund die daraus abgeleitete Entwicklung neuer Therapieansätzeim Mittelpunkt des Interesses. Alle Therapieansätze zeichnen sichdadurch aus, dass sie sich nicht gegen Tumorzellen direkt richten,sondern das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor mobi-lisieren. Eine Vielzahl an immunonkologischen Therapien befindetsich derzeit bereits in der (prä-)klinischen Entwicklung. Sie werdenim Folgenden kurz zusammengefasst.

1.1 Immun-Checkpoint-ModulatorenCheckpoint-Modulatoren, also inhibitorische und immunstimula-torische Moleküle, zählen zu den aussichtsreichsten Substanz-klassen (Abb. 1) [2]. Checkpoint-Inhibitoren ermöglichen überdie Blockade inhibitorischer Checkpoints die Aktivierung antitu-moraler Immunantworten, indem sie zentrale Mechanismen dertumoralen Immunsuppression hemmen. Nachdem der Wirknachweisfür die Checkpoint-Blockade mit monoklonalen Antikörpern gegenCTLA-4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated antigen 4) und PD-1(programmed cell death protein 1) erbracht wurde, befindet sichaktuell eine Reihe von monoklonalen Antikörpern gegen weitereImmun-Checkpoints in der klinischen Testung (Tab. 1). Viele dieserZielstrukturen gehören zu den immunregulatorischen Oberflä-chenmolekulen der B7-Familie, wie z. B. CD276, B7-H3 und VISTA.

Bei einigen wenigen Patienten ist unter Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren jedoch eine plötzliche Volumenzunahme des Tumorsim Sinne einer Hyperprogression zu beobachten. Diese beschleu-nigte Tumorprogression könnte mit genomischen Veränderungenwie etwa MDM2-Amplifikationen oder EGFR-Aberrationen in Zu-sammenhang stehen. Dies ist Gegenstand aktueller Forschung,und sollte sich diese Theorie bestätigen, könnte ein Gentest vorTherapiebeginn Patienten mit einem Hyperprogressionsrisiko iden-tifizieren [3].

Nachdem die ersten zugelassenen Substanzen gegen inhibitorischeCheckpoints gerichtet waren, befinden sich nun auch einige Check-point-Stimulatoren in der präklinischen Entwicklung. Zu den viel-versprechendsten stimulatorischen Zielstrukturen zählen Mitgliederder Tumornekrosefaktor-Rezeptor-Superfamilie wie CD27, CD40,4-1BB, OX40 und GITR. Weitere aussichtsreiche Kandidaten sindCD28 und ICOS. All diesen Molekülen ist gemeinsam, dass sie für

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Michael von BergweltDirektor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Klinikum der Universität München –Campus Großhadern und Campus Innenstadt

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Tabelle 1: Eine Liste ausgewählter zugelassener oder in der Entwicklung befindlicher Immun-Checkpoint-Modulatoren

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Zielstruktur WirkstoffnamenCheckpoint-InhibitorenCTLA-4 IpilimumabPD-1 Nivolumab, PembrolizumabPD-L1 MPDL3280A, MEDI4736, MSBO010718

Checkpoint-StimulatorenCD40 CP-870, 893GITR TRX518OX40 MEDI6469CD27 Varlilumab4-1BB Urelumab

CTLA-4 = cytotoxic T-lymphocyte-associated antigen 4PD-1 = programmed cell death protein 1PD-L1 = programmed cell death ligand 1

Immunonkologie 2018Chancen und Herausforderungen

Aktivierende Signale Inhibierende Signale

T-Zelle

CTLA-4IL-10R

CD28

OX40

GITR

CD27

UrelumabUtolimumab

MEDI-570

Varlilumab

TRX518MEDI1873

MOXR0916MEDI0562

GSK3174998PF-04518600

AM0010 IpilimumabTremelimumab

NivolumabPembrolizumabREGN2810

MGB453

In EntwicklungPräsentiert beim ASCO 2016

Zugelassen

JNJ-61610588

BMS-986016IMP321LAG525

CD137

HVEM

ICOS PD-1

TIM-3

TIGIT

VISTA

LAG-3

BTLA

Abbildung 1: Checkpoint-Moleküle der dritten Generation: Übersicht überweitere inhibierende und aktivierende Checkpoint-Moleküle in unterschied-lichen klinischen Entwicklungsstufen.

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die Aktivierung der antitumoralen Immunantwort benötigt werden.Die Fortschritte im Bereich der Immun-Checkpoint-basierten The-rapien zielen jedoch nicht nur auf die Identifikation neuer Targetsab, sondern beruhen auch auf der Verbesserung pharmakologischerEigenschaften. Während die bisher zugelassenen Substanzen aus-schließlich intravenös zu applizierende monoklonale Antikörpersind, wird mit Nachdruck an der Entwicklung von oralen small-molecule-Inhibitoren gearbeitet.

1.2 AntikörperkonjugateIn der onkologischen Therapie eingesetzte Antikörperkonjugatebestehen in der Regel aus einem Toxin oder einem radioaktivenMolekül, das an einen gegen ein Oberflächenmolekül auf Tumor-zellen gerichteten monoklonalen Antikörper gekoppelt ist. Wäh-rend Substanzen der ersten Generation nur eine geringe Wirk-samkeit zeigten, ermöglichen biotechnologische Fortschritte deut-lich verbesserte Konstrukte, und in den nächsten Jahren wirdeine Reihe weiterer Immunkonjugate das verfügbare Spektruman antikörperbasierten Therapien erweitern [4].

1.3 Bispezifische AntikörperBispezifische Antikörper sind gentechnisch hergestellte Konstrukteaus zwei Fab-Fragmenten, welche sich gegen ein von Tumorzellenexprimiertes Antigen und ein Antigen auf Immunzellen, beispiels-weise T-Zellen, richten [5]. Sie bringen Tumorzellen einerseitsund immunologische Effektorzellen andererseits in unmittelbareNachbarschaft zueinander und können über die Aktivierung derletzteren die Elimination maligner Zellen auslösen, zum Beispieldurch Induktion der Apoptose (Abb. 2). Neben dem ersten bereitszugelassenen bispezifischen Antikörper Blinatumomab, der gegenCD3 und CD19 gerichtet ist, befinden sich aktuell weitere Anti-körperkonstrukte in der präklinischen Testung. Zielstrukturensind zum Beispiel EpCAM (epithelial cell adhesion molecule), HER2oder CD33.

1.4 Andere ImmunmodulatorenDarüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Mechanismen zurimmuntherapeutischen Modulation. So kann die Beeinflussungimmunmetabolischer Checkpoints zukünftig eine wichtige Rollespielen. Beispielsweise hemmt das Enzym Indolamin-2,3-Dioxy-genase über den Abbau der essenziellen Aminosäure Tryptophandie Aktivierung von T-Lymphozyten [6]. Daneben scheint auchdie epigenetische Modulation ein wichtiger Ansatz zur Reversionder tumorvermittelten Immunsuppression zu sein [7]. Es konntegezeigt werden, dass epigenetische Markierungen auf den Chro-mosomen für das „Ausschalten“ von Genen mitverantwortlichsind, die für die Aktivierung der antitumoralen Immunantwortbenötigt werden. Mit Hilfe von Histondeacetylase(HDAC)-Inhibi-toren lassen sich diese Markierungen entfernen. In tierexperi-mentellen Studien führte die Gabe in Kombination mit Immun-therapeutika zu einer erhöhten Immunogenität des Tumor -mikroenvironments mit synergistischer Wirkung.

1.5 Zelluläre TherapienMit Tisagenlecleucel (CTL019) wurde im August 2017 in den USAdie erste CAR-T-Zell-Therapie (CAR = chimärer Antigen-Rezeptor)zur Behandlung von Patienten mit rezidivierter/refraktärer akuterlymphatischer Leukämie (ALL) zugelassen. Aufgrund der beein-druckenden Ergebnisse der CAR-T-Zell-basierten Therapie [8, 9]wird der langjährige Schwerpunkt Zelltherapie am Campus Groß-hadern des Klinikums der Universität München weiter ausgebaut

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werden. Etwa ab dem dritten Quartal 2018 werden wir MünchnerPatienten mit refraktärer ALL beziehungsweise B-NHL die Teilnahmean mehreren CAR-T-Studien anbieten können. Ein besonderer mit-telfristiger Fokus ist die Durchführung von Zelltherapien bei be-stimmten soliden Tumoren. Ab Mai 2018 wird eine multizentrische,BMBF-geförderte CAR-T-Studie für Patienten mit metastasiertemMelanom (CARTIME) unter Leitung von Michael von Bergwelt inKooperation mit den Universitäten Heidelberg und Köln starten.

1.6 KrebsimpfstoffeEine weitere große Gruppe der Immuntherapeutika stellen dieKrebsvakzine dar, welche eine spezifisch gegen den Tumor gerich-tete Immunantwort auslösen sollen [10]. Zwar waren die bishermit Krebsimpfstoffen erzielten Ergebnisse klinischer Studien nichtsehr überzeugend. Allerdings führen Medikamente, die tumorver-mittelte Immun-Evasionsmechanismen blockieren können, mög-licherweise zu einer erhöhten Wirksamkeit von Krebsvakzinen.Deshalb besteht an dieser Therapieform wieder verstärkt Interesse.Krebsvakzine werden beispielsweise als mögliche synergistischwirkende Kombinationspartner von Immun-Checkpoint-Inhibitorendiskutiert.

2. KombinationstherapienKombiniert mit anderen immunmodulatorischen Substanzen oderantineoplastisch wirkenden Medikamenten versprechen Immun-therapeutika bessere Ansprech- und Überlebensraten. Es gibt eineschier endlose Anzahl an möglicherweise synergistisch wirkendenKombinationspartnern (Tab. 2, Seite 6). Im Folgenden soll daherexemplarisch auf einige der vielversprechendsten Kombinations-therapien eingegangen werden.

2.1 Duale Checkpoint-BlockadeDie duale Checkpoint-Blockade gehört zu den ersten klinisch er-probten Kombinationstherapien [11]. So zeigte sich für die Kom-bination des CTLA-4-Inhibitors Ipilimumab mit dem PD1-InhibitorNivolumab eine im Vergleich zur Monotherapie höhere Wirksamkeit[12]. Diese war jedoch in einer Phase-III-Studie zu dieser Kombi-nation beim fortgeschrittenen malignen Melanom mit einer er-höhten Rate an Nebenwirkungen verbunden [13].

Immunonkologie 2018Anti-CD3-

AntikörperAnti-CD19-Antikörper

BlinatumomabAnti-CD9 BiTE®

Effektor: Normale T-Zelle mit CD3-Rezeptor

Zielzelle:B-Vorläufer-ALL-Zelle

mit CD19-Rezeptor

Abbildung 2: Blinatumomab besteht aus den Antigen-bindenden Fragmentenzweier Antikörper: Auf der einen Seite erkennt das Konstrukt das CD3-Antigen von T-Effektorzellen, auf der anderen Seite das bei den meistenB-ALL-Zellen stabil exprimierte CD19-Antigen. Die resultierende Verbindungder beiden Zellen führt zur Lyse der B-ALL-Zellen.

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fügige PD-L1-Expression zeigen. Die zunehmende Anzahl möglicherKombinationstherapien kompliziert die Suche nach prädiktivenMarkern zusätzlich.

Ein zentrales Merkmal vieler Tumoren ist die Immunevasion, undes überrascht nicht, dass Immunonkologika, die zu einer generellenImmunaktivierung führen, bei einem breiten Spektrum von Tu-morentitäten wirken. In Zukunft wird die Behandlung daher primärauf Grundlage prädiktiver genetischer Eigenschaften ausgerichtetwerden und weniger anhand der Tumorentität. Pembrolizumab istdas erste Krebsmedikament, das eine entitätsunabhängige Zulas-sung für solide Tumoren mit Mikrosatelliteninstabilität oder defi-zienter Mismatch-Reparatur erhalten hat. Zudem ist Pembrolizumabauch das erste Immuntherapeutikum, das in Verbindung mit einemzusätzlichen Biomarkertest (PD-L1-Expression) zugelassen wurde.

3.2 Omics und Big Data in der ImmunonkologieErste Studien zur Behandlung mit Immunonkologika haben wich-tige Einblicke in die Regulation der antitumoralen Immunantwortgegeben. Die Zusammensetzung des Mikrobioms scheint einenentscheidenden Einfluss auf das Therapieansprechen zu haben[18]. Es eröffnet sich daher die Möglichkeit, durch Manipulationdes Mikrobioms die Ergebnisse der Immuntherapie zu verbessern.Mit Hilfe der durch technologische Fortschritte ermöglichten Hoch-durchsatzanalyse von Transkriptom, Proteom, Metabolom und

2.2 Checkpoint-Blockade plus klassische antineoplastischeTherapieAuch die Kombination von Immuntherapeutika mit klassischenTherapiemodalitäten wie Chemo- und Strahlentherapie zeigt in ei-nigen Fällen synergistische Aktivität. Die Verstärkung einer anti-tumoralen Immunreaktion durch konventionelle Krebstherapienberuht vermutlich in erster Linie auf Exposition und Freisetzungvon Tumorantigenen durch Apoptose. Darüber hinaus kann lokaloder systemisch applizierte Chemotherapie die Immun-Evasions-mechanismen des Tumors hemmen, beispielsweise über die Deple-tion regulatorischer T-Zellen. Gelegentlich wird bei Patienten imRahmen einer Strahlentherapie ein sogenannter abscopaler Effektbeobachtet [14]. Durch die lokale Bestrahlung kommt es zur Aus-lösung einer immunologischen Reaktion, die zum Ansprechen vonTumorläsionen außerhalb des Strahlenfeldes führt. Aktuell wirddaher ein möglicher synergistischer Effekt der Kombination vonCheckpoint-Blockade und ionisierender Strahlung untersucht [15].

2.3 Checkpoint-Blockade plus KrebsimpfstoffeDie Auswertungen der Daten vieler kleiner Vakzinierungsstudienhaben ergeben, dass sich in einigen Fällen durch Krebsimpfstoffespezifische, gegen Tumorantigene gerichtete Immunantworten in-duzieren lassen [16, 17]. Ein möglicher Erklärungsansatz für diedennoch geringen Ansprechraten besteht darin, dass die induziertenImmunantworten zu gering waren, um die tumorale Immunevasionzu überwinden. Daher erscheint es sinnvoll, Checkpoint-Inhibitoren,die eben jene immunsuppressiven Mechanismen blockieren, mitKrebsvakzinen zu kombinieren.

2.4 Checkpoint-Inhibitoren plus Kinase-InhibitorenEinige der Kinase-Inhibitoren, die die onkologische Therapie vielerTumoren in den letzten Jahren revolutioniert haben, zeigen im-munmodulatorische Eigenschaften und machen sie daher zu aus-sichtsreichen Kombinationspartnern für Checkpoint-Inhibitoren.Großes Potenzial zeigen beispielsweise gegen EGFR (epidermalgrowth factor receptor) oder VEGF (vascular endothelial growthfactor) gerichtete Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI). Aufgrund derraschen Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien werden sichauch in Zukunft viele Möglichkeiten zur rationalen Kombinationvon immunonkologischen Substanzen mit TKI ergeben. Jedoch istbei der Kombination von TKI mit Checkpoint-Inhibitoren auch mitunerwarteten Nebenwirkungen zu rechnen. So kam es bei einerStudie mit dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib in Kombination miteinem Checkpoint-Inhibitor zu teils lebensbedrohlichen Hypersen-sitivitätsreaktionen mit Multiorganversagen.

3. Personalisierte ImmunonkologieIn Zukunft wird auch in der Immunonkologie eine Entwicklunghin zur zunehmenden Personalisierung der Therapie stattfinden.

3.1 Biomarker-gestützte TherapieWichtigste Voraussetzung für eine maßgeschneiderte Therapie mitImmuntherapeutika ist die Identifikation valider Biomarker, welchedie zugrundeliegende Tumorbiologie widerspiegeln und sich zurPrädiktion eines Therapieansprechens eignen. Bisher gibt es jedochkeine Biomarker, die diese Kriterien ausreichend erfüllen. Zwarkorreliert die PD-L1(programmed cell death protein ligand 1)-Ex-pression mit dem Ansprechen auf eine PD1-Blockade, jedoch spre-chen auch einige Patienten an, die keine oder eine nur sehr gerin-

TZM News Herrschinger Hämatologie-Onkologie-Symposium 2018

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Tabelle 2: Rationale Kombinationstherapien mit immunonkologischen Medikamenten (synergetischer Mechanismus)

Checkpoint-Inhibitor kombiniert mit

Checkpoint-Inhibitor: Blockade inhibitorischer Checkpoints

Radiotherapie: Induktion eines immunogenen Zelltods

CAR-T-Zell-Therapie: Synergie der CAR-T-Zell-Antwort durch Hemmung inhibitorischer Mechanismen

Krebsvakzine: Verstärkung der antitumoralen Immunantwort

Targeted drugs, beispielsweise Bortezomib: Sensibilisierung der Tumorzellen für die immunvermittelte Induktion der Apoptose

Abbildung 3: Die Hochdurchsatzanalyse von Transkriptom, Proteom, Meta -bolom und Mikrobiom wird die Erstellung individueller Profile ermöglichen,auf deren Grundlage sich Therapieentscheidungen präziser steuern lassen.

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Mikrobiom werden sich in Zukunft Profile erstellen lassen, anhandderer Therapieentscheidungen präziser gesteuert werden können.Das next generation sequencing ermöglicht darüber hinaus die Ana-lyse der tumoralen Mutationslandschaft und aufbauend darauf die Prädiktion von Neoepitopen [19, 20]. In diesem Zusammenhangfallen große Datenmengen an, welche die Integration mittels computerbasierter Methoden und Technologien erfordern [21]. Datenbanken und intelligente Algorithmen werden dabei helfen,die optimale Sequenz und Kombination der immunonkologischenTherapien zu finden.

3.3 Funktionelle TestsDa das menschliche Immunsystem ein hochkomplexes Netzwerkist, reicht die Bestimmung von immunphänotypischen Merkmalenoder von Protein- beziehungsweise Genexpression allein kaum aus,um Aussagen über die Immunreaktivität treffen zu können. Funk-tionelle Tests werden daher künftig an Bedeutung gewinnen. Derzeitist die Durchführung solcher Tests noch sehr arbeitsaufwendig undunzureichend standardisiert. Die Entwicklung mikrofluider Chipserscheint in dieser Hinsicht vielversprechend [22], und erste Pro-totypen ermöglichen als sogenanntes lab-on-a-chip eine präziseAnalyse funktioneller Eigenschaften von Immunzellen.

4. Immunonkologie bei älteren PatientenImmuntherapeutika scheinen aufgrund der guten Verträglichkeitbesonders geeignet für ältere Patienten, bei denen eine aggressiveChemo- oder Strahlentherapie häufig nicht durchführbar ist. Durchbisher noch unzureichend entschlüsselte Mechanismen der Im-munseneszenz kommt es allerdings zu einer altersbedingten Ab-nahme der Immunantwort [23]. Zumindest teilweise scheint es je-doch möglich, die Auswirkungen des Alterungsprozesses auf dieImmunfunktion therapeutisch zu modulieren.

5. Komplikationen der ImmuntherapienIm Allgemeinen sind die neuen immuntherapeutischen Therapienrelativ sicher und gut verträglich. Allerdings treten teils auch le-bensbedrohliche Nebenwirkungen auf, die sich von denen klassi-scher Krebstherapeutika unterscheiden (Tab. 3). Die Behandlungder Komplikationen von Immuntherapien ist Gegenstand der For-schung und erfordert daher neben onkologischer Expertise auchumfangreiche immunologische Kenntnisse und eine intensive in-terdisziplinäre Zusammenarbeit.

Bei etwa der Hälfte der Patienten, die im Rahmen von Studien mitCAR-T-Zellen behandelt wurden, kam es zu einem schweren (Grad3/4) cytokine release syndrome [24], welches teils intensivmedizi-nische Maßnahmen erforderte. Eine breite antiinflammatorischeTherapie dieser Nebenwirkungen – beispielsweise mit Kortison –birgt allerdings auch das Risiko, dass die therapeutischen Effekteder Immuntherapie beeinträchtigt werden. Ein alternativer Ansatzzur Therapie des cytokine release syndromes besteht darin, gezieltergegen bestimmte Zytokine wirkende Substanzen einzusetzen. To-cilizumab beispielsweise ist vor allem in der Hemmung von Inter-leukin-6-(IL-6)-vermittelten Signalen effektiv. [25]. Tocilizumabwurde in den USA als der erste gegen den IL-6-Rezeptor gerichtetemonoklonale Antikörper zugelassen zur Behandlung des durcheine CAR-T-Zell-Therapie induzierten schweren bis lebensbedroh-lichen cytokinerelease syndromes.

Um die sichere Durchführung von innovativen Immuntherapienzu etablieren, gründete Michael von Bergwelt zusammen mit Kol-legen aus den Bereichen Intensiv- und Krebsmedizin multinationaleNetzwerke wie beispielsweise iCHOP (https://www.dgho.de/arbeits -kreise/i-k/intensivmedizin), einen gemeinsamen Arbeitskreis derDeutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie(DGHO) sowie der Deutschen Gesellschaft für Internistische Inten-siv- und Notfallmedizin (DGIIN).

6. Ethische HerausforderungenDoch die Immuntherapie birgt nicht nur Chancen, sie hat auchihren Preis. Die Therapiekosten der neuen Immunonkologika be-tragen oft bis zu 100.000 € pro Patient und Jahr. Diese erheblichenKosten stellen ein gesundheitsökonomisches Problem dar und wer-fen ethische Fragen auf [26]. Es bedarf der Entwicklung innovativerKostenbewertungs- und Entgeltsysteme, um die Vorteile der im-munonkologischen Therapie möglichst vielen Patienten zugänglichzu machen.

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Tabelle 3: Mögliche lebensbedrohliche Nebenwirkungen von immunonko-logischen Therapien

Medikamentenklasse Checkpoint-Inhibitoren

Nebenwirkungen Pneumonitis, Kolitis Therapie: Kortison

Nebenwirkung Hypophysitis Therapie: Hormonsubstitution

Medikamentenklasse CAR-T-Zell-Therapie

Nebenwirkung cytokine release syndromeTherapie: Tocilizumab, Kortison

Nebenwirkungen Myokarditis, Enzephalitis Therapie: Kortison

Immunonkologie 2018

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nuierlichen Therapien und Erhaltungstherapien in der ersten Re-zidivsituation bereits refraktär auf bestimmte Substanzen sind(etwa Lenalidomid). In dieser Situation sind Triplett-Therapienaufgrund des verlängerten PFS zu bevorzugen [2].

2. Neue Therapie-Regime2.1 Kombinationen mit CarfilzomibEine dieser Triplett-Therapien ist Carfilzomib/Lenalidomid/Dexa-methason. Die Hinzunahme von Carfilzomib zu Lenalidomid/De-xamethason führte bei Patienten mit rezidivierendem Myelom zueiner signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens:26,3 versus 17,6 Monate (HR für Progression/Tod 0,69; p=0,0001;Abb. 1).

Das mediane Gesamtüberleben wurde in dieser Studie noch nichterreicht. Die Gesamtüberlebensrate nach 24 Monaten war in derCarfilzomib-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe signifikant er-höht: 73,3% versus 65,0% (p=0,04). Auch bezüglich der Remissi-onsraten gab es in der Carfilzomib-Gruppe einen Vorteil: 87,1%versus 66,7% (p<0,001). Von einer Therapie mit Carfilzomib istbei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen jedoch abzuraten,da Carfilzomib vermehrt zu kardiovaskulären Beschwerden wieDyspnoe, Herzversagen, Myokardischämien oder arterielle Hyper-tonie sowie akutem Nierenversagen führt [3].

Die Therapieentscheidung beim Multiplen Myelom (MM) istabhängig von Biologie und Genetik des MM, von Art und An-zahl der Vortherapien und von der individuellen Situationdes Patienten. Besondere Herausforderungen ergeben sich beiResistenzen schon in der ersten Rezidivsituation. Triplett-Therapien sollten dann eingesetzt werden. Eine möglichsttiefe Remission ist das Ziel jeder Therapie. Patienten mit Re-zidiven schon nach 1–3 Vortherapien sollten möglichst inStudien mit neuen Substanzen eingeschlossen werden. DieAnalyse der Minimal Residual Disease (MRD-Analyse) gewinntzunehmend an Bedeutung und wird zukünftig eine wichtigeRolle in der Therapiestratifizierung spielen.

1. EinführungDas Multiple Myelom (MM) ist eine bösartige Tumorerkrankung,die durch die monoklonale Vermehrung von Plasmazellen im Kno-chenmark charakterisiert ist. Nach WHO-Kriterien ist das MM denB-Zell-Lymphomen zugehörig. Symptome werden insbesonderedurch die Verdrängung der normalen Hämatopoese, die Destruktionder Knochen, hohe Immunglobulin-Konzentrationen sowie sekun-däre Immundefekte verursacht.

Zunächst aus seinen asymptomatischen Vorläufern, der MGUS (Mo-noklonale Gammopathie unklarer Signifikanz) oder dem SmolderingMyelom hervorgehend, ist der Therapieverlauf geprägt durch re-zidivierende aktive Krankheitsphasen mit intermittierenden Re-missionen nach durchgeführter Therapie, wobei die Remissions-dauer mit der Anzahl der Therapielinien abnimmt und die Erkran-kung letzten Endes refraktär wird, was auf eine klonale Evolutionder Erkrankung zurückgeführt werden kann. Konträr zum Krank-heitsverlauf verhält sich die Knochenmarkfunktion, welche auf-grund kumulativer Knochenmarktoxizität mit der Zahl der durch-geführten Therapien im Laufe der Zeit abnimmt.

Die Therapielandschaft beim Multiplen Myelom wird immer kom-plexer, insbesondere in der Rezidivsituation. Es gibt viele neueTherapieansätze, welche über unterschiedlichste Mechanismenentweder an der Myelomzelle selbst und/oder am umgebendenKnochenmarkenvironment angreifen [1]. Die Therapiesequenz istjedoch unklar, weshalb die Therapieentscheidung gefällt werdensollte in Abhängigkeit von

Biologie und Genetik des Multiplen Myeloms, Situation und Zustand des Patienten sowie Art und Anzahl der Vortherapien.

Besondere Herausforderungen stellen sich insbesondere bei Pa-tienten, welche aufgrund der immer häufiger werdenden konti-

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Therapieoptionen beim rezidivierten/refraktären Multiplen Myelom

Gloria Weidenegger, Prof. Dr. med. Florian Bassermann, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III, Hämatologie / Onkologie, Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Carfilzomib-Gruppe Kontrollgruppe (KRd, n=396) (Rd, n =396)Progression der Erkrankung oder Tod 207 (52,3%) 224 (56,6%)Medianes progressionsfreies Überleben 26,3 Monate 17,6 MonateHazard Ratio (95%CI) 0,69 (0,57-0,83)Statistische Signifikanz p=0,0001

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Kontrollgruppe (Rd) Carfilzomib-Gruppe (KRd)

Abbildung 1: Signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebensdurch Hinzunahme von Carfilzomib zu Lenalidomid und Dexamethason.Adaptiert nach [3].

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8,08 Monate (p<0,0001). An Grad-3/4-Nebenwirkungen kam esin der Panobinostat-Gruppe häufiger zu Thrombopenien, Lympho-penie, Fatigue, Diarrhöen und Polyneuropathie. Ein signifikanterÜberlebensvorteil konnte im bisherigen Beobachtungszeitraumallerdings nicht gezeigt werden [6].

2.4 Kombinationen mit monoklonalen AntikörpernAls wichtige Therapieoption beim rezidivierten/refraktären Mul-tiplen Myelom etablieren sich zunehmend neue Immuntherapien.Insbesondere monoklonale CD38-Antikörper und SLAMF7-Anti-körper haben hier zuletzt die Therapie deutlich verbessert.

2.4.1 Kombinationen mit DaratumumabBeeindruckende Ergebnisse zeigten zwei große Phase-III-Studien,in welchen durch Kombination von Daratumumab, einem mono-klonalen CD38-Antikörper, mit Bortezomib/Dexamethason (DVd)(CASTOR-Studie, Abb. 3) beziehungsweise Lenalidomid/Dexa -methason (DRd) (POLLUX-Studie, Abb. 4) jeweils im Vergleich zurKontrollgruppe ohne Daratumumab ein hochsignifikant längeresPFS und hochsignifikant bessere Ansprechraten erreicht wurden.Das mediane PFS lag in der DVd-Gruppe bei 16,7 Monaten, in derVd-Gruppe dagegen nur bei 7,1 Monate (p<0,0001). In der DRd-Gruppe ist das mediane PFS noch nicht erreicht, in der Rd-Gruppelag das PFS bei 17,5 Monaten (p<0,0001). Die besten PFS-Ergebnissewurden jeweils in der ersten Therapielinie erreicht. Die Gesamt-ansprechraten (ORR) betrugen in der DVd-Gruppe 84%, in der Vd-Gruppe 63% (p<0,0001). Die ORR in der DRd-Gruppe lag bei 93%,in der Rd-Gruppe bei 76% (p<0,0001) [7, 8].

In der POLLUX-Studie konnte gezeigt werden, dass vor allem Patienten >75 Jahre von der Hinzunahme von Daratumumab zuLenalidomid/Dexamethason profitierten [8]. Aber auch Patientenmit Hochrisiko-Zytogenetik profitierten im Sinne eines signifikantverlängerten PFS durch Hinzunahme von Daratumumab zu Borte-zomib/Dexamethason [7].

In der ENDEAVOR-Studie, einer randomisierten, multizentrischenPhase-III-Studie wurde Carfilzomib/Dexamethason (Kd) gegen Bor-tezomib/Dexamethason (Vd) bei rezidivierten MM-Patienten un-tersucht. Auch hier konnte ein signifikant längeres progressions-freies Überleben für die Kombination Carfilzomib/Dexamethasonverglichen zu Bortezomib/Dexamethason gezeigt werden. Kd führtesogar zu einem gegenüber der Vd-Gruppe doppelt so langen PFS:18,7 Monate versus 9,4 Monate (p=0,0001). Das Gesamtüberlebenbetreffend konnte für die Kombination Carfilzomib/Dexamethasonebenfalls ein signifikanter Überlebensvorteil von 7 Monaten gezeigtwerden: Kd 47,6 Monate versus Vd 40,0 Monate (p=0,01) [4].

2.2 Kombination mit IxazomibDen hohen Stellenwert von Proteasomen-Inhibitoren in der Mye-lomtherapie und insbesondere in der Rezidiv- beziehungsweiserefraktären Situation belegt auch die TOURMALINE-MM1-Studie.Sie untersuchte den neuen oralen Proteasomeninhibitor Ixazomibin Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason (IRd) gegen Le-nalidomid/Dexamethason (Rd) allein. Etwa zwei Drittel der teil-nehmenden Patienten waren mit Bortezomib vorbehandelt.

Die Kombination IRd verlängerte das PFS gegenüber Rd allein umetwa 6 Monate: IRd 20,6 Monate versus Rd 14,7 Monate (p=0,01).Vor allem Patienten mit Hochrisiko-Zytogenetik profitierten miteinem um 11 Monate verlängerten PFS: IRd 21,4 Monate versus Rd9,7 Monate (p=0,02) (Abb. 2). In Bezug auf unerwünschte Ereignissewaren in der IRd-Gruppe mehr Grad-3/4-Thrombozytopenien, Haut-ausschlag, Diarrhöen oder Polyneuropathie zu verzeichnen [5].

2.3 Kombination mit PanobinostatAuch durch die Hinzunahme von Panobinostat, einem oralen De -acetylase-Inhibitor, kann das PFS von rezidivierten/refraktärenPatienten signifikant verlängert wie die PANORAMA-Studie zeigte.Hier konnte das PFS durch Kombination von Panobinostat mitBortezomib/Dexamethason verglichen zu Bortezomib/Dexame-thason alleine um knapp 4 Monate verlängert werden: 11,99 versus

Multiples Myelom

Ixazomib-Gruppe Kontrollgruppe (IRd, n=360) (Rd, n=362)Progression der Erkrankung oder Tod 129 (35,8%) 157 (43,4%)Medianes progressionsfreies Überleben 20,6 Monate 14,7 MonateHazard Ratio (95%CI) 0,74 (0,59-0,94)Statistische Signifikanz p=0,01

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Kontrollgruppe (Rd)Ixazomib-

Gruppe (IRd)

Abbildung 2: Signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebensdurch Kombination von Ixazomib/Revlimid/Dexamethason (IRd) verglichenzu Revlimid/Dexamethason (Rd). Adaptiert nach [5].

Daratumumab-Gruppe Kontrollgruppe (DRd, n=251) (Rd, n=247)Progression der Erkrankung oder Tod 67 (26,7%) 122 (49,4%)Medianes progressionsfreies Überleben nicht erreicht 7,2 Monate12-Monats-PFS 60,7% (51,2-92,0) 26,9% (17,1-37,5)Hazard Ratio (95%CI) 0,39 (0,28-0,53)Statistische Signifikanz p<0,001

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Kontrollgruppe (Rd)

Daratumumab-Gruppe(DRd)

Abbildung 3: CASTOR-Studie: Signifikant verlängertes progressionsfreiesÜberleben durch Hinzunahme von Daratumumab zu Bortezomib/Dexa -methason. Adaptiert nach [7].

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2.4.2 Kombination mit ElotuzumabAuch Elotuzumab, ein monoklonaler Antikörper mit dualem Wirk-mechanismus durch Bindung an das Oberflächen-Protein SLAM7auf NK-Zellen und MM-Zellen, zeigt vielversprechende Ergebnissein Kombinationstherapien. Elotuzumab aktiviert einerseits NK-Zellen, andererseits werden MM-Zellen gebunden und durch Anti-körper-abhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC) zerstört [9].

In der ELOQUENT-2-Studie konnte gezeigt werden, dass das relative3-Jahres-PFS bei älteren Patienten durch eine Kombinationsthe-rapie aus Elotuzumab/Lenalidomid/Dexamethason (ERd) um 44%im Vergleich zu Lenalidomid/Dexamethason (Rd) erhöht werdenkann. Auch das Gesamtüberleben betreffend sind die vorläufigenErgebnisse mit einem signifikant längeren Gesamtüberleben inder ERd- verglichen zur Rd-Gruppe vielversprechend, die endgül-tigen Langzeitergebnisse werden folgen [10].

3. CAR-T-Zell-Therapie, Venetoclax, Selinexor, Pomalidomid, Immun-Checkpoint-Inhibition

Eine weitere sehr vielversprechende neue Form der Immuntherapiebeim MM stellen autologe CAR-T-Zell-Therapien dar. Hier zeigenaktuell BCMA-CAR-T-Zellen, welche sich gegen das BCMA (B-cellmaturation antigen) richten, beeindruckende Ansprechraten inFrühe-Phase-Studien bei multipel vortherapierten und bei Patientenmit refraktärem MM [11]. BCMA wird ausschließlich auf Plasma-zellen und reifen B-Zellen sowie auf fast allen Myelomzellen ex-primiert. Die Gesamtansprechrate der gegen BCMA gerichtetenCAR-T-Zell-Therapie lag in einer Studie bei 94%, wobei 56% derPatienten eine CR erreichten. Letztere wurden zu 90% MRD-negativ.Eine anhaltende Verbesserung des Ansprechens konnte bis über15 Monate nach Applikation gezeigt werden [12].

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Daratumumab-Gruppe Kontrollgruppe (DRd, n=286) (Rd, n=283)Progression der Erkrankung oder Tod 53 (18,5%) 116 (41,0%)Medianes progressionsfreies Überleben nicht erreicht 18,4 Monate12 Monate progressionsfreies Überleben 83,2 (78,3-87,2) 60,1 (54,0-65,7)Hazard Ratio (95%CI) 0,37 (0,27-0,52)Statistische Signifikanz p=0,001

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Abbildung 4: POLLUX-Studie: Signifikant längeres progressionsfreies Über-leben durch Kombination von Daratumumab mit Lenalidomid/Dexamethason.Adaptiert nach [8].

Eine weitere neue Substanz in der MM-Therapie ist Venetoclax,ein BCL-2-Inhibitor, welcher bereits erfolgreich in der CLL-Therapieangewandt wird. Hier konnten Ansprechraten bis 40% bei Patientenmit einer Translokation t(4;14) verzeichnet werden [13]. AuchDaten von Venetoclax in Kombination mit Bortezomib mit An-sprechraten von aktuell 67% sind vielversprechend [14]. Ein wei-teres Medikament mit Zukunftspotenzial ist Selinexor, der ersteVertreter einer neuen Substanzklasse, welche auf den nuclear-protein-1-export-(XPO1-)Weg abzielt. In einer Phase-I-Studie mitSelinexor wurde bei 67% der Patienten mit Proteasomen-Inhibi-tor-Resistenz ein Ansprechen erreicht [21].

Ebenfalls auf gute Ergebnisse lässt die Kombination aus dem neue-ren Immunmodulator Pomalidomid mit CD38-Antikörpern hoffen[15]. Eine möglicherweise bedeutende Rolle werden auch Immun-Checkpoint-Inhibitoren spielen, insbesondere in Kombination mitImmunmodulatoren, da letztere bei Myelomzellen die PD-L1-Ex-pression herabregulieren [16]. Die Kombination aus Pembrolizu-mab/Pomalidomid und Dexamethason zeigte bereits bei 60% derPatienten ein Ansprechen, ging jedoch auch mit erheblicher To-xizität einher [17]. Aktuell wurden laufende Studien zur Kombi-nation von Immun-Checkpoint-Inhibitoren und IMiDs aufgrundbisher nicht veröffentlichter Sicherheitssignale ausgesetzt. Voreiner abschließenden Klärung dieses Themas ist diese Kombinationdaher aktuell nicht zu empfehlen.

4. TherapiealgorithmusWichtige Fragen, die in der Rezidivsituation gestellt werden sollten,sind: Wann soll behandelt werden? Wie intensiv? In welcher The-rapiesequenz? Die Entscheidung sollte dabei vom Allgemeinzustanddes Patienten, den Komorbiditäten, der Aggressivität der Erkran-kung, den Vortherapien (Lenalidomid-naiv oder -sensitiv, Borte-zomib-naiv- oder -sensitiv) und den früheren Nebenwirkungen(z. B. Polyneuropathie, Infusionsreaktionen), dem aktuellen Blut-bild (Neutropenie, Thrombopenie), der Tiefe und Dauer der früherenRemissionen, der aktuellen Zyto-/Molekulargenetik sowie demPatientenwunsch abhängig gemacht werden. Das Ziel ist jeweilseine möglichst tiefe Remission, da die Tiefe der Remission miteinem verlängerten PFS und OS assoziiert ist [18].

Patienten mit frühen Rezidiven (1–3 Vortherapien) sollten, wennmöglich, in Studien mit neuen Substanzen eingeschlossen werden.Für alle anderen Patienten wird eine IMiDs- oder Proteasomen-In-hibitor-basierte Therapie analog der oben aufgeführten Studienempfohlen. Eine konsolidierende Therapie mittels Hochdosische-motherapie ist empfehlenswert, sofern das Ansprechen nach einervorherigen Hochdosistherapie mehr als 18 Monate betrug oder inder Erstlinie keine Hochdosistherapie durchgeführt wurde.

Für die Empfehlung einer allogenen Stammzelltransplantation(SZT) sind die Selektionskriterien aktuell nicht eindeutig. EineSubgruppenanalyse der DSMM-V-Studie konnte insbesondere beiPatienten mit der zytogenetischen Hochrisiko-Konstellation(del13q/del17p) einen Vorteil für die allogene SZT in der Erstlini-entherapie belegen [19]. Bei diesen Patienten sollte daher dieMöglichkeit einer allogenen SZT diskutiert werden. Weitere Indi-kationen, insbesondere in der Rezidivsituation, sollten im Rahmenvon hämatologischen Tumorboards individuell entschieden werden

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Bei Hochrisikopatienten† konnte nur NINLARO® + Rd* den prognostischen PFS- Nachteil bei gleichzeitiger PFS-Verlängerung# um rund 12 Monate überwinden.1

NINLARO®

stellt das Multiple Myelom auf den Kopf.

NINLARO® 2,3 mg / NINLARO® 3 mg / NINLARO® 4 mg Hartkapseln. Zusammensetzung: Jede Hartkapsel enthält 2,3 mg / 3 mg / 4 mg Ixazomib (entspricht 3,3 mg / 4,3 mg / 5,7 mg Ixazomibcitrat). Sonstige Bestandteile: Kapselinhalt: Mikrokristal-line Cellulose, Magnesiumstearat, Talkum. Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-oxid (E 172) [3 mg: Eisen(II,III)-oxid (E 172), 4 mg: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172), Eisen(III)-oxid (E 172)]. Drucktinte: Schellack, Propylenglycol, Kaliumhydroxid, Eisen(II,III)-oxid (E 172). Anwendungsgebiete: NINLARO® ist in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason für die Behand-lung des multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten indiziert, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit geg. den Wirkstoff od. einen d. sonstigen Bestandteile. Da NINLARO® in Kombination mit Lenalidomid u. Dexamethason angewendet wird, sind die Fachinformationen dieser Arzneimittel im Hinblick auf zusätzliche Kontraindikationen zu beachten. Kinder u. Jugendliche unter 18 Jahren: Nicht empfohlen. Schwangerschaft: Nicht empfohlen. Stillzeit: Stillen vor Einnahme beenden. Gebärfähige weibliche und zeugungsfähige männliche Patienten müssen während und bis zu 90 Tage nach der Behandlung eine zuverlässige Verhü-tungsmethode anwenden. Nebenwirkungen: Da NINLARO® in Kombination mit Lenalidomid u. Dexamethason angewendet wird, sind die Fachinformationen dieser Arzneimittel im Hinblick auf zusätzliche Nebenwirkungen zu beachten. Nebenwirkungen, die eine sofortige Information des Arztes erforderlich machen: Sehr häufig, schwerwiegend: Thrombozytopenie, die zu Nasenbluten u. leicht auftretenden blauen Flecken führen kann, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, periphere Neuropathie, peripheres Ödem, Hautausschlag, der jucken kann und nur an wenigen Körperstel-len oder am ganzen Körper auftritt. Selten: akute febrile neutro-phile Dermatose (Sweet-Syndrom), Stevens-Johnson-Syndrom, Muskelschwäche, Gefühlsverlust in den Zehen und Füßen oder Lähmungen der Beine (Querschnittsmyelitis), posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom, Tumorlyse-Syndrom, thrombotisch-thrombozytopenische Purpura. Sonstige mögliche Nebenwirkungen: Sehr häufig: Verstopfung, Rückenschmerzen, Infektion der oberen Atemwege, Fatigue, Neutropenie, Appetitver-lust, Arrhythmie, Augenprobleme, einschließlich verschwomme-nes Sehen, trockenes Auge, Konjunktivitis. Häufig: Herpes zoster, Hypotonie, Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz einschl. Enzymstö-rungen, Hypokaliämie. Über eine Pilzpneumonie u. virale Pneumo-nie mit tödlichem Ausgang wurde bei Patienten, die NINLARO®, Lenalidomid und Dexamethason in Kombination erhielten, selten berichtet. Warnhinweis: Zytotoxisch. Wechselwirkungen so-wie weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Verschrei-bungspflichtig. EU-Zulassungsinhaber: Takeda Pharma A/S, Taastrup, Dänemark. Kontaktadresse d. Pharmazeu-tischen Unternehmens in Deutsch-land: Takeda GmbH, Byk-Gulden-Str. 2, 78467 Konstanz, Tel.: 0800 8253325, [email protected]. Stand: 09/2017

TIN

: DE/

IXA

/0817/0

085

† Hochrisikopatienten = defi niert als Patienten mit del(17p),

t(4;14) und/oder t(14;16)1, * R = Lenalidomid, d = Dexamet-

hason, # im Vergleich zu Placebo + Rd, 1 Moreau P et al. N Engl

J Med 2016;374:1621-1634.

NINLARO® in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason ist

die erste komplett orale Dreifachkombinationstherapie mit einem

Proteasom-Inhibitor zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit

Multiplem Myelom und mindestens einer vorangegangenen Therapie.

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und weiterhin in klinischen Studien geprüft werden. Beispäten Rezidiven (>3 Vortherapien) ist, sofern kein Stu-dieneinschluss möglich, bei Lenalidomid- und/oder Bort-zomib-refraktären oder Patienten mit 17p-Deletion eineTherapie mit Pomalidomid/Dexamethason in Erwägungzu ziehen. Ebenfalls kann auch ein in einer früheren Linieangewandtes Therapieregime herangezogen werden. Auf-grund der Heterogenität des MM und der klonalen Evolu-tion unter verschiedenen Therapien kann ein solches Vor-gehen erfolgreich sein.

Eine zunehmende Rolle wird zukünftig auch die MRD-Analyse (Minimal Residual Disease) beim Multiplen Myelomspielen. Je geringer ausgeprägt die MRD ist, desto geringerist die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs [20]. Darüberhinaus konnte gezeigt werden, dass MRD-Negativität(MRD<10-6) mit einem hochsignifikant längeren Gesamt-überleben assoziiert ist. Aufgrund der höheren Sensitivitätwird der MRD-Diagnostik daher zunehmende Bedeutungzukommen und zukünftig Bestandteil der Therapiestra-tifizierung hinsichtlich Konsolidierung, Erhaltung sowieErhaltungsdauer sein.

11

Literatur

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Multiples Myelom

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Auf Basis der LION-Daten sollte bei Patientinnen mit fortge-schrittenem, peritoneal metastasiertem Ovarialkarzinom zu-künftig im Falle von klinisch unauffälligen Lymphknotennach makroskopischer Komplettresektion auf eine Lympho-nodektomie verzichtet werden. Bezüglich des Zeitpunkts derOperation gilt bis zum Abschluss der TRUST-Studie, dass diePrimäroperation des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms mitanschließender Platin-basierter Chemotherapie Goldstandardder Therapie ist. Hinsichtlich der zytoreduktiven Operationim Rahmen der Rezidivtherapie zeigen die Daten der DESK-TOP-III-Studie, dass Patientinnen dann von der Operationprofitieren, wenn eine makroskopische Komplettresektionerzielt werden kann. Mit den PARP-Inhibitoren Olaparib undNiraparib hat nach Bevacizumab eine weitere zielgerichteteTherapieoption Einzug in den klinischen Alltag gehalten. ZurImmuntherapie beim Ovarialkarzinom ergeben sich nun auchin Deutschland die ersten größeren Studienkonzepte.

1. Operative und Primärtherapie des Ovarialkarzinoms

Das Erzielen makroskopischer Tumorfreiheit im Rahmen der ope-rativen Therapie ist das übergeordnete Therapieziel, um nach Erst-diagnose eines Ovarialkarzinoms einen kurativen Ansatz verfolgenzu können (Abb. 1). Bisher wird als Goldstandard die primäre zytoreduktive Operation (primary debulking surgery) mit dem Zielder makroskopischen Tumorfreiheit und anschließender Platin-basierter Kombinations-Chemotherapie angesehen.

Die zytoreduktive Operation besteht den aktuellen Leitlinien ent-sprechend aus bilateraler Adnexektomie, Hysterektomie und in-fragastrischer Omentektomie sowie aus der systematischen pelvinenund paraaortalen Lymphonodektomie, um intraabdominal eineTumorfreiheit zu erreichen [12]. Je nach intraoperativem Befundkönnen weitere Operationsschritte wie Darmresektionen, Ober-baucheingriffe mit Zwerchfell-Deperitonealisierung, Leberteilre-sektionen, Cholezystektomie oder Splenektomie erforderlich sein.

1.1 Stellenwert der LNEIm Rahmen der LION-Studie, einer von der AGO-Studiengruppegeleiteten internationalen, prospektiv randomisierten, operativenStudie [4], wurden nun der Stellenwert der systematischen Lym-phonodektomie (LNE) beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom un-tersucht und die finalen Ergebnisse 2017 auf dem amerikanischenKrebskongress (ASCO) präsentiert. In dieser Studie waren insgesamt1385 Patientinnen mit Verdacht auf Ovarialkarzinom registriert

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OvarialkarzinomAktuelle Daten

Prof. Dr. med. Sven Mahner, Dr. med. Alexander Burges, Priv.-Doz. Dr. med. Fabian Trillsch, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern und Campus Innenstadt

und anschließend mit dem Ziel der makroskopischen Komplettre-sektion operiert worden. Für den Fall, dass ein FIGO-Stadium IIB–IVvorlag, die makroskopische Tumorfreiheit erzielt wurde und keinevergrößerten sowie anderweitig suspekten Lymphknoten auffindbarwaren, erfolgte die intraoperative Randomisierung zur „systema-tischen pelvinen und paraaortalen Lymphonodektomie“ oder zumTherapiearm „keine Lymphonodektomie“.

Insgesamt wurden 650 Patientinnen randomisiert und entsprechendoperiert. Besonders hervorzuheben sind dabei die exzellenten ope-rativen Ergebnisse mit einer medianen Operationszeit von 340 Mi-nuten (mit LNE) beziehungsweise 280 Minuten (ohne LNE) undeinem hervorragenden medianen Gesamtüberleben (OS) der Ge-samtkohorte von 67,2 Monaten sowie einem progressionsfreienÜberleben (PFS) von 25,5 Monaten. Bei den Patientinnen der LNE-Gruppe wurden median 57 Lymphknoten entfernt. Beim Vergleichder Überlebensdaten zeigten sich mit 65,5 versus 67,2 Monatenfür das OS und 25,5 Monaten für das PFS keine signifikanten Un-terschiede zwischen den beiden Therapiearmen, obwohl bei 56%der Patientinnen in der histologischen Aufarbeitung subklinischeLymphknotenmetastasen nachgewiesen werden konnten. Im Ge-gensatz dazu traten bei Patientinnen der LNE-Gruppe signifikanthäufiger perioperative Komplikationen auf und die 60-Tages-Mor-talitätsrate lag mit 3,1% im Vergleich zu 0,9% signifikant höher.Auf Basis dieser Daten wird bei Patientinnen mit fortgeschrit-tenem, peritoneal metastasiertem Ovarialkarzinom zukünftigim Falle von klinisch unauffälligen Lymphknoten nach ma-kroskopischer Komplettresektion auf eine Lymphonodektomieverzichtet.

1.2 Zeitpunkt der OperationZusätzlich ist in den vergangenen Jahren die Frage des optimalenZeitpunkts der operativen Therapie beim fortgeschrittenen Ovari-alkarzinom in die Diskussion geraten. In zwei prospektiv rando-misierten Phase-III-Studien wurde die Bedeutung der neoadjuvantenChemotherapie beim Ovarialkarzinom untersucht und publiziert[5, 11]. Seither wird das Therapiekonzept einer neoadjuvantenChemotherapie gefolgt von einer Intervall-Operation als Alternativezur Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms angesehenund als Vorteil eine möglicherweise reduzierte perioperative Mor-bidität angegeben. Da beide Studien vor allem bezüglich der Qualitätder operativen Therapie gravierende Einschränkungen aufweisen,muss die vorliegende Evidenz jedoch weiterhin als insuffizient be-urteilt werden, um darauf aufbauend die Abfolge der Therapiemo-dalitäten zu bestimmen. Aus diesem Grund wird im Rahmen derkürzlich gestarteten prospektiven, randomisierten und multizen-trischen TRUST-Studie [8] der AGO-Studiengruppe OVAR die ope-

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rative Qualität der beteiligten internationalen Studienzentren alsentscheidendes Gütekriterium berücksichtigt (Abb. 2).

Neben strengen Qualifikationskriterien hinsichtlich operativer Cha-rakteristika werden auch regelmäßige Audits der Studienzentrendurchgeführt, um eine einheitlich hohe operative Qualität garan-tieren zu können und somit wirklich verlässliche und allgemeinanwendbare Antworten auf die wichtige Fragestellung des optimalenZeitpunktes der operativen Therapie zu erhalten. Bis dahin giltweiterhin, dass für Patientinnen außerhalb der TRUST-Studiedie Primäroperation des fortgeschrittenen Ovarialkarzinomsmit anschließender Platin-basierter Chemotherapie Goldstan-dard der Therapie ist. Die derzeit aktuellen Studiendaten dürfennicht als Vorwand dazu dienen, die operative Radikalität zu ver-mindern.

2. Rezidivtherapie des Ovarialkarzinoms2.1 Zytoreduktive OperationDer Stellenwert der zytoreduktiven Operation bei Erstdiagnoseeines Platin-sensiblen Ovarialkarzinomrezidivs wurde in den ver-gangenen Jahren im Rahmen der DESKTOP-III-Studie, einer ebenfallsaus Deutschland von der AGO-Studiengruppe geleiteten, interna-tionalen Phase-III-Studie, untersucht [1]. Basierend auf den eigenenVorarbeiten zur umfangreichen DESKTOP-Serie [2, 3] wurden ins-gesamt 408 Patientinnen mit positivem AGO-Score (ECOG 0, Kom-plettresektion bei Primär-OP, Aszites ≤500ml) eingeschlossen undrandomisiert.

Während die eine Kohorte die zytoreduktive Operation mit an-schließender Platin-haltiger Chemotherapie erhielt, wurde bei derzweiten Kohorte direkt die Platin-haltige Chemotherapie begonnen.Auf dem ASCO wurde 2017 das Ergebnis einer geplanten Zwischen-analyse vorgestellt. Auch im Rahmen dieser Studie fiel zunächsteinmal die sehr hohe operative Qualität auf: bei einer medianenOperationszeit von 220 Minuten wurde bei 72,5% der operiertenPatientinnen eine makroskopische Komplettresektion erzielt. DieKomplikationsraten waren insgesamt sehr niedrig, wie sich bei-spielsweise in der Re-Laparotomie-Rate von nur 3,2% zeigt.

TRUST: Trial on Radical Upfront Surgical Therapy

Patientinnen mit Ovarial-, Eileiter- oder Peritonealkarzinom im FIGO-Stadium IIIB, IIIC und resezierbarem Stadium IV

Primärer Endpunkt: OS der ITT-PopulationSekundäre Endpunkte: PFS, Resektionsraten, M’nM nach 6 Monaten, Lebensqualität Fragility Index Strata: FIGO-Stadium, Gruppe/Land, ECOG 0 versus ½Qualifikationsprozess der teilnehmenden Zentren zur Sicherstellung hoher chirurgischer Qualität

Carboplatin AUC5

Paclitaxel 175 mg/m2 KOF

Bevacizumab 15 mg für 15 Monate

Vorgeschlagene Therapie, auch wöchentliches Paclitaxel

oder Weglassen von Bevacizumab ist möglich

BiopsieRan

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Abbildung 2: Design der TRUST-Studie. Adaptiert nach [8].

Abbildung 1: Multiviszerale Resektionen beim Ovarialkarzinom.

(A) Intraabdominale Ausbreitung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms.Neben den Eierstöcken (rechte Bildseite) sind vor allem das Omentum maius,und das Peritoneum ausgedehnt tumorbefallen.

(B) Die multiviszerale Resektion im kleinen Becken erfolgt in der Regel enbloc und umfasst neben Uterus und Adnexen auch das pelvine Peritoneumund das Rectosigmoid.

(C) Nach Mobilisation der Leber ist eine Deperitonealisierung des Zwerchfellsmeist problemlos durchführbar.

(D) Auch im Bereich des viszeralen Peritoneums, wie hier am Mesenterium,ist eine makroskopische Komplettresektion aller Tumormanifestationen inden meisten Fällen möglich.

(E) Zur Veranschaulichung der Ausbreitung der Erkrankung und konsekutivauch der Ausdehnung des operativen Eingriffs ist hier eine En-bloc-Resektionaller Tumormanifestationen abgebildet. Aufgrund der Ausbreitung der Er-krankung über das Peritoneum ist das zusammenhängende Wachstum guterkennbar.

1 | Milz 2 | Peritoneum Zwerchfell li 3 | Omentum 4 | Peritoneum Bauchwand li 5 | Rectosigmoid 6 | Uterus 7 | Adnexe 8 | Pelvines Peritoneum 9 | Peritoneum Bauchwand re 10 | Peritoneum Zwerchfell re 11 | Gallenblase 12 | Zwerchfellteilresektion 13 | Leberteilresektion

1

2

3

4 4

56

7

8910

11

12 13

A B

C D E

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Für das PFS ergab sich eine signifikante Verlängerung von 5,6 Mo-naten (19,6 versus 14,0 Monaten; HR 0,66; 95%CI 0,52–0,83;p<0,001) für diejenigen Patientinnen, die operiert wurden. DieDaten für das Gesamtüberleben sind bis dato noch nicht reif.Wichtig zu beachten sind die Ergebnisse einer Subgruppenanalyse,derzufolge dieser Effekt ausschließlich für Patientinnen mit ma-kroskopischer Komplettresektion erzielt wurde. Dementsprechenderscheint, neben der sorgfältigen Patientenselektion, auch für dieeventuelle Rezidiv-Operation eine Konzentrierung der Operationauf spezialisierte gynäkologisch-onkologische Zentren sinnvoll.

Trotz der noch ausstehenden Bestätigung eines Überlebens-vorteils sind diese Informationen bereits jetzt für die täglichePraxis von Bedeutung und unterstützen die Diskussion mitunseren Patientinnen hinsichtlich einer möglichen Rezidiv-Operation beim Ovarialkarzinom.

2.2 SystemtherapieIm mittlerweile erfreulich weiten und vielfältigen Feld der System -therapie des Ovarialkarzinoms hat nach den positiven Ergebnissenzur anti-angiogenen Therapie mit dem VEGF-Antikörper Bevacizu-mab mit der Substanzklasse der PARP(Poly-[ADP-Ribose]-Polyme-rase)-Inhibitoren eine weitere zielgerichtete Therapie Einzug inden klinischen Alltag gefunden, die mit der homologen Rekombi-nation einen zentralen Reparaturmechanismus der Tumorzellenblockiert.

In der prospektiv randomisierten Phase-II-Studie Study 19 wurdeeine Erhaltungstherapie des PARP-Inhibitors Olaparib bei 265 Pa-tientinnen mit Platin-sensiblem Rezidiv eines schlecht differen-zierten, serösen Ovarialkarzinoms als Erhaltungstherapie im An-schluss an die Platin-haltige Chemotherapie untersucht [6]. DerEffekt der PARP-Inhibitoren war bei einer retrospektiven Subgrup-penanalyse bei Patientinnen mit nachgewiesener BRCA-Mutationsehr deutlich und verlängerte das PFS von 4,3 Monaten mit Placeboauf 11,2 Monate (HR 0,18; p<0,001). Trotz noch ausstehenderPhase-III-Daten hatten diese Daten bereits im Dezember 2014 zurZulassung von Olaparib als Erhaltungstherapie für Patientinnenmit nachgewiesener BRCA1/2-Mutation geführt. Die Daten derStudy 19 wurden 2017 durch die Phase-III-Studie SOLO-2 (AGO-OVAR 2.23) für Patientinnen mit BRCA-Mutation bestätigt undwiesen für Olaparib auch in Tablettenform vergleichbare Effekteauf das PFS auf [10].

In einer weiteren Phase-III-Studie, der AGO-OVAR 2.22, konnteauch die Wirksamkeit des PARP-Inhibitors Niraparib bei insgesamt553 Patientinnen gezeigt werden. In diesem Zusammenhang istwichtig, dass im Rahmen dieser Studie ein signifikanter Vorteilfür das PFS unabhängig vom BRCA-Mutationsstatus gezeigt wurde.Zwar zeigten Patientinnen mit bekannter BRCA1/2-Mutation dendeutlichsten Therapieeffekt mit einem PFS von 21 versus 5,5 Mo-naten (HR 0,27, p<0,0001), allerdings war auch der Therapieeffektbei Patientinnen ohne BRCA-Mutation mit einer hohen statistischenSignifikanz klinisch relevant [9]. Der Effekt der Niraparib-Erhal-tungstherapie setzte sich auch über den Progress hin fort, wie dieAnalysen zum Beginn der nachfolgenden Chemotherapie und demPFS 2 zeigten [7]. Kürzlich wurde dementsprechend Niraparib nunauch in der Europäischen Union die Zulassung als Erhaltungsthe-rapie nach Platin-haltiger Chemotherapie, unabhängig vom Muta-tionsstatus, erteilt.

Neben der sich damit ergebenden Frage nach der Auswahl desPARP-Inhibitors wird zu klären sein, ob nach einer bereits erfolgtenPARP-Inhibitor-Therapie ein Wechsel auf die jeweils andere Substanzmöglich ist. Die OReO-Studie (AGO-OVAR 2.31) wird unter anderemgenau diese Fragestellung untersuchen. Wie bereits in der AGO-OVAR-20-Studie (PAOLA) für die Primärtherapie adressiert, wirdzudem die Kombination aus PARP-Inhibitor und anti-angiogenerTherapie in der Rezidivsituation als „chemofreie“ Therapiealternativeuntersucht werden.

Auch wenn die Immuntherapie beim Ovarialkarzinom im Vergleichzu anderen Tumorentitäten noch in den Kinderschuhen steckt,ergeben sich nach ersten positiven Ergebnissen nun auch die erstengrößeren Studienkonzepte in Deutschland. Die AGO-OVAR-22-(IMa-gyn 050)-Studie untersucht mit dem PD-L1-Antikörper Atezolizu-mab erstmals in einer Phase-III-Studie zur Primärtherapie des Ova-rialkarzinoms ein Immuntherapeutikum in Kombination zu Beva-cizumab als Erhaltungstherapie. Im Verlauf wird dieselbe Substanzauch beim Platin-sensiblen Rezidiv in Kombination zur Platin-haltigen Chemotherapie mit Bevacizumab versus Placebo verglichenwerden (AGO-OVAR 2.30; ATALANTE). Weiterführende Informationenzu allen derzeit laufenden und geplanten Studienkonzepten findensich unter www.ago-ovar.de sowie www.lmu-frauenklinik.de.

Die Thematik der zielgerichteten Substanzen allgemein sowie derPARP-Inhibitoren und der Immuntherapie im Speziellen wird somitbeim Ovarialkarzinom auch in Zukunft den klinischen und wissen -schaftlichen Alltag entscheidend beeinflussen.

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5 mg/- 10 ®Jakavi

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e, Neutropenie, Blutung (jede Blutung einschl. intrakranieÜberemGegenanzeigen:gegenüber Hydroxycarbamid sind.

he idiopathische Myelofibrose), Post-Polycythaemia-vera-MAnwend.-yp A), Povidon, Hyprolose.y

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eitere Angabeerschreibungspflichtig. WVält Lactose. Häufigk. nicht bekuberkulose. TObstipation.

postherp(überzoster HerpesPneumonie,Häufig:rtonie.edniwhcSHypertriglyzeridämie. Hypercholesterinämie, hme,ulB.dna.Blutergüsse ueller u. gastrointestinaler Blutung,

mpfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen-Thrombozythämie-MyMyelofibrose oder Post-Essentieller

Jakavi ist angezeigt für die Behandlung von krangebiete: Sonmg/15 mg/20 mg Ruxolitinib (als Phosphat).mg/105eil:

Gelegentlich:

.novartis.de12 653. www

Siehe Fachinformation.en:Sonst. schwerwieg.

-Pat. PVbeiNeuralgiepet.ethöhrE.nezremhcsfpoK,l. dna,essügretulB,)negnutu

Nebenwirkun Bestandteile. Schwangerschaft und Stillzeit.yelofibrose. Jakavi ist angezeigt für die Behandlung von Erwkheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomen bei Erwac

Lactose-Monohydrat, Mikrokristalline Celnstige Bestandteile:

kannt:

Harnwegsinfektionen.ngen: ,)VP(arevaimeahtycyloPtimwachsenen

fibrose (MF)chsenen mit primärer Myelolulose, Magnesiumstearat, Hochdisperses

Sehr häufig:

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Personalisierte Therapie des kolorektalen Karzinoms bedeutetheutzutage nicht nur, nach molekularen Markern zu selektierenund den Allgemeinzustand des Patienten zu beachten, sondernauch die Lokalisation des Primarius zu berücksichten. Dabeiprofitieren bestimmte Subgruppen, genauer: MSI-h und links-seitige RAS-Wildtyp-Tumoren, besonders von einer klaren The-rapiestrategie. Insbesondere die frühzeitige Identifikationsolcher Patienten mittels molekular pathologischer Tests undeine dementsprechende Therapieeinleitung erhöht die Chanceauf ein über das bisher gekannte Maß verlängertes Gesamt-überleben.

Die Therapie solider Tumoren wird zunehmend individualisierter.Dies spiegelt sich in der zunehmenden Subklassifizierung von Tu-morentitäten wider und gipfelt in der Zulassung von Medikamenten,welche nicht mehr entitätsspezifisch, sondern aufgrund bestimmtergenetischer Veränderungen erfolgt. Als Beispiel ist hier die FDA-Zulassung von Pembrolizumb für alle hochgradig Mikrosatelliten-instabilen (MSI-h) Tumoren unabhängig von ihrer Herkunft zunennen. Durch diese zunehmende Diversifikation werden selbsthäufige Tumoren wie das NSCLC oder der Darmkrebs in kleine Sub-entitäten aufgespalten und somit zum Teil zu sogenannten orphandiseases. Dies gilt nun auch für das kolorektale Karzinom, für dasdie aktuelle S3-Leitlinie zumindest vier unterschiedliche, durchgenetische Untersuchungen unterscheidbare Subgruppen definiert,welche vor Start einer palliativen Systemtherapie bestimmt werdensollten. Zusätzlich werden klinische Charakteristika der Tumorenwie zum Beispiel die TNM-Klassifikation herangezogen, um spezi-fische Handlungsanweisungen für die Therapie zu geben. Inwieweitdies für die Behandlung des kolorektalen Karzinoms schon heutepraxisrelevant ist, wird im folgenden Beitrag dargestellt.

1. Personalisierte Therapie in der Adjuvanz1.1 UICC-Stadium III: Bei welchen Patienten reichen 3 MonateTherapie?Seit ihrer ersten Präsentation bei der ASCO-Jahrestagung 2017 ge-hören die Auswertungen der IDEA-Studienkollaboration [10] zuden am meisten diskutierten Daten. Dabei handelt es sich um eineprospektiv geplante, gepoolte Analyse von sechs weltweit durch-geführten Studien mit der Fragestellung, ob im UICC-Stadium III3 Monate adjuvante Therapie mit FOLFOX/CAPOX (5-FU/Oxaliplatin

beziehungsweise Capecitabin/Oxaliplatin) gleichwertig sind zumStandard einer 6-monatigen Therapiedauer. Ob die Fluoropyrimi-din-Gabe (5-FU) infusional als FOLFOX oder oral als CAPOX erfolgte,war dabei dem jeweiligen Studiendesign beziehungsweise dem Be-handler freigestellt. Es erfolgte also keine Stratifizierung oder Ran-domisierung bezüglich Capecitabin und infusionaler 5-FU-Gabe.Für die IDEA-Auswertung standen Daten von mehr als 12800 Pa-tienten zur Verfügung. Das primäre Studienziel war der Nachweisder Nicht-Unterlegenheit der 3-monatigen Therapiedauer gegenüberder 6-monatigen in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben nach3 Jahren (3-Jahres-DFS). Dabei wurde ein oberer Wert des 95%-Konfidenzintervalls (95%CI) der Hazard Ratio (HR) von 1,12 alsakzeptable Nicht-Unterlegenheits-Grenze angesehen. Beide The-rapiearme zeigten ein vergleichbares 3-Jahres-DFS von 74,6% be-ziehungsweise 75,5%. Das primäre Studienziel wurde mit einer HRvon 1,07 (95%CI 1,00–1,15) verfehlt, und die Nicht-Unterlegenheitkonnte nicht nachgewiesen werden. Mit anderen Worten: 3 Monateadjuvante Therapie sind bezüglich des 3-Jahres-DFS einer 6-mo-natigen Therapie nicht gleichzusetzen, auch wenn der absoluteUnterschied sehr gering war.

Die Toxizität, insbesondere die Oxaliplatin-bedingte Polyneuropa-thie, war in der Gruppe, welche nur 3 Monate behandelt wurde,wie erwartet signifikant geringer ausgeprägt. So war die Rate anGrad-2-CTC-AE (Common toxicity criteria adverse event) für Poly-neuropathie bei Patienten, welche nur 3 Monate behandelt wurden,mit 12%–14% deutlich niedriger als bei Patienten, welche über 6Monate behandelt wurden (32%–36%). Für die Rate an Grad-3/4-Polyneuropathien wurden Häufigkeiten von 3% (3-Monats-Therapie)gegenüber 9%–16% (6-Monats-Therapie) verzeichnet. Diese fürdie Lebensqualität unserer Patienten wichtigen und zum Teil fort-bestehenden Toxizitäten sollten in die Bewertung des Studiener-gebnisses Eingang finden.

Daneben wurden nicht geplante Subgruppenanalysen durchgeführt,um die Unterschiede im 3-Jahres-DFS für verschiedene Risiko -gruppen und die Frage der Art der 5-FU-Gabe zu eruieren. Patientenin der Hoch-Risikogruppe mit T4- oder N2-Tumoren haben eineum 20% höhere 3-Jahres-Rezidivrate als Patienten mit T1–3- oderN1-Tumoren. In der Subgruppenanalyse der Patienten mit einemgeringen Rezidivrisiko (n>6500; T1–3-/N1-Tumoren) war die 3-monatige Therapie der 6-monatigen Therapie nicht unterlegen,wohingegen bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko (T4- oder N2-Tumoren) die 6-monatige Therapie der 3-monatigen überlegen war.Zusätzlich erfolgte eine geplante Analyse bezüglich des verwendetenRegimes (FOLFOX oder CAPOX). Hierbei war bei einer Auswertungvon 5071 Patienten die 3-monatige CAPOX-Gabe der 6-monatigen

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TZM News Herrschinger Hämatologie-Onkologie-Symposium 2018

Prof. Dr. med. Sebastian Stintzing, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der Universität München,Campus Großhadern und Campus Innenstadt

Personalisierte Medizin in der soliden Onkologie am Beispiel des kolorektalen Karzinoms1

1 | Teile dieses Beitrags sind in leicht veränderter Form bereits im TZM-Jahrbuch 2018 im Februar 2018 erschienen (ISBN 978-3-933012-43-2)

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lässt [13]. Diese Ergebnisse konnten in einer unabhängigen zweitenAnalyse, welche Daten von fünf Studien gemeinsam untersuchte,bestätigt werden [14]. Daher sollte bei Patienten, bei denen eineMonotherapie mit einem Fluoropyrimidin (5-FU infusional oder Ca-pecitabin als Monotherapie) geplant ist, vor Beginn der Therapieauf MSI getestet werden. Bei Vorliegen eines MSI-h-Tumors solltekeine Monotherapie verabreicht werden. Die Kombination aus Fluo-ropyrimidin plus Oxaliplatin behält aber im UICC-Stadium III seineEffektivität auch bei Vorliegen eines MSI-h-Tumors.

1.2.2 CDX2 (caudaltype homeobox transcription factor 2)CDX2 ist ein Marker für gastrointestinale Differenzierung. Tumorenwelche CDX2-negativ sind, zeigen einen geringen Differenzie-rungsgrad (undifferenzierte Karzinome) und haben eine deutlichschlechtere Prognose in den UICC-Stadien II und III [15]. Einehochrangig publizierte, retrospektive Analyse konnte zeigen, dassim UICC-Stadium II Patienten mit CDX2-negativen Tumoren deutlichvon einer adjuvanten Therapie profitierten, wohingegen die adju -vante Chemotherapie bei CDX2-positiven Tumoren keine Verlän-gerung des krankheitsfreien Überlebens zeigte. Bei hoher Motiva-tion des Patienten kann im Stadium UICC II bei CDX2-negativenTumoren eine adjuvante Chemotherapie diskutiert werden.

1.2.3 Tumor BuddingMit dem Phänomen des Tumor Budding werden einzelne, dediffe-renzierte Zellen oder Zellgruppen beschrieben, welche an der Tumorinvasionsfront auftreten. Zeigt ein Tumor das Phänomendes Tumor Buddings, ist das Rezidivrisiko im UICC-Stadium II deut-lich erhöht. Inwieweit eine adjuvante Therapie dieses Rezidivrisikoverringert, bleibt abzuwarten. Tumor Budding sollte daher nichtalleine als Kriterium für die Entscheidung zu einer adjuvantenTherapie herangezogen werden [16].

2. Metastasiertes Kolonkarzinom2.1 Therapieführung nach RAS-Mutationsstatus und primärerTumorlokalisationIm metastasierten Stadium des Kolonkarzinoms (mKRK) schreitetdie Individualisierung der Therapie weiter fort. So werden in dergerade aktualisierten S3-Leitlinie für das kolorektale Karzinom[9] die Bestimmung des MSI-Status sowie die erweiterte RAS-Tes-tung und die BRAF-Testung vor Beginn einer Erstlinientherapieempfohlen. Die Bestimmung des HER2-Status wird erst in späterenTherapielinien empfohlen, um eine Therapieevaluation bezüglicheiner HER2-gezielten Therapie zu ermöglichen.

Insbesondere für Patienten mit einem RAS(rat sarcoma)-Wildtyp-Karzinom ist die Wahl der Antikörperstrategie im Rahmen derErstlinientherapie von großer Bedeutung. So konnte zunächst fürPatienten mit einem RAS-Wildtyp-Tumor gezeigt werden, dass dieGabe eines gegen den epithelialen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR)gerichteten Antikörpers (Cetuximab oder Panitumumab) in Kom-bination mit einer Chemotherapie (FOLFOX oder FOLFIRI) zu einemlängeren medianen Überleben führt als die Kombination mit demgegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) ge-richteten Antikörper Bevacizumab [5].

Ergänzend zeigten mehrere retrospektive Auswertungen die Be-deutung der Lokalisation des Primärtumors. Patienten mit Tumoren,welche ihren Ursprung in der rechten Seite des

nicht unterlegen: 75,9% versus 74,8%; HR 0,95; 95%CI 0,85–1,06.Die 3-monatige Gabe von FOLFOX hingegen zeigte sich bei derSubgruppenanalyse von 7763 Patienten der 6-monatigen unter-legen: 73,6% versus 76,0%; HR 1,16; 95%CI 1,06–1,26. Die Gründefür diese Ergebnisse sind unklar, da auch ein Selektions-Bias auf-grund des Studiendesigns nicht ausgeschlossen werden kann,denn es wurde bezüglich der infusionalen und oralen 5-FU-Gabenicht stratifiziert.

Zusammenfassend kann bei Patienten mit einem geringen Rezi-divrisiko (T1–3-/N1-Tumoren) eine 3-monatige FOLFOX/CAPOX-Therapiedauer diskutiert werden. Hierbei sollte, wenn möglich,das CAPOX-Regime zum Einsatz kommen. Patienten mit einemhohen Rezidivrisiko (T4 oder N2) sollten aber weiterhin, wenn auf-grund der Toxizität möglich, über einen Zeitraum von 6 Monatenbehandelt werden. Inwieweit dies auch für Patienten mit anderenRisikofaktoren (etwa V1, L1 etc.) gilt, bleibt abzuwarten.

Fazit: Bei Patienten mit UICC-Stadium-III-Tumoren und ge-ringem Risiko (T1–3, N1) kann eine 3-monatige Therapiedauerdiskutiert werden. Präferenziell sollte dann ein orales Thera-pieregime mit CAPOX zum Einsatz kommen. Patienten mithohem Rezidivrisiko (T4 oder N2) sollten weiterhin 6 Monatelang behandelt werden.

1.2 Neue Biomarker bei UICC-II-Tumoren? Daten zu CDX2,MSI-h und Tumor BuddingIm Stadium UICC II ist der absolute Nutzen einer adjuvanten Che-motherapie bezüglich des 5-Jahres-Überlebens mit etwa 2%–3%klein, sodass keine generelle Empfehlung zur Durchführung eineradjuvanten Systemtherapie gegeben werden kann. Ausnahmenhiervon bilden Patienten, bei denen spezielle Risikofaktoren vor-liegen. Zu diesen gehören

ein T4-Tumor, eine Notfalloperation, eine Tumorobstruktion, welche zu einem Ileus geführt hat, weniger als 12 entfernte Lymphknoten.

Bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Risikofaktoren kann eineadjuvante Therapie auch im UICC-Stadium II diskutiert werden.

Seit Jahren werden Biomarker gesucht, welche im Stadium UICCII eine schlechte Prognose definieren, um Patienten zu identifi-zieren, welche auch im Stadium UICC II von einer adjuvanten Sys-temtherapie profitieren. Die bisher kommerziell erhältlichen, zu-meist auf Genexpression beruhenden Tests können die Rezidiv-wahrscheinlichkeit voraussagen. Allerdings liegen noch keineDaten vor, ob Patienten, welche aufgrund eines Testergebnisseseine hohe Rezidivwahrscheinlichkeit haben, auch von einer adju-vanten Therapie profitieren. Der prädiktive Wert dieser Tests istdaher unklar. In den letzten Jahren haben MSI-h, CDX 2 undTumor Budding die Diskussion um prädiktive Marker im StadiumUICC II bereichert.

1.2.1 MSI-hRibic und Kollegen konnten in einer retrospektiven Auswertungbereits 2003 zeigen, dass Patienten im Stadium UICC II eine hervor-ragende Prognose haben, welche sich durch die Gabe einer adju -vanten Therapie mit einem Fluoropyrimidin nicht weiter verbessern

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und müssen weiter abgewartet werden. Für fitte Patienten, dievon einer maximalen Tumorschrumpfung profitieren, kann daherdie Kombination aus FOLFOXIRI plus EGFR-Antikörper diskutiertwerden.

Für Patienten mit RAS-mutierten Tumoren bleibt die Therapie imRahmen der ersten Therapielinie unverändert. Hier sollten FOLFIRIoder FOLFOX in Kombination mit Bevacizumab appliziert werden(Abb. 1). Eine Therapieeskalation auf FOLFOXIRI hat im Rahmender retrospektiven Auswertung der TRIBE-Studie keinen signifi-kanten Vorteil bezüglich des Gesamtüberlebens gezeigt [3]. Inder Subgruppenanalyse der RAS-mutierten Tumoren aus derML22011-Studie (AIO KRK 0110) scheint auch eine sequenzielleTherapie mit Fluoropyrimidin und Bevacizumab mit darauf fol-gender Eskalation auf FOLFIRI bezüglich des Überlebens vergleich-bar zu sein mit dem Beginn einer Kombinationstherapie mitFOLFIRI plus Bevacizumab [8].

Fazit: Bei Patienten mit RAS-mutierten Tumoren besteht dieErstlinientherapie aktuell aus einer Kombination aus Chemo-therapie und Bevacizumab.

In der Zusammenschau dieser Daten kann geschlussfolgert werden,dass die Biologie der RAS-mutierten Tumoren

Kolons (Caecum, Colon ascendens, hepatische Flexur, Colon trans-versum) haben, zeigen eine signifikant schlechtere Prognose alsPatienten mit Tumorursprung in der linken Seite (splenischeFlexur, Colon descendens, Sigma und Rektum). Diese Beobachtunggilt unabhängig von der Therapie. Die Lokalisation ist demnachein prognostischer Faktor. Es ist bekannt, dass die mit einerschlechteren Prognose vergesellschafteten BRAF-mutierten Tu-moren und histologische Sondertypen (zum Beispiel muzinöseoder siegelringzellige Karzinome) sich häufiger auf der rechtenSeite finden. Auch nach Adjustierung für alle der bisher bekanntenRisikofaktoren bleibt die primäre Tumorlokalisation als unabhän-giger prognostischer Faktor bestehen [12]. Die biologische Rationaleist demnach noch nicht komplett verstanden.

Bei RAS-Wildtyp-Tumoren ist der Effekt der EGFR-Antikörper Ce-tuximab und Panitumumab in retrospektiven Analysen [2, 11]auf linksseitige Tumoren beschränkt. Linksseitige RAS-Wildtyp-Tumoren profitieren besonders von einer Anti-EGFR-Strategie undzeigten im Vergleich zu linksseitigen Tumoren, welche mit Beva-cizumab in der Erstlinie behandelt wurden, ein im Median umetwa 6–10 Monate längeres Überleben. Die Metaanalysen zu dieserFrage zeigen daher eine hochsignifikante Verlängerung des Ge-samtüberlebens mit einer HR von 0,76 und einem p-Wert von<0,001 für die Kombination mit Anti-EGFR-Antikörper in der Erst-linientherapie [1]. Daher sollten Patienten im Rahmen der Erstli-nientherapie mit einer Kombination aus Chemotherapie plus EGFR-Antikörper behandelt werden, wenn dem keine Kontraindikationen entgegenstehen.

Im Rahmen der Erstlinientherapie zeigten auch rechtsseitige RAS-Wildtyp-Tumoren ein signifikant besseres Tumoransprechen in derKombination aus EGFR-Antikörper mit Chemotherapie [1]. Diesübertrug sich aber nicht auf das PFS oder das OS. Daher sollte beirechtsseitigen Primarien die EGFR-Antikörpertherapie nur beimTherapieziel Tumorreduktion erwogen werden, ansonsten abereine Therapie aus Chemotherapie mit Bevacizumab durchgeführtwerden. Ein möglicher Therapiealgorithmus ist in Abbildung 1dargestellt. Interessanterweise konnten Studien, welche die EGFR-Antikörper in der Zweitlinie (181-Studie: FOLFIRI ± Panitumumab)oder in späteren Therapielinien (NCIC CO.17-Studie: Cetuximabversus best supportive care, BSC) prüften, eine Wirksamkeit derEGFR-Antikörper gegenüber Chemotherapie und BSC zeigen, sodassdiese Therapieoption in späteren Therapielinien diskutiert werdensollte.

Fazit: Patienten mit RAS-Wildtyp-Tumoren der linken Seitesollten im Rahmen der Erstlinientherapie eine Kombinationaus Chemotherapie und EGFR-Antikörper erhalten.

Erste Effektivitätsdaten für die Kombination aus FOLFOXIRI ± Pa-nitumumab wurden im September 2017 im Rahmen des ESMO-Kongresses in Madrid präsentiert. Die Phase-II-Studie VOLFI (AIOKRK-0109) [4] verglich als primäres Studienziel die Ansprechrate(ORR) zwischen den beiden Therapiearmen bei RAS-Wildtyp-Tu-moren. Diese zeigte eine signifikante Verbesserung durch die Hin-zunahme von Panitumumab zur Triplet-Therapie von 60,6% auf85,7% (p=0,0096). Diese Verbesserung in der Ansprechrate warsowohl für linksseitige als auch für rechtsseitige Tumoren zusehen. Ein Unterschied im PFS war nicht feststellbar (10,5 Monateversus 10,8 Monate; p=0,66); die Daten zum OS sind noch vorläufig

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Tumorlokalisation

links

FOLFOX oder FOLFIRI+ anti-EGFR

FOLFOX oder FOLFIRI+/- anti-VEGF

splenische FlexurC. descendens, Sigma, Rektum

Caecum, C. ascendens,hepatische FlexurC. transversum

rechts

PFS oder OS

Therapieziel

RAS-mutiert50% – 55%

RAS-Wildtyp45% – 50%

BRAF-mutiert8% – 10%

MSI-h~ 5%

ORR

Abbildung 1: Möglicher Algorithmus zur Auswahl der Erstlinientherapiebeim mKRK. RAS rat sarcoma, BRAF RAF proto-Onkogen, MSI-h hochgradigeMikrosatelliteninstabilität, anti-EGFR EGFR-Antikörper Cetuximab oder Pa-nitumumab, anti-VEGF Bevacizumab, FOLFOX 5-Fluorouracil + Folinsäure +Oxaliplatin, FOLFIRI 5-Fluorouracil + Folinsäure + Irinotecan, FOLFOXIRIFOLFOX + Irinotecan, OS Gesamtüberleben, PFS progressionsfreies Über-leben, ORR Tumoransprechrate.

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Pionier der personalisierten ImmunonkologieMit unserer Biomarker-Strategie gehen wir bewusst auch den personalisierten Weg in der Immunonkologie. So fi nden wir die Patienten, die am wahrscheinlichsten von einer immunonkologischen Therapie profi tieren. Mit über 400 klinischen Studien in der Mono- und Kombinationstherapie bei mehr als 30 Tumorarten treibt MSD ein umfassendes und rasch wachsendes klinisches Entwicklungsprogramm in der Immunonkologie voran.

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ONCO

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tuximab ± dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib geprüft. Bei einemguten Toxizitätsprofil wurde das mediane PFS signifikant verlängert(4,3 Monate versus 2,0 Monate, p=0,001) und der primäre Endpunktdamit erreicht [6]. Bevor die Gabe von Vemurafenib beim mKRKinitiiert wird, muss allerdings wegen fehlender Zulassung die Kos-tenübernahme mit der zuständigen Krankenversicherung geklärtwerden. Daneben wird in der Zweitliniensituation eine große An-zahl von Kombinationen aus BRAF-Inhibitor, EGFR-Antikörpersowie MEK- oder PIK3-Inhibitoren getestet. Wenn möglich, solltenPatienten an Zentren verwiesen werden, um diese Kombinationen,wenn möglich im Rahmen von Studien, zu erhalten.

Fazit: Patienten mit BRAF-mutierten Tumoren sollten, wennmöglich, innerhalb von Studienkonzepten behandelt werden.

2.3 MSI-h-TumorenHochgradig Mikrosatelliten-instabile Tumoren (MSI-h) finden sichbei etwa 3%–5% der mKRK und können sowohl BRAF- als auchRAS-mutiert sein. Der Nachweis einer MSI-h erfolgt meist durchdie immunhistochemische Analyse der Mismatch-ReparaturgeneMLH1, MSH2, MSH6 und PMS2. Der Ausfall dieser Proteine lässtden Rückschluss auf einen MSI-h-Tumor zu.

Während MSI-h-Tumoren in den UICC-Stadien II und III eine her-vorragende Prognose haben, ist die Prognose im metastasiertenStadium wahrscheinlich nicht besser als bei anderen mKRK imStadium UICC IV. Für diese besondere Gruppe von Tumoren hatdie US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA im April 2017 eineZulassung für den Immun-Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumabunabhängig vom Ursprungsorgan ausgesprochen. Grund hierfürist, dass es bei MSI-h-Tumoren zu einer hohen Anzahl von Muta-tionen kommt, welche konsekutiv eine große Anzahl von Neo-Antigenen bedingt. Diese führen zu einer erhöhten Immunogenität,die durch die Immun-Checkpoint-Inhibitoren therapeutisch genutztwerden können.

Die bisher größte Publikation untersuchte Patienten mit MSI-h-Tumoren, welche im Rahmen der Checkmate-142-Studie mit Ni-volumab (PD1-Inhibitor) oder Nivolumab plus Ipilimumab (CTLA4-Inhibitor) behandelt wurden [17]. In dieser vorbehandelten Gruppekonnte mit der Kombinationstherapie eine 12-Monats-PFS-Ratevon 71% und eine 12-Monats-OS-Rate von 85% erreicht werden.Der Einsatz von Immun-Checkpoint-Inhibitoren verändert daherfür die Subgruppe der Patienten mit MSI-h-Tumoren die Krankheithin zu einer chronischen Erkrankung mit der Chance auf Heilung.Die bisher beim mKRK publizierten Daten sind beeindruckend [7]und haben zu einer Vielzahl von Studien geführt, welche diesesneue Therapieprinzip sowohl im metastasierten Bereich als auchin der Adjuvanz (ATOMIC-Studie) untersuchen. Aktuell sollte auf-grund der möglichen therapeutischen Konsequenz eine MSI-Testungfrühzeitig erfolgen, um MSI-h-Patienten zu identifizieren undrechtzeitig einen Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenkassestellen zu können.

Fazit: MSI-h-Tumoren stellen eine besondere Gruppe von Tu-moren dar, bei der eine hohe Erfolgsaussicht durch die Be-handlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren besteht. Dadiese bislang jedoch nicht zugelassen sind, muss vor Thera-piebeginn die Kostenzusage durch den jeweiligen Kostenträgervorliegen.

noch nicht vollständig verstanden ist und für diese Patientendringend klinische Studien benötigt werden, um auch hier Fort-schritte in der Behandlung zu erzielen.

Im Rahmen der Zweitlinie sind, neben der reinen Chemotherapie,die Substanzen Aflibercept und Ramucirumab zugelassen. Diesesollten, wenn im Rahmen einer Sequenzbehandlung möglich, aucheingesetzt werden, um die Patienten allen zugelassenen Thera-piemöglichkeiten zuführen zu können. Die Zulassung beider Sub-stanzen ist unabhängig vom molekularen Profil des Tumors. Diesgilt ebenso für TAS-102 (Tipiracil/Trifluridin), welches nach Ver-sagen der Standardtherapie als Monotherapie zugelassen ist. Re-gorafenib ist in derselben Therapiesituation wie TAS-102 zugelas-sen, wird derzeit aber nicht regulär in Deutschland vertrieben.

2.2 BRAF-V600E-mutierte TumorenBRAF-mutierte Tumoren finden sich fast ausschließlich innerhalbder RAS-Wildtyp-Population und sind im metastasierten Stadiummit einer besonders schlechten Prognose assoziiert. Selbst mitder von der aktuellen ESMO-Leitlinie empfohlenen Kombinationaus FOLFOXIRI plus Bevacizumab erreichen die medianen Überle-benszeiten keine 20 Monate [3]. Daher wird dieser Subpopulationvon kolorektalen Karzinomen besondere Aufmerksamkeit ge-schenkt, und Patienten sollten, wenn immer möglich, innerhalbvon Studienkonzepten behandelt werden. Im Rahmen der Erstli-nientherapie wird mit der aus München geleiteten Studie FIRE-4.5 (AIO KRK-0116; LKP Volker Heinemann) die Therapie mit FOL-FOXIRI und Cetuximab oder Bevacizumab untersucht.

Im Rahmen der Zweitlinientherapie wurden bei der ASCO-Jahres-tagung 2017 Daten der SWOG-1406-Studie präsentiert [6]. Hierbeiwurde in der Zweitlinientherapie die Gabe von Irinotecan und Ce-

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malitätsbruch zunehmend entzieht und damit einen sozialen Rück-zug antritt. Der kranke Mensch ist daher von sozialer Isolationbedroht, und zwar nicht nur dadurch, dass er in seinem Bewe-gungsspielraum und seiner Alltagsbewältigung eingeschränkt wird,sondern weil es ihm unmöglich gemacht wird, sich in und trotzseines Krankseins als „normal“ zu erfahren.

3. Die Krebskrankheit als Durchkreuzungder Kontrollerwartung

Die Krebserkrankung stellt eine Konfrontation mit dem Eigendy-namischen dar. Das Leben mit der Krankheit ist ein komplett an-deres, weil die Krankheit die Kontrollerwartung durchkreuzt. Manhat das Leben bis dahin komplett kontrolliert, es auf eine plan-mäßige Abfolge festgezurrt, und jetzt kommt die Krankheit undzeigt auf, dass das Leben nun nicht mehr so planmäßig ablaufenwird wie gewohnt, weil die Krebskrankheit eben nicht gleichförmigverläuft, sondern Hochs und Tiefs aufkommen lässt. Das, was dieKrebskrankheit ausmacht, ist ihre Wechselhaftigkeit, das nichtkalkulierbare und auch nicht kontrollierbare Auf und Ab. Sie dik-tiert dem Menschen einen neuen Rhythmus, einen Rhythmus, derdadurch charakterisiert ist, dass sein Taktstock im Verborgeneneinen undurchschaubaren Takt angibt.

4. Die Krebskrankheit als schonungsloserInfragesteller

Die Krebskrankheit stellt infrage, sie stellt die bisherigen Rollenradikal infrage, sie stellt die bisher formulierten Lebensziele grund-legend infrage, sie stellt nicht weniger infrage als die eigene Iden-tität. Die Krankheit zwingt dem Menschen Fragen auf, die er sichvorher nie gestellt hat, sie hält ihn an, alles Bisherige neu zuüberdenken, neu zu konzeptualisieren, oft überhaupt neu aufsein Leben zu reflektieren, mit der Folge, dass das gesamte Lebendurch die Krankheit eine Neubewertung erfährt.

5. Der Krebs als Katalysator einer innerenEntwicklung

Die Krebskrankheit geht einerseits mit Verlust einher, mit demVerlust an Sicherheit, auch mit dem Verlust an Autonomie – abersie braucht den Menschen nicht bei diesem Verlust stehenzulassen,denn bei rechter Unterstützung birgt jede Krankheit zugleich auchein Transitionspotenzial in sich (Maio 2016). Die Krebskrankheitist nichts anderes als ein Katalysator von Veränderung, von äußerenVeränderungen auch, aber vor allem von innerer Veränderung. Siekann gerade deswegen eine Triebkraft zur Veränderung werden,weil man ihr nicht ausweichen kann.

Wollen wir eine gehaltreiche Ethik der Onkologie formulieren,müssen wir uns genauer damit beschäftigen, was es heißt,den kranken Menschen im Leben zu halten. Es muss der On-kologie letzten Endes darum gehen, nicht nur gegen den Krebszu kämpfen, sondern vor allen Dingen dabei zu helfen, mitder Krankheit zu leben. Das Leben im Kranksein – das wäredas zentrale Ziel der Onkologie, und doch können wir diekonkrete Bedeutung dieses Ziels in der Tiefe nur dann ver-stehen, wenn wir uns vergegenwärtigen, was die Krebskrank-heit mit dem Menschen macht.

Daher soll zunächst eine Phänomenologie der Krebserkrankungentwickelt werden, um daraus abzuleiten, was für eine Ethik derOnkologie von Bedeutung ist. Was also macht der Krebs mit demMenschen?

1. Der Krebs als DisruptorDie Krankheit Krebs bricht ein in eine Biographie, sie durchbrichtdie Kontinuität des Lebens, sie unterbricht die Selbstverständ-lichkeit der Vollzüge. Die Krebskrankheit ist ein radikaler Unter-brecher; sie lässt schlichtweg nicht zu, dass es so weitergeht wiebisher. Das ist das Virulente an der Krebserkrankung, dass sie jedeKontinuitätserwartung durchkreuzt und dem Krankgewordenenkeine Wahl lässt, denn die Krankheit diktiert ihm eine neue Herr-schaft. Plötzlich wird die Art und Weise, wie man bisher gelebthat, vollkommen brüchig, die Sicherheit des Lebens geht radikalverloren, die Krankheit kündigt eine neue Zukunft an, eine Zu-kunft, von der wir am Anfang nur eines wissen: dass sie absolutunsicher ist. Im Bewusstsein des Krankgewordenseins erscheintjede Zukunft nunmehr als unberechenbar. Die Zukunft des krankgewordenen Menschen ist eine Zukunft, die er nicht mehr einfachfestzurren und planmäßig in die Hand nehmen kann, sondern siewird zu einer Zukunft, die nach eigenen und scheinbar undurch-sichtigen Gesetzen verlaufen wird.

2. Die Krebskrankheit als Aussetzen vonNormalität

Auf diese Weise wird das Kranksein als etwas erlebt, das jede Nor-malität aufkündigt, sowohl im Blick auf die Bewältigung von All-tagssituationen als auch im Blick auf die alltäglichen Interaktionen.Nichts kann mehr wie gewohnt ablaufen, auch die Gespräche mitden anderen nicht. Man wird als krebskranker Mensch unweigerlichvon der Umgebung auf das Krankgewordensein reduziert; alleskreist nur noch darum. Eine Normalität aufrechtzuerhalten isthier zunächst einmal schier unmöglich. Daraus kann die Gefahrerwachsen, dass der kranke Mensch nicht nur Widrigkeiten aus-gesetzt ist, sondern sich selbst der Konfrontation mit diesem Nor-

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Prof. Dr. med. Giovanni Maio, Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, Freiburg

Phänomenologie der Krebserkrankung – als Plädoyer für eine Ethik der Zuwendung

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Die Zeit ist enger, die Planbarkeit geringer, aber die verbliebeneZeit wird bewusster in Angriff genommen, sie wird in gewisserWeise veredelt durch das Bewusstsein der enger gewordenen Zeit.Die Krebskrankheit kann als existenzieller Anstoß zu einem Neu-anfang fungieren. Sie erscheint somit in ihrer Doppelgestalt alstraumatisierendes Lebensereignis und zugleich als Entwicklungs-chance. Durch die Krankheit verliert man die Weite des Zeithori-zonts und gewinnt doch an Tiefe. Die Tiefe entsteht durch dasbewusstere Leben, durch die viel bewusstere Wahl der eigenenPräferenzen, aber auch der Beziehungen. Man wird wählerischer,erkennt bisher hingenommene sinnentleerte Beziehungen oderTätigkeiten und konzentriert sich auf das, was einem wirklichwichtig ist. Diese Verlusterfahrung von Krebs ist somit gekoppeltan eine „Gewinnerfahrung“, indem der Krebs zu einer verstärktenSensibilität für Vorgänge und Wirklichkeiten führt, die man bisdahin gar nicht wahrgenommen hatte.

Viele Krebspatienten berichten, dass sie durch die Krankheit Vor-gänge beispielsweise in der Natur miterlebten, die ihnen frühervollständig entgangen waren. So kann das Aufbrechen einer Pflanzeim eigenen Garten den kranken Menschen in einer bislang unvor-stellbaren Weise erfreuen. Die Krankheit sensibilisiert und öffnetdie Augen. Sie öffnet die Augen auch für den Augenblick und er-möglicht auf diese Weise eine Erfahrung, die tiefer gehen kannals vieles bisher Erlebte. Es verändert sich das Zeitbewusstsein,und der Umgang mit der kostbarer gewordenen Lebenszeit be-kommt einen völlig neuen Charakter. Das Bewusstsein, schwerkrank zu sein, hält einen dazu an, auf das zu fokussieren, waseinem lieb und teuer ist. Und aus diesem geschärften Bewusstseinkann der Wille zur Gestaltung des eigenen Lebens erwachsen.

Aber diese Chance erwächst eben nicht allein; sie stellt sich nichtautomatisch ein, sondern sie wird dann handfest, wenn dieserMensch auf andere Menschen stößt, die in ihm diese Katalysekraft

So lässt sich sagen, dass die Krankheit unweigerlich eine Aufgabestellt, sie stellt nichts anderes als eine Entwicklungsaufgabe. DieKrebskrankheit initiiert eine Phase des Übergangs, sie fordert zurVeränderung, zur Entwicklung auf. Und es sind die Kontextbe-dingungen, die darüber entscheiden, ob diese Entwicklung statt-findet und wie erfolgreich sie sein wird. Doch es ist wichtig, dieKrankheit eben zu konzeptualisieren als einen Beginn und nichtnur als einen Abschied. Sie ist eben Abschied wie Beginn. Abschiedvon den gewohnten Rollen, aber zugleich Beginn, und zwar Beginneiner Metamorphose. Die Krankheit ist nicht weniger als ein Me-tamorphosekatalysator. Sie verändert unweigerlich die Selbstdeu-tung des Menschen.

6. Krebs als existenzieller Anstoß zu einemNeuanfang

Was im Verlauf der Erkrankung geschieht, ist nicht weniger alseine Metamorphose der Zukunftsziele bis hin zur Metamorphoseder eigenen Persönlichkeit. Zu Beginn der Erkrankung fällt manzunächst ins Bodenlose; es ist nicht möglich, in dieser Phase neueZiele zu formulieren, denn alle Sicherheit ist weggebrochen undman gerät in einen Zustand der völligen Unerfahrenheit. Man hatkeine Erfahrung im Umgang mit einer solchen Situation, manweiß nicht, was einem bevorsteht, man weiß nicht, wie es weiter-geht, da die Krankheit und deren Verlauf als etwas völlig Fremdesin Erscheinung treten. Man muss sich zunächst mit ihr vertrautmachen, Erfahrungen sammeln, um überhaupt handlungsfähig zuwerden. Dies stellt eine einschneidende Erfahrung dar, die derKrebs einem auferlegt, die Erfahrung nämlich, dass man selbstnicht alles aktiv gestalten kann, dass aber das, was man gestaltenkann, nunmehr einen ganz neuen Wert erhält. Der Verlust vonGestaltungsräumen bezogen auf die Zukunft geht einher mit einerAufwertung der Gestaltungsräume im Hier und Jetzt.

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TZM News Herrschinger Hämatologie-Onkologie-Symposium 2018

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tun, an Haltungen zu sich selbst, weil Therapie nur funktioniertals Hilfe zur Ablösung der Selbststereotypisierung hin zu einemneuen Selbst-Wert-Gefühl. Darin liegt ein zentraler Wert der Zu-wendung zum kranken Menschen, die auch in Zeiten der Durch-ökonomisierung Kern der Medizin bleiben muss.

wecken können. Das Wecken der im Inneren schlummernden mo-tivationalen Energien zum Durchbruch in ein neues Leben nichtgegen die Krankheit, sondern mit der Krankheit, dieses Potenzialder Weckung von inneren Kräften auszuschöpfen, das ist eine derwichtigsten Aufgaben einer ganzheitlichen Onkologie.

Für eine Ethik der ZuwendungZusammengefasst lässt sich zunächst sagen, dass die Krebskrank-heit eine Erschütterung des eigenen Selbst darstellt, eine Erschüt-terung bisheriger Selbstbilder. Durch sie wird die bisherige Kon-zeption der eigenen Lebensgeschichte brüchig, erhält einen Riss,und dieser Riss fordert dazu auf, diese Geschichte neu zu erzählen,dem eigenen Leben eine andere Wendung zu geben, es zu einerganz anderen Einheit zusammenzuführen. Die eigentliche Hilfefür Menschen mit der Erkrankung kann daher nur darin bestehen,in der Erschütterung zugleich das Potenzial des Wachstums zu er-blicken, des Wachstums zu einem neuen Bewusstsein von Leben,das verlangt, die eigene Lebensgeschichte neu so zu erzählen,dass der durch die Krankheit bewirkte Bruch der Normalität nichtzugleich den Abbruch des Lebens darstellt, sondern den Durchbruchzu einem neuen Lebensentwurf.

Das Krankwerden geht mit einer Irritation des Lebens einher; esbeschädigt das Leben und ruft vor allen Dingen Unsicherheitenhervor. In dieser Phase entscheidet sich alles. Es entscheidet sich,ob der Krankgewordene in die soziale Desintegration driftet oderob er in eine neue Normalität einmündet. Eines ist gewiss, eineRenormalisierung des Lebens im Sinne eines Zurück zur bisher soselbstverständlichen Normalität kann es nicht geben, und dieseEinsicht ist genauso schmerzhaft wie chancenreich.

Die Unterstützung des kranken Menschen muss eine Unterstützungin der Neudefinition des eigenen Lebens, in der Neudefinition dereigenen Lebensziele, der eigenen Identität liegen. Diese Neudefi-nition aber ergibt sich nicht aus der Schublade. Wie neu zu defi-nieren ist, das kann kein Dritter entscheiden, da gibt es keineNorm, die man vorschlagen kann, da gibt es kein Konzept, dasman aus der Schublade ziehen kann, sondern diese Neudefinitionist ein Vorgang, den nur der Einzelne selbst leisten kann. Aber ober ihn leistet und wie er ihn leistet, das hängt vor allen Dingendavon ab, auf wen er stößt, wer ihm die Krankheit und ihre Im-plikationen erklärt und Deutungen anheimstellt, es hängt davonab, wie ernsthaft es dem Helfer darum geht, dem kranken Menschendabei zu helfen, seine neuen Lebensziele selbst zu finden.

Medizin ist eine soziale Praxis; ihr Ziel ist das Wohlergehen desMenschen. Daher dient Medizin primär der Humanisierung der Ge-sellschaft. Die Humanisierung erfolgt vor allem dadurch, dass dieMedizin vor allen Dingen versuchen muss, dem kranken Menschenetwas zurückzugeben, was er vielleicht am meisten vermisst nachseiner Krankheit, nämlich das Gefühl, ein vollgültiges Mitglieddieser Gesellschaft zu sein, das Gefühl, sich als wertvollen Teil desGanzen zu begreifen. Das zentrale Ziel einer jeden Therapie müsstedaher sein, den Menschen ein neues Selbstwertgefühl mitzugeben,sie zu bestärken, ihr Leben zu leben, ihnen Anerkennung zukommenzu lassen, Anerkennung, ja Wertschätzung für sie als Person. The-rapie sehe ich letzten Endes als Hilfe zur Wiederentdeckung deseigenen Selbst, als Hilfe zur Neuentdeckung der eigenen wertvollenRessourcen, als Hilfe zur Wiederaufwertung der eigenen Person.Sie hat es daher unweigerlich mit der Arbeit an Haltungen zu

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Literatur

Maio, Giovanni (2016) Den kranken Menschen verstehen. Für eine Medizin der Zuwendung.Freiburg, Herder

Chicago

Mün

chen

30. Juni 2018, 9:00 bis 17:00 Uhr

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Gemeinsame Fortbildung des CCC München und des TZM im Hörsaaltrakt des Klinikums der Universität – Campus Großhadern

Die Arbeitsgruppe „Ernährung und Krebs“ des Tumorzen-trums München hat ihre Vorbereitungen zur Veröffentlichungihres ersten Manuals abgeschlossen. „Ernährung in der Onkologie“, so der Titel des Werks, wird herausgegeben vonProfessor Hans Hauner und Professor Marc Martignoni. AmMittwoch, den 4. Juli ab 17:00 Uhr wird das Buch im Rahmeneines Symposiums im Klinikum rechts der Isar vorgestellt.

Inhaltlich geht es unter anderem um die Vorstellung der Man-gelernährungsstudie, um Screening und Anamnese sowie Er-nährungstherapie in ausgewählten Situationen.

Vorstellung neuer ManualeMittwoch, 4. Juli 2018

Ernährung in der Onkologie

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* In Kombination mit einer Fluoropyrimidin-haltigen Chemotherapie. ** Nicht signifi kante numerische Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens bei rechtsseitigen All-RAS-WT Tumoren gemäß einer retrospektiven Subgruppenauswertung der CALGB 80405-Studie im Vergleich mit Cetuximab + FOLFIRI/mFOLFOX6.

Referenzen:1. Hurwitz et al. N Engl J Med 2004; 350: 2335-2342. 2. Quidde et al. Ann Oncol 2016; 27: 2203-2210. 3. Venook et al. Oral Presentation at ESMO Special Symposium, 2016. Presented by Lenz H-J. 4. Heinemann et al. Oral Presentation at ESMO Special Symposium, 2016.

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