Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie · Grundwasser im Vogelsberg Hessisches Landesamt...
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GGrruunnddwwaasssseerr iimm VVooggeellssbbeerrgg
Hessisches Landesamtfür Umwelt und Geologie
GGrruunnddwwaasssseerr iimm VVooggeellssbbeerrggBernd Leßmann, Hans-Jürgen Scharpff, Angelika Wedel, Klaus Wiegand
HESSISCHES MINISTERIUMFÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFTUND FORSTEN
Vorwort 3
1. Geographischer und geologischer Überblick 4
2. Klima 6
3. Grundwasserstockwerke 7
3.1. Grundwasser 7
3.2. Grundwasserstockwerksabfolge 7
3.3. Hydrogeologische Zonen 8
4. Hydrogeologische Kartierung 10
4.1. Grundwasseraustritte 10
4.1.1. Oberwaldzone 10
4.1.2. Zone der Schwebenden Grundwasserstockwerke 11
4.1.3. Zone der Durchgehenden Grundwassersättigung 11
4.2. Abflußverhalten von Fließgewässern 14
4.3. Abflußspenden und Abflußabgaben 15
5. Grundwasserstockwerke und Grundwasserentnahme 18
5.1. Grundwasserstockwerksbau 18
5.2. Grundwasserentnahme 20
6. Wassergewinnung 25
7. Umweltverträgliche Grundwasserförderung 28
Impressum 32
2
Inhalt
3
VorwortDie Böden sind – trotz rasanter wissenschaftlich-tec
Die Grundwasserentnahmen im Vogelsberg, nebendem Hessischen Ried die tragende Säule der öffentlichenWasserversorgung im Ballungsraum Rhein-Main, warenvor wenigen Jahren noch heftig in der Diskussion. Dievielfach emotionalen Auseinandersetzungen zwischender Bevölkerung sowie den Interessenverbänden im Vo-gelsberg und den überregionalen Versorgungsunterneh-men wurden noch auf unzureichenden fachlichen Grund-lagen geführt, bzw. wurden überhaupt erst dadurch aus-gelöst.
Mit umfangreichen Untersuchungen, Dokumentatio-nen und Handlungsanleitungen, wie dem „Übergreifen-den Gutachten zur Wassergewinnung im Vogelsberg“,dem „Bericht zur Hydrogeologie des Vogelsberges“ unddem „Leitfaden zur umweltverträglichen Wassergewin-nung im Vogelsberg“ konnte der Kenntnisstand über dieGrundwasserverhältnisse, u.a. die Besonderheiten im vul-kanischen Vogelsberg, deutlich verbessert werden. Damitwurde eine wesentliche Versachlichung, insbesondere inlaufenden Wasserrechtsverfahren herbeigeführt.
Die Broschüre fasst die wesentlichen fachlichen In-halte der nun vorliegenden wissenschaftlichen Grundla-genarbeiten in kurzer und allgemein verständlicher Formzusammen. Sie soll bei noch ausstehenden wasserrecht-lichen Entscheidungen den am Verfahren Beteiligten dieBeurteilung und Entscheidungsfindung erleichtern.
Wilhelm DietzelStaatsministerHessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten undNaturschutz
Der Vogelsberg ist mit ca. 2300 km2 eines der größtenzusammenhängend aufgeschlossenen Vulkangebiete deseuropäischen Festlands.
Er liegt in der Mitte Hessens (Abb. 1) im HessischenBruchschollen-Tafelland, das durch tektonische Störun-gen, Gräben und Horste gekennzeichnet ist.
Seine naturräumliche Gliederung umfaßt den Ober-wald, ein überwiegend bewaldetes Gebiet oberhalb von
600 m ü. NN, den Hohen Vogelsberg, dessen Begrenzungnahezu der 500 m-Höhenlinie folgt, den Unteren Vogels-berg, der den Hohen Vogelsberg in einem bis zu 20 kmbreiten Ring umschließt und den Vorderen Vogelsberg,der die sich nach Nordwesten erstreckenden Basalt-decken umfaßt. Die höchsten Erhebungen sind der Tauf-stein (774 m ü. NN), der Hoherodskopf (764 m ü. NN) undder Sieben Ahorn (753 m ü. NN) (Abb. 2).
Charakteristisch für den Vogelsberg ist ein radial-strahliges Flußsystem. Die Bäche und Flüsse haben sichim Süden und Südwesten besonders tief eingeschnitten.So ist eine Aufgliederung in Riedel (Höhenzüge) und Tälerentstanden. Das Gefälle vom Oberwald zum Vogelsber-grand ist in den Tälern von Nidda und Nidder am größten.
Während des Tertiärs, dem geologischen Zeitabschnittzwischen 65 und 2,5 Mio. Jahren vor heute, wurden über
eine Zeitdauer von ca. 15 Millionen Jah-ren immer wieder, zeitlich unterbro-chen, vulkanische Schmelzen zutage ge-fördert. Die Hauptförderphase lag zwi-schen 17 und 15 Mio. Jahren vor heute. Essind hauptsächlich Basaltvarietäten (z.B.Basanite, Alkaliolivinbasalte), die mitvulkanischen Auswürflingen (Vulkani-klastika) unterschiedlicher Körnung,hauptsächlich Tuffen, wechsellagern.Die Ablagerungen bilden einen schichti-gen, linsig verzahnten Aufbau.
Die untere Begrenzung der vulkani-schen Abfolge im Zentrum des Vogels-berges ist bisher nicht nachgewiesen. Die1996 abgeteufte Forschungsbohrung Ul-richstein im Hohen Vogelsberg (669 m ü.NN) hat mit einer Endteufe von ca. 656 munter der Geländeoberfläche die Basalt-basis nicht erreicht.
Am Rand des Vulkangebietes findetman neben jungen, unverfestigten Abla-gerungen des Quartärs (ein geologischerZeitabschnitt, der vor 2,5 Mio. Jahren be-gann und bis heute andauert) vor al-lem Schichten des Buntsandsteins im Sü-den und Osten sowie Muschelkalk imSüdosten (Abb. 2).
In die vulkanischen Ablagerungeneingeschaltet sind vereinzelt gering-mächtige Braunkohlevorkommen, dieeine üppige Vegetation in warm-feuch-tem Klima zur Zeit der Magmenförde-rung belegen. Kleinere Lagerstätten vonBrauneisenerz und Bauxit (aluminium-hydroxidreiche Verwitterungsprodukte),der längere Trockenzeiten in wechsel-feuchtem Klima zu seiner Entstehung
braucht, findet man vorwiegend im westlichen und nord-westlichen Vogelsberg.
Eine Besonderheit, die reliktisch noch im Westerwald,Taunus und Pfälzer Wald vorkommt, ihre größte Verbrei-tung aber im Vogelsberg hat, sind fossile lateritische (mitEisenoxiden angereicherte) Roterden als Produkt der Ba-saltverwitterung im Tertiär. Gegenwärtig entstehen sie alstypische, besonders tiefgründige Waldböden in den feuch-
ten Tropen. Fossile Roterden zeichnen durch ihre ober-flächige Verkrustung alte Landoberflächen nach. Im heu-tigen Klima werden sie allerdings sehr schnell abgetragen.
Der Vogelsberg ist forst- und landwirtschaftlich ge-prägt. In den Hochlagen des Oberwaldes und auf hochge-legenen Hängen gibt es Lockerbraunerden. An exponier-ten Steillagen des vulkanischen Vogelsberges, wo die Ero-sion eine tiefgründige Bodenentwicklung verhindert, ha-ben sich flachgründige Böden (Ranker) entwickelt. Diese
Lagen werden vorwiegend forstwirtschaftlich genutzt.Großflächig mittelgründige Braunerden auf den Plateausdienen hauptsächlich der Landwirtschaft.
Außerdem gibt es z. B. im mittleren Niddatal oberhalbvon Eichelsdorf und im Bereich des Hochwasserrückhal-tebeckens Ulfa reliktisch Niedermoore. Zwischen Geisel-stein und Taufstein im Oberwald hat sich über einer was-serstauenden Schicht ein Hochmoor gebildet, das 1974zum Naturschutzgebiet erklärt wurde.
54
1. Geographischer und geologischer Überblick
Rheinisches
Schiefergebirge
Ta
un
us
O d e n w a l d
b e r
g
V
o g e ls
-
R
hö
n
Wiesbaden
Darmstadt
50 km0
Frankfurt a. M.
Fulda
Gießen
Alsfeld
Bad Hersfeld
Eschwege
Kassel
Limburg
Wetter
NiddaNidder
Weser
Rh
ein
Main
Kinzig
Lahn
Ohm
Schwalm
Fulda
Eder
Diemel
Dill
Gersprenz
Wer
ra
Neckar
Wester-wald
8 9 10
51
50
Abb. 2. Naturräumliche Gliederung und geologische Übersicht des Vogelsberges und seiner Umgebung.
OberhessischeSchwelle
Vorderer Vogelsberg
Fulda–Haune–Tafelland
FuldaerSenke
Hoher Vogelsberg
Wetterau Unterer Vogelsberg
BüdingerWald Sandstein-
Spessart
Büdingen–MeerholzerHügelland
EbsdorferGrund
Lumda-Plateau
HaupteinheitUntereinheit
Ohm
senke
Nördliches Vogels-bergvorland
NördlicherUnterer
Vogelsberg
NordwestlicherUnterer
Vogelsberg
Ohmtal
GießenerLandrücken
LaubacherHügelland
Gie
ße
ne
r B
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ke
n
Nord-westlicheWetterau
Münzen-bergerRücken
Horloff-senke
WestlicherUnterer
Vogelsberg
Hoher
Tau
nus
Südliche Wetterau Ronneburger Hügelland
Bergener
Rücken
WestlicherHoher
Vogelsberg
OttrauerBergland
SchlitzerLandGroßenlüder–
LauterbacherGraben
ÖstlicherUnterer
Vogelsberg
Kä
mm
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l
Ober-wald
ÖstlicherHoher
Vogelsberg
GieselerForst
FliedenerBecken
SüdlicherUnterer
Vogelsberg
SchlüchternerBecken
NördlicherSandstein-spessart Teileinheit
Salzbödetal
Krofdorf–Königsberger
Forste
GießenerLahntal-Senke
Mar
burg
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alse
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Lahn
berg
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arbu
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Großen-lindener
HügellandHungener Höhen
Butzba
cher
Becke
n
Horloff-niederung
FriedbergerWetterau
Nidda–Aue Ronneburger
Bergrücken
Ronneburger
Hochfläche
HeidenbergerWetterau
Nordwestl.Main–Taunus-
vorland
Niddatal
AlsfelderMulde
Mörlener
Bucht
0 10 km
Abb. 1. Großräumige Lage des Vogelsberges.
ü. NN sind durch niedrige Windgeschwindigkeiten, ho-he Lufttemperaturen und geringe Niederschlags-höhen gekennzeichnet. Der Hauptanteil des Nieder-schlags fällt in den Sommermonaten (z. B. Station Vil-lingen, Abb. 3).
3) In einem Übergangsbereich zwischen 300 und 600 mü. NN treten Mischtypen auf. Sie weisen eine ausgegli-
chene Niederschlagsverteilung zwischen Sommer-und Wintermonaten auf (z.B. Station Bindsachsen,Abb. 3).
Die mittleren Niederschlagsmengen nehmen vom Fußdes Vogelsberges bis zum Oberwald zu.
7
Der Vogelsberg ist klimatisch durch hohe Nieder-schlagsmengen gekennzeichnet, bedingt durch die Stei-gungsregen, die in unseren Breiten in den Mittelgebirgs-lagen an Westhängen abregnen. Im Mittel werden im Ho-hen Vogelsberg von der Station Ulrichstein Nieder-schlagsmengen von rd. 1200 mm/Jahr gemessen (Abb. 3).Die Jahre 1976 mit weniger als 700 mm und 1994 mit we-niger als 800 mm Jahresniederschlag sind seit 1960 die bisjetzt niederschlagsärmsten im Hohen Vogelsberg.
Im Vergleich zum Vogelsberg liegen die jährlichen
Niederschlagsmengen im Mittel in der wasserarmen Wet-terau zum Teil bei lediglich ca. 500 mm/Jahr.
Im Vogelsberg lassen sich drei Niederschlagszonen un-terscheiden:1) Im Mittelgebirgsbereich oberhalb 600 m ü. NN fällt der
Hauptanteil der Niederschlagsmenge im langjährigenMittel während der Wintermonate, bildet aber nochein sommerliches Nebenmaximum (z.B. Station Ul-richstein, Abb. 3).
2) Niederungen mit Höhenlagen zwischen 100 und 300 m
6
2. Klima
3. Grundwasserstockwerke
Abb. 3. Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen.
Ulrichstein
Niederschlags-linien
Basaltverbreitung
Villingen
Bindsachsen
135
115
95
75
55
35Jan Mär Mai Jul Sep Nov
Nied
ersc
hlag
[mm
]
135
115
95
75
55
35Jan Mär Mai Jul Sep Nov
Nied
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[mm
]
135
115
95
75
55
35Jan Mär Mai Jul Sep Nov
Nied
ersc
hlag
[mm
]
600550
650 700
700
600
700 800
800
650
750
800
700
900
1000
1200
900
1000
900 80
0
900
800
950
10001100
950
850
750
650 650
650
650 60
0
700
0 10 km
3.1. Grundwasser
Die Nutzung des Wassers hat in der Geschichte schonfrüh erstaunliche Höhepunkte erzielt, denkt man nur andie geschickte Ausnutzung der jährlichen Nilhochwässerin Ägypten (ca. 3500 v. Chr.), den ausgeklügelten Kana-tenbau der Sumerer in Mesopotamien um 3000 v. Chr.und schließlich die Aquädukte römischer Ingenieure umdie Zeitenwende.
Ganz anders verhält es sich mit der Entwicklung derWissenschaft vom Wasser, seinen Erscheinungsformenund Eigenschaften über und unter der Erdoberfläche. Biszum Ende des 15. Jahrhunderts hielten sich Vorstellungenvon unterirdischen Wasseradern, die den Erdkörperdurchziehen, Quellen und Flüsse speisen.
Mit zunehmendem Verständnis geologischer und me-teorologischer Vorgänge und mit der Entwicklung neuerMeß- und Untersuchungsmethoden entwickelte und be-stätigte sich eine Vorstellung vom Kreislauf des Wassers,dessen Bestandteile mittlerweile begrifflich genormt sind.Die erste [D]eutsche [I]ndustrie [N]orm, die wasserwirt-schaftliche und hydrologische Begriffe in ihrer Bedeutungzum besseren gegenseitigen Verständnis festlegt, erschien1944, eine zweite 1954 und eine dritte 1979. In der DIN4049 ist der Begriff Grundwasser definiert als unterirdi-sches Wasser (unterhalb der Bodendecke), das die Hohl-räume der Erdrinde zusammenhängend ausfüllt und des-sen Bewegung ausschließlich oder nahezu ausschließlichvon der Schwerkraft bestimmt wird.
Hohlräume in der Erdkruste sind Porenräume inLockergesteinen wie Sand oder Kies, sowie Klüfte in ver-festigten, kompakten Gesteinen, wie Sandsteinen oder Ba-salten. Eine besondere Stellung nehmen Karsthohlräumein z. B. kalkigen Gesteinen ein. Je nach Art des Gesteinsunterscheidet man Poren-, Kluft- und Karstgrundwasser-leiter.
Der Vogelsberg ist ein Kluftgrundwasserleitersystem.Niederschlagswasser aus Regen und Schnee, das in
den klüftigen Schichten versickert, füllt die Hohlräumeim Gestein mehr oder weniger, je nach dem, wie das Was-ser an unterlagernde Schichten weitergegeben wird undwie groß die Hohlräume sind. Man unterscheidet grund-
wasserleitende, grundwassergeringleitende und grund-wassernichtleitende Schichten. Durch feine Haarrisse, diekleiner als ca. 4/1000 mm (4µm) groß sind, dringt keinWasser mehr. Schichten mit Kluftweiten in dieser Größe-nordnung sind grundwassernichtleitend bzw. grundwas-serstauend. Die wasserleitenden Schichten (Grundwas-serleiter) können vollständig mit Wasser gefüllt, wasser-gesättigt, sein. Sie können aber auch nur bis zu einer be-stimmten Höhe durchgehend wassererfüllte Klufträumehaben. Zwischen wasserleitenden und überlagerndenSchichten befinden sich dann wasserungesättigte Berei-che.
3.2. GrundwasserstockwerksabfolgeZwischen 1994 und 1999 wurden vom Hessischen
Landesamt für Bodenforschung (HLfB) hydrogeologischeGeländeuntersuchungen und Datenrecherchen durchge-führt. Die Kenntnisse über die hydraulischen Zusam-menhänge in der vulkanischen Grundwasserstockwerks-abfolge zeigen, wo Beeinträchtigungen durch die Grund-wasserförderung aufgrund der hydrogeologischen Gege-benheiten möglich sind und wo sie ausgeschlossen wer-den. Die Untersuchungen bilden die hydrogeologischeGrundlage für eine ökologische Grundwasserbewirt-schaftung im Vogelsberg.
Die Schichtenverzeichnisse von über 6000 Bohrungen,die im Verlauf der letzten 100 Jahre im Vogelsberg nie-dergebracht wurden, und geophysikalische Bohrloch-untersuchungen bestätigen eine Wechsellagerung vonklüftigen, manchmal auch sehr kompakten Basalten mitTuffen und anderen geologischen Schichten wie fossilenBöden und geringmächtigen Lagerstätten. Mit wenigenAusnahmen sind die klüftigen Basalte gute bis sehr guteGrundwasserleiter mit geringem Rückhaltevermögen,d.h. das zusickernde Wasser wird in den Klüften nur be-dingt zurückgehalten. Die Mächtigkeiten der einzelnenGesteinslagen reichen von wenigen Dezimetern bis zumehreren Zehnermetern. Tuffe und stark verwitterte Ba-saltlagen mit einem hohen Anteil an feinkörnigem, tonig-lehmigem Material sind Grundwassergeringleiter, verein-zelt auch Grundwassernichtleiter.
9
3.3. Hydrogeologische Zonen
Aufgrund der Wechsellagerung von grundwasserlei-tenden mit grundwassergeringleitenden und grundwas-sernichtleitenden Schichten sowie der geographischenund klimatischen Situation lassen sich im Vogelsberg dreihydrogeologische Zonen unterscheiden (Abb. 4):1) die Oberwaldzone,2) die Zone der Schwebenden Grundwasserstock-
werke, die sich weiter unterteilen läßt in2A-Typ-Grundwasserstockwerke, die z.T. durch Grund-wasser, das im Bereich des Oberwaldes gebildet wird,gespeist werden und
2B-Typ-Grundwasserstockwerke, bei denen die Zu-sickerung von Grundwasser aus der Oberwaldzoneausgeschlossen ist,
3) und die Zone der Durchgehenden Grundwasser-sättigung.
8
Die hydrogeologische Zone der Durchgehenden Grundwassersättigung ist wie die Zone der Schwebenden Grundwas-serstockwerke in unterschiedlich durchlässige Gesteinsschichten untergliedert. Bohrungen in der tiefsten hydrogeolo-gischen Zone zeigen, daß immer wieder hydraulisch eigenständige Grundwasserstockwerke angetroffen werden.
Die Hohlräume einer grundwasserleitenden Schicht sindentweder vollständig bis zur überlagernden grundwas-sergeringleitenden Schicht mit Wasser gefüllt (gespannteGrundwasseroberfläche) oder nur bis zu einer bestimm-ten Höhe, die unterhalb der grundwassergeringleitendenSchicht bleibt (freie Grundwasseroberfläche).
Befinden sich über der Zone der Durchgehenden Grund-wassersättigung wassergeringleitende Schichten, bildensich über diesen in Abhängigkeit von der zusickerndenWassermenge wiederum Grundwasserkörper, sogenann-te schwebende Grundwasserstockwerke aus.
Der Wechsel von unterschiedlich durchlässigen Gesteins-schichten führt zu einer Grundwasserstockwerksgliede-rung.
Versickerndes Wasser trifft auf Gesteinsschichten, die ei-ne Versickerung in unterlagernde Schichten zulassen(Grundwasserleiter), die eine Versickerung verzögern(Grundwassergeringleiter) oder das Wasser vollständigstauen (Grundwassernichtleiter).
Abb. 4. Schematischer hydrogeologischer Schnitt durch den Vogelsberg.
ganglinie nicht bemerkbar, da das Wasser durch Verdun-stung und den Verbrauch durch die im Oberwald reicheVegetation (zusammengefaßt Evapotranspiration) der At-mosphäre wieder zugeführt wird.
Das geringe Rückhaltevermögen der Grundwasserlei-ter und damit verbunden die hohe Quellschüttung derGrundwasseraustritte in der Oberwaldzone kann dazuführen, daß selbst in Monaten mit gewöhnlich hoherGrundwasserneubildung (Winterhalbjahre) das Wasser inden betreffenden Vorkommen fast völlig aufgebrauchtwird.
Die Reaktion der Quellschüttung auf die Niederschlä-ge läßt den Schluß zu, das es sich im Oberwald nicht umein zusammenhängendes schwebendes Grundwasser-stockwerk handelt, sondern eher um mehrere kleine, un-abhängige Grundwasserstockwerke.
4.1.2. Zone der Schwebenden Grundwasser-stockwerke
Die Anzahl der Grundwasseraustritte in den Hangla-gen des Vogelsberges, der Zone der Schwebenden Grund-wasserstockwerke, ist deutlich geringer als in der Ober-waldzone, in der die Grundwasserstockwerke ebenfallsschwebend ausgebildet sind, aber nur über ein relativ klei-nes Einzugsgebiet verfügen.
In der Zone der Schwebenden Grundwasserstockwer-ke lassen sich zwei Typen von Grundwasserstockwerkenunterscheiden. Schwebende Grundwasserstockwerke imBereich des zentralen Teils des Vogelsbergs können übereine Zusickerung aus den Schichten der Oberwaldzoneverfügen. Die Quellen, die aus diesen Grundwasserstock-werken gespeist werden, zeigen im Gegensatz zu denQuellen der Oberwaldzone ein ausgeglichenes Schüt-tungsverhalten. Charakteristisch für diesen Quelltyp istdie Schüttungsganglinie der Heegholzquelle bei Ilbeshau-sen im östlichen Vogelsberg (Abb. 5). Sie zeigt kaum eineNiederschlagsabhängigkeit und keine großen Schüt-tungsschwankungen. Das von der Oberwaldzone in dieunterlagernden Gesteinsschichten langsam versickernde
Wasser führt zu einer kontinuierlichen Wasserzufuhr indie darunter liegenden schwebenden Grundwasserstock-werke. Dies macht sich im Schüttungsverhalten der Quel-len bemerkbar. Der Schüttungsquotient von 1,3 zeigt dasausgeglichene Verhältnis von niedrigstem zu höchstemgemessenen Schüttungswert. Diese Grundwasserstock-werke sind 2A-Typ-Grundwasserstockwerke (Abb. 4).
Die Grundwasserstockwerke, die in der horizontalenAusdehnung weiter vom Kern der Vogelsberges entferntsind, zeigen ein Schüttungsverhalten, das wieder dem derQuellen in der Oberwaldzone ähnelt, also große Schwan-kungen und starke Niederschlagsabhängigkeit aufweist.Diese Grundwasserstockwerke werden nicht mehr durchdie Zusickerung aus den Grundwasserstockwerken derOberwaldzone gespeist. Es sind 2B-Typ-Grundwasserstock-werke (Abb. 4).
4.1.3. Zone der Durchgehenden Grundwasser-sättigung
Der schwebenden Ausbildung der Grundwasserstock-werke, d.h. die Unterlagerung einer wassergeringleiten-den Schicht mit einer wasserleitenden, aber nicht was-sergesättigten Schicht, in den höheren Regionen des Vo-gelsberges folgt zum Fuß des Vogelsberges die Zone derDurchgehenden Grundwassersättigung.
Die Anzahl der Grundwasseraustritte nimmt zumRand des Vogelsberges wieder zu, da die Einzugsgebieteder Quellen größer werden. Quellen mit hohen Schüttun-gen und ausgeglichenem Schüttungsverhalten sind ty-pisch für diese Zone.
11
Die hydrogeologische Geländeaufnahme im Vogels-berg umfaßte neben der Auswertung von Bohrungen dieAufnahme von Grundwasseraustritten, das Durchführenvon Abflußmessungen in Fließgewässern und die Kartie-rung von trockengefallenen Bächen (Trockenfallstrecken,Abb. 6 bis 9). Die Geländearbeiten wurden in nieder-schlagsarmen Spätsommern durchgeführt.
Die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte der hy-drogeologischen Geländeaufnahme zeigen das in den dreihydrogeologischen Zonen typische hydrologische Ver-halten der Grundwasserstockwerke und die Zusammen-hänge zwischen geologischem Bau, Niederschlag undGrundwasserneubildung.
10
4. Hydrogeologische Kartierung
4.1. Grundwasseraustritte
4.1.1. Die Oberwaldzone
Im Bereich der Oberwaldzone gibt es im Vergleich zuden Hanglagen des Vogelsberges überdurchschnittlichviele Grundwasseraustritte, die mit wenigen Ausnahmenganzjährig schütten. Einer der Gründe hierfür liegt in ei-ner gehemmten Versickerung des Niederschlags durchmächtige vertonte Vulkaniklastika und verwitterte Ba-saltlagen. Aufgrund der hohen jährlichen Niederschlags-mengen von rd. 1200 mm/Jahr in diesen Höhenlagen bil-den sich über grundwassergeringleitenden Horizontenschwebende Grundwasserstockwerke, die zu der Vielzahlvon Grundwasseraustritten führen.
Ein weiterer Grund ist die Bodenvergesellschaftungim Oberwald. Die weitflächig auf Hochlagen vorherr-schenden Lockerbraunerden sind Böden mit stabilem Ge-füge und geringer Dichte, sodaß diese Böden sehr gut Was-ser speichern. Die gute Wasserleit- und Speicherfähigkeitder Böden führt dazu, daß die Niederschläge auch alsSickerwasser den unterlagernden schwebenden Grund-wasserstockwerken zufließen und so dazu beitragen, daßdie Quellen in der Oberwaldzone selbst in Trockenphasennur in Ausnahmefällen trockenfallen.
Das Schüttungsverhalten von Quellen, d.h. wie stetigund wieviel Wasser im Jahresmittel fließt, ist eine cha-rakteristische Eigenschaft von Quellen. Es wird in Jahres-ganglinien graphisch aufgezeichnet. Über ihren Schüt-tungsquotienten, das Verhältnis des niedrigsten gemesse-nen Wertes NQ zum höchsten gemessenen Wert HQ in ei-nem bestimmten Zeitraum, sind sie vergleichbar.
Die Hoherodskopfquelle bei Breungeshain (Abb. 5)zeigt eine für die Quellen im Oberwald typische Schüt-tungsganglinie mit steilen jahreszeitlichen Sprüngen. Diehohen Niederschläge im Winter wirken sich direkt aufdie Quellschüttung aus. Sie zeigt auch, daß die gut bis sehrgut geklüfteten basaltischen Gesteine des Oberwaldes eingeringes Rückhaltevermögen für das zusickernde Wasserbesitzen und gute Grundwasserleiter sind. Der Schüt-tungsquotient (NQ=0,1l/s / HQ=9,3l/s) beträgt 0,01. Dieteilweise hohen Niederschläge im Sommer (Nebenmaxi-mum des Niederschlags) machen sich in der Schüttungs-
0 5 10 l/s
0 1 2 l/s
Schüttung der Quelle Breungesheim
Schüttung der Quelle Ilbeshausen
1993
1992
1991
1990
1989
1988
Abb. 5. Schüttungsganglinien unterschiedlicher Quelltypen.
1312
Abb. 6. Geologische Karte des unteren Brachttales mit Grundwasseraustritten.
0 1 2 km
Abschwemmassen
Schüttung
trocken trocken
< 0,2 l/s < 0,2 l/s
0,2 – 0,5 l/s > 0,2 l/s
0,5 – 1,0 l/s
> 1,0 l/s
Quelle Quellgruppe Dränauslauf Schüttung
ohne Abfluß
< 0,2 l/s
0,2 – 0,5 l/s
0,5 – 1,0 l/s
> 1,0 l/s
punktuell kleinflächig großflächig
Ablagerung in Tälern mit unebenem Talboden
Ablagerung in Tälern mit unebenem Talboden (Auenlehm)
Füllungen in Altläufen der Kinzig
Hangrutschmassen (abgerutscht u. versteinte Schollen)
Solifluktionsschutt
Lößlehm, örtl. Löß
Terrassen (ungegliedert)
Verwitterungsbildungen der vulkanischen Gesteine
Vulkanische Gesteine
Tiefgründig zersetzte u. verwitterte Gesteine
Wellenkalk (evtl. Rutschmassen) Unterer Muschelkalk
Ober
erM
ittle
rer
Bunt
sand
stei
n
Unte
rer
Bunte Tonsteinschichten; Quarzschichten
Braunrote Tonsteinschichten
Plattensandstein, Basiston
Solling–Sandstein
Röt4
Röt 3
Röt 1 + 2
Solling–Folge
Hardegsener Wechselfolge
Hardegsener Sandstein
Detfurther Wechselfolge
Detfurther Sandstein
Volpriehausener Wechselfolge
Volpriehausener Sandstein
ungegliedert
Grenzschichten
Sandstein–Tonstein–Schichten
Tonstein–Sandstein–Schichten
Basis–Sandstein
Tonlagen–Sandstein
Dickbank–Sandstein Gelnhausen–
Folge
Salmünster–Folge
Volpriehausen–Folge
Detfurth–Folge
Hardegsen–Folge
Tonstein–Sandstein–Schichten
Dickbankige Sandstein–Schichten
Sandstein–Tonstein–Schichten
ECK'scher Geröllsandstein
Gefaßte Quellen
Quellen
Schwinden
Naßstellen
Miozän
Holo
zän
Plei
stoz
än
Quar
tär
Terti
ärTr
ias
Jungtertiär
15
Der Abfluß eines Gewässers setzt sich aus dem oberir-dischen und dem grundwasserbürtigen Abfluß zusam-men. Stellt man sich einen Fluß in einem völlig undurch-lässigen Flußbett vor, so würde der gesamte Niederschlageines heftigen Regens den Abfluß erst erhöhen, danachwürde der Abfluß abklingen bis der Fluß kein Wassermehr führt. Die meisten Flüsse in unserem Klimabereichführen aber auch in Trockenzeiten Wasser. Ein Teil desJahresniederschlages versickert in den Untergrund undbildet Grundwasser, das als Quelle auch in niederschlags-armen Phasen wieder zutage tritt. Dieser Abfluß wird alsgrundwasserbürtiger Abfluß bezeichnet.
14
4.2. Abflußverhalten von Fließgewässern Der schichtige Aufbau des Vogelsberges führt bei denFließgewässern in der Region zu einer im Verlauf des Ge-wässers wechselnden Wasserführung. Verläuft der Bachdurch eine klüftige, nicht wassergesättigte Zone, ver-sickert das durchfließende Wasser. Der Abfluß nimmt indiesem Bereich ab. Ist der Abfluß des durch diese Zonefließenden Gewässers geringer als die Aufnahmefähigkeitder Gesteinsschicht, fällt der Bach trocken. Schneidet derBach grundwassergesättigte Gesteinspartien, wird dage-gen Wasser zugeführt. Der Abfluß nimmt zu.
In niederschlagsarmen Jahreszeiten wird der Bachausschließlich aus zuströmendem Grundwasser gespeist.Aus der Zunahme oder Abnahme des Abflusses lassensich Kenntnisse über Eigenschaften der im Flußbett an-geschnittenen Grundwasserkörper gewinnen.
Als Beispiel für das Abflußverhalten eines Fließge-wässers im Vogelsberg dient hier der obere Abschnitt ei-nes Baches, der in seinem Verlauf Hundsbach, dannHorstbach und im unteren Teil schließlich Bracht heißt.Im September 1994 wurde über eine Gewässerlänge von8 km in engen Abständen von ca. 200 m der Abfluß ge-messen (Abb. 7).
Die Quelle des Hundsbaches befindet sich ca. 750 msüdwestlich von Herchenhain außerhalb des Oberwaldes.Die Meßstrecke verläuft ungefähr in Nord-Süd-Richtungbis zur Ortschaft Kirchbracht. Sie gehört zur Zone derSchwebenden Grundwasserstockwerke. Die Bracht ver-läuft ab Kirchbracht weiter nach Süden und mündet beiWächtersbach in die Kinzig.
Das Abflußprofil zeigt, daß der Wechsel zwischen was-sergesättigten und wasserungesättigten Schichten im Vo-gelsberg kleinräumig ist. Der Abfluß nimmt von der Quel-le an erst leicht und dann deutlich zu. Die Schwankungen
des Abflusses im Verlauf des Fließgewässers reichen von-2,6 l/s bis 10,2 l/s im Vergleich zum jeweils räumlich vor-angegangenen Meßwert.
4.3. Abflußspenden und Abflußabgaben
Bezieht man die gemessenen Abflüsse auf das oberir-dische Teileinzugsgebiet des Fließgewässers, erhält manAbflußspenden (= Abflußzuwächse pro Einzugsgebiet)und Abflußabgaben (= Abflußverluste pro Einzugsgebiet).Das Einzugsgebiet umfaßt das zwischen zwei Meßpunk-ten gelegene Gebiet, das das Wasser für den Abfluß ausden Grundwasseraustritten spendet. Der Abfluß wird inl/s pro km2 gemessen.
Die hydrogeologische Dreiteilung des Vogelsbergesläßt sich auch in der Abflußspenden- und Abflußabga-benkarte wiedererkennen (Abb. 8).
Die Oberwaldzone, deren Quellen fast nie trocken-fallen, ist durch Abflußspenden gekennzeichnet.
Trockenfallstrecken, die im gesamten restlichen Vo-gelsberg immer wieder vorhanden sind, fehlen in derOberwaldzone.
Die Zone der Schwebenden Grundwasserstockwerkewird durch gelbe und orange Farbtöne dominiert, die einausgeglichenes Verhältnis zwischen Abflußzuwächsenund Abflußverlusten bedeuten. Flüsse, die in der Ober-waldzone entspringen, verlieren in der Zone der Schwe-benden Grundwasserstockwerke teilweise erheblicheMengen an Wasser und fallen zeitweise trocken (Abb. 9).
Die Zone der Durchgehenden Grundwassersättigungist mit Ausnahme von Gebieten im Verlauf der Nidda, derNidder und der Bracht, die Schwankungen mit erhebli-chen Abflußverlusten zu verzeichnen haben (Kap. 5)durch z. T. hohe Abflußzuwächse gekennzeichnet.
600
550
500
450
400
350
Quelle
Höh
e [m
ü. N
N]
0 1 2 3 4
Zone derSchwebendenGrundwasserstockwerke
+0,3 l/s
+0,6 l/s
+0,4 l/s
+1,3 l/s
+1,0 l/s
-1,4 l/s
-0,1 l/s
-0,3 l/s
-0,2 l/s
-0,2 l/s
-0,2 l/s
-0,2 l/s
-1,2 l/s
Hundsbach
B 275/276
L 3010
5 6 7 8 Länge [km]
WVK 4195521-24
WVK 4185521-25
WVK 4175521-20
Br. K I5521-31
WVK 4165521-29
WVK 4155521-30
Br. K IV5521-23
+1,9 l/s
+10,2 l/s
-0,2 l/s
-2,6 l/s
-1,8 l/s
+0,5 l/s Horstm
ühleKirc
hbrach
t
Horstbach
Bracht
Abb. 7. Abflußzuwächse und Abflußverluste im Verlauf eines Fließgewässers.
Abb. 9. Trockengefallene Fließgewässer im Spätsommer des Jahres 1976.Abb. 8. Abflußverluste und Abflußzuwächse bei Fließgewässern bezogen auf die oberirdischen Einzugsgebiete.
1716
0 5 10 km 0 5 10 km
Basaltverbreitung
Abflußzunahme
Abflußabnahme
Trockenfallstrecken
Arbeitsgebiet
Basaltverbreitung
Oberwaldzone
B
Schotten I
Schotten II
Schotten III
Rainrod
Rainrod/Eichelsdorf
Hungen/Ober–Schmitten0 1 2 km
Grundwasser-meßstelle
Grundwassermeßstelle,ohneZuordnung zu einer Grund-wasserpotentialfläche
Grundwasser-gleiche[m ü. NN]
215
260
255
255
250
240
245
275270
265
250
260
255
225
220
215
210
195
190
185180
hier derGrundwasser-potentialflächeSchotten IIIzugeordnet
B
AA
19
55..11.. GGrruunnddwwaasssseerrssttoocckkwweerrkkssbbaauu
Hydrogeologische Schnitte zeigen den Grundwasser-stockwerksbau in den drei hydrogeologischen Zonen desVogelsbergs. Am Beispiel des Niddatals zwischen Rainrodund Feldkrücker Höhe sind die Grundwasseroberflächender einzelnen Grundwasserstockwerke zu erkennen (Abb.10).
Die Höhe der Grundwasseroberfläche der Grundwas-serstockwerke wird durch die Höhe der Grundwasser-spiegel in Bohrungen, Brunnen und Grundwassermeß-stellen ermittelt. Wenn mehrere Bohrungen das gleicheGrundwasserstockwerk durchteufen, lassen sich aus derVerbindung der zugehörigen Grundwasserspiegel Grund-wassergleichen (= Linien gleicher Grundwasserhöhe) er-mitteln. Nicht immer ist die Zuordnung eindeutig, beson-ders dann, wenn mehrere Grundwasserstockwerkedurchteuft werden und sich Mischwasserspiegel einstel-len.
Die Konstruktion der Grundwassergleichen ist eineMomentaufnahme, die sich auf aktuelle Messungenstützt. Grundwasserspiegelmessungen, die z.B. ein Jahr
später durchgeführt werden, können zu anderen Grund-wassergleichenplänen führen. Abb. 11 zeigt Niveaus ver-schiedener Grundwasserstockwerke für September 1994.Einen schematischen Überblick zum Verlauf von Grund-wassergleichen und zu der Anordnung der dazugehörigenGrundwasserstockwerke gibt Abb. 14.
Der Grundwasserstand in den Meßstellen unterliegtnatürlichen zeitlichen Schwankungen. Die Darstellungder Grundwasserstände und die zugehörigen Zeiten wer-den in einer Grundwasserganglinie, ähnlich der Schüt-tungsganglinie, dargestellt. Der Verlauf der Kurve ist cha-rakteristisch für die Grundwasserstockwerke, die durchdie Grundwassermeßstelle aufgeschlossen werden. Ver-änderungen des Kurvenverlaufs lassen Rückschlüsse aufVeränderungen der hydraulischen Situation zu. Wie auchin den Quellschüttungsganglinien zeigen die Grundwas-serganglinien in der Zone der Schwebenden Grundwas-serstockwerke eine starke Abhängigkeit von der Grund-wasserneubildung im Winterhalbjahr, während die Gang-linien in der Zone der Durchgehenden Grundwassersätti-gung ein ausgeglichenes Verhalten zeigen.
18
A
WasserwerkRainrod
grundwassergeringleitend
grundwasserleitend
RainrodMeßstellen des
WasserverbandesNidda
Nidda-talsperre
OVAG 1145520-96
OVAG 455520-60
OVAG 315520-33
N 45520-566
N 9OVAG 315520-769
OVAG 1125520-92
OVAGBr. 142
5520-106
GrundwasserpotentialflächeRuppertsburg/Ober-Schmitten
GrundwasserpotentialflächeRainrod/Eichelsdorf
Grundwasser-potentialfläche
Rainrod
B
Schotten
Walkmühle
Stauseebr.5520-197
OVAG 1595520-170
5420-25420-4
5420-5
Götzen
GrundwasserpotentialflächeSchotten IIGrundwasserpotentialfläche
Schotten III
GrundwasserpotentialflächeSchotten I
5. Grundwasserstockwerke und Grundwasserentnahme
Abb. 11. Grundwasseroberflächen verschiedener Grundwasserkörper dargestellt als Grundwassergleichen. ▼
Abb. 10. Hydrogeologischer Schnitt mit Bohrungen und Grundwasserpotentialflächen.
21
Grundwasserentnahmen führen im Entnahmestock-werk zu einer Absenkung der Grundwasseroberfläche. Esentsteht ein Absenktrichter, dessen Form abhängig vonder entnommenen Wassermenge und von der Beschaf-fenheit der grundwasserleitenden Schicht ist. Die Absen-kung in Brunnennähe kann mehrere Zehnermeter betra-gen. Je größer der Durchmesser des Trichters ist, und jenäher die Grundwasseroberfläche unter der Gelände-oberfläche ist, umso größer ist die Beeinflussungsmög-lichkeit z. B. der Vegetation durch die Grundwasserent-nahme.
In der Zone der Schwebenden Grundwasserstockwer-ke sind einzelne separate Grundwasserstockwerke ausge-bildet, die keinen hydraulischen Kontakt untereinanderhaben. Wird aus einem dieser GrundwasserstockwerkeWasser entnommen, so ist nur dieses Grundwasserstock-werk betroffen. Eine Beeinflussung über- oder unterla-gernder Grundwasserstockwerke ist ausgeschlossen.
Die Stadt Schotten hat im Jahre 1990 eine 140 m tiefeVersuchsbohrung zur Sicherstellung der Wasserversor-gung niederbringen lassen, die im Jahre 1997 zu einem98,80 m tiefen Brunnen aufgebohrt wurde (Abb. 12a).
Mit der Bohrung wurde ein schwebendes Grundwas-serstockwerk in der Zone der Schwebenden Grundwas-serstockwerke aufgeschlossen, das über einem mächti-gen, zwischen 100-140 m Tiefe erbohrten Tuff entwickeltist und in dem der Grundwasserspiegel ca. 36 m unterGelände bzw. ca. 424 m ü. NN liegt. Rd. 500 m oberhalb des
Brunnens treten mehrere Quellen aus einem weiteren,höher gelegenen schwebenden Grundwasserstockwerk(Quellgebiet „Hundsborn“) in einem Niveau oberhalb 500m ü. NN aus.
Zur Beweissicherung, daß beide Grundwasserstock-werke durch einen wasserungesättigten Gebirgsbereichgetrennt sind und deshalb nicht in hydraulischer Verbin-dung miteinander stehen, wurde eine 21 m tiefe Grund-wassermeßstelle in diesem Grundwasserstockwerk abge-teuft. Diese wurde während eines Pumpversuches (Abb.12b) nach Ausbau des Brunnens mit beobachtet. DieGrundwasserganglinien des Brunnens und der Meßstellezeigen während des Pumpversuches einen voneinanderunabhängigen Verlauf. Die hydraulische Trennung derbeiden Grundwasserstockwerke ist damit bewiesen. Aus-wirkungen der künftigen Grundwasserentnahme auf dashöher gelegene Quellgebiet sind somit auszuschließen.
Ein Pumpversuch ist eine aufwendige Untersuchungsmethode, beider aus einem oder mehreren Brunnen Grundwasser über eine län-gere Zeit gefördert und in separaten Meßstellen der Grundwasser-stand beobachtet wird. Je nach Fragestellung gewinnt man aus denÄnderungen der Wasserstände in den Brunnen bzw. der MeßstellenInformationen über die Eigenschaften der Grundwasserleiter undüber die Leistungscharakteristika der Brunnen.
20
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Auenlehm
Grundwasseroberfläche desGrundwasserstockwerkes 1
Grundwasserdruckspiegel bzw.Grundwasseroberfläche desGrundwasserstockwerkes 2
hohe Förderung aus Grundwasserstockwerk 2* hydraulische Trennschicht zwischen den Grundwasserstockwerken 1 und 2
Talkiese = Grundwasserleiter
Basalt (hier grundwasserleitend)
Toniger Zersatz von Basalt und Tuff =
Tuff (hier grundwasser-geringleitend)
Grundwasserstockwerk 2
Tuff
Tuff
Tuff
Tuff
Grundwasser-stockwerk 1
Grundwassermeßstelle (GWM) GWM GWM GWM GWM GWM
Entnahme-brunnen
GWM
Grundwasser- geringleiter*
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Auenlehm
Grundwasseroberfläche desGrundwasserstockwerkes 1
Grundwasserdruckspiegel bzw.Grundwasseroberfläche desGrundwasserstockwerkes 2
i Fö d G d t k k 2* hydraulische Trennschicht zwischen
d G d t k k 1 d 2
Talkiese = Grundwasserleiter
Basalt (hier grundwasserleitend)
Toniger Zersatz von Basalt und Tuff =
Tuff (hier grundwasser-geringleitend)
Grundwasserstockwerk 2
Tuff
Tuff
Tuff
Tuff
Grundwasser-stockwerk 1
Grundwassermeßstelle (GWM) GWM GWM GWM GWM GWM
Entnahme-brunnen
GWM
Grundwasser- geringleiter*
Bei tiefer Absenkung der Basalt-Grundwasseroberfläche (Grundwasserstockwerk 2) unter die Unterkante der quartären Talablage-rungen und unter die Kies-Grundwasseroberfläche (Grundwasserstockwerk 1) sowie weiter Ausdehnung des Entnahmetrichters kanndas im Talkies fließende Grundwasser aufgrund umgekehrter Druckverhältnisse in die Basalt-Folge versickern. Es bildet sich auch imKies-Grundwasserleiter ein Absenktrichter aus, ähnlich dem im Basalt, jedoch flacher. Gelände- und Gebäudesetzungen sowie Biotop-veränderungen sind dadurch möglich.
Bei Rücknahme der Wasserförderung mit entsprechender Verringerung der Absenkung der Basalt-Grundwasseroberfläche (Grund-wasserstockwerk 2) verflacht und verkleinert sich der Absenktrichter sowohl im Basalt als auch im Talkies. Die Beeinflussung des Kies-Grundwassers (Grundwasserstockwerk 1) und damit mögliche Auswirkungen der Grundwasserentnahme werden erheblich reduziert.
5.2. Grundwasserentnahme
Abb. 12a. Grundwasserstockwerke und Grundwassermeßstellen. Abb. 12b. Ganglinienauswertung des Pumpversuches im BrunnenRudingshain
Abb. 13a. Schematischer hydrogeologischer Schnitt im Bereich des Wasserwerkes Kohden, Fördersituation 1976.
Abb. 13b. Schematischer hydrogeologischer Schnitt im Bereich des Wasserwerkes Kohden, Fördersituation 1994.
10 l/s12,5 l/s
15 l/s17,5 l/s
Anstieg
Rudingshain
Hundsborn
Wsp.[m u. Gel.]
0
20
40
60
21.1
1.97
30.1
1.97
25.1
1.97
10.1
2.97
05.1
2.97
20.1
2.97
15.1
2.97
25.1
2.97
Zeit
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��
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��
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��
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GrundwassermeßstelleHundsborn
GOK ca. 517 m ü. NN
QuellbereichHundsborn
Basalt
TuffEndteufe 21 m
wasser-ungesättigteZone
wassergesättigte Zone = schwebendesGrundwasserstockwerk
Basalt = Grundwasserleiter
Tuff = Grundwassergeringleiter
Tuff
Endteufe 140 m
VersuchsbohrungRudingshain 1990GOK ca. 460 m ü. NN
schwebendes Grundwasser
22 23
175
175
170
170
165
165160
150
155
140
130125
120
135
Q2Q2
Q2
Q1
Q1
145
Grundwasserpotentiale
der verschiedenen Grundwasser-
stockwerke (Höhenangaben beispielhaft)
Grundwasser-
stockwerksbau
Q2
Q2
Q2
Q2
Q1
G
Q2
160
140 m ü. NN
145
Q11
2
2
1
3
3
4
4
5
Q1
A
B
C
D
E
F
Grundwasser-stockwerke
HydrogeologischeZonen
Zone derSchwebendenGrundwasser-stockwerke
Zone derDurchgehendenGrundwasser-sättigung
Grundwassergeringleiter
Quellen der Grundwasser-stockwerke 1 und 2
Bach/Fluß
Filterstrecken derGrundwassermeßstellen
Grundwasserpotentialdes Grundwasser-stockwerkes
Abdichtung
Q1 u. Q2
Abb. 14. Schematisches hydrogeologisches Blockbild eines mehrschichtigen Kluftgrundwasserleitersystems.
25
Der Vogelsberg dient aufgrund seiner klimatischenund geologischen Besonderheit seit über 150 Jahren derüberregionalen Wassergewinnung. Während in den länd-lichen Gebieten Hessens lange Zeit die Einzelwasserver-sorgung aus Haus- und Dorfbrunnen erhalten blieb, deck-ten die Städte schon sehr früh ihren Wasserbedarf auszentralen Wasserversorgungen.
Die älteste noch erhaltene Wassergewinnungsanlageim Vogelsberg stammt aus dem Jahr 1858 und wird heutenoch in Bad Salzhausen für Trinkkuren betrieben. Die er-ste Fernwasserleitung wurde 1872 vom Quellgebiet Fisch-born nach Frankfurt gebaut. Das Wasserwerk Lauter ver-sorgt seit 1906 Bad Nauheim. Seit 1912 beliefert das Was-serwerk Inheiden ebenfalls Frankfurt.
Die zentrale Wasserversorgung in Hessen erreichte1920 bereits 54 % aller Gemeinden und ist heute nahezuabgeschlossen. Die zwischen 1960 und 1972 im Hessi-schen Ried und im Vogelsberg gebauten oder erweitertengroßen Wasserwerke und Fernleitungen bilden dieGrundlagen für ein heute weit verzweigtes Netz von Ver-sorgungsunternehmen im Rhein-Main-Gebiet, die im Jahrca. 200 Mio. Kubikmeter Wasser fördern. Schwerpunktder Fernwasserversorgung und Mittelpunkt des Verbund-netzes ist die Stadt Frankfurt, die zusammen mit den Um-
landgemeinden rd. ein Drittel des gesamten Trinkwasser-verbrauchs im Rhein-Main-Gebiet benötigt. In Frankfurtlaufen die Fernleitungen aus den beiden ergiebigsten För-der- und Reservegebieten in Hessen, dem Hessischen Riedund dem Vogelsberg, zusammen (Abb. 17).
Heute gibt es 11 überregionale Wasserwerke im Vo-gelsberg, die 1995 zusammen 42 Mio. m3/a Wasser förder-ten (Abb. 16). Weit über 600 Anlagen dienen örtlich der öf-fentlichen und privaten Wasserversorgung. Die Wasser-gewinnungsanlagen förderten zwischen 1995 und 1997 imMittel rd. 76 Mio. m3/a Grundwasser. Bei erteilten Was-serrechten von zusammen 120 Mio m3/a entspricht das ei-ner Auslastungsrate von 63 %.
Seit 1990 sind sowohl die Fördermengen als auch diewasserrechtlichen Genehmigungen um durchschnittlichüber 20 % zurückgegangen.
Die Förderleistungen der Brunnen im Vogelsberg sindallgemein hoch. Extreme Ergiebigkeiten von Brunnen biszu 650 l/s sind jedoch Ausnahmen und werden lediglichin einem Brunnen des Wasserwerks Inheiden im westli-chen Vogelsberg erreicht. Grund dafür sind dieannähernd NNE–SSW gerichteten geologischen Störun-gen des Horloffgrabens, die gute Wasserwegsamkeitenbieten und daher wie ein Dränsystem wirken.
6. WassergewinnungDie Wassergewinnungsanlagen, die Wasser zur über-regionalen Wasserversorgung fördern, beziehen dasGrundwasser aus der Zone der Durchgehenden Grund-wassersättigung (Abb. 14). Sie liegen in Gebieten mit po-tentiell hohen Abflußspenden (Quellgebiete). Die über-wiegend geringe Ausdehnung der Absenktrichter und diegeringen entnahmebedingten Absenkungen der Grund-wasseroberfläche in den Entnahmestockwerken weisendarauf hin, daß das Grundwasserdargebot nur zu einemTeil ausgeschöpft wird.
Die erheblichen Abflußabgaben im Verlauf der Nidda(Abb. 8) sind jedoch auf die Grundwasserabsenkung imBereich des Wasserwerkes Kohden und der Spezialpa-pierfabrik Oberschmitten zurückzuführen. Es kommt hierzu Abflußverlusten von bis zu -80 l/s. Durch die Grund-wasserabsenkung infiltriert die Nidda große Mengen Was-ser in den Untergrund. Analysen der elektrischen Leit-fähigkeit des Grundwassers aus den Brunnen belegen,daß erhebliche Mengen Niddawasser gefördert werden.
Im Stadtgebiet Nidda waren Mitte der 70er Jahre Ge-bäudeschäden durch Setzungen zu beklagen. Durch einekontrollierte Grundwasserentnahme, die Mindestgrund-
wasserspiegelstände nicht unterschreitet, wurden weitereSchäden vermieden (Abb. 13a u. b). Kontrolliert wird dieEntnahme über drei Grundwassermeßstellen im Stadtge-biet.
Der größte Abflußverlust (bis zu -150 l/s) ist auf der Ab-flußspendenkarte (Abb. 8) am südöstlichen Rand des Vo-gelsberges zwischen Neuenschmidten und Hesseldorf zuverzeichnen. In diesem Gebiet befinden sich Brunnen desWasserwerks Neuenschmidten, die 1995 im Mittel 45 l/sGrundwasser förderten. Ein Vergleich mit der mehr alsdreimal so hohen versickernden Wassermenge zeigt, daßdie Grundwasserentnahme durch das Wasserwerk als Ur-sache für die Wasserverluste der Bracht nicht der ent-scheidende Faktor sein kann. Dafür sind hier eherNord–Süd verlaufende Störungen mit großer Kluftweite,die gute Wasserwegsamkeiten aufweisen, verantwortlich.Damit verbunden sind oft auch unterirdische Auspü-lungen, die kleinere Erdfälle bis zu einer Größe von ca. 1m3 verursachen (Abb. 15). Die Erdfälle sind besonders fürdie Landwirtschaft unangenehme Erscheinungen, da siefür Landmaschinen gefährlich sein können.
24
Abb. 15. Erdfall im Brachttal.
27
1 Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG)2 Hessisches Staatsbad Bad Nauheim3 Wasserverband Horlofftal4 Wasserbeschaffungsverband Unteres Wettertal5 Wasserbeschaffungsverband Usingen6 Wasserbeschaffungsverband Wilhelmsdorf7 Wasserbeschaffungsverband Tenne8 Wasserbeschaffungsverband Weil–Ems–Wiesbach9 Wasserverband Kinzig
10 Stadtwerke Gelnhausen GmbH11 Wasserversorgungsverband Kaichen–Heldenbergen–
Burg Grafenrode12 Kreiswerke Hanau GmbH13 Zweckverband für die Wasserversorgung des Unteren Niddatals14 Wasserbeschaffungsverband Taunus15 Wasserbeschaffungsverband Niedernhausen / Naurod16 Wasserbeschaffungsverband Rheingau–Taunus
17 Wasserbeschaffungsverband Oberer Rheingau18 Stadtwerke Wiesbaden AG (ESWE)19 Wasserbeschaffungsverband Hofheim20 Wasserversorgungsverband Main–Taunus–West21 Stadtwerke Frankfurt am Main GmbH (SWF)22 Stadtwerke Hanau GmbH23 Zweckverband Wasserversorgung Stadst und Kreis Offenbach24 Stadtwerke Mainz AG25 Zweckverband Wasserewerk Gerauer Land26 Zweckverband Gruppenwasserwerk Dieburg27 Südhessische Gas und Wasser AG28 Riedwerke Kreis Groß-Gerau29 Wasserbeschaffungsverband Riedgruppe Ost30 Wasserbeschaffungsverband Brombachtal/Bad König31 Stadtwerke Worms32 Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (MVV)
26
Arbeitsgebiet
Regionale Wasserwerke
Überregionale Wasserwerkemit Fördermengen [m3/Jahr]
Basaltverbreitung
Oberwaldzone
ca. 0,8 Mio. m3/a
50 10 km
Abb. 17. Wasserverbund im Rhein-Main-Gebiet.
Abb. 16. Wassergewinnungsanlagen.
Rheingau-Taunus-Kreis
Main-Taunus-Kreis
LandkreisOffenbach
Hoch-Taunus-Kreis
LandkreisGroß-Gerau
Wetteraukreis
Vogelsbergkreis
Main-Kinzig-Kreis
Odenwaldkreis
Landkreis Bergstraße
LandkreisDarmstadt-Dieburg
Wiesbaden
Mainz
Frankfurt a. Main
Darmstadt
Mannheim
123
4567
8
9
1011
1213
14
15
19
16
20
17
18
2122
23
24
25
26
27
28
29
31
30
32
Landesgrenze
Wasseraufkommen >10 Mio. m3/a
Wasseraufkommen 5 – 10 Mio. m3/a
Wasseraufkommen <5 Mio. m3/a
Kreisgrenze
Grenze des Regierungs-bezirks Darmstadt
Wasserversorgungsunternehmen (WVU)mit überörtlicher Funktion
Offenbach
Worms
29
Abb. 19. Mit Trockenrissen durchzogenes ehemaliges Niedermoor.
Abb. 18. Geländesenkung mit anschließender Überflutung.
28
Der Vogelsberg verfügt aufgrund seiner klimatischenund geologischen Voraussetzungen über eine Vielzahlschützenswerter Feuchtbiotope wie Niedermoore, Feucht-wiesen und naturnahe Auen, deren Existenz an ober-flächennahes Grundwasser gebunden ist.
In den vergangenen Jahrzehnten sind viele dieserschwer bzw. z.T. nicht wieder regenerierbaren Biotopesehr stark zurückgegangen (Abb. 18 u. 19). Parallel dazuist der Wasserbedarf und -verbrauch bis Mitte der 80erJahre gestiegen. Zwischen 1960 und 1972 wurden großeWasserwerke und Fernwasserleitungen erweitert oderneu gebaut. Ab 1965 kamen die Wasserwerke Kohden, Or-bes, Rainrod, Berstädter Markwald, Gedern/Merkenfritz,Gettenbach und Neuenschmidten zur Verbundversor-gung hinzu.
Einerseits sind die hydrogeologischen Bedingungenim Vogelsberg so, daß Schwankungen im Bodenwasser-haushalt und Schwankungen in oberflächennahemGrundwasser ganz natürliche Ursachen haben, wie wir inden vorhergehenden Kapiteln gelesen haben (siehe z. B.Abb. 9, Trockenfallstrecken). Andererseits gibt es Grund-wasserabsenkungen im Bereich der Entnahmebrunnen,die eine Ausdehnung von mehreren Kilometern Durch-messer haben können.
Die zunehmende Konkurrenz zwischen der Grund-wasserentnahme aus dem Vogelsberg und anderenNutzungsansprüchen, hauptsächlich Ansprüche des Um-weltschutzes, gab Anfang der 90er Jahre Anlaß zu einemGutachten, das vom Hessischen Umweltministerium inAuftrag gegeben wurde. Es sollte die Rahmenbedingun-gen für eine umweltschonende Wassergewinnung im Vo-gelsberg untersuchen. Darauf aufbauend wurde 1995 ein„Leitfaden zur Durchführung der Untersuchungen imRahmen von Wasserrechtsanträgen“ im Vogelsberg ent-wickelt. Die Erteilung von neuen Wasserrechten wirdzukünftig mit einer Reihe von Maßnahmen verbunden,die der Leitfaden vorsieht und die dem Umweltschutz die-nen.
Mit dem Leitfaden sind neben der Entwicklung einesKonzeptes zur Verringerung des Wasserbedarfs, Instru-mente geschaffen worden, die es ermöglichen, abzu-schätzen, welche Auswirkungen Grundwasserentnahmenim Bezug auf ihre nächste Umwelt haben. Eine wesentli-che Grundlage dafür ist die Kartierung von Feuchtbioto-pen mit ihrer Pflanzen- und Tierwelt.
Es muß weiterhin untersucht werden, ob und wie dieBiotope im Bereich einer Grundwasserabsenkung räum-liche und zeitliche Veränderungen erfahren.
Daraus läßt sich die landschaftsökologische Empfind-lichkeit eines Biotops bestimmen und die Möglichkeit ab-schätzen, wie weit es regenerationsfähig ist.
Die Basisdaten der Wasserwerke werden in Daten-banken erfaßt, die als eine der Grundlagen für die Be-
stimmung einer ökologisch gewinnbaren Wassermengedienen. Diese Datenbanken sind für die Entwicklung ei-ner einheitlichen Datenbasis unerläßlich. Unter anderemwerden Daten wie die Dauer der Grundwasserförderung,die Fördermenge, Ergebnisse von Bohrlochuntersuchun-gen, Pumpversuchen, Abflußmessungen usw. in einheit-licher Form erfaßt.
Die Beurteilung der landschaftsökologischen Emp-findlichkeit gründet sich auf Beobachtungen in Gebieten,in denen bereits über längere Zeiträume Grundwasser ge-fördert wird. Biotopspezifische Veränderungen in Abhän-gigkeit ihrer Lage im Entnahmebereich dienen als Grund-lage zur Beurteilung der Entwicklung dieses Biotops. EineSenkung der Fördermenge ist dann notwendig, wennSchädigungen des Biotops durch zu niedrige Grundwas-serstände wahrscheinlich sind.
Mit der Ermittlung der wasserwirtschaftlichen Ein-griffsintensität (Abb. 20), die die Summe der Veränderun-gen im Bodenwasserhaushalt zusammenfaßt, und derlandschaftsökologischen Empfindlichkeit kann beurteiltwerden, in welchem Bereich ein ökologisches Risikodurch eine Grundwasserentnahme besteht oder erwartetwird (Abb. 21). Weiterhin werden Gebiete ermittelt, wo Re-generationsmöglichkeiten eines Biotops vorhanden sindund welche Auswirkungen verschiedene Förderhöhenauf die Grundwasserverhältnisse in den Feuchtgebietenhaben oder haben können. Mindestgrundwasserstände,die zugehörigen Fördermengen und der maximale Ab-senkbereich werden wasserrechtlich aufgrund dieser Ri-sikoanalysen festgelegt.
7. Umweltverträgliche Grundwasserförderung
Eingriffsintensität (EI)
Profil-knick
in Talquerrichtung
Brunnen
maximale Förderung
minimale Förderung
B
niedrighoch
Grundwasseroberfläche der Talkiese
Grundwasseroberfläche im Basalt
keine(Zone C)
Eingriffsintensität (EI)
Profil-knick
in Tallängsrichtung
Brunnen
A
niedrig hoch
Basalt
Talkiese
keine(Zone C)
31
HydrogeologischeSystembeschreibung
Hydrogeologische Basis-berichte der Wasserwerke
Bestimmung derhydrogeologischenEingriffsintensität
Bestimmung der landschafts-ökologischen Empfindlichkeit
ÖkologischeRisikoanalyse
Wasserrechtliche EntscheidungAufgabe / Rücknahme / Beibehaltung / Erhöhung
Auflagen
Datendokumentation
ÜberprüfungKontrolle
Entnahmesteuerung
LandschaftsökologischesMonitoring
HydrogeologischesMonitoring
LandschaftsökologischeJahresberichte
HydrogeologischeJahresberichte
Landschaftsökologische Basisberichte der
Wasserwerke
Die Wasserversorgungsunternehmen sind verpflich-tet, Datenbanken aufzubauen und zu pflegen. Diese die-nen als Werkzeuge zur Erfassung, Dokumentation undzur Steuerung der umweltverträglichen Wassergewin-nung. Ebenso sollen die Wasserversorgungsunternehmendie Landesfachbehörden und die Genehmigungsbehör-den informieren und unterstützen.
Die Datensammlung, das Wasserinformationssystem
Vogelsberg, ist unerläßlich, um die Informationen, die füreine Berurteilung wasserwirtschaftlicher Eingriffe heran-gezogen werden, zu vervollständigen. Nur so können an-hand der erfaßten Daten ökologische Entwicklungen ver-folgt werden, sodaß erfolgte Abschätzungen überprüftund gegebenenfalls berichtigt werden können.
Das Gesamtsystem gewährleistet so eine umweltver-trägliche Grundwasserbewirtschaftung des Vogelsberges.
Abb. 21. Arbeitsschritte für eine umweltschonende Grundwassergewinnung.
30
Die Beeinflussung der Biotope ist von der Lage in einerdieser Zonen abhängig und muß dementsprechend abge-schätzt werden.
Das Regenerationspotential ist die Fähigkeit eines Bio-tops, eine Störung – gemessen nach Dauer und Intensität– zu ertragen, ohne sich in ein anderes zu verwandeln. Essetzt sich zusammen aus der Fähigkeit, Veränderungen zu
widerstehen und aus der Fähigkeit, nach einer Störung inden Ausgangszustand zurückzukehren.
Der Zeitraum für eine mögliche Regeneration richtetsich nach dem Ausmaß der Zerstörung. Einige Biotopekönnen sich nur nach geringfügiger Störung, wenn über-haupt, und nach langen Erholungszeiten wieder regene-rieren.
Zur Ermittlung der durch die Grundwasserentnahme bedingten Eingriffsintensität werden drei Zonen unterschieden(Abb. 20):
Zone A: Zone gleichbleibender Eingriffsin-
tensität. Die Grundwasseroberfläche im Ba-
salt ist in Brunnennähe selbst bei minimaler
Fördermenge soweit abgesenkt, daß sie deut-
lich unter die Basis des oberflächennahen
Grundwasserleiters (Talkiese) absinkt.
Zone B: Zone wechselnder Eingriffsinten-
sität. Die Grundwasseroberfläche liegt in
Höhe des oberflächennahen Grundwasser-
leiters, kann sich aber durch Trockenzeiten
oder Schwankungen in der Fördermenge
ändern.
Zone C: Zone ohne Eingriffsintensität. Die
Grundwasserentnahme hat hier keinen Ein-
fluß mehr auf den Bodenwasserhaushalt.
Abb. 20. Auswirkungen durch die Grundwasserförderung.
wechselnd(Zone B)
gleich-bleibend
hoch(Zone A)
gleich-bleibend
hoch(Zone A)
wechselnd(Zone B)
Impressum
ISBN 3-89274-206-5
Herausgeber: Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und ForstenMainzer Straße 80, 65189 Wiesbaden
Hessisches Landesamt für Umwelt und GeologieRheingaustraße 186, 65203 Wiesbaden
Bearbeitung: Dr. Bernd Leßmann, Dr. Hans-Jürgen Scharpff, Dr. Angelika Wedel, Dr. Klaus Wiegand
Layout,Kartografie,Satz- und Bildbearbeitung: Hermann Brenner, Michaela Hoffmann, Monika Retzlaff, HLUG
Druck: Druck- und Verlagshaus Chmielorz GmbH, Wiesbaden
Gedruckt auf Recycling-Papier
Ausgabe: 1. Auflage, Dezember 2000
Vertrieb: Hessisches Landesamt Hessisches Ministerium für Umwelt,für Umwelt und Geologie Landwirtschaft und ForstenPostfach 3209, 65022 Wiesbaden Mainzer Straße 80, 65189 WiesbadenTelefon: 0611/7010 34, Telefax: 0611/9 740813 Telefax: 0611/81519 46e-mail: [email protected] e-mail:[email protected]
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