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Versuche im deutschen Gartenbau 2019 ÖKOLOGISCHER OBSTBAU Himbeer-Long Canes im Folientunnel: Dammkultur begünstigt Stickstoffmineralisation, jedoch ohne Ertragseffekt 1 Tino Hedrich, Birgit Rascher| Versuchsbetrieb für Gemüsebau Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau| Galgenfuhr 21| 96050 Bamberg| [email protected], [email protected] | 0951 – 91726-124 bzw. -126 Die Ergebnisse – kurzgefasst Im Gemüsebauversuchsbetrieb Bamberg wurde 2019 ein Kulturversuch mit Himbeer-Long Canes im ungeheizten Folientunnel durchgeführt. Dabei wurde der klassische Flachanbau mit einer Dammkultur in Kombination mit einem schwarzen Bändchengewebe und einem Substratbeet ver- glichen. Bei keiner der beiden Varianten konnte ein verfrühter Erntebeginn, ein höherer Markter- trag oder ein höheres Einzelfruchtgewicht als beim Flachanbau ermittelt werden. Bei der Damm- kultur wurde allerdings eine stärkere Stickstoffmineralisation festgestellt. Versuchsfrage und Versuchshintergrund Beerenobst erzieht in Bio-Qualität hohe Preise. Da die Beerenproduktion im Gewächshaus und im Folientunnel zunimmt, ist der Anbau insbesondere für Gemüsebaubetriebe naheliegend. Die Kultur von Long Canes ermöglicht neben einer Terminierung der Ernte auch eine Kurzkultur, wodurch die Gewächshausfläche durch eine Zweitbelegung (bspw. Feldsalat) effizierter genutzt werden kann. In einem Kulturversuch sollen drei biokompatible Anbauverfahren in Bezug auf den Erntebeginn, die Fruchtgröße, den Rutenertrag und die Stickstoffmineralisation miteinander verglichen werden. Ergebnisse im Detail Bei Long Canes (übersetzt „lange Rute“) handelt es sich um spezielles Pflanzgut, das insbesondere bei Himbeeren eingesetzt wird. Dabei werden im Vorjahr vor der Pflanzung pro Topf (1,5-2 Liter) zwei Himbeerruten auf eine Höhe von 1,80-2 m kultiviert. Im Dezember werden die Töpfe bei -2 C einge- lagert und können im Folgejahr zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgelagert und gepflanzt werden. Dieses Verfahren ermöglicht einen satzweisen Anbau. Der Versuch wurde am 18.02.2019 gepflanzt. Da keine biovermehrten Long Canes verfügbar sind, wurde mit Ausnahmegenehmigung konventionelles Pflanzgut der Sorte 'Tulameen' verwendet. Ver- glichen wurden drei verschiedene Kulturverfahren: Flachanbau, Dammkultur und Substratbeet. Beim Substratbeet wurde ein torffreies Bio-Topfsubstrat mit einem hohen Holzfaseranteil der Firma Patzer verwendet. Pro laufendem Meter wurden 53 Liter Substrat in einen Holzrahmen mit Kontakt zum gewachsenen Boden gefüllt (Bild 3). Jede Kulturreihe wurde mit zwei Tropfschläuchen versorgt. Wäh- rend des Kulturverlaufs wurden im zweiwöchigen Rhythmus Bodenproben gezogen, um mögliche Un- terschiede bei der Stickstoffmineralisation feststellen zu können. Damit die Ergebnisse der verschie- denen Varianten miteinander verglichen werden können, werden die Werte in mg N min je Liter Boden bzw. Substrat angegeben (Abb. 2).

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Versuche im deutschen Gartenbau 2019

ÖKOLOGISCHER OBSTBAU

Himbeer-Long Canes im Folientunnel: Dammkultur begünstigt

Stickstoffmineralisation, jedoch ohne Ertragseffekt

1 Tino Hedrich, Birgit Rascher| Versuchsbetrieb für Gemüsebau Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau| Galgenfuhr 21| 96050 Bamberg| [email protected], [email protected] | 0951 – 91726-124 bzw. -126

Die Ergebnisse – kurzgefasst Im Gemüsebauversuchsbetrieb Bamberg wurde 2019 ein Kulturversuch mit Himbeer-Long Canes

im ungeheizten Folientunnel durchgeführt. Dabei wurde der klassische Flachanbau mit einer

Dammkultur in Kombination mit einem schwarzen Bändchengewebe und einem Substratbeet ver-

glichen. Bei keiner der beiden Varianten konnte ein verfrühter Erntebeginn, ein höherer Markter-

trag oder ein höheres Einzelfruchtgewicht als beim Flachanbau ermittelt werden. Bei der Damm-

kultur wurde allerdings eine stärkere Stickstoffmineralisation festgestellt.

Versuchsfrage und Versuchshintergrund

Beerenobst erzieht in Bio-Qualität hohe Preise. Da die Beerenproduktion im Gewächshaus und im

Folientunnel zunimmt, ist der Anbau insbesondere für Gemüsebaubetriebe naheliegend. Die Kultur

von Long Canes ermöglicht neben einer Terminierung der Ernte auch eine Kurzkultur, wodurch die

Gewächshausfläche durch eine Zweitbelegung (bspw. Feldsalat) effizierter genutzt werden kann. In

einem Kulturversuch sollen drei biokompatible Anbauverfahren in Bezug auf den Erntebeginn, die

Fruchtgröße, den Rutenertrag und die Stickstoffmineralisation miteinander verglichen werden.

Ergebnisse im Detail

Bei Long Canes (übersetzt „lange Rute“) handelt es sich um spezielles Pflanzgut, das insbesondere bei

Himbeeren eingesetzt wird. Dabei werden im Vorjahr vor der Pflanzung pro Topf (1,5-2 Liter) zwei

Himbeerruten auf eine Höhe von 1,80-2 m kultiviert. Im Dezember werden die Töpfe bei -2 C einge-

lagert und können im Folgejahr zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgelagert und gepflanzt werden.

Dieses Verfahren ermöglicht einen satzweisen Anbau.

Der Versuch wurde am 18.02.2019 gepflanzt. Da keine biovermehrten Long Canes verfügbar sind,

wurde mit Ausnahmegenehmigung konventionelles Pflanzgut der Sorte 'Tulameen' verwendet. Ver-

glichen wurden drei verschiedene Kulturverfahren: Flachanbau, Dammkultur und Substratbeet. Beim

Substratbeet wurde ein torffreies Bio-Topfsubstrat mit einem hohen Holzfaseranteil der Firma Patzer

verwendet. Pro laufendem Meter wurden 53 Liter Substrat in einen Holzrahmen mit Kontakt zum

gewachsenen Boden gefüllt (Bild 3). Jede Kulturreihe wurde mit zwei Tropfschläuchen versorgt. Wäh-

rend des Kulturverlaufs wurden im zweiwöchigen Rhythmus Bodenproben gezogen, um mögliche Un-

terschiede bei der Stickstoffmineralisation feststellen zu können. Damit die Ergebnisse der verschie-

denen Varianten miteinander verglichen werden können, werden die Werte in mg Nmin je Liter Boden

bzw. Substrat angegeben (Abb. 2).

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Versuche im deutschen Gartenbau 2019

ÖKOLOGISCHER OBSTBAU

Himbeer-Long Canes im Folientunnel: Dammkultur begünstigt

Stickstoffmineralisation, jedoch ohne Ertragseffekt

2 Tino Hedrich, Birgit Rascher| Versuchsbetrieb für Gemüsebau Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau| Galgenfuhr 21| 96050 Bamberg| [email protected], [email protected] | 0951 – 91726-124 bzw. -126

Die Ernte begann bei alle Varianten am 12. Juni, 114 Tage nach der Pflanzung, und dauerte bis zum

27. Juli 2019. Der Ernteverlauf sowie der Gesamtertrag waren bei den drei Varianten ähnlich (Abb. 1,

Tabelle 1). Die Erntespitze lag zwischen dem 24.06. und 15.07.2019. Dabei wurden an einem Ernte-

termin bis zu 87 g marktfähige Beeren je Rute geerntet, was über 10 % des gesamten Marktertrags

entspricht. Das Einzelfruchtgewicht lag mit 4-4,2 g variantenübergreifend auf einem einheitlichen

Niveau (Tabelle 1).

Bei der Dammkultur wurde eine deutlich stärkere Stickstoffmineralisation festgestellt, die allerdings

zu keiner Ernteverfrühung oder Ertragssteigerung führte. Beim Flachanbau und dem Substratbeet

lagen die Werte auf einem ähnlich niedrigen Niveau (Abb. 2).

Das Substratbeet könnte für Flächen die unter Bodenmüdigkeit leiden ein interessantes Kulturverfah-

ren sein. Auf frischen und nährstoffreichen Standorten kann darauf verzichtet werden, da dadurch

für den Anbauer keine Vorteile, nur zusätzliche Kosten (Substrat etc.), entstehen. Die Dammkultur

bietet sich vor allem für die frühe Pflanzung und auf mageren Standorten an, da dadurch die Stick-

stoffmineralisation gefördert werden kann.

Tab. 1: Ertragsdaten

Nr. Variante Gesamtertrag

(g/Rute)

1. Klasse nicht marktfähig Einzelfrucht-gewicht (g) g/Rute % g/Rute %

1 Flachanbau 804 751 93,4 53 6,6 4,1

2 Dammkultur 767 711 92,6 57 7,4 4,2

3 Substratbeet 766 708 92,4 58 7,6 4,0

Bild 1: Flachanbau Bild 2: Dammkultur Bild 3: Substratbeet

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Versuche im deutschen Gartenbau 2019

ÖKOLOGISCHER OBSTBAU

Himbeer-Long Canes im Folientunnel: Dammkultur begünstigt

Stickstoffmineralisation, jedoch ohne Ertragseffekt

3 Tino Hedrich, Birgit Rascher| Versuchsbetrieb für Gemüsebau Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau| Galgenfuhr 21| 96050 Bamberg| [email protected], [email protected] | 0951 – 91726-124 bzw. -126

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Abb. 1: Himbeer-Long Canes im ungeheizten Folientunnel - Verlauf des Marktertrags (g/Rute)

Flachanbau Dammkultur + Bändchengewebe Substratbeet

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Abb. 2: Himbeer-Long Canes im ungeheizten Folientunnel - N-Verlauf (mg Nmin/Liter Boden bzw. Substrat)

Flachanbau Damm + Bändchengewebe Substratbeet

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Himbeer-Long Canes im Folientunnel: Dammkultur begünstigt

Stickstoffmineralisation, jedoch ohne Ertragseffekt

4 Tino Hedrich, Birgit Rascher| Versuchsbetrieb für Gemüsebau Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau| Galgenfuhr 21| 96050 Bamberg| [email protected], [email protected] | 0951 – 91726-124 bzw. -126

Bild 4: Bestand am 19. Februar 2019 Bild 5: Bestand am 18. April

Bild 6: Bestand am 05. Juni 2019 Bild 7: Fruchtbonitur

Kultur- und Versuchshinweise

Versuchsanlage: Blockanlage mit 3 Wiederholungen Parzellengröße: 6,6 m² Boden: sandiger Lehm Vorkultur: Ingwer Pflanzung: 18.02.2019 (0,3 × 2,2 m = 3,3 Töpfe/lfm = 6,6 Ruten/lfm) Sorte: 'Tulameen' (konventionelle Long Canes mit Ausnahmegenehmigung) Düngung: 9 kg N/ha als Horngries bei Damm- und Flachanbau als Ausgleichsdüngung

zum N-Gehalt des Substrates Fertigation mit AKRA Organischer Flüssigdünger 1-0,6-4,1 (Kartoffelfruchtwasser):

24.04.2019: 10 kg N/ha

30.04.2019: 5 kg N/ha

11.06.2019: 15 kg N/ha

22.07.2019: 20 kg N/ha Pflanzenschutz: Amblyseius californicus gegen Spinnmilben, Schlupfwespenmix gegen Blattläuse Erntezeitraum: 12.06. bis 27.07.2019

Flachanbau Dammkultur Substratbeet