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ten räumt Buyology mit gängigen Klischees auf und hält spannende Erkenntnisse über unsere Beeinflussbarkeit, unser Kaufverhalten und letztlich uns selbst bereit. Für seine Arbeit im Bereich Neuromarketing wurde Martin Lindstrom im Jahr 2009 vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gekürt. verspricht dem Leser so Einiges. Buyology lautet der klangvolle und treffliche Titel des Buches, das in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde. In elf Kapiteln präsentiert der 1970 in Dänemark geborene Lindstrom die faszinierenden Ergebnisse einer Neuromarke- ting-Studie, die satte 7 Mio. Dollar gekostet hat. Mit modernsten Methoden der neuronalen Forschung wird das herkömmliche Marketing quasi ad absurdum ge- führt und der Hype um die Entschlüsselung unseres Kaufverhaltens mit Hilfe von Gehirnscans angeheizt. Trotzdem stellt sich die Frage – ist Neuromarketing wirk- lich der Weisheit letzter Schluss? Der obige Umschlagtext von Martin Lindstroms Bestseller www.giesenagelpumpe.com 01 BUYOLOGY Warum kaufen wir, was wir kaufen? Niemand hat bislang erschlossen, was ge- nau in unserem Gehirn pas- siert, wenn wir Kaufentschei- dungen treffen. Der Marke- ting-Guru Martin Lindstrom ändert das jetzt. Er hat mit über 2000 Teilnehmern die weltweit größte Studie über die Wirkung von Marketing auf das menschliche Gehirn durchgeführt. Lindstrom zeigt, wie Branding und Marketingbotschaften das menschliche Gehirn beein- flussen, wie wir unterbe- wusst auf Stimuli reagieren und wie unser Unterbewusst- sein unser Verhalten – und damit letztlich auch unser Kaufverhalten – beeinflusst. Vor allem für uns Konsumen- grund hinter hintergrund ist kostenlos aber nicht umsonst und erscheint regelmäßig in unterschiedlichen Intervallen von uns für Kunden und Partner zu Themen, die uns in unserem Alltag beschäftigen. GIESE NAGEL PUMPE

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ten räumt Buyology mit gängigen Klischees auf und hält spannende Erkenntnisse

über unsere Beeinflussbarkeit, unser Kaufverhalten und letztlich uns selbst bereit.

Für seine Arbeit im Bereich Neuromarketing wurde Martin Lindstrom im Jahr 2009

vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gekürt.

verspricht dem

Leser so Einiges. Buyology lautet der klangvolle und treffliche Titel des Buches, das

in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde. In elf Kapiteln präsentiert der 1970 in

Dänemark geborene Lindstrom die faszinierenden Ergebnisse einer Neuromarke-

ting-Studie, die satte 7 Mio. Dollar gekostet hat. Mit modernsten Methoden der

neuronalen Forschung wird das herkömmliche Marketing quasi ad absurdum ge-

führt und der Hype um die Entschlüsselung unseres Kaufverhaltens mit Hilfe von

Gehirnscans angeheizt. Trotzdem stellt sich die Frage – ist Neuromarketing wirk-

lich der Weisheit letzter Schluss?

Der obige Umschlagtext von Martin Lindstroms Bestseller

www.giesenagelpumpe.com

01BUYOLOGY

Warum kaufen wir, was

wir kaufen? Niemand hat

bislang erschlossen, was ge-

nau in unserem Gehirn pas-

siert, wenn wir Kaufentschei-

dungen treffen. Der Marke-

ting-Guru Martin Lindstrom

ändert das jetzt. Er hat mit

über 2000 Teilnehmern die

weltweit größte Studie über

die Wirkung von Marketing

auf das menschliche Gehirn

durchgeführt. Lindstrom

zeigt, wie Branding und

Marketingbotschaften das

menschliche Gehirn beein-

flussen, wie wir unterbe-

wusst auf Stimuli reagieren

und wie unser Unterbewusst-

sein unser Verhalten – und

damit letztlich auch unser

Kaufverhalten – beeinflusst.

Vor allem für uns Konsumen-

grundhinter

hintergrund ist kostenlos aber

nicht umsonst und erscheint

regelmäßig in unterschiedlichen

Intervallen von uns für Kunden

und Partner zu Themen, die uns

in unserem Alltag beschäftigen.

GIESE NAGEL PUMPE

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Martin Lindstrom gilt als einer der führenden Branding-Experten weltweit.

Bereits mit zwölf Jahren entwickelte er erste unternehmerische Fähigkeiten, indem

er zu Hause im Garten mit Legosteinen eine Landschaft aufbaute und hierfür Be-

sucher warb. Damit legte er den Grundstein für seine eigene Werbeagentur und

eine steile Karriere, die ihn zu einem der bekanntesten Marken-Experten der Welt

machte. Lindstrom ist Inhaber mehrerer Agenturen, wie z. B. der Brand Sense

Agency in London und der Buyology Inc. in New York. Zuvor war er u. a. beschäf-

tigt bei der British Telecom und BBDO, einer der größten Werbe- und Marketing-

agenturen weltweit. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen wie Nestlé, American

Express, Mercedes Benz, McDonald´s, Walt Disney Company, Reuters und Micro-

soft. Martin Lindstrom lebt in Sydney, Australien.

Lindstroms „Branding-Bücher“ sind in vielen Sprachen übersetzt worden und welt-

weit gefragt. Sein aktuelles Buch, Buyology, belegte schon kurz nach seinem Er-

scheinen die oberen Plätze in den Bestsellerlisten der New York Times und des

Wall Street Journals. Aufgrund seines Projektes Buyology wählte ihn das TIME-

Magazin 2009 zu einem der 100 einflussreichsten Personen aus. Angesichts dieser

Würdigung sagte Lindstrom: „ Ich freue mich riesig über diese Ehre. Seit Beginn

meiner Forschungen ist es meine Mission, neue und verlässlichere Aussagen darü-

ber zu treffen, welche Rolle das Unterbewusstsein bei unseren Kaufentscheidun-

gen spielt. Heutzutage scheitern neun von zehn Marken, weil die konventionellen

Erklärungsmuster nicht mehr greifen. Wir brauchen einen neuen Ansatz, und der

liegt in der Verbindung von Wissenschaft und Marketing. Dass TIME meine Arbeit

als so bedeutsam und einflussreich einschätzt macht mir Hoffnung, dass wir auf

dem richtigen Weg in eine neue Ära des Branding und der Werbung sind.“

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„Es ist nicht zu leugnen: Wir sind alle Verbraucher.“

Unser Gehirn muss ständig selektieren und filtern,

Die größte bisher durchgeführte Neuromarketing-Studie

So beginnt Martin Lind-

stroms Einleitung zu seinem neuesten Buch. Einkaufen gehört zu unserem Alltags-

leben, darum werden wir auch mit unzähligen Werbe- und Marketingbotschaften

überflutet und mit Marken und Informationen über Marken bombardiert – in jeder

Sekunde, jeder Minute eines Tages. „Wie kann man erwarten, dass wir angesichts

der Fülle an Werbung, der wir täglich ausgesetzt sind, irgendetwas davon länger

im Gedächtnis behalten? Was entscheidet darüber, welche Informationen in unser

Bewusstsein dringen und welche unser Gehirn sofort entsorgt?“

um den Tsunami an Wer-

beimpulsen bewältigen zu können. Dabei werden einige Informationen langfristig

gespeichert – sie bleiben im Gedächtnis hängen. Die meisten jedoch sind belang-

los, werden entsorgt, vergessen. Ähnlich ergeht es vielen neuen Produkten, sie

werden einfach nicht wahrgenommen und registriert – und landen im Mülleimer

unseres Gedächtnisses. Hier setzt Lindstrom an: er will herausfinden, was in unse-

rem Gehirn vor sich geht, welches sind unsere unbewussten Gedanken, was ist der

Kaufauslöser, warum wir eine Marke einer anderen vorziehen. Der Schlüssel hier-

zu ist Neuroimaging, das „Fenster“ zum menschlichen Gehirn.

begann 2004 und

dauerte fast drei Jahre. Sie kostete rund 7 Mio. US-Dollar, die von acht internatio-

nalen Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden. Die Studie umfasste zahl-

reiche Experimente und beanspruchte 2081 freiwillige Probanden aus den USA,

England, Deutschland, Japan und der Volksrepublik China. Sie beschäftigte zwei-

hundert Forscher, zehn Professoren und Ärzte und eine Ethik-Kommission. Einge-

setzt wurden zwei der am weitesten entwickelten Apparate für Gehirnscans: ein

funktioneller Magnetresonanztomograf (fMRT) und ein Elektroenzephalograf, des-

sen Funktion auch als Steady-State Topography (SST) bezeichnet wird; dieses Ge-

rät kann Gehirnwellen in Echtzeit aufzeichnen.

Abbildungen im Uhrzeigersinn:

Neuroimaging ist das „Fenster“ zum Gehirn.

Als Verbraucher treffen wir z. B. im Supermarkt

tagtäglich etliche Kaufentscheidungen.

fMRT-Aufnahme: die farbig dargestellten

Bereiche symbolisieren einen erhöhten

Stoffwechsel und somit eine Hirnaktivität.

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Die Durchblutung des Gehirns ist der Titel des ersten Kapitels in Buyology und

der Leser wird sogleich mit der ersten Studie konfrontiert. In London treffen sich

32 der insgesamt mehr als 2000 Studienteilnehmer. In einem 4 Mio. Dollar teuren

Magnetresonanztomografen werden von ihnen Gehirn-Scans erstellt. Normaler-

weise benutzen die Wissenschaftler die 32 Tonnen schwere Maschine, um Tumore,

Schlaganfälle, Gelenkverletzungen und sonstige Krankheiten festzustellen. Doch

diesmal geht es um ein anderes Leiden: das Rauchen. Warnhinweise auf Zigaret-

tenschachteln hatten bisher nur wenig Wirkung auf Raucher, obwohl die Qualmer

in mündlichen Interviews zugegeben hatten, dass sie aufgrund der Warnhinweise

weniger Glimmstengel verbrauchten. Nun sollte mit Hilfe von Neuronen und Blut-

zirkulatioenn festgestellt werden, warum es diese Diskrepanz gibt. Nach über zehn

Wochen liegen die Ergebnisse vor: die Warnhinweise unterdrücken das Verlangen

der Raucher nach einer Zigarette überhaupt nicht. Im Gegenteil; die Aktivierung

des Suchtzentrums (Nucleus accumbens) im Gehirn regte Sie gerade dazu an, sich

eine Zigarette anzustecken. Damit war klar: die Milliardenbeträge, die in Nichtrau-

cherkampagnen gesteckt worden sind, waren letztendlich rausgeschmissenes Geld.

widerspricht dem jedoch vollkommen. „Aber 85% der Zeit wird unser Gehirn von

einer Art Autopilot gesteuert. Wir haben nicht die Absicht zu lügen – doch unser

Unterbewusstsein kann unser Verhalten (einschließlich unserem Kaufverhalten)

viel besser interpretieren als unser Bewusstsein.“

Lindstrom geht im ersten Kapitel seines Buches noch auf eine andere Studie ein,

die sogenannte „Pepsi Challenge“. Eine 1975 durchgeführte Studie hatte nachge-

wiesen, dass in einer Blindverkostung die Mehrzahl der Teilnehmer Pepsi bevor-

zugte. Konnten die Probanden hingegen sehen, was sie tranken, fanden sie den

Geschmack von Coca Cola besser. Dieses Experiment war am Human Neuroima-

ging Lab des Baylor College of Medicine in Houston mit MRT-Methoden nachge-

stellt und überprüft worden – mit einem nahezu identischen Ergebnis. Lindstrom

schloss daraus, dass alle mit Coca Cola verbundenen positiven Assoziationen stär-

ker waren als die rationale, natürliche Bevorzugung des Pepsi-Geschmacks.

Warum? „Weil unser Gehirn Wertvolles mit Emotionen verbindet und eine Marke,

die unsere Gefühle anspricht – wie beispielsweise Apple, Porsche oder Nivea –,

immer gewinnt.“

Die berühmte Pepsi-Challenge von 1975:

In einer Blindverkostung bevorzugte die

Mehrzahl der Probanden Pepsi Cola. Bei

sichtbarer Probe lag Coca Cola vorn.

Egal

51%

44%

Egal

23%

65%

12%

5%

Lindstrom war sich bereits

2003 ziemlich sicher, dass

„die herkömmlichen Markt-

forschungsmethoden wie

Befragungen und Gruppen-

diskussionen nicht mehr

geeignet waren, um heraus-

zufinden, was die Verbrau-

cher wirklich dachten.“ Die

Leute erzählen einiges,

wenn man sie fragt und man

geht davon aus, dass sie ehr-

liche und korrekte Antwor-

ten geben, ihr Verhalten

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In den nächsten Kapiteln des Buches

Spiegelneuronen spielen eine wichtige Rolle

Rituale und Aberglaube sind weitere Einflussfaktoren

Ein weiterer Aspekt ist der Zusammenhang zwischen Religion und Marken.

werden weitere interessante Ergebnisse

der Studie präsentiert. So geht es in Kapitel 2 beispielsweise um Produktplatzie-

rung. American Idol ist eine der beliebtesten und erfolgreichsten Fernseh-Shows in

den USA. In den Werbepausen werden die üblichen 30-Sekunden-Spots gezeigt,

u. a. von Coca Cola und Ford. Der Unterschied zwischen beiden: Ford sendet den

üblichen Werbespot in der Pause, während Coke auch während der eigentlichen

Show deutlich präsent ist (so haben beispielsweise alle drei Juroren Becher mit

dem Kultgetränk vor sich und die Teilnehmer sitzen auf Stühlen und Sofas in Form

einer Cola-Flasche). Die Gehirnscan-Teilnehmer sollten sich nun an die Logos der

Sponsoren erinnern. Die Resultate zeigten, dass Coca Cola erheblich besser ab-

schnitt als Ford. Die Begründung: die Marke war Bestandteil der gesamten Sen-

dung und vollständig im Ablauf integriert. Produktplatzierungen sind also nur

dann erfolgreich, wenn sie Teil der Handlung sind.

in all unseren Aktivitäten. Spie-

gelneuronen sind Nervenzellen im Gehirn – sie wurden 1995 von dem Italiener

Giacomo Rizzolatti und seinen Mitarbeitern bei Affen im Tierversuch entdeckt.

Diese Zellen sind dafür verantwortlich, „dass wir häufig das Verhalten anderer

Menschen nachahmen. Mit Spiegelneuronen lässt sich erklären, warum wir häufig

lächeln, wenn wir einen glücklichen Menschen sehen, oder zusammenzucken,

wenn wir eine Person sehen, die offensichtlich Schmerzen hat.“ Spiegelneuronen

wirken auf uns Verbraucher, sie beeinflussen unser Kaufverhalten. Ein Beispiel:

Sie gehen in die Spieleabteilung eines Kaufhauses und entdecken Guitar Hero 3

für Nintendo, bei dem sie sich die Plastik-Gitarre umhängen und Paint It Black von

den Stones mitspielen können – eine schnelle und einfache Methode, ihren Traum

vom Rockstar zu verwirklichen. Spiegelneuronen verleiten sie im Grunde dazu, ein

Image zu kaufen; diese Nervenzellen sind stärker als das rationale Denken und sie

bringen Menschen dazu, unbewusst das zu imitieren, was sie wahrgenommen

haben – und entsprechend einzukaufen.

unseres Kaufverhal-

tens. Lindstrom weist darauf hin, dass die meisten Rituale und ein großer Teil

abergläubischen Verhaltens in uns so fest verankert verankert sind, dass wir gar

nicht überlegen, warum wir uns danach richten. Ein Beispiel ist die Furcht vor der

Zahl 13. „Nach zahllosen Beschwerden von Kunden änderte Brussels Airlines An-

fang 2007 etwas unwillig die dreizehn Punkte ihres Logos in vierzehn um. Wenn

Sie bei der Air France, KLM, Iberia in der dreizehnten Reihe sitzen wollen, haben

sie Pech, denn die gibt es nicht.“

Das klingt zunächst abstrus, war aber der Ausgangspunkt von Lindstrom´s soge-

nannter „Nonnenstudie“. Nonnen des Karmeliter-Ordens sollten ihre intensivste

religiöse Erfahrung noch einmal durchleben. Die Wissenschaftler konnten anhand

der Scans zwar keinen „Gottes-Punkt“ im Gehirn feststellen, die Bilder zeigten

aber starke neuronale Aktivitäten im sogenannten „Nucleus caudatus“, einem klei-

nen Areal im Großhirn, in dem Gefühle von Freude, Gelassenheit, Selbsterkenntnis

und Liebe angesiedelt sind. Der folgende Teil der Untersuchung sollte dann zeigen,

wie Marken und Spiritualität miteinander verbunden sind.

Die Unglückszahl 13:

Brussels Aitlines änderte die Zahl der

Punkte im Logo von 13 auf 14

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Die meisten Religionen legen Wert auf Erhabenheit und Würde.

Unser Kaufverhalten wird im weiteren durch somatische Marker gesteuert.

Bei allen Entscheidungen kaufen unsere Sinne mit.

Farben können einen großen Einfluss auf unsere Markenbindung haben.

Symbole

sind allgegenwärtig (Kreuz, Taube, Engel, Dornenkrone, u. ä.) und auch das Unbe-

kannte, Geheimnisvolle ist Teil des Religiösen. Auch die Gebäude gehören dazu,

die Kirche, der Tempel – erinnert nicht mancher Verkaufsladen an einen Tempel?

Wie zum Beispiel der Apple-Laden in Manhattan, wo das Morgenlicht durch die

Glasscheiben dringt und vom Apple-Logo reflektiert wird. Das erinnert ein wenig

an den Stern von Bethlehem – „Für Millionen glühender Anhänger ist Apple nicht

einfach eine Marke, sondern eine Religion. Aber gibt es einen wissenschaftlichen

Nachweis dafür, dass Marken etwas mit Spiritualität und Religion gemeinsam

haben?“ Die Resultate der Gehirnscans förderten Erstaunliches zutage: starke und

bekannte Marken – wie beispielsweise Apple, Harley Davidson, Ferrari – führten

zu mehr Aktivitäten in solchen Gehirnarealen, die mit Gedächtnis, Gefühlen, Sinn-

stiftung und Bedeutung zu tun haben. Beim Anblick starker Marken wurden die

gleichen Neuronen aktiv, wie beim Anschauen religiöser Bilder.

Somatisch bedeutet zunächst einmal „körperlich bedingt“, für Lindstrom sind so-

matische Marker „kognitive Lesezeichen“, unbewusste Verknüpfungen im Gehirn,

die uns in Bruchteilen von Sekunden zu bestimmten emotionalen Handlungen ver-

anlassen. Wir legen eine Sammlung dieser Marker an, um dann reflexartig die

richtigen Entscheidungen für Shampoo, Gesichtscreme, Blusen oder Mineralwasser

zu treffen. Die Werbung etabliert gezielt somatische Marker in Konsumenten-

gehirnen. Lindstrom führt, neben anderen Beispielen, den Erfolg der britischen

Toilettenpapiermarke Andrex an, die fast doppelt so gut verkauft wird, wie ihr

schärfster Rivale Kleenex – und dies bei gleichem Preis, ähnlicher Qualität und

vergleichbarem Werbebudget. Welche Erklärung gab es für den Erfolg von Andrex:

ein junger Labrodorhund. „Hundebabys bringt man mit jungen Familien in Verbin-

dung, auch mit dem Bemühen, Kinder an den Topf zu gewöhnen (und Tiere stuben-

rein zu machen). Jedes Mal, wenn man die Werbung sieht, werden durch den klei-

nen Hund diese Assoziationen verstärkt.“

Dies gilt nicht nur für das

Sehen, sondern auch für Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Multisensorische

Markenbildung (Sensory Branding ) ist hierfür der Fachbegriff. Zwanzig Studien-

teilnehmern wurden Bilder (einschließlich der Logos) und Düfte von vier bekann-

ten Marken präsentiert. Das Experiment führte zu außergewöhnlichen Ergebnis-

sen, u. a. „dass der Geruch vielfach die gleichen Gehirnregionen aktiviert wie der

Anblick eines Produktes – auch der Anblick des Produktlogos.“

Lindstrom führt das Ergebnis einer Studie an, demzufolge Farbe die Wiedererken-

nung einer Marke um bis zu 80% erhöhen kann. Farbe ist wichtig für den Kauf von

Produkten und ausschlaggebend für die Wahl einer Marke. „Andere Untersuchun-

gen ergaben, dass das Urteil von Menschen, die eine Person, eine Umgebung oder

ein Produkt binnen neunzig Sekunden unbewusst beurteilen, zu 62 bis 90 Prozent

allein auf Farbe basiert.“

TM

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Buyology ist ein interessantes und lesenswertes Buch. Martin Lindstrom

schafft es, dem Leser aus seiner Sicht nahezubringen, wie wir in Wirklichkeit Kauf-

entscheidungen treffen. Er liefert spannende Erkenntnisse mit seiner Neuromarke-

ting-Studie und macht deutlich, dass herkömmliche Marketing-Methoden wie Kun-

denbefragungen, Interviews und Verkaufsanalysen nicht das erfassen können, was

Konsumenten wirklich denken. Zwischen den Berichten über die eigentlichen Er-

gebnisse der Studien werden in salopper Art und Weise immer wieder Geschichten

und Untersuchungen eingeflochten, die uns auf andere Schauplätze führen, aber

durchaus nicht abschweifen, sondern Interessantes erzählen und stets mit dem

Thema verbunden bleiben. Manchmal bleibt jedoch verschleiert, was eigene und

was fremde Leistung ist, wie beispielsweise im Abschnitt über Spiritualität und

Marken. Hier hätte ein Verweis auf das Buch „Corporate Religion“ seines Lands-

mannes Jesper Kunde gut getan.

Was störend wirkt, ist die überzogene Egomanie – Lindstroms übertriebene Selbst-

darstellung beeinträchtigt die Gesamtwirkung des Buches auf vielen Ebenen. So

erfahren wir, dass er nur an sechzig Tagen zu Hause ist und die restliche Zeit um

die Welt jettet, um als Referent und Berater für unterschiedliche Unternehmen

tätig zu sein. Trotz dieser Belastung entwickelt er das Konzept für sein groß ange-

legtes Neuromarketing-Experiment, schafft Raum und Zeit, um der Welt seine

bahnbrechenden Studien zu schenken. Er zieht gekonnt alle Register des Selbst-

marketing und so gelingt es, dass viele in ihm den unfehlbaren Marketing-Guru,

den Messias des Neuromarketing sehen – Lindstrom erschafft sich selbst als Marke.

Mit einem ansprechenden Schreibstil bringt Lindstrom zwar dem unbedarften Leser

auf verständliche Art und Weise das Thema Neuromarketing näher; auch Fachleute

finden interessante Anregungen aus Marketing, Psychologie und Neurowissen-

schaften. Trotzdem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er überzo-

gen den Bereich der bildgebenden Verfahren für sich okkupiert und erst mit

Buyology die wahre Ära in der Verbindung zwischen Wissenschaft und Marketing

beginnt. An vielen Stellen wird auch vorschnell Ursache und Wirkung vertauscht

und fast schon fahrlässig vom Einzelfall aufs Allgemeine geschlossen.

Der zentrale und kritische Punkt des ganzen Buches ist das Versprechen, dass mit

Hilfe von Gehirnscans unser wahres Kaufverhalten aufgedeckt werden könne. Hier

stehen die Neurowissenschaften aber erst am Anfang: nur weil bestimmte Hirn-

regionen besonders durchblutet werden und gewisse Neuronen ihre Aktivität stei-

gern, verstehen wir noch lange nicht die Gesamt-Konstellation unseres Kaufverhal-

tens. Bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen nicht dem Hype des Neuro-

marketing verfallen – wie einst die Psychologie, die in Joseph Weizenbaums Com-

puterprogramm Eliza den Schlüssel für automatisierte Behandlungsmethoden zu

finden geglaubt hatte.

hintergrund 01 | BuyologyNovember 2010

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